Kaputte Herzen kann man kleben - Kristina Günak - E-Book
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Kaputte Herzen kann man kleben E-Book

Kristina Günak

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Beschreibung

Hebamme Luisa ist alleinerziehend. Ihr Ex entzieht sich seinen Verpflichtungen, wo er kann. Als Luisas Rücken die Notbremse zieht, muss sie mit ihrer kleinen Tochter eine Auszeit nehmen: bei der exzentrischen Tante in St. Peter-Ording. Die geschickten Hände des verschlossenen Physiotherapeuten Tom helfen ihr wieder auf die Beine, doch die Seele will nicht recht nachziehen. Bis sie am Strand auf ein Grüppchen Frauen trifft, das es sich zum Motto gemacht hat, fünfe gerade sein zu lassen. Und auch Tom ist auf einmal nicht mehr so verschlossen ...

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Inhalt

CoverÜber dieses BuchÜber die AutorinTitelImpressumKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Kapitel 20Kapitel 21Kapitel 22Kapitel 23Kapitel 24Kapitel 25Kapitel 26Kapitel 27Kapitel 28Kapitel 29ENDEDanke

Über dieses Buch

Hebamme Luisa ist alleinerziehend. Ihr Ex entzieht sich seinen Verpflichtungen, wo er kann. Als Luisas Rücken die Notbremse zieht, muss sie mit ihrer kleinen Tochter eine Auszeit nehmen: bei der exzentrischen Tante in St. Peter-Ording. Die geschickten Hände des verschlossenen Physiotherapeuten Tom helfen ihr wieder auf die Beine, doch die Seele will nicht recht nachziehen. Bis sie am Strand auf ein Grüppchen Frauen trifft, das es sich zum Motto gemacht hat, fünfe gerade sein zu lassen. Und auch Tom ist auf einmal nicht mehr so verschlossen …

Über die Autorin

Kristina Günak wurde 1977 in Norddeutschland geboren. Nachdem sie jahrelang als Maklerin arbeitete, ist sie heute als Mediatorin und systemischer Coach tätig. 2011 erschien ihr erster Roman, und seither hat sie sich mit ihren humorvollen Büchern unter Liebesromanleserinnen einen Namen gemacht. Sie schreibt auch unter dem Pseudonym Kristina Steffan.

KRISTINA GÜNAK

Roman

Vollständige E-Book-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Originalausgabe

Copyright © 2021 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Dr. Katja Bendels

Titelillustration: © shutterstock.com: zolssa | Afanasia | MyStocks

Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, München

eBook-Produktion: hanseatenSatz-bremen, Bremen

ISBN 978-3-7517-0365-9

luebbe.de

lesejury.de

Kapitel 1

Ich blinzelte. Und dann gleich noch einmal. War es möglich, dass die Mutter neben uns gerade aus Möhren geschnitzte Schweinchengesichter aus der prall gefüllten Frühstücksbox gezogen hatte?

Jep. Möhren in Schweinchenform. Bestürzt blickte ich auf die heute Morgen von mir in hastiger Eile geschmierten Brote, die meine Tochter gerade vertilgte. Anstandslos. Vermutlich, weil ich noch nie Tiere aus Lebensmitteln für sie geschnitzt hatte. Sie aß sogar das leicht angetrocknete pappige Mischbrot, für das die Butter nur noch rudimentär gereicht hatte, was ich durch eine Extrascheibe Käse versucht hatte wettzumachen. Die Dinger schmeckten trotzdem staubig, und man musste sehr gut kauen und viel trinken, um das Zeug in den Magen zu befördern. Sie waren auch nicht vegan. Oder biologisch wertvoll.

Die Mutter am Tischplatz auf der anderen Seite des Ganges reichte nun auch noch halbe Trauben zusammen mit kleinen Reiswaffeln. Ihre Kinder hatten sehr manierliche Haarschnitte und trugen farblich abgestimmte Klamotten. In der richtigen Größe.

Ich warf Amelie einen Blick zu, die in ihrem Comic las und gedankenverloren versuchte, die trockene Schnitte heftig kauend einzuspeicheln. Ihr Ringelpullover war an den Ärmeln zu kurz. Es war anzunehmen, dass auch ihre Jeans Hochwasser hatte und die Socken vermutlich nicht zueinander passten. Wenigstens die Schuhe hatten immer die richtige Größe, denn da achtete ich sehr drauf.

Ich lehnte mich zurück und schloss probehalber die Augen. Wir hatten immer noch über 600 Kilometer vor uns. München – St. Peter-Ording – mit dem Zug quer durch das Land. Der Schmerz in meinem Rücken war erdrückend, denn ein Schmerzmittel hatte ich nicht nehmen wollen. Davon wurde mir oft übel, und das konnte ich heute gar nicht gebrauchen. Schon der Weg zum Bahnhof war furchtbar anstrengend gewesen, dabei reisten wir absichtlich mit kleinem Gepäck. Die restlichen Sachen, einschließlich meiner Hebammentasche, hatte ich gestern Abend in größter Eile mit der Post vorgeschickt; trotzdem war ich eben kaum in der Lage gewesen, meinen Rucksack zu tragen, geschweige denn, ihn in der Gepäckablage des Abteils zu verstauen. Das hatte der nette Herr uns gegenüber für mich getan und dabei freundlich nickend »die Bandscheibe« gemurmelt. Es war aber gar nicht die Bandscheibe. Und es gefiel mir nicht, wie er mich ansah, als wären wir Bandscheibenverbündete. Waren wir nämlich nicht. Ich war 45. Er mindestens 70. Wann hatte ich das Tal der »jungen Frauen« verlassen und war ins Tal der »Bandscheiben« übergesiedelt?

Amelie beugte sich vor und sah mich ernst an. Sie kaute immer noch an ihrem Bissen. Endlich schluckte sie ihn hinunter und spülte ausgiebig mit Apfelschorle nach.

»Dauert es noch lange?«, fragte sie dann in Brüllaffenlautstärke. Eine Spezialität meiner Tochter. Alle um uns herum waren zusammengezuckt. Das hatte sie von mir, wobei ich schon sehr lange nicht mehr gebrüllt hatte. Jetzt bemühte ich mich um ein Lächeln und legte den Finger mahnend über meine geschlossenen Lippen. Die Supermutter neben uns warf mir einen irritierten Blick zu, während sie gleichzeitig Stifte und Papier aus ihrer Tasche zog. Dann begann sie, kleine Vögel aus gelbem Karton zu falten und ihren Kindern dabei lebhaft etwas zu erzählen.

Ich dagegen wollte nur schlafen. Oder doch wenigstens die Augen schließen und nicht mehr an das denken, was letzte Woche im Kreißsaal passiert war.

»Dauert es noch lange?«, wiederholte Amelie ihre Frage und biss erneut von ihrem Brot ab.

»Es dauert noch sehr lange«, sagte ich ehrlich. Hinter dem Fenster waren immer noch Berge zu sehen. Ein klares Indiz. Hamburg war also noch unendlich weit weg.

