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Dieses eBook: "König Heinrich IV. / King Henry IV - Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch) / Bilingual edition (German-English)" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. - This carefully crafted ebook: "König Heinrich IV. / King Henry IV - Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch) / Bilingual edition (German-English)" is formatted for your eReader with a functional and detailed table of contents. - Diese Zweisprachige Shakespeare Ausgabe hilft dem Leser Shakespeare besser zu verstehen und zu interpretieren, ist praktisch beim Nachschlagen und sehr nützlich um Englisch / Deutsch als Fremdsprache zu Lernen oder zu Lehren. - This bilingual Shakespeare edition helps the reader to understand and to interpret Shakespeare better, is practical for looking up text passages and very useful for learning and teaching german / english language through classic literature. - "Heinrich IV." ist ein Historiendrama in zwei Teilen in Versen und Prosa von William Shakespeare, entstanden 1596/97. Die Titelfigur ist der englische König Heinrich der Vierte (1366/67−1413). Beide Teile wurden 1597 uraufgeführt. - Henry IV (in 2 parts) is a history play by William Shakespeare. It is the second play in Shakespeare's tetralogy dealing with the successive reigns of Richard II, Henry IV (two plays), and Henry V. - William Shakespeare (1564-1616) war ein englischer Dramatiker, Lyriker und Schauspieler. Seine Komödien und Tragödien gehören zu den bedeutendsten und am meisten aufgeführten und verfilmten Bühnenstücken der Weltliteratur. - William Shakespeare (1564-1616) was an English poet, playwright and actor, widely regarded as the greatest writer in the English language and the world's pre-eminent dramatist.
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Übersetzer / Translators: Christoph Martin Wieland
(german)
Inhalt
PERSONEN
ERSTER AUFZUG
ERSTE SCENE
ZWEYTE SCENE
DRITTE SCENE
VIERTE SCENE
ZWEYTER AUFZUG
ERSTE SCENE
ZWEYTE SCENE
DRITTE SCENE
VIERTE SCENE
FÜNFTE SCENE
SECHSTE SCENE
SIEBENDE UND ACHTE SCENE
NEUNTE SCENE
ZEHNTE SCENE
EILFTE SCENE
ZWÖLFTE SCENE
DRITTER AUFZUG
ERSTE SCENE
ZWEYTE SCENE
DRITTE SCENE
VIERTE SCENE
FÜNFTE UND SECHSTE SCENE
VIERTER AUFZUG
ERSTE SCENE
ZWEYTE SCENE
DRITTE SCENE
VIERTE SCENE
FÜNFTE SCENE
SECHSTE SCENE
FÜNFTER AUFZUG
ERSTE SCENE
ZWEYTE SCENE
DRITTE SCENE
VIERTE SCENE
FÜNFTE SCENE
SECHSTE SCENE
SIEBENDE UND ACHTE SCENE
NEUNTE SCENE
ZEHNTE SCENE
EILFTE SCENE
ZWÖLFTE SCENE
DREYZEHNTE SCENE
König Heinrich der vierte
Heinrich, PRINZ VON WALES,Söhne des Königs.
Johann, HERZOG VON LANCASTER,Söhne des Königs.
WESTMORLAND, von des Königs Parthey. SIR WALTER BLUNT,von des Königs Parthey.
SIR JOHN FALSTAFF, von des Königs Parthey.
Worcester
Northumberland
Hot-Spur
Mortimer Erzbischoff von York
SIR MICHELL, Feinde des Königs.
Dowglas
Owen Glendower
Sir Richard Vernonund
Poins
Gadshill
Peto
Bardolph, Falstaffs Cameraden.
Lady Percy.
Lady Mortimer, Glendowers Tochter.
Die WirthinQuikly.
Ein Scheriff, verschiedne Bediente im Wirthshaus, Fuhrleute, Reisende, und andre stumme Personen.
Die Scene ligt in England.
Der Hof in London.
König Heinrich, der Herzog von Lancaster, der Graf von Westmorland, und andre Lords treten auf.
König Heinrich. Von Sorgen erschüttert und von blassem Kummer abgehärmt, finden wir endlich den Augenblik, wo der geschrekte Friede wieder zu Athem kommen kan, um in abgebrochenen Accenten von neuen Arbeiten zu reden, die an weit entfernten Ufern unsern Muth beschäftigen sollen. Nicht länger soll diese Erde das Blut ihrer eignen Kinder trinken, nicht länger einheimische Zwietracht ihre Felder verheeren, und mit dem eisernen Tritt des Kriegs ihre blühenden Auen zerstampfen. Diese gegeneinander rükende Schlacht-Ordnungen, die gleich den Meteoren eines witternden Himmels, alle von einerley Natur, von einerley Ursprung, noch kürzlich mit der ganzen Wuth eines Bürgerkrieges auf einander stiessen, sollen nun in gleichlauffenden Linien, in schöner einträchtiger Ordnung, einen Weg ziehen; nicht länger sollen Brüder gegen Brüder, Freunde gegen Freunde stehen; nicht länger der mördrische Stahl, gleich einem übeleingescheideten Messer, seinen eignen Herrn verwunden. Nein, meine Freunde; zu jenem geheiligten Grabe Christi, unter dessen heilbringendem Creuz wir zu streiten geschworen haben, wollen wir mit unserm Englischen Kriegsheer ziehen, um diese Ungläubigen aus jenen heiligen Gefilden zu treiben, über welche die gesegneten Füsse gegangen sind, die vor vierzehnhundert Jahren zu unserm Heil an das bittre Creuz genagelt worden sind. Jedoch dieses unser Vorhaben ist schon ein Jahr alt; es ist unnöthig euch zu sagen, daß wir gehen wollen, und wir sind izo nicht deßhalb zusammen gekommen. Laßt mich also von euch vernehmen, mein geliebter Vetter von Westmorland, was unsre Raths-Versammlung gestern wegen dieser wichtigen Unternehmung geschlossen hat.
Westmorland. Gnädigster Herr, man betrieb diese Geschäfte mit grossem Eifer, und es wurden verschiedne Überschläge der Unkosten entworfen: Als ein ganz unverhofter Courier, mit verdrießlichen Zeitungen beladen, dazwischen kam, von denen die schlimmste war, daß der edle Mortimer, der die Leute von Hereford-Schire gegen den aufrührischen Glendower führte, von den Welschen gefangen, und über tausend von seinen Leuten niedergemezelt worden seyen, an deren todten Körpern die Weiber der Welschen solche Mißhandlungen, eine so viehische schaamlose Verstümmlung ausgeübt, die ohne Erröthen sich nicht erzählen läßt.
