Jazemin - Kanwal Khan - E-Book

Jazemin E-Book

Kanwal Khan

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Beschreibung

Wenn zwei sich streiten, freut sich der dritte. GAR NICHT WAHR! Wenn zwei Spezies sich streiten, sind die Menschen in Gefahr. Dennoch bahnt sich in diesem unruhigen Universum eine Liebesgeschichte an, die ihre eigenen Spezialeffekte hat. Wird sich Jazemin für die Liebe oder doch für das Leben entscheiden? Liebe Leserschaft, lesen oder lassen.

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Inhalt

Prolog

Zu den Sternen

Auf dem Raumschiff

Der neue Planet

Die Bestimmung

In der Trainingshalle

Das flüchtige Leben

Die neue Heimat

Noch eine Prüfung

Über den Wolken

Meine Mission

Kurze Karriere

Die neue Aufgabe

Gedanken und Gefühle

Auf Wolken schweben

Liebe erzeugt Liebe

Liebe und Freundschaft

Liebe hat keine Grenzen

Im siebten Himmel

Kampf der Gefühle

Die außergewöhnliche Auserwählte

Der Tod gehört zum Leben

Der seelische Schmerz

Am Boden zerstört

Am Ende

Ein letztes Mal

Leben und sterben lassen

Ein zweites Leben

Der dritte Planet

Eine neue Lebensaufgabe

Der Sinn meines Lebens

Epilog

Danksagung

Die Autorin

Prolog

»Bitte warten Sie hier! Das Raumschiff ist leider voll«, sagt der Alien-Soldat und deutet mir, auf der Markierung stehenzubleiben.

»Aber meine Familie …«

Ich zeige zu meiner Mutter und meinen drei Geschwistern, die fast die Rampe erreicht haben und sich wieder zu mir umdrehen.

»Jazemin, was ist los?«, fragt meine Mutter mich.

»Das Schiff ist voll, es gibt keinen Platz mehr für mich.«

»Sie kann mit dem nächsten Schiff nachkommen oder Sie alle können das nächste Schiff nehmen«, sagt der Alien-Soldat zu meiner Mutter.

»Wann wird das sein?«, fragt sie ihn.

»Es wird direkt hinter euch starten.«

Meine Mutter kommt zu mir und sagt:

»Jazemin, ich bin erschöpft und müde … ich will nicht auf das nächste Schiff warten.«

Ich mache meinen Mund auf, aber sie kommt mir zuvor.

»Wir sehen uns dann auf dem neuen Planeten.«

Was kann ich noch sagen, außer zu nicken. Ich bin die Älteste meiner Geschwister und fühlte mich immer ihnen gegenüber verantwortlich. Vor zwei Jahren ist mein Vater gestorben, also habe ich irgendwie auch seine Rolle übernommen.

Ich sehe, wie das Raumschiff mit meiner Familie abhebt.

Zu den Sternen

Ich bin ein Mensch und wie viele von uns schaute auch ich zum Sternenhimmel und fragte mich, ob irgendjemand da ist?

Vor zwei Monaten wurde die Erde von den bösen Aliens, Sheyaatin genannt, angegriffen. Alle unsere Bemühungen, um ein friedliches Abkommen zutreffen, waren sinnlos. Sie wollten uns abschlachten, was ihnen auch fast gelungen wäre, denn alle unsere Waffen waren nutzlos. Daher holten wir unsere Atombomben heraus. Und wenn wir dachten, dass wir ungefähr wüssten, wie viele Bomben es insgesamt auf der Welt geben würde, verdoppelt es, oder besser verdreifacht es.

Wir waren gerade dabei, uns selbst zu vernichten, als die Wudd, die guten Aliens, kamen und uns halfen. Wegen der Strahlung mussten wir schnellstmöglich die Erde verlassen. Die Menschen, die noch übrig waren, sollten auf den Planeten 3477 umsiedeln. Später sollten wir dem Planeten einen eigenen Namen geben. Erde 2.0

Das wäre dann mal mein unkreativer Vorschlag.

Da stand ich und guckte, wie die riesengroßen Raumschiffe über uns schwebten oder ein paar gelandet waren.

»Du bist 8472?«, fragt der Wudd mich.

Eingeschüchtert nicke ich nur.

Wir haben alle Nummern bekommen, auch nicht besser als Namen. Wobei wir Frauen ja meistens als Tochter, Ehefrau, Mutter oder Geliebte bezeichnet werden. Na ja, keiner stellt seine Geliebte vor! Am Ende ist es nicht wichtig, wie ich heiße, sondern was ich geleistet habe.

»Du bist für das Raumschiff 42 eingeteilt, das noch im Orbit ist. Wie möchtest du transportiert werden?«

Ich gucke ihn fragend an.

»Du kannst mit den Shuttles mitfliegen oder der Transporter bringt dich ins Innere des Schiffes …« Das ist nur ein anderes Wort für Beamen.

Will ich in tausende Moleküle zerlegt werden?

»Du kannst auch durch diese Tür gehen.«

Er zeigt auf ein Rechteck, das aus silbernem Licht besteht. Irgendwie zieht mich das Licht zu sich und ich stelle mich vor die drei Meter mal zwei Meter große Tür hin. Jetzt kriege ich doch etwas Bangen.

Der Wudd wartet darauf, dass ich selbst entscheide, wann ich durchgehe.

So etwas kenne ich gar nicht, bis zu diesem Zeitpunkt hat keiner auf mich gewartet geschweige denn mir Zeit gelassen. Also beeile ich mich. Ich stecke vorsichtig meine Hand hinein und spüre … nichts! Meine andere Hand folgt und dann mein Körper. Das weiße Licht umhüllt mich ganz. Meine schwarzen Haare glänzen und meine braune Haut schimmert wie Gold. Ich werde auf die andere Seite getragen, und als ich auf meinen Füßen stehe, sehe ich einen kleinen Raum. Das Sternentor hinter mir und eine weitere Tür vor mir. Es wundert mich, dass kein Begrüßungskomitee da ist.

Haben die mich vergessen? Wäre ja nicht das erste Mal.

Die anderen sind bestimmt mit Shuttles geflogen oder direkt in ihre Zimmer gebeamt worden, denke ich bei mir. Vorsichtig gehe ich auf die Tür zu, die plötzlich aufgeht.

»Ah! Verdammt! Enterprise!«, sage ich laut und mache einen Satz zurück, darauf schließt die Tür wieder. Ich fühle mich in die Serie Star Trek versetzt. Auf die NCC1701D Enterprise mit Schiebetüren, hat übrigens auch jeder gute Supermarkt. Dabei fällt mir was ein.

»Computer?«, frage ich leise.

