Kinderwunschreisen - Anja Albert - E-Book

Kinderwunschreisen E-Book

Anja Albert

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Beschreibung

Ein eigenes Kind - das ist der Wunsch vieler Menschen. Jedoch ist der Weg nicht immer einfach, bis man das kleine Wunder endlich in den Armen halten darf. Oft ist es ein Wechselbad der Gefühle über Monate oder sogar Jahre. Hoffnung und Enttäuschung, Freude und Trauer, Willensstärke und Resignation wechseln sich ab. Positives Denken wird nicht selten durch Misserfolge und Verluste erschwert. Bei manchen bleibt dieser Wunsch unerfüllt und es werden neue Wege beschritten. In 24 emotionalen Geschichten erzählen starke Frauen und Männer von ihren Kinderwunschreisen mit all ihren Höhen und Tiefen.

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Seitenzahl: 182

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Überblick

Vorwort

Wenn das Wunschkind auf sich warten lässt

Die Geschichte von Kerstin und Dominik

Die Geschichte von Anja und Marc

Die Geschichte von Lena und Simon

Die Geschichte von Silvia

Die Geschichte von Sandra und Stefan

Die Geschichte von Wiebke und Andreas

Die Geschichte von Manu und Daniel

Die Geschichte von Lisa und Marcel

Wo kann ich Hilfe finden?

Wenn ein Kind zum Engel wird

Die Geschichte von Daniel und Melissa

Die Geschichte von Emelie

Die Geschichte von Familie Alili

Die Geschichte von Mandy und Liam

Die Geschichte von Mina

Die Geschichte von Simone

Die Geschichte von Lio Emanuel und Mama Sabrina

Die Geschichte von Krümel und Oskar

Wie kann ich meine Trauer bewältigen?

Neue Wege gehen

Die Geschichte von Katrin

Die Geschichte von Melissa und Daniel

Die Geschichte von Manja und Falk

Die Geschichte von Joy und Mike

Die Geschichte von Victoria und Dennis

Die Geschichte von Sandra

Die Geschichte von Kerstin und Frank

Die Geschichte von Andreas

Was ist der Unterschied zwischen einem Adoptivkind und einem Pflegekind?

Feingefühl erforderlich

Nachwort

(

Nicht) In einem Satz erklärt

Danksagung

Die Autorin

Die Illustratorin

Buchempfehlung

Vorwort

Ungewollt kinderlos. Künstliche Befruchtung. Sternenkinder. Dies sind Themen, die in der heutigen Gesellschaft noch überwiegend ein Tabu sind. Aber warum ist das so? Wollen die Paare nicht über ihr Schicksal sprechen? Mitnichten. Viele von ihnen wollen ihre Geschichte teilen, um die Menschen für diese Themen zu sensibilisieren. Jedoch sind sie oft unsicher, ob es andere überhaupt wissen wollen. Schließlich sind es nicht nur positive Erlebnisse. Die Kinderwunschzeit ist die wohl emotionalste Phase in einer Beziehung beziehungsweise im Leben jedes Menschen, der eigene Kinder möchte. Vor allem wenn der Kinderwunsch unerfüllt bleibt. Es ist ein Wechsel zwischen Hoffnung und Enttäuschung. Manchmal folgt auf die Freude über eine Schwangerschaft die Trauer wegen einer Fehlgeburt. Es ist keine einfache Zeit und jedes Paar, das diesen steinigen Weg gehen muss, hat unseren Respekt verdient.

Auf den nachfolgenden Seiten teilen starke Menschen ihre Geschichte mit uns. Sie nehmen uns mit auf ihre Reise durch die Kinderwunschzeit mit all ihren Höhen und Tiefen. Sie zeigen, wie schwer auch der Weg ist, es geht immer irgendwie weiter.

Hinweis:

In den Geschichten kommen verschiedene Fachbegriffe vor. Eine Erklärung dieser Begriffe ist im Kapitel (Nicht) In einem Satz erklärt zu finden.

