Kann weg! - Susanne Fröhlich - E-Book
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Susanne Fröhlich

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Beschreibung

Weg mit dem Ballast Mehr Platz fürs Glück! Susanne Fröhlich macht klar Schiff. Bügelt Sorgenfalten weg. Entstaubt Diätmythen. Poliert das weibliche Ego auf, stellt Perfektionsdrang auf den Sperrmüll und reorganisiert das Selbstwertgefühl von Frauen. Weniger bringt mehr. Das gilt auch für den Aufwand, den wir Frauen betreiben, um endlich das Leben zu führen, das wir uns wünschen und verdienen. Zum Glück kann man nicht nur Sockenschubladen und Keller ausmisten, sondern auch Kopf, Geist und Seele. In seinem neuen Buch spaziert das Bestseller-Duo Fröhlich und Kleis durch den weiblichen Kosmos und zeigt uns, wo die wahren Ballaststoffe liegen, was weg kann, wovon man sich dringend trennen sollte. Ja, auch von blöden Kerlen, Diät-Irrungen und Gefühlswirrungen. Und natürlich von ein paar dieser dämlichen Ideen, mit denen Frauen sich oft selbst im Weg stehen. Am Ende wird das schöne Leben deutlich leichter sein. Versprochen!

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Seitenzahl: 265

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VORNEWEG

Ich möchte ein Igel sein

Manchmal genügt eine Kleinigkeit, und plötzlich weiß man: Es muss sich etwas ändern! Und zwar pronto! So wie vor ein paar Monaten, als ich den Schrank öffnete und mal wieder von einer zwar sehr süßen, aber auch sehr engen Jeans beleidigt wurde. Sie sagte, was sie immer sagt, seit ich sie offenbar in einem Anfall geistiger Umnachtung gekauft habe: »Hast du etwa immer noch nicht die sieben Kilo abgenommen, die es braucht, damit ich dir wieder passe? Warum bist du bloß so eine Memme? Andere schaffen es doch auch, verdammt noch mal! Was soll so schwer daran sein, einfach mal ›Nein!‹ zum Käsekuchen zu sagen?« Und ich dachte: Jetzt reicht’s! Wohin soll das führen, wenn wir jetzt auch noch Erwartungen von Kleidungsstücken erfüllen sollen? Und weshalb lass ich mich von dem unverschämten kleinen Ding mit dem IQ von gerade mal ›100 Prozent Baumwolle‹ eigentlich so anherrschen? Schließlich sortiere ich doch sonst auch brav regelmäßig Überflüssiges aus. Wieso dann nicht auch diese bekloppte Idee, sich von Kleidungsstücken unter Druck setzen zu lassen? Warum entrümpeln wir nicht überhaupt auch mal unseren Gefühlshaushalt? Entsorgen belastende, nutzlose und stressige Vorstellungen, Ansprüche, Haltungen? Ganz so, wie es in Aufräumbüchern immer geraten wird – alles mal in die Hand nehmen und gut überlegen: Brauche ich das noch? Macht es mir Freude? Tut es etwas für mich? Hat es jemals etwas für mich getan?

Würde man diese Methode etwa auch bei Beziehungen anwenden, wäre ja in vielen Frauenleben auf einen Schlag schon mal sehr viel Entspannung, Zeit und Platz gewonnen. Im Zweifel zieht ja nicht nur Konrad aus, sondern all die Hausarbeit, die er verursachte, aber nicht erledigen mochte. Außerdem: Seine Plattensammlung, sein Hometrainer, die Hanteln und gefühlt 100 Paar Sneakers. Sicher würde auch die Arbeitswelt für uns Frauen ganz anders aussehen, wenn wir uns von ein paar Altlasten verabschieden. Zum Beispiel von diesem Drang, dass wir uns immer noch weiter ins Zeug legen und ranklotzen, dünner, kulinarisch versierter, blonder, jünger sein müssen – bevor wir überhaupt nur daran denken dürfen, geliebt zu werden, Anerkennung zu bekommen, Ansprüche zu stellen. Das Gehalt zu VERDIENEN, das der Kollege in der gleichen Position längst bekommt, oder wenigstens mal ein Lob vom Chef oder ein »Du bist die Beste« vom Mann. Auch dieser XXL-Pappkamerad ›Traumprinz‹, der seine beste Zeit längst hinter sich hat und auf dem Krönchen schon ein kleines Staubmützchen trägt, könnte gut mal weg. Schließlich ist er zu nichts weiter nütze, als uns die Freude an so ziemlich jedem Mann zu verderben, der keine Strumpfhosen trägt und auf einem Pferd sitzt. Und dann das Gerücht, man müsse sich noch nachts um zehn sein Supermutti-Kostüm überwerfen und die Nacht damit verbringen, Kekse für so ziemlich jede Lebensunverträglichkeit auf dem Planeten zu backen (damit die anderen Mütter beim Kindergartenfest endlich mal richtig blass aussehen). Es gehört ebenso entsorgt wie diese Überzeugung, man dürfe den Nachwuchs keinesfalls zu harsch dazu drängen, sein Zimmer aufzuräumen, weil er sonst später vielleicht Busse entführt. Ja, warum eigentlich nicht mit all den Ballaststoffen, mit den Schuldgefühlen, den Selbstzweifeln, den Ängsten in unserem Leben genauso verfahren wie mit Mario-Barth-CDs und durchgesessenen Sesseln?