Amelie seufzte laut. »Kann ich an dein Handy?«

Ich atmete einmal tief durch. Wir sollten etwas spielen, oder wenigstens gemeinsam lesen, oder vielleicht aus dem Fenster schauen und uns lustige Geschichten ausdenken. Doch stattdessen schob ich meinem wunderbaren Kind mit den ständig verknoteten braunen Locken, die wir heute Morgen mit Müh und Not zu zwei schiefen Zöpfen geflochten hatten, mein Smartphone zu und schloss die Augen.

»Meine Mama hat ganz dolle Rückenschmerzen, und deshalb fahren wir jetzt zu Tante Mimi ans Meer. Ich habe sogar früher Ferien bekommen«, erklärte mein Kind plötzlich fröhlich und lautstark.

Ich zuckte zusammen und riss die Augen auf. Ich war tatsächlich eingeschlafen. Verdammt. Blinzelnd unterdrückte ich ein Stöhnen, denn die hektische Bewegung hatte meinen Rücken in Aufruhr versetzt. Unser Sitznachbar blickte mich über den Tisch hinweg arglos an und lächelte.

»Das ist doch schön«, erklärte er mir. »Ferien am Meer!«

Ich lächelte zurück, weil ich mich erinnerte, dass Tante Mimi mir doch wenigstens einen gewissen Anstand beigebracht hatte. Auch wenn der unter den Schmerzen und der Müdigkeit gelitten hatte.

»Und man soll sich ja nicht mehr schonen mit Rückenschmerzen. Das war früher so. Heute soll man sich viel an der frischen Luft bewegen und leichten Sport treiben«, fuhr er fort. Bewegung an der frischen Luft und leichter Sport. Dass ich nicht lachte. Noch vorgestern hatte ich drei Kindern ins Leben geholfen, zwei Worte Swahili gelernt (hapana: nein, und mrembo: schön), mein kaputtes Auto in die Werkstatt gebracht, beim Anblick meines Kontostands vor dem Geldautomaten geweint, das Flusensieb der Waschmaschine gereinigt, drei Maschinen Wäsche gewaschen, meine To-do-Liste um vierzehn weitere Punkte ausgebaut und mit Amelie Mathe und Deutsch gelernt. Letzteres hatte nicht viel gebracht. Mein Kind hatte es einfach nicht mit Zahlen und weigerte sich, lesbare Buchstaben zu produzieren. Und als das alles erledigt war und Amelie selig schlief, hatte ich fix und fertig auf dem Fußboden im Wohnzimmer gelegen. Die Rückenschmerzen brachten mich fast um, und mein Kopf raste noch immer in Überschallgeschwindigkeit. Irgendwann hatte ich vor Schmerzen und Erschöpfung angefangen zu heulen. Ja, ganz recht, ich hatte ausgestreckt auf dem Wohnzimmerboden gelegen und geheult, und vermutlich hätte ich noch Stunden da gelegen, wenn nicht irgendwann meine Tante Mimi angerufen hätte. Was schon ein außergewöhnliches Ereignis an sich war. Wir telefonierten eigentlich nur noch an hohen Festtagen miteinander.

Mimi attestierte aus der Ferne einen mittelschweren Nervenzusammenbruch und befahl mir, mich krankschreiben zu lassen und umgehend zu ihr zu reisen.

Und da waren wir nun. Amelie und Luisa Haselnuss aus München auf dem Weg nach St. Peter-Ording. Eine Mini-Kleinfamilie, verloren im Leben. Also, ich war verloren, mein Kind zum Glück nicht, weil es ja mich gab, mit genau vier Euro siebzig in der Tasche und dem seltsam wattigen Gefühl, dass mein Leben sich nun ändern würde – ändern musste, denn so konnte es nicht weitergehen.

Kapitel 2

»Du siehst ja aus wie ein Schluck Wasser in der Kurve.« Nordische Freundlichkeit schlug mir vor dem kleinen Bahnhof in St. Peter-Ording entgegen. Ich wankte. Die Rückenschmerzen drückten mir förmlich die Luft ab, und ich spürte Amelies sorgenvollen Blick auf mir. Ich war noch nicht mal mehr in der Lage, die Schultern zu straffen, doch der Blick meiner Tochter brachte mich dazu weiterzumachen. Wenigstens so zu tun, als wäre alles normal. Als wäre ich normal.

»Moin Fiete«, sagte ich und klang dabei tatsächlich fast normal. »Hat Mimi keine Zeit?«

Fiete, Mimis hübsch anzusehender Stallbursche, der neben dem alten Geländewagen meiner Tante stand, schüttelte stumm den Kopf.

»Kannst du bitte die Rucksäcke nehmen?«, fragte ich und machte eine vorsichtige Handbewegung zu unserem Gepäck, während Fiete weiterhin nur nordisch guckte.

»Mama hat ganz dolle Rückenschmerzen«, erklärte ihm Amelie überraschend leise und ergriff meine Hand, um mich festzuhalten und sich vielleicht auch ein bisschen. Ich war seit acht Jahren ihre Mutter und ihre Superheldin. Auf der gleichen Stufe mit Captain Amerika. Unverwundbar. Allwissend. Erwachsen. Seit einigen Wochen allerdings war ich nicht mehr in der Lage, diese Fassade aufrechtzuerhalten, und mein Kind erhaschte immer wieder einen Blick dahinter. Das war nicht gut, aber ich konnte nichts dagegen tun.

Irgendwie schaffte ich es, auf den Beifahrersitz zu klettern und mich mit letzter Kraft anzuschnallen. »Amelie«, sagte ich dann leise. »Bist du angeschnallt?« Nachsehen konnte ich nicht, das gab mein Rücken einfach nicht her. Ich konnte nur ganz still dasitzen und geradeaus schauen.

»Hier braucht man sich nicht anzuschnallen«, brummte Fiete.

»Klar. Weil du unzerstörbar bist. Dann braucht man das nicht«, murmelte ich, während Amelie hinter mir brüllte: »Ja! Angeschnallt!«

Fiete brummte wieder irgendetwas und parkte die nach Pferd, Hund und Ziege stinkende Karre rückwärts aus, um dann auf die Dorfstraße einzubiegen. Wir schwiegen. Fiete und ich waren keine Freunde. Und würden wohl auch keine mehr werden. Ob er neben seiner Arbeit auf dem Hof auch noch ein eigenes Leben hatte, wusste ich nicht. Was ich allerdings wusste, war, dass Fiete ein penetranter Klugscheißer war, nach eigenen Angaben alles konnte und ein Problem mit Frauen hatte. Dabei sah er auch noch ziemlich gut aus, so ein bisschen wie Chris Hemsworth. Ich hatte mir erst kürzlich, in einer schmerzvollen und deswegen schlaflosen Nacht, Thor angesehen, und der Superheld hatte mich begeistert. Jetzt fühlte es sich an, als würden wir von Thor persönlich abgeholt werden. Einem sehr übellaunigen und wortkargen Thor. Warum dieser Prototyp des testosterondurchseuchten Mannes ausgerechnet bei meiner Tante arbeitete, die Männern grundsätzlich nicht über den Weg traute, hatte ich nie verstanden, aber irgendwie kamen die beiden miteinander klar.

