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Das Werk "Klub der Vier" ist ein 1955 veröffentlichter Kriminalroman von Edgar Wallace. Der Originaltitel lautet "The Big Four". Richard Horatio Edgar Wallace (* 1. April 1875 in Greenwich, London; † 10. Februar 1932 in Hollywood, Kalifornien) war ein englischer Schriftsteller, Drehbuchautor, Regisseur, Journalist und Dramatiker. Wallace gehört zu den erfolgreichsten englischsprachigen Kriminalschriftstellern.
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Seitenzahl: 101
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Der äußeren Erscheinung nach machte Douglas Campbell einen wenig freundlichen Eindruck. Er war etwa achtundvierzig Jahre alt, groß und breitschultrig. Wahrscheinlich schrieb man ihm deshalb ein düsteres Temperament zu, weil seine starken Augenbrauen in der Mitte zusammengewachsen waren. Er war erster Direktor der Vereinigten Versicherungsgesellschaften und als solcher von Natur aus nüchtern und sachlich.
Ali einem sonnigen Frühlingsmorgen saß er in seinem Büro am Schreibtisch und las einen Brief. Nach einer Weile schaute er auf und sah nach der Uhr.
»In ein paar Minuten muß Mr. Robert Brewer hier sein«, sagte er zu seinem Sekretär. »Führen Sie ihn in mein Büro und sorgen Sie dafür, daß wir während unserer Besprechung nicht gestört werden.«
»Sehr wohl.«
Es klopfte gleich darauf an der Tür, und ein Angestellter reichte eine Visitenkarte herein.
»Mr. Brewer ist soeben gekommen«, sagte der Sekretär.
»Lassen Sie ihn eintreten«, entgegnete Mr. Campbell.
Mr. Robert Brewer war jung und elegant gekleidet. Man sah ihm an, daß er in guten Kreisen verkehrte und sich in jeder Gesellschaft bewegen konnte. Seine Bewegungen waren geschmeidig, und er machte einen frischen, flotten Eindruck, der ganz zu seinem jugendlichen Aussehen paßte.
Mit ausgestreckter Hand ging er auf Campbell zu.
»Mein lieber, guter Direktor, ich sehe an Ihrem freudestrahlenden Gesicht, daß Sie froh sind, mich begrüßen zu dürfen.«
»Das weiß ich allerdings nicht so genau, aber nehmen Sie bitte Platz.« Der Direktor gab dem Sekretär einen Wink, worauf dieser das Zimmer verließ. Dann wandte sich Campbell wieder seinem Besuch zu. »Sie sehen heute morgen wirklich glänzend aus.«
»Das glaube ich schon«, entgegnete Mr. Bob Brewer befriedigt. »Ich fühle mich auch dementsprechend. Nun wollen wir aber über geschäftliche Dinge reden. Sie haben mich wahrscheinlich nicht von New York hierherkommen lassen, nur um mir ein Kompliment zu machen.«
»Sie sind wirklich smart, ich bewundere Sie. Wenn ich in meiner Jugend ebenso energisch, kühl und vorurteilslos gewesen wäre wie Sie, besäße ich heute Millionen.«
»Na, zwei haben Sie doch mindestens, während ich nur ein armer Teufel und Versicherungsdetektiv bin, dem es schwerfällt, sich durchzuschlagen.«
Mr. Campbell zog den Stuhl näher an den Tisch heran und sprach jetzt etwas leiser. »Bob, die Direktoren dreier uns angeschlossener Gesellschaften haben mir den Rat gegeben, Sie kommen zu lassen. Unser Syndikat besteht aus sechs der größten Versicherungsfirmen Englands, und es handelt sich bei uns meistens um Versicherung gegen Diebstahl, Unfall und so weiter. Sie kennen ja das Geschäft in- und auswendig, darüber brauche ich Ihnen nichts zu erzählen, da Sie ja früher selbst in der Branche tätig waren.«
Bob nickte.
»Wir versichern die Leute der vornehmen Gesellschaft gegen Torheit und Fahrlässigkeit«, fuhr Mr. Campbell fort, »und das Geschäft hat sich nicht recht bezahlt gemacht. Bob, Sie kennen ja unsere Gesellschaft, Sie wissen, wie diese Leute leben. Von einem Modebad reisen sie ins andere und müssen bei allen Gesellschaften dabeisein! Man kann sie fast mit einer Herde Schafe vergleichen. Und es folgt ihnen eine kleine Armee von Parasiten, die von dem Reichtum und der Dummheit unserer Kunden leben und uns viel zu schaffen machen. Wenn wir nicht den Bankrott erklären sollen, müssen wir ihnen mit aller Energie entgegentreten.«
Brewer nickte.