»Meine Bezeichnung ist I.S.E., wie kann ich helfen?«

»Ja, hallo, I.S.E., ich sollte mit dem Raumschiff mitfliegen, aber jetzt weiß ich nicht, wohin ich gehen soll.«

Ich bin etwas unbeholfen, mit einem Computer zu sprechen.

»Ich teile dir ein Zimmer zu … 22 auf Deck 3.«

»Wie komme ich dahin?«

»Ich kann dich mit dem Lichtstrahl hinbringen …«

»Nein! Sag’s mir wo ich hingehen soll.«

»Du gehst rechts zu dem Fahrstuhl, der bringt dich auf das Deck 2 … beim Aussteigen links zu den Mannschaftsquartiere … vorbei an …«

»Na gut! Beam mich!«

Schnell kneife ich meine Augen zu, denn vorm Beamen habe ich Angst, doch als ich nichts spüre, öffne ich meine Augen und bin in einem Zimmer.

»Oh, wie schön!« Ich rede immer noch mit I.S.E. und werfe meine Tasche neben die Tür hinter mir. »Was für eine Aussicht!«

Das Zimmer ist klein, aber die Panoramafenster lassen es größer wirken oder sollte ich sagen: panoramisch wirken?! Wie hypnotisiert gucke ich auf die vorbeifliegenden Sterne und den schwarzen Hintergrund des Universums. Auf einmal stutze ich.

»I.S.E., wir fliegen?«

»Ja.«

Man, haben die schnell die Menschen untergebracht.

Widerwillig löse ich meinen Blick von den Sternen und gucke mich im Zimmer um. Ich bin das erste Mal ganz allein in einem Zimmer. Keine nervigen Geschwister und keine Verantwortung. Nachdem ich meine Schuhe ausgezogen habe, springe ich aufs Bett und lasse meine Hüften kreisen.

Wie geil!

»I.S.E., wo ist das Bad?«, frage ich, dabei springe ich immer noch auf dem Bett herum.

»Neben dem Bett.« Ihre Stimme ist weiblich weich.

Ich springe herunter und sehe eine dünne Lichtlinie, was auf eine Tür hindeutet, als ich davor stehe, öffnet sie sich nicht.

»I.S.E.?«

»Der Knopf ist rechts von dir, auf Hüfthöhe.«

Ein Knopf von der Größe einer Fingerkuppe gibt ein schwaches braungelbes Licht von sich. Indem ich draufdrücke, komme ich in ein helles kleines Badezimmer.

»I.S.E., Hilfe!«

»Geh in die Hocke auf dem Loch am Boden, der Rest wird automatisch gemacht.«

»Ohne Hose?«

»Es sei denn du willst in die Hose machen.«

Ich lache verhalten.

»Is ja gut! Ich bin etwas überfordert und muss dringend Pipi.«

Ich setze mich auf das Loch und werde sogleich von einer Silikonmasse umschlossen, also, nur mein Gesäß und Intimbereich. Das Urin wird abgesaugt und ein warmer Strahl säubert mich von vorne bis hinten. Während ich meine Hose hochziehe, denke ich, dass ich gar nicht mal meine Hände waschen brauche, ich hab ja nichts angefasst.

»I.S.E., wie funktioniert die Dusche?«

»Die Schalldusche hat zwei Funktionen. Die erste reinigt alles, auch unerwünschte Bakterien, die nicht auf deinen Körper gehören, und die zweite: Da kannst du dich auch mit deinen Klamotten reinstellen. Bedenke, dass nicht alles auf deiner Haut sauber wird.«

»Danke!«

Ich stelle mich erst mit meinen Sachen darunter und dann ohne. Nachdem ich meinen Schlafanzug angezogen habe, frage ich:

»Wie viel Uhr haben wir?«

»Die Schiffszeit ist auf Nachtruhe eingestellt.«

»Ich kann nix zum Essen kriegen, oder?«

»Geh zum Tisch am Fenster.«

Na, so viele Tische sind ja net im Raum.

Der Tisch steht zwischen zwei Sesseln und das war’s auch schon mit der Einrichtung. Alles ist in dunkelgrau, außer der Boden ist weinrot und die Wände sind in hellgrau.

»Drück auf den Knopf«, weist sie mich an.

Ein schwacher blauer Punkt leuchtet auf dem Tisch.

»Bedenke, dass wir hier nur Standardnahrung haben … dir empfehle ich die Nummer zwei: proteinreich.«

»Na dann, guten Hunger!«

In der Mitte des Tischs wird eine Schale repliziert. Der Brei schmeckt nach gar nichts, allerdings habe ich Hunger, also runter damit.

Wieder ist mein Blick auf die Sterne gerichtet und ich mache im Kopf einen Logbucheintrag:

Sternzeit 2011,02 …

In dem Moment wird mir klar, dass wir seit zwei Tagen Neujahr haben und ich es gar nicht mitbekommen habe. Auch die anderen waren zu sehr mit dem Umzug und Krieg beschäftigt. Langsam werde ich müde.

»I.S.E, wie putze ich meine Zähne?«

»Geh ins Bad zum Spiegel, der hängt rechts von der Toilette.«

»Ja, den hab ich vorhin gesehen.«

Ein Knopf fürs Gesicht und das andere für die Zähne. Dreißig Sekunden lang geht ein Strahl durch meinen Mund und reinigt alles. Ich vermisse das Wasser und gehe wieder zum Tisch. Nach einem großen Glas Wasser, lege ich meine Brille auf dem Nachtisch und schlafe ein.

Als ich aufwache, denke ich, dass es mitten in der Nacht ist, doch im Weltall ist es immer dunkel, außer wenn man an einer Sonne vorbei fliegt.

»Wie viel Uhr haben wir?«, frage ich das Internes-System-Einheit.

»Die Schiffszeit ist auf Tag eingestellt.«

»Es gibt keine Stunden oder Minuten?«

»Nein!«

Ich ziehe meine Decke bis zu meinem Kinn.

Oh man!

Wie soll ich zurechtkommen? Wo doch mein Leben wieder auf den Kopf gestellt wird und ich kann mich nicht mal an dem Takt der Zeit festhalten.

Albert Einstein würde mit mir schimpfen: Zeit ist relativ.

»I.S.E., bist du so was wie ein Google-Gott?«

Es macht mir langsam Spaß, mit ihr zu reden.

»Ich habe natürlich eine Suchfunktion. Aber als Gott würde ich mich nicht beschreiben, da ich mehr bin als Gott!«

»Oh, ein hochmütiger Computer.« Ich lache laut.