König Heinrich. Es scheint also, die Nachrichten von diesem Aufstand haben unser Geschäfte nach dem gelobten Lande abgebrochen?
Westmorland. Diese von noch mehrern begleitet, thaten es, Gnädigster Herr; denn es kamen noch mehr ungleiche und mißbeliebige Zeitungen aus Norden an. Am Kreuz-Erhöhungs-Tag geriethen dieser muthreiche Hot-Spur, der junge Heinrich Percy, und Archibald, dieser tapfre und ruhmvolle Schotte, zu Holmedon in ein blutiges Handgemeng, soviel man aus den Anstalten und der Wut des Angriffs schliessen konnte; denn derjenige, der diese Zeitung brachte, eilte mitten in der stärksten Hize des Gefechts davon, ohne den Ausgang abzuwarten.
König Heinrich. Hier ist ein werther und getreu-eifriger Freund, Sir Walter Blunt, der nur eben von seinem Pferd abgestiegen ist, um uns von Holmedon die willkommne Nachricht zu bringen, daß der Graf von Douglas geschlagen sey. Zehntausend kühne Schotten, und drey und zwanzig Ritter sah Sir Walter auf den Ebnen von Holmedon in ihrem Blute sich wälzen. Mordak, Grafen von Fife, den ältesten Sohn des geschlagnen Douglas, und die Grafen von Athol, Murry, Angus und Menteith hat Hot-Spur gefangen bekommen. Ist das nicht eine schöne Beute? Eine edle That? Ha, Vetter, ist es nicht?
Westmorland. In der That, ein Sieg, worauf ein Prinz stolz zu seyn Ursach hätte.
König Heinrich. O warum nennst du dieses Wort, um traurige Gedanken in mir zu erregen, und mich zur Sünde des Neids zu reizen, daß Milord Northumberland der Vater eines so würdigen Sohns seyn soll; eines Sohns, dessen Namen der Ruhm stets im Munde fährt; der gleich dem höchsten Baum in einem Hayn, über alle andre emporragt; der Liebling des Glüks, und ihr Stolz; indeß daß ich mit eben dem Blik, der seinen Ruhm übersieht, zügellose Schwelgerey und Schande die Stirne meines jungen Harry besudeln sehe. O könnt' es bewiesen werden, daß irgend eine nächtliche trippelnde Fee unsre Kinder in der Wiege verwechselt, und meinen Sohn Percy, den Seinigen Plantagenet genennt hätte! – – Aber laßt mich diesen Gedanken nicht nachhängen – – Was denkt ihr Vetter, von dieses jungen Percy Stolz? Er behält die Gefangenen, die er in diesem Gefechte machte, für sich zurük; und läßt mir sagen, daß ich keinen als Mordake, den Grafen von Fife, haben soll.
Westmorland. Das ist seines Oheims Eingebung, das ist Worcester, der allen Anscheinungen nach übel gegen euch gesinnt ist; der ists, der ihn seine Federn aufblähen, und seinen jungen Kamm gegen eure Hoheit emporsträuben macht.
König Heinrich. Ich habe nach ihm geschikt, um ihn deßwegen zur Verantwortung zu ziehen, und das ist die Ursach, weswegen wir genöthigt sind, unser heiliges Vorhaben nach Jerusalem aufzuschieben. Vetter, wir wollen auf nächsten Mittwoch unsern grossen Rath in Windsor versammeln. Benachrichtiget die Lords hievon, aber eilet schleunig zu uns zurük; dann es muß noch mehr gesagt und gethan werden, als uns der Unwille izt zu sagen erlaubt.
Westmorland. Ich gehorche, mein gebietender Herr.
(Sie gehen ab.)
Ein Zimmer des Cron-Prinzen.
Heinrich, der Prinz von Wales, und Sir John Falstaff treten auf.
Falstaff. He, Hal,Harry und Hal, sind abgekürzte Namen, statt Heinrich, so in vertraulichem Umgang gebraucht worden. was für Zeit ists am Tage, Junge?
Prinz Heinrich. Deine löbliche Gewohnheit, dich in altem Sect zu besauffen, zu fressen, bis du alle Knöpfe aufthun must, und den ganzen Nachmittag auf Bänken zu schnarchen, wikelt deinen Wiz in soviel Fett und Schmeer ein, daß du so gar verlernst, recht zu fragen, was du recht wissen möchtest. Was, zum Teufel, hast du mit der Zeit am Tag zu thun? Ja, wenn die Stunden Becher voll Sect wären, die Minuten Capaunen, die Gloken Zungen von Kupplerinnen, die Uhren Schilde von H**häusern, und die schöne Sonne selbst ein hübsches roßiges Mensch in feuerfarbem Taft, dann liesse sich noch begreiffen, warum du nach der Zeit fragtest.
Falstaff. Mein Treu, ihr geht mir nah' zu Leibe, Hal; denn wir andern, die vom Beutelschneiden Handwerk machen, und beym Mond und dem Silbergestirn herumgehen, und nicht beym Phöbus, »ihm dem edeln Knecht so schön«,he, that wandring Knight so fair – – eine Zeile aus einer alten Ballade. aber ich bitte dich, mein süsses Närrchen, wenn du einmal König bist – – wozu Gott deine Gnaden (Majestät wollt' ich sagen, denn Gnade wirst du keine haben) – –
Prinz Heinrich. Wie? Keine?
Falstaff. Nein, mein Seel, nicht so viel als zu einem Prologus für ein paar Eyer in Butter nöthig ist.
Prinz Heinrich. Gut, und wie weiter? Hey da, rund heraus, keine Umstände!
