Julia Exklusiv Band 267 - Chantelle Shaw - E-Book

Julia Exklusiv Band 267 E-Book

Chantelle Shaw

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Beschreibung

HEIßE KÜSSE FÜR DEN BOSS von ANDERSON, NATALIE Amanda kann es nicht fassen: Jared, der ihr vor zehn Jahren das Herz gebrochen hat, ist ihr neuer Chef! Zähneknirschend macht sie sich klar, dass sie nun alles tun muss, um ihn zufriedenzustellen. Seltsam nur, dass ihr das leichter fällt, als sie anfangs dachte … WIE DER HIMMEL AUF ERDEN von WOOD, SARA Dunkle Wolken über dem Palazzo am Comer See: Der italienische Graf Dante Severini wirft seiner Ehefrau Miranda vor, ihn betrogen zu haben. Miranda weiß nicht, wie sie ihm ihre Unschuld beweisen soll. Nur Dantes ungebrochene Leidenschaft gibt ihr noch Hoffnung … ATEMLOS VOR SEHNSUCHT, STAUNEND VOR GLÜCK von SHAW, CHANTELLE Ein Blick in seine samtschwarzen Augen, und Rachel ist verloren! Mit dem Polo-Star Diego Ortega erlebt sie berauschende Wochen. Doch dann entdeckt Rachel, dass ihre heißen Nächte unerwartete Folgen haben. Was wird der Jet-Set-Playboy aus Buenos Aires nur dazu sagen?

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Seitenzahl: 571

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Natalie Anderson, Sara Wood, Chantelle Shaw

JULIA EXKLUSIV BAND 267

IMPRESSUM

JULIA EXKLUSIV erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXKLUSIVBand 267 - 2016 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg

© 2009 by Natalie Anderson Originaltitel: „Hot Boss, Boardroom Mistress“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Juliane Zaubitzer Deutsche Erstausgabe 2010 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe JULIA, Band 192010

© 2004 by Sara Wood Originaltitel: „The Italian Count’s Command“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Helga Meckes-Sayeban Deutsche Erstausgabe 2005 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe JULIA, Band 1677

© 2009 by Chantelle Shaw Originaltitel: „Argentinian Playboy; Unexpected Love-Child“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Katharina Kramp-Löcherbach Deutsche Erstausgabe 2010 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe JULIA, Band 1911

Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 01/2016 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733703714

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

Heiße Küsse für den Boss

1. KAPITEL

Amanda blieb kurz stehen, um einen skeptischen Blick auf das Fabrikschild im Türrahmen zu werfen, auf dem Baujahr und Bauort angegeben waren. Erst nachdem sie es sorgfältig geprüft hatte, ging sie an Bord. Sie stieg nie in ein Flugzeug, ohne vorher dieses kleine Metallschild mit eingravierter Schrift zu lesen.

Die strengen Blicke der Stewardessen meidend, zwängte sie sich den schmalen Gang entlang. Amanda entging nicht, dass sie verärgert waren. Sie hatten das ungeduldige Hin und Her über die Funkanlage mitbekommen. Während sie zu ihrem Sitz eilte, spürte sie die stechenden Blicke der Passagiere, die fünf Minuten auf sie hatten warten müssen. Eigentlich keine lange Zeit, doch für Flugreisende offensichtlich eine Ewigkeit. Sie hörte Murren und missmutiges Gemurmel.

Pech gehabt. Sie reckte das Kinn und bemühte sich, ihre Mitreisenden zu ignorieren. Es war schließlich ein Notfall, man zählte auf sie. Zum Glück hatte ihre alte Studienfreundin Kathryn sie in letzter Minute auf diesen Flug gebucht und das Bodenpersonal überredet, die Maschine aufzuhalten, während Amanda die Korridore entlanggehetzt war. Wenn sie diesen Flug verpasst hätte, den letzten des Tages, wäre sie morgen vielleicht nicht rechtzeitig zum Meeting in Auckland gewesen. Die Gefahr von Frühnebel war zu groß.

Mit einem kurzen Blick auf den Mann, der den Fensterplatz neben ihr hatte, verstaute sie ihren Laptop unter dem Sitz vor ihr. Sobald sie in der Luft waren, würde sie weiterarbeiten. Die Präsentation musste perfekt sein. Die Agentur brauchte den Auftrag, und Amanda brauchte den Job. Sie brauchte Geld – es ging buchstäblich um Leben und Tod.

Sie schnallte sich an. Das Flugzeug rollte bereits zur Startbahn, und die Stewardessen erklärten vorschriftsmäßig die Sicherheitsanweisungen. Nachdem sie diese Strecke in den letzten zwei Monaten öfter geflogen war, als ihr lieb war, konnte Amanda fast mitsprechen. Erst jetzt wurde ihr klar, dass sie in der Businessclass saß. Sie war seit Jahren nicht mehr Business geflogen.

Die Businessclass hatte sie Kathryn zu verdanken.

Doch als die Maschine vor der Startbahn zu stehen kam, spürte sie die alte Angst in sich aufsteigen. Sie lehnte den Kopf zurück, schloss die Augen und betete sich in Gedanken alle Statistiken, Fakten und Zahlen vor. Es war praktisch unmöglich, dass dieses Flugzeug abstürzte.

Aber es half nicht. Sie spürte, wie ihr der kalte Schweiß ausbrach.

Sie versuchte an die Präsentation zu denken – das würde sie ablenken.

Es gelang ihr nicht.

Sie versuchte, an ihren Großvater zu denken.

Auch das gelang ihr nicht.

Das Herz schlug ihr bis zum Hals, und sie hatte das Gefühl, ersticken zu müssen. Auf keinen Fall durfte sie jetzt eine Panikattacke bekommen und die anderen Passagiere noch länger aufhalten. Doch ihr Herz klopfte immer schneller, immer lauter.

Konzentrier dich auf deinen Atem.

Stoßweise sog sie Luft ein. Die Triebwerke dröhnten. Das Blut rauschte in ihren Ohren. Mit den Fingern umklammerte sie den Rand ihrer Stuhllehne und hielt sich fest. Sie schloss ihre Augen noch fester und spannte jeden Muskel ihres Körpers an. Auf keinen Fall durfte sie jetzt ohnmächtig werden. Oder schreien. Oder Schlimmeres.

Atme. Ein und aus, ein und aus.

„Natürlich. Amanda! Wer sonst ist rücksichtslos und egoistisch genug, ein ganzes Flugzeug aufzuhalten?“

Sie öffnete die Augen und drehte den Kopf. Die Stimme hatte den Lärm durchschnitten wie ein Diamant Glas. Alles um sie herum schien zu verstummen.

Augen, dunkler als die Nacht, umrahmt von dichten schwarzen Wimpern, erwiderten ihren Blick. Seine Nase war seit einem früheren Bruch ein bisschen schief, die Stirn breit, die Wangenknochen markant. Er hatte volle Lippen, doch es lag nicht einmal die Andeutung eines Lächelns darauf. Nicht für sie.

Es war ein Gesicht, das sie bestens kannte, doch sie hatte es seit Jahren nicht gesehen.

„Hallo, Jared.“

Sie spürte kaum, wie das Flugzeug vom Boden abhob. Den Kopf an die Lehne gepresst, gelang es ihr nicht, den Blick von seinem Gesicht abzuwenden, in dem kühle Herablassung stand.

„Es muss mindestens zehn Jahre her sein“, begann er. „Man sollte denken, du hättest dich inzwischen geändert. Aber offensichtlich nicht.“

Es war neun Jahre her. Neun Jahre und sieben Monate.

„Manche Dinge ändern sich, manche nicht.“ Sie ließ den Blick über seine Kleidung gleiten. Jeans. Jared trug immer Jeans – in der Schule, danach, beim Rasenmähen, Möbelpacken, Autowaschen …

Egal ob es ein strahlender Sommertag war oder ein eiskalter Wintermorgen, Jared trug Jeans. Vielleicht wusste er, wie sexy er darin aussah?

Doch an der dunklen Stickerei erkannte sie, dass sich doch etwas geändert hatte. Jetzt waren es Designer-Jeans – keine alten, ausgeblichenen, ausgefransten Jeans mit Löchern an den Knien. Ihr Blick blieb an seinem schwarzen Pullover aus feiner Merinowolle hängen.

Ja, manche Dinge änderten sich.

Das Flugzeug stieg immer höher, doch sie bemerkte es kaum.

Ausgerechnet Jared James. Ein kalter Schweißtropfen lief ihr den Rücken hinunter, und ihr Herz pochte. Sie drehte sich um und blickte sehnsüchtig den Gang hinunter, in der Hoffnung, einen freien Sitz zu entdecken, sah jedoch nur Schultern und Beine, die in den Gang ragten.

„Du würdest in die Holzklasse wechseln, nur um mir aus dem Weg zu gehen?“, kommentierte er. „Wie rührend.“

Sie reckte sich, um auch die Fensterplätze sehen zu können. Es musste doch irgendwo noch einen freien Sitzplatz geben! Wenn sie neben ihm sitzen bleiben musste, konnte sie für nichts garantieren.

„Denkst du immer noch nur an dich selbst?“ Er hob die Augenbrauen. „Du siehst doch, wie beschäftigt die Frau ist.“ Er deutete auf die Stewardess, die Getränke verteilte. „Willst du sie wirklich mit deinem Anliegen behelligen?“

Amanda spürte, wie gleichzeitig Zorn und Scham in ihr aufflammten. Der Groll gegen Jared schwelte seit neun Jahren und sieben Monaten in ihrem Innern und wurde nun erneut entfacht.