»Guck mal, Mama!«, rief Amelie aufgeregt, und ich drehte mühsam den Kopf. Eine Herde Ponys stand entspannt grasend auf einer der großen Wiesen an der Straße, hinter der sich die ersten geduckten Reetdachhäuser aufreihten.

Fiete verließ die Hauptstraße und bog nach links ins Landesinnere ab. Einen kurzen Moment lang begleiteten uns noch die unzähligen zu Ferienhäusern umgewidmeten Häuser mit ihren Steinwällen, auf denen prachtvolle Rosen wuchsen, dann war das weite Land da. Der Wind rüttelte an dem hohen Geländewagen, und riesige Wolkenberge türmten sich am Himmel. Zwischen ihnen blitzte das satte Tiefblau des nahenden Abends hervor und ließ den Himmel weiter und größer erscheinen als bei uns im Süden. Als gäbe es hier einfach viel mehr Himmel. Die Straße war einspurig, links und rechts gesäumt von satten Wiesen, auf denen Kühe und Schafe weideten. Ein paarmal musste Fiete entgegenkommenden Fahrradfahrern ausweichen, was er jedes Mal mit einem mürrischen Laut kommentierte. Und ich biss jedes Mal die Zähne zusammen, weil der alte Geländewagen dabei unerhört heftig über den Seitenstreifen rumpelte. Amelie gab immer wieder verzückte Laute von sich. Sie liebte Schafe, Kühe und Pferde. Eigentlich liebte sie alles, was atmete.

Als Fiete das nächste Mal mit voller Geschwindigkeit ein Schlagloch nahm, gab ich einen gequälten Laut von mir. »Fahr langsamer!«, knurrte ich.

»Warum?«, knurrte Fiete zurück.

»Ich hab Rücken!«, erwiderte ich, woraufhin Fiete mir einen knappen Seitenblick zuwarf – und nicht langsamer fuhr. In seinem Gesicht stand deutlich zu lesen, dass Rücken kein Grund war, um langsamer zu fahren. Kopf ab vielleicht, aber nicht Rücken.

»Muss die Pferde füttern. Hab keine Zeit«, schob er dann noch hinterher.

Ich biss weiter die Zähne zusammen.

»Da ist es!«, brüllte Amelie, und der Wagen erbebte ob ihrer lauten Stimme, aber tatsächlich war Mimis Rosenhof am Horizont aufgetaucht. Und trotz allem, was geschehen war, flammte für einen kurzen Moment ein warmes Gefühl in meinem Herzen auf. Offenbar glaubte meine Seele immer noch, dass der Rosenhof ihre Heimat war.

Mimi hatte ihn vor fünfzehn Jahren gekauft. Er lag ein wenig außerhalb von Böhl, dicht am Deich, aber gut geschützt durch die zehn Dicken, wie wir die riesigen Bäume, die den alten Hof wie einen Schutzwall vor der Außenwelt abschlossen, damals getauft hatten. Das alte Bauernhaus und der Stall standen auf einer kleinen Anhöhe und waren schon von Weitem gut sichtbar.

Amelie war erst zweimal hier gewesen. Einmal mit drei, das andere Mal mit fünf Jahren. Seitdem hatte der Rosenhof sich als magische Fantasie in ihrem kleinen Kopf gefestigt, und so war er in ihrer Vorstellung zu einem Ort geworden, an dem es Honig regnete, Ponys tanzten, Ziegen schmissige Lieder sangen und den ganzen Tag die Sonne schien, während frischer Kuchen gereicht wurde.

»Ich freue mich so!«, rief sie jetzt noch hinterher, und das entrang mir dann doch ein Lächeln.

»Das ist schön«, erwiderte ich und betrachtete das Backsteinensemble, das immer näher kam. Rund um den Hof erstreckten sich weite Wiesen, nur unterteilt durch die üblichen Büsche und Sträucher. Eine wie verrückt blühende Wildrosenhecke stand in der Auffahrt Spalier, und der Wagen rumpelte, jetzt freundlicherweise etwas langsamer, über das alte Kopfsteinpflaster in den Innenhof. Herr Schröder, ein riesiger schwarzer, zottiger Hund, tauchte mit der Rute wedelnd auf und lief um das Auto herum. Ihn kannte ich noch von meinem letzten Besuch.

Wir stiegen aus, und der Hund schnüffelte intensiv an uns, doch ich schob ihn ein wenig von Amelie weg, denn sein und ihr Gesicht befanden sich fast auf gleicher Höhe. Herr Schröder jedoch ließ sich von mir nicht weiter beeindrucken. Er hatte ganz offensichtlich großes Interesse an Amelie, die ein erschrockenes Juchzen von sich gab.

»Fiete, kannst du mal den Hund wegnehmen?« Ich schob mich jetzt zwischen mein Kind und das riesige Tier. »Los, ab!«, sagte ich energisch und wedelte mit den Händen, was Herr Schröder jedoch eher lustig zu finden schien, denn er trat mir erst auf den Fuß und versuchte mir dann durch das Gesicht zu lecken. Fiete stand reglos daneben und sah ihm dabei zu. »Nimm bitte den Hund weg!«

»Er will euch nur kennenlernen«, sagte Fiete, beförderte aber doch wenigstens unsere Rucksäcke aus dem Kofferraum.

»Er kennt mich«, erwiderte ich und schob das schwarze Ungetüm mit der Hüfte weg, was mein Rücken mit einem scharfen Schmerz quittierte.

»Woher sollte er dich kennen?« Fiete ließ die Rucksäcke mit einem Plumps auf den Boden fallen. »Warst doch schon Ewigkeiten nicht mehr hier.«

»Von meinem letzten Besuch«, erwiderte ich genervt. »Ich rieche jetzt nicht anders.«

Fiete grinste. »Das ist nicht Herr Schröder.«

»Sondern?«

»Frau Ahorn.«

»Und wo ist Herr Schröder?« Ich richtete mich mit schmerzendem Rücken auf, um Ausschau zu halten, ob gleich noch ein zweites riesenhaftes Geschöpf angeprescht kam.

»Tot.«

Amelie, die noch immer hinter mir in Deckung stand, zog scharf die Luft ein, und ich blickte auf. Frau Ahorn setzte sich endlich hin. »Wie, tot?«

»War alt. Ist gestorben. Das ist Herr Schröder 2.0«, erklärte Fiete, schmiss sich die Rucksäcke über die Schulter und marschierte zum Haus. Jedoch nicht, ohne einmal leise zu pfeifen, woraufhin Frau Ahorn losraste und uns in einer Staubwolke zurückließ.

Wenn man das uralte Bauernhaus betrat, befand man sich sofort in der Küche. Sie war der größte Raum im ganzen Haus, und hier hatte Mimi damals einige Umbauarbeiten vorgenommen, während der Rest in altem »Glanz« vor sich hin moderte. Nur der Stall war saniert und um große Außenboxen erweitert worden. Im ehemaligen Schweinestall lebte eine Ziegenherde, und in der Scheune lagerte meine Tante das Heu und Stroh.

