Kinder Kinder - Barbara Wenzel-Winter - E-Book

Kinder Kinder E-Book

Barbara Wenzel-Winter

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Beschreibung

Ein Leben ohne Kinder konnte ich mir nicht vorstellen. Das wäre öde gewesen, nur auf mich selbst konzentriert. Ohne Leben. Ich wollte schon immer Nachwuchs. Nur wann, wann war richtige der Zeitpunkt dafür? Leihkinder, mit denen ich proben konnte, wie es wäre, eigene Sprösslinge zu haben, liefen mir von Zeit zu Zeit über den Weg. Ich hatte den Eindruck, gut mit Kindern zu können. Dass diese flüchtigen Begegnungen nicht im Mindesten damit zu tun hatten, eigene Kinder zu haben, konnte ich mir eigentlich denken. Dass sie nur ein äußerst harmloser Abklatsch dessen waren, was mir später blühen sollte, ließ mich nicht von meinem Vorhaben abhalten. Die zukünftige Mutter in mir wollte sich ausleben können. 50 humorvolle Kurzgeschichten über das Abenteuer Eltern zu werden, Kinder zu haben und Eltern zu sein.

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Barbara Wenzel-Winter, Jahrgang 1948, wurde auf dem Gut Groß-Below in Mecklenburg-Vorpommern geboren, ist ausgebildete Modedesignerin und lebt heute mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in Bremen. Neben ihrer Tätigkeit als freischaffende Künstlerin ist sie als Autorin und Fotografin tätig. Von ihr sind bei BoD bereits folgende Titel erschienen:

Ein furzendes Katerchen •

ISBN: 978-3-837-08225-8

Tabuthema Wechseljahre •

ISBN: 978-3-837-04426-3

Ein Bild von mir •

ISBN: 978-3-839-12170-2

Storch im Salat •

ISBN: 978-3-837-02560-6

Die Katze in der roten Baskenmütze •

ISBN: 978-3-833-47029-5

INHALT

Vorwort

Rotznasen

Zwei kleine Burschen

Eine Riesin wird sie nicht

Breite Geburtsbetten

Es geht los…

Wuthuhn

Kind gut!

Sie robbt…!

Mikadau

Die Legomafia?

Giftnotzentrale

Ein kleiner, peitschender Teufel

Botschaft aus dem Off

Nie wieder Rutsche!

Mit Federn besteckt

Die Libanesen

Kontaminiert!

Der kleine Stinker

Alexandra

Knallige Knöpfe

Ein kleiner, verschrumpelter Indianer

Hilfslehrerin

Knallen muss es!

Kopfüber oder das neue Holzdreirad

Stefanie

Ausflug zur Tankstelle

Kleine Pisspötte

Wie zerlegt man eine Nähmaschine?

Ein aus dem Nest gefallener Mauersegler

Ein Packung Zigarillos

Zwei Grusinier müssen her!

Mit dem Schlitten auf die Rutsche

Ein Loch im Kopf wird gestopft

Molotow Cocktail

Er furzt

Gefährliche Streunerei

Die Barbieschwestern

Stricktier

Bunker oder Höhle

Schmutziges Schweinchen, lass es dir schmecken!

Eifersüchteleien

Elektroschock und eine Nadel im Knie

Zelten auf der Hundewiese

Ein geknackter Fahrradhelm

Schlittentransport auf dem Fahrrad

Verkleidungen

Nils

Doppeltes Seepferdchen

Aber ihr versteckt doch wieder Ostereier

VORWORT

Ein Leben ohne Kinder konnte ich mir nicht vorstellen. Das wäre öde gewesen, nur auf mich selbst konzentriert. Ohne Leben. Ich wollte schon immer Nachwuchs. Nur wann? Wann war der richtige Zeitpunkt dafür?

Leihkinder, mit denen ich proben konnte, wie es wäre eigene Sprösslinge zu haben, liefen mir von Zeit zu Zeit über den Weg. Ich hatte den Eindruck gut mit Kindern zu können. Dass diese flüchtigen Begegnungen nicht im Mindesten damit zu tun hatten eigene Kinder zu haben, konnte ich mir eigentlich denken. Dass sie nur ein äußerst harmloser Abklatsch dessen waren, was mir später blühen sollte, ließ mich nicht von meinem Vorhaben abhalten. Die zukünftige Mutter in mir wollte sich ausleben können.