Wenn das Wunschkind auf sich warten lässt

Wenn das Wunschkind auf sich warten lässt

Ein Kind gehört für viele Menschen zum Lebensglück dazu. Als junger Mensch denkt man, es ist leicht, schwanger zu werden. Das ist es jedoch meistens nicht. Bei einigen Paaren bleibt der Kinderwunsch lange Zeit unerfüllt. Laut Statistik ist jedes zehnte Paar zwischen fünfundzwanzig und neunundfünfzig Jahren in Deutschland ungewollt kinderlos (Tendenz steigend). Nicht selten sind sie dann auf medizinische Unterstützung angewiesen. Diese reicht von der Gabe von Hormonpräparaten bis zu einer künstlichen Befruchtung. Das ist nicht nur eine finanzielle Belastung, sondern gerade für die Frauen körperlich beziehungsweise psychisch anstrengend. Jeden Monat hoffen und bangen, nur um dann wieder enttäuscht zu werden. Es ist eine Gefühlsachterbahn und das oft über Monate oder sogar Jahre. Wenn der Kinderwunsch sehr stark ausgeprägt ist, nehmen die Paare alles auf sich. Manche von ihnen fahren ins Ausland, um dort eine künstliche Befruchtung durchführen zu lassen. Es ist oft preiswerter und es gibt mehr Möglichkeiten (zum Beispiel Embryonenspende oder Leihmütter). Die Meisten werden für ihre Stärke und ihr Durchhaltevermögen belohnt und dürfen schlussendlich ihr Wunder in den Armen halten.

„Die Herausforderung besteht darin, nie die Hoffnung zu verlieren.“

Die Geschichte von Kerstin und Dominik

Kurz nach unserem Kennenlernen vor sechs Jahren äußerte Dominik den Verdacht, keine Kinder zeugen zu können. Wir haben das untersuchen lassen und das Ergebnis bekommen, dass alles okay ist. Also haben wir, bis zum Entschluss zu heiraten, verhütet. Als wir verlobt waren, ließen wir die Verhütung weg. Es war klar, wenn bis zur Hochzeit nichts passiert, suchen wir uns Hilfe. Es passierte nichts. Da heirateten wir im August und am Montag darauf war unser erster Termin in der Kinderwunschklinik. Dies war der Beginn unserer Kinderwunschreise (vor ziemlich genau vier Jahren). Nach einem Gespräch wurden auch verschiedene Untersuchungen gemacht, unter anderem auch ein weiteres Spermiogramm. Wir bekamen eine ganz andere Aussage als vor zwei Jahren. Das Spermiogramm war mehr als schlecht und ich war schon vierzig Jahre alt. Das hieß, wir mussten alle Behandlungen selber zahlen. Nach dieser schlechten Nachricht machte sich Dominik dann erstmal schlau und fand eine Krankenkasse, die uns noch etwas unterstützen konnte. Wir wechselten die Kasse und mussten drei Monate warten, bis der Wechsel vollzogen war. Wir versuchten, uns mit Vitaminen bestmöglich vorzubereiten und haben dahin gefiebert. Für mich war immer klar, dass wir nur diesen einen Versuch brauchen, da es ja an „ihm“ lag und bei mir trotz der Vierzig alles okay war und ich ja schon Kinder hatte. Die Medikamente bestellten wir auf Rat der Klinik in Frankreich. Dort ist es viel günstiger als bei uns. Alles klappte gut und das gekühlte Paket kam pünktlich an. Der Tag, an dem die Stimulation begann, war da und alles war super aufregend. Zwischendurch musste ich zum Ultraschall, um zu sehen, wie die Eibläschen sich entwickeln. Dann wurde der Tag der Entnahme festgelegt. Sechsunddreißig Stunden vor der Entnahme musste ich mir die Auslösespritze setzen. Da zerbrach das erste Mal die Welt für mich, als mir diese Spritze kaputt ging, weil sie mir vor Aufregung aus der Hand rutschte. Das war ein Schock. Es war schließlich nach 22 Uhr. Woher eine neue nehmen? Ich rief meine Freundin an. Sie hatte auch schon alles mitgemacht, aber sie hatte auch keine Spritze mehr. Schließlich wählten wir die Notfallnummer der Klinik und versuchten mit dem Arzt, eine neue zu organisieren, was nicht klappte. Also sind wir am nächsten Morgen zur Klinik gefahren und holten ein Rezept ab. Ich besorgte mir sofort eine neue Spritze und setzte sie gleich.