»›Kann weg!‹ klingt so negativ«, moniert eine Freundin, der ich von meinem ganz neu entfachten Aufräumdrang erzähle. Ja, das mag sein. Andererseits sind wir mit der Methode ›Mehr bringt mehr‹ bislang leider nicht so gut gefahren. All der immense Aufwand, den Frauen betreiben, um das Leben zu führen, das sie sich wünschen, hat nur noch zu mehr Aufwand geführt. Um in Bestform zu sein, jung zu bleiben, um weiterhin hart an dem bislang unbestätigten Gerücht zu arbeiten, dass Liebe und Anerkennung proportional mit der Anzahl von warmen Mahlzeiten, gebügelten Bettbezügen und gefahrenen Kilometern zum Handballtraining der Kinder wachsen. Wenn aber mehr nicht mehr bringt, warum es dann nicht einfach mal mit weniger versuchen? Deshalb dieses Buch. Es zeigt die typischen Frauen-Denkfallen und lockert den Klammergriff um liebgewonnene Überzeugungen und Gewohnheiten, von denen wir uns dringend verabschieden sollten.

Das Beste gleich mal vorneweg: Man braucht, um so ein Frauenleben aufzuräumen, all den inneren Ballast loszuwerden, nicht mal das Sofa zu verlassen. Es lässt sich ja praktisch alles im Kopf erledigen. Ohne auch nur einen Finger zu rühren, erlebt man dabei etwas ganz Erstaunliches: dass nicht der gewinnt, der das meiste tut. Wäre es anders, hätten wir ja längst die Weltherrschaft, und Männer müssten sich schon etwas anderes einfallen lassen, als bloß zu atmen, um uns zu beeindrucken. Wir hätten Respekt, Aufmerksamkeit und endlich keine Zweifel mehr, dass wir anbetungswürdig, großartig, kompetent und liebenswert sind, und Zeit, das alles zu genießen, anstatt schon wieder nachmittags über den Hausaufgaben des Zwölfjährigen zu brüten, weil »wir morgen Mathe schreiben«. Deshalb ›kann weg‹, aber auch ›weniger bringt viel mehr‹. Denken wir an die Fabel vom Hasen und vom Igel. Hören wir auf, dem Hasen nachzueifern, getrieben, gehetzt, immer unzufrieden, nie am Ziel. Nehmen wir uns lieber an den Igeln und ihrem fantastischen Sinn für Aufwand und Wirkung ein Beispiel. Ich jedenfalls möchte in Zukunft mehr Igel als Hase sein. Falls es Ihnen ähnlich geht und Sie dringend mehr Stauraum fürs Glück brauchen, begleiten Sie mich beim Entrümpeln. Sie werden staunen, wie leicht sich mehr Speicherplatz für Freude, Entspannung, Zufriedenheit, Erfolg und Leichtigkeit gewinnen lässt.

* Geteilte Arbeit ist doppeltes Vergnügen. Besonders bei einem Thema wie diesem und mit der besten Freundin. Wenn Sie dennoch von einem ›Ich‹ durch dieses Buch geführt werden, dann auch, weil wir bei all den angesprochenen Themen auf einer Wellenlänge liegen. Deshalb würde es nur die Lektüre stören, jeweils kenntlich zu machen, wo Susanne Fröhlich anfängt und Constanze Kleis aufhört und umgekehrt. Geht ja außerdem auch um Wichtigeres: Erkenntnisgewinn UND Unterhaltung. Viel Spaß bei allem Folgenden!

DAS HERZ IST EIN MESSIE

Liebe und andere Kaulquappen

Lassen Sie uns über Liebe sprechen. Da muss selbstverständlich gar nichts weg. Im Gegenteil. Da möchte man – wie im Märchen der kleine Häwelmann – immer nur noch »mehr, mehr, mehr!« schreien. Gibt ja immer viel zu wenig davon, und deshalb ist man ständig auf der Suche. Bei Parship & Co, ebenso wie in langjährigen Beziehungen. Das Problem ist ja nicht nur, sie zu finden. Die Schwierigkeit liegt eigentlich darin, sie am Leben und leidlich frisch zu erhalten. Überwiegend verhält es sich mit ihr nämlich wie mit den Kaulquappen, die wir als Kinder aus dem nahen Teich fischten. Statt dankbar zu sein, dass wir ihnen in unserem selbst gemachten Aquarium ein sehr viel schöneres Heim boten als die trübe Brühe, trotz all der Zuneigung, die man einer Kaulquappe nur entgegenbringen kann, entwickelten sie sich nicht etwa prächtig, sondern gingen regelmäßig nach ein paar Tagen ein.