ROTZNASEN

Kinder, an denen ich nachempfinden konnte, wie es wäre eigene Sprösslinge zu haben, liefen mir von Zeit zu Zeit über den Weg. Unter anderem auch zwei Rotznasen, ein Bursche und ein Mädchen von etwa vier oder fünf Jahren. Rotznasen deswegen, weil sie ziemlich verschnupft und rotzverschmiert vor mir standen und sich ganz offensichtlich mit mir unterhalten wollten. Sie tapsten, woher auch immer kommend, sehr zutraulich neben mir her, als ich schwer beladen meinen Einkaufskorb nach Hause schleppte und eigentlich gar keinen anderen Gedanken aufbringen konnte, als meine schwere Last endlich loszuwerden. Also nahm ich die beiden erst mal mit nach Hause, um sie dort auszuhorchen, wie es käme, dass sie ohne Aufsicht alleine durch die Gegend tigerten. Beide, besonders aber das kleine Mädchen, waren sehr redselig, jedoch bekam ich nicht das aus ihnen heraus, was ich eigentlich wissen wollte. Schelmisch grinsten sie mich an, so als hätten sie es faustdick hinter den Ohren. Auf die Frage, wo sie denn zu Hause seien, deuteten sie vage die Straße hinunter. Ob ihre Mutti sie denn nicht vermissen würde, wollte ich wissen.

„Nein!“, im Brustton der Überzeugung schüttelten sie ihre kleinen Köpfe. Meine beiden kleinen rotzverschmierten Engelchen schienen überhaupt keine Eile zu haben, Zeit war für sie vermutlich noch kein Begriff. Sie gehörten scheinbar nirgendwo hin und wurden auch von niemandem erwartet. Ich hätte sie gerne nach Hause gebracht, doch konnten oder wollten sie mir ihre Adresse nicht nennen. Unterdessen unterhielten sich beide ganz souverän mit mir, als seien Besuche bei Wildfremden ganz natürlich für sie, eben an der Tagesordnung. Inzwischen hatte ich meine Besucher mit Bonbons versorgt, in der Hoffnung dadurch ihr Gedächtnis bezüglich ihrer Adresse etwas auffrischen zu können. Ich hätte sie gerne, bei ihrer vermutlich schon sehnsüchtig warteten Mama abgeliefert, aber da ich diesbezüglich nicht fündig werden konnte, war und blieb dies nur ein frommer Wunsch. Das Pärchen lutschte die Süßigkeiten hingebungsvoll, fast andächtig, so, als hätten sie nicht sehr oft Gelegenheit dazu.

Als ich schon glaubte, meine kleinen Süßen für den Rest meiner Tage auf dem Hals zu haben, schien die beiden plötzlich von einer Sekunde auf die andere die Erinnerung an ihr Zuhause zu streifen, denn sie behaupteten, nun gehen zu müssen. Auf meine Frage, ob sie denn wüssten, wohin sie zu gehen hätten, nickten sie inbrünstig. Nun gut! Ich brachte sie vor die Haustür und beide winkten mir noch einmal lächelnd zu, bevor sie um die nächste Häuserecke verschwanden…

ZWEI KLEINE BURSCHEN

… standen unversehens vor mir, als ich gerade dabei war den eben gelieferten Sand, der dazu da war, zu Beton zu werden, von der Strasse zu schippen. Es waren zwei Buben im Alter von vier und fünf Jahren. Der eine der beiden, ziemlich selbstbewusst und mitteilsam, der andere schüchtern und schweigsam. Auf meine Frage woher sie kämen, kam die prompte Antwort. Ihre kleinen, schmutzigen Pfoten deuteten eifrig unseren Weg hinunter. Sie stellten sich als Markus und Martin vor und fragten, ob sie mir helfen dürften.

