Kings of the Realm: Ernte des Krieges - Oisin McGann - E-Book

Kings of the Realm: Ernte des Krieges E-Book

Oisin McGann

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Beschreibung

Sie haben die Saat des Krieges gestreut, doch sie werden sie nicht ernten … Auf der Suche nach Unsterblichkeit öffnet eine Gruppe von Trinity-Veteranen, angeführt von dem legendären Kreuzritter Giddion Warnock, ein längst vergessenes Grab in der Ebene von Ahten. Doch statt ewigem Leben finden sie nur eine uralte und unersättliche Macht des Bösen. Einzig Vallen, Giddions jüngerer Bruder, entkommt dem Grab und eilt nun durch die Welt, um vor den erbarmungslosen Verschlingern zu warnen, die entfesselt wurden. Doch wird ihm jemand Glauben schenken und an seiner Seite den Kampf gegen das Schicksal aufnehmen? Tolka, ein Botschafter der Himmlischen, Bö eine Kriegerin der Erdklans und Seliza, eine Salamanderhexe, schließen sich Vallens Kampf an, während sie Allianzen brechen, Bündnisse schmieden und mitansehen müssen, wie ihre Heimat in den Abgrund gerissen wird … Ein Roman um Intrigen, Verrat und Rittertum. Basierend auf dem Online-Game von Digit Game Studios

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ERNTE DES KRIEGES

Oisín McGann

Ins Deutsche übertragen von Robert Mountainbeau

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überhttp://dnb.dnb.de abrufbar.

Deutsche Ausgabe: Panini Verlags GmbH, Rotebühlstraße 87, 70178 Stuttgart. Alle Rechte vorbehalten.

Englische Originalausgabe: “KINGS OF THE REALM: WAR’S HARVEST” by Oisín McGann first published 2014 by Penguin Books, UK.

Text and cover copyright © Digit Game Studios Ltd, 2014

All rights reserved

No part of this publication may be reproduced, stored in or introduced into a retrieval system, or transmitted, in any form, or by any means (electronic, mechanical, photocopying, recording or otherwise) without the prior written permission of the publisher. Any person who does any unauthorized act in relation to this publication may be liable to criminal prosecution and civil claims for damages.

Übersetzung: Robert Mountainbeau

Die Charaktere

Himmlische

Arya Tara

Ewige Durchlauchtigste Kaiserin

Chau Yun Rilyan

Tolkas Schwester und Bibliothekarin von Shemballa

Chau Yun Tolka

Diplomat und Krieger

Mirred

Schwester-Hauptmann in der Armee von Dunarc

Ushu

Rilyans Protegé

Verschlinger

Amut

Die Seelenverschlingerin

Der-Blut-im-Schlachthaus-trinkt

Der Tetrarch, Amuts Hohepriester

Der-in-Haut-ritzt

Ehemals Custin, ein Unterbefehlshaber der Hyänenlegionäre

Der-sich-an-Helden-labt

Kommandant der Hyänenlegionäre

Die-Gift-speit

Eine von Amuts Priesterinnen

Die-von-Geiern-geliebte

Amuts Hohepriesterin

Mitglieder der Erdklans

Böwert Bergdottir

Kriegerin des Bärenklans und Mitglied der Eidgebundenen

Clem

Skalde des Bärenklans

Eidmeister Oluf

Kommandant der Eidgebundenen und Ältester des Bärenklans

Gullot

Minenarbeiter

Kurussek Tovesson

Minenarbeiter des Wolfsklans

Mimsson

Geißelbruder

Shuvit Gunnesson

Ein Wurzeloffizier des Bärenklans

Menschen

Baron Greachus

Kommandant des Militärs von Dunarc Dunarc

Baron Larioll

Baron von Segra

Custin

Astartischer Krieger, der zu Der-in-Haut-ritzt wird

Devinia Quellican

Tolkas astartische Frau und Mutter Oberin

Ettaya

Kaydis kemetanische Mutter und Ommurs Ehefrau

Giddion Warnock

Astartischer Trinity-Ritter und Vallens älterer Bruder

Hewlan

Kavallerist der Trinity

Humbold

Bauer

Humdrick

Trinity-Kleriker

Kaber

Astartischer Soldat

Kaydi Warnock

Vallens kemetanische Ehefrau

Klerikergeneral Clave Ollison

Stellvertretender Kommandant des Militärs von Dunarc

Kylinus Trencham

Seine Hoheit, der Herzog von Constantu

Ommur Haken

Kaydis Vater, kemetanischer Händler

Osseus

Schläger aus Constantu

Prestor Johannes

Der Theokrat von Astarte

Rajette

Kemetanischer Waffenknecht

Revius

Constantischer Langbogenschütze und Bruder-Leutnant

Tritus

Reiter des Trinity-Imperiums

Vallen Warnock

Astarter und ehemaliger Bruder-Leutnant des Ordens der glänzenden Lanze; Giddions Bruder, Kaydis Ehemann

Wullaume

Schiffskapitän aus Dunarc

Gemischter Abstammung

Grutt (Gurry Rutt)

Halb zwergisches, halb elfisches Waisenkind aus Constantu

Salamander

Bessa

Rotschleicher aus Jenomo

Hassin Feng-Ky

Feuerkamm aus Khormisca

Isseus

Rotschleicher aus Khormisca

Jazille

Feuerkamm aus Khormisca

Kuuzuk

Bullenmolch aus Jenomo

Lady Seliza

Sumpfhexe und Zessils Frau

Rossiad Li-Gan

Meister der Jägergilde von Jenomo, Rotschleicher

Trez

Rotschleicher aus Jenomo

Yuuz

Bullenmolch aus Jenomo

Zessil

Lady Selizas Ehemann und Botschafter in Constantu

1 Tausend Jahre begraben

Während er die arkanen Symbole auf der riesigen Steintür betrachtete, kam Vallen Warnock der Gedanke, dass er auf seine Frau hätte hören sollen. Er starrte die Tür am Ende des kurzen Tunnels an und untersuchte die Mauern, die auf beiden Seiten in den rötlich gelben Fels gebaut worden waren. Nur ein paar Schritte hinter seinem Standort fegte der Sandsturm noch immer an der Tunnelöffnung vorbei. Der Wind hatte sich verstärkt, als sie auf den Eingang zugeritten waren, fast als wolle er sie hineintreiben.

Aber hier im Inneren stand die Luft ganz still. Wie so viele Gräber in Kemet war auch dieser Ort gebaut worden, um Jahrhunderte zu überstehen.

Um Diebe auszusperren, fragte sich Vallen, oder um tote Geister einzusperren?

Er blickte zu seinem Bruder Giddion hinüber, der neben ihm stand und die Tür wie hypnotisiert betrachtete. Vallen bewegte unbehaglich seine Schultern. Das Gewicht seiner Rüstung ermüdete ihn. Giddion hatte in seiner Rolle als Anführer der Gruppe darauf bestanden, dass sie heute alle ihre Rüstungen und ihre Farben trugen. Vallen ärgerte sich darüber, in der Wüste Kettenrüstung tragen zu müssen. Schon jetzt scheuerte der Sand, der bis unter seinen Kragen vorgedrungen war, auf seiner Haut. Dieser gottverdammte Sand gelangte überallhin. Vallen hatte Jahre in der Wüste verbracht und einen Hass auf Sand entwickelt. Der Sturm hatte sie mit dem Zeug bedeckt. Seine Hand lag auf dem Knauf seines Schwertes, instinktiv prüfte er, ob es nicht in der Scheide feststeckte. Sand konnte einem die Waffen völlig ruinieren.

Giddion stand regungslos da und untersuchte die Piktogramme, die in den Stein geritzt waren, sowie den kleinen, von einem Kreis umgebenen Schlitz, der die Mitte der Tür durchbrach. Er war größer als Vallen, mit breiteren Schultern, hatte jedoch wie er den Körperbau eines Kriegers. Eine Furcht einflößende Erscheinung, ob er nun wie jetzt in voller Rüstung auftrat oder nicht. Sein Leben als Soldat hatte sein bärtiges Gesicht und seinen geschorenen Kopf mit Narben überzogen, aber dennoch sah er teuflisch gut aus. Er pustete etwas Staub aus dem Schlitz, dann spähte er hinein.

„Wir brauchen mehr Licht“, knurrte er. „Jemand soll eine Fackel anzünden.“

Kaber hatte eine bereitgehalten und benutzte den Stahl und den Feuerstein aus seiner Zunderbüchse, um den pechgetränkten Lappen anzuzünden, der um das Ende einer hölzernen Keule gewunden war. Ein winziger Skorpion huschte fort und verschwand in einem Riss im Boden, als das Licht die kleine Kammer erfüllte. Kaber war ein glatzköpfiger, kugelrunder Trampel, der aber seinen Freunden bedingungslos ergeben war – ein verlässlicher Mann, der einem den Rücken freihielt. Aus altem Holz geschnitzt. Er reichte die Fackel an Giddion weiter, der sich wieder vornüberbeugte, um die Zeichen im Licht der Flamme zu studieren.

Vallen trat zurück, um dem schwachen Licht des Tunneleingangs nicht im Wege zu stehen. Ganz abgesehen von den Warnungen seiner Frau gab es sehr viel an dieser Situation, was ihm nicht behagte. Zunächst war da der einheimische Führer, der die vier astartischen Soldaten hierhergebracht hatte. Vallen beobachtete ihn und der ausgemergelte, wettergegerbte kleine Mann stand an der Seite, in sicherer Entfernung von dieser verdammten Tür. Der Bauer sah zwar recht gewöhnlich aus, hatte aber die Augen eines Fanatikers. Er hatte den Soldaten dieses Grab unbedingt zeigen wollen, doch jetzt blieb er in sicherer Entfernung, während sie die Sandsteintafel untersuchten, die in die steinerne Wand des Tunnels eingelassen war.