So holen wir uns auch die Liebe in unser hübsch mit den schönsten Hoffnungen und besten Absichten ausgestattetes Herz, füttern sie artgerecht mit romantischen Komödien, ein wenig ›Fifty Shades of Grey‹ und einem Paar Puschel-Handschellen, süßen kleinen Post-its, WhatsApp-Nachrichten voller Herzchen und Küsschen – und der Bereitschaft, sogar Bettwäsche zu bügeln und einen ganzen Bundesligasamstag in einer verrauchten Kneipe zu hocken, damit sie sich auch wirklich heimisch und angenommen fühlt. Dann schauen wir ein paar Wochen später morgens nach, wie es ihr geht, und wieder hat sie sich nicht weiterentwickelt. Schwimmt mit dem Bauch nach oben. Sagt: »Du, ich weiß nicht, mir geht das hier alles irgendwie zu schnell« oder will mehr als nur Puschel-Handschellen, nämlich Swingerklub-Besuche. Oder verbringt halbe Nächte auf Pornoseiten oder braucht ganz dringend eine größere Summe oder meint: »Du könntest auch mal abspecken und dir die Brüste größer operieren.« Oder wählt die AfD und/oder will sich immer nur zum Sex treffen, aber nie in einem Restaurant oder an anderen öffentlichen Plätzen. Oder verschwindet einfach. Löscht uns aus seinen WhatsApp-Kontakten, blockt uns bei Facebook und tut so, als wäre er nie gefallen, dieser wunderbare Satz: »Mit dir will ich alt werden!«

Fröhliche Wirklichkeitsferne

Deshalb kann zwar auf keinen Fall die Liebe, könnte aber sehr gern ihr höllischer Escortservice weg. All die Enttäuschung, Ernüchterung, die kalten Duschen, der Katzenjammer, der Herzschmerz, die blöden, unsensiblen, herzlosen Kerle, die Luftnummern, Typen, die sagen: »Männer haben auch Gefühle. Hunger zum Beispiel und Durst!« – und dann noch »höhöhö«. Leider kann man Männer nicht wie Kühe mit einer Tätowierung versehen, an der man noch vor dem ersten Sex erkennt, ob sie zu denen gehören, die einem mal wieder komplett die Wimperntusche ruinieren (mein Vorschlag wäre: Daumen rauf oder Daumen runter!).

Man könnte aber dem Herz einen kleinen Schutzhelm verpassen. Zum Beispiel: nicht länger da etwas sehen zu wollen, wo nachweislich nichts ist. Nicht mal Spurenelemente von Zuneigung. Das tun wir nämlich dauernd. »Der war ganz sicher interessiert!«, glaubt etwa Martina, 42 und von Beruf Floristin, nachdem sie mal wieder bei einer Ü40-Party war. »Der hat mich den ganzen Abend so angeschaut. Da war so eine intensive Spannung zwischen uns. Ich konnte spüren, wie wir magisch zueinander hingezogen wurden.« Auf den berechtigten Einwand, weshalb er sie dann nicht angesprochen hat, ahnt sie: »Der ist bestimmt schüchtern.« Was ihn ja nur noch sympathischer macht! »Aber warum geht er dann auf eine Singleparty? Wenn er gar nicht vorhat, eine Frau anzusprechen?«, frage ich. »Dass er es NICHT getan hat, zeigt doch nur, dass er vielleicht auch ein bisschen verliebt ist. Kennst du doch auch. Da, wo es um etwas geht, kneifen wir viel eher«, läuft Martina nun zu Fantasie-Hochform auf. Sie sieht die Lovestory schon vor sich: Wie er bereut, zu scheu gewesen zu sein, und es nun kaum erwarten kann, am nächsten Samstag wieder zu der Party zu gehen. Wie er hofft und bangt, ob er sie dort wohl wiedersehen wird. Wie er überlegt, was zu tun wäre, nur für den Fall, dass sie vielleicht wegen eines schweren Unfalls oder einer üblen Krankheit fernbleiben muss (selbstverständlich wäre sie sonst da). Und schon mal durchkalkuliert, wie viel er für sein Auto bekommt, damit er sich ganzseitige Suchanzeigen in den größten deutschen Tageszeitungen leisten kann. Übertrieben? Nein. Eher noch tiefgestapelt.