»Das nicht! Du kannst mit Gott nicht sprechen.«

»Touché!«

»Gott zeigt dir keinen Weg, ich schon.«

Ich lache weiter. »Du bist meine Göttin. Sag mir bitte, wo sich die Leute hier auf dem Schiff treffen. So was wie Zehn vorne?«

Ich kann nicht anders, mein SciFi-Infomaßstab beruht auf der Enterprise.

»Der Aufenthaltsraum ist ein Deck über dir.«

Ich muss mal unter die Menschen, also zieh ich mich an und lasse mich von ihr leiten.

Der Aufenthaltsraum ist für dieses große Raumschiff schon etwas klein, denke ich.

Eine Sitzecke mit Couch und Sessel, ein paar Tische und eine Bank, alles in beige und roten Farben gehalten und zeigt zu den Sternen.

Ein Wudd sitzt an einem Tisch. Wie ich das weiß, dass es ein Wudd ist und kein Mensch?

Die Wudd sehen wie wir Menschen aus, allerdings sind sie viel gesünder und vitaler. Sie strahlen ein Licht aus. Ein ganz leichtes, doch ich kann es sehen und erkenne es auch sofort.

»Was machen Sie hier?«, fragt er mich und kommt auf mich zu.

»Ich dachte, vielleicht sind hier mehr Menschen, äh … Leute. Ich war allein im Zimmer.«

»Sie haben hier auf dem Raumschiff ein Zimmer?«, fragt er verwirrt und löst auch Verwirrung bei mir aus, daher nicke ich nur.

»Lieutenant Alexander, bitte zu meiner Position kommen.«

Er spricht in seinen Kommunikator am Ohr.

»Stimmt was nicht? Habe ich was falsch gemacht … soll ich wieder auf mein Zimmer gehen?«

Er guckt mich nur verdattert an.

»Hey!«, sagt ein Mann, der gerade hereinkommt, zu mir.

Ein Mensch.

Er ist einen ganzen Kopf größer und sieht jünger aus, als ich.

»Übernehmen Sie, Lieutenant?«, fragt der Wudd ihn, darauf nickt er und starrt mich an.

»Ich versteh nicht, was hier los ist«, sage ich, als der Wudd das Zimmer verlassen hat.

»Setzen wir uns?«, fragt Aaron und geht zu einen Sessel am Fenster. Zögernd setze ich mich ihm gegenüber.

»Wasser?«, fragt er, dabei drückt er den Knopf auf dem Tisch vor uns und ich sehe wie zwei Gläser schimmernd in die Mitte des Tisches auftauchen.

»Wie heißt du?«

»Jazemin Kandrik und du?«

»Aaron Alexander. Woher kommst du?«

»Ich hoffe, das wird hier jetzt kein Speed-Dating.«

Er lächelt mich an und sagt ernst:

»Du bist hier auf einem Wudd-Raumschiff …« »Das war ja auch so geplant.«

»Das zu Eddreé fliegt.«

Oh, der Heimatplanet der Wudd.

»Ich glaub, ich sollte in die andere Richtung fliegen.«

»Das glaube ich auch. Wie bist du hierher gelangt?«

»Wie alle, denke ich … ich ging durch das Stargate, dann kam ich hierher und I.S.E.- Göttin hat mir ein Zimmer gegeben und jetzt sitze ich hier …« Meine Gedanken überschlagen sich. »Und wie bist du hier gelandet? Ist doch ok wenn ich dich duze?«

Lächelnd nickt er. »Wir duzen uns schon die ganze Zeit.«

»Ja, ich wollte sicher sein, du sieht irgendwie wichtig aus.« Mir fällt jetzt seine dunkelgraue Uniform auf. »Du bist doch ein Mensch oder?«

Ich zweifle gerade sehr stark an mir selbst.

»Ja! Also, wo fange ich an …«

Er geht durch seine dunkelbraunen Haare, dann verschränkt er seine Arme vor der Brust.

»Dieses Raumschiff war auf Patrouille. Wir kommen von einer Schlacht und haben ein paar Soldaten von der Erde abgeholt, um wieder zum Planet der Wudd zufliegen.«

»Ok!«

»Hier sollten keine Zivilisten sein.« Er guckt mich mit seinen dunkelbraunen Augen an.

»Ok!«

Mehr fällt mir nicht ein, was ich sagen könnte.

»Du kennst die Abmachung zwischen Menschen, Wudd und Sheyaatin?«

Nickend sage ich: »Die Erde gehört den Sheyaatin und uns Menschen wird kein Haar mehr gekrümmt … was noch von uns übrig ist.«

»Der Planet 3477 bleibt geheim. Die Schiffe, die da hinfliegen, kommen nicht wieder zurück bis der Krieg vorbei ist.«

»Oh! Kann ich noch dahin?«

»Nein! Die Wege sind gesperrt und keiner will riskieren, dass es aufgedeckt wird. Wohl oder übel musst du jetzt mit uns nach Eddreé kommen … ich hoffe, du kommst mit der Schwerkraft zurecht, die ist etwas stärker als auf der Erde.«

»Was ist mit meiner Familie?«

»Was ist damit?«

»Die machen sich Sorgen um mich, wenn ich nicht da bin.«

»Du kannst eine Nachricht schicken … die dauert ein paar Tage.«

Sprachlos sitze ich da und weiß nicht, was ich machen oder sagen soll.

»Entschuldige, ich rede wie ein Soldat … da ich ja auch einer bin …« Er lächelt nervös. »Es ist bestimmt schwer für dich das zu verstehen … jetzt würdest du dir sicherlich wünschen, dass es ein Speed-Dating wäre.«

Unwillkürlich muss ich lächeln. »Nein, das immer noch nicht.«

Er lacht leise. »Komm, ich bring dich zu deinem Zimmer und zeige dir, wie du eine Nachricht an deine Familie schicken kannst.«

Betäubt gehe ich mit ihm.

Nach vier Tagen erhalte ich eine Nachricht von meiner Mutter, die mich nur anschreit, warum ich so dumm bin und nicht das richtige Raumschiff gefunden habe. Jetzt soll ich zusehen, wie ich mit den Aliens zurechtkomme.

Du bist unverbesserlich, Jazemin! Lautet ihr Schlusswort.

Niedergeschlagen streife ich durch die Gänge des Raumschiffs, als Aaron mir entgegen kommt und fragt:

»Geht es dir gut?«

»Nicht wirklich … aber ich möchte nicht darüber reden.«

»Gut! Dann komm mit, wir trainieren etwas.« »Hä? Wieso das denn?«

Er packt meinen Arm und zieht mich hinter sich her.

»Wir befinden uns in einem Krieg der Welten … ist es da nicht besser, wenn du etwas Kampftraining hast?«

»Die Frage kann ich nicht mit einem Nein beantworten, oder?«

»Nein!«

Ich schnaufe und er lächelt.