Am Tag der Entnahme kam die nächste schlechte Nachricht. Wir hatten keine gute Ausbeute und wahrscheinlich nur zwei brauchbare Eizellen. Wir sollten uns am nächsten Tag telefonisch melden. Es war furchtbar, so lange warten zu müssen. Die schlechten Nachrichten hörten nicht auf. Als wir anriefen, hieß es, es hat keine Befruchtung stattgefunden. Ich war sehr traurig. Dominik war eher gefasst und sagte sofort, dass wir beim nächsten Versuch nach Tschechien gehen, da es dort günstiger ist. Ich fand es positiv, dass er nicht komplett aufgab. Ich hoffte, dass es beim nächsten Versuch klappte. Als die nächstgelegene Klinik gefunden war und der erste Kontakt stand, bekamen wir dort einen Termin zum Vorstellen. Okay, das war die erste Fahrt nach Tschechien von insgesamt elf. Denn in dieser Klinik machten wir vier Versuche. Alle waren ohne Erfolg. Sogar einer, in dem wir die Hälfte meiner Eizellen mit Spendersamen befruchten ließen, um zu sehen, ob die Entwicklung dann besser ist. War dann jedoch auch nicht so. Immerhin wussten wir dann, dass es nicht nur das Sperma sondern auch die Eizellen waren. Vierzig ist halt keine Zwanzig. Mittlerweile war ich auch schon zweiundvierzig Jahre alt und gefühlt hatte ich nicht mehr ewig Zeit. Eines habe ich in diesen fünf Behandlungen gelernt, und das war Geduld, denn ohne verzweifelt man.

Wir beschlossen, eine Eizellspende zu machen. Unsere Klinik hatte lange Wartezeiten und es war keine Auswahl der Spenderin möglich. Wir hätten schon gerne Augen- und Haarfarbe bestimmt. So kam es, dass wir die Klinik innerhalb von Tschechien gewechselt haben. Der erste Kontakt lief über ein Skype-Gespräch. Das war sehr angenehm und wir fühlten uns wohl. Uns riet der Arzt jedoch, noch einen Versuch mit meinen Eizellen zu probieren, da er dachte, dass es klappen kann. Okay, gut, dachten wir, auf den einen kommt es auch nicht mehr an. Fast die gleiche Prozedur, die wir bereits kannten und, wer hätte es gedacht, wir konnten elf Eizellen entnehmen, die zum Befruchten brauchbar waren. Sieben davon waren tatsächlich am nächsten Tag befruchtet. Wir waren sehr glücklich. Als ich dann fünf Tage später mit meiner großen Tochter zum Transfer gefahren bin, waren wir guter Dinge. Wir bekamen die Nachricht, dass es tatsächlich zwei bis Tag Fünf geschafft hatten. Da ich ja am liebsten Zwillinge gehabt hätte, entschied ich mich gegen den Rat der Ärzte und ließ beide einsetzen. Danach gingen wir als Mutter-Tochter-Gespann und den Minibewohnern in meinem Bauch, die sich hoffentlich einnisteten, zum Juwelier neben der Klinik und suchten uns jede einen Glücksbringer aus. Das heißt natürlich drei Stück. Der Dritte war ein kleiner Kreuzanhänger, den ich erstmal bei mir an die Kette machte.

Dominik und ich waren mit meinen Schwiegereltern am darauffolgenden Wochenende in Hamburg. Sonntagabend machte ich einen Schwangerschaftstest und was soll ich sagen: Er war positiv. Eine hatte sich tatsächlich eingenistet und alles war bis zum Schluss gut gegangen. Wir durften unser absolutes Wunschkind in den Händen halten und sind so unglaublich dankbar für dieses Wunder. Die Strapazen sehen wir nicht mehr als diese an. Wenn es nicht so lange gedauert hätte, wäre dieses zauberhafte, unsagbar schöne Wesen niemals bei uns gelandet.