Erst kürzlich wurde eine ganz ähnliche Geschichte in einer Fernsehreportage des SWR thematisiert: Laura, eine junge Frau, lernt im Urlaub den Italiener Peppe kennen. Sie gibt ihm ihre Telefonnummer. Als sie wieder daheim ist, ruft er an. Sie kann das Gespräch nicht annehmen und auch seine Mailboxnachricht nicht abhören. Selbst der Versuch, ihn zurückzurufen, schlägt fehl: ›Unbekannte Nummer‹ lautet die Ansage. Sieben Jahre später hat sie ihn immer noch nicht vergessen. Obwohl sie zwischendurch mal nach ihm geforscht hatte, kam sie nicht weiter. Deshalb beauftragt sie eine professionelle Personensucherin: Susanne Panter (wiedersehenmachtfreude.de). Die fährt mit ihr und einem Fernsehteam nach einigen sehr aufwendigen Vorrecherchen nach Italien. In den vermutlichen Wohnort von Peppe, von dem man immer noch nicht mehr hat, als den Vornamen und einen Urlaubsschnappschuss, auf dem er lachend Laura umarmt. Das Foto prangt jetzt auf den Hunderten von Flugblättern, die die kleine Reisegruppe mit nach Sizilien nimmt. Ebenso wie Adressen von Presse, Hörfunk und TV und einem Lied. Laura ist Fotografin und Musikerin. Sie hat einen Song über ihre Suche nach Peppe geschrieben: ›Salvation‹, Rettung heißt es. Sie singt ihn live im italienischen Hörfunk, wo sie von ihrer Suche erzählt. Peppe wird tatsächlich gefunden und zwar ganz zufällig, als der ›Suchtrupp‹ in einem Café gegenüber des Senders einmal wieder das Bild herumzeigt. Der Besitzer kennt den jungen Mann, er ruft ihn an. Und nein, es gibt kein ekstatisches Wiedersehen. Peppe kann sich zwar an die Begegnung vor sieben Jahren erinnern. Für ihn war sie aber eher beiläufig. Sie hätten sich doch nur zwei-, dreimal unterhalten. Er hat zwischendurch geheiratet und schon ein Kind. Das Telefonat? Das kann er sich auch nicht erklären. Ihm sei damals im Schwimmbad das Handy gestohlen worden. Vermutlich hatte der Dieb einfach mal alle Telefonnummern durchprobiert.

Die Romantikerin in uns will sich an dieser Stelle natürlich sofort ihr Prinzessinnenkleid überwerfen und mit einem über und über mit Swarovski-Steinen besetzten Megaphon auf den Balkon ihres Barbietraumschlosses treten und all den anderen Prinzessinnen da draußen verkünden: »Lasst euch nichts erzählen. Das hätte ja auch GAAAANZ anders ausgehen können. Und wer weiß, möglicherweise ist es ja ganz anders ausgegangen. Sicher hat Peppe nach der Sendung seine Familie verlassen, weil er erkannte, dass keine andere Frau jemals so viel für ihn tun würde wie Laura! Ich lass mir jedenfalls nicht ausreden, dass ich am Ende doch IMMER den Prinzen bekomme!«

Manchmal denke ich, kein Wunder, wenn Mädchen weniger kiffen als Jungs. Es liegt nicht nur daran, dass man davon (angeblich) sehr viel Appetit bekommt und ganz viele Dickmacher essen muss. Es liegt daran, dass bei Frauen das High, die fröhliche Wirklichkeitsferne, die engagierte Verkennung beinharter Tatsachen ohnehin serienmäßig eingebaut ist. Jedenfalls wenn es um Liebe geht. Frauen brauchen kein Gras und kein Marihuana. Unsere Drogen sind Hoffnungen, Illusionen, Fantasie.

Nicole, 51, sieht deshalb gar keinen Grund, an Svens Liebe zu zweifeln. Sie hatte den Architekten vor ein paar Wochen über Parship kennengelernt. Beim zweiten Treffen gestand er ihr, dass er – wenn auch »bloß auf dem Papier« – noch verheiratet sei. Aber sie liebt ihn halt, und das bedeutet für sie, ihm quasi unbegrenzten emotionalen Kredit zu gewähren. Den kündigt sie selbst dann nicht, als er dauernd kurzfristig Treffen absagt, manchmal tagelang abtaucht und daheim auf keinen Fall angerufen werden darf. Seine Begründung: »Aus Rücksicht auf meine Frau. Sie leidet auch so schon genug unter der Trennung. Es würde sie fertigmachen, wenn sie erfährt, dass es dich gibt und wie glücklich ich mit dir bin!« Letzte Woche traf Nicole eine ehemalige Schulfreundin. Strahlend berichtete Bettina ihr, sie habe da gerade einen tollen Mann kennengelernt. Wie sie nun wieder ausgesöhnt sei mit diesem ganzen Online-Dating, mit dem sie vorher so schlechte Erfahrungen gemacht hatte. Sven heißt er, und er hat sein eigenes Architekturbüro. Er ist zwar noch verheiratet. Aber nur auf dem Papier. Wir werden bald zusammenziehen. Und nein, Nicole hat Sven nicht aus ihrer WhatsApp-Liste gestrichen. Sie wird um ihn kämpfen, sagt sie. Sie weiß einfach, dass sie füreinander gedacht sind.

Mit unseren Herzen gehen wir so fahrlässig um wie mit einem Koffer, den wir so lange unbeaufsichtigt auf den Bahnsteig stellen, bis sich endlich jemand erbarmt, ihn zu klauen. Damit wir uns nachher darüber beschweren können, dass die Welt immer schlechter wird. Wir sind es ja oft selbst, die den Schlüssel im Auto stecken lassen, das Portemonnaie gut sichtbar für alle Taschendiebe im offenen Einkaufsbeutel mit uns herumtragen – uns ganz allein das Blaue vom Himmel und das Gelbe vom Ei von Männern wie Sven versprechen. Wider alle eindeutigen Indizien. Uneindeutigen Aussagen, vagen Versprechungen, deutlichen Zeichen von Desinteresse und allenfalls lauwarmen Gefühlen.