Dann war da der Ort selbst – der Eingang zu einem Grab, draußen im Niemandsland innerhalb dieser gottverlassenen Wüste, der Ebene von Ahten. Ein Eingang, der noch vor einer Woche nicht hier gewesen war. Der kemetanische Führer hatte sie zu einer Schlucht geführt, kaum mehr als eine Spalte, aufgerissen wie eine Wunde in den wogenden Sanddünen. Das kürzliche Erdbeben hatte den Tunnel freigelegt, wie der Kemetane behauptet hatte. Es war ein außerordentlicher Glücksfall gewesen. Niemand sonst wusste bis jetzt davon, aber es würde sich herumsprechen. Sicher gab es Schätze, die man plündern konnte.

Doch es konnte auch so viel mehr bedeuten.

Die Astarter hatten schnell erkannt, dass es aus der richtigen Zeit stammte und sich am richtigen Ort befand. Selbst die Zeichen auf diesem Steinblock von einer Tür schienen es zu bestätigen. Dies konnte sehr wohl der Ort sein, nach dem Giddion Warnock jahrelang gesucht hatte. Das Grab von Amut – die berüchtigte Katakombenstadt, in der die Göttin und ihr Gefolge zur Ruhe gebettet worden waren. Der Standort des legendären Jungbrunnens.

Kaber entzündete eine weitere Fackel, während Giddion den Stein untersuchte. Giddion, Vallen und Kaber waren die letzten Überlebenden der Gruppe von Freunden, die ursprünglich in den Osten gekommen war. Sie waren Teil der Flut von Trinity-Kreuzzüglern gewesen, die für den Ruhm Gottes kämpften. Damals, als Vallen seinen Glauben noch besessen hatte. Bevor er seinen Eid und seine Farben aufgegeben hatte.

„Das könnte es sein, glaubst du nicht, Giddion?“, fragte der jüngste Soldat der Gruppe. „Es sieht aus, als könne es der richtige Ort sein, nicht wahr? Stellt euch das vor, Jungs! Ha! Wir werden berühmt!”

Custins schmales, glattes Gesicht strotzte vor Arroganz und Unsicherheit. Er war ein junger Eiferer, der nicht nur im Orden der glänzenden Lanze, sondern auch in der Wüste ein Neuling war. Er himmelte Giddion an und verachtete Vallen, weil dieser den Orden verlassen hatte, um zu heiraten. Custin war gerissen und außerordentlich geschickt, aber auch grausam – und ignorant auf eine Weise, wie unerfahrene Soldaten es oft waren. Der sicher schmerzhafte Fleck in seinem Nacken war das, was Veteranen das „Idiotenbrandmal“ nannten. Es entstand, wenn man seine Plattenrüstung nicht ausreichend mit Futter auskleidete und sie dann eine Stunde oder länger draußen in der Wüstenhitze trug. Wenn sie die Haut berührte, versengte sie das Fleisch wie ein Brandeisen.

Alle drei Männer warteten, den Blick auf Giddion gerichtet. Vallen fühlte die Übelkeit im Magen, die sich auch regte, wenn er im Sattel saß, Schwert und Schild bereit, und in Reih und Glied auf den Befehl wartete sich in die Schlacht zu stürzen.

Aber hier gab es keinen Feind. Bis auf ihren Führer waren die einzigen anderen Personen hier bereits seit über tausend Jahren tot. Und doch – die Unruhe Kabers und Custins sagte ihm, dass die Freunde selbst von solchen Instinkten geplagt wurden. Irgendetwas an diesem Ort war nicht im Geringsten in Ordnung.

Giddion schien das jedoch nicht zu stören. Er sah zu Vallen hinüber und ließ sein Heldenlächeln aufblitzen.

„Wo ist das Messer?“, fragte er.

Das war ein weiteres Problem, dachte Vallen, als er in den Beutel griff, der von seinem Gürtel hing. Das verfluchte Messer – ein Messer aus Gold und irgendeinem anderen silbergrauen Metall, das niemand identifizieren konnte. Eines, das ähnlich dem Stellium, aus dem die Elfen ihre Waffen herstellten, nicht rostete. Die Kunstfertigkeit, mit der die Klinge gearbeitet war, war atemberaubend, der Griff in Golddraht gewickelt; das kühle Metall der gebogenen Klinge, die so lang war wie sein Unterarm, war mit geschwungenen Zeichen graviert, darunter weitere Piktogramme. Es war von unschätzbarem Wert. Und doch hatte Giddion es durch einen weiteren außerordentlichen Glücksfall in seinen Besitz gebracht. In einer Seitengasse in Constantu hatte ein alter Kauz mit denselben stechenden Augen, wie der kemetanische Führer sie besaß, die Klinge zum Kauf angeboten. Sie hatten gefeilscht und schließlich hatte Giddion nur einen Bruchteil des tatsächlichen Wertes gezahlt.

Vallen warf einen Blick auf die Klinge, bevor er sie weiterreichte, und las die Piktogramme zum hundertsten Mal. Von allen vier Soldaten hier war er trotz seiner fehlenden Schulbildung der einzige, der fließend Kemetanisch sprach – dank Kaydi, seiner jungen kemetanischen Frau. Aber auf der Klinge waren Symbole eingraviert, die selbst er nicht interpretieren konnte – sie waren entweder zu ungewöhnlich oder zu alt oder beides. Dieselben Symbole waren in den Stein vor ihm gegraben worden.

„Es sind dieselben, nicht wahr?“, fragte Giddion ihn begierig, während er auf die Tür zeigte. „Vallen? Es sind doch dieselben?“

Vallen nickte. Es war dasselbe Zitat: Dem Brecher des Siegels soll sein Grab verschlossen bleiben. Eine Version dieser Worte gehörte zu jeder Legende über den Jungbrunnen. Im Licht der Flamme schienen Giddions Augen vor Ehrgeiz und dem Drang nach Ruhm zu brennen. Dies würde ein größerer Triumph sein als jeder seiner Siege in der Schlacht. Der Held des Flashmantals, Entdecker des Jungbrunnes. Es würde ihm seinen Platz in der Geschichte sichern – einer Geschichte, auf die er nun vielleicht über jahrhundertelange Unsterblichkeit hinweg würde zurückblicken können.

„Ich traue der Sache nicht, Gidd“, sagte Vallen plötzlich. „Kaydi sagt, dass diese Worte auf Kemetanisch als Fluch gedacht sind.“

Custin schnaubte und verdrehte zu Kaber gewandt die Augen.

Giddion stöhnte. „Ja, das hattest du erwähnt. Ich habe dich überredet, ein letztes Mal deine Rüstung anzulegen, sodass ich den Ruhm mit dir teilen kann. Wir haben bis jetzt alles Seite an Seite getan, also war es nur gerecht, dass du in diesem Moment hier sein solltest. Aber ich fürchte, Bruder, dass deine kemetanische Sau dir wirklich und wahrhaftig die Eier abgeschnitten hat.“

„Nenne sie noch ein Mal eine Sau, Bruder, und ich trete dir die Eier bis in deinen Magen“, knurrte Vallen. Dann, während er sich zu den anderen umwandte, die ihn angrinsten, fügte er hinzu: „Und glaubt ja nicht, dass ich mit euch zwei Schweinen so sanft umgehen würde.“

Kaber lachte. Das war der Vallen, den sie kannten. Als Giddion dem Blick seines Bruders begegnete, wusste er, dass er zu weit gegangen war. Er hob das Kinn in einer Geste, die eine Entschuldigung hätte sein können. Dann nahm er Vallen das Messer aus den Händen und ließ die Spitze in den Schlitz in der Tür gleiten. Es versank ganz darin. Ein Geräusch wie brechendes Glas erklang und ein Dunsthauch wehte aus dem Schlitz. Giddion zog die Klinge wieder heraus, einen Ausdruck kindlicher Faszination im Gesicht.

Die Steintür war in einem Rahmen gefasst. Wie der Tunnel war dieser fast rechteckig, die obere Seite etwas schmaler als die untere, doch die Tür selbst war kreisförmig. Sie war einen halben Schritt dick, doch mit einer glatten Bewegung, die über ihr ungeheures Gewicht hinwegtäuschte, rollte sie in eine seitliche Vertiefung in der Wand, wobei sie sich so widerstandslos drehte wie ein Mühlstein und dabei ein ähnlich mahlendes Geräusch von sich gab. Es war kein Anzeichen des Mechanismus zu sehen, der die Bewegung ausgelöst hatte. Eines Mechanismus, der so alt sein musste wie das Grab selbst.

Die vier Ritter tauschten einen fassungslosen Blick des Erstaunens aus. Kabers Atemzüge waren kurz und flach, Custin war sichtlich erschüttert. Hier war Magie am Werk – mächtige Magie, wenn sie all diese Zeit überdauert hatte. Vallens Knöchel waren weiß, als er das Heft seines Schwertes umklammerte. Giddion reichte ihm das kemetanische Messer zurück und bedachte ihn mit einem ängstlichen, aber aufgeregten Grinsen.