Die Geschichte von Anja und Marc

Für mich stand schon früh fest, dass ich mal eigene Kinder möchte. Ein Leben ohne konnte ich mir nie vorstellen. Doch der Weg dahin war nicht gerade einfach. Als ich 2015 die Pille absetzte, blieb meine Periode plötzlich aus. Nach einer Blutkontrolle stand der Verdacht von PCO-Syndrom im Raum. Dieser wurde dann bei einem Ultraschall bestätigt. Meine Eierstöcke waren voller Bläschen und sahen für mich aus wie ein Schweizer Käse. Ich war total geschockt. Meine Frauenärztin, eine sehr direkte Person, schickte mich zum Diabetologen, um die Insulinresistenz zu überprüfen. Außerdem gab sie mir noch auf den Weg mit, dass ich abnehmen soll, weil ich sonst keine Kinder bekommen könnte. Es war wie ein Schlag ins Gesicht, vor allem weil ich nur leichtes Übergewicht hatte. Ich saß im Auto und weinte. Ich konnte es nicht fassen. Eine Woche später hatte ich den Termin beim Diabetologen. Es wurde ein großer Zuckertest gemacht. Laut Arzt war mein Nüchternblutzucker grenzwertig, aber kein Anzeichen für eine Insulinresistenz. Trotzdem verschrieb er mir Metformin, welches als Off-Label-Produkt bei PCOS angewendet wird. Nach nicht mal einem halben Jahr hatte ich einen regelmäßigen Zyklus mit Eisprung und bläschenfreie Eierstöcke. Ich war überglücklich, dass es so schnell zum Erfolg geführt hatte. Endlich konnte ich positiv an den Kinderwunsch rangehen.

2018 lernte ich Marc kennen. Für uns stand von Anfang an fest, dass wir ein gemeinsames Kind haben wollen. Also starteten wir im Sommer 2019 die Familienplanung. Doch es wollte nicht so recht klappen. Natürlich hatte ich Bedenken, dass das PCOS wieder zurück war. Also ließ ich bei meiner Frauenärztin einen Ultraschall machen. Die Eierstöcke waren vollkommen in Ordnung, aber dafür befand sich eine Schokoladenzyste in meiner Gebärmutter. Es bestand der Verdacht auf Endometriose. Wieder fiel ich in ein tiefes Loch. Warum ich? Ich hatte doch schon eine gynäkologische Erkrankung. Ich wurde zu einem Spezialisten geschickt, der eine Bauchspiegelung mit Eileiterdurchlässigkeitsprüfung machte. Bei dieser Operation wurden die Zyste und kleine Endometrioseherde im Bauchraum entfernt. Die einzig positive Nachricht war, dass meine Eileiter frei waren. Laut Arzt sollte nun einer Schwangerschaft nichts mehr im Wege stehen. Jedoch klappte es weiterhin nicht. So entschlossen wir im Sommer 2020, uns in die Hände einer Kinderwunschpraxis zu begeben. Dort wurden erstmal wieder Untersuchungen gemacht. Bei mir wurden der Hormonstatus und die Gebärmutter überprüft. Bei Marc wurde ein Spermiogramm gemacht. Ich rechnete mit dem Schlimmsten. Die Ergebnisse waren jedoch überraschend positiv. Es gab bei uns beiden keine Auffälligkeiten. Die Ärztin konnte sich auch nicht erklären, warum es bei uns auf dem natürlichen Weg nicht klappen wollte. Sie hatte den Verdacht, dass die Konsistenz meines Zervixschleimes die Beweglichkeit der Spermien beeinträchtigen könnte. Deswegen schlug sie uns die einfachste Form der künstlichen Befruchtung vor – eine Intrauterine Insemination (IUI). Dabei wird das aufgearbeitete Sperma mittels eines Katheters in die Gebärmutter nahe der Eileiter befördert. Ich steckte all meine Hoffnung in diese Methode. Ich musste doch auch mal Glück haben. Ich wusste natürlich, dass die Chance nicht viel höher als bei der natürlichen Befruchtung war. Trotzdem macht man sich immer große Hoffnungen. Als die erste IUI nicht zur Schwangerschaft führte, war ich natürlich wieder sehr niedergeschlagen. Tränen waren meine ständigen Begleiter in der Kinderwunschzeit. Beim zweiten Versuch lenkte ich mich mit einem neuen Projekt ab, um mich nicht verrückt zu machen. Als dann am Ende des Zyklus meine Vorboten der Periode ausblieben, traute ich mich, einen Schwangerschaftstest zu machen. Ich konnte es nicht fassen – er war positiv. Die nächsten zwei Tage testete ich weiter. Ich benutzte verschiedene Hersteller. Es war wie in einem Traum. Ich konnte es nicht glauben. Wir waren schwanger. Ich erzählte Marc die tolle Nachricht und er freute sich sehr. Ein paar Tage später wurde die Schwangerschaft von der Kinderwunschklinik bestätigt. Das Schwangerschaftshormon verdoppelte sich sehr gut und die Schwangerschaft blieb intakt. Natürlich hatte ich die ganze Schwangerschaft Angst, dass irgendwas passieren könnte. Aber diesmal meinte es das Schicksal gut mit uns und im Juli 2021 kam unsere Tochter gesund auf die Welt.