Würde man nach einer weiteren Enttäuschung knallhart Bilanz ziehen, wären sicher Punkte wie die dabei: »Er hat zwar gesagt, dass er mich liebt, aber erst nachdem ich ihn ungefähr 85-mal danach gefragt hatte.« oder »Immer war alles wichtiger als ich. Er hat sich kaum Zeit für mich genommen. Hatte keine Lust auf lange Ferienreisen, teilte so ziemlich jede Rechnung ganz genau durch zwei.« oder »Er hat mir nie etwas zum Geburtstag geschenkt.« oder »Immer war ich diejenige, die angerufen hat.« Und nein, man muss nicht nur einfach einen unwilligen Kerl ganz doll lieb haben, um ganz doll zurückgeliebt zu werden. So funktioniert das leider nicht.

Klar, ist es fies, dass manche Kerle einfach mitnehmen, was sie bekommen können. Auch dass sie lügen und betrügen, für Sex, für ihre Bequemlichkeit. Aber: Warum nicht, wenn es einem doch so verdammt leicht gemacht wird? Wenn man immer wieder Absolution bekommt? Wir müssen einfach selbst gut auf uns aufpassen und dürfen Schonung nicht ausgerechnet von denen erwarten, die ja gerade von unserer Fahrlässigkeit profitieren.

Deshalb kann auch das XXL-Verständnis weg, das Frauen selbst für Männer vorrätig halten, die ihr Herz gleich neben den Fischstäbchen im Tiefkühlfach aufbewahren. Dieses seltsame und manchmal bis zur Selbstzerstörung so bockbeinige Beharren darauf, dass die Liebe auch die hartnäckigsten Zuneigungsverweigerer weichspülen wird. Und diese enorme Großmut Männern gegenüber, die manchmal schon fast ins Beleidigende schwappt. Denn ehrlich, manche Frauen begegnen erwachsenen Männern mit einer Milde, als wären sie Golden-Retriever-Welpen, denen man alles gern durchgehen lässt, weil sie so supersupersupersüß sind. Selbst wenn sie schon wieder auf den Designerteppich gepinkelt haben. Ein Männerbild, das selbst jenen nicht gefallen kann, denen es letztlich nutzt.

Männer im Schonwaschgang

Woher all das Verständnis kommt, das manche Frauen immer noch so großmütig an Männer verteilen, die es nicht verdient haben? Sie sparen es sich offenbar im Umgang mit anderen Frauen zusammen. Ich lese, 70 Prozent aller Frauen, die von ihrem Mann betrogen wurden, nehmen das nicht so sehr ihm, sondern vor allem der anderen Frau übel. Die hat ihn sicher gegen seinen Willen nach dem ›Teambuilding-Seminar‹ in ihr Hotelbett gezerrt, während er schon nackt noch »Bloß nicht, ich bin verheiratet!« greinte. Oder er fühlte sich einfach zu einer zweijährigen Affäre verpflichtet, dieser grundgute Kerl, weil er es nicht länger mit ansehen konnte, wie die zehn Jahre jüngere Kollegin sich nach ihm verzehrte. Deshalb kann auch das weg: Männer dauernd nur im Schonwaschgang zu behandeln. Bloß weil sie Männer sind. Als wären sie nicht bei Trost, unzurechnungsfähig und keineswegs haftbar zu machen. Wie sollen sie sonst lernen, Verantwortung zu übernehmen? Für Sätze wie »Ich liebe dich!« oder »Ich werde meine Frau verlassen!« oder »Ich weiß auch nicht, wie ich im Bett dieser 24-Jährigen landen konnte.« Oder dafür, dass sie sich tagelang nicht melden, nie ein Essen bezahlen? Man wünscht sich nur, Frauen würden Frauen mit derselben Großzügigkeit begegnen wie Männern und wären etwas britischer.

Elisabeth, die lange in London gelebt hat, erzählt, wie sich die Frauen dort dauernd und leidenschaftlich Komplimente machen. Wie es ein ganzes Vokabular dafür gibt, eine andere toll zu finden, ihr Selbstbewusstsein zu päppeln: »Es ist ganz normal, dass man sich regelrechte Liebeserklärungen macht.« Mit Staunen beobachtet sie, wie streng Frauen hier in Deutschland mit Frauen sind. Wie erbarmungslos. »Während Männer für jede Kleinigkeit beklatscht werden. Ich warte immer noch auf den Tag, an dem mein Mann mit einem Oscar nach Hause kommt, den ihm die Kolleginnen dafür verliehen haben, dass er meinetwegen nach Deutschland umsiedelte. Dass er sich quasi geopfert hat. Klar, wegen eines tollen Jobangebots, das ich bekommen hatte. Aber er profitiert ja auch von dem Geld, das ich nun mehr verdiene.«