Fiete wohnte etwas außerhalb in einem der umliegenden Dörfer, aber er war auch schon wieder verschwunden und hatte unser Gepäck achtlos auf die schwarz-weiß gemusterten Fliesen geworfen.

»Das ist so schön«, hauchte Amelie und betrachtete die alte Holzküche, die in einem zarten Taubenblau gestrichen war. Sie war so beeindruckt, dass sie tatsächlich flüsterte wie in einer Kirche. Die Arbeitsplatte der alten Küchenzeile war mit weißen Fliesen versehen, und meine Tante hatte einen uralten Gasherd, der sich monströs ausnahm, in dieser alten Bauernküche aber perfekt ins Gesamtbild passte. Vorsichtig setzte ich mich auf einen der zwölf Holzstühle, die um den riesigen Tisch herumstanden. Auf der zerkratzten Platte lag ein Zettel:

Musste leider noch mal weg. Im Kühlschrank steht Kalter Hund!

Meine Tochter stand mit hängenden Armen mitten im Raum. Ihre Socken passten tatsächlich nicht zusammen, wie ich jetzt feststellte. Ich streckte meine Beine aus und entdeckte, dass auch ich einen Ringelsocken und einen mit gelben Punkten trug. Mit viel Mühe konnte man es ja als nette Marotte betrachten, aber eigentlich zeigte es nur, dass ich unser Leben nicht im Griff hatte.

»Das war eine echt anstrengende Reise«, sagte ich, und Amelie blinzelte mich an. »Wollen wir uns ein Stück Kalten Hund nehmen und uns draußen in den Strandkorb setzen?«

»Wo ist denn Tante Mimi?«, fragte Amelie.

»Noch unterwegs«, erklärte ich und erhob mich vorsichtig. Mit gebeugtem Rücken humpelte ich zum antiken Kühlschrank und öffnete ihn. Er war leer, bis auf den Kalten Hund: Butterkekse eingehüllt in eine feste Schokoladenschicht. Typisch nordisch. Meine Tante machte immer noch frische Himbeeren mit in diese Köstlichkeit. Ich nahm die Auflaufform heraus, suchte zwei Teller und schnitt uns zwei Stücke ab, dankbar, dass es überhaupt etwas zu essen gab.

»Wir setzen uns raus in den Hof und essen erst mal. Und dann schauen wir, was hier so los ist. Und dann gehen wir ins Bett.« Möglichst bald. Es war schon fast acht Uhr. Mein Kind und ich waren reif fürs Bett, vermutlich würde der Kalte Hund unser Abendessen darstellen. Hätte ich alles im Griff, hätte ich auch hier vorgesorgt und etwas in einer Kühlbox mitgenommen. Linsensalat mit Bulgur und veganem Käse oder so.

Ich trug die Teller durch die alte Holztür hinaus auf den Hof. Links vom Eingang, direkt unter dem ausladenden Reetdach, stand ein grün-weißer Strandkorb. In diesem Strandkorb hatte ich schon gesessen, als ich noch schwanger gewesen war. Damals hatte ich noch in Hamburg gelebt und war regelmäßig nach St. Peter-Ording gekommen. Nach Amelies Geburt hatte sich mein Leben jedoch grundlegend geändert. Wir zogen nach München, und alles wurde anders.

Und unterwegs hatte ich mich irgendwie verloren.

Mir zog es ein bisschen im Magen, ich setzte mich schnell in den Strandkorb und klappte die beiden angebrachten Tische herunter.

Amelie kletterte zu mir, und gemeinsam verspeisten wir zwei große Stücke Kuchen, während die Vögel in den alten Bäumen ihr Abendkonzert gaben. Der Himmel war immer noch von diesem tiefen Blau, das es nur am Meer gab, als würde sich die Weite der See auch im Himmel widerspiegeln. Ich atmete durch, und die würzige Luft erinnerte mich an meine Kindheit. München roch vollkommen anders.

Als wir bärenhungrig alles aufgegessen hatten, rückte Amelie näher an mich heran und bettete den Kopf auf meinen Bauch. Die langen Beine streckte sie seitlich aus dem Strandkorb, und ich legte ihr eine Hand auf die Stirn und eine auf den Bauch. Sie klappte die Augen zu, kratzte sich an der Nase und schlief ein. Ich sah zu, wie sich langsam ihre zarten, immer noch so kindlichen Züge entspannten, und spürte, wie ihr Körper auf meinem schwerer wurde. Und zum ersten Mal an diesem Tag merkte ich, wie meine stahlhart angespannte Nackenmuskulatur anfing zu prickeln. Mein Rücken gab ein leises Ächzen von sich, und auch ich schloss für einen Moment die Augen. Ich fühlte mich, als wäre ich dreihundertzehn Jahre alt.

Amelie seufzte im Schlaf, und ich tat es ihr gleich. Ich spürte ihre Wärme in meinen Handflächen. Es war selten in letzter Zeit, dass wir uns so nah waren. Meistens war ich auf dem Sprung. Irgendwohin, startbereit, den nächsten Punkt in Angriff zu nehmen. Jetzt aber konnte ich das fest gewebte Band zwischen uns fühlen. Es gab keinen Menschen auf dieser ganzen Welt, den ich so sehr liebte wie Amelie.

Ein ohrenbetäubender Lärm ließ mich aufschrecken. Bellen, Ziegen, die lautstark meckerten. Entsetzt riss ich die Augen auf und sah, wie meine Tante zwei Ziegen hinter sich her zum Stall zerrte, während der Hund wie verrückt bellend um sie herumsprang. Ein großer Transporter stand mit geöffneter Laderampe mitten auf dem Hof.

Amelie richtete sich ebenfalls ruckartig auf und rammte mir dabei ihren Kopf mit Wucht gegen das Kinn.

»Mama!« Empört sah sie erst mich, dann den bellenden Hund und die meckernden Ziegen an. Dabei konnte ich weder für das eine noch für das andere etwas.

»Da seid ihr ja!«, rief meine Tante und winkte mit einem riesigen Holzstab, um sich im nächsten Moment wieder auf eine Ziege zu stürzen und sie in Richtung Stall zu treiben. Amelie und ich sahen ihr schweigend zu, und ich rieb mir das Kinn.

Irgendwann waren Ziegen und Hund verschwunden, und Tante Mimi kam im Blaumann mit riesigen Arbeitsstiefeln an den Füßen auf uns zu gestapft. Ihr folgte ein zierlicher Mann in Lederhosen, mit … äh … waren das Federn in seinen langen Haaren? Ja, Federn und Perlen schmückten seine Dreadlocks. Er war mindestens so alt wie meine Tante, bewegte sich aber wie ein junger Mann.