„Das ist es!“, flüsterte er. „Das ist es, Vallen! Mein Gott, Freunde, könnt ihr das glauben? Habt ihr so etwas je gesehen? Das muss es einfach sein!“

Er hob die Fackel und schritt durch die Tür. Dahinter verschwand der Gang in die alte, kaum durchdringliche Finsternis. Innen war der Korridor niedriger und enger: Giddion musste sich ducken, um nicht mit dem Kopf gegen die Decke zu stoßen, und seine gerüstete Gestalt füllte die Breite des Tunnels fast aus. Kaber ging als Erster hinter ihm und hielt die zweite Fackel, dann folgte Custin, der einen verächtlichen Blick zurück auf Vallen warf, da dieser sich nicht gerührt hatte.

„Schwache Nerven, Vallen?“, fragte der jüngere Mann. „Vielleicht solltest du hier Wache halten. Gott hat für Schwäche nichts übrig. Andererseits hungert nicht jeder nach Abenteuern … und wir brauchen jemanden, der dafür sorgt, dass dieser kemetanische Hund die Pferde nicht stiehlt.“

Mit diesen Worten wandte er sich um und folgte den anderen mit großen Schritten in die Düsternis des engen Ganges nach.

Abenteuer, dachte Vallen. Er hatte das immer für ein zutiefst dummes Wort gehalten. Das Wort eines romantischen Narren für all die Hässlichkeiten, die er erlebt hatte – und die er vermieden hätte, wäre es ihm möglich gewesen. Nein, er hungerte nicht nach Abenteuern, aber er war nie imstande gewesen, seinen Bruder diesen Hässlichkeiten allein entgegentreten zu lassen. Er ergriff eine Fackel, zündete sie an und durchschritt die Tür.

Die Wände auf beiden Seiten waren mit weiteren Gravuren verziert, und er ließ seinen Blick über sie wandern, während er langsam weiterlief. Schließlich hatte er es nicht eilig. Die Gräber würden ihm nicht davonlaufen. Der Jungbrunnen auch nicht, wenn er wirklich hier war, was er bezweifelte. Obwohl er nur wenige von ihnen lesen konnte, hatten viele der Symbole etwas Unheilvolles an sich. Einmal blieb er überrascht stehen, als er auf das Bild eines Messers stieß. Es hätte fast das Messer sein können, das er bei sich trug. Das die Tür geöffnet hatte. Es war, als ob –

Ein heiserer, entsetzter Schrei hallte durch den Gang, dann ein viel tieferes, grollendes Geräusch und etwas, das wie das Knurren von Tieren klang. Das Klirren von Metall auf Metall, das feuchte Schmatzen von Stahl, der in Fleisch hieb. Dann weitere Schreie. Vallen erkannte die Stimmen von Kaber und Custin, die vor Entsetzen schrien und ihren Gott anriefen. Vallen rannte los und hielt dabei die lodernde Fackel vor sich, verwirrt von den Klängen eines verzweifelten Kampfes, der im Grab vor ihm ausgetragen wurde. Was zur Hölle geschah hier? Er ließ sein Breitschwert stecken – auf so engem Raum würde es nutzlos sein – und zog stattdessen das kemetanische Messer. Die Klinge war noch immer scharf und für den Nahkampf besser geeignet.

„Vallen!“ hörte er Giddion aus der Dunkelheit kreischen. Die Stimme seines Bruders hatte einen panischen Klang, den er noch nie zuvor gehört hatte. Giddion war nie in Panik geraten, nicht einmal in den schlimmsten Momenten, die sie zusammen durchgestanden hatten.

„Vallen! Gott im Himmel, wo bist du?“

Die Geräusche verstummten und Vallen hatte eine Kreuzung mit drei Abzweigungen erreicht. Auf dem Boden lag eine Fackel, deren Flamme erstarb. Vallen verfluchte das schlechte Licht, das ihm nichts zeigte als die dunklen Schlunde der Steintunnel. Er horchte nach irgendeinem Laut seiner Freunde.

„Giddion!“, brüllte er, während er sich hin- und herdrehte. „Giddion! Kaber? Custin! Wo seid ihr? Verdammt noch mal, schreit, damit ich euch hören kann!“

Aber da war nichts als Stille, die nur von Vallens hechelndem Atem und dem Knistern der Fackel unterbochen wurde. Dann hörte er Schritte, schlurfend, als mache sie ein Erschöpfter, und das Schleifen von Stahl gegen Stein. Die Geräusche kamen aus dem Tunnel vor ihm. Vallen spähte in die Schwärze, biss die Zähne zusammen, versuchte ruhig zu bleiben, seinen Körper daran zu hindern, zu erstarren, und bereitete sich auf das, was immer diesen Tunnel entlang auf ihn zukam, vor.

Es war Giddion, aber er bewegte sich nicht mit seiner gewohnten kraftvollen Anmut. Er lief, als wäre er gerade erst aufgewacht, den Kopf gesenkt. Das schleifende Geräusch war die Spitze seines Breitschwertes, das er über den Boden hinter sich her zog. So ging man doch nicht mit seiner Waffe um! Alles daran war falsch.

Als er ins Licht trat, hob Giddion den Kopf. Auf seiner Stirn befand sich ein blutiges Zeichen. Mit einem eiskalten Schauer des Entsetzens erkannte Vallen das Symbol. Es war in die Tür und die Wände geritzt worden, selbst auf den Griff des Messers, das er in der Hand hielt.

Es war das Mal von Amut.

„Giddion?“, sagte er mit einem krächzenden Flüstern.

Giddion entfuhr ein Laut wie der eines Tieres, ein Laut, den seine Kehle nie hätte formen können. Als er die Augen hob, um Vallen wütend anzustarren, lag kein Anzeichen des Erkennens in ihnen. Kein Anzeichen für irgendetwas. Hinter diesen Augen schien keine Seele mehr zu sein.

Dann hob Giddion das Schwert und schwang es gegen Vallen. Die Klinge traf die Wand neben ihm und schlug Funken. Es war ein Leichtes, ihr auszuweichen. Giddion grunzte und holte erneut aus. Er schlug gegen die Wand wie ein dummer Anfänger, der noch nie eine Klinge in der Hand gehabt hatte. Vallen konnte nicht verstehen, was gerade geschah.

„Giddion?“, fragte er noch einmal.

Giddion ließ das Schwert fallen und packte seinen Bruder an der Kehle. Sein Griff war übernatürlich stark. Vallen fühlte, wie sein Kehlkopf zerquetscht wurde und der Druck in seinem Kopf stieg. Sein Bruder versuchte ihn zu töten. Vallen hatte Tränen in den Augen; seine Verwirrung schwächte ihn einige Momente lang, doch dann übernahm sein Instinkt. Er trat Giddions Knie beiseite und ließ den Ballen seiner linken Hand zwischen die Arme seines Bruders schnellen, um ihm einen Schlag unter das Kinn zu versetzen. Giddions Kopf flog zurück und sein Griff lockerte sich. Mit der anderen Hand hielt Vallen seinem Bruder das Messer an die Kehle.

„Giddion, um Gottes Willen, komm zu dir!“, rief er.

Doch tief in seinem Herzen wusste er, dass sein Bruder verloren war. Was immer dieses Ding war – wo einst die Seele seines Bruders gewesen war, war nur noch eine leere körperliche Hülle.

Weitere Schritte kamen den Gang herunter. Noch mehr Geräusche wie die, die Giddion von sich gab. Noch mehr von diesen monströsen Dingern. Und da waren auch andere Geräusche – Stimmen, Dutzende von ihnen. Unzählige. Giddion hielt ihn noch immer an der Kehle, und Vallen konnte seinen eisernen Griff nicht lösen.

„Giddion, bitte!“, flehte er. „Zwing mich nicht dazu! Bitte, Bruder!“

Kaber erschien. Auch er trug das Mal von Amut auf der Stirn. Er bewegte sich auf die gleiche Art, als würde er gerade aufwachen. Dieselbe Leere in seinen Augen. Er war jetzt nur noch einige Schritte entfernt. Hinter ihm wurden andere Formen sichtbar. Mehr schlurfende Gestalten. Vallen versuchte es ein letztes Mal.

„Bitte“, keuchte er seinem Bruder entgegen.

Dann schlitzte er Giddion mit der Klinge die Kehle durch, und als sein Griff sich nicht lockerte, durchschnitt er sie wieder … und wieder. Blut spritzte auf Vallens Gesicht und Schultern. Endlich fühlte er, wie Giddions Hände von seinem Hals fielen, und sah, wie sein Körper zusammenbrach und zu Boden fiel. Als Vallen sich umdrehte und rannte, war Giddions Kopf kaum noch mit seinem Hals verbunden. Vallen glaubte, Custins Stimme hinter sich zu hören. Noch immer schreiend. Noch immer am Leben. Dann ging sie in anderen Stimmen unter, die wild und grausam waren … und hocherfreut über ihre Befreiung.

Der kemetanische Führer sprang Vallen in den Weg, sobald er durch die Tür kam. Der Mann war mit einem Messer bewaffnet und stürzte sich auf ihn. Vallen wurde kaum langsamer, wehrte die Klinge ab, gab ihm einen harten Kopfstoß ins Gesicht und stach ihm ins Bein, womit er eine Schlagader öffnete. Das Schwein würde ausbluten oder von den Monstern erledigt werden. Das war Vallen egal.