Wie groß die Narrenfreiheit ist, die Männer bei Frauen genießen, berichtete auch Marion, von Beruf Gynäkologin, die anlässlich eines Ärztekongresses zu einem größeren Dinner geladen war. »Einer der Professoren, ein Mann um die 60, war so dermaßen beleidigend zu allen, dass ich erst dachte, er würde vielleicht unter dem Tourette-Syndrom leiden. Du weißt schon, diese Krankheit, bei der man zwanghaft flucht und schimpft. Mir tat er fast schon leid, weil ich annahm, die Gastgeberin hätte vergessen, uns darauf aufmerksam zu machen. Bis ich nach einigen ›Warum glotzen Sie so blöd?‹ oder ›Diese dämliche Schnepfe!‹ oder ›Halten Sie doch einfach die Klappe, wenn Sie nichts zu sagen haben!‹ kapierte, dass der noch als total ›normal‹ durchging.« »Der ist immer so!«, raunte mir meine Sitznachbarin zu. Ich solle das bloß nicht persönlich nehmen. Ich fragte: »Aber warum lädt man ihn dann ein?« Darauf sie: »Er ist doch ein Mann, da darf man sowieso nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen.« Hätte eine Frau auch nur annähernd so viele Unverschämtheiten losgelassen, sie wäre vermutlich das letzte Mal Gast gewesen, und zwar für den Rest ihres Lebens.

Trau, schau, wem …

Es gibt ungefähr 4871 exzellente Gründe, einem Mann nicht zu trauen. Darunter: Männer, die sich nach dem ersten Sex in Luft auflösen. Männer, die Frauen mit einem Berg von Schulden und zwei Kindern sitzen lassen, die sich arm rechnen, bloß um keinen Unterhalt für ihr eigen Fleisch und Blut zahlen zu müssen. Die als Prinzen antreten, um an unserer Seite zur Riesenassel zu mutieren, die uns mit falschen Profilen in den Online-Dating-Portalen wochenlang aufs Glatteis führen. Und solche, die beim Frühstück noch schwören, nicht ohne uns leben zu können, um abends zu erzählen, dass sie morgen zu einer anderen ziehen, die übrigens im neunten Monat schwanger ist. Nicht zu vergessen jene, denen es bei Weitem nicht genügt, ihre Frauen mit einer Neuen unglücklich zu machen. Sie müssen auch noch in aller Öffentlichkeit das karge Rest-Selbstbewusstsein ihrer Ex schreddern.

So wie Schleswig-Holsteins ehemaliger Ministerpräsident Torsten Albig. Der begründete in einem Interview mit ›BUNTE‹ seinen Partnerinnenwechsel tatsächlich unter anderem damit, dass seine Ehefrau ihm im wahrsten Sinne des Wortes zu blöd geworden war: »Irgendwann entwickelte sich mein Leben schneller als ihres. Wir hatten nur noch ganz wenige Momente, in denen wir uns auf Augenhöhe ausgetauscht haben. Ich war beruflich ständig unterwegs, meine Frau war in der Rolle als Mutter und Managerin unseres Haushaltes gefangen.« Kein Wort darüber, wer sie in diese ›Gefangenschaft‹ gebracht und 27 Ehejahre lang davon profitiert hat.

Da kann man schon mal das Vertrauen verlieren und zu der Entscheidung kommen, dass es zukünftig besser wäre, sich grundsätzlich eine eidesstattliche Versicherung unterschreiben zu lassen, die es dem Mann verbietet, untreu zu sein, unzuverlässig, gleichgültig. Weil man sonst straffrei sein Auto verbrennen darf. Das ist jedenfalls so ungefähr der Plan von Lisa. Erst wurde sie von ihrem Mann wegen einer Jüngeren verlassen, und dann stellte sie nach sieben Monaten Beziehung mit einem Jürgen fest, dass der gar nicht – wie er behauptet hatte – geschieden war. Also testet sie jetzt etwaige neue Kandidaten gründlich auf Herz und Nieren. Will immer gleich wissen, woran sie mit ihnen ist, welche Absichten sie hegen – und zwar nicht nur für diesen Abend oder die nächste Woche, sondern am liebsten schon für den Rest des Lebens. Stellt Prüfungsaufgaben wie: »Willst du übermorgen mit mir essen gehen und falls nicht, weshalb?« Oder: »Ich habe gesehen, dass du meine WhatsApp-Nachricht bekommen hast. Weshalb hast du dann erst vier Stunden später geantwortet?« Meinen Einwand, sich zu gedulden, den Dingen ihren Lauf zu lassen, abzuwarten, wie sich die Beziehung entwickelt, findet sie wenig zielführend. »Ich habe schon viel zu viel Zeit mit den Falschen vergeudet.« Am liebsten wäre es ihr, Männer wären mehr wie Auerhähne. Die singen, wenn sie es ernst meinen.