»Das ist Malte. Unser Schmied«, verkündete Mimi und deutete mit dem Daumen lässig hinter sich. Dann umarmte sie Amelie, die gar keine Chance hatte, sich erst noch aus dem Strandkorb zu erheben. Mein Kind verschwand gänzlich unter dem Blaumann und den grauen Locken, die meiner Tante in alle Himmelsrichtungen abstanden. Ich bekam keine Umarmung, mich kniff sie nur in den Oberarm.

Der Mann war hinter ihr stehen geblieben. »Hallo«, sagte er und klang dabei sehr erfreut. »Du bist die Hebamme aus München.«

»Die bin ich«, erwiderte ich, doch statt mir die Hand zu geben, nickte er mir nur zu. »Kannst du auch Ziegen bei der Geburt helfen? Falls nötig?«

Vermutlich musste ich ein wenig belämmert geguckt haben, denn er winkte ab. »Könnte man sich ja den Tierarzt sparen«, brummte er, klopfte Mimi noch kurz auf den Rücken und wanderte zurück zu seinem Transporter.

»Wir mussten noch die Ziegen von der Wiese im Dorf holen.« Meine Tante grinste mich an, und die wettergegerbte Haut ließ ihre blauen Augen strahlen. Augen, die mich an die meiner Mutter erinnerten.

»Ah, ich sehe, ihr habt den Kalten Hund gefunden. Sehr schön«, stellte sie mit einem Blick auf unsere Teller fest. »Amelie, wollen wir es den Ziegen behaglich machen? Noch ein bisschen Stroh bringen und ihnen eine Gutenachtgeschichte erzählen?«

Meine Tochter betrachtete meine Tante mit zusammengezogenen Augenbrauen und warf dann mir einen fragenden Seitenblick zu.

»Ich finde, es ist schon sehr spät«, sagte ich. Ein Blick auf die Uhr hatte mir nämlich gesagt, dass es schon fast zehn war. Amelies Schlafenszeit war weit überschritten. Damit war ich sehr pingelig.

»Sind doch Ferien.« Meine Tante klang entrüstet.

»Es wäre besser, wenn ihr das morgen macht«, erwiderte ich, und meine Tante schnaubte.

Und dann fiel mir mein Kind in den Rücken. »Ich will jetzt zu den Ziegen.« Sie grinste mich verschmitzt an und griff nach Mimis Hand, die sie ihr entgegenstreckte. Dann sprang sie aus dem Strandkorb. Und so blieb ich sitzen und staunte, wie meine Tante es geschafft hatte, mit weniger als zwei Sätzen alles über den Haufen zu werfen.

Ich konnte nicht schlafen. Vorhin hatte ich eine Schmerztablette genommen, weswegen es jetzt nicht mein Rücken war, der mich wach hielt, sondern mein Kopf. Sobald ich die Augen schloss, tanzten furchtbare Bilder hinter meinen Augenlidern. Das regungslose Kind in meinen Armen. Das kleine Gesicht, so grau und still …

Stöhnend wälzte ich mich auf die andere Seite, aber das half auch nicht. Stattdessen erinnerte ich mich jetzt an die ersten Jahre in meinem Beruf, als ich noch in einem kleinen Geburtshaus gearbeitet hatte. Wie viel Glück und Ruhe mir diese überaus fordernde Arbeit damals gegeben hatte.

Doch davon war wenig übrig geblieben. Ich konnte die Hektik und die Eile des Klinikalltags nicht mehr abschütteln. Sie verfolgten mich bis in meine Träume und bescherten mir schlaflose Nächte. Medizinisch hatte ich letzte Woche im Kreißsaal alles richtig gemacht. Trotzdem fühlte ich mich, als hätte ich eklatant versagt. Ich hatte so gehandelt, wie ich es niemals für möglich gehalten hatte, denn zu meinem Beruf gehörte mehr, als nur medizinisch korrekt zu arbeiten. Ich würde so nicht weitermachen können. Nur, was konnte ich denn sonst tun?

Ich drehte den Kopf und sah zu Amelie hinüber, die sich in der dicken Decke eingerollt hatte. Nur die Nasenspitze schaute heraus. Ich hatte doch gar keine andere Möglichkeit, als weiterzumachen.

Zittrig holte ich tief Luft, dann schob ich nacheinander die Füße unter der Bettdecke hervor und stand leise auf. Ich schlüpfte in meine Klamotten und lief die Treppe hinunter in die Küche. Es war still und dunkel. Frau Ahorn lag in ihrem Körbchen neben dem alten Kachelofen und hob nur einmal kurz den Kopf, als sie mich hörte. Ich legte die Hände auf die Arbeitsplatte und sah hinaus auf den dunklen Hof. Im Stall brannte ein warmes Licht.

Wie magisch angezogen verließ ich die Küche, ging einmal quer über den Hof, atmete dabei die warme Abendluft tief ein und betrat den Pferdestall.

Im Schein einer alten Laterne streckte mir ein kleines Pony seine Nase über die Boxentür entgegen. Ich hörte einen Mann leise sprechen.

»Hallo?«, sagte ich, und plötzlich tauchte ein Kopf über der Boxenwand auf. Geschmückt mit Dreadlocks und einer Feder.

»Luisa.« Malte strahlte mich an. Sein Kopf verschwand wieder, und ich spähte um die Ecke. Ein Haflinger stand mit gesenktem Kopf in der Box. Malte saß vor ihm auf einem Strohballen und hatte dem Pferd eine Hand auf die Nase gelegt.

»Er hat Probleme mit dem linken Vorderhuf«, erklärte Malte mir, während er sanft über den Kopf des Tieres strich. »Und da Pferde uns nicht sagen können, wenn ihnen etwas wehtut, müssen wir lernen, sie zu verstehen. Den Schmerz spüren, den der Huf verursacht. Und es dann ändern.« Er fuhr dem Pferd durch die helle Mähne und stand auf, um zu mir zu kommen. »Kannst du nicht schlafen?«

Ich schüttelte den Kopf und lehnte mich gegen die Boxenwand. »Rückenschmerzen«, erwiderte ich. Heute Nacht wohl eher Seelenschmerzen, aber das sagte ich nicht.

»Du hast ja auch schwer zu tragen. Mimi hat mir von dir erzählt.«

Ich schnaubte. Wenn Mimi ihm von mir erzählt hatte, konnte ich mir schon vorstellen, was Malte für ein Bild von mir hatte.

»Allein ein Kind großzuziehen und so einen wichtigen Beruf zu haben, das ist viel Last für einen einzelnen Rücken.« Er lehnte sich ebenfalls an die Boxenwand.

»Mir ist schon klar, dass der Körper auf Stress reagiert, aber …« Weiter kam ich nicht, denn Malte unterbrach mich einfach.