Er rannte in den Sturm hinaus, der Sand scheuerte gegen seine Rüstung und rieb sein Gesicht auf. Die Tunnelöffnung war im Seitenarm einer Schlucht, einer Spalte, die während des Erdbebens aufgerissen worden war. Der Sandsturm durchbrauste sie vollständig, aber die Pferde waren im Schutz eines Felsvorsprungs angebunden. Sie waren Schlachtrösser, für den Kampf gezüchtet, dazu ausgebildet, vor keinem Feind zurückzuschrecken, doch jetzt wieherten sie panisch und zerrten an ihren Zügeln, die Augen schreckgeweitet. Sie spürten, was aus diesem Tunnel kommen würde.

Vallen blieb lange genug bei Sinnen, um die Wasserschläuche von allen Pferden an sich zu nehmen. Dann band er sie los, wobei er die Zügel seines eigenen Pferdes und die von Giddions in der Hand behielt. Der Ritt zur nächsten Siedlung dauerte drei Tage, wenn man unterwegs Rast machte, um zu schlafen, aber er hatte nicht vor, anzuhalten – also würde er ein Pferd zum Wechseln brauchen. Er steckte seinen Fuß in den Steigbügel seines Schlachtrosses Wolkenbruch, dann schwang er sich in den Sattel und zog Giddions Hengst hinter sich her, während er sein Reittier die Anhöhe emportrieb, die aus der Schlucht führte. Als ihn die ganze Wucht des Sandsturms traf, beugte er den Kopf und kniff die Augen zusammen. Er konnte kaum ein paar Schritte weit sehen. Er warf einen Blick über die Schulter und erkannte einige unscharfe Gestalten, die aus der Tunnelöffnung kamen. Der Fluch, der auf dem Messer und auf der Steintür geschrieben stand ging ihm nicht aus dem Sinn.

Dem Brecher des Siegels soll sein Grab verschlossen bleiben.

Sie hatten nach Unsterblichkeit gesucht und stattdessen irgendeine höllische Macht entfesselt. Und obwohl vermutlich jeder seinem Grab entgehen wollte, würde niemand freiwillig als Leiche durch die Welt wandeln. Allein der Gedanke würde Giddion entsetzt haben, aber das war Vallen kein großer Trost, während er durch den Sturm davonritt – in dem Wissen, dass er ein Messer durch die Kehle seines Bruders gestoßen hatte.

2 Die Seelenverschlingerin

Als Kaydi Warnocks Mann in ihr gemeinsames Zimmer platzte, erkannte sie ihn zuerst nicht. Seine Gestalt, das kurz geschorene braune Haar und seine alte Rüstung kamen ihr sofort bekannt vor, aber aus diesem leichenblassen Gesicht starrten die Augen eines Fremden, dessen Haut kreidebleich und mit Wüstenstaub überzogen war.

„Pack zusammen, so viel du auf einem Pferderücken tragen kannst“, krächzte er sie an. „Wir gehen.“

Das Zimmer, das sie zu ihrem vorübergehenden Zuhause gemacht hatten, lag über einer Taverne und verfügte nur über wenige Annehmlichkeiten, von einem Bett und einigen groben, aber gemütlichen Möbeln abgesehen. Vallen stolperte zur Kommode, wo ein großer Krug mit Wasser stand, und trank direkt aus dem Krug, bevor er den Rest in die irdene Schale goss, die sie zum Waschen benutzten. Ohne sich die Mühe zu machen, seine Rüstung auch nur zum Teil abzulegen, benetzte er sein stoppeliges Gesicht, immer und immer wieder, bis mehr Wasser auf dem Boden und der Kommode war als in der Schüssel. Dann stützte er sich auf die Kommode und ließ seinen tropfnassen Kopf müde über der Schüssel hängen.

Kaydi betrachtete all das mit Bestürzung. „Vallen?“, sagte sie sanft. „Was ist passiert?“

Sie hatte ihren Lieblingsspiegel an die Wand über der Kommode gehängt, und er hob seinen Kopf, um hineinzuschauen, doch seine Augen schienen durch sein Spiegelbild hindurchzublicken – durch die gekalkte Steinwand hindurch in die Ferne. Kaydi kannte diesen Blick. Sie sah ihn, wenn Vallen schreiend aus einem seiner Albträume erwachte, in denen er irgendeinen Schrecken aus seinen Jahren im Krieg erneut durchlebte. Dann saß er da, schwach und zitternd, während sie ihn festhielt und seine Augen genauso leer wirkten wie jetzt.

Normalerweise dauerte es nicht sehr lange, bis er wieder vollständig wach war und wusste, wo er war. Dann versteckte er wieder alles. Aber diesmal verschwand der Blick nicht.

„Vallen?“, versuchte sie es noch einmal. „Was hast du, mein Schatz? Vallen? Du machst mir Angst, Liebling. Sag mir, was passiert ist! Sind die anderen mitgekommen? Wo ist Giddion?“

Als der Name seines Bruders fiel, schloss Vallen die Augen und ihm entfuhr ein zitterndes Stöhnen.

„Du musst packen“, sagte er. „Die Pferde werden gefüttert und getränkt. Wolkenbruch hat ein Hufeisen verloren. Der Schmied kümmert sich gerade darum. Fang an, in deine Satteltaschen zu packen, was nur hineingeht. Ich will aufbrechen, sobald er fertig ist.“

„Ich verstehe nicht. Wohin gehen wir?“

„Wir verschwinden, Kaydi!“, blaffte er, während er zu seiner Reisetruhe schritt und den Deckel aufriss. „So schnell unsere Pferde uns tragen können!“

Kaydi war kurz von der Sorge um ihren Mann abgelenkt. Ihr langes schwarzes Haar umrahmte ein Gesicht, dessen Züge ein wenig zu kantig waren, um wirklich schön zu sein, aber sie war dennoch eine attraktive Frau und achtete auf ihr Aussehen. Außerdem war sie als Tochter eines reichen Händlers aus der großen Stadt Constantu gewisse Annehmlichkeiten bei Reisen gewohnt.

„Nehmen wir nicht die Kutsche?“

„Nein, die ist zu langsam und wir müssen mit leichtem Gepäck reisen, um die Pferde so gut zu schonen, wie wir können.“

Kaydi blickte zu den drei Truhen, die alle Habseligkeiten enthielten, die sie auf ihre Reise in diese kaum bewohnte Wüste mitgebracht hatte.

„Vallen! Ich werde meine Kleider nicht zurücklassen!“

Er wandte sich mit zusammengebissenen Zähnen und wilden Augen zu ihr um. Er packte sie bei den Armen, fest genug, um ihr wehzutun, und plötzlich hatte sie Angst, dass er sie schlagen würde – etwas, das er in den anderthalb Jahren, die sie verheiratet waren, nie getan hatte. Stattdessen überkam ihn ein Ausdruck tiefster Sorge und er zog sie an sich. Sie umschloss seine rauen Wangen mit den Händen, doch dann bemerkte sie den rotbraunen Fleck auf seiner Tunika.

„Ist das Blut?“, fragte sie, wobei ihr der Atem stockte. „Bist du verletzt?“

„Nein, das ist nicht meins“, sagte er ruhig.

„Um Gottes willen, rede mit mir, Vallen! Sag mir, was passiert ist.“

Er starrte sie einen scheinbar endlosen Moment lang an, als könne er nicht die richtigen Worte finden, um es ihr zu sagen.

„Wir haben Amuts Grab gefunden, Kaydi“, sagte er schließlich. „Du hattest recht … recht mit allem. Wir haben wie verdammte Narren einen Weg in die Katakomben gefunden, das Siegel gebrochen und Gott weiß was freigelassen, und jetzt kommt es durch die Wüste … Ich glaube, es kommt in unsere Richtung.“

Kaydis Finger glitten von seinem Gesicht herab. Sie trat zurück und starrte ihren Mann an, dann warf sie die Hände in die Luft.

„Was habe ich gesagt?“, rief sie aus und ihre Stimme wurde schrill. „Was habe ich dir gesagt? Du hörst nie auf mich! Generationen von Kemetanen haben ihre Kinder nicht ohne Grund in Angst und Schrecken versetzt, damit sie zu Bett gehen, indem sie ihnen Geschichten über Amut erzählt haben! Über Amut, die Seelenverschlingerin! Der Grund ist, dass sie mit genug Vernunft aufwachsen sollen, um sich nicht mit unheiligen Mächten einzulassen! Ich meine, was … ?“

Ihr gingen die Worte aus und sie warf ihre Hände erneut in die Luft, bevor sie ihr Gesicht in ihnen verbarg. Sie atmete tief ein. „Erzähl mir davon.“

„Wir werden genug Zeit zum Reden haben, während wir reiten“, antwortete er und wandte sich wieder seiner Truhe zu. „Bitte, Frau, pack deine Sachen. Nur das Nötigste, Kaydi. Wir werden Proviant und Wasser und Geld brauchen. Ich habe alles, was wir für ein Lager brauchen, in meinen Gepäckstücken unten im Hof.“

Er wühlte in seiner Truhe und fand ein paar Karten des Gebiets zwischen ihrem Standort und der Nordküste, etwas saubere Kleidung kemetanischer Art, ein Paar Sandalen, zwei Beutel mit Silber- und einen mit Goldmünzen. Außerdem war da eine Rolle mit Messern und anderen kleinen Waffen. Er schlug sie auf, überprüfte den Inhalt und warf sie dann zu seinen anderen Sachen.

Er zog den kemetanischen Dolch von seinem Gürtel.

Vallen sah aus, als sei er versucht, ihn beiseite zu werfen, doch Kaydi nahm ihn ihm aus der Hand und untersuchte ihn. Sie sah die Inschrift auf der Klinge: Dem Brecher des Siegels soll sein Grab verschlossen bleiben.