Falstaff. Sapperment nun dann, Närrchen, wenn du König bist, so sorge hübsch dafür, daß wir andre ehrlichen Kerle, die ihr Handwerk bey Nacht treiben, bey Tage von der Justiz ungeschoren bleiben. Laß uns der Diana ihre Forster bleiben, Ritter vom Schatten, Lieblinge des Monds; und laß die Leute sagen, wir seyen Leute von guter Aufführung, da wir, gleich der See, von unsrer edeln und keuschen Gebieterin, dem Mond, geführt werdenDie Spässe des Hrn. John Falstaff sind nicht immer übersezlich, weil sie sich gar zu oft auf Wortspiele gründen, wie hier, wo government und govern in einer ganz verschiednen Bedeutung genommen werden, die sich im Deutschen nicht recht ausdrüken ließ, und weswegen auch die Antwort des Prinzen nicht recht paßt. , unter deren Schuz und Anführung wir – – stehlen.
Prinz Heinrich. Du hast recht, und dein Gleichniß paßt nicht übel; das Glük von uns andern Mond-Rittern, nimmt immer ab und zu wie die See, weil es wie die See vom Mond beherrscht wird. Zum Exempel, ein Beutel mit Gold herzhaft weggeschnappt in lezter Montags-Nacht, wird wieder lüderlich durchgebracht am Dienstag-Morgen; mit Fluchen und leg ab gewonnen, mit Jauchzen und bring herein durchgewonnen; izt in einer so niedrigen Ebbe als der Fuß einer Leiter, und in einem Augenblik in einer so hohen Fluth als der Querbalken eines Galgens.
Falstaff. Meiner Six, du hast recht, Junge; und ist meine Wirthin in der Schenke nicht ein recht angenehmes Mensch?
Prinz Heinrich. Wie der Honig von Hybla, alter Junge; und ist nicht ein Wamms von Büffel ein recht angenehmes Stük Kleidung auf die Dauer?
Falstaff. Wie, was, was willt du damit sagen, närrischer Junge? Was gehen mich deine Sticheleyen und deine Quidditäten an? Was, Pestilenz! hab' ich mit einem Wamms von Büffel zu thun?
Prinz Heinrich. Und was, schwere Noth! Hab ich mit meiner Wirthin in der Schenke zu thun?
Falstaff. Gut, hast du sie nicht oft und viel zum Abrechnen geruffen?
Prinz Heinrich. Hab ich dich jemals geruffen, daß du deinen Theil an der Zeche zahlen sollst?
Falstaff. Nein, die Gerechtigkeit muß ich dir wiederfahren lassen, du hast alles dort bezahlt.
Prinz Heinrich. Ja, und allenthalben, so lang mein Sekel reichte; und wenn er leer war, so hab ich meinen Credit gebraucht.
Falstaff. Das ist wahr, und so gebraucht, daß, wenn es nicht vermuthlich wäre, daß du der vermuthliche Erbe – Aber ich bitte dich, Närrchen, willt du auch noch einen Galgen in England stehen lassen, wenn du König bist? Willt du zugeben, daß ein resoluter Kerl von dem alten rostigen grotesken Popanz, Gesez, sich schicanieren lassen soll? Hänge mir ja keinen Dieb, wenn du König bist, das sag' ich dir.
Prinz Heinrich. Das will ich auch nicht; du sollt sie hängen.
Falstaff. Ich? Unvergleichlich! Beym Sapperment! Ich will ein vortrefflicher Richter seyn.
Prinz Heinrich. Du verstehst mich nicht; ich meyne, du sollst in Person die Diebe hängen, und also ein vortrefflicher Henker werden.
Falstaff. Gut, Hal, gut; das wär' ein Handwerk das sich zu meinem Humor so gut schikte, als bey Hof aufzuwarten, das kan ich dir sagen. Schlapperment! ich bin so schwermüthig wie ein Kater, oder wie ein Bär, den man bey den Ohren zieht.
Prinz Heinrich. Oder wie ein alter Löwe, oder wie eines Liebhabers Laute?
Falstaff. Ja, oder wie die Scharrpfeiffe in einem Lincolnschirer Dudelsak.
Prinz Heinrich. Was sagst du zu einem Hasen, oder zur Melancholey einer Koth-Lache?
Falstaff. Du hast Gleichnisse von schlimmem Geschmak; und du bist in der That der allerunvergleichlichste ausserordentliche Spizbube von einem artigen jungen Prinzen – – Aber, Hall, ich bitte dich, plage mich nicht mehr mit solchen eiteln Dingen; ich wollte zu Gott, du und ich wüßten eine Gelegenheit, wo man gute Namen zu Kauff kriegen könnte; ein alter Lord aus dem Staats-Rath kriegte mich lezthin euertwegen auf der Strasse zu paken, Sir; aber ich gab nicht acht darauf was er sagte, ob er gleich sehr weislich sprach, und noch dazu auf der Strasse.
Prinz Heinrich. Du thatest wol, denn die Weisheit läßt ihre Stimme hören auf den Gassen, und niemand achtet ihr.
Falstaff. O du hast eine verdammte Anziehungs-Kraft, mein Seel, du könntest einen Heiligen verführen. Du hast mir viel böses gethan, Hal, Gott vergeb es dir. Eh ich dich kannte, Hal, wußt' ich nichts; und izt bin ich, wenn einer die Wahrheit sagen wollte, wenig besser als einer von den Schlimmsten. Ich muß diß Leben aufgeben, und ich will es aufgeben; bey G***, wenn ich es nicht thue, so sey ich ein Hunds**! Ich will keinem Königssohn in der Christenheit zulieb zum T** fahren.
Prinz Heinrich. Wo wollen wir morgen einen Beutel rauben, Hans?
Falstaff. Wo du willt, Junge, ich mache mit; thue ichs nicht, so heisse mich einen Hunds** und gieb mir Maulschellen.
Prinz Heinrich. Die Beßrung deines Lebens geht gut von statten, wie ich sehe; nur erst Stoßseufzer, izt Strassenrauben.
Falstaff. Wie, Hal, das ist mein Beruf, Hal; es ist einem keine Sünde, in seinem Beruf zu arbeiten. He! wer kommt? Poins! Nun werden wir hören, ob Gadshill etwas ausfündig gemacht hat – – O wenn die Leute aus Verdienst selig würden, welches Loch in der Hölle wäre heiß genug für diesen da!
Poins zu den Vorigen
Falstaff. Das ist der allgewaltigste Spizbube, der jemals einem ehrlichen Mann Halt! zugeruffen hat.
Prinz Heinrich. Guten Morgen, Ned.