Ja sicher, Misstrauen ist gut und oft dringend notwendig. Bei denen, die es verdient haben. Aber es macht erstens keinen Sinn, Bernd, Matthias oder Simon für Klaus, Martin und Jürgen büßen zu lassen. Und zweitens, die grob fahrlässigen Fehler, die man bei den Vorgängern machte, nun durch überdosiertes Sicherheitsdenken bei den Nachfolgern ausmerzen zu wollen. Die meisten Menschen verschenken ihre Gefühle, ihre Zuneigung gern freiwillig, anstatt zum Beziehungsappell antreten zu müssen. Und fast alle finden es viel aufregender, wenn sich da etwas ganz frei entwickeln kann und nicht der gesamte Verlauf der Anbahnung quasi Vertragsverhandlungen ähnelt. »Also, wir hatten Sex, heißt das, du meinst es ernst? Ist es Liebe? Wo siehst du uns in einem Jahr? Willst du Kinder? Wie viele? Sag mir, was genau du an mir unwiderstehlich, hinreißend, atemberaubend findest.« Klar: Wenn sich einer nach einem Jahr noch nicht dazu äußern mag, ob man jetzt ›eine‹ Freundin, der Lebensmensch, eine Bekanntschaft ist. Wenn er nicht einmal sagen konnte: »Ich liebe dich zum Verrücktwerden!« Wenn einer so gar keine Pläne machen will, alles andere wichtiger ist, er sich nicht mal die bedeutsamsten Ereignisse in unserem Leben merken mag noch darüber sprechen möchte. Wenn ihn nicht interessiert, was wir beim Sex mögen, wenn er dauernd etwas auszusetzen hat, an uns, an dem, wie wir leben – DANN ist es schon fast zu spät für Misstrauen und sowieso höchste Zeit, sich nach Alternativen umzusehen. Aber es ist nicht die Schuld der netten Männer, wenn wir bei den miesen oft nur allzu bereit sind, Signale zu übersehen, die vermutlich noch vom Mars aus deutlich zu erkennen sind.

Trotzdem meint Lisa: »Wenn ich doch gleich weiß, was ich will, kann ich das auch vom anderen erwarten.« Ich sage: »Wie kannst du das wissen, wenn du jemand noch gar nicht so gut kennst? Und eigentlich ist es doch gerade das Spannende, das ganz allein zu zweit in herrlichen Selbstversuchen – im Bett, im Kino, beim Essen, beim Spazierengehen, im Urlaub – herauszufinden, anstatt sich gleich eine Gebrauchsanweisung für den anderen geben zu lassen.« Kann ja auch sein, dass der vielversprechende Kandidat an sich kein Freund von langen Wanderungen ist, aber für Lisa eine Ausnahme machen würde. Und sie wiederum entdeckt, dass es ein Fehler war, von vornherein jeden Kerl ausschließen zu wollen, der sich für Fußball interessiert. Weil sie nun – so im Nahkontakt – feststellt, wie unwichtig es ist, ob Martin eine Dauerkarte für Eintracht-Frankfurt-Spiele besitzt, er sogar noch Eishockey-Fan sein könnte, weil sonst diesmal wirklich alles stimmt. Nein, Lisa hat so ihre Erfahrungen. Bislang hat niemand all ihre Prüfungen bestanden. Jeder ist abgesprungen. Für sie wieder mal eine Bestätigung dafür, dass Männern grundsätzlich nicht zu trauen ist.

Kein Wunder. Niemand interessiert sich langfristig für jemand, der einem von Anfang an die Bindungsfähigkeit eines Braunbären unterstellt. Liebe sollte aber auf keinen Fall in Selbstbestrafung münden. Und bevor man sich mit seinen Enttäuschungen häuslich einrichtet und dauernd so einen bitteren Beigeschmack auf der Zunge hat, ist es dringend zu empfehlen, nicht die Guten bloß wegen der Bösen zu verpassen, den Netten nicht das Misstrauen entgegenzubringen, das eigentlich pronto per Direktüberweisung auf das Konto der Unnetten gehört. Selbst wenn man wirklich schlechte Erfahrungen machen musste, ist es auf die lange Strecke die einzige Möglichkeit, in der Liebe überhaupt noch mal Land zu sehen. Aber wann weiß man, dass es wirklich Liebe sein muss und wie groß sie ungefähr ist? Muss man sich täglich Sterne vom Himmel holen lassen, oder genügt die Anschaffung eines Liebesschlosses? Man könnte sich auch einfach einen Regenschirm kaufen: Laut dem amerikanischen Essayisten Jimmy Cannon kann man damit sehr gut beurteilen, wie groß die Liebe ist. Nämlich so viel, wie ein Mann uns Platz unter dem Regenschirm einräumt.

Einhörner-to-go

Keine Zweifel sollte es geben, falls nicht mal mehr Spurenelemente von Zuneigung da sind und es bei fortlaufender Ignoranz, dauerndem Niedermachen, notorischer Kaltherzigkeit bleibt. Wenn er sie ständig kleinmachen muss und über sie sagt: »Ach, das versteht sie sowieso nicht« oder zu ihr »Wie blöd bist du eigentlich« oder »Das interessiert mich nicht.« Wenn einer sich lieber selbst anzünden würde, als einmal den Satz »Tut mir leid!« über die Lippen zu bringen. Aber nur, weil einer nicht mehr japst vor Glück, wenn wir abends nach Hause kommen, sondern höchstens noch, wenn es so aussieht, als würde seine Lieblingsmannschaft den Aufstieg in die nächste Liga schaffen, gleich ALLES in Frage stellen? Wenn er den Gourmettempel und das Romantik-Dinner verweigert und lieber in die Stehpizzeria will? Und wenn Weihnachtsgeschenke auch mal aussehen, als hätte da ein Christkind mit Alkoholproblemen etwas für eine total Fremde zusammengepackt?