Es gab Dinge, die vergaß man nicht.

Er irrte sich. Manches änderte sich. Wie zum Beispiel ihre Gefühle für ihn. Zwei Jahre hatte sie ihn damals angehimmelt, bevor er an einem einzigen Abend alles zunichte gemacht hatte.

Seinetwegen war sie gezwungen gewesen, die Stadt zu verlassen, in der sie ihr ganzes Leben verbracht hatte. Seinetwegen war das Verhältnis zu ihrem Großvater getrübt. Seinetwegen war sie die letzten beiden Jahre ihrer Schulzeit einsam und allein gewesen.

Und seither war kein Tag vergangen, an dem sie nicht an ihn gedacht hatte. Immer wieder fragte sie sich, wohin es ihn verschlagen hatte, was aus ihm geworden war, ehe sie die Gedanken an ihn verscheuchte. Sie wollte es gar nicht wissen. Sie wollte ihn vergessen.

Denn er hatte ihr viel bedeutet. Egal, was er dachte, er hatte ihr wirklich viel bedeutet. Und er hatte einen Riss in ihrem Herzen hinterlassen, der sich nicht kitten ließ, so sehr sie es auch versuchte. So sehr sie sich auch einzureden versuchte, dass sie über ihn hinweg war. Damals war sie ein junges Ding gewesen, das einen herzlosen Jugendlichen zum Helden verklärt hatte. Ihre Naivität war unangemessen hart bestraft worden.

Doch welches unerfahrene sechzehnjährige Mädchen konnte so einem attraktiven Mann widerstehen, seiner südländischen Erscheinung, der olivbraunen Haut und den fast schwarzen, gefährlich funkelnden Augen, dem vollen dunklen Haar, das immer ein wenig zerzaust aussah?

Nicht zu vergessen die von harter körperlicher Arbeit gestählten Muskeln. Und dann die Ausstrahlung. Kein Mann hatte eine Ausstrahlung wie Jared James – geheimnisvoll, rebellisch und irgendwie verletzlich.

Kein Mädchen in der Stadt war dagegen immun gewesen. Doch sie war die Dümmste gewesen.

„Kommandantin Amanda.“ Sein grausames Lachen jagte ihr eine Gänsehaut über den Körper.

Sie fand den alten Spitznamen noch immer verletzend. Sie kannte ihn. Hatte gehört, wie er hinter vorgehaltener Hand geflüstert wurde, wenn sie vorbeiging. Doch nie hatte ihn ihr jemand ins Gesicht gesagt – außer Jared.

Er lächelte spöttisch. Ein kaltes, herzloses Lächeln. Amanda reckte ihr Kinn. Es gab nur einen Weg, die Situation zu meistern. Mit eisiger Höflichkeit. Gute Manieren waren die halbe Miete. Jared scherte sich allerdings nicht um gute Manieren. Jedenfalls nicht ihr gegenüber. Sie machte ihm keinen Vorwurf.

Es hatte eine Zeit gegeben, wo sie sich ihm gegenüber ziemlich unverschämt benommen und ihn auf der Farm ihres Großvaters herumkommandiert hatte. Es war der Versuch eines unreifen Mädchens gewesen, seine Aufmerksamkeit zu bekommen, und es hatte nicht geklappt. Jedenfalls nicht so, wie sie es sich vorgestellt hatte.

Deshalb hatte sie etwas noch viel Dümmeres versucht. Sie hatte gehört, wie die anderen Mädchen über ihn redeten, wie sie ihn ansahen – die Gerüchte über seine Qualitäten als Liebhaber. Naiv wie sie war, hatte sie gedacht, er würde ihr endlich die Aufmerksamkeit schenken, nach der sie sich sehnte, wenn sie sich ihm ganz anbot.

Wie dumm von mir. Seine Reaktion hatte ihr das letzte Stück Kindheit geraubt, und das konnte sie ihm niemals vergessen.

Nun, jetzt wollte sie seine Aufmerksamkeit nicht mehr. Sie würde kurz höflichen Small Talk machen, sich dann entschuldigen und sich wieder ihrer Arbeit zuwenden. Zwar hatte sie nicht übel Lust, ihm die Meinung zu sagen und ihn dann einfach stehen zu lassen, doch sie hatte auf diesem Flug schon genug Wirbel veranstaltet. Außerdem war kein anderer Platz frei.

Sie senkte kurz den Blick, um sich zu sammeln, dann sah sie wieder auf und schenkte ihm ihr strahlendstes Lächeln. Na ja, es war ein bisschen schief, aber besser als nichts. „Und wie ist es dir so ergangen, Jared?“

Sein Blick verengte sich. „Ich arbeite viel.“

Natürlich. Jared hatte immer viel gearbeitet. Schon während er noch zur Schule ging, musste er Geld verdienen, weil sein ewig betrunkener Vater dazu nicht in der Lage war. „Hast du alte Freunde besucht?“

Seine Miene wurde noch verschlossener. „Ich bin hier nur zwischengelandet. Es sollte nur zehn Minuten dauern, die Passagiere aus Christchurch zusteigen zu lassen. Aber dank dir hat es fünfzehn Minuten gedauert. Ich komme aus Queenstown.“

Sie ignorierte die spitze Bemerkung. „Warst du Skifahren?“

„Snowboarden.“

„Wie nett.“ Sie verdrängte das Bild von Jared in Jeans und mit Schnee im Haar schnell wieder. Bestimmt sah er dabei total cool aus. Er war einfach zu cool, zu attraktiv und zu nah. Ihr Puls raste, und sie begriff, dass sie mit fünfundzwanzig ebenso wenig immun gegen ihn war wie mit sechzehn.

Sie bemühte sich, diese Erkenntnis zu verdrängen, und atmete tief durch. Genug geplaudert. Das Flugzeug hatte seine Flughöhe erreicht, ohne dass sie etwas davon mitbekommen hatte, so tief saß der Schock, dass sie plötzlich neben ihrer ersten großen Liebe saß. Damals hatte er all ihre heimlichen Fantasien und Träume zerstört. Indem er sie bloßstellte, hatte er ihr ganzes Leben auf den Kopf gestellt. Natürlich hatte sie ihm das nie erzählt.

Amanda überspielte ihre Erschütterung, indem sie nach ihrem Laptop griff. Am besten versteckte sie sich hinter dem Bildschirm, auch wenn es ihr schwerfallen würde, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Ihre Gedanken rasten, während längst verdrängte Erinnerungen in ihr aufwallten. Das Blut in ihren Ohren rauschte lauter als vor dem Start.

Die Demütigung fühlte sich noch ganz frisch an, und am liebsten wäre sie im Erdboden versunken. Stattdessen öffnete sie beherrscht ihren Laptop. Sie war schließlich nicht mehr sechzehn.

Von der Stewardess ließ sie sich Kaffee einschenken und lehnte sich höflich zurück, als Jared seinen bekam.

„Was ist mit dir, Amanda? Arbeitest du auch viel?“, fragte er nach einem Schluck von dem dampfenden Getränk.

„Wie du siehst“, blockte sie ab.

Sie hörte ein Prusten, und als sie aufblickte, sah sie in sein ebenso ungläubiges wie spöttisches Gesicht.

„Schätzchen, du weißt doch gar nicht, was Arbeit ist.“ Seine Stimme klang beiläufig, doch sein finsterer Blick schien sie zu durchbohren.

„Jared“, erklärte sie ruhig, aber bestimmt. „Du kennst mich doch überhaupt nicht.“

„Ich kenne dich gut genug.“ Er musterte sie aufmerksam.

Trotz des dicken Wollmantels und der blickdichten Strümpfe, die sie trug, hatte sie das Gefühl, als würde Jared sie mit seinen Blicken ausziehen. Ihre Körpertemperatur stieg dramatisch an. Schon damals war ihr aufgefallen, dass er etwas Animalisches an sich hatte. Doch sie war überrascht, was für eine starke Wirkung er immer noch auf sie hatte. Es schien geradezu unmöglich, ihm zu widerstehen.

Seine dichten Wimpern berührten fast seine Wangen, während er den Blick über ihren Arm wandern ließ. Ihr Puls raste, und sie war kurz davor, der Versuchung nachzugeben – nur um zu sehen, was passieren würde. Denn der kleine Vorgeschmack, den sie damals bekommen hatte, war für sie zum Maß aller Dinge geworden.

Doch dann fiel ihr wieder ein, was danach geschehen war.

Er nahm ihre Hand. Sofort versuchte Amanda, ihre Hand zurückzuziehen, doch er hielt sie so fest, dass sie es aufgab. Sein Griff lockerte sich, doch statt sie loszulassen, zog er sie näher an sich heran, um ihre Finger zu untersuchen.

Amanda hörte auf zu atmen. Ihre Haut prickelte unter seiner Berührung.

„Ich glaube kaum, dass diese hübschen Hände je hart gearbeitet haben.“ Er drehte ihre Hand um und malte mit dem Zeigefinger seiner freien Hand Kreise in ihrer Handfläche.

Es kitzelte, und sie wollte die Hand zurückziehen, doch gleichzeitig … gleichzeitig … spürte sie …

Verlangen.

Er malte weiter Kreise.

Ihre Finger zitterten in seiner Hand, und ein Schauer lief ihr über den Rücken.