Ihr Gesicht verlor alle Farbe und sie hielt ihm das Messer mit zitternden Händen entgegen.

„Ist es das? Ist es das, worauf Giddion so versessen ist?“

„Ja.“

„Damit habt ihr das Siegel am Grab aufgebrochen?“

„Ja.“

„Oh, Vallen.“ Ihre Stimme war leise, kaum hörbar, wie die eines verängstigten Kindes. „Das ist … Oh, mein Liebling. Was hast du getan?“

„Wirf es weg“, seufzte er. „Ich will das verdammte Ding nie wieder sehen.“

„Wir können es nicht wegwerfen!“, rief sie aus. „Das ist der Dolch von Amut, du dummer, dummer Narr! Sei verdammt! Du und auch dein verdammter Bruder. Dieses Messer, es ist … Ich weiß nicht, was damit geschehen soll, aber es ist nichts, was man einfach so wegwerfen kann! Behalte es, Vallen. Bewahre es, bis wir jemanden finden der es mit mehr Respekt behandeln wird!“

Er wich ihrem Blick aus, beschämt und verängstigt, und durchsuchte ungelenk seine Truhe, bis er eine Scheide fand, die zu dem Dolch passte. Dann zog er sie auf den Gürtel, mit dem er sein Kettenhemd festschnürte.

„Du packst nicht“, stellte er fest. Kaydi stand nur da und beobachtete ihn.

„Wo ist Giddion?“, fragte sie. „Und wo sind die beiden anderen?“

Vallen entnahm der Truhe eine Ledertasche und begann, seine Sachen darin einzupacken, geschickt und effizient. Die Bewegungen liefen automatisch ab: über die Jahre war er tausende Meilen gereist und es somit gewohnt, kurzfristig aufzubrechen.

„Wir können auf dem Weg aus der Stadt Proviant besorgen“, murmelte er kaum hörbar.

„Vallen, wo ist Giddion?“, fragte Kaydi erneut.

Vallen hielt inne, sah aber nicht hoch.

„Giddion ist tot“, sagte er mit brechender Stimme. „Das sind sie alle, glaube ich. Bitte, Kaydi, du bist alles, was mir geblieben ist. Ich muss dich hier wegbringen, ehe …“

Kaydi hatte die Hand vor ihren Mund geschlagen, doch dann umarmte sie ihn. Er wollte sich in ihre Arme schmiegen, sein Gesicht in ihrem Haar vergraben, doch er konnte sich diesen Luxus, diese Schwäche, nicht erlauben. Nicht, wenn er sie retten wollte. Er klopfte ihr auf den Arm und stand auf, nickte und schob sie sanft von sich.

„Was immer es ist, wir könnten es bekämpfen“, flüsterte Kaydi. „Hier müssen achtzig oder neunzig Männer sein. Wir haben Waffen, es gibt reichlich Vorräte. Die Mauern …“

„Die Mauern hier sind nichts“, sagte ihr Vallen. „Was auch immer diese Macht ist, die unterwegs ist, sie hat drei der besten Kämpfer besiegt, die ich je gekannt habe, und zwar in … in wenigen Momenten. Ich habe nicht gesehen, was geschehen ist, sie sind vor mir hineingegangen, aber bevor Giddion gestorben ist, war mehr Angst in seiner Stimme, als ich je gehört habe. Das ist kein gewöhnlicher Feind – es ist eine Art … eine Art Ghulhorde aus dem Grab.“

Er packte die Tasche zu Ende und schloss die Schnalle.

„Gidd, Kaber und ich haben mal eine Gruppe von unseren Leuten gegen eine Stadt wie diese geführt. Kaum ein Dutzend von uns. Wir haben nur eine Nacht gebraucht, um durch die Mauern zu brechen, die Wachen zu töten, den Rest der Truppen zu versprengen und den ganzen Ort niederzubrennen. Die meisten der Männer hier sind Minenarbeiter und Händler, die kaum wissen, welches Ende einer Pike welches ist. Wenn diese … diese Abscheulichkeiten aus der Wüste kommen, werden diese dünnen Mauern und schwachen Tore kein Hindernis für sie sein. Diese Stadt wurde wegen der Wasserquelle gebaut, nicht weil sie einfach zu verteidigen ist. Ich meine, wir sind auf drei Seiten von Hügeln umgeben. Und wenn diese … diese Dinger diesen Ort erst eingenommen haben, dann haben sie auch Waffen, Vorräte und Pferde. Wir müssen hier weg.“

Kaydi blickte zu ihrem Mann hoch, auf das kantige, wettergegerbte und vernarbte Gesicht, das sie so sehr liebte, und nickte.

„Nun gut“, sagte sie. „Ich werde reisen wie eine Hausiererin und mit dir fliehen oder kämpfen, was immer du entscheidest, Vallen. Ich gehöre dir bis zum Ende, was immer auch geschehen mag. Aber wenn ich die ganze Wüste zu Pferde durchqueren soll, ist da etwas, dass du wissen musst. Ich trage ein Kind unter meinem Herzen, mein Ehemann. Du wirst Vater. Du wirst also einfach dein Bestes tun müssen, um diese Reise so zivilisiert zu gestalten wie nur möglich, verstehst du?“

Vallen sah fast so schockiert aus wie in dem Moment, als er eingetreten war.

„Was? Wie konnte … ? Wann hast du … ? Mein Gott, Frau! Da hast du dir ja einen schönen Moment ausgesucht, mir das zu sagen!“

„Du bist wochenlang in der Wüste umhergewandert!“, entgegnete sie. „Wenn du mehr Zeit damit verbracht hättest, dich um die Bedürfnisse deiner Ehefrau zu kümmern, statt dich mit deinen Freunden in der Gegend herumzutreiben und uralte und bösartige Göttinnen zu erwecken, dann hätten wir dieses Gespräch unter besseren Bedingungen führen können. Aber das hast du nicht getan, und das haben wir nun davon!“

Sie begann, ihn in Richtung der Tür zu schubsen.

„Geh jetzt und kümmer dich um die Pferde, Vallen. Ich werde Proviant für die Reise besorgen. Und um der Gnade willen – warne die Leute vor dem, was auf sie zukommt. Sie werden dir wahrscheinlich nicht glauben – das würde ich selbst nicht, wenn ich nicht wüsste, wie viele Jahre seines Lebens Giddion dieser idiotischen Suche gewidmet hat, und hätte ich nicht gerade dieses Messer gesehen – aber sie verdienen jede Chance, sich zu verteidigen. Oder zu entkommen. Geh, Vallen! Ich kümmere mich hier um den Rest.“

3Er hätte es wohl Feigheit genannt

Der Name der kleinen Stadt war Johannes. Wie so viele neue Städte in den Ländern, die unter astartischer Herrschaft waren, war sie nach dem Oberhaupt des Trinity-Imperiums, dem Theokraten von Astarte, benannt worden. Johannes war eine neue Siedlung, wuchs aber stetig an. Sie war hauptsächlich ein Handelsstützpunkt für die Blei- und Silberminen in der Gegend. Die Gebäude waren aus Sandstein oder Lehmziegeln gebaut, mit flachen Dächern im kemetanischen Stil – kühl und praktisch in der Wüstenhitze. Es war das, was einer zivilisierten Existenz hier draußen in der trockenen Ebene von Ahten am nächsten kam. Aus diesem Grund hatte Vallen Kaydi hier zurückgelassen, als er mit seinem Bruder und ihren Freunden auf der Suche nach dem Grab von Amut weiter in die Wüste vorgedrungen war.

Die Bevölkerung der Stadt war größtenteils männlich – abgebrühte Minenarbeiter, Schürfer und Grenzbewohner, die aus allen Teilen Astartes hierhergekommen waren, um ihr Glück zu suchen. Sie waren nicht gerade ängstlich. Als Vallen dem geschwätzigen Ritter mittleren Alters, der die Stadt gegründet hatte, erzählte, was aus der Wüste komme hörte der Mann aufmerksam zu, war jedoch nicht beunruhigt. Vallens Ruf als Soldat wurde zwar großer Respekt gezollt, doch der Bürgermeister war der Meinung, dass ihn nur die barbarische Art eines der ansässigen Stämme verschreckt habe. Einige der Wüstenbewohner praktizierten seltsame Rituale und folgten heidnischen Göttern, die alle möglichen blutigen Opfer verlangten, wie er Vallen erzählte.

Aber schließlich waren sie doch Wilde, und es war nicht das erste Mal, dass sie die Stadt angriffen. Sie würden von den astartischen Männern zurückgeschlagen werden, wie immer. Die meisten der Männer in der Stadt hatten in anderen Teilen des Trinity-Imperiums als Milizen oder Speermänner gedient. Sie hatten sogar einige hartgesottene Zwerge aus Nidavellir da – kurzgewachsene Kerle, aber verteufelt hart im Nehmen. Der Ritter versicherte Vallen, dass die Stadtbewohner gut zurechtkommen würden.

Aber die Nachricht hatte sich herumgesprochen, und so waren Vallen und Kaydi nicht allein, als sie durch den nördlichen Torbogen aus der Stadt ritten. Einige der Kemetanen machten sich ebenfalls auf den Weg und hatten so viele ihrer Besitztümer wie nur möglich auf Karren geladen. Für sie war Amuts Name Stoff zu zu vielen albtraumhaften Geschichten, um ignoriert zu werden. Die Ebene von Ahten war immer eine harsche und abweisende Heimat gewesen. Amuts Name wurde hier nur mit gedämpfter Stimme ausgesprochen, damit sie ihn an ihrem Ruheplatz nicht hörte. Die Kemetanen reisten auf der Straße, die nach Norden führte, doch Vallen wandte sich den Hügeln zu.

