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Es ist stockfinster. Romi die Fledermaus saust durch einen Tunnel und gelangt in eine große Höhle. "Ah! Romi!", donnert plötzlich eine tiefe, grollende Stimme. "Kommst du, um mir von den Ereignisse draußen im Tallingtal zu erzählen?" Zustimmend gibt Romi einige piepsende Laute von sich. Gut, dass das Felsenwesen die Sprache der Fledermäuse versteht. "Was war denn heute los? Den Neuen habe ich schon kennengelernt. Er scheint ein mutiger Talling zu sein," meint das Felsenwesen. Romi fliegt zur Decke der Höhle und hängt sich kopfüber an einen Felsvorsprung. Dann berichtet sie von fremden Kreaturen und magischen Kristallen, vom bösen Zauberling Skarkorok und seinem ebenso bösen Drachen Feuersturm und von zwei mutigen Tallingen, die gemeinsam in ein spannendes Abenteuer geraten.
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Seitenzahl: 67
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Anne Schmitz
Keylam
Die Ankunft
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Auf der Tallingwiese
Ankunft mit Hindernissen
Keylam
Nächtlicher Besuch
Kristallmagie
Aufbruch
Ostwärts
Die Lebelias
Im Versteck
Der Angriff
Ein waghalsiger Plan
Der Einsame Berg
Skarkoroks Festung
Auf dem Gipfel
Impressum neobooks
„Pst, so seid doch bitte leiser!“ Verzweifelt bemühte sich Häuptling Romwald, die Tallinge zu beruhigen, die auf
der Dorfwiese beisammen standen und sich aufgeregt unterhielten.
Romwald raufte sich die weißen Haare. „Meine lieben Mitbürger“, versuchte er es erneut, „ich weiß ja, ein wundersames Ereignis steht uns bevor.“ Er trommelte mit den Fingern auf das Rednerpult, in der Hoffnung, dass die Tallinge zur Ruhe kommen würden. Doch niemand beachtete ihn.
Der Häuptling strich über seinen weißen Bart, der ihm bis auf den runden Bauch herabhing. Er ließ seinen Blick über die Bewohner des kleinen Dorfes Tallingheim schweifen und betrachtete dann die Äste des mächtigen Tallingbaumes, die sich sacht in der warmen Abendluft wiegten.
Vor ein paar Tagen war Romi, die Fledermaus, mit einer Nachricht von Zauberer Nu in sein Haus geflattert. Der Zauberer hatte die Ankunft eines neuen Tallings für die heutige Nacht vorausgesagt. Nun gab es für die Dorfbewohner kein anderes Thema mehr. Es war eine Sensation! Seit Saomis Ankunft vor zehn Jahren war kein weiterer Talling mehr bei ihnen eingetroffen. Damals hatte noch niemand geahnt, dass der Frieden in ihrem Tal bald ein Ende haben würde.
„Die Zeiten sind schlecht!“, beschwerte sich jemand.
„Irgendwer muss Skarkorok aufhalten!“ forderte ein anderer.
„Vielleicht kann uns ja der Neue helfen!“, hoffte der Schreiberling. „Oder die Neue!“ mischte sich eine Tallingfrau ein.
„Oder die Neue!“, wiederholte der Schreiberling etwas genervt. „Das spielt doch keine Rolle. Wir brauchen auf jeden Fall einen Zauberling oder einen Wächterling!“ Da waren sich alle einig. Der Häuptling wusste, dass die Dorfbewohner große Hoffnungen in den Neuen setzten. Aber leider gab es nur wenige Zauberlinge. Wächterlinge kannten sie sogar nur aus alten Sagen.
„Bitte, bitte!“ Flehend sprach Romwald auf die Dorfbewohner ein. „Ihr müsst still sein! Skarkorok wird uns hören und dann …“ An das, was passieren würde, wenn der böse Zauberling Skarkorok ihre Versammlung bemerken würde, wollte er lieber nicht denken. Er schüttelte seinen Kopf, um die schlechten Gedanken zu vertreiben. Es gab noch eine Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen. Auf dem Rednerpult stand ein kleines, eher unscheinbares Glöckchen. Allerdings war es ein ganz besonderes, da der Klöppel aus einem grünen Kristall gefertigt war. Mit zitternden Fingern streckte Romwald seine Hand langsam danach aus. Vorsichtig hob er das Glöckchen an.
Hoffentlich hört Skarkorokes nicht, dachte der Häuptling noch, dann ließ er es einmal erklingen. Der Ton war hell und rein. Er sauste von Talling zu Talling, von Ohr zu Ohr. Er erreichte die Vögel im Baum, das Eichhörnchen in seinem Kobel, ja sogar die Regenwürmer in der Erde. Schnell huschte er weiter ins Dorf, wo ihn Ziegen und Schafe, Hühner und Pferde hörten und schließlich verklang er in der Dämmerung.
Erschrocken blickten die Tallinge sich an. Jetzt erst bemerkten sie, in welche Gefahr sie sich und die Ankunft, durch ihr lautes Geschwätz, gebracht hatten. Leise nahmen die Dorfbewohner nun auf den Sitzsteinen Platz. Der Bäckerling ging zu seinem Karren und holte die eigens für diese Nacht gebackene Sternenstreusel hervor. Lehrlinge füllten Wasser und Lebeliasaft aus Fässern ab. Gemeinsam bewirteten sie die schweigenden Tallinge.
