Komm! Lass' uns von vorne anfangen - Martina Siems-Dahle - E-Book

Komm! Lass' uns von vorne anfangen E-Book

Martina Siems-Dahle

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Beschreibung

Wenn die Tochter mit dem Vater ....Die Leidenschaft für die deutsche Sprache und ihren literarischen Formen hat Hans-Jürgen Siems (1921-2006) eindeutig an seine Tochter, Martina Siems-Dahle, weitergegeben. Hans-Jürgen Siems verfügte über eine seltene Gabe: In Blitzesschnelle verdrehten seine Synapsen Worte und Sätze. Er war ein Schüttelreimer. Er schrieb aber auch "normale" Gedichte und Limericks, Schüttelreim-Limericks und Schüttelreim-Sonette. Martina Siems-Dahle hat diese spezielle Begabung allerdings nicht. Aber (Kurz-)Geschichten zu schreiben und auch Gedichte - diese in Form von Poetry Slam Lyrik - daran hat sie reichlich Spaß.

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Seitenzahl: 52

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Mein Vater und ich

Hans-Jürgen Siems (1921-2006), mein Vater, verfügte über eine seltene Gabe: In Blitzesschnelle verdrehten seine Synapsen Worte und Sätze.

Er war ein Schüttelreimer. In dieser speziellen, kleinen Lyrikwelt durchaus ein bekannter. Er schrieb aber auch „normale“ Gedichte und Limericks, Schüttelreim-Limericks und Schüttelreim-Sonette.

Ich habe diese Begabung nicht.

Aber Geschichten zu schreiben und auch Gedichte – diese eher in Form von Poetry Slam Lyrik – daran habe ich sehr wohl Spaß.

Darum habe ich die vorliegende kleine Sammlung um Gedichte meines Vaters ergänzt. Es handelt sich nur um einen Bruchteil seines Werks.

Übrigens: Tausenden von Schülern und Schülerinnen in Deutschland hat mein Vater – nicht nur als Lehrer -, sondern auch als Schulbuchautor beim KLETT-Verlag Deutsch beigebracht. Über dreißig Jahre erschien „Mein Rechtschreibbegleiter“.

Zu mir ist zu sagen: Ich bin also die Tochter …. Nach meinem Studium der Theaterwissenschaft (Germanistik und Amerikanistik) wurde ich Journalistin und Presse-/PR-„Tante“.

Seit über 25 Jahren begleite ich meinen Mann in seiner Künstleragentur STUDIO D Entertainment. Und zusammen sind wir sehr stolz auf unsere Tochter. Wir sind Norddeutsche, die aber schon sehr lange in Köln wohnen.

Gute Unterhaltung!

Inhaltsverzeichnis

GLÜCKLICH

Zeit

Glück An Julia

Ich möchte mit dir ins Blaue laufen

Falten

Rien ne va plus

Mathe

Der erste Grasschnitt

Falsch gedacht

SCHATTIG

Dann allerdings

Der Zusammenbruch

Grabrede

Die Muschel

Der Nachttisch

Requiem für vier Fische

Das Luder

Ein Fall für alle Fälle

Invasion in der Schweinebucht

Die Ruhe und der Tod

Heiliger Krieg

TIERISCH

Gehässig

Hans-Jürgen Siems

Die schlaue Zecke

Hans-Jürgen Siems

Mückenplage I

Hans-Jürgen Siems

Mückenplage II

Wespenschicksal

Hans-Jürgen Siems

Raben und Ratten

Hans-Jürgen Siems

LUSTIG

Mein Leben als Dudelsack

Die Zauberformel

Des Sängers Lust

Hans-Jürgen Siems

Kinder- und Volksliederpotpourri

BESINNLICH

In stiller Nacht

Der Abend

Die Mär vom Wiachtel

Herr Odes und die Flüchtlinge

Moslemische Weihnachten

Das nicht gewünschte Geschenk

GLÜCKLICH

ZEIT

Komm! Lass‘ uns von vorne anfangen!

Wir haben noch Zeit!

Aber wieviel Zeit haben wir noch?, fragst du und

drehst dich um und

suchst die Zeit, die hinter dir liegt.

Aber du siehst sie nicht,

obwohl sie Spuren hinterlässt.

Du meidest den Stillstand

und flüchtest vor dem Gestern,

sagst dennoch, früher war alles besser,

aber morgen wird alles anders.

Dann sagst du, du hast keine Zeit.

Da sage ich dir:

Wer hat die schon?

Die Zeit, die kannst Du nicht besitzen

wie ein Sofa mit ’nem dicken Kissen.

Die Zeit kann ich nicht kaufen,

obwohl man sagt, dass sie kostbar sei.