Ein Lächeln umspielte seinen Mund. Ein Lächeln, wie sie es bei ihm noch nie gesehen hatte. Ein verführerisches Lächeln, das sie nervös machte. Es wurde breiter …

Oh nein. Das konnte sie nicht zulassen. Sie durfte ihm nicht wieder verfallen …

„Händen wie diesen geht es nur ums Vergnügen.“ Sanft ließ er zwei Finger über ihre Handfläche spazieren, dann hob er den Kopf und blickte tief in ihre weit aufgerissenen hypnotisierten Augen. „Nicht wahr, Amanda?“

2. KAPITEL

Amanda schloss ihre Finger zur Faust und entriss sie Jareds Griff. Ihre Wangen brannten vor Scham. Noch schlimmer war ihr Verdacht, dass er wusste, dass in ihr noch etwas anderes brannte. Dabei hatte sie sich so bemüht, höflich zu bleiben. Sie starrte ihn an und kam langsam wieder zu Atem. Sie hasste die Wirkung, die er auf sie hatte, die er schon immer auf sie gehabt hatte, ob er nun lächelte oder nicht.

Er hingegen besaß die Frechheit zu lachen! Selbst seine dunklen, tiefgründigen, gefährlichen Augen lachten. Seinen Mund wagte sie gar nicht erst anzusehen … Doch dann tat sie es doch. Wieder dieses Lächeln, diesmal mit einem Hauch Spott.

Wie demütigend. Warum musste sie ausgerechnet dem Mann begegnen, der ihr Herz gebrochen hatte?

„Entschuldige bitte, Jared! Ich habe noch zu arbeiten.“ Nüchterne Sachlichkeit war ihre einzige Rettung. Um ihre Hormone würde sie sich später kümmern.

„Ach wirklich, Amanda?“

„Ja, wirklich. Denn anders als du denkst, muss ich meinen Lebensunterhalt selbst verdienen.“

„Aber doch sicher nicht um diese Uhrzeit?“

Amanda sah auf die Uhr. Kurz nach neun, dieser furchtbare Flug dauerte also noch über eine Stunde. Sie starrte auf den Computerbildschirm und wünschte, sie könnte sich einfach wegbeamen wie in einem Science-Fiction-Film.

„Du warst schon immer schön, Amanda, aber jetzt bist du sogar noch schöner.“ Er klang so leidenschaftslos, als würde er über das Wetter reden.

„Findest du?“ Fast wäre ihr die unverbindliche Frage gelungen, doch sie verschluckte sich an der letzten Silbe und konnte dann den Blick nicht mehr von ihm abwenden.

Er nutzte die Gelegenheit, sie erneut von Kopf bis Fuß zu mustern.

„Absolut. Ein bisschen blass, vielleicht ein bisschen schmal, obwohl man das unter dem Mantel schlecht erkennen kann. Hast wohl die Nacht öfter mal zum Tag gemacht?“

Nicht so, wie er dachte. Trotz vieler schlafloser Nächte ging sie weder auf Partys oder in Clubs, noch hatte sie heißen Sex. Bei diesem letzten Gedanken suchte er gerade ihren Blick und lächelte wissend.

„Wie ich bereits sagte, ich arbeite viel.“ Sie wandte sich wieder dem Bildschirm zu, der Arbeit, dem Vergessen. Bitte.

Er saß ihr zugewandt und beobachtete sie abwartend. Schließlich hielt sie es nicht mehr aus. Was hatte er gesagt? Hatte er sie damals wirklich schön gefunden? Warum hatte er sich dann so abweisend verhalten?

Sie gab es auf, sich den Kopf darüber zu zerbrechen. „Du hast deine Chance gehabt.“

„Heißt das, ich bekomme keine zweite?“ Er sah sie herausfordernd an.

Sie erwiderte seinen Blick so gleichgültig, wie sie konnte. „Nein.“

Sein Lächeln wurde breiter. „Dein Körper sagt etwas ganz anderes als dein Mund.“

„Oh bitte!“ Spott lag in ihrer Stimme. „Glaubst du, mit diesem Spruch kannst du bei mir landen?“

„Zu nah an der Wahrheit?“

„Zu machohaft.“

„Dann eben nicht.“ Er beugte sich näher zu ihr, blickte ihr tief in die Augen und sprach langsam und deutlich. „Ich musste noch nie eine Frau drängen. Die meisten kommen von selbst.“

Es dauerte eine Sekunde, ehe Amanda blinzelte. Ehe sie verstand, was er meinte, … worauf er anspielte.

„Ich war jung.“ Ihre Stimme bebte.

Sie kämpfte kurz gegen den Drang, ihm den Kaffee über den Pullover zu kippen. Stattdessen hob sie den Becher mit zitternden Fingern an den Mund.

„Frag mich noch einmal“, murmelte er. „Vielleicht ist die Antwort diesmal eine andere.“

Sie zwang sich, einen Schluck zu trinken, obwohl der Kaffee noch kochend heiß war.

„Es wäre ein Leichtes, mich zu überreden.“

Fast hätte sie den Kaffee wieder ausgespuckt. „Träum weiter, Don Juan.“

Er lachte frech. „Das ist alles?“ Er schüttelte bekümmert den Kopf. „So geläutert, Amanda? Was ist aus dem eigenwilligen Mädchen geworden, das sich einfach nimmt, was es will?“

Und dann verstand sie. Er wollte sie provozieren. Er meinte kein Wort von dem, was er sagte, sondern hatte sie nur für dumm verkauft. Je höflicher sie war, desto unverschämter wurde er, bis sie anbiss. Dann lachte er sie aus. Und er hatte genau gewusst, wie er sie packen konnte. Mit seiner Anziehungskraft auf sie.

Was für eine Blamage.

Machte er das mit allen Frauen? Bestimmt konnte er ungeheuer charmant sein, wenn er wollte. Doch die Frauen lagen ihm auch so zu Füßen. Genau wie sie damals. Trotzdem flog er allein aus dem Urlaub zurück. Er war also offensichtlich nicht verheiratet. Hatte er keine Freundin?

Aber natürlich! Sie hätte sich ohrfeigen können. Es gab sicher mehr als eine Frau in seinem Leben.

„Warst du in letzter Zeit mal in Ashburton?“ Wenn er unbedingt reden wollte, wollte sie von jetzt an wenigstens das Thema bestimmen.

„Seit neun Jahren und sieben Monaten nicht.“

Amanda verspürte eine tiefe Befriedigung. Er wusste also genau, wie lang es her war.

„Warum nicht?“ Sie war neugierig.

Er wandte sich ab und schien intensiv das Anschnallzeichen vor ihnen zu studieren. Als er sie wieder ansah, waren seine Augen ausdruckslos. „Es gab keinen Grund.“

Keine Freunde, keine Familie, keine Liebe.

Sie hätte ihm so gern Liebe gegeben. Ebenso wie der Rest der weiblichen Bevölkerung. Ihm, dem zornigen Jared James, dessen Mutter fortgelaufen war und dessen Vater so viel trank, dass er selten bei Bewusstsein war, geschweige denn für seinen Sohn sorgen konnte. Jared war einsam und allein – und hinreißend.

„Warst du nicht neugierig?“

„Worauf hätte ich neugierig sein sollen?“, erwiderte er knapp.

„Stimmt.“ Bemüht, seine Frage nicht als verletzend zu empfinden, versuchte sie das Gute daran zu sehen: Wenn es ihn nicht interessierte, wusste er wahrscheinlich nichts von ihrem Großvater. Kaum jemand wusste Bescheid, aber in einer Kleinstadt war es schwer, Geheimnisse zu bewahren, vor allem bei einer so bekannten Persönlichkeit. Doch er hatte es verdient, in Würde zu altern, und Amanda arbeitete härter denn je, um ihm das zu ermöglichen. Und aus irgendeinem Grund war es ihr wichtig, dass Jared nicht schlecht über ihren Großvater dachte. Egal, was er über sie denken mochte.

Sie wandte sich wieder ihrem Laptop zu. Fünfmal las sie denselben Satz, ehe sie ihn verstand. Es war hoffnungslos. Deshalb bastelte sie an den Farben und der Formatierung herum.

Die Präsentation würde morgen um zehn Uhr stattfinden, und es war entscheidend, dass sie den Auftrag bekamen. Die Agentur war von der schlechten Wirtschaftslage schwer getroffen und stand kurz vor der Schließung. Nur wenn sie diesen Kunden gewannen, konnten sie die Finanzkrise überstehen. Es war typisch: Kaum hatte sie einen gut bezahlten Job gefunden, war alles wieder ungewiss. Doch sie brauchte Gewissheit. Ihr Großvater zählte auf sie.

Ihre Konzentration war dahin. Sie machte sich auf eine lange Nacht gefasst. Das Adrenalin und die unbequemen Erinnerungen würden sie keinen Schlaf finden lassen. Sie konnte genauso gut jetzt gleich ihre Migränetabletten nehmen. Andererseits konnte sie es sich nicht leisten, morgen nicht fit zu sein.

Mist. Warum musste Jared James ausgerechnet heute in diesem Flugzeug sitzen?

Halb belustigt, halb verärgert lehnte Jared sich zurück. Schließlich siegte die Belustigung, doch es war ein knapper Sieg. Trotz des dicken Wollmantels hatte sie so frisch ausgesehen, als sie eingestiegen war. Mit nur einem Hauch von Rosa auf den blassen Wangen war sie an Bord gekommen und hatte die anderen Passagiere geflissentlich ignoriert. Kein Wort der Entschuldigung, nichts.

Amanda Winchester tat, als gehörte ihr die Welt. Sie war all das, was er nicht war. Und damals hatte sie all das, was er nicht hatte. Geld, Freizeit und Freiheit. Während er nichts besaß, rund um die Uhr arbeitete und in zerrütteten Verhältnissen lebte.