Wir sind mit unserem wundervollen Wunschkind überglücklich. Wir sind sehr dankbar dafür, dass es bei uns so schnell geklappt hat. Wir wissen, dass es nicht selbstverständlich ist. Diesen Gedanken sollten jede Eltern, die ohne Hilfe und in einem angemessenen Zeitraum schwanger geworden sind, im Hinterkopf behalten.

Die Geschichte von Lena und Simon

Im September 2019 nach einem zweiwöchigen Hilfseinsatz in einem Waisenhaus in Rumänien kam bei mir der Kinderwunsch auf. Vielleicht würde es ja bald klappen, dachte ich mir. Mir war aber auch bewusst, dass es nach einer Chlamydieninfektion 2010, die bis zu meinen Eileitern gekommen war, zu eventuellen Schwierigkeiten kommen könnte. Meines Wissens war der rechte Eileiter durch die Infektion verklebt gewesen. Die Ärzte konnten die Verklebungen aber größtenteils lösen. Also probierten wir einfach, in der Hoffnung, dass meine Eileiter alles durchlassen würden.

Im Dezember 2019 nach einem positiven Schwangerschaftstest bekamen wir die Diagnose einer Eileiterschwangerschaft auf der rechten Seite. Noch am selben Abend des Frauenarztbesuchs lag ich im OP. Das Herz schlug bereits und der Fötus hatte einige Zentimeter erreicht. Es konnte jederzeit dazu kommen, dass mein Eileiter platzte. Das wäre dann sehr gefährlich geworden. Man musste schnell handeln. Simon und ich waren sehr traurig. Weihnachten 2019 war für uns nicht schön und eine drei- bis sechsmonatige Pause der Heilung für einen weiteren Versuch fiel uns nicht leicht. Der Kinderwunsch wurde ja nicht weniger, sondern eher größer.

März 2020 hatten wir einen schönen Urlaub auf Barbados. Es tat uns gut, mal auf andere Gedanken zu kommen.

Ab Mai starteten wir mit vier Monaten Zyklusmonitoring bei meiner Frauenärztin, um zu schauen, auf welcher Seite ich meinen Eisprung hatte. Drei der vier Monate war der Eisprung auf der rechten Seite im Eierstock zu sehen. Das war sehr ernüchternd, da ja rechts der Eileiter nicht mehr gut zu sein schien. Daher entschlossen wir uns im September für eine Eileiterdurchgängigkeitsprüfung, um nochmal Gewissheit zu haben. Hierbei wird eingefärbte Flüssigkeit unter Vollnarkose von oben durch die Eileiter geschickt. Dabei kommt es zu drei kleinen Schnitten auf der Bauchdecke. Ergebnis: Der rechte Eileiter wurde direkt entnommen, nicht mehr zu gebrauchen. „Hiermit gewinnen sie keinen Blumentopf mehr“, so mein operierender Arzt. Der linke Eileiter war auch nur schwer durchlässig. Da wussten wir wenigstens, woran wir waren. Sollten wir es nochmal auf natürlichem Wege probieren, gab es also ein erneutes Risiko für eine Eileiterschwangerschaft.