Poins. Guten Morgen, mein lieber Hal. Was sagt Monsieur Gewissen? Was sagt Sir John Sect und Zukerhans? Wie habt ihr's mit einander, du und der Teufel, wegen deiner Seele, die du ihm verwichnen Char-Freytag um ein Glas Madera-Wein und einen kalten Capaunen-Schenkel verkauft hast?
Prinz Heinrich. Sir John hält sein Wort; der Teufel soll seine Waare haben; ihr wißt daß er nie kein Sprüchwort gebrochen hat; er wird dem Teufel geben, was ihm gehört.
Poins. So wirst du verdammt, wenn du dem Teufel dein Wort hältst?
Prinz Heinrich. Sonst würde er verdammt, weil er den Teufel betrogen hätte.
Poins. Aber, meine Jungens, meine Jungens, morgen früh, um vier Uhr, nach Gadshill; es sind Pilgrims auf dem Weg, die mit reichen Opfern nach Canterbury, und Kauffleute die mit wohlgespikten Beuteln nach London gehen. Ich habe Visiere für euch alle, und ihr habt Pferde für euch selbst. Gadshill ligt diese Nacht zu Rochester, ich hab auf morgen Nachts ein Nacht-Essen in East-Cheap bestellt. Es ist eine Sache die wir so sicher thun können, als schlaffen; wenn ihr gehen wollt, so will ich euch eure Beutel mit Cronen voll stopfen; wollt ihr nicht, so bleibt da, und der Henker hole euch.
Falstaff. Hört ihr, Yedward; wenn ich daheim bleibe und nicht mit gehe, so will ich euch dafür hängen, daß ihr gegangen seyd.
Poins. Willt du das, Vielfraß?
Falstaff. Hal, willt du einer von uns seyn?
Prinz Heinrich. Wer, ich rauben? Ich, ein Dieb? Nein, bey meiner Treu!
Falstaff. Du hast weder Ehre noch Tapferkeit im Leibe, wenn du das thust; du willt deine guten Freunde so im Stich lassen? Meiner Six, du hast keinen Tropfen königliches Blut im Leib, wenn du nicht um zehn Schillinge das Herz hast zu ruffen: Halt!
Prinz Heinrich. So sey es dann, einmal in meinem Leben will ich ein Tollkopf seyn.
Falstaff. Nun, das heißt einmal brav gesprochen.
Prinz Heinrich. Nein, geh' es wie es will, ich bleibe zu Hause.
Falstaff. Bey G** so will ich ein Verräther seyn, wenn du König bist.
Prinz Heinrich. Ich bekümmre mich nichts darum.
Poins. Sir John, ich bitte dich, laß den Prinzen und mich allein; ich will ihm solche Gründe vorlegen, daß er gewiß gehen soll.
Falstaff. Gut, mögest du den Geist der Ueberredung haben, und er Ohren zu hören, damit was du redest bewegen möge, und was er hört geglaubt werde. Lebet wohl indessen, ihr sollt mich in East-Cheap finden.
(Falstaff geht ab.)
Poins. Nun, mein lieber süsser Zuker-Prinz, reitet morgen mit mir. Ich hab einen Spaß im Kopf, den ich allein nicht ausführen kan. Falstaff, Bardolph, Peto und Gadshill sollen diese Leute berauben, auf die wir einen Anschlag gemacht haben; ihr und ich wollen nicht dabey zugegen seyn; wenn sie dann die Beute haben, und ihr und ich sie ihnen nicht abjagen, so haut diesen Kopf von meinen Schultern.
Prinz Heinrich. Aber wie werden wir von ihnen kommen, wenn wir mit ihnen ausreiten?
Poins. Wie? Wir wollen vor oder nach ihnen fort, und ihnen einen gewissen Plaz bestimmen, wo wir zusammentreffen wollen, und den können wir ja hernach verfehlen, wenn's uns beliebt; und dann werden sie das Abentheuer allein unternehmen, und sobald sie damit fertig sind, so wollen wir über sie her.
Prinz Heinrich. Gut; aber es ist vermuthlich, daß sie uns an unsern Pferden, an unsern Kleidern, und an hundert andern Merkmahlen erkennen werden.
Poins. Für das ist schon Rath geschaft. Unsre Pferde sollen sie nicht sehen, denn die wollen wir im Wald anbinden; unsre Visiere wollen wir gegen andre verwechseln, wenn wir von ihnen weg sind; und, Sapperment! ich habe Ueberröke von Schetter im Vorrath, unter denen niemand unsre Kleider kennen soll.
Prinz Heinrich. Aber ich besorge, sie werden uns zu stark seyn.
Poins. O was das anbetrift, zween von ihnen kenne ich als ein Paar so ächt-gebohrne Memmen, als jemals den Rüken gewiesen haben; und was den dritten betrift, wenn der sich länger wehrt als recht ist, so will ich alles Gewehr verschwören. Der gröste Spaß von der Sache wird in den miraculosen Lügen bestehen, die dieser nemliche dike Spizbube uns vorsagen wird, wenn wir zum Nacht-Essen zusammen kommen; wie er es zum wenigsten mit dreyßig aufgenommen, was für Hiebe er bekommen, was für Gefahren er bestanden habe; und in der Art, wie wir ihn aller dieser Aufschneidereyen überweisen werden, ligt der Spaß.
Prinz Heinrich. Gut, ich will mit dir gehen; sorge für alles was wir nöthig haben, und erwarte mich auf morgen Nachts in East-Cheap. Leb' wohl.
Poins. Lebet wohl, Milord.
(Poins geht ab.)
Prinz Heinrich. Ich kenne auch alle, und will noch eine Weile diesen zügellosen Humor eurer müßigen Lüderlichkeit in der Höhe halten; aber hierinn will ich die Sonne nachahmen, die den unedeln anstekenden Dünsten erlaubt, ihre Schönheit der Welt zu verbergen; damit, sobald es ihr gefällt, wieder sie selbst zu seyn, sie desto mehr bewundert werde, wenn sie, eine Zeitlang vermißt, auf einmal durch die faulen und häßlichen Wolken hervorbricht, welche sie zu erstiken geschienen hatten. Wenn das ganze Jahr aus lauter Fest-Tagen bestünde, so würde man des Feyerns so überdrüßig werden als des Arbeitens; sie sind nur erwünscht, weil sie selten kommen, und nichts gefällt mehr als seltne Dinge. So werde ich, wenn ich einst dieses ausgelaßne Wesen von mir werfe, und eine Schuld bezahle die ich nie versprochen habe, die Besorgnisse der Leute um so mehr zuschanden machen, je besser ich seyn werde als mein Wort. Und gleich einem glänzenden Edelstein auf einem dunkeln Grund, wird meine Verbesserung, meine Fehler überschimmernd, schöner scheinen, und mehr Augen auf sich ziehen, als ein Leben, das keine Folie hat, wodurch es erhoben wird.