„Klar!“, meinte ich, obwohl mir mit einem Seitenblick auf die Beiden nicht wirklich klar war, wobei sie mir hätten helfen können. Die Schippe, mit der ich arbeitete, war nun wirklich zu riesig für sie. Also sagte ich, wenn sie kleinere hätten, könnten sie mitschaufeln. Sofort rannten sie davon, um mit kleinen Schippen wieder zu erscheinen. Die wohl gut gemeinte Hilfe artete jedoch, wie vermutet, von Minute zu Minute mehr zu einer wilden Buddelei aus. Den Sand, den ich erst vor Kurzem mühselig an den Rand der Straße geschippt hatte, verteilten meine beiden, höchst eifrigen Zwerge wieder dorthin, wo er vor Kurzem noch gelegen hatte. Irgendwie, so gut gemeint und niedlich ihr Geschippe auch aussehen mochte, es war kontraproduktiv.

Also nahm ich meine Helfer erst einmal mit ins warme Haus, denn draußen war es mir bei nasskaltem, fiesem Novemberwetter doch zu ungemütlich. Martin, der Jüngere von beiden, schwatzte währenddessen munter auf mich ein. Inzwischen war die Energie meiner beiden Kleinen schon etwas verpufft. Jedoch neugierig, wie zwei Katzen, sahen sie sich um in einer Umgebung, die eher einem Schutthaufen denn einer gemütlichen Wohnung glich. Zutraulich hockten sie neben mir am heißen Kohleofen und plapperten munter drauflos. Auf ihre Frage, ob sie mir später wieder helfen dürften, mit leuchtendem Blick auf die vielen interessanten herumliegenden Steine, die noch nach draußen in den Container getragen werden mussten, wechselte ich eilig das Thema.

EINE RIESIN WIRD SIE NICHT

… bekam ich, als ziemlich trockenen Kommentar von meiner Frauenärztin, bei meinem zweiten Ultraschall zu hören.

Was sollte das heißen? Ich hatte auch gar nicht vor eine Riesin zur Welt zu bringen! Was wollte die gute Frau damit andeuten? Etwa das Gegenteil? Mir standen die Haare zu Berge. Grauenhaft!

Ich sah so gut wie nichts auf dem graustufigen Ultraschallbild und wenn sie mir versuchte zu erklären, wo sich die Gliedmaßen und das Köpfchen meiner winzigen Tochter befanden, nickte ich meist folgsam, mit meinem, vor lauter Angst, knallrot angelaufenen Kopf. Ich konnte jedoch kaum etwas erkennen.

War diese Bemerkung etwa der Versuch, mir schonend beizubringen, dass ich einen Zwerg zur Welt bringen würde? Die Fruchtwasseruntersuchung für Spätgebärende hatte ich schon mit „alles in Ordnung“ hinter mich gebracht. Auch die war für mich, die immer und überall das Schlimmste vermutet, eine Zitterpartie gewesen. Aber kein offener Rücken war festgestellt worden und mit den Chromosomen schien auch alles roger zu sein. Und jetzt das! Natürlich hätte ich sofort fragen können, was sie mit dieser Bemerkung meinte, traute ich mich aber nicht.

Bedrückt zogen mein Mann, der bei der Untersuchung zugegen sein durfte, und ich von dannen. Meine Befürchtungen bezüglich der möglichen Größe meines Kindes legte sich zwar mit der Zeit, jedoch spukte es bis zur Geburt meiner Tochter und darüber hinaus in meinem Kopf herum… Aber egal, ob nun groß oder klein, wir würden sie so nehmen und lieben wie sie halt war. Der Vater meines Kindes nahm die lapidare Bemerkung meiner Frauenärztin zum Anlass, unserer Tochter, allen Ankündigungen zum Trotz, den Namen Maxi zu geben.

BREITE GEBURTSBETTEN

Schmale, pritschenähnliche Folterinstrumente mit Beinstützen, von denen man vermutlich bei jeder stärkeren Bewegung herunterknallen würde, wurden uns auf unseren Besichtigungstouren durch die Entbindungsstationen örtlicher Krankenhäuser präsentiert. Liegen, auf denen die Gebärende die Zeit von der ersten bis zur letzten Wehe zu verbringen hatten. Wo gab es sie, diese Kreissäle mit den geburtsfreundlichen Lagerstätten, auf denen man sein Kind auf relativ humane Art gebären konnte? Gab es sie überhaupt? Ich zweifelte stark daran. Schon alleine der Begriff Kreissaal jagte mir Schauer des Unbehagens den Rücken herrunter. Was war das überhaupt, ein Kreissaal? Ich stellte mir einen Riesenraum vor, eine große Halle, in deren Mitte man sein Kind zur Welt zu bringen hatte. Grauenhafte Vorstellung! Dann lieber kein Kind, aber bitte nicht diese menschenunwürdige, mittelalterliche Behandlung.