Ich kann sie nicht waschen oder kämmen,

und an die Leine kann ich sie auch nicht binden,

obwohl sie neben mir läuft.

Ich kann sie nicht wegpacken oder verstecken,

wie ein Geschenk zu Weihnachten:

Ich kann dir meine Zeit nicht schenken.

Denn meine ist eine andere – relativ gesehen.

Deine Zeit ist für mich nicht greifbar.

Zwischen deiner Zeit und meiner Zeit liegt

das Warten.

Auf was, fragst du?

Auf das Versprechen, gemeinsam die Zeit zu füllen.

Stattdessen schlägst du die Zeit tot

und kommst dabei in Zeitnot.

Also: Hier, an diesem Ort, an dem genau ich jetzt bin,

kann ich morgen wieder sein,

aber nicht zur selben Zeit, weil

die jetzige Zeit morgen die gestrige ist.

Die Zeit ist an keinem festen Ort.

Das Jetzt ist die Wegkreuzung zwischen Gestern und Morgen.

Komm! Lass‘ und von vorn anfangen!

Wir haben noch Zeit.

Aber wieviel Zeit haben wir noch?, fragst du.

Haben wir gemeinsam eine gemeinsame Zeit?

Die Zeit ist subjektiv und egoistisch,

deswegen ist meine Zeit nicht deine.

Ich frage mich schon lange nicht mehr,

wo meine Zeit geblieben ist.

Ich kann meine Zeit nicht festhalten,

greife ich zu, liegt sie schon hinter mir.

Und die Zeit, die vor mir liegt,

ist unbekannt und unsichtbar.

Und wenn du meine Zeit trotzdem streifst,

ist unser Moment unangreifbar.

Für mich dauert der Moment

wie der Weg der Schnecke von A nach B,

für dich ist er vielleicht nur eine flüchtige Bewegung.

Komm! Lass‘ uns von vorn anfangen!

Wir haben noch Zeit!

Das Jetzt, unser Jetzt, ist unsere Kreuzung gen Morgen.

Lass‘ uns so tun, als ob er, der Weg, uns folgen muss

und wir nicht ihm.

Auch wenn ein Weg früher endet als der andere,

und dann der andere eine weitere Zeit hat:

Dann ist das unvermeidbar, aber nicht tragisch:

Unsere Zeit ist die Erinnerung an das ewige Jetzt.

Unser Leben ist ein Wartezimmer, niemand ruft uns auf. Unser Dopamin – das sparen wir immer, falls wir es später brauchen. Wir sind jung und haben so viel Zeit, warum soll’n wir was riskieren? Wir wollen keine Fehler machen, wollen auch nichts verlieren.

Julia Engelmann,Ausschnitt ausEines Tages, Baby

GLÜCK

An Julia

Für deine Gedanken

Und Worte

Für deine Leichtigkeit

Alltägliches einzigartig zu sehen

für dein Dopamin, das

gelähmte Worte in Bewegung setzt

muss ich dir danken.

Ich stelle mir vor, du fliegst

Neben mir und

Mit mir

Durch meine Zeit

Du wirst Lachfalten sehen

Und Tränen

Wiederholungen hören

Fragen nach dem Sinn und dem Verpassten

Dass ich ein Kind war

Das in seinem Jetzt die Gegenwart nicht verstand.

Ich hatte Glück!

Eltern stolperten über Trümmer

Bauten aus ihnen

Häuser

Verbargen in ihnen

Ihre gerissenen Seelen –

Ich tanzte darin

Ohne Schmerzen zu kennen

Aber tobte gegen ergraute

Werte

Aufruhr gegen verstaubte

Gedankenklamotten und

Mottenpulver für Zucht und Ordnung

Dutschke und Konsorten

Bis heute hinterlasse ich keine Geschichte

Lebe täglich ohne Kommentar

Ohne Kugeln, die um meinen Kopf fliegen

Ohne Grimm meinem Feind gegenüber

Denn ich habe keinen – bisher

Der mir meine Lebensbahn vorschreibt

Ich hatte Glück!

Und wo lebst Du, Julia?

Du rast durch einen Kosmos des

Paradoxen:

Eine leicht zu bereisende Welt -

atomisiert und verkrustet zugleich

Propheten mit schwarzen

Gewändern auf ihren Seelen

Mächtige mit demselben hinterlistigen Blick

Brüllen No oder Njet -

Austauschbar -

Träume sind wieder in Gefahr.

Ich hatte Glück!

Mach weiter, Julia!

Bausch‘ fluffige Wolkengedanken und

Lass‘ sie ausregnen in vertrocknete

Synapsen.

Dein Dopamin bewegt.

ICH MÖCHTE MIT DIR INS BLAUE LAUFEN

Wenn meine Pfade steinig werden

Und Hoffnung wie Sand durch Finger rieselt