Doch er hatte sich geändert, hatte seine Vergangenheit hinter sich gelassen. Jetzt saß er in ihrer Klasse, und er hatte hart dafür gearbeitet. Und doch war ihm irgendwie unbehaglich neben ihr. Obwohl er sich die Businessklasse locker leisten konnte, weckte ihr Anblick ein vertrautes Gefühl: den verzweifelten Wunsch, seinem Schicksal zu entkommen. Und damit kehrte auch die Verbitterung zurück, die er ihr gegenüber empfand. Damals hatte sie all das symbolisiert, was ihm fehlte. Und sie war alles gewesen, was er wollte.

Er betrachtete sie, unfähig, den Blick abzuwenden. Sie hatte sich nicht verändert. Sie war verwöhnt, egoistisch … Oh, natürlich, nach außen hin machte sie auf Eisprinzessin. Immer höflich, als könnte sie kein Wässerchen trüben. Doch er wusste, wie sie wirklich war, und ihr Verhalten bewies es. Was Amanda haben wollte, bekam sie – und wenn zweihundert Leute auf sie warten mussten.

Eine verwöhntes kleines Biest – das sein Herz immer noch höher schlagen ließ. Er hatte nie vergessen, wie sie in diesen Dessous ausgesehen hatte … ihre blasse Haut schien neben der schwarzen Seide geradezu zu leuchten. Wo hatte sie die Wäsche nur her gehabt? Aus dem Katalog?

Neun Jahre und sieben Monate waren verstrichen, und das Verlangen, dem er nie nachgegeben hatte, holte ihn mit unerwarteter Wucht wieder ein. Ebenso wie die Enttäuschung. Er biss die Zähne zusammen und erinnerte sich daran, dass es lange her war und er längst nicht mehr der jugendliche Habenichts von damals war.

Was sprach eigentlich dagegen, dass er sie jetzt begehrte? Eine Nacht mit Amanda Winchester war längst nicht mehr tabu. Sie waren schließlich beide erwachsen und hatten die Vergangenheit hinter sich gelassen. Dieser Gedanke besänftigte sein Unbehagen und weckte den Jäger in ihm.

Während sie ihn also weiterhin bewusst ignorierte, warf er einen Blick auf ihren Bildschirm. Sie war schon immer ein verzogenes Gör gewesen. Der kleine Vorgeschmack, den er damals gekostet hatte, ließ ihn vermuten, dass sie sich zu einem wahren Vamp gemausert hatte. Aus dem wilden Mädchen von damals war eine leidenschaftliche Frau geworden. War da nicht eben dieses Funkeln in ihren Augen aufgeblitzt? Er hatte der Versuchung, sie zu berühren, nicht widerstehen können, nur um zu sehen, ob das Feuer aufflackern würde. Und das war es. Wie würde es erst brennen, wenn er sie dort berührte, wo er wirklich wollte?

Blinzelnd verscheuchte er den Gedanken, ehe es unangenehm wurde. Er hatte einfach zu lange keinen Sex gehabt – das war das Problem. Er setzte sich anders hin, und erst jetzt sah er, woran Amanda arbeitete.

Das gab es doch nicht!

Er brauchte einen Moment, um seine Fassung zurückzugewinnen, dann fragte er: „Und womit verdienst du so deinen Lebensunterhalt, Amanda?“

„Ich bin in der Werbung.“

Er unterdrückte ein verächtliches Schnauben. Natürlich. Amanda hätte einem Eskimo Eis verkaufen können.

„Bei welcher Agentur?“ Er nahm an, es war eine der beiden größeren.

„Synergy.“

Er stutzte. Das war mit Abstand die kleinste der drei Agenturen, die er in die engere Wahl genommen hatte. Und wenn man den Gerüchten glaubte, brauchten sie den Auftrag am dringendsten.

Er war froh, dass er vorgewarnt war. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. Er konnte unmöglich mit ihr zusammenarbeiten, aber wenigstens würde er keinen Schock bekommen, wenn sie morgen früh in sein Büro spazierte.

Mit einem prüfenden Seitenblick bemerkte er ihren unnahbaren Gesichtsausdruck. Er war nicht Gentleman genug, um sie vorzuwarnen. Aber er hatte auch nie behauptet, ein Gentleman zu sein.

Als das Flugzeug zum Landeanflug ansetzte, bemerkte er, wie sie sich an den Armlehnen festklammerte. „Fliegst du nicht gern, Amanda?“

„Nicht besonders.“ Ihre Lippen bewegten sich kaum, als sie antwortete.

„Du magst es wohl nicht, wenn andere die Kontrolle haben.“ Es amüsierte ihn, dass sie unfreiwillig eine Schwäche eingestehen musste.

„Ich habe einen starken Selbsterhaltungstrieb.“

Er lachte in sich hinein. Wohl eher einen stark selbstsüchtigen Trieb. Und faul war sie. Er würde nie vergessen, wie sie ihn auf der Farm ihres Großvaters herumkommandiert und ihm dann bei der Arbeit zugesehen hatte.

Kaum waren sie gelandet und die Anschnallzeichen erloschen, stand sie mit gepackten Taschen im Gang. Sie war es so gewohnt, den Vortritt zu haben, dass sie es gar nicht mehr registrierte. Jared zählte bis zehn, während er hinter ihr wartete, dass die Stewardessen die Tür öffneten. Trotz ihrer hochhackigen Stiefel reichte sie ihm gerade bis zum Mund. Beim Einatmen roch er den zarten Duft ihres Shampoos, und sein Ärger verflog ebenso plötzlich wie er gekommen war.

Am liebsten hätte er ihr Haar gelöst, um sich zu vergewissern, dass es noch immer so lang und golden war wie damals. Sie hatte es immer offen getragen. Es hatte ihre Ankunft angekündigt wie eine Fahne, und er hatte lieber nicht hingesehen. Damals war sie tabu gewesen. Jetzt nicht mehr.

Er passte sich ihrem Schritt an und ging neben ihr den Gang entlang. Sie drückte die Tasten ihres Handys, und er tat es ihr gleich. Er hatte fünf Nachrichten. Die konnten warten. Sie schien keine zu haben – jedenfalls keine dringende. Sie erreichten das Terminal, wo beide die Wegweiser zum Gepäcklaufband ignorierten und direkt auf den Ausgang zugingen.

„Hast du kein Gepäck? Nicht mal ein Snowboard?“, fragte sie.

„Ich reise gern mit wenig Gepäck.“ Eine alte Gewohnheit. Als er aus Ashburton fortgegangen war, hatte er fast nichts mitgenommen. Nichts als einen Haufen Erinnerungen – überwiegend schlechte. Jetzt lag es nicht daran, dass er nichts besaß – er fand eher, dass er zu viel besaß. Deshalb ließ er seine Snowboardausrüstung und alles, was er dort an Kleidung brauchte, in seinem Ferienhaus in Queenstown.

Irgendwie freute es ihn, dass seine Gegenwart sie so aus der Fassung brachte. Dass er die gleiche Wirkung auf sie hatte, wie sie auf ihn. Auch wenn er ihr das nicht verraten würde.

Oh ja, trotz ihrer höflichen Fassade war es offensichtlich, dass sie ihn loswerden wollte. Nur um sie zu ärgern, ließ er sich nicht abschütteln. Als sie sich dem Ausgang näherten, verlangsamte sie ihren Schritt. Doch sie wurde von niemandem erwartet. Kein Mann, der sie sehnsüchtig in die Arme schloss und verlangend küsste.

Irgendwie freute ihn das. Keine Ringe an ihren Fingern, keine Anrufe auf ihrem Handy. Sie gingen gemeinsam durch die automatischen Schiebetüren. Er dachte, sie würde schnurstracks zum Taxistand weitergehen, doch sie zögerte.

„Es war schön, dich wiederzusehen, Jared.“

Schön? Von wegen. Warum war sie nicht ehrlich?

„Ich fand es auch interessant, dich wiederzusehen, Amanda“, erwiderte er unverbindlich. „Wer weiß? Vielleicht treffen wir uns bald wieder.“

Sie lächelte steif, drehte sie um und ging eilig davon.

Er sah ihr kurz nach, ihre hübschen Fesseln und schlanken Waden bewundernd. Leider sah man nicht viel. Als Mädchen hatte sie lange, schlanke Beine gehabt – blöder Wollmantel. Er zwang sich, den Blick abzuwenden, und ging zu seinem Wagen.

Es fühlte sich gut an, wieder hier zu sein, und er freute sich schon auf ihre Präsentation morgen. Als er aus dem Parkhaus fuhr, sah er sie an der Bushaltestelle stehen. Amanda nahm den Bus? Unmöglich! Ohne nachzudenken, hielt er an.

„Kann ich dich irgendwohin mitnehmen?“ Wieso fuhr sie überhaupt mit dem Bus?

Ihr Blick war unverändert kühl. „Vielen Dank, Jared, aber ich komme schon zurecht.“

Er starrte sie an. Im Schein der Straßenlaterne wirkten die Schatten unter ihren Augen noch tiefer. Sie sah dünn aus. Blass. Müde. Plötzlich fragte er sich, ob sie wirklich zurechtkam.

„Es ist Winter, und es ist dunkel.“ War das nicht Grund genug, Ja zu sagen?

Sie blickte die Straße entlang, als betete sie, der Bus würde endlich aus der Dunkelheit auftauchen. Ihr Widerstreben ließ seinen Zorn erneut auflodern. Er war ihr also nicht gut genug.