»Aber in erster Linie müssen wir uns selbst nah sein. Damit wir die Kraft haben, für andere da sein zu können. Ich habe auch lange gebraucht, um das zu verstehen. Früher habe ich in einer Bank gearbeitet.«

»Aha. Und dann kamen die«, ich deutete auf seine Haare, »Zöpfe?«

Malte lächelte. Ich musste auch grinsen, obwohl mir gar nicht danach war. Aber er wirkte so herrlich freundlich und positiv, und er erinnerte mich an einen Vater im Kreißsaal, der das Kind am liebsten selbst bekommen hätte. Weil das aber nicht ging, hatte er alles getan, um es seiner Frau einfacher zu machen. Er war sogar mit in die Geburtswanne gesprungen. Nackt. Und singend. Der Kerl war ein Schauspiel gewesen, und Malte hätte sein Bruder sein können.

»Ja«, erklärte er, und drehte sich zu dem Haflinger, der einen Schritt in seine Richtung gemacht hatte. »Dann gab es eine Zäsur in meinem Leben, und ich wusste plötzlich, dass ich etwas ändern musste. Ich wollte schon als kleiner Junge Schmied werden und mit Pferden arbeiten, diesen stillen Riesen, die uns so viel über uns selbst beibringen können. Wenn wir aufmerksam sind. Ein Schmied macht ja mehr als nur Hufeisen. Es ist eine Wissenschaft für sich, und in erster Linie nehme ich Verbindung mit den Pferden auf. Wenn ihnen die Hufe schmerzen, können sie dem nicht entkommen. Sie können sich nicht einfach hinlegen, denn dann ist es oft schon zu spät. Sie müssen auf den Beinen bleiben, das ist ihre Natur. Es ist ein fantastischer Beruf. Ich liebe ihn.«

»Ich liebe meinen Beruf auch.« Ich merkte, wie meine Stimme zitterte. Malte sah mich aufmerksam an.

»Was ist das Beste daran? Etwas, wonach du dich sehnst, wenn du grad nicht da bist?«, fragte er mit einer Ruhe, die sich auf mich übertrug, und obwohl ich das noch nie gefragt worden war, musste ich nicht lange nachdenken.

»Ich darf Menschen in einer absoluten Ausnahmesituation begleiten. Sie sind mir fremd, manchmal sprechen wir noch nicht mal dieselbe Sprache, und trotzdem bin ich ihnen so nah. Das ist außergewöhnlich.« Während ich das sagte, spürte ich einen Kloß im Hals.

Malte nickte, und seine Zöpfe wippten auf und ab, während er mit einer Hand unablässig dem Haflinger über die Schulter strich.

»Und bei dir?«, fragte ich ihn schnell, um meinen eigenen Gefühlen zu entkommen.

Er dachte einen Moment nach. »Wenn mir ein angstvolles Pferd langsam sein Vertrauen schenkt. Wenn es mich das erste Mal richtig ansieht. Wenn es beschließt, mir zu folgen. Das ist jedes Mal ein großer Moment.«

»Letzte Woche ist etwas passiert«, brach es plötzlich aus mir heraus. Malte ließ das Pferd los und wandte sich mir zu. »Etwas Furchtbares. Ich habe versagt in meinem Job.« Die Worte verließen meinen Mund, ohne dass ich sie hätte aufhalten können. »Eine Frau hat ihr totes Kind zur Welt gebracht. Eine stille Geburt. Das kleine Mädchen ist einfach so gegen Ende der Schwangerschaft gestorben, und ich konnte diese trauernden Eltern nicht auffangen. Ihnen keinen Halt geben. Wo es Raum für Trauer hätte geben müssen, hat schon die nächste Schwangere nach mir gerufen. Ich konnte niemandem gerecht werden. Das alles bricht mir das Herz«, sagte ich. »Ich habe das immer für eine dumme Redewendung gehalten. Aber es fühlt sich wirklich so an.« Ich redete Unsinn, aber Malte nickte nur nachdenklich, als hätte ich etwas sehr Kluges gesagt.

»Man muss sich selbst vergeben können«, sagte er schließlich, und der Haflinger schnaubte und schüttelte seine dichte Mähne, als würde er Malte zustimmen. »Alles braucht seine Zeit.«

»Vielleicht werde ich nie wieder als Hebamme arbeiten können«, sagte ich leise.

Malte betrachtete mich. »Die Zeit wird es zeigen. Manchmal brauchen wir eine Pause, um uns selbst wieder nahzukommen und genug Kraft zu tanken, um für andere da sein zu können.«

Ich schwieg, ließ seine Worte sacken. Dann stieß ich mich von der Box ab.

»Gute Nacht«, sagte ich. Malte nickte nur und wandte sich wieder dem Pferd zu. Zurück im Haus, kroch ich ins Bett, zog mir die Decke bis zum Kinn hoch und starrte an die Wand. Als ich endlich eingeschlafen war, fuhr mein Vermieter mit meinem kaputten Mini durch mein Wohnzimmer, wo ein Berg unbezahlter Rechnungen mich zu erschlagen drohte, während mir eine Horde anderer Mütter lautstark Vorträge hielt, was für eine schlechte Mutter ich doch wäre. Währenddessen warteten zehn hochschwangere Frauen gleichzeitig mit vorwurfsvollen Gesichtern im Kreißsaal auf mich.

Kapitel 3

Der nächste Morgen begann mit Kopfschmerzen und einem Schwarm kreischender Vögel, der mich aus dem Schlaf riss. Ich drehte den Kopf zur Seite und blinzelte in die strahlende Sonne, die durch die geöffneten Vorhänge schien. Eine Großfamilie Stare machte sich gerade mit viel Getöse über die reifen Früchte am Kirschbaum her. Noch immer ein wenig benommen von meinen Träumen und den Kopfschmerzen tastete ich mit einer Hand nach Amelie, die neben mir lag. Oder doch zumindest liegen sollte, denn meine Hand griff ins Leere. Erschrocken versuchte ich mich aufzusetzen, aber mein Rücken hinderte mich an jeglicher Form von schneller Bewegung.

Die Rückenschmerzen begleiteten mich seit Amelies Geburt. In den ersten Jahren schleppte frau ihr Kind natürlich immer durch die Gegend, doch auch danach, als Amelie sich schon selbstständig auf zwei Beinen bewegen konnte, wurden die Schmerzen nicht besser. Im Gegenteil. Sie wurden von Jahr zu Jahr schlimmer und hatten letzte Woche ihren Höhepunkt erreicht.

Im Garten klatschte jemand energisch in die Hände, und die Stare erhoben sich lautstark protestierend in den Himmel. Zurück blieben sanfte Sommermorgengeräusche. Eine Amsel sang, ein leichter Wind spielte in den Blättern der zehn Dicken, und ganz entfernt brummte ein kleines Flugzeug über den Himmel.

Ich war für sechs Wochen krankgeschrieben. Burn-out. Ich würde die Zeit hier also effektiv nutzen müssen, um mich zu erholen. Aber so weit war ich noch nicht. Erst mal musste ich aufstehen und mein Kind suchen.

Meine Füße berührten langsam den Boden, und nun folgte der restliche Körper, bis ich schließlich auf der Bettkante saß. Äußerst behutsam bewegte ich das Becken, um die Muskeln zu lockern, und atmete den scharfen Schmerz einige Minuten lang weg. Dann angelte ich mit den Füßen nach meinen Crocs und machte mich langsam auf die Suche nach Amelie.