Nochmal wollte ich das nicht durchmachen. Zu wissen, dass man schwanger ist, aber das Baby nicht überleben kann. Das tat einfach zu sehr weh. Daher entschlossen wir uns, im Kinderwunschzentrum weiterzumachen. Im Oktober war dann die erste IVF, eine künstliche Befruchtung. Im November war direkt die zweite IVF. Jeweils zwei befruchtete Eizellen wurden mir eingesetzt. Leider nistete sich bei den ersten beiden Versuchen nichts in der Gebärmutter ein und der Test blieb negativ.

Bei einer IVF muss man sich bis zum Eisprung Hormone spritzen. Dies führt dazu, dass sich mehrere Follikel in den Eierstöcken bilden, die nachher gegebenenfalls befruchtet werden können. Der Eisprung wird mit einer bestimmten Spritze ausgelöst. Dann werden die Eizellen unter Vollnarkose entnommen und im Reagenzglas mit den Spermien zusammengebracht. Dort suchen sich einige Spermien ihren Weg und es wird geschaut, wie viele befruchtete Eizellen sich am dritten Tag nach der Entnahme entwickelt haben. Sind es mehrere, so gibt es die Möglichkeit, auf eigene Kosten, die bereits befruchteten Eizellen im Reagenzglas zu lassen und bis Tag Fünf zu warten. Jetzt werden, je nach Wunsch, ein bis zwei der besten befruchteten Eizellen wieder eingesetzt. Dieser Vorgang passiert ohne Narkose und tut auch nicht weh. Verbleiben dann noch befruchtete Eizellen, können diese eingefroren, nach Wunsch aufgetaut und eingesetzt werden. Das ist leider mit weiteren Kosten verbunden.

Leider war auch der Jahresabschluss 2020 keine schöne und einfache Zeit für uns. Wir wurden spontan von unseren Nachbarn mit in ihr Haus an der Nordsee eingeladen. Wir verbrachten zusammen mit ihnen und ihren fünf Kindern Silvester an der See. Das tat uns sehr gut. Einfach mal rauskommen, was anderes sehen. So konnten wir das alte Jahr wenigstens entspannt und in schöner Atmosphäre abschließen. Besonders in diesen Monaten fiel es mir schwer, andere Schwangere zu sehen und mit den werdenden Eltern ihre Freude zu teilen. Zum Eigenschutz stellte ich die Kontakte in dieser Zeit zu einigen guten Freundinnen ein. Auch wenn es wehtat. Ich hatte dafür keine Kraft.

Da ich beide IVF-Versuche ohne Nebenwirkungen gut vertrug, entschied ich mich, im Januar 2021 weiterzumachen. Ein neues Jahr, jetzt sollte es doch bald klappen, dachte ich mir. Ein Gespräch mit meiner Ärztin ergab, dass es noch einige weitere Untersuchungen gab, die man machen könnte, bevor wir in den dritten Versuch starten würden.

Im Januar ging ich dann zu einer Gebärmutterspiegelung in eine Frauenarztpraxis. Ein ambulanter Eingriff mit Vollnarkose, jedoch ohne Schmerzen oder Einschränkungen im Nachhinein. Ergebnis: Erhöhte Anzahl natürlicher Killerzellen in der Gebärmutter. Vielleicht ein Grund, warum sich die befruchteten Eizellen nicht einnisten konnten. Zudem schlug mir meine Ärztin im Kinderwunschzentrum vor, eine weitere Spritze zu nehmen: Fragmin, auch als Blutverdünner bekannt. Es gab wohl Frauen, die Schwierigkeiten hatten, schwanger zu werden, und die nach einem Krankenhausaufenthalt und damit verbundener Blutverdünnungsspritze, zur Vorbeugung gegen eine Thrombose, danach leichter schwanger wurden. Die Diagnose der erhöhten Anzahl von Killerzellen wurde im Kinderwunschzentrum ernst genommen und mit einer Intralipid-Infusion behandelt. Ab dem Zeitpunkt der Entnahme war die Infusion alle vierzehn Tage notwendig und sollte sich etwas einnisten bis zum dritten Monat. Außerdem wechselte die Ärztin nach einem erneuten Blick auf das Spermiogramm von einer IVF auf eine ICSI. Hierbei suchen sich nicht die Spermien selbst ihren Weg zur Eizelle, sondern es werden unter dem Mikroskop die besten Spermien in die Eizellen eingeführt.