»Dazu brauchen wir aber einen Spezialisten, der diese Schafherde bewacht und zusieht, daß die Wölfe sie nicht zerreißen. Wir bieten Ihnen ein sehr gutes Gehalt an, damit Sie diesen Posten für uns übernehmen; und abgesehen davon, erlauben wir Ihnen auch noch, Privataufträge auszuführen, die Sie nebenbei erledigen können. Ist Ihnen das recht?«
»Das hängt ganz davon ab, was Sie unter einem sehr guten Gehalt verstehen«, entgegnete Bob grinsend. »Gewöhnlich bekommt ein Detektiv für einen solchen Posten drei- bis vierhundert Pfund im Jahr.«
»Wir sind bedeutend großzügiger. Wenn ich Ihnen ein Gehalt anbiete, so hat es eine – vierstellige Zahl.«
Brewer sah ihn ruhig an und nickte.
»Dann machen Sie bitte eine Notiz, daß ich bei Ihnen engagiert bin.«
Campbell ging zur Tür und drehte den Schlüssel um.
»Ich will Ihnen nun den Verbrecher nennen, der uns am meisten zu schaffen macht. Es ist der Führer des Klubs der Vier – Reddy Smith.«
Bob mußte lachen.
»Von dem brauchen Sie mir nichts zu erzählen. Wenn man in New York lebt, kennt man ihn.«
»Kennt er Sie auch?« fragte der Direktor schnell.
»Nein, wir sind uns niemals geschäftlich begegnet, aber ich kenne ihn trotzdem. In New York habe ich auf dem Gebiet der Handelsversicherung gearbeitet: Veruntreuungen und dergleichen. Reddys Hauptgeschäft bestand darin, daß er faule Aktien von Scheingründungen an die reichen Landwirte im Westen verkaufte. Ich habe ihn in einem Gefängnis gesehen, aber ich glaube kaum, daß er mich kennt. Vor einem Jahr war ich hinter ihm her, ehe er nach Europa kam.«
Mr. Campbell nickte.
»Was ich über ihn weiß, habe ich von der Polizei. Er hat mit einer Anzahl geriebener Burschen in Frankreich zusammengearbeitet, aber man konnte ihm nie etwas nachweisen, obwohl allgemein bekannt ist, daß er an zwei der größten Einbrüche beteiligt war. Soviel ich weiß, hält er sich jetzt in Monte Carlo auf. Unglücklicherweise sind auch mehrere unserer Kunden dort.«
»Welche Hilfe kann ich von der französischen Polizei erwarten?« fragte Bob.
Der Direktor zog die Schublade auf und nahm ein kleines Heft heraus.
»Hier ist Ihre Vollmacht, die von dem französischen Innenminister unterzeichnet ist, ebenso vom Staatsminister von Monaco. Die Behörden dieses kleinen Staates bemühen sich eifrig, die Verbrecher von dort fernzuhalten.«
Bob nahm das Heft an sich, blätterte es kurz durch und ließ es in die Tasche gleiten.
»Reisen Sie möglichst bald nach Ihrem neuen Bestimmungsort. Wir setzen voraus, daß Sie in den besten Hotels wohnen.«
»Darauf können Sie sich verlassen«, erwiderte Bob. »Übrigens noch eine Frage. Bekomme ich mein Gehalt im voraus, und wann kann ich es abheben?«
»Ich kannte Ihren Vater«, entgegnete Campbell. »Er war ein zäher, sparsamer Schotte. Auch Ihre Mutter hielt Geld und Eigentum zusammen, aber Sie sind ein verschwendungssüchtiger Engländer geworden. Soll ich Ihnen einen kleinen Vorschuß zahlen?«
»Wovon soll der Schornstein sonst rauchen?« fragte Bob. »Ich werde mir sechs Monate Gehalt im voraus zahlen lassen, dann teile ich Ihnen mit, wieviel ich für meine außerordentlichen Ausgaben brauche. Auf der Durchreise bleibe ich ein paar Tage in Paris, und wie Sie wissen, ist das ein kostspieliges Pflaster.«
Mr. Campbell seufzte und schrieb einen Scheck aus.