Ich fand sie in der Küche, wo sie am Küchentisch saß, die Haare wirr in alle Richtungen abstehend, und gebratenen Speck in sich hineinstopfte, als hätte sie die letzten acht Jahre Hunger gedarbt. Auf einem Teller neben ihr lagen dicke Scheiben aufgeschnittenes Weißbrot, daneben stand ein offenes Glas Nutella.

»Willst du Speck?«, fragte meine Tante, die munter weiter in einer gusseisernen Pfanne rührte. Entsetzt schüttelte ich den Kopf. Ich aß seit Jahren so gut wie kein Fleisch mehr. Und mein Kind eigentlich auch nicht. »Hausschlachtung von Meike. Keine Massentierhaltung. Kannst du essen. Die Eier sind von meinen Hühnern. Die sind glücklich.« Sie deutete auf eine der beiden großen Pfannen vor ihr, und jetzt nickte ich. Ich bekam einen Teller mit Rührei und eine Tasse tiefschwarzen Kaffee und setzte mich zu Amelie an den Tisch. Meine Tochter vertilgte ungerührt den knusprigen Speck auf ihrem Teller. Auf den sie sich übrigens noch eine halbe Flasche Ahornsirup gekippt hatte.

Mimi goss sich ebenfalls eine Tasse Kaffee ein und setzte sich dann auf den Stuhl vor mir. Sie sah aus, als hätte sie heute Morgen schon die Welt gerettet, die Ställe ausgemistet und fünf Pferde bewegt. Ich schob mir eine Gabel mit Rührei in den Mund, das wunderbar würzig und fluffig schmeckte, und linste zur Küchenuhr, die über der Tür hing. Es war neun Uhr. Ich hatte seit Jahren nicht mehr bis neun Uhr geschlafen. An normalen Tagen hätte ich jetzt bereits zweihundertmal »Beeil dich!« gerufen, um Amelie dann doch erst in letzter Sekunde vor der Schule abzuladen. Und täglich grüßte das Murmeltier. Wir waren jeden Tag ein wenig zu spät. Aber letzte Woche war etwas anders gewesen. Als Amelie nämlich endlich durch die Schultür verschwunden war, hatte ich das unerklärliche, aber heftige Verlangen verspürt, mich auf den Bordstein zu legen. Nur um mich kurz auszuruhen.

Ich nippte an meinem Kaffee. Ja, mir war klar, dass normale Menschen sich nicht einfach auf den Bordstein legten, nur um kurz auszuruhen.

Amelie schob ihren Teller von sich weg und erklärte: »Ich habe noch keine Zähne geputzt.« Es klang, als würde sie sich ob dieser Tatsache wild und verwegen fühlen, und ich musste lächeln.

»Heute kein Zähneputzen. Geh raus, Fiete ist grad auf dem Hof. Kümmere dich mit ihm um die Ponys.« Meine Tante lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück, und ich konnte den Mund gar nicht so schnell öffnen, wie Amelie aus der Küche stürzte.

»Also, erst mal ist Zähneputzen wichtig«, begann ich und atmete tief durch. Ein wenig mühsam stand ich auf und ging zum Fenster. Amelie wirbelte beim Laufen Staub auf, so eilig hatte sie es. »Und sie hat keine Erfahrung mit Pferden. Das ist nicht ungefährlich. Und was ist mit dem Hund? Der ist dreimal so groß wie sie.«

Auf dem Hof stand Fiete, der der heranrasenden Amelie entgegensah. Als sie vor ihm zum Stehen kam, lächelte er. Mit beiden Mundwinkeln. Ich hatte gar nicht gewusst, dass er zu so einem Gesichtsausdruck überhaupt fähig war. Mich hatte Fiete definitiv noch nie angelächelt.

»Tante Mimi«, sagte ich energisch, weil Mimi noch nicht reagiert hatte. »Sie ist erst acht.« Fiete sagte etwas zu Amelie, und mein Kind strahlte.

»Schon acht«, korrigierte meine Tante mich. Ich drehte mich zu ihr um. Als sie ihre Kaffeetasse zum Mund führte, konnte ich die verschiedenfarbig lackierten Fingernägel bewundern. Rot und Mintgrün. Sie liebte es bunt.

»Außerdem bist du ihre Mutter. Du wirst ihr schon die wichtigsten Dinge beigebracht haben. Schließlich bist du Hebamme. Der Hund ist übrigens eine Hündin und nur groß, aber sehr freundlich, und Fiete kann gut mit Kindern. Der passt auf sie auf. Ich habe hier das ganze Jahr Reitbetrieb, schon vergessen? Jetzt setz dich wieder hin.«

Ich zögerte. Mein mütterliches Herz befahl mir, meinem Kind zu folgen. In München machte sie keinen Schritt ohne mich. Ich brachte sie zur Schule und holte sie nachmittags aus dem Hort wieder ab, wo auch das Töpfern und der Englischförderunterricht stattfanden. Zum Ballett nahm eine befreundete Mutter sie mit, da war sie also auch unter Aufsicht.

»Setz dich hin«, befahl meine Tante noch einmal, und obwohl ich ihr eigentlich widersprechen wollte, schien mein Körper anderer Meinung zu sein. Langsam ging ich zu meinem Stuhl zurück und ließ mich daraufsinken.

Mimi sah mich einen Moment lang forschend an. »Du siehst nicht gut aus.«

»Danke«, erwiderte ich und schob den halb gegessenen Teller mit Rührei von mir. Es war erst vier Tage her, dass sie mich in meiner tiefsten Sinnkrise der vergangenen Jahre angerufen hatte. Ich hatte kaum sprechen können, so sehr hatte ich geweint. Vor Rückenschmerzen, Überforderung und Verzweiflung.

»Ich habe dir einen Termin bei einem Osteopathen gemacht. Bei dem Osteopathen, um genau zu sein.« Sie hob bedeutungsvoll beide Augenbrauen. »Bei Tom Bredenhof bekommst du als neue Patientin frühestens 2045 einen Termin. Mit viel Glück. Aber du hast heute einen. Tom ist ein elendiger Weiberheld, aber er hat goldene Hände. Halb drei. In Bad. Ich leihe dir mein Rad, ich muss mit dem Auto nach Tönning. Amelie ist hier gut aufgehoben.«

Ich nickte schwach, froh, dass jemand statt meiner das Regiment übernahm. Ich wollte noch etwas sagen, aber Mimi war schon aufgestanden und auf dem Weg zur Tür.

Den Rest des Tages tat ich nichts, außer auf meinen Termin zu warten. Ich hatte die nächsten Stunden für mich, und keine Ahnung, was ich mit mir anfangen sollte. Ruhelos wanderte ich durch das alte Bauernhaus mit seinen knarrenden Dielen und dem abblätternden Putz und war fast dankbar, als meine Kollegin Hayat mich anrief, weil sie die Stillbroschüren suchte. Sie erzählte mir auch, dass sie heute nur mit Karen und Meike Dienst hatte, womit sie auf der Station erheblich unterbesetzt waren. Und es war auch noch Vollmond. Das schlechte Gewissen griff nach mir. Es war gut, dass Mimi mir einen Termin beim Osteopathen gemacht hatte. Ich musste schnell wieder auf die Beine kommen.