(Er geht ab.)
Verwandelt sich in einen Saal des königlichen Palasts.
König Heinrich, Northumberland, Worcester, Hot-Spur, Sir Walter Blunt, und andre treten auf.
König Heinrich. Mein Blut ist zu kalt und zu milde gewesen, daß es bey einem so unanständigen Betragen nicht aufwallte; ihr habt meine schwache Seite gefunden, und tretet deßwegen meine Geduld mit Füssen; aber versichert euch, ich will künftighin mehr seyn, was meine Würde, als was meine Gemüthsart fordert, die zu sanft und milde gewesen ist, und deßwegen die Ehrfurcht verlohren hat, die eine stolze Seele nur dem Stolzen bezahlt.
Worcester. Unser Haus, Gnädigster Herr verdienet wahrlich nicht daß die Geissel der Grösse gegen selbiges gebraucht werde, und dazu noch eben dieser Grösse, die unsre eigne Hände so stattlich zu machen geholfen haben.
Northumberland. Mein Gnädigster Herr – –
König Heinrich. Worcester, entferne dich; ich sehe Ungehorsam und Drohung in deinen Augen. O Sir, eure Mine ist zu kühn und zu entschlossen, und die Majestät kan unmöglich trozbietenden Stolz auf der Stirne eines Unterthanen dulden. Ihr habt Erlaubniß uns zu verlassen. Wenn wir euern Rath oder eure Dienste nöthig haben, werden wir euch ruffen lassen. (Worcester geht ab.) Ihr wolltet ja reden – – (Zu Northumberland.)
Northumberland. Ja, mein Gnädigster Herr; diese Gefangne die in Eu. Majestät Namen abgefordert wurden, und die Heinrich Percy zu Holmedon gemacht hat, sind, wie er sagt, nicht so schlechterdings verweigert worden, wie man Euer Majestät berichtet hat. Entweder Mißgunst oder Mißverständniß ist dieses Vergehens schuldig, nicht mein Sohn.
Hot-Spur. Mein Gnädigster Herr, ich versagte keine Gefangne; aber dessen erinnre ich mich, wie die Action zu Ende war, und ich, ganz aufgetroknet von Hize und Arbeit, athemlos und abgemattet auf mein Schwerdt mich lehnte, da kam ein gewisser junger Herr, nett, zierlich aufgepuzt, frisch wie ein Bräutigam, und sein kürzlich abgeschohrnes Kinn sah aus wie ein Stoppeln-Feld im Herbst. Er war parfumirt wie ein Specerey-Krämer, und hielt zwischen seinem Finger und seinem Daumen eine Schnupf-Büchse, die er alle Augenblike vor die Nase hielt; immer hatte er was zu lächeln und zu schwazen; und wie die Soldaten todte Körper vorbey trugen, hieß er sie ungezogne Flegel, eine so unsaubre und unartige Bürde zwischen den Wind und seine Adeliche Person zu bringen. Er fragte mich mit einem Strom von Sonntags- und Frauenzimmer-Redensarten nach hundert Sachen, und forderte mir endlich auch, zu Handen Eurer Majestät meine Gefangnen ab. Ich, den meine Wunden überall schmerzten, und verdrießlich darüber, daß mich ein solcher Papagay zur Unzeit übertäuben sollte, antworte ihm im Unmuth und in der Ungeduld, ich weiß nicht was; er sollte sie haben, oder er sollte sie nicht haben; denn es machte mich toll, etwas das einem Mann ähnlich sah, vor mir zu sehen, das von so vielen Farben schimmerte, und so süß roch, und von Flinten und Trummeln und Wunden so Kammerfräulein-mäßig redte, und mir sagte, für eine innerliche Quetschung sey kein unfehlbarers Mittel als Spermacet, und es sey recht zu bedauren, sey es, daß dieser verfluchte Salpeter aus den Eingeweiden der unschuldigen Erde hervorgegraben worden sey, der so viele brave wolgewachsene Leute so elendiglich umgebracht habe: Und wenn nur diese nichtswürdigen Flinten nicht wären, so würde er selbst ein Soldat geworden seyn – – Auf alles dieses sein kühles, unzusammenhängendes Geplauder gab ich also, Gnädigster Herr, nur obenhin Antwort wie ich sagte; und ich bitte euch, laßt seinen Bericht nicht die Gültigkeit einer Anklage gegen einen Mann haben, der eurer Majestät so ergeben ist als ich.
Blunt. Die Umstände in Ueberlegung gezogen, Gnädigster Herr, so könnte alles was Harry Percy damals zu so einer Person, an so einem Ort, und in so einer Zeit gesagt haben möchte, billiger Maassen für todt und abgethan gehalten, und nimmer zu seinem Nachtheil wieder erwähnt werden. Denn was er damals sagte, dem entsagt er ja izo wieder, wie ihr seht.
König Heinrich. Wie, und doch weigert er sich seine Gefangnen auszuliefern, ausser mit der Bedingung, daß wir seinen Schwager, den närrischen Mortimer, unverzüglich auf unsre eigne Unkosten auslösen sollen; ihn, der geflissentlich das Leben aller derjenigen aufgeopfert hat, die er gegen diesen Zauberer, diesen verdammten Glendower anführte, dessen Tochter, wie wir hören, Mortimer kürzlich geheurathet hat. Sollen unsre Kisten etwann ausgeleert werden, um einen Verräther heimzukauffen? Nein, auf den nakten Wallischen Bergen laßt ihn verhungern; nimmer werd' ich den Mann für meinen Freund halten, dessen Zunge von mir nur den Aufwand eines Pfennigs verlangt, den aufrührischen Mortimer auszulösen.