*
Zwei Herren saßen vor dem Café de Paris in Monte Carlo. Beide waren elegant gekleidet, glattrasiert und machten einen weltmännischen Eindruck. Welchem Land sie angehörten, konnte man ihnen nicht ansehen, aber wahrscheinlich waren sie beide Amerikaner.
Der ältere der beiden rauchte nachdenklich eine Zigarre und nickte.
»Ich habe ihn noch nie getroffen, aber schon viel von ihm gehört«, sagte er. »Jimmy, hier in Monte Carlo wird es vom nächsten Montag ab nicht mehr sicher sein. Ich halte es deshalb für das beste, daß wir am Sonntag abreisen. Inzwischen können wir noch vier Tage ungestört arbeiten. Wie sieht denn eigentlich dieser Brewer aus?«
Jimmy zuckte die Schultern.
»Keine Ahnung, Ich weiß ebensowenig wie du.«
»Bist du auch sicher, daß er kommt?« fragte Reddy.
»Natürlich«, erklärte Jimmy mit Nachdruck. »Als ich heute morgen meine Briefe abholte, habe ich das Telegramm gesehen, in dem er seine Zimmer bestellt hat. Es war in Paris aufgegeben, und er hat sich die teuersten und besten Zimmer reserviert mit dem Blick auf den Eingang zum Kasino. Am Montag wolle er ankommen, aber wenn er nicht eintreffen sollte, möchte er die Zimmer bis zu seiner Ankunft reserviert haben.«
Reddy nickte.
»Wir haben also noch vier Tage, und ich glaube, daß uns die Sache gelingen wird«, fügte er zuversichtlich hinzu. »Der kleine William sieht so aus, als ob er tatsächlich zahlt.«
Er wies mit einer Kopfbewegung nach dem Eingang des Hotels. Ein elegant gekleideter Herr stand dort auf der breiten Treppe. »Man kann schon von hier aus sehen, daß der Kerl ziemlich viel Wolle hat. Eine Bekanntschaft mit dem ist so gut wie Bargeld.«
»Wie heißt er eigentlich? Ich sah, daß du gestern abend im Kasino mit ihm sprachst.«
»William Ford. Sein Alter hat mit Erdölaktien schweres Geld verdient. Als er starb, ließ er seinem Willie eine ganze Wagenladung Geld zurück. Und der will sich nun erst austoben, vorher scheint er nicht viel vom Leben gehabt zu haben.«
»Wofür hast du ihn denn interessiert?«
»Ich habe ihm von der Montana-Silbermine erzählt. Er war sofort Feuer und Flamme. Wir wollen zu ihm gehen, damit ich dich vorstelle.«
Mr. Ford hatte die Hände in den Taschen und rauchte eine Zigarette. Die Schönheit der Palmen und der Gegend schien keinen Eindruck auf ihn zu machen. Langsam ging er über die breite Straße, durch die Anlagen, kaufte sich bei dem kleinen Kiosk eine Zeitung und kehrte zur Gartenterrasse des Hotels zurück, die dem Kasino gegenüberlag. Dort sprach ihn Reddy an.
»Guten Morgen, Mr. Ford. Ich möchte Sie mit meinem Freund Mr. Kennedy bekannt machen. Er kommt aus Texas, besitzt dort große Farmen.« Mr. Ford kniff die Augen zusammen und sah den Fremden an, dann reichte er ihm nachlässig die Hand.
»Guten Morgen«, sagte er zu Reddy, »es ist sündhaft heiß, und ich kann diese blödsinnigen französischen Zeitungen nicht lesen. Verstehen Sie diese Sprache?«
»Gewiß, Mr. Ford.«
Reddy nahm die Zeitung und sah flüchtig hinein. »Es steht aber heute nichts Besonderes darin. Höchstens wenn Sie sich für die französischen Rennen interessieren, können Sie interessante Nachrichten finden.«
»Nein, ich mag keine Rennen. Das ist auch so ein Blödsinn«, erklärte Mr. Ford, während er umständlich das Glas ins Auge klemmte, »Ich bin, wie Sie wissen, ein Geschäftsmann, Mr. Redwood. Wetten mag ich nicht. Ich habe zwar ein paar tausend Dollar beim Roulette riskiert, aber im Grunde genommen langweilt mich das Spiel.«
»Da haben Sie auch vollkommen recht«, meinte Redwood. »Es ist eine ganz dumme Art, sein Geld zu vertun.«
»Selbstverständlich«, entgegnete Mr. Ford etwas von oben herab, »kann ich es mir leisten, Geld zu verlieren. Ich habe eine Million Franc in barem Geld mitgebracht.«
»Hoffentlich haben Sie die im Hotelsafe einschließen lassen«, warnte ihn Reddy. »Es gibt eine Menge zweifelhafter Existenzen in Monte Carlo.«
»Ach, da mache ich mir keine übertriebenen Sorgen. Ich sage immer: Wenn ein Mann nicht einmal auf sein bißchen Geld aufpassen kann, dann verdient er auch nicht, es zu besitzen. Nein, ich verwahre mein Geld stets in meinem Hotelzimmer.«
Mr. Reddy holte tief Atem.