Bei geschätzt 85 Prozent aller Frauen klafft spätestens nach ein paar gemeinsamen Monaten eine gefühlte Lücke so groß wie der Andreasgraben zwischen Romantik-Soll und -Haben. Und entsprechend entwickelt sich in Beziehungen nichts schneller als die Unzufriedenheit. Wie Kaugummi klebt sie an der Liebe. Praktisch ab dem Moment, in dem man aufhört, dauernd vor lauter Leidenschaft wie bekifft zu sein. Dafür beginnt man zu vergleichen. Mit Hollywood-Romanzen, Liebesromanen, Fernsehschnulzen, mit den Paaren in der Margarine-Werbung und im Umfeld. Da sieht man dann, wie es einer Rosen regnen lässt aus einem Hubschrauber, wie er Ozeane überquert und Kontinente. Wie er sich von der Spitze der Gesellschaft hinunterbeugt, um das Märchen vom Prinzen, der die Magd freit, oder vom Piloten, der die Stewardess heiratet, wahr werden zu lassen. Schon fühlt man sich emotional unterzuckert und fragt sich, warum kann Olaf nicht mehr wie Leonardo DiCaprio sein? Ganz einfach: Weil Leonardo DiCaprio dafür bezahlt wird, wenigstens vor der Kamera romantisch zu erscheinen. Und weil das Wesen der Romantik, frei nach Oscar Wilde, die Ungewissheit ist. Meint: Es liegt in ihrer Natur, sich nicht vorschreiben zu lassen, wie und wo sie sich zu zeigen hat und wie teuer sie sein muss, damit wir endlich zweifelsfrei wissen, dass es Liebe ist.

Romantik, die wahre: Die, die das Herz ergreift und an die man sich noch erinnert, wenn man mit 90 sonst alles vergessen hat, entfaltet sich seit ihrer Geburt im 18. Jahrhundert am besten als Kind der Freiheit und der Fantasie. Sie wirkt dann umso stärker, wenn jeder für sich und seine Gefühle einen eigenen Ausdruck findet, anstatt auf die gefriergetrocknete Instant-Romantik zurückzugreifen. Nichts gegen ein im Voraus gebuchtes Candle-Light-Dinner, für das der Veranstalter schon mal alles klargemacht hat – sogar die Rosenblätter auf dem Bett. Auch nichts gegen Liebesschlösser, die man mittlerweile im Internet sogar an virtuelle Brücken hängen kann. Ein Klick, ein Bezahlvorgang, und schon ist die Sache mit der Romantik eingetütet. Denkt man. Aber dann fragt man sich doch: Ist das alles? Oder aber: Wenn es so einfach ist, weshalb tut mein Mann das nicht mal für mich? Damit alle anderen sehen, was er für mich empfindet? Ja, es wird einem verdammt schwer gemacht, seine ganz eigene Romantik zu entwickeln.

Das hat auch Nina gemerkt, als sie erzählte, dass sie ihren Hochzeitstag mit Ehemann Robert auf dem Wochenmarkt gefeiert hat »mit Bionade und Backfisch am Foodtruck«. »Gab’s nicht mehr?«, fragte Sabine entgeistert. Nein, sonst nichts. Nicht mal die heiße Liebesnacht vor dem Kamin, die die überwiegende Mehrheit der Deutschen laut ener Studie für den Gipfel der Romantik hält. »Wir haben gar keinen Kamin!«, sagte Nina. Aber das zählte nicht. Sabines Urteil war gefällt: Dass es Ninas Ehe ganz offenbar an jenen Sternschnuppenmomenten mangelt, wegen denen man sich ja überhaupt nur für das Lebensmodell ›Zweisamkeit‹ entscheidet. »Bionade und Backfisch kann man doch auch mit Freunden haben!«, meinte sie. »Robert ist unter anderem auch mein Freund«, verteidigte Nina ihr höchstens hellrosa Romantik-Modell gegen Sabines schrill-pinke Version. Und dann sagte sie noch, dass sie keine Lust habe, sich von Partnerschaftsportalen, Eventmanagern, Hochzeitsausstattern, Reiseveranstaltern vorschreiben zu lassen, was romantisch sei und was nicht. »Das sind doch bloß Einhörner-to-go. Da will uns jemand unsere privaten Märchen in Dienstleistungen übersetzen. So wie es einmal in der Werbung eines Schmuckherstellers hieß, dass ein Diamant Liebe sein soll. Man kann Gefühle doch nicht wie eine Pizza bestellen und bezahlen.« Aber man kann es versuchen, und das ist es, was wir uns oft so vergeblich vom Mann erhoffen: Dass er sich an die internationalen Regeln zum Ausdruck von Gefühlen, an die Einkaufsliste der Romantik hält. Verweigert er das, ist die Enttäuschung groß. Da denkt man› alle meine Freundinnen haben von ihrem Mann zum Valentinstag einen großen Strauß bekommen, nur meiner hat mir nichts geschenkt. Ich glaube, er liebt mich nicht mehr! Oder: Heiratsantrag ohne wenigstens ein Feuerwerk? Einen YouTube-tauglichen Flashmob? Das wird bald in Scheidung enden!