Meine Mutter, die ihre beiden Töchter als Hausgeburten bekommen hatte, hatte zum Glück keinerlei Bekanntschaft mit dieser Art Einrichtung gemacht. Eine ehemalige Arbeitskollegin dagegen berichtete mir wahre Schauergeschichten über kalte, unfreundliche Räume, die im Bedarfsfall auch noch mit einem Vorhang aufgeteilt wurden, in denen man, sich in Schmerzen windend, sein Kind bekam. Wenige Meter daneben, hinter dem Vorhang, war, wenn man Pech hatte, eine weitere Gebärende untergebracht. Geburt als eine Art Massenabfertigung. Die Hebamme, die organisationsbedingt abwechselnd mehrere Frauen abzufertigen hatte, fuhr die in den Wehen liegenden, etwas lauter werdenden Gebärenden an, sie sollten sich gefälligst nicht so gehen lassen und etwas leiser stöhnen.

Nein, solche Art Behandlung wollte ich auf gar keinen Fall. Also informierte ich mich über fortschrittliche Krankenhäuser, in denen ich glaubte nicht gefoltert zu werden. Die Zeitschrift Eltern war seinerzeit die Anlaufstelle für all die Frauen, die endlich ihre Kinder auf humane und zeitgemäße Weise bekommen wollten, die keinen Spaß hatten an unzeitgemäßer Quälerei. Frauen, die nicht an Geburtspritschen festgenagelt die Wehenzeit verbringen wollten, sondern sich frei bewegend, bis kurz vor der Geburt ihres Kindes. Ein zusätzlicher Aspekt, im Zusammenhang mit der Geburt, war für mich auch die nicht akzeptable Angewohnheit der meisten Entbindungsstationen, Geburten bei gegebenem Anlass künstlich einzuleiten. Es konnte einer Schwangeren, bei der die Wehen eingesetzt hatten, durchaus passieren, dass sie, weil gerade Samstag war und die Ärzte sich ihr wohlverdientes Wochenende nicht versauen lassen wollten, an den Wehentropf angeschlossen wurde, um die Geburt zu beschleunigen. Diese Maßnahme hatte nun sehr oft bei den Ungeborenen einen Sauerstoffmangel zur Folge, der in einigen Fällen zu irreparablen Hirnschäden führte. Da ich weder Lust hatte, mich über die Maßen quälen zu lassen und, noch viel weniger, durch den Einsatzes des Wehentropfes ein behindertes Kind zur Welt zu bringen, war die Wahl der Entbindungsklinik also eine äußerst diffizile Angelegenheit.

Die Zeitschrift Eltern half auch hier, in dem sie glücklicherweise eine Liste mit Entbindungskliniken veröffentlichte, die es vermutlich fortschrittlicher, sprich, humaner handhabten und Frauen unter der Geburt den Raum ließen, den sie benötigten. Nun waren diese Kliniken seinerzeit nicht sehr dicht gesät. Es gab, wenn es hochkam, fünfzehn über die ganze Bundesrepublik verteilt. Eine davon war zum Glück in relativer Nähe, nämlich in einem Nachbarorte Bremens. Schon im fortgeschrittenen Stadium der Schwangerschaft befindlich, besichtigten mein Mann und ich die Entbindungsstation des besagten, kleinen Provinzkrankenhauses. Erstaunlicherweise war sie mit allem ausgestattet, was anderen, bisher besichtigten Häusern gefehlt hatte, nämlich breite Geburtsbetten in freundlich gestalteten Räumen und Badewannen, in denen die Gebärenden unter der Geburt in einem Kräuterbad entspannen konnten. Wehentropfe oder sonstige chemische Wehenpusher würden hier nicht verabreicht werden, wurde uns versichert. Ansonsten war auch diese Entbindungsstation mit modernen Geräten der Geburtsüberwachung, wie einem Kardiotokograf, Wehenschreiber, ausgerüstet. Nach der Besichtigung war klar, hier und nur hier glaubte ich entbinden zu können.

ES GEHT LOS…