»Ist der Raum nicht etwas zu klein für Sport?«, frage ich, als wir in einem weißen Raum stehen, deren Wände mich an einer Isolationskammer einer Irrenanstalt erinnern.

»Projektionen!« Er zeigt auf die Wände und Decke.

»Ah, Holodeck!«

Er guckt mich fragend an und ich schüttele meinen Kopf.

Kennt außer mir keiner die Enterprise?

»Als Erstes brauchst du einen Trainingsanzug. Welche Größe hast du?«

»Welche Größe hast du?«, frage ich bissig zurück.

»Hey!« Er hebt die Hände hoch. »Du kannst selbst deine Größe hier eingeben.«

An der Wand ist ein Schalter und ich gebe ein paar Daten von mir ein. links geht die Klappe auf, wo mein frischgebackener schwarzer Anzug liegt. Nachdem ich mich umgezogen habe, stehe ich vor ihm. Er hat ein dunkelgrauen Anzug an und fragt mich:

»Also, was kannst du?«

»Selbstverteidigung in der Schule.«

»Das sind gute Voraussetzungen.«

Sein Lob ermutigt mich, da ich dachte, er würde es belächeln.

»Ich greife an und du blockst?«

Ich nicke verängstigt. Er ist 1,90 cm groß und voll mit Muskeln bestückt. Ich bin mir sicher er kann damit Stahl verbiegen.

»Nicht so fest!«, sage ich, während ich meine Fäuste hochhebe.

»Selbstverständlich!«

Er holt langsam mit seinem rechten Arm aus und ich wehre es ab. Dann macht er das mit Links und wiederholt das Ganze eine Weile, bis er mir zeigt, dass er von vorne angreift. Ich pariere, darauf steigert er sein Tempo.

»Nicht mal schlecht!«, lobt er mich wieder und ich lächele geschmeichelt.

»Du greifst an und ich blocke oder willst du eine Pause?«

Ich schüttele meinen Kopf und greife ihn an.

»Schlag fester … härter. Du kannst mir nicht wehtun, ich blocke es ab.«

»Aber es tut mir weh.« Ich reibe an meinen Armen.

»Das reicht auch für heute. Du hast sehr gut mitgemacht. Da wir vorhin ein Warmup gemacht haben, machen wir jetzt das Cooldown«, belehrt er mich. »Die Dehnung der Muskel ist sehr wichtig.«

»Wie alt bist du? Ich denke, durch deine Größe wirst du immer älter geschätzt.«

»Ich werde 24 und du?«

»Ich bin 25.«

»Du bist schon lange Soldat, oder?«

»Mir wurde es als Erbe in die Wiege gelegt.«

»War das ok für dich, vorbestimmt zu sein?«

»Natürlich hatte ich eine Wahl …«

Er zeigt mir die erste Übung.

»Mein Vater war Soldat und sein Vater und sein Vater auch und es wurde immer im Haus darüber gesprochen. Es gab keinen Tag, wo nicht Heldengeschichten erzählt worden sind. Ich hörte begeistert zu.«

»Das war bestimmt aufregend.«

Ich hebe mein Bein, um meinen Oberschenkel zu dehnen.

»War es auch! Daher entschied ich mich, Soldat zu werden, aber …«

Er dreht mir den Rücken zu.

»Aber?«

»Aber keiner hat bis dahin die Sheyaatin gekannt.«

»So schlimm?«

»Schlimmer!« Er guckt mich wieder an. »Jazemin, keiner kann dich beschützen, nur du selbst … also trainiere mit mir jeden Tag, bis wir auf Eddreé sind.«

Ich nicke.

»Außerdem ist es besser, als auf dem Zimmer zu sitzen und zu grübeln: Was wäre wenn?«

Diesmal nicke ich lächelnd.

Auf dem Raumschiff

Aaron hat recht! Das Training gibt mir einen Sinn und Halt.

»Das ist eine typische Wudd-Waffe …«, sagt er zu mir auf dem Holodeck. »Ein Stab aus Wudd-Metall. Man kann ihn auf 30 cm schrumpfen lassen oder er vergrößert sich, wenn du fest neben deinem Körper in die Luft schlägst.«

Ich gucke gebannt zu.

»Die fortgeschrittenen Stäbe haben noch einen Elektroschocker auf der andere Seite. Ich habe bis jetzt immer Feuerwaffen benutzt, aber das gefällt mir besser, damit töte ich niemanden.«

»Betäubung?!«

»Richtig. Du bist klug.«

Ich liebe es, wenn er mich lobt.

»Die Wudd töten nicht. Es kann sein, dass aus Versehen ein Sheyaatin stirbt, aber sie sind immer bemüht, dass sie ohnmächtig werden, und setzen sie dann in die Rettungskapsel.«

»Keine Gefangenen?«

»Wozu? Die meisten wissen nichts und haben eine tödliche Kapsel im Zahn.«

Ich hab auch ein paar Agentenfilme gesehen.

»Du hast schon getötet?« Meine Frage überrascht mich selbst. »Wenn du nicht antworten willst …«

»Auf der Erde war ich in der amerikanischen Arme … sie kämpfen ständig mit irgendjemandem.« Gedankenverloren schwingt er seinen Stab in der Hand. »Seit ich bei den Wudd bin, habe ich keinen getötet.«

»Ich hoffe, ich muss es auch nie tun.«

Er lächelt und wird wieder mein Personaltrainer. »Heute trainieren wir mit Holzstäben, damit du ein Gefühl dafür bekommst.«

Er wirft mir einen zu und wirbelt seinen um den Körper und die Arme.

»Angeber!«

»Dich kann man nicht so leicht beeindrucken, oder?«

»Nicht wirklich! War deine Mutter auch eine Soldatin?«

»Nee, Wissenschaftlerin.«

Er greift mich an und ich kann noch blocken.

»Wie ist deine Mischung?«

Ich weiß nicht, ob er über mich lacht oder über meine Frage.

»Meine Mutter hatte Vorfahren, die Indianer waren, und mein Vater ist ein Afroamerikaner.«

»Das beeindruckt mich«, sage ich und schlage fester zu, doch er hält es mit Leichtigkeit auf.

Ich verkneife mir, noch zu sagen, dass er eine tolle Mischung ist. Seine Gesichtszüge sind an den richtigen Stellen weich und hart. Seine Augen sind weich, warm und seine Kinnparty ist markant. Sein Lächeln dagegen ist süß.

»Und bei dir?«, fragt er und sein Schlag kommt unerwartet. Ich lasse meinen Stab fallen, dabei ducke ich mich und halte meine Hände vors Gesicht.