Hot-Spur. Den aufrührischen Mortimer? Das veränderliche Glük des Kriegs, nicht sein Wille, hat ihn in die Hände der Feinde fallen lassen, Gnädigster Herr; und zum Beweiß daß dieses die Wahrheit sey, braucht es keine andre Zeugen, als alle diese Wunden, die er empfieng, da er an dem beschilften Strande des anmuthigen Severns, in einzelnem Kampf, Stirne gegen Stirne, den grösten Theil einer Stunde lang den furchtbaren Glendower aufhielt. Dreymal ruhten sie, um wieder zu Athem zu kommen, dreymal tranken sie, auf Verabredung, vom Wasser des schnellen Severns, der, von ihren blutigen Bliken erschrekt, angstvoll zwischen seinem zitternden Schilfrohr fortrann und sein krauses Haupt im holen Ufer verbarg, vom Blut dieser muthigen Kämpfer beflekt. Niemals hat unedle heuchlerische Verrätherey ihren Anschlägen mit so tödtlichen Wunden eine Farbe angestrichen; so großmüthig verschwendet kein Verräther sein Blut. Gestattet also nicht, Gnädigster Herr, daß der edle Mortimer durch eine so unverdiente Beschuldigung entehrt werde.
König Heinrich. Du lügst zu seinem Vortheil, Percy, du lügst; Niemals ist er mit Glendower ins Handgemeng gekommen; er hätte eben so viel Muth gehabt, es mit dem Teufel aufzunehmen, als mit Owen Glendower. Schämst du dich nicht, solche Dinge vorzugeben? Aber, beym Himmel! von dieser Stund an laßt mich nicht mehr von Mortimer reden hören. Schikt mir eure Gefangnen durch die schleunigste Veranstaltung, oder ihr sollt Nachrichten von mir bekommen, die euch nicht gefallen werden – – Milord Northumland, wir erlauben euch mit euerm Sohn abzureisen. Eure Gefangnen, oder ihr sollt mehr von mir hören.
(König Heinrich geht ab.)
Hot-Spur. Und wenn der Teufel käme und sie mir abheulen wollte, so schik' ich sie nicht. Ich will ihm nach, und ihm das sagen; ich muß meinem Herzen Luft machen, und wenn es mit Gefahr meines Kopfs wäre.
Northumberland. Wie? von Zorn trunken? Verziehe noch einen Augenblik, hier kommt dein Oheim.
Worcester zu den Vorigen.
Hot-Spur. Nicht mehr von Mortimer reden? Aber ich will von ihm reden, und möge meine Seele keine Gnade im Himmel finden, wenn ich mich nicht zu ihm schlage. Entweder will ich alle diese Adern ausleeren, und mein Herzensblut, Tropfen für Tropfen in den Staub hingiessen, oder ich will den zu Boden getretnen Mortimer so hoch in die Luft emporheben als diesen König, diesen undankbaren gefühllosen übermüthigen Bolingbroke.
Northumberland. Bruder, der König hat euern Neffen unsinnig gemacht.
Worcester. Wer brachte ihn denn in Hize, wie ich fortgegangen war?
Hot-Spur. Er will mit Gewalt meine Gefangnen haben, und wie ich darauf bestund, daß er meinen Schwager auslösen sollte, da erblaßt' er wie eine Leiche, indem er mich ansah, und zitterte vor dem blossen Namen Mortimer.
Worcester. Ich kan's ihm nicht verdenken. Wurde nicht Mortimer von Richarden, der nun todt ist, als der nächste Thronfolger erklärt?
Northumberland. Das wurde er; ich war bey der Ausruffung zugegen, es geschah zu eben der Zeit, da der unglükliche König (dessen erlidtnes Unrecht uns Gott verzeihen wolle!) gegen die Irländischen Rebellen auszog; von denen er, durch Englands Aufstand abgeruffen, zurük kehrte, um abgesezt, und bald hernach ermordet zu werden.
Worcester. Eine That, die uns in den Augen der ganzen Welt entehrt, und zum Abscheu gemacht hat.
Hot-Spur. Aber sachte, ich bitte euch – – König Richard erklärte also meinen Bruder Mortimer zum Thronfolger?
Northumberland. Er that es, meine eigne Ohren haben es gehört.
Hot-Spur. Nun, so kan ich den König, seinen Vetter, nicht verdenken, daß er ihn auf den kahlen Bergen verhungert zu sehen wünschte. Aber soll es dann seyn, daß ihr, welche die Crone auf den Kopf dieses undankbaren Mannes seztet, und um seinetwillen den verhaßten Fleken der Verrätherey und des Meuchelmords tragt; soll es seyn, daß ihr eine Welt voll Flüche auf euch nehmen wollt, um die Werkzeuge, die verächtlichen Werkzeuge, die Strike, die Leiter und der Henker eines Bolingbroks zu seyn? (O! vergebet mir, daß ich so schändliche Benennungen gebrauchen muß, um den Mißbrauch anzuzeigen, den dieser listige König von euch macht.) Und soll es, o Schande! soll in unsern Tagen gesagt, und in Jahrbücher auf künftige Zeiten gebracht werden, daß Männer von eurer Geburt und Macht sich, (wie ihr beyde, Gott vergeb' es euch! gethan habt,) zu einer so ungerechten Sache verbunden haben, als diese war, Richarden, diese anmuthige liebliche Rose, zu Boden zu treten, und diesen Dornbusch, Bolingbrok, an seine Stelle zu pflanzen? Soll es zu eurer noch grössern Schande gesagt werden, daß ihr von demjenigen, für welchen ihr dieser Schande euch unterzogen, zur Belohnung mißhandelt, geäffet und verächtlich auf die Seite geworffen worden? Nein, es ist noch Zeit, eure verbannte Ehre wieder zu lösen, und euch in die gute Meynung der Welt wieder einzusezen. Rächet euch, rächet die Beleidigungen dieses übermüthigen Königs, der Tag und Nacht nur darauf denkt, wie er die Schuld, die er euch eingestehen muß, mit euerm Tod bezahlen wolle. Ich sage also – –
Worcester. Nein, Vetter, saget nichts mehr. Es ist nun an mir, euch Geheimnisse von tiefem und gefahrvollem Inhalt zu entfalten, so gefährlich, und verwegen als es wäre, auf der schwachen Brüke eines Speers über einen lautheulenden Waldstrom zu gehen.