Kaydi, die jetzt für die Reise gekleidet war, zögerte, bevor sie ihm folgte. In all der Aufregung, die während der Reisevorbereitung geherrscht hatte, war ihr nicht viel Zeit vergönnt gewesen, in der ihr wirklich hätte bewusst werden können, warum sie abreisten. Es lag nicht in der Natur ihres Mannes, einem Kampf aus dem Weg zu gehen. Sie fragte sich, wie er sich jetzt fühlte, da er eine Stadt und Menschen, die er kannte, in dem Wissen zurückließ, dass sie angegriffen werden würden. Vor nicht allzu langer Zeit hätte er es wohl Feigheit genannt. Jetzt kümmerte er sich nur um seine Frau und sein ungeborenes Kind. Das war tröstlich für sie, aber andererseits hatte sie ihn noch nie so verängstigt erlebt.

Konnte es wirklich wahr sein, dass Vallen und die anderen das Siegel an Amuts Grab gebrochen hatten? Er hatte gesagt, dass da unten Katakomben gewesen wären, und die Legenden erzählten von einer Gräberstadt, von einer Armee der Toten, der Verdammten, die die Verschlinger genannt wurden … Ein Schauer überlief sie und sie legte eine Hand schützend auf ihren Bauch.

„Warum nehmen wir nicht die Straße?“, rief sie ihrem Mann zu. „Wäre das nicht einfacher?“

„Ich möchte diese Hügel so schnell wie möglich zwischen uns und die Stadt bringen“, antwortete er, während er einen Blick zurückwarf. „Wir werden auf die Straße treffen, wenn sie die Biegung um das Gebirge herum macht. Etwa sechs Meilen von hier. Die Straße ist aus Sand und Erde, und es wäre ein Leichtes, uns zu verfolgen. Auf den steinigen Wegen werden wir weniger Spuren hinterlassen.“

„Glaubst du wirklich, dass sie dich suchen?“ Kaydi blinzelte gegen das Nachmittagslicht an und blickte nach Süden. „Wenn sie kommen, sind sie doch sicher hinter der Stadt selbst her?“

„Ich würde lieber nicht warten, um das herauszufinden. Du etwa?“

Kaydi warf einen weiteren Blick hinter sie. „Da entsteht ein Sandsturm im Süden“, sagte sie wie zu sich selbst. „Ein großer. Ich glaube, er wird hierherkommen.“

Vallen zügelte sein Pferd und wandte sich um, um den Horizont in Augenschein zu nehmen. Jetzt konnte er es auch sehen: der breite Umriss einer sandfarbenen Wolke erhob sich aus dem Süden bis in den Himmel hinein. Er knirschte mit den Zähnen, während er mit der Hand den Hals seines Pferdes tätschelte, das nervös wieherte.

„Beeilen wir uns“, sagte er. „Ich möchte nicht in der Nähe sein, wenn der hier ankommt.“

Kaydi folgte ihrem Mann den Pfad hinauf, der in die Hügel führte, vorbei an den Steinhaufen, die in der Nähe eines Mineneingangs abgelegt worden waren, und weiter nach oben über den ersten Hügelkamm. Sie freute sich nicht auf diese Reise: schwere Tage, in denen sie durch eine gnadenlose Landschaft aus Stein und Sand reiten würde. Sie fragte sich, wie weit sie reisen müssten, bis Vallen beschließen würde, dass sie sicher wären. Sie hoffte, dass er nachgeben und endlich mitkommen würde, um bei ihrer Familie in Constantu zu leben.

Oder war das nicht weit genug entfernt?

4 Überfall

Chau Yun Tolka, der ehrwürdige Abgesandte der Ewigen Durchlauchtigsten Kaiserin Arya Tara und respektierter Krieger der Himmelsdrachenkaste, verfluchte sein Pech, in diesen feuchten, bewölkten Schweinestall von einem Land entsandt worden zu sein.

Er war in der Lage, diese ausführliche Reihe von Verwünschungen auszusprechen, ohne an Tempo zu verlieren, während er durch die verschlungene Düsternis der dicht bewaldeten Hänge bergab hastete. Wären weitere Belege dafür nötig gewesen, dass Astarte ein von Primitivlingen beherrschter Kontinent war, hätte die missliche Lage, in der er sich gerade befand, sie geliefert. Das „Trinity-Imperium“! Menschen waren schon immer mehr an Imperien als an Zivilisation interessiert gewesen. Trotz all ihrer Stärke schien es, als seien die Barone des Trinity-Imperiums hoffnungslos inkompetent, wenn es darum ging, ihre Straßen von Banditen freizuhalten.

Ein Armbrustbolzen verfehlte seinen Kopf nur knapp und bohrte sich in den Stamm einer Buche, als er an ihr vorbeirannte. Hinter ihm hörte er einen Schrei – der Besitzer der Armbrust, der versuchte, die anderen Jäger zu organisieren und sie dazu zu bringen, den Wald um ihn herum zu umzingeln.

Tolka hatte acht gezählt, aber es konnten auch mehr sein. Sechs menschliche Schläger und ein paar dieser groben kleinen Zwerge der Erdklans. Es wäre nur zu leicht gewesen, sie als unwürdige Gegner für einen Krieger seiner Klasse abzutun, aber ihr Überfall hatte durchaus Geschicklichkeit gezeigt. Seine zwei Begleiter, die jetzt tot auf der Straße hinter ihm lagen, zusammen mit allen drei Pferden, gaben ein beredtes Zeugnis davon ab. Die Räuberbande hatte im Nebel des frühen Morgens aus den Bäumen hoch oben an den Talwänden heraus angegriffen, mit Bogen und Armbrüsten. Primitive Waffen, aber präzise genug, um Yami und Goushin in den ersten paar Sekunden zu töten. Tolka spuckte aus, als er daran dachte, und schwor bitterlich, seine Freunde zu rächen.

Seine gertenschlanke Gestalt, sein feines, langes, dunkles Haar, seine mandelförmigen Augen und langen, spitzen Ohren wiesen ihn eindeutig als einen Himmlischen aus, ebenso wie die farbenfrohe, kunstvoll gewobene seidene Kleidung, die jetzt durch das Durchstreifen des feuchten Laubs durchnässt war. Außerdem gehörte er einer der wichtigsten Kasten an – wenn man annahm, dass die Banditen überhaupt verstanden, was das bedeutete. Aber er war nach Paroque gereist, in die Hauptstadt von Astarte, um Prestor Johannes zu treffen, den Herrscher des Trinity-Imperiums – man konnte behaupten, er sei der mächtigste Mann der Welt, denn sein Reich erstreckte sich über drei Kontinente: von Astarte im Westen über Asu im Osten nach Afarik im Süden. Tolka hatte seine Nachricht überbracht und war nun auf dem Heimweg. Diese Ganoven gingen ein Risiko ein, indem sie jemanden in seiner Position angriffen – aber wer würde schon davon erfahren, wenn er erst tot war? Dies war zwar das Herz von Astarte, aber sie befanden sich tief in den hersenischen Wäldern, in dem abgelegenen Gebiet, das als „Schwarzer Wald“ bekannt war. Die Macht des Trinity-Imperiums hatte hier offensichtlich nur wenig Einfluss.

Aber nun waren die Düsternis und der Nebel seine Verbündeten. Um ihn zu fangen, würden die Banditen ihn finden müssen – und kaum jemand konnte besser im Wald jagen als ein Himmlischer. Die Nässe, die von den Blättern um ihn herum tropfte, würde das Geräusch seiner leichten Schritte überdecken. Er zog im Laufen den Mantel aus, wendete ihn und warf ihn sich wieder über, zog eine Kapuze hoch und tauschte so die bunten Farben gegen ein dunkles, silbriges Grau, das ihm dabei helfen würde, sich im Geäst zu verbergen.

Die Zwerge, die mit den Menschen jagten, waren klein, aber kräftig und eher schwerfällig. Tolka hörte, wie sich einer von ihnen hinter einer Buche bewegte, bevor der kleine Trampel zu sehen war. In einer fließenden Bewegung zog Tolka sein langes, sanft geschwungenes Schwert. Es flog hoch und zur Seite, als der Zwerg mit einer Wurfaxt in der Hand hervorsprang. Tolkas Klinge durchschnitt seinen Hals, und Tolka eilte davon, noch bevor die offene Kehle des Zwergs den Baumstamm mit Blut tränkte.

Ein zweiter Bandit, dieser ein Mensch, sprang mit einem Streitkolben aus den Büschen zur Linken. Er schwang den stachelbewehrten Stahlkopf in der Absicht, Tolkas Schädel zu zerschmettern. Tolka wirbelte zur Seite, ließ den Mann durch seinen eigenen Schwung an ihm vorbeitaumeln und schlitzte ihm dabei mit einem einzigen Schwerthieb den Bauch auf. Während die Eingeweide des Mannes aus der Wunde quollen, ignorierte Tolka die Schreie des Banditen und huschte nach rechts auf ein weiteres Geräusch zu.