»Jazemin! Ich würde dich doch niemals schlagen.«

Lachend gibt er mir seine Hand, doch ich stehe, ohne es anzunehmen, auf.

»Meine Mutter ist Inderin und Vater halb Inder, halb Brite«, beantworte ich seine Frage noch. »Reicht für heute!«

Ich nicke zustimmend und frage:

»Hast du noch Geschwister?«

»Ich bin ein Drilling.«

»Was? Wie cool!« Ich bleibe im Gang vor meiner Tür stehen. »Das hat man nicht alle Tage. Bis jetzt kenn ich keinen der Drilling ist … das musst du als Erstes von dir erzählen.«

»Wieso denn? Für mich ist es normal.« Wir lachen zusammen. »Ich hab noch einen Bruder und eine Schwester.«

»Sind die auch Soldaten?«

»Nein. Mein Bruder will gar nix mit dem Militär zu tun haben und ist Lehrer.«

Ich lächele.

»Meine Schwester hat kürzlich einen Soldaten geheiratet, das war’s auch schon, was sie mit dem Militär verbindet.«

»Nicht jeder tritt in die Fußstapfen der Eltern.«

»Was auch gut ist. Sie sind in Sicherheit auf dem neuen Planeten.«

Kurz Schweigen wir und dann verabschieden wir uns.

Mir fällt auf, dass auf dem Schiff nur Männer sind. Aaron und ich sind die einzigen Menschen. Da ich mit ihm abhänge, befreunde ich mich mit ein paar Wudd-Soldaten. Wir sitzen im Aufenthaltsraum.

»Du findest es bestimmt diskriminierend, dass keine Frauen an Bord sind, was?«, fragt mich David Cabooh. Ah, da fehlt noch: Captain.

Ich winke ab und betrachte ihn mir genauer an: er hat schockobraune Haare dazu passenden Bart und er ist klein, jedoch wirkt er durch seinen Rang großer.

»Ich bin froh, dass bei der Schlacht keine Frauen dabei waren«, sagt Captain und Aaron nickt zustimmend. »Ich bin auch froh, dass meine Verlobte keine Soldatin ist.« Er steht auf und lächelt verkniffen.

»Dieser Krieg fordert alles, was menschlich ist«, sagt Aaron gedankenverloren.

»Du machst es gut … er ist ein Naturtalent.« Captain legt seine Hand auf seine Schulter und er lächelt geschmeichelt. »Ich lege mich mal kurz hin. Lieutenant, du hast die Brücke!«

»Ja, Captain!«

Außerhalb der Arbeit duzen sie sich.

»Ich bin schon etwas nervös, dass wir morgen auf Eddreé ankommen.«

Ich hole ihn aus seinen Gedanken.

»Das brauchst du nicht. Durch das Training bin ich mir sicher, dass du der Schwerkraft trotzen wirst … wie allem!«

Oh! Er ist so süß zu mir.

»Jazemin, komm in das Soldaten-Programm, du bist echt gut.«

»Du übertreibst maßlos.« Ich stehe auf.

»Überlege es dir. Du muss sowieso ein paar Monate auf der Insel bleiben, wo die Soldaten sind.«

»Wieso?«

»Sicherheitsrisiko! Parasiten, Viren und so weiter, auch die Soldaten müssen das. Und bis man entscheidet, wo du hin musst …«

Ich winke ab und geh auf mein Zimmer.

Bis man entscheidet, wo ich hingehöre.

Wo gehöre ich hin?

Der neue Planet

Wir kommen auf Eddreé im Februar 2011 an. Ich will mir etwas Menschliches bewahren, und wenn es nur die Zeit ist.

Eddreé hat eine andere Zeitrechnung, zwei Monde, ist viel grüner, viel blauer, viel heller, ich bin geblendet von der Schönheit und nicht nur von der Natur, sondern auch von den schönen Aliens. Da auf der Insel nicht nur Männer, sondern auch Frauen in Uniform herumlaufen, schick ich mal ein Gebt gen Himmel.

Einfach nur geil!

Da der Captain für mich spricht, sind die anderen Offiziere nicht gleich angepisst, was eine Zivilperson auf ihrem schönen Planeten macht. Ein Admiral rattert das Gleiche herunter, was Aaron mir schon gesagt hat: Zwei Monate auf der Insel bleiben und dann sehen sie, was aus mir wird.

Sie schieben mich wieder Aaron zu.

»Ich zeige dir, wo du wohnen kannst.« Er läuft für meinen Geschmack zu schnell. »Die Soldatinnen haben ihre eigenen Häuser … von einer Soldatin weiß ich, dass ein Zimmer hier gleich vorne frei ist.«

Das Haus ist quadratisch … praktisch, gut.

Die Werbung ist mit mir durchgegangen, dennoch müsste es stimmen.

Der Eingangsbereich ist mit grauen Fließen belegt und links und rechts stehen Sofas und Sessel mit Tischen.

»Ah, Aalamina, du kommst gerade richtig … das ist Jazemin, sie wird bei euch wohnen.«

»Hallo, willkommen.«

»Danke!«

Ich bin von ihrer Schönheit etwas sprachlos. Sie hat eine hellgraue Uniform an. Seitlich an Armen und Beinen verläuft eine dünne, weinrote Linie. Mittlerweile habe ich herausgefunden, dass das Anfänger sind. Sie sieht auch sehr jung aus.

»Wir sehen uns dann morgen«, sagt Aaron und übergibt mich an Aalamina.

»Komm, ich zeig dir alles.«

Das Zimmer ist mit hellgrauem Teppich ausgelegt, hat große Fenster und minimale Möbel: ein Bett, ein Tisch mit zwei Stühlen.

»Dann ruh dich aus.«

Sie lässt mich alleine und für einen Moment fühle ich mich einsam, dann piept mein Handy, das mit I.S.E verbunden ist. Eine Sprachnachricht von meiner Schwester.

Meine Stöpsel passen sich dem Inneren meines Ohrs an. Sie erzählt mir von dem neuen Planeten, wie sie sich da fühlen und alles Weitere. Zum Schluss fragt sie mich, wie es mir geht. Ich bin nur müde, denke ich, und lege mich ins Bett, ohne ihr zu antworten.

»Hey! Alles ok bei dir?«, fragt mich Aalamina und verschlafen blicke ich in die schönsten grünen Augen in diesem Universum.

»Ja. Ich bin nur müde«, murmele ich und ziehe die Decke bis zu den Ohren.