Da ich im Augenblick aber nicht wirklich etwas dafür tun konnte, setzte ich mich schließlich im Schlafzimmer in den roten Sessel und sah durch das Sprossenfenster hinaus auf den Hof, wo Fiete mit Amelie im Schlepptau immer wieder mein Blickfeld querte.

Nachdem ich schließlich geduscht und mich osteopathenfein gemacht hatte, ging ich hinaus, um mich von Amelie zu verabschieden. Als ich auf der Suche nach ihr den Stall betrat, umfing mich der warme Duft nach Pferd und Stroh. Die Tiere waren alle auf der Koppel. Alle, bis auf ein weißes Pony, das mich über die Boxenwand hinweg interessiert betrachtete.

»Ich suche Amelie«, erklärte ich ihm und trat vorsichtig näher. Das Tier wackelte mit den Ohren und streckte den Kopf in meine Richtung. Ich berührte sanft seine große Nase. Sie war weich wie Samt. Mit der Handfläche fuhr ich über seinen Hals bis zur strubbeligen Mähne. Das Pony war nicht groß, es ging mir bis knapp zum Bauchnabel. Meine Tante bot mit ihren eigenen Ponys geführte Reittouren am Strand an. Außerdem vermietete sie einen Teil der Boxen, einschließlich Nutzung der Koppeln und des Reitplatzes, Futter und Stallpflege.

Ich trat noch ein wenig näher, und das Pony bewegte sein Maul auf meiner Handfläche. Es war seine Art zu fragen, ob ich nicht vielleicht eine Möhre bei mir hatte, die ich ihm freundlicherweise überlassen könnte. Ich kraulte ihm die Mähne und lief dann weiter zur angrenzenden Koppel, wo ich endlich Fiete und meine Tochter fand, die einträchtig Pferdeäpfel in eine Schubkarre schaufelten. Mein Kind hatte ganz rote Wangen und Stroh und eine Feder in den Haaren.

»Ich bin für eine Weile unterwegs. Ist das okay?«, fragte ich, und beide hoben kurz den Kopf.

»Ja, wir müssen noch alle Pferdeäpfel wegmachen«, erklärte Amelie mir und schaufelte ungerührt weiter. Fiete sagte nichts. Er nickte nur und schob die Schubkarre ein Stück nach vorn.

»Wo ist Mimis Rad?«, fragte ich weiter.

»Da, wo alles mit Rädern ist«, antwortete Fiete, was mir durchaus ein guter Hinweis war. Alles mit Rädern war nämlich in der Scheune. Unschlüssig stand ich noch einen Moment herum und sah den beiden zu. Es erschien mir geradezu ungehörig, jetzt zu fahren. Und mich dann auch noch um meine eigenen Angelegenheiten zu kümmern. Ich brauchte irgendwie eine Erlaubnis. Meine Füße waren wie festgeklebt.

Schließlich war es meine Tochter, die mir diese Erlaubnis erteilte.

»Mama, fahr doch!«, sagte sie nämlich.

War das das Kind, das bis vor einem Jahr nur zum Ballett gehen konnte, wenn ich dabei war? Woran der gesamte Unterricht fast gescheitert wäre, weil ich um 16 Uhr nun mal üblicherweise noch im Kreißsaal war? Es hatte mich einiges an Überzeugungsarbeit gekostet, bis Amelie es aushalten konnte, dass Alexandra und ihre Tochter sie dorthin begleiteten.

»Gut«, sagte ich und schob die Hände in die Hosentasche. »Ich komme direkt danach zurück. Amelie muss noch was essen. Irgendwann«, sagte ich etwas lauter, und Fiete drehte den Kopf in meine Richtung.

»Es wird dich erstaunen, aber auch ich muss hin und wieder essen. Und ich gebe ihr etwas ab«, versprach er, womit das Thema erledigt war. Widerstrebend verließ ich die Koppel und ging durch die Stallgasse zurück auf den Hof, um tatsächlich in der Scheune Mimis Rad zu finden, klar erkennbar an den goldenen Punkten auf strahlend blauem Grund. Der Sattel war leuchtend rot und die Klingel Mintgrün. Könnte Mimi Pferde lackieren, sie würde es tun, und zwar in genau diesen Farben. Und noch etwas entdeckte ich: Das Fahrrad hatte einen Elektroantrieb.

Ich schob das Rad in den Hof und gleich weiter zur Straße, was meinen Rücken unangenehm zwicken ließ. Dann setzte ich mich vorsichtig auf den ausladenden XXL-Sattel und radelte los. Also das Rad radelte, ich saß unbeteiligt auf dem Sattel, der sich anfühlte wie ein Sofa, und trat hin und wieder mal in die Pedale. Es war herrlich. Ich raste die schmale Straße hinunter, und die Pferde und Schafe auf ihren Weiden hoben die Köpfe, als ich wie ein geölter Blitz an ihnen vorbeischoss.

Direkt neben der Hauptstraße verlief ein Fahrradweg. Ich folgte ihm eine Weile und bog dann nach links zwischen den Ferienhäusern zur Strandüberfahrt ab. Zum Meer. Mein Herz machte einen freudigen Doppelschlag, und schwungvoll wich ich einem Pulk Menschen aus, die mit dicken Strandtaschen beladen waren. Ich radelte am kleinen Parkplatz vorbei und konnte die salzige Luft schon riechen. Der Strandwächter, wie wir ihn immer nannten, erkannte offenbar Mimis Fahrrad, denn er winkte mich einfach an seinem kleinen Kassenhäuschen durch. Dabei war der Typ im roten Shirt dafür bekannt, den Leuten auf unnachahmliche Art und Weise und in stoischer Gelassenheit für einen Strandbesuch das Geld aus der Tasche zu ziehen.

In fliegender Leichtigkeit trug das Rad mich die geteerte Straße hinauf, immer weiter, bis ich oben auf dem Deich angekommen war und eine Vollbremsung hinlegte, etwas umständlich vom Rad kletterte und dann ganz still stand. Ich konnte für einige Atemzüge nur stehen, mich an den Lenker klammern und schauen.

Es war einfach zu schön. Diese schier unendliche Weite dessen, was sich hinter dem Deich befand, raubte mir jedes Mal wieder den Atem. Und das meinte ich fast wörtlich, denn hier oben zerrte ein strammer Wind an meinen Haaren und brachte meinen Pullover zum Flattern.

Vor mir erstreckten sich die Salzwiesen. Das satte Grün zog sich weit bis zum Horizont, um dann schlagartig in das glitzernde Weiß des Strandes überzugehen. Ganz weit entfernt, am Ende des Horizonts, war die Nordsee, nur erkennbar an dem sich dunkel abhebenden schmalen Streifen.