Hot-Spur. Fällt er hinein, gute Nacht. Entweder schwimmen oder untergehen – – Sendet Gefahr von Osten gegen Westen, so soll Ehre von Norden gegen Süden sie durchkreuzen, und dann laßt sie sich mit einander herumbalgen – – O! das Blut wallt feuriger einen Löwen aufzuweken, als den Lauf einer Hindin zu beflügeln.
Northumberland. Der Gedanke irgend einer grossen Unternehmung treibt ihn über die Grenzen der Geduld.
Hot-Spur. Beym Himmel, mich däucht, es wäre nur ein leichterHr. Warburton erinnert sich hiebey einer Stelle des Euripides, worinn dieser vortreffliche Mahler der Leidenschaften dem Eteocles den nemlichen Gedanken in den Mund legt: Mutter, ich gesteh es unverhohlen, ich stiege dort wo die Sonne hervor geht über die Sterne hinauf, oder hinab in den Abgrund der Erde, wenn es möglich wäre, der Götter unumschränkten Thron zu bekommen. S. 262 des 1sten Theils des Euripides, nach der Uebersezung des Hrn. Professor Steinbrüchels. Sprung, die glänzende Ehre von dem blaßwangichten Mond herab zu reissen, oder sich in die Tieffe eines bodenlosen Abgrunds hinab zu täuchen, und die ertrunkne Ehre bey den Haaren herauf zu ziehen, wenn der Genuß ihrer Vorzüge mit keinem Nebenbuhler getheilt, der Preiß einer solchen Unternehmung wäre.
Worcester. Mein lieber Vetter, hört mir einen Augenblik zu, wenn es die Lebhaftigkeit eurer Gemüths-Bewegung erlaubt.
Hot-Spur. Ich bitte euch um Vergebung.
Worcester. Eben diese edlen Schotten, die eure Gefangnen sind – –
Hot-Spur. Ich will sie alle für mich behalten; beym Himmel, er soll keinen einzigen haben, kein Haar von einem Schotten, und wenn dieses Haar seine Seele erlösen könnte; ich will sie behalten, bey dieser Hand!
Worcester. Ihr rennt immer fort, und hört mich nicht an; ihr sollt ja diese Gefangnen behalten.
Hot-Spur. Das will ich auch; dabey bleibts. Er sagte, er wolle den Mortimer nicht auslösen; er verbot mir von Mortimer zu reden; aber ich will ihn ausfinden, wenn er schläft, und ihm in sein Ohr hallen: Mortimer! Ich will einen Staaren abrichten lassen, daß er nichts als Mortimer ruffe, und will ihm den Staaren geben, um seinen Zorn immer in Athem zu erhalten.
Worcester. Hört doch, Vetter, nur ein Wort.
Hot-Spur. Hier verschwör ich feyrlich alle andre Gedanken, als wie ich diesen Bolingbroke quälen und tollmachen wolle. Und was diesen eisenfresserischen Prinzen von Wales betrift, dächt' ich nicht, es würde seinem Vater lieb seyn, wenn ihm ein Unglük begegnete, er sollte mir mit einem Krug Weißbier vergiftet werden.
Worcester. Lebt wohl, Neffe; ich will mit euch reden, wenn ihr besser im Stande seyd, zuzuhören.
Northumberland. Wie, was für ein wespen-züngichter, ungeduldiger Narr bist du, in diesen weibischen Humor auszubrechen, und niemand hören zu wollen als dich selbst?
Hot-Spur. Wie? seht ihr, mir ist, als ob ich mit Ruthen gehauen, mit Nesseln gepeitscht und von Ameisen gestochen werde, wenn ich nur den Namen dieses schändlichen falschen Bolingbroke höre. Zu Richards Zeiten – – Wie hieß doch der Ort? – – daß ihn die Pest! – – er ligt in Glocester-Schire – – es war wo der hirnlose Herzog seinen Oheim ins Garn lokte, seinen Oheim York – – wo ich meine Knie zum erstenmal vor diesem König der Liebkosungen, vor diesem Bolingbroke bog; wie ihr und er von Ravenspurg kam't.
Northumberland. Zu Berkley-Castle.
Hot-Spur. Dort war es; ha! was für eine Menge überzükerte Complimente machte mir damals dieser schwänzelnde Windhund vor! Wenn sein unmündiges Glük zu Jahren gekommen seyn würde – – und edler Harry Percy, und liebster Vetter – – Der Teufel hole solche Schmeichler! – – Gott verzeih' mir's! Guter Oheim, sagt izt was ihr wollt, ich bin fertig.
Worcester. Nein, wenn ihr noch nicht fertig seyd, so macht nur fort, wir wollen warten, bis es euch gelegen ist.
Hot-Spur. Ich bin fertig, auf meine Ehre.
Worcester. So wollen wir wieder zu unsern Schottischen Gefangnen. Gebt sie unverzüglich ohne Lösegeld frey, und bedient euch dieses Sohns des Dowglas, um ein Heer in Schottland zusammen zu bringen, welches, um verschiedner Ursachen willen, die ich euch schriftlich zuschiken will, euch ohne Mühe zugestanden werden wird. Ihr, Milord von Northumberland, schleichet euch, indeß daß euer Sohn in Schottland beschäftigt ist, in das Vertrauen dieses edlen und beliebten Prälaten ein, des Erzbischoffs – –
Hot-Spur. Von York, nicht wahr?
Worcester. Ja, der den Tod seines Bruders, des Lord Scroop, zu Bristol, sehr hart empfindt. Ich rede nicht aus blosser Vermuthung, was vielleicht geschehen könnte; sondern von einer Sache, die schon entworffen, beschlossen und verabredet ist; von einer Sache, die nur auf eine solche Gelegenheit wartet, um zum Ausbruch zu kommen.
Hot-Spur. Ich rieche was; bey meinem Leben, es muß gut gehen!
Northumberland. Wie voreilig du bist!
Hot-Spur. Es kan unmöglich anders als ein edler Entwurf werden! Und dann sollen sich die Schottische Macht, und Yorks Anhang mit Mortimer vereinigen, ha!
Worcester. Das sollen sie.
Hot-Spur. In der That, das ist über die Maassen wol ausgesonnen.