»Aaron bat mich, nach dir zu sehen … I.S.E., die Fenster erhellen … das ist die Luft hier … die Beschaffenheit ist anders als bei euch …«

»I.S.E., bitte die Fenster auf halb einstellen.«

»Die Zusammensetzung von Sauerstoff und Stickstoff ist anders und auch von Kohlenstoffdioxid … sehr wenig von unnatürlichen Gasen und Staub …«

»Aalamina, es ist etwas zu früh für Einsteins Theorie.«

Sie setzt sich zu mir aufs Bett.

»Keine Theorie und kein Stein sondern SAU-ER-STOFF.«

Sie zieht das Wort lang und betont es nah an meinem Gesicht.

»Du hast die ganze Nacht und den halben Tag geschlafen. Aaron macht sich Sorgen.«

Ich lungre aus der Decke. »Halben Tag? Hab ich gar nichts mitbekommen … man hast du eine schöne Alabasterhaut.« Unwillkürlich lege ich meine Hand an ihrer Wange. »Wie jung bist du?«

»Ich bin … I.S.E., wie alt bin ich in Menschenjahren?«

I.S.E. ist auch ein Universalübersetzer.

»Neunzehn!«

»Du hast aber auch eine sehr schöne Haut.«

Sie will ihre Hand auf meiner Wange legen, als ich es abwehre und aufstehe.

»Aaron hat dir wahrscheinlich auch schon geschrieben, dass er dich am Abend in Galsaga sehen will.«

Manche Wörter kann I.S.E. nicht richtig übersetzen, also behält sie das Originalwort.

»Galsaga?«

»So was wie ein Versammlungsort. Wir haben da auch Feierlichkeiten wie Hochzeiten und so …«

Ich nehme mein Handy und sehe ein paar Nachrichten von Aaron.

»Du brauchst auch ein paar neue Klamotten … wie ist deine Größe?«

Ich rolle lächelnd meine Augen, jedoch scannt sie mich schon mit ihrem Handy.

»Ich lass es machen, aber jetzt musst du erst mal deine eigene Kleider anziehen.«

»Danke!«

Als sie gegangen ist, lege ich mich wieder ins Bett und schlafe ein.

»I.S.E., wohin?«, frage ich, als ich aus der Eingangshalle auf die Straße komme.

»Links steht ein Fahrzeug, steig ein, ich fahr dich.«

Das Fahrzeug hat zwei Räder und ist überdacht, doch seitlich ist alles offen. Vorne kann sich eine Person hinsetzen und hinten zwei.

»Sieht wie eine moderne Rikscha aus.«

Ohne die Abgase und es fährt vom selbst.

Aaron wartet vor einem großen Gebäude auf mich, dessen Dach etwas gewölbt ist. Während wir reingehen, bleibe ich kurz stehen, um die Halle zu verinnerlichen.

»Das Dach kann man aufmachen«, berichtet mir Aaron.

»Wie hoch ist das?«

»Zehn Meter, vielleicht … siehst du die Bühne?« Die ist 500 Meter von uns entfernt. »Davor gibt es viele Sofas und Sessel und hier hinten mehrere Stühle und Tische.«

Die Tische sind in jeder Form: rechteckig, quadratisch, rund und sogar dreieckig.

»Hey, Alistair! Das ist Jazemin«, sagt Aaron zu einem Mann, der an einem Tisch sitzt und sein Brei ist, doch als er mich sieht, steht er auf und gibt mir die Hand.

»Hallo, Jazemin.«

»Hi, Alistair.«

Ein Tipp: Um sich einen neuen Namen zu merken, sollte man ihn laut aussprechen.

Gelingt mir nicht immer, doch bei ihm denke ich, dass ich seinen Name nie vergessen werde.

»Ich dachte, du bist ein Fabelwesen«, sagt er ernst zu mir und ich gucke ihn amüsiert an. »Wie er von dir geredet hat.«

»Er kann schon mal übertreiben. Du kennst ihn doch«, sage ich und er rückt mir den Stuhl zurecht.

»Zu gut!«, sagt er und setzt sich neben mir.

»Hey! Ich bin noch da!«, klagt Aaron, darauf fragt Alistair mich:

»Hast du auch was gehört?«

Dabei hält Alistair einen Finger hinters Ohr, ob er lauschen würde. Ich lächele und mache natürlich mit.

»Nee!«

»Ihr seid so gemein zu mir«, jammert Aaron.

»Da! Da war’s wieder«, sagt Alistair und ich erwidere lachend:

»Du solltest deine Ohren untersuchen lassen.«

»Frau mit Humor, hat man nicht alle Tage.«

Ich fühle mich geschmeichelt.

»Na dann, Jazemin erzähl mal deine Lebensgeschichte.«

»Sie mag kein Speed-Dating«, wirft Aaron rein und ich schiebe nervöse meine Brille hoch.

»Da gibt’s nicht viel zu erzählen.«

»Wie bist du hier gelandet?«, fragt er mich und seine hellbraunen Haare leuchten in der untergehenden Sonne.

»Hab die falsche Bahn erwischt.«

Das ist der Vorteil, mit einem Menschen zu sprechen, sie verstehen die Analogien.

»Kenn ich!«

Wir lächeln uns an und ich möchte mehr über ihn wissen:

»Aaron sagte, dass du ein Agent bist. Du siehst nicht wie James Bond aus.«

»Ich bin eher wie Ethan Hunt.«

»Du bist doch etwas größer als Tom Cruise.« »Du willst mich in eine Schublade stecken?«

»Ich denke, für dich reicht nicht mal ein ganzer Schrank aus.«

Apropos Schrank: Er hat ein weißes Hemd mit grauer Weste und hellgrauer Hose an. Es sieht schick und doch leger aus.

»Schlagfertig. Vielleicht brauchen die Aliens ja mal darin Unterricht«, sagt Alistair und guckt mich mit seinen hellbraunen Augen an.

»Ich bin eher nutzlos.«

Er legt seine Hand auf meine und ein Kribbeln geht durch meinen ganzen Körper.

»Das Ganze hier ist nutzlos«, sagt er nah bei mir, und ein angenehmer Duft geht von ihm aus.

»Alistair, bitte nicht, sie muss es nicht wissen«, sagt Aaron.

»Vielleicht doch!«

»Was?«, frage ich und ziehe meine Hand zurück.

»Die Aliens …«, fängt Alistair an und wird von Aaron unterbrochen.

»Kannst du sie bitte nicht so nennen?«

»Die Wudd waren schon vor einigen Monaten bei uns auf der Erde. Natürlich streng geheim. Uns wurde von dem Krieg berichtet und ein paar Soldaten wurden von uns eingezogen.« Er zeigt zu Aaron. »Meine Organisation, die International Agency, fand es auch heraus und sie schickten mich hierher.«

»Wenn das so ist, warum wurde die Erde dann urplötzlich angegriffen?«, frage ich irritiert und gucke Aaron an.