„Für wen hältst du mich?“, brummte er. „Den großen bösen Wolf?“

„Natürlich.“ Sie reckte das Kinn. „Das bist du doch auch, Jared.“

3. KAPITEL

Wolf hin oder her, Amanda hätte Jareds Angebot annehmen sollen. Er fuhr nicht so einen tiefer gelegten schnittigen Sportwagen, der für seine langen Beine zu unbequem gewesen wäre, sondern eine komfortable schwarze Limousine. Er war ein großer kräftiger Mann und fuhr den entsprechenden Wagen. Doch sie hatte abgelehnt – und sich ins eigene Fleisch geschnitten, wie sich herausstellte. Erst hatte der Bus Verspätung und dann auch noch eine Panne am Straßenrand, sodass es fast Mitternacht war, als sie endlich in ihr Zimmer kam. Und wie befürchtet, schlief sie kaum und träumte schlecht.

Sie drückte den Fahrstuhlknopf. Sie war früh dran. Noch vor Sonnenaufgang war sie aufgewacht und in dem Wissen, dass sie keinen Schlaf mehr finden würde, aufgestanden. Jetzt war sie immer noch eine Stunde zu früh. Doch sie war nicht die Erste im Büro. Valerie war auch schon da und studierte eingehend die Entwürfe.

„Hey, Val.“ Amanda schätzte ihre ebenso nette wie talentierte Chefin und wollte alles dazu tun, dass die kleine Firma überlebte.

Sie waren zu viert, und Amanda war als Letzte hinzugekommen, doch sie hatte das Konzept entworfen, das sie heute vorstellen würden, und Valerie hatte darauf bestanden, dass sie die Präsentation leitete.

„Bist du sicher, dass ich es machen soll?“, fragte sie.

„Natürlich. Es sind deine Ideen, und du hast so eine erfrischende Art. Ich wünschte, ich könnte sie in Flaschen abfüllen und verkaufen. Dann wäre ich über Nacht Millionärin.“ Valerie sah sie an. „Aufgeregt?“

„Ein bisschen.“ Mehr als ein bisschen. Es hing zu viel davon ab, und alle wussten es.

„Ich bin ja da. Du brauchst mir nur ein Zeichen geben, dann übernehme ich.“

„Ich komme schon klar.“ Amanda stellte ihre Tasche ab. Sie war froh über die Gelegenheit sich zu beweisen, doch sie musste mehr als das tun. Sie musste gewinnen. Großvater war auf sie angewiesen. Das neue Medikament, auf das sie all ihre Hoffnungen setzte, kostete ein Vermögen.

Um neun Uhr dreißig stiegen sie und Valerie in ein Taxi. Sean und Danielle winkten ihnen aufmunternd nach. Amanda betrachtete ihr Spiegelbild in der Autoscheibe. Doch ihr geflochtener Zopf saß noch immer so straff und perfekt wie vor zwei Minuten, als sie das Badezimmer verlassen hatte. Keine lose Strähne, kein Lippenstift auf den Zähnen, keine Knitterfalten im Rock. Äußerlich war sie bereit.

Fresh war eine mittelgroße Getränkefirma, die auf frische Säfte und Smoothies spezialisiert war. Mit dem umtriebigen neuseeländischen Schauspieler Barry Stuart als Chef hatte die Marke bereits einen guten Wiedererkennungswert und einen hohen Marktanteil. Doch jetzt hatten sich die Vorzeichen geändert. Barry wollte sich zurückziehen. Sie brauchten eine neue Kampagne und eine Werbeagentur, die dafür alles stehen und liegen ließ. Die Ansprüche waren hoch, doch es lohnte sich.

Die Fahrt zur Fabrik, die am Rand des Geschäftsviertels lag, hatte eine Viertelstunde gedauert. Nun warteten sie in der großzügigen Eingangshalle. Amanda lenkte sich von ihrem Lampenfieber ab, indem sie die Gemälde an den strahlend weißen Wänden studierte – eine kleine, aber erlesene Auswahl junger neuseeländischer Künstler. Da hatte jemand ein gutes Auge.

Die auffällig gekleidete Empfangsdame sprach mit gedämpfter Stimme ins Telefon und kam dann zu ihnen.

„Wenn Sie mir bitte folgen wollen.“ Sie dirigierte sie zum Fahrstuhl und drückte den Knopf für den dritten Stock. Dort angekommen ging sie voraus zu einem großen Konferenzsaal mit großen Fenstern und Blick auf die Stadt.

„Wenn Sie hier bitte warten wollen. Barry und der Chef werden gleich kommen.“

Amanda warf Valerie einen fragenden Seitenblick zu. Sie hatte gedacht, Barry sei der Chef. Valerie zuckte die Schultern und nahm die Entwürfe aus ihrer Mappe. Amanda holte ihren Laptop aus der Tasche und suchte nach einer Steckdose.

„Hallo!“ Die laute Stimme war unverkennbar Barrys. Amanda lächelte unwillkürlich. In Barrys Gesellschaft fühlte man sich automatisch wohl, selbst wenn man ihn nicht kannte. Er war wie ein netter Onkel, der sich bei Familienfesten um die Würstchen auf dem Grill kümmerte. Dann entdeckte sie, wer hinter ihm den Raum betreten hatte, und ihr blieb das Herz stehen.

Jared? Was machte der denn hier? Sie wartete, ob noch jemand hereinkam, doch er schloss die Tür hinter sich.

Ihr Herz schlug wieder, dafür aber dreimal so schnell.

Sie hatte keine Ahnung, was aus Jared geworden war, nachdem er die Stadt verlassen hatte. Ihren Großvater konnte sie nicht fragen, nach allem, was passiert war. Sie schluckte die Erinnerungen hinunter. Nicht jetzt.

Offensichtlich hatte er es zu etwas gebracht, denn er stand neben Barry, als gehöre ihm die Firma.

Oh nein. Nein, nein, nein.

Vielleicht war er für die Finanzen zuständig?

Sie konnte den Blick nicht von ihm abwenden. Er sah unverschämt gut aus. Der Jared vor neun Jahren hätte nie einen Anzug getragen. Und schon gar keinen maßgeschneiderten. Doch heute sah er aus, als sei er darin zur Welt gekommen. Anzug und Krawatte waren dunkel, das Hemd marineblau.

Und dann seine hypnotischen dunklen Augen. Wie ein nachtschwarzer Himmel, der Millionen von Sternen erahnen ließ.

Valerie redete. Sie stellte sich und Amanda vor. Doch Amanda blieb stumm wie ein Pantomime mit Lampenfieber.

Lachend stellte Barry sich ebenfalls vor. „Ich bin nur das Aushängeschild. In Wahrheit habe ich die Aktienmehrheit vor ein paar Jahren verkauft. Jared steht nicht gern in der Öffentlichkeit, aber er ist der Boss. Mit ihm müssen Sie reden.“

Schlimmer konnte es nicht kommen. Jared war der Chef – der Mann, den sie heute von sich überzeugen musste.

Keine Chance.

Jared wandte sich an Valerie, ließ Amanda jedoch nicht aus den Augen. „Verzeihen Sie das Durcheinander.“ Doch man sah ihm an, dass es ihm nicht im Geringsten leid tat. Er wirkte eher belustigt.

„Aber es macht keinen großen Unterschied“, fuhr er fort. „Fresh ist ein Privatunternehmen, und ich würde es begrüßen, wenn Sie diese Information über die Unternehmensleitung vorerst für sich behalten würden. Im Moment ist Barry noch das Gesicht der Firma – bis Sie Ihren Job gemacht haben, versteht sich.“

Plötzlich lächelte er. Es war dieses unwiderstehliche Lächeln. Er zeigte es nur selten, doch wenn er es aufblitzen ließ, wurde jede Frau in unmittelbarer Nähe schwach.

Auf Amanda, die noch dabei war, sich von gestern Abend zu erholen, hatte dieses Lächeln eine verheerende Wirkung.

Gestern Abend. Ihre Gedanken fuhren Karussell, als sie den Grund für seine Belustigung begriff. Ihr Puls beschleunigte sich. Er war überhaupt nicht überrascht, sie hier zu sehen. Er hatte sie erwartet.

Als sie an den Flug zurückdachte, ärgerte sie sich. Sie hatte die ganze Zeit versucht, an der Präsentation zu arbeiten. Er hatte direkt neben ihr gesessen und auf ihren Bildschirm geschaut. Und sie hatte ihm sogar erzählt, für wen sie arbeitete.

Doch er hatte nichts gesagt, hatte absichtlich mit keinem Wort erwähnt, dass sie sich heute wiedersehen würden. Sie sah rot, als ihr einfiel, dass er zum Abschied noch gesagt hatte, sie würden sich ja vielleicht bald wiedertreffen.

Dieser Schuft. Dieser arrogante, egoistische Schuft.

„Ich möchte mich zur Ruhe setzen“, sagte Barry in seiner launigen Art. „Er ist der reinste Sklaventreiber.“

Amanda erwiderte sein Lächeln nicht. Sie kochte vor Wut. Das durfte doch nicht wahr sein! Sie mussten diesen Auftrag bekommen: Synergy brauchte den Werbeetat, und sie brauchte Geld für ihren Großvater. Sie presste die Lippen zusammen.

Die Männer setzten sich auf die andere Seite des Tisches, und auch Valerie setzte sich, um Amandas Präsentation zuzuhören.

Sie schaltete den Computer an, doch der Bildschirm blieb schwarz. Sie schaltete ihn aus und wieder an. Nichts.

„Mandy?“ Amanda hoffte, dass nur sie die Panik in Valeries Stimme bemerkte.