Da erklang der Ruf einer Eule. Romwald flüsterte: „Die Nacht ist da. Die Ankunft steht kurz bevor.“
Es war eine warme Nacht. Grillen zirpten. Ein Mäuschen flitzte piepsend über die Dorfwiese, angelockt vom köstlichen Duft des Gebäcks. Eine leichter Wind rüttelte sacht an den sternförmigen Blättern des mächtigen Tallingbaumes, dessen Äste die Dorfwiese überspannten, ganz so, als wolle er die versammelten Tallinge beschützen.
Der majestätische Baum stand schon seit Anbeginn der Zeit im Tal der Tallinge. Sie nannten ihn ihren Lebensbaum. Sein Stamm war so gewaltig, dass sieben Tallinge nötig waren, um ihn einmal zu umfassen. Das Wundersamste am Lebensbaum waren jedoch die Kugeln. An den mächtigsten und stärksten Ästen wuchsen weiß schimmernde, matt leuchtende Kugeln. Es gab sie in allen Größen. Manche waren noch klein, wie Äpfel, andere waren so groß wie prall gefüllte Getreidesäcke.
Eine Kugel jedoch war größer als alle anderen und leuchtete auch heller. Unter ihr war eine Hängematte aus reißfestem Lebeliatuch aufgespannt worden. Dies war der Ort der Ankunft.
Plötzlich erklang ein Schrei: „Da seht doch, der Stern!“ Eine Tallingfrau war aufgesprungen und zeigte aufgeregt zum Himmel. Alle starrten nun den einen Stern an, dessen Licht immer heller wurde. Schneller und schneller breitete sich sein gleißendes Licht aus. Gleichzeitig erklang aus den Tiefen der Erde ein Grummeln, das stetig lauter wurde. Es klang, als würden die Wurzeln des Tallingbaumes unter der Erde vibrieren. Das Geräusch schwoll an. Die Blätter des Baumes erzitterten. Seine Äste knackten und ächzten, als würde ein Sturm durch sie hindurchfegen. Das Getöse des Baumes wurde so laut, dass die Tallinge sich die Ohren zuhielten. Der Boden erbebte. Plötzlich explodierte das Licht des Sternes grell und gleißend. Geblendet von der Helligkeit warfen sich die Tallinge zu Boden und schlangen schützend die Arme um die Köpfe.
Dann, schlagartig, war es wieder still. Nur ein leises Sirren lag noch in der Luft. Die Dorfbewohner erhoben sich langsam und blickten auf. Ihnen bot sich ein wundervoller Anblick. Der Stern sandte einen Lichtstrahl zu der größten Kugel des Baumes. Das Licht war nicht mehr grell, sondern sanft und silbern glänzend. Tausende kleine, glitzernde Lichtfunken umspielten den Lichtstrahl. Sie tanzten und hüpften nun zur Kugel hinüber, bis diese ganz vom Licht des Sternes erfüllt war.
Andächtig und verzückt betrachteten die Tallinge das Schauspiel. Sie lauschten dem Sirren des Sternenlichtes. Manchmal klang es so, als ob die Lichtfunken kichern würden. Sonst war die Nacht still. Doch was war das? Der Musikling, der ein besonders feines Gehör hatte, bemerkte es als Erster. Er reckte sich und horchte. Dann riss er erschrocken die Augen auf. Doch es war zu spät. Alle konnten es jetzt hören: Etwas kam auf sie zugeflogen, etwas Großes!
„Oh nein!“, rief Romwald. „Ich habe es geahnt!“ Laut gab er den Tallingen Anweisungen: „Lauft zum Stamm! Bleibt dicht zusammen!“
Alle rannten los und drängten sich Schutz suchend um den Baumstamm. Jetzt sahen sie ihn! Zuerst wirkte er wie ein großer, schwarzer Schatten. Seine orangeroten Schuppen leuchteten im Licht des Sternes auf wie kleine Flammen: der Drache Feuersturm!
Ängstlich wimmernd klammerten sich die Tallinge aneinander. Der Drache brüllte markerschütternd. Er flog über den Baum hinweg, drehte und spie einen gewaltigen Feuerstrahl in das Licht des Sternes. Alle Lichtfunken huschten schnell in den Sternenstrahl zurück, verschmolzen mit ihm, sodass er glatt und gebündelt wirkte.
Erzürnt, dass sein Feuer nichts bewirkt hatte, flog der Drache mitten ins Licht des Sternes hinein. Sofort wurde es dunkler auf der Tallingwiese. Der Rücken des Drachens hielt den Lichtstrahl auf. Die Lichtfunken, die noch kurz zuvor die Kugel mit ihrem warmen Licht umspielt hatten, sprangen nun feuerrot von seinen Schuppen in die Nacht hinaus und verglühten. Feuersturm brüllte triumphierend. Er sperrte sein Maul weit auf, holte Luft und machte sich bereit, einen Feuerstrahl in die Äste des Lebensbaumes zu schicken. Genau in diesem Moment wehrte sich das Sternenlicht. Es bot all seine Kraft auf, wurde blendend und gleißend, wie zu Beginn. Der Drache stieß einen langen, gellenden Schrei aus, flog aus dem Licht und schoss davon.
Die Nacht war wieder still. Nur noch der Geruch von versengten Drachenschuppen lag in der Luft.
Zögernd, aber auch erleichtert, lösten sich die Tallinge aus dem Schutz des Baumes und sahen, wie das Licht des Sternes wieder auf die Kugel im Tallingbaum traf.
Hoffentlich hat diese Unterbrechung keinen Schaden angerichtet!, dachte Romwald.
Soweit er wusste, war so etwas noch nie passiert. Würde es jetzt überhaupt eine Ankunft geben? Hoffentlich war dem Neuen nichts geschehen!