»Ich bin nicht nach Monte Carlo gekommen, um erst zu lernen, wie man sich gegen Diebstähle sichert«, fuhr Mr. Ford fort. »Aber nun sagen Sie mir einmal, was Sie für ein fünftel Anteil an Ihrer Mine haben wollen.«
»Ich habe mir noch nicht recht überlegt, ob ich verkaufe«, entgegnete Reddy. »Eigentlich bin ich nach Monte Carlo gekommen, um mich zu erholen und nicht, um mit Aktien zu handeln.«
»Ja, das tun Sie zu Hause schon zur Genüge, Mr. Redwood«, mischte sich Jimmy ein, weil er glaubte, etwas zur Unterhaltung beisteuern zu müssen. »Mr. Redwood ist von Colorado bis nach Montana als der bedeutendste Mineninteressent bekannt. – Ich habe gehört, daß Sie im Jahr bis zu fünf Millionen Dollar in Aktien umsetzen – stimmt das, Mr. Redwood?«
»Ja, ungefähr, vielleicht nicht ganz so viel.«
Der junge Mann sah ihn freundlich lächelnd an. »Mich können Sie nicht bange machen, wenn Sie mit den Millionen nur so um sich werfen. Soviel ich weiß, beträgt der Wert Ihrer Montana-Mine etwa eine Million Dollar, das sind zweihunderttausend Pfund. – Und Sie wollen vierzigtausend Pfund für ein Fünftel haben?«
Mr. Redwood nickte.
»Die Aktien stehen auf zwei fünfzig am offenen Markt, und der fünfte Teil ist bedeutend mehr wert als das Geld, das ich dafür haben will. Ich habe mich schon zu sehr abgearbeitet in meinem Leben und möchte mich einmal ausruhen und etwas erholen. Deshalb habe ich die Absicht, alle meine Aktien abzustoßen. – Jimmy«, wandte er sich an den Großfarmer, »dieser Herr möchte einen Anteil an der Montana-Silbermine kaufen. Er ist ein Geschäftsmann, und ich muß sagen, daß ich ihn schätze.«
»Aber Sie werden doch nicht Ihren Anteil an der Montana-Mine verkaufen!« sagte Jimmy. »Es ist die ergiebigste im Westen. Es wird eine Sensation geben, wenn das in Wall Street bekannt wird.«
Reddy antwortete nicht, nahm aber aus seiner Brusttasche ein dickes Paket. Er öffnete es, es befanden sich Aktien darin, alle mit Stempel und Siegel versehen. Er betrachtete sie lächelnd, fast wehmütig.
»Wenn ich bedenke, wieviel Mühe es mich gekostet hat, diese Mine zum Erfolg zu bringen, dann tut es mir leid, mich von diesen Papieren zu trennen. Mr. Ford, ich gebe sie Ihnen wirklich für eine Bagatelle. Es ist ungefähr derselbe Betrag, den Sie nach Monte Carlo mitgebracht haben, um ihn eventuell hier im Spielkasino zu verlieren.«
»Aber ich habe mich bisher noch nicht fest entschlossen, die Aktien überhaupt zu kaufen«, erklärte Mr. Ford hastig.
»Und ich habe mir auch noch nicht überlegt, ob ich sie tatsächlich hergeben werde«, lächelte der andere. »Wir wollen erst etwas zusammen trinken.«
Er war viel zu erfahren, um sein Opfer zum Ankauf zu drängen, und während der beiden nächsten Tage erwähnte er nichts von den Aktien.
»Die Zeit drängt«, sagte Reddy am Sonnabend.
»Wie weit bist du denn mit dem jungen Ford?« fragte Jimmy.