„Einen Moment bitte“, entschuldigte sie sich. So etwas konnte sie jetzt wirklich nicht gebrauchen. Das Stromkabel führte unter dem Stuhl hindurch, auf dem Jared jetzt saß. Während sie sich bückte, um den Stecker zu prüfen, murmelte er neben ihr: „Mandy? Du bist nie im Leben eine Mandy.“

Sie richtete sich auf und funkelte ihn an. Er lachte. Er lachte. Sie spürte, wie sie rot wurde. Was für ein Albtraum! War das alles nur ein Witz für ihn? Seinem Gesichtsausdruck nach nahm er sie jedenfalls offensichtlich nicht ernst.

Hoffnungslosigkeit machte sich in ihr breit. Würde die Agentur nur ihretwegen den Auftrag nicht bekommen?

Nein, das durfte sie nicht zulassen. Ihr Kampfgeist erwachte. Ihre Idee war gut. Es war ihre erste Chance zu zeigen, was sie konnte, und außerdem brauchte sie das Geld. Sie würde diese Präsentation mit Bravour schaffen und ihm zeigen, was sie konnte.

Sie zwang sich, ihn anzulächeln, als sei alles in Ordnung, und ging wieder zu ihrem Computer. Sie sah Valeries fragenden Blick und lächelte ihr beruhigend zu. Diesmal war kein Kabel mehr lose und der Bildschirm flackerte. Alles war startklar.

Sie zögerte. Während Barry sie aufmunternd anlächelte, sah Jared sie abschätzend an. Er glaubte nicht, dass sie es schaffte. Sie atmete tief durch.

Zwanzig Minuten später versuchte Jared unauffällig, seine Krawatte zu lockern, und fragte sich, warum er sie überhaupt angezogen hatte. Barry hatte ihn wegen seines Anzugs schon geneckt – normalerweise trug er zur Arbeit Jeans und T-Shirt. Seit er nicht mehr bei der Bank arbeitete trug er nur selten einen Anzug. Die zwanglose Atmosphäre in der Firma war mit ein Grund, warum er sie gekauft hatte, und er trug nur Anzüge, wenn er seine Autorität behaupten musste. Aber wieso hatte er geglaubt, dies ausgerechnet heute tun zu müssen?

Es war schließlich nur Amanda. Das verführerische Mädchen, vor dem er vor fast zehn Jahren Reißaus genommen hatte. Das einzige Mädchen, das für ihn tabu gewesen war – und dummerweise das einzige, das er gewollt hatte.

Er wusste nicht, was er von der Präsentation erwartet hatte. Auf keinen Fall hatte er jedoch damit gerechnet, beeindruckt zu sein. Aber er war beeindruckt. Nach ein paar Minuten hatte er nicht mehr daran gedacht, wie appetitlich sie aussah, sondern sich auf das konzentriert, was sie sagte. Denn was sie sagte, ergab Sinn.

Verdammt.

Jared hätte nie damit gerechnet, dass Amanda den Spieß umdrehen würde. Er hatte erwartet, dass sie die Präsentation vermasselte. Zum Trost wollte er sie zu einem Drink einladen. Später wären sie dann irgendwo hingegangen, wo sie in einer einzigen heißen Nacht ihr Feuerwerk der Lust abbrennen konnten. Stattdessen überraschte sie ihn mit präzisen Formulierungen, schlagfertigen Antworten und, nachdem sie erstmal in Schwung war, mitreißender Überzeugungskraft.

Er hatte immer das Gefühl gehabt, dass sie unerreichbar für ihn war. Und irgendwie hatte er dieses Gefühl noch immer. Irgendwie schickte ihn allein ihr Anblick auf eine Zeitreise, und plötzlich war er wieder der rebellische Teenager, der versuchte, seinem Schicksal zu trotzen. Damals war er so abhängig gewesen – abhängig von der Großzügigkeit anderer Menschen. Er hatte sich keinen Fehler leisten können. Doch jetzt war er es, der das Heft in der Hand hielt.

Und er würde es nicht abgeben.

Dennoch sah er ihr fast hilflos zu. Sie zeigte heute so viel mehr von sich als gestern Abend. Und sie war umwerfend. Noch immer trug sie ihr Haar zum Zopf, doch es schimmerte golden wie damals. Ihre mädchenhafte Figur hatte weiblichere Kurven bekommen. Doch sie war noch immer gertenschlank, und die in den Bleistiftrock gesteckte Bluse betonte ihre straffen Brüste und die schmale Taille. Statt ihrer Worte hörte er nur das Blut in seinen Adern rauschen.

Er senkte den Blick auf den Tisch und versuchte sich zu konzentrieren.

Ehe Amanda zum Schluss kam, betonte sie noch die Vorteile ihrer Agentur gegenüber den anderen, die heute ihr Konzept auch noch vorstellen würden. Sie war müde. Seit fast zwanzig Minuten redete sie nonstop, und sie konnte überhaupt nicht einschätzen, wie ihre Präsentation ankam. Niemand hatte nachgehakt. Barry hatte viel gelächelt und genickt, während Jared wie versteinert dagesessen hatte. Das Gefühl der Hoffnungslosigkeit holte sie wieder ein, als sie bemerkte, dass er ihr nicht mehr folgte, sondern finster zu Boden blickte.

„Synergy ist eine neuseeländische Agentur …“

„Was ist daran positiv?“, unterbrach Jared sie schroff. „Wären wir mit einer internationalen Agentur mit Ideen und Ressourcen aus aller Welt nicht besser bedient?“

„Wir sind näher an Ihrer Zielgruppe.“

„Ihr glaubt also, ihr habt den Finger am Puls der Zeit?“

„Oh, glauben Sie mir, Mr James“, erwiderte sie trocken, „das haben wir.“

Es entstand eine Pause, als ihre Blicke sich trafen. Ihr Herz pochte, und ein Schauer lief ihr über den Rücken, als sie Gefahr witterte. Sie senkte den Blick auf ihre Notizen.

Valerie und Barry schwiegen. Während Valerie etwas beunruhigt dreinschaute, wirkte Barry äußerst belustigt. Amanda wurde bewusst, dass sie die Grenzen zwischen Privatem und Beruflichem überschritten hatte.

Plötzlich huschte ein triumphierendes Lächeln über Jareds Gesicht, und Amanda begriff, dass er sie absichtlich aus der Reserve gelockt hatte. Und sie hatte sofort angebissen. Schon wieder.

Mist!

Er musste ihren giftigen Blick gespürt haben und erwiderte ihn gelangweilt.

Mistkerl.

Doch in den grässlichen Jahren im Eastern Bay Mädchenpensionat hatte sie gelernt, nicht so schnell klein beizugeben. „Wenn Sie sich für einen neuseeländischen Partner entscheiden, stärken Sie damit auch die Wirtschaftskraft Ihres Landes, was doch sicher in Ihrem Sinne ist, nicht wahr, Mr James? Ist das nicht einer der Grundsätze Ihres Unternehmens? Vor Ort Arbeitplätze zu schaffen?“

Sie hatte ihre Hausaufgaben gemacht. Gut zwanzig Minuten hatte sie sich mit einem der Fahrer unterhalten, der ein Café in der Nähe ihrer Agentur mit Saft belieferte. Er hatte ihr erzählt, dass Fresh seine Produktion in den letzten beiden Jahren deutlich erhöht hatte. Und dass die Firma ein internes Förderprogramm anbot und viele Jugendliche aus sozialen Brennpunkten beschäftigte, um sie von der Straße zu holen. Sie war überrascht gewesen, von Barrys sozialer Ader zu hören.

Doch seit sie wusste, dass Jared, der ja selbst aus einfachen Verhältnissen stammte, die Firma leitete, ergab alles einen Sinn. Offenbar wollte er das Förderprogramm nicht an die große Glocke hängen – und Amanda fragte sich, warum.

Sie hielt seinem Blick stand.

„Warum wollen Sie sich eigentlich von Ihrem erfolgreichen Werbekonzept verabschieden?“

Valerie, der die Spannung zwischen Amanda und Jared nicht entgangen war, schnappte nach Luft.

„Er kann mein Gesicht nicht mehr sehen“, mischte Barry sich ein und lächelte.

„Warum verpassen Sie der Firma nicht mit Ihrem eigenen Gesicht ein neues Image?“, fragte Valerie.

Amanda schwieg, während Jareds Blick sich verfinsterte.

„Sie könnten die Firma in JJ’s Juice umbenennen.“ Valerie lachte.

Barry lachte ebenfalls.

Jared schwieg.

Aus dem Augenwinkel sah Amanda, wie Valerie rot wurde, als sie merkte, dass sie ins Fettnäpfchen getreten war. Der Einzige, der nicht betreten wirkte, war Barry.

„Weil Sie die Leitung der Firma vielleicht langfristig abgeben werden?“, brach Amanda das Schweigen. Sie wusste nicht, woher sie die Eingebung hatte, doch sie wusste, dass sie recht hatte. „Deshalb wollen Sie die Kampagne nicht auf eine bestimmte Person ausrichten.“

Ihre Blicke trafen sich kurz, dann senkte Jared den Blick wieder.

„Du kennst ihn“, stellte Valerie fest, kaum dass die Taxitüren geschlossen waren.

„Ja“, seufzte Amanda. Sie zögerte, ihre Chefin anzusehen.