»Jazemin, wir haben wirklich keine Ahnung gehabt, dass die Sheyaatin die Erde angreifen wollten. Sie sollten erst gar nichts von uns wissen.«

»Diese Beteuerung kommt zu spät!«, spreche ich meine Gedanken laut aus. »Es hätte verhindert werden können?«

Ich gucke zu Alistair und er nickt.

»So einfach ist es nicht!«, widerspricht Aaron. »Überall in der Galaxie herrscht Krieg, es ist schwer, herauszufinden, wo man zuerst hingehen soll … wie du weißt, war ich schon in einer Schlacht, als der Angriff auf die Erde erfolgte.«

»Eine Ablenkung!«

»Hey! Du bist ja klug.«

Alistair holt mich aus meinen Gedanken mit dem Kompliment heraus.

»Man kann nicht gegen das Schicksal ankämpfen.« Aarons Stimme veranlasst uns, ihn anzusehen. »Man muss es hinnehmen.«

Eine Traurigkeit umfasst ihn und ich habe Mitleid mit ihm.

»Anderseits wäre ich sonst niemals mit einem Raumschiff quer durch die Galaxie und dann links abgebogen«, sage ich aufmunternd und beide lächeln.

»Wir holen uns die Erde zurück!«, sagt Aaron sicher.

»Darauf kannst du Gift nehmen.«

»Apropos Gift, was gibt es zu essen?«, frage ich.

Lächelnd sagt Alistair: »Hier gibt es nur diesen Brei.«

Er löffelt in seiner Schüssel und lässt den Brei wieder herunterplumpsen.

»Nimm die Nummer 2, das ist …«

»Proteinreich!«, unterbreche ich Aaron und drücke auf den Tisch. Schweigend essen wir, bis Aaron sagt:

»In zwei Tagen findet hier eine Feier statt. Der Prinz …«

»Du kannst ihn doch nicht Der Prinz nennen, dann denkt sie, dass er auf einem weißen Pferd angeritten kommt. Es ist eine Bezeichnung für den Auserwählten.«

»Der Auserwählte?«, frage ich.

»Prinz …« Aaron guckt ihn eingehend an und er nickt zustimmend. »Prinz wird den Krieg mit dem letzten Kampf beenden.«

»Warum macht er es nicht gleich?«

Beide gucken mich überrascht an.

»Ich glaub, diese Frage wurde niemals gestellt … aber sie ist berechtigt. Warum nicht jetzt?«, fragt Alistair ihn.

»Ich hab keine Ahnung. Vielleicht weil es für alles eine Zeit gibt.«

»Wäre nicht jetzt eine gute Zeit?«

»Jazemin, du fragst mich zu viel, ich bin nur ein Soldat.«

»Und er … nur ein Agent!«, sage ich und nicke zu Alistair.

»Nur ein Mensch!«, sagt Alistair und wir lächeln uns wieder an, darauf sagt Aaron:

»Wie auch immer, die Feier ist nur für Soldaten, du kannst nicht dabeisein.«

»Ja, weißt du, ich will auch nicht dabeisein.«

Wir streiten uns wie Geschwister.

»Ich hätte ja gesagt, dass du zu mir kommen kannst, aber ich bin selber unterwegs«, sagt Alistair leise.

»Auch wenn du da wärst, ich lass sie doch nicht alleine mit dir. Dein Ruf …«

Alistair guckt schnell zu mir.

»Hör nicht auf ihn. Ich hab keinen Ruf!«

Lachend sagt Aaron:

»Genau das meine ich ja: Sein Ruf ist ruiniert.«

»Dann lebt es sich ja ungeniert.«

Wir lachen zusammen. Während ich aufstehe, erhebt sich auch Alistair und beim Rausgehen denke ich: Was für ein Gentleman.

Die Bestimmung

»Entschuldige, aber ich soll nach dir sehen.«

Aalamina sitzt schon wieder neben mir auf dem Bett.

»Du hast recht, es ist die Luft. Ich bin einfach nur müde.« Langsam setze ich mich hin. »Wie lange habe ich diesmal geschlafen?«

»Auch wieder eine Nacht und den halben Tag. Aaron macht sich Sorgen … läuft da zwischen euch was?«, fragt sie mich direkt.

»Nein! Natürlich nicht!«

Sie guckt mich skeptisch an.

»Er macht sich wie ein Bruder Sorgen um mich.«

»Ich hab dir deine Kleider mitgebracht.«

»Danke!«

Den nächsten Tag bleibe ich in meinem Zimmer und am Abend piept es an der Tür.

»Hallo, geht es dir gut?«, fragt mich Aaron.

»Ja. Aalamina sagt, dass es die Luft ist.«

»Und die Schwerkraft, du gewöhnst dich daran«, sagt er zwischen Tür und Angel, im wahrsten Sinne des Wortes.

»Wie war es bei euch?«

»Ich habe immer noch Schwierigkeiten, daher bin ich froh, wenn ich auf einem Raumschiff bin, da kann man die Schwerkraft anpassen.«

»Da komme ich nicht so schnell hin.«

»Es gibt deswegen auch sehr wenige Menschen auf dem Planeten.«

»Ich sollte ja eigentlich gar nicht hier sein. Übrigens, du siehst sehr schick aus.«

Aaron hat wieder seine dunkelgraue Uniform an. Der Verlauf der Linie an Armen und Beinen ist gelb.

»Ah, ja, danke … ich geh zu der Feier.« Schüchtern geht er durch seine dunkelbraunen Haare.

»Na dann, viel Spaß.«

Er guckt mich ernst an und sagt bestimmt:

»Egal wie gut du schläfst, der Albert schläft wie Ein-Stein.«

Ich steh kurz auf dem Schlauch, dann breche ich in Geschlechter aus.

»Der war gut! Ich erwähnte Einstein vor Kurzem auch.«

»Ich muss los! Geh an die frische Luft.«

Ich lache wieder, dann nicke ich.

Ein abendlicher Spaziergang wäre gar nicht so schlecht, daher laufe ich durch die Gegend.

I.S.E. wird mich schon wieder nach Hause bringen.

Meine Gedanken gehen zurück zu Einstein. Was hätte er wohl zu den ganzen Lebewesen gesagt? Meine Aufmerksamkeit wird durch die Leute abgelenkt, die schnell zu der Halle eilen, um an der Feier teilzunehmen. Ich wechsele die Richtung und komme an einem Gebäude vorbei, das fünf Stockwerke hat.