Er sprang über einen Busch, direkt in das Sichtfeld eines weiteren Menschen, der eine Armbrust hielt. Tolka schlug die Waffe beiseite und rammte seine ausgestreckten Finger in Kehle des Mannes, bevor er ihm mit dem Schwert die Oberschenkelmuskeln durchtrennte. Der Angreifer kreischte und wälzte sich vor Schmerzen, als er fiel. Aus dem Handgelenk schüttelte Tolka das Blut von der polierten Stelliumklinge, dann ließ er sie zurück in ihre Scheide gleiten und lief weiter. Mindestens fünf waren übrig, vielleicht mehr.

Er sprintete leichtfüßig über am Boden liegende Baumstämme und Büschel verworrenen Unterholzes hinweg, zwängte sich durch enge Lücken zwischen den Bäumen und versuchte, seinen Verfolgern kein festes Ziel zu bieten. Im Nahkampf war er ihnen überlegen, doch das größte Risiko war, aus der Distanz von jemandem getroffen zu werden. Als wolle er diese Befürchtung verstärken, erschien ein Bogenschütze weniger als zwanzig Meter entfernt zu seiner Rechten und feuerte einen Schuss ab. Der Pfeil riss ein Loch in die Falten von Tolkas Ärmel. Seine Hand flog zu seinem Gürtel und zog einen Wurfstern heraus. Er schlug über dem Herzen des Mannes in dessen Brust ein. Es war keine tödliche Wunde, aber er würde schwere Schmerzen bei dem Versuch haben, ihn sich aus seinen Rippen zu ziehen.

Das Geräusch schneller Schritte hinter ihm ließ Tolka noch schneller laufen. Er rannte in eine nebelverhangene Lichtung, die auf drei Seiten von Fichten und auf einer von einem Fluss gesäumt war. Offenes Gelände. Er würde für jeden Schützen ein leichtes Ziel abgeben. Von hinten näherten sich mindestens drei Banditen, doch er wusste nicht, wo die anderen waren. Er zögerte nur einen weiteren Moment lang, dann rannte er mit vollem Tempo über die Lichtung.

„Halt!“, brüllte eine Stimme und ein Pfeil bohrte sich vor Tolkas Füßen in den nassen, moosbedeckten Boden.

Er kam abrupt zum Stehen. Überall um ihn herum kamen Gestalten aus dem Wald: sieben – nein, acht von ihnen, drei davon mit Bogen bewaffnet, zwei mit Armbrüsten. Er konnte nirgends Schutz suchen. Selbst wenn die meisten Geschosse ihn verfehlten, mindestens eines würde sicher sein Ziel treffen.

„Leg deine Waffen auf den Boden!“, rief die Stimme wieder.

Der Anführer der Bande war nur mit einem Schwert bewaffnet, aber er machte nicht den Fehler, Tolka zu nahe zu kommen. Der Großteil seines Gesichts war von dickem, buschigem Haar und einem Bart bedeckt, der strähnig und feucht herabhing. Ein Paar grausamer blauer Augen blitzte über roten Wangen. Wie die anderen war er für den Wald gekleidet – in erdigen Farbtönen, mit einem Lederwams und Armschützern, aber ohne Rüstung.

„Ich werde es dir nicht noch einmal sagen“, grunzte der Mann. „Du bist tot fast genauso viel wert wie lebendig.“

Tolka atmete langsam aus und sah sich ein weiteres Mal um, wobei er auf die Positionen seiner Gegner achtete. Er war unterlegen. Er löste den Gürtel, an dem die Scheiden für sein Schwert und seinen Dolch sowie eine Auswahl an Wurfwaffen hingen, und warf ihn zu Boden. Er besaß noch immer das kleine Messer. Es steckte in einer Scheide, die in seinem rechten Ärmel verborgen war, doch in Anbetracht seiner schlechten Chancen würde es vermutlich nur dazu dienen können, sich die eigene Kehle durchzuschneiden, um seine Ehre zu schützen – falls das nötig sein würde. Tolka beschloss abzuwarten.

„Was wollt ihr?“, fragte er.

„Für einen Ausritt im Wald bist du ganz schön edel gekleidet“, stellte der Anführer der Bande fest. „Aber du solltest auf deinen Tonfall achten, wenn du mit mir sprichst. Du bist jetzt in meinem Revier. Du kannst deine Allüren vergessen und stattdessen höflich sein.“

Sein Revier. Also waren es nur Banditen. Nicht, wie Tolka vermutet hatte, Agenten eines der Feinde von Prestor Johannes, die Tolka als Geisel nehmen wollten.

„Es war ein schwerer Fehler, uns anzugreifen“, sagte Tolka ihnen. „Mein Name ist Chau Yun Tolka. Ich bin ein Bote aus Shemballa, entsandt, um deinen Theokraten vor einer Gefahr für sein Reich zu warnen. Er wird das hier nicht gutheißen.“

„Meinen Theokraten?“, schnaubte der Bandenführer. „Johannes bedeutet mir nichts. Er ist nur der letzte in einer langen Reihe von tyrannischen Herrschern. Du bist hier nicht in Paroque, mein Freund. Hier draußen machen wir unsere eigenen Gesetze. Und du bist sehr gut gekleidet für einen Boten – selbst für einen aus dem Ausland. Und auch noch ein verdammter Elf. Ich glaube eher, dass du eine Art Spion bist.“

„Ein Spion?“, zischte Tolka verächtlich. „Ein Spion? Sieh meine Kleidung an. Sieh meine Ohren an! Ich bin ein Himmlischer, du Hornochse! Ja, ein Elf. Und sehe ich wie jemand aus, der nicht auffallen will? Meine Loyalitäten könnten nicht offensichtlicher sein. Du solltest versuchen, ab und zu mal den Wald zu verlassen und die Welt zu sehen.“

Der Mann war näher gekommen seine Augen auf den Waffengurt fixiert, den Tolka zu Boden geworfen hatte. Durch den gierigen Blick, mit dem er ihn betrachtete, wusste Tolka, warum man ihn angegriffen hatte. Es war ein Raubüberfall, ganz einfach. Elfische Güter wurden von Menschen hoch geschätzt. Ihre Handwerkskunst wurde auf der ganzen Welt bewundert, und einige von Tolkas unwesentlichsten Besitztümern waren älter als die meisten dieser Männer. Er selbst war fast einhundertdreißig Jahre alt – in den Augen der Himmlischen ein junger Mann. Der Gesamtwert der Gegenstände und Kleidung, die er bei sich trug, würde wahrscheinlich alles weit übersteigen, was sie in ihrem Leben je zu Gesicht bekämen.

Tolka beäugte die anderen um ihn herum und ging in Gedanken mögliche Angriffe durch. Es war schwer, sich ein Szenario vorzustellen, in dem er überleben würde. Es waren zu viele und sie waren außerhalb seiner Reichweite. Vielleicht würden sie ihn doch als Geisel nehmen und ihm so Gelegenheit geben, zu fliehen …

„Tötet ihn“, grunzte der Bandenführer.

Noch während einige seiner Männer die Waffen anlegten, wurden sie davon abgelenkt, dass sich ein reptilischer Kopf aus dem Fluss erhob. Eine Kreatur entstieg dem Wasser und kam mit großen Schritten ans Flussufer. Sie hatte einen menschenähnlichen Körper, doch Kopf und Schwanz einer Eidechse. Ihre graugrüne Haut ließ sie vor den Farben des Waldes um sie herum unwirklich erscheinen, und sie trug nur eine lange, hellblaue, mit einem Gürtel umschlungene Tunika, die aus irgendeinem Material bestand, das kein Wasser annahm. Auf dem Rücken trug sie ein Bündel. Schon in dem Moment, in dem die Kreatur ans Ufer trat, folgten ihr weitere dieser seltsamen Gestalten, wobei sich die Wasseroberfläche des Flusses kaum kräuselte. Wasser perlte von ihrer glatten Haut ab. Einige waren männlich, andere weiblich, manche trugen Kinder oder führten sie an der Hand.

„Salamander“, murmelte der Bandenführer verwirrt. „Was machen die hier?“

Mehr und mehr der reptilischen Wesen erschienen, während das erste ihnen voran über die neblige Lichtung hinweg in den Wald ging. Diese Prozession bestand aus mindestens einhundert von ihnen. Mehr, als man so weit im Norden je zusammen gesehen hatte. Wenn manche von ihnen es seltsam fanden, dass hier ein Himmlischer stand, der von bewaffneten Banditen umgeben war, äußerte sich dazu keiner von ihnen, obwohl Tolka einige misstrauische Blicke in seine Richtung bemerkte. Salamander und Himmlische hatten nichts füreinander übrig.

Obwohl viele von ihnen schweres Gepäck trugen, bewegten sie sich mit der fließenden Anmut, die für ihr Volk typisch war. Es verstärkte den geisterhaften Eindruck der Prozession, die sich ihren Weg durch den Morgennebel in den Wald bahnte, nur.

Die Banditen starrten sie verwirrt schweigend an.

Tolka entschied, dass dies vermutlich die beste Ablenkung war, die er bekommen würde. Mit einem Satz überwand er den Abstand zwischen ihm und dem Bandenführer, ließ den kleinen Dolch aus seinem Ärmel gleiten und ergriff den Mann beim Schopf. Er drückte die Spitze der Klinge gegen seine Kehle. Er hakte seinen Fuß unter den Waffengurt und schleuderte ihn zum Flussufer. Mit dem Körper des Anführers als Schild begann er, sich auf das Wasser zuzubewegen.

„Senkt eure Waffen oder ich schneide ihm einen neuen Mund!“, rief er den anderen entgegen.