„Heißt das, wir bekommen den Auftrag oder wir bekommen ihn nicht?“

Amanda schüttelte zögernd den Kopf. „Ich weiß es nicht.“ Sie löste ihren Zopf, der so straff saß, dass sie Kopfschmerzen hatte. „Wohl eher nicht. Es tut mir wirklich leid. Ich hatte keine Ahnung, dass ich ihm begegnen würde.“

„Ich auch nicht. Er spielt gern mit verdeckten Karten, nicht wahr? Steht nicht gern in der Öffentlichkeit. Ich frage mich, warum.“

Amanda konnte nur raten. Jared legte viel Wert auf Privatsphäre. Er hatte es gehasst, dass die ganze Stadt über ihn Bescheid wusste. Er wollte kein Mitleid. Und sicher wollte er nicht als der Junge aus einfachen Verhältnissen, der es geschafft hatte, vermarktet werden. Dafür war er zu stolz.

Valerie öffnete den Mund, schloss ihn jedoch gleich wieder. Schließlich fragte sie: „Wie gut kennst du ihn?“

Amanda hatte mit der Frage gerechnet und wusste genau, was Valerie meinte. „Nicht besonders.“

„Okay.“ Valerie lächelte. „Und woher kennst du ihn?“

„Wir sind in derselben Stadt aufgewachsen. Aber ich habe ihn seit Jahren nicht mehr gesehen.“

„Aber irgendetwas war doch zwischen euch, oder?“

Die Spannung zwischen ihnen war greifbar gewesen, und Valerie war nicht dumm. Amanda wusste, dass sie ihr eine Erklärung schuldete.

„Ein Kuss.“

„Nur einer?“

„Er wollte nicht mehr.“

Ein einziger Kuss, der alles verändert hatte. So oft wünschte sie, es wäre nie passiert. Dann wieder, vor allem, wenn sie einen anderen küsste, war sie froh, dass es passiert war. Denn allein dieser Kuss hatte sie gelehrt, wie Leidenschaft sich anfühlte. Auf der Suche nach dem Richtigen hatte Amanda viele Männer geküsst. Doch sie hatte ihn immer noch nicht gefunden.

Natürlich verklärte sie den Kuss. Das war das Problem. Mit der Zeit hatte sich die verschwommene Erinnerung verselbstständigt.

Amanda spürte Valeries halb belustigten, halb besorgten Blick. „Interessant.“

„Es tut mir so leid, Valerie. Hätte ich davon gewusst, wäre ich heute niemals mitgekommen.“

Valerie zuckte die Schultern. „Wenn eure Vergangenheit so eine Rolle spielt, wollen wir den Auftrag vielleicht gar nicht. Wenn er so unprofessionell ist, sich von persönlichen Belangen leiten zu lassen, sind wir ohne ihn besser dran, stimmt’s?“

„Stimmt.“ Amanda bemühte sich zu lächeln. Auf keinen Fall waren sie ohne diesen Auftrag besser dran. Sie brauchten den Auftrag, egal wie.

„Was immer zwischen euch beiden war oder auch nicht war, ich fand deine Präsentation jedenfalls brillant. Mir hättest du eine drei Tage alte nasse Zeitung verkaufen können.“

Amanda errötete – diesmal nicht vor Verlegenheit, sondern vor Stolz. Doch das wohlige Gefühl erlosch sofort wieder. Egal, wie gut sie gewesen war, sie war sicher, dass Jared ihnen den Auftrag nicht geben würde.

Im selben Moment starrte Jared auf das Gemälde in der gegenüberliegenden Ecke seines Büros, und zum ersten Mal wirkte die unendliche Weite der abgebildeten Landschaft nicht beruhigend auf ihn. Er löste die Krawatte und öffnete den obersten Hemdknopf.

Hier ging es ums Geschäft. Er musste danach entscheiden, was am besten für die Firma war. Welches Konzept würde besser funktionieren? Welches stand eher im Einklang mit seiner Vision? Mit wem konnte er am ehesten eng zusammenarbeiten? Wie bekam er am ehesten, was er wollte?

Was er wollte oder wen er wollte?

Er runzelte die Stirn und blickte aus dem Fenster auf die Straße, wo erst vor wenigen Minuten das Taxi mit Amanda weggefahren war.

Verdammt.

Ihre Präsentation hatte ihm gefallen. Ihr Konzept hatte ihm gefallen. Und etwas in ihm wollte ihrer Agentur den Auftrag geben, weil er es ihnen gönnte. Er wollte nicht, dass sie von irgendeinem internationalen Agenturriesen geschluckt wurden. Er hatte die Saftfirma davor bewahrt, von einem großen ausländischen Unternehmen aufgekauft zu werden. Er hatte hart dafür gearbeitet, war manches Risiko eingegangen. Doch es hatte sich ausgezahlt. Sollte er wieder ein Risiko eingehen?

Konnte er wirklich mit ihr zusammenarbeiten?

Er runzelte die Stirn. Lächerlich. Natürlich konnte er das. Er musste sein Verlangen eben unterdrücken. Denn wenn sie zusammen arbeiteten, konnte er einen One-Night-Stand vergessen. Sonst würde es nur Ärger geben, und Jared hasste Ärger.

Die Frage war, ob sie mit ihm zusammenarbeiten konnte? War sie professionell genug?

Das war es, was ihn interessierte. Würde die verwöhnte Prinzessin damit zurechtkommen, dass er das Sagen hatte? Sein Mund verzog sich zu einem breiten Lächeln. Das Blatt hatte sich gewendet.

Eigentlich spielte es keine Rolle. Jared gehörte nicht zu den Menschen, die ihre Macht missbrauchten – doch in diesem Fall, in diesem speziellen Fall, konnte er der Versuchung nicht widerstehen.

4. KAPITEL

Amanda stutzte. Sie konnte nicht glauben, was sie hörte.

„Ja … ja … sicher … natürlich.“ Valerie sah auf und zwinkerte Amanda, Sean und Danielle zu, dann drehte sie ihren Stuhl zum Fenster und versuchte, das breite Lächeln zu unterdrücken. „Das ist kein Problem. Wunderbar, Jared.“

Amanda sah, wie Valerie den Hörer betrachtete und ihn dann vorsichtig auflegte.

„Und?“, kreischte Sean.

„Leute …“ Valerie sah aus, als würde sie gleich platzen. „Wir haben einen Kunden.“

„Okay!“ Sean führte einen kleinen Freudentanz auf. „Wo kaufe ich? Was kaufe ich? Radio, Fernsehen … Machen wir auch den Internetauftritt?“

Valerie hob eine Hand, und Sean verstummte brav.

„Dazu kommen wir noch. Mr Jared James ist ein anspruchsvoller Kunde und hat sehr eigene Vorstellungen. Er hat ein paar Bedingungen gestellt, denen ich bereits zugestimmt habe. Die erste ist, dass Amanda für die Umsetzung der Kampagne und den Kundenkontakt verantwortlich ist. Wir helfen dir natürlich, Amanda. Du bist nicht allein.“ Valerie sah sie mit ihren wachen Augen forschend an.

Amanda spürte, wie das Blut durch ihren Körper rauschte. Ihr Kopf war leer.

„Ich bin für den Kundenkontakt verantwortlich?“ Sie sollte mit Jared verhandeln? Für alles verantwortlich sein? Aber sie war doch erst seit ein paar Monaten in der Agentur, war gerade erst nach Auckland gezogen.

„Wir brauchen dich, Amanda. Kannst du das schaffen?“ Valerie kam hinter ihrem Schreibtisch hervor.

„Klar“, entfuhr es Amanda. „Natürlich.“ Sie machte auf dem Absatz kehrt und ging an ihren Platz.

Oh nein. Der Schreck machte ihr Heißhunger auf etwas Süßes.

Sie hatten den Auftrag bekommen, aber sie musste mit Jared zusammenarbeiten, Zeit mit ihm verbringen. Schnell etwas Süßes!

Alles wäre gut, wenn ihr nicht jedes Mal, wenn sein Name fiel, heiß und kalt würde. Sie hatte das Gefühl zu schmelzen …

Sie griff in die Pralinenschachtel …

„Hey, Amanda! Hey, stopp!“, kreischte Sean. „Das sind Muster für eine Werbekampagne.“

Während Amanda die erste Praline noch kaute, schob sie sich schon die zweite in den Mund. „Egal.“ Sie schluckte die Pralinen hinunter und nahm sich gleich noch eine. „Ich brauche jetzt dringend etwas Süßes.“

„Aber, Amanda, die kosten ein Vermögen und …“

„Ich kaufe neue“, unterbrach sie ihn, während sie noch eine kostete.

„Oder du bittest deinen Großvater, die ganze Firma zu kaufen.“

„Jared?“ Sie drehte sich so schnell um, dass drei der Pralinen wie Geschosse aus der Schachtel flogen.

„Ich habe eben vom Handy aus mit Valerie telefoniert.“ Jared griff lässig nach der Praline, die neben ihm auf Danielles Schreibtisch gelandet war. „Sie hatte wohl noch keine Gelegenheit zu erwähnen, dass ich vorbeikomme.“

„Ich …“ Amanda blickte über ihre Schulter.

Valerie formte mit den Lippen ein stummes „Tut mir leid“.

„Lass uns die Besprechung kurz halten. Ich will nicht zu viel von deiner kostbaren Zeit in Anspruch nehmen.“ Er betrachtete die Praline in seiner Hand und warf einen spöttischen Blick auf die Pralinenschachtel.

„Äh. Okay.“ Amanda versteckte die Schachtel hinter ihrem Rücken und schluckte.

Die Praline noch in der Hand, ging er auf Amanda zu. „Können wir irgendwo ungestört reden? Gibt es hier so etwas wie einen Konferenzraum?“

„Äh …“ Doch als sie antworten wollte, steckte er ihr die Praline in den Mund.

Lachend leckte er die geschmolzene Schokolade von seinem Finger.