Anfang März hatte ich dann eine Überstimulation mit Flüssigkeit im Körper und stark vergrößerten Eierstöcken. Nach zwei Nächten im Krankenhaus entließ ich mich auf eigenen Wunsch und bekam es mit fast ausschließlich proteinhaltiger Kost innerhalb einer Woche wieder in den Griff. Da mir unsere Ärztin im Kinderwunschzentrum sagte, dass eine Überstimulation oft ein gutes Zeichen sei, konnte ich es kaum erwarten. Und so war es dann auch. Wenige Tage später erhielten wir den Anruf, dass der Bluttest positiv sei und wir schwanger sind. Wir konnten es kaum glauben und weinten vor Freude und Erleichterung. Im Laufe der Schwangerschaft erfuhren wir dann noch, dass wir doppeltes Glück erwarteten.

Im Oktober durften wir dann unsere Wunder in den Armen halten. Es war und ist ein unbeschreiblich schönes Gefühl. Wir sind der Medizin sehr dankbar und besonders unserer Ärztin, die an uns geglaubt, mich immer wieder aufgebaut und mir neuen Mut gemacht hat.

Wir waren so dankbar, so dankbar für alle Freunde, die an uns gedacht und für uns gebetet haben. Ohne unseren Glauben und die Kraft, die wir im Gebet und durch Gott schöpfen konnten, können wir uns nicht vorstellen, diesen Weg gegangen zu sein. Es kamen aber auch so oft Zweifel auf, Fragen an Gott, warum es so lange dauern sollte, warum genau wir das durchmachen müssen. Letztendlich hat es unseren Glauben gestärkt. Gott hat uns ja nicht versprochen, dass der Weg mit ihm einfach sein wird, aber dass er den Weg mit uns geht und uns trägt. Gott tut Wunder, auch noch heute.

Die Geschichte von Silvia

Meine Kinderwunschreise begann offiziell im Oktober 2019, in Wahrheit jedoch schon viel früher. Für mich war immer klar, dass ich Kinder haben möchte. Als Mädchen hatte ich immer gesagt, dass es vier sein sollen. In meinen Vorstellungen hatte ich mit fünfundzwanzig Jahren den richtigen Mann fürs Leben gefunden, wir würden gemeinsam ein Haus bauen und Kinder bekommen. Aber das Leben schert sich oft recht wenig um die Wünsche des Einzelnen. Es kommt dann doch ganz anders. Heute bin ich neununddreißig Jahre alt und ich hatte leider bisher nicht das Glück, den passenden Mann zu finden. Das Haus baute ich alleine und der Kinderwunsch blieb lange Zeit unerfüllt.

Nach langer Zeit der Recherche, vielen Überlegungen und Gesprächen beschloss ich im Herbst 2019, meine Kinderwunschreise als alleinstehende Frau zu beginnen. Ich weiß, dass dieses Thema teilweise sehr kritisch gesehen wird. Ich denke aber auch, dass sich kaum jemand so viele Gedanken darüber macht, ein Kind in die Welt zu setzen, wie jene alleinstehende Frau, die es betrifft. Schaffe ich das alleine? Wie wächst mein Kind ohne einen Vater auf? Tue ich das Richtige? Bin ich nur selbstsüchtig? Ich bin der Meinung, dass es die Liebe ist, die zählt. Mein Kind wird von ganzem Herzen ein Wunschkind sein und unendlich geliebt werden. Meine Familie und Freunde standen von Anfang an zu hundert Prozent hinter mir und so sollte es losgehen.