Zu seiner Bestürzung machten nicht alle Banditen den Eindruck, dass ihnen diese Situation missfiel. Einige der Armbrüste blieben im Anschlag. Tolka fragte sich, ob dieser Anführer vielleicht ein wenig unbeliebt war. Das war typisch für Menschen: Respekt und Loyalität waren für sie nur leere Worte. Schon in diesem Moment rechneten einige dieser Rüpel sich bestimmt aus, was die Besitztümer dieses Himmlischen wohl wert wären, und wie viel Geld ihnen ihr Anführer im Vergleich bringen würde. Tolka fühlte, wie sich der Körper des Mannes nur einen Moment, bevor sie ihre Rechnung beendeten, vor Angst versteifte.

Tolka sprang aus dem Weg, als vier Armbrustbolzen im Torso des Bandenführers einschlugen. Er rollte sich ab, um seinen Gürtel zu ergreifen, sprang vom Ufer ins Wasser und tauchte ein in die kühle, grüne Dunkelheit. Die Banditen stießen Schreie wütender Frustration aus und beschimpften einander, während sie zum Flussufer liefen, wobei sie weitere Bolzen und Pfeile in die Tiefen des Flusses abfeuerten.

Doch der Himmlische war verschwunden.

5 Die Götterhaut

Tolka tauchte etwas weniger anmutig aus dem Fluss auf, als die Salamander es getan hatten – dank des Pfeils, der das Fleisch seines linken Oberschenkels durchschlagen hatte.

Ein letzter Pfeil hatte ihn durch reinen Zufall erwischt, als er von den Banditen weggeschwommen war, aber er hatte es geschafft, lange genug unter Wasser zu bleiben, um den Fluss hinunter außer Sichtweite zu schwimmen, während er seinen Waffengurt hinter sich herzog.

Er stolperte über glitschige Steine hinweg ans Ufer, ließ seinen Gürtel ins Gras fallen und setzte sich unbeholfen daneben. Er zog seinen nassen Mantel aus und holte das kleine Messer hervor, das er gegen den Bandenführer eingesetzt hatte. Sein Körper kühlte langsam aus da das Adrenalin abebbte und er lange im eiskalten Wasser geschwommen war. Er zitterte leicht, doch seine Hände waren ruhig, als er etwas Stoff aus seiner Hose schnitt, um den Pfeil in Augenschein zu nehmen, der sich in seinen Oberschenkel gebohrt hatte. Die stählerne Spitze ragte nach oben, als er die Beine vor sich ausstreckte.

Blut quoll aus dem Loch um den Schaft; die Ränder des Loches waren blau und durch die Bewegungen seines Beins während seiner Flucht leicht eingerissen. Die Einschlagswunde auf der Rückseite war im gleichen Zustand. Seiner Position nach zu urteilen war Tolka sicher, dass der Bolzen keine wichtigen Blutgefäße zerstört hatte. Es war keine lebensbedrohliche Verletzung, aber sie brannte wie Feuer. Wann immer Tolka sein Bein bewegte, konnte er die unnachgiebigen Schmerzen dort im Muskel spüren, wo dieser von dem hölzernen Schaft durchbohrt worden war, der vorn und hinten hervortrat. Er würde den Pfeil entfernen müssen, bevor er weitergehen konnte.

Der Fluss hatte beide Wunden so gründlich ausgewaschen, wie es nur möglich war – er hatte kein saubereres Wasser und ihm fehlte die Zeit, ein Feuer zu entzünden, um es abzukochen. Er schnitt die Kapuze von seinem Mantel und riss zwei breite Streifen davon ab. Dann hielt er die obere Hälfte des Pfeils fest und brach die Pfeilspitze ab. Der Schmerz, den dieser Ruck ihm verursachte, ließ ihn aufstöhnen. Als Nächstes legte er sich auf den Boden, hob das Bein an und umfasste das Ende des Schafts mit beiden Händen.

Tolka atmete ein paarmal tief ein, knurrte den Schmerzen entgegen, von denen er wusste, dass sie kommen würden, und zog den blutgetränkten hölzernen Schaft langsam, qualvoll, durch Muskeln und Haut nach hinten, und drehte ihn, wenn er feststeckte. Das Knurren zwischen den zusammengebissenen Zähnen wuchs zu einem verhaltenen Schrei an, bis der Pfeil sich endlich mit einem Ruck löste und er aufjaulte wie ein Kind.

Blut strömte aus beiden Wunden. Er zog einen Lederbeutel aus seiner Tunika hervor und streute ein wenig vom Inhalt, einem weißen Puder, auf beide Wunden. Das Puder verursachte einen brennenden Schmerz, der ihn zischen ließ, doch nachdem dieser abgeebbt war, zog Tolka seine Beinkleider hinunter, benutzte schnell die Streifen seiner seidenen Kapuze, um sein Bein zu verbinden, und zog sich wieder an. Nachdem dies erledigt war, legte er sich wieder nieder und warf einen Arm über sein Gesicht. Ihm entfuhr ein langes Stöhnen.

Das Erscheinen der Salamander war kein gutes Zeichen. Sie waren ein altes Volk, noch älter als die Himmlischen. Einst waren sie mächtig gewesen, dann war ihre Kultur dem Ruin anheimgefallen, doch ihre Verbindung mit den Schlangengöttinnen, bekannt als Nagas, war noch immer stark. Ihnen wurde Wissen verliehen, das die Nagas mit niemand anderem teilten. Es war verstörend, so viele Salamander-Wanderer auf ihrem Weg durch Astarte zu sehen – nicht nach Süden oder Osten in Richtung ihrer Heimat Van Lang, sondern gen Norden, in die kälteren Regionen, die das Reptilienvolk normalerweise gemieden hätte, vielleicht sogar bis ins entfernte Nidavellir, dem Land der Zwerge. All das waren weitere Belege dafür, dass ein böser Wind aus dem Süden wehte.

Tolka wusste, er musste in Bewegung bleiben – vielleicht suchten die Banditen noch nach ihm, doch er hielt es für wahrscheinlicher, dass sie zurück zur Straße eilten, wo Yami und Goushins Leichen noch immer mit all dem wertvollen Gepäck lagen. Ganz abgesehen von einer großen Menge schmackhaften Pferdefleischs. Jetzt, da ihr Anführer tot war, würde die Bande vielleicht einige Schwierigkeiten mit der Entscheidung haben, wie die Beute ihres Überfalls verteilt werden sollte.

Tolka fluchte erneut und hoffte inständig, dass sie sich alle gegenseitig umbrächten. Es würde ihm die Mühe ersparen, es selbst zu tun – obwohl es ihm auch die Befriedigung nehmen würde, seine Freunde zu rächen.

Er zwang sich in eine sitzende Position. Aus einer anderen Tasche zog er eine Rolle aus rauem Material, das in einer Ledertasche steckte. Das Blatt war sehr dünnem, dunkelbraunem Leder nicht unähnlich, doch es war warm, fühlte sich leicht pudrig an und roch ein wenig nach Kompost. Es war als Götterhaut bekannt – und Tolka konnte es benutzen, um mit jemandem zu kommunizieren, der tausende Meilen entfernt war.

In der Tasche befand sich ein kleiner Umschlag mit Nadeln. Tolka nahm eine davon heraus und begann, die Haut mit Zeilen eines Punktmusters einzustechen. Seine Schwester, Rilyan, hatte das dazugehörige Stück Haut zu Hause in Shemballa, weit im Osten, tief in der Gebirgskette in Asu, die als „Dach der Welt“ bekannt war. Wenn Tolka seine „Textur“ in die Haut stach, würde Rilyans Blatt fast sofort reagieren, indem es Höcker entwickelte, die mit den Augen oder mit den Fingerspitzen lesbar waren. Diese begehrte Form der Kommunikation wurde fast ausschließlich von den höheren Kasten der Himmlischen benutzt. Nur einige wenige Älteste der zwergischen Erdklans und eine verschwindend geringe Zahl von Menschen hatten außerdem Zugriff auf Götterhäute.

„Grüße, Schwester“, schrieb Tolka in seiner Textur. „Nachdem man mich einen Monat lang hat warten lassen, habe ich Prestor Johannes endlich getroffen und unsere Warnung überbracht. Er hat mir versichert, dass er all seine Gefolgsleute davor warnen wird, Gräber in Kemet zu stören. Ich habe jedoch nur wenig Vertrauen in seine langsame Kommunikation und die Disziplin der Feudalherren des Trinity-Imperiums. Ich fürchte außerdem, dass man mich zu lange aufgehalten hat und dass die Omen bereits eingetroffen sind. Nun bin ich auf dem Heimweg von Banditen überfallen worden. Yami und Goushin sind tot. Ich gedenke ihren Tod zu rächen, bevor ich abreise.“

Nachdem er seine Nachricht geschickt hatte, ruhte Tolka sich aus. Die getüpfelte Chiffre hatte einen großen Teil der Oberfläche seiner Götterhaut gefüllt, doch sie würde in den nächsten Stunden nach und nach verheilen, bereit für die nächste Mitteilung. Er wartete darauf, dass seine Schwester die Textur bemerkte und antwortete. Rilyan musste darauf gewartet haben, denn die Antwort kam nur wenige Minuten später. Die Nachricht erschien in winzigen Höckern in dem Abschnitt unter seiner eigenen:

„Wir werden um Yami und Goushin trauern, aber wir brauchen Dich zu Hause, Tolka. Die Kaiserin und die Berater haben den Omen nicht viel Bedeutung beigemessen. Sie glauben nicht, dass die Verschlinger hierher