„Vielleicht bist du jetzt ein bisschen süßer zu mir.“ Seine Augen funkelten gefährlich. „Zeigst du mir den Weg?“

Amanda ignorierte Danielles und Seans verblüffte Blicke und Valeries hochgezogene Augenbrauen und ging voran zum kleinen Konferenzzimmer. Vor der Tür zögerte sie.

Sein Lächeln war ungefähr so vertrauenerweckend wie das eines Krokodils.

„Nach dir.“

Nachdem sie das Zimmer betreten hatte, schloss er die Tür. Ihr war plötzlich bewusst, wie klein das Zimmer war, wie groß er war, wie ungewohnt es war, ihn im Anzug zu sehen, diesmal schwarz mit ganz dünnen Nadelstreifen und dazu eine dunkelrote Krawatte. Einen langen Moment starrte sie ihn an, versunken in seinen Anblick.

Sie redete sich gut zu. Du musst professionell sein. Denk nicht an die Praline. Denk nicht daran, wie er dich ansieht. Mach deinen Job und mach ihn gut.

Sie atmete tief durch. „Danke, dass du an Synergy glaubst. Wir freuen uns auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit.“

„Natürlich.“

Sein gelangweilter Tonfall ging ihr auf die Nerven.

„Bist du sicher, dass Valerie nicht bei der Besprechung dabei sein soll?“ Sie blickte zur Tür.

„Ja.“ Er kam langsam auf sie zu.

Sie wich zurück.

„Hast du Angst davor, mit mir allein zu sein?“ Er kam näher.

In dem winzigen Konferenzraum gab es keine Ausweichmöglichkeit. „Natürlich nicht. Ich habe keine Angst vor dir.“

Er legte seine Hände auf ihre Schultern und drückte sie hinunter. Sie landete auf einem der Stühle, die in einer Reihe an der Wand standen.

„Aber ich dachte, ich bin der große böse Wolf.“ Er setzte sich auf den Stuhl neben ihr und lächelte wieder dieses Lächeln.

Krokodil? Schlange? Wolf? Egal, die Vergleiche weckten jedenfalls weder Vertrauen noch Hoffnung. Sie weckten … etwas ganz anderes.

„Das war nur ein Scherz.“ Ihre Stimmte bebte.

„Du weißt doch, in jedem Scherz liegt ein Fünkchen Wahrheit.“ Er quälte sie absichtlich. Außerdem saß er viel zu nah.

„Ich kann nicht mit dir zusammenarbeiten, wenn du so bist.“ Sie sprang auf.

„Wie denn?“

„Du weißt, was ich meine.“

Er stand auf und schien sich geradezu an sie heranzupirschen. „Eigentlich arbeitest du für mich.“

Das machte es nicht einfacher. Sie ging auf die Tür zu, doch er legte ihr beschwichtigend eine Hand auf den Arm.

„Komm und setz dich, Amanda. Und hör auf, dich wie ein verwöhntes Kind zu benehmen“, befahl er sanft. „Lass deine Gefühle aus dem Spiel. Wir haben zu tun.“

Das konnte sie nicht auf sich sitzen lassen. Ihre Gefühle? Er war es doch, der sie vor allen Leuten mit Pralinen fütterte und ihr zu nahe kam. „Ich habe keine Gefühle. Jedenfalls nicht für dich.“

„Was du nicht sagst.“ Er ließ die Hand sinken, und jedes Lächeln war aus seinem Gesicht verschwunden. „Beweise es.“

„Wie bitte?“

Er kam näher. „Beweise, dass du nichts für mich empfindest.“

„W…wie denn?“

„Küss mich.“

„Was?“

„Du traust dich nicht?“ Seine Augen funkelten.

Sie hielt seinem Blick stand. Es ging längst nicht mehr um den Auftrag. Es ging um das, was in jener Nacht vor vielen Jahren passiert war, was noch immer zwischen ihnen stand – und das aus dem Weg geräumt werden musste.

Sie wollte sich und ihm beweisen, dass sie nichts mehr für ihn empfand. Der Kuss damals konnte eigentlich gar nicht so atemberaubend gewesen sein. Sie wusste nur, dass ihr seither bei jedem Kuss etwas gefehlt hatte. Jetzt hatte sie die Chance, mit der Erinnerung aufzuräumen. Er war nichts weiter als ein arroganter Mistkerl.

Doch in ihrem Bauch breitete sich ein warmes Gefühl aus. Ein brennendes Verlangen. Sein Anblick ließ ihr Herz schneller schlagen, seine Gegenwart machte sie nervös …

Sie traute sich selbst nicht über den Weg.

Die Spannung im Raum war greifbar. Und doch standen sie ganz still – er wie eine Katze auf der Pirsch, sie wie ein Kaninchen im Scheinwerferlicht eines Autos.

Sie zwang sich zu blinzeln.

„Na gut.“ Sie war schließlich eine erwachsene Frau, die ihre Gefühle und ihr Geschick im Griff hatte.

Sie machte einen kleinen Schritt auf ihn zu und neigte den Kopf ein wenig zurück, um ihm in die Augen sehen zu können. Dass er groß war, machte es nicht leichter für sie. Trotz ihrer hohen Absätze musste sie sich auf die Zehenspitzen stellen. Als sie ihm so nah war, konnte sie seinen maskulinen Duft wahrnehmen, seine Körperwärme spüren.

Das Gefühl in ihrem Bauch verstärkte sich. Sie spannte jeden Muskel in ihrem Körper an. Die Hände zu Fäusten geballt, presste sie die fest geschlossenen Lippen eine winzige Sekunde auf seine.

Schnell wie eine Schlange packte er ihre Oberarme.

„Das war kein Kuss“, murmelte er, fast ohne die Lippen zu bewegen. „Küss mich richtig.“

Als er den Kopf zu ihr hinabbeugte, wollte sie widersprechen. Deshalb hatte sie doch die Lippen geöffnet, oder? Um ihm zu sagen, er solle sich zum Teufel scheren.

Doch als Jareds warme Lippen die ihren verschlossen, gab sie ihren Widerstand auf. Und obwohl er sie noch immer an den Armen gepackt hielt, war sein Kuss zärtlich.

Sein letzter Kuss war wild und leidenschaftlich und fast brutal gewesen. Und er hatte in ihr eine ungeahnte Lust geweckt, die sie ebenso erregt wie erschreckt hatte.

Doch diesmal war die Berührung seiner Lippen ganz sanft. Sie stand mit angehaltenem Atem auf den Zehenspitzen und genoss jede Sekunde.

Der Druck seiner Finger ließ nach. Er strich mit den Händen über ihre Arme und legte eine Hand auf ihren Rücken, um Amanda näher an sich heranzuziehen.

Mit der anderen Hand umschloss er eine ihrer Fäuste.

Der Druck seiner Lippen wurde fester, fordernder. Amanda spürte seine Zunge, und plötzlich gab sie nach. Ihre Lippen öffneten sich noch mehr, und sofort begann er ihren Mund zu erforschen.

Ihre Finger entspannten sich und verschränkten sich mit seinen. Er nahm ihre Hand und legte sie auf seine Schulter. Der Stoff fühlte sich weich an, und sie ließ ihre Hand in seinen Nacken wandern.

Mit der anderen Hand fuhr sie über seine breite Schulter, wanderte höher und griff in sein dichtes, dunkles Haar.

Jared schloss seine Arme fester um sie, und Amanda sank ihm entgegen. Sie spürte seinen muskulösen Körper, und doch war sie ihm noch nicht nah genug.

Sie öffnete sich ihm noch mehr, wollte ganz von ihm in Besitz genommen werden. Währenddessen wurde der Kuss immer wilder, immer leidenschaftlicher. Er roch so gut, schmeckte so gut.

Mit einer Hand umschloss er ihre Brust, umfasste sie mit gespreizten Fingern. Mit dem Daumen näherte er sich ihrer sehnsuchtsvoll aufgerichteten Knospe. Endlich berührte, streichelte er sie, sodass Amanda stöhnte und unwillkürlich die Hüften bewegte. Mit der anderen Hand umfasste er ihren Po, drückte sie an sich, und presste seinen Schenkel zwischen ihre Beine. Sie trug keine Strumpfhose, nur ein dünnes Seidenhöschen, und durch den Stoff seines Anzugs spürte sie seine festen Muskeln. Wieder stöhnte sie auf, als heißes Verlangen sie durchströmte, und Jared strich noch einmal über ihre Brustspitze und presste seinen Schenkel noch ein wenig härter zwischen ihre Beine.

Er küsste ihren Hals. Seufzend wünschte Amanda, er würde sich endlich weiter vorwagen. Sie wollte seine Lippen auf ihren nackten Brüsten spüren, wollte, dass er daran saugte. Doch er bewegte sich so langsam, so genüsslich, so quälend langsam. Bewegte seine Hand, und das köstliche Streicheln seines Daumens hörte auf. Sie presste sich an ihn, während er den obersten Knopf ihrer Bluse öffnete, und dann den nächsten. Mit dem Mund liebkoste er die entblößte Haut. Nicht mehr lange, nur noch ein paar Knöpfe.

„Bitte …“, hauchte sie.

Wieder umfasste er ihre Brust, umkreiste die Brustspitze mit dem Daumen und fuhr dann unsanft darüber.

Amanda sog scharf die Luft ein.

„Keine Gefühle, sagst du?“ Er hob den Kopf und blickte sie so kühl an, dass sie das Gefühl hatte, jemand hätte ihr einen Eimer kaltes Wasser über den Kopf gekippt.