»I.S.E., wofür ist das?«

»Es wird als Lager verwendet, du kannst reingehen, wenn du es sehen willst. Du brauchst keine Sicherheitsfreigabe.«

Ich hab ja sonst nix Besseres zu tun, also nehme ich die Treppe. Im ersten Stock stehen viele Betten, im zweiten liegen Küchenutensilien auf den Tischen rum, im nächsten stehen Stühle und so weiter. Nach dem fünften Stock geht’s aufs Dach, von hier aus kann ich die Halle sehen. Aaron hatte recht, das Dach ist offen und man kann die Party-People sehen. Eine Weile gucke ich zu, doch dann setze ich mich auf den Stuhl, der hier wahllos herumsteht.

Man, diese Luft macht einen ganz schön fertig.

Die Tür vom Dach geht auf und ein Mann kommt herein – oder doch heraus? Hmm, eigentlich ist das ja draußen. Gut! Wir wollen uns jetzt nicht mit der richtigen Schreibweise aufhalten.

Ich sehe ihn, allerdings sieht er mich nicht, da ich von einem Schatten bedeckt werde, der von dem Nachbargebäude geworfen wird. Mein erster Gedanke ist, dass er womöglich auch die Feier aus der Ferne sehen will. Gerade als ich ihn ansprechen will, marschiert er zum Rand des Daches und legt einen Kasten neben sich. Irgendwie wirkt er komisch auf mich. Er hat keine Uniform an, ist ganz in Schwarz gekleidet und sieht schnell nach links und rechts dann zu der Feier.

Was hat er vor?

Er öffnet den Kasten und holt ein Gewähr heraus.

Ist das für das Feuerwerk?

Nein! Er schraubt daran und es wird größer mit einem Projektiv. Die Wudd benutzen solche Waffen nicht. Sie haben entweder Laserwaffen, die auf Betäubung eingestellt sind oder Elektroschocker. Während mein Herz aussetzt wird mir klar, dass es ein Attentat auf Prinz ist.

Was soll ich machen, was kann ich machen?

Meine Überlegungen rotieren so schnell, dass ich keinen klaren Gedanken fassen kann. Ich kann nichts machen. Er ist ein Attentäter, gegen ihn habe ich doch keine Chance. Eigentlich habe ich auch gegen einen ganz normalen Mann keine, schon vergessen? Ich bin nur eine Frau, eine ganz normale sterbliche kleine Frau, ich kann nichts machen!

Nun beruhigen wir uns mal alle!, ermahne ich mich. Ich überlege angestrengt nach und versuche, nicht laut zu atmen, was mir sehr schwerfällt, denn mein Herz pocht so laut, dass die Partygäste es auch hören könnten. Ich habe keine Zeit, einen Plan zu machen, er legt schon an und ist dabei, abzudrücken. In diesem Moment komme ich aus dem Schatten heraus und sage:

»Hey!«

Er zuckt leicht, was bewirkt, dass er einen Schuss abgibt. Das Abfeuern hätte keinen Lärm gemacht, doch der Schuss trifft auf Metall und löst einen Alarm aus. Schnell dreht er sich zu mir um und hält die Waffe auf mich. Vor Schreck bin ich zu einer Salzsäule erstarrt. Bevor er schießen kann, gehen die Lichter vom Gebäude an. Kurz ist der Attentäter abgelenkt und guckt sich um. In der Zeit enttarnen sich zwei Shuttles über uns und leuchten uns mit dicken Scheinwerfern an. Ich halte meine Hand vor meine Augen und sehe zwischen den Fingern, dass der Attentäter seine Arme mit dem Gewehr hochhebt.

Die Wudd-Soldaten springen ohne Seile aus dem Shuttle auf das Dach und richten die Waffen auf den Attentäter, der keine Möglichkeit zu fliehen hat, ich glaube, das hatte er auch nie vorgehabt.

Er kippt einfach tot um.

Zwei Soldaten führen mich ab, in dem Besprechungsraum, wo ich schon war, als ich auf Eddreé ankam.

Es sieht wie ein ganz normales Büro aus. Mit einem riesengroßen Schreibtisch am Fenster, wo drei Leute Platz haben. Links und rechts stehen lange Couchs mit einem Tisch der Länge nach. Auf einem davon sitze ich betäubt da.

Aaron und Captain Cabooh eilen durch die Tür.

»Jazemin! Geht es dir gut?«, fragt Aaron besorgt.

Ich lege meinen Kopf in die Hände und schüttele. Er setzt sich neben mir und sagt:

»Alles wird gut.«

Plötzlich wird es still im Zimmer und ich gucke hoch.

Ein Wudd-Soldat steht wie ein griechischer Gott in der Mitte des Raumes.

»Bitte verlasst den Raum. Ich klär das.« Seine Stimme hallt bis tief in mir hinein.

»Colonel …« Aaron stellt sich neben mich und die anderen gehen schon durch die Tür. »Colonel, darf ich bitte bei ihr bleiben?«

»Ich berichte dir dann später.« Colonel spricht leise, dennoch bestimmt, darauf nickt Aaron und schließt hinter sich die Haupttür.

Da wir jetzt alleine sind, setzt sich Colonel vor mir auf den Tisch.

»Mein Name ist Jaikan. Darf ich dich Jazemin nennen?«

Du kannst mich nennen, wie du willst, Süßer!

Ich stehe eindeutig unter Schock, daher nicke ich nur.

»Ich kann mir vorstellen, dass heute ein aufregender Tag für dich war …«

Die Untertreibung des Jahrhunderts.

»Würdest du dennoch bitte aufstehen?«

Er stellt sich hin und auch ich erhebe mich langsam aus meiner Starre, als die Nebentür aufgeht.

»Mein Prinz, das ist …«

»Jazemin Kandrik. Ich habe von dir gehört, aber dass du eines Tages mein Leben rettest, hätte ich nicht gedacht.«

Mit offenem Mund starre ich ihn nur an.

Der Auserwählte.

Wie soll ich ihn begrüßen? Ihm die Hand geben? Einen Knicks machen oder auf ein Knie gehen, wie die Ritter es tun? Gedankenlos mache ich einen Knicks. Ich hab zu viele Disney-Filme gesehen.

Er lächelt und sagt:

»Es ist nur eine Bezeichnung, kein Titel. Ich bin nicht wirklich ein Prinz.«

Ich bin echt eingeschüchtert von seiner Autorität. Er ist ganz in Schwarz gekleidet, sein Gehrock reicht über seine Knie, dadurch wirken seine braunen Haare und Augen dunkler, als sie eigentlich sind.

»Wie kann ich dir danken?«

Ganz richtig! ICH!

Ich, eine ganz normale, sterbliche, kleine Frau, habe