Worcester. Die Ursache ist nicht gering, die uns so schleunig als es möglich ist, unsre Köpfe emporzuheben befiehlt, wenn wir sie retten wollen. Denn so niedrig wir sie immer tragen möchten, so wird der König doch immer denken, daß er unser Schuldner sey; und daß wir uns nicht eher für befriedigt halten werden, bis er seine Schuld heimgezahlt habe. Ihr seht ja bereits, wie er uns je länger je mehr von seinem Vertrauen und von seiner Zuneigung entfernt.
Hot-Spur. Das thut er, das thut er; wir wollen Rache an ihm nehmen.
Worcester. Vetter, lebt wohl. Geht nicht weiter in dieser Sache, als ich euch durch meine Briefe anweisen werde. Wenn die Zeit reif seyn wird, und das wird bald seyn, dann will ich in Geheim zu Glendower und Mortimer mich begeben, wo ihr und Dowglas und unsre Völker, auf meine Veranstaltungen, glüklich zusammen kommen sollen, um unser Glük, das izt an einem Faden hängt, in unsern eignen starken Armen zu tragen.
Northumberland. Lebet wohl, Bruder; ich habe die beste Hoffnung, daß alles gut von statten gehen werde.
Hot-Spur. Lebt wohl, Oheim; O laßt die Stunden eilen, bis im blutigen Schlachtfeld das Klirren der Schwerdter und das Aechzen der Sterbenden mein belustigtes Ohr umtönt.
Ein Wirthshaus bey Rochester.
Ein Fuhrmann tritt mit einer Laternen in der Hand auf, ruft dem Hausknecht, und giebt ihm eine Commißion wegen seines Pferds; ein andrer Fuhrmann kommt dazu, und die Flöhe in diesem Wirthshaus, worüber beyde sich beklagen, geben Anlas zu einer kleinen Unterredung im fuhrmännischen Geschmak, worinn, daß dich die Pest! und, geh' an Galgen, die schönsten Blümchen sind. Gadshill, einer aus des Prinzen von Wales Bande, kommt dazu, und erkundigt sich mit guter Manier bey ihnen, wenn die Reisende, mit denen sie in diesem Wirtshaus angekommen, nach London abzugehen gedenken.
Ein kleines Gespräch zwischen Gadskill und einem Bedienten im Wirthshaus, welches, ausser den Nachrichten, die der leztere dem ersten von den Passagiers im Hause giebt, in einer Art von Wizwechsel besteht, wovon der Uebersezer bekennt, daß es ihm unmöglich fällt, die deutsche Sprache damit zu bereichern. Diejenige, welche vielleicht glauben, daß er diese Unmöglichkeit mit etwas weniger Trägheit hätte überwinden können, mögen sich zur Probe an den sinnreichen Wörtern: long-staff-six-penny-strikers, und Mustachiopurple-hued-malt-worms üben; und wenn ihnen auch diese nicht zu schwer seyn sollten, so werden sie doch gestehen, daß die unsaubern Wortspiele, die einen Theil dieser Scene ausmachen, unübersezlich sind. Das beste ist, daß der Leser nicht einen einzigen gesunden Gedanken, oder guten Einfall dabey verliehrt. Man mag aus dem was wir übersezen, den Schluß auf dasjenige machen, was wir auslassen müssen.
Verwandelt sich in die Landstrasse.
Prinz Heinrich, Poins und Peto treten auf.
Poins. Kommt, verbergt euch, verbergt euch; ich habe Falstaffs Pferd auf die Seite gethan, und er murrt wie ein gummierter Sammet.
Prinz Heinrich. Halt dich ruhig.
Falstaff tritt auf.
Falstaff. Poins, Poins! daß du gehangen wärst! Poins!
Prinz Heinrich. Still, du fettnierichter Spizbube, was für ein Geheul machst du da?
Falstaff. Wie, Poins! Hal!
Prinz Heinrich(zu Poins.) Er ist auf den Hügel hinauf gegangen, ich will geh'n und ihn aufsuchen.
Falstaff(auf einer andern Seite.) Das ist meine Straffe davor, daß ich in dieses Diebs Gesellschaft raube; der Raker hat mir mein Pferd auf die Seite gethan, der Henker weiß wo hin. Wenn ich nur noch vier Quadrat-Schuhe weiter zu Fuß gienge, so würd' ich mir den Blasebalg zersprengen. Gut, ich zweifle nicht, daß ich eines schönen Tods für alles diß sterben werde, in so fern ich dem Galgen entgehe, wenn ich diesen Spizbuben todtschlage. Ich habe diese zwey und zwanzig Jahre her seine Gesellschaft stündlich verschworen, und doch bin ich immer mit dem Galgenstrik behext. Ich will gehangen seyn, wenn mir der Raker nicht einen Liebes-Trank eingegeben hat; es kan anders nicht seyn; ich hab' einen Liebes-Trank bekommen. Poins! Hal! Daß ihr die Pest hättet! Bardolph! Peto! Ich will verhungern, wenn ich einen Schritt weiter stehle. Wenn es nicht eine so gute That wär' als ein Glas Bier auszutrinken, wenn ich ein ehrlicher Mann würde und diese Galgenschwengel verliesse, so will ich der ausgemachteste Halunke seyn, der jemals mit Zähnen gekäut hat. Acht Ellen unebner Grund ist siebenzig Meilen für mich, wenn ich zu Fuß gehen muß. Das hol der Henker, wenn Diebe nicht einmal ehrlich an einander seyn können! (Er hört sie flüstern.) He! daß euch die Pestilenz alle mit einander! Gebt mir mein Pferd, ihr Schelme, gebt mir mein Pferd, und geht an den Galgen.
Prinz Heinrich. Schweige, du Schmeer-Bauch, lieg nieder, leg dein Ohr hart an den Boden, und horch, ob du nicht den Fußtritt von Reisenden hören kanst.
Falstaff. Habt ihr ein paar Hebel, oder etliche, daß ihr mich wieder aufheben könnt, wenn ich einmal liege? Sapperment! Ich wollte um alles Geld in deines Vaters Schazkammer, mein eigen Fleisch nicht noch einmal so weit zu Fuß tragen. Was zum T** meynt ihr damit, daß ihr mich so vexiert – – Ich bitte dich, Prinz Hal, hilf mir zu meinem Pferd, guter Königs-Sohn.
Prinz Heinrich. Weg, du Schurke! Soll ich dein Stallknecht seyn?
Falstaff. Geh, und häng dich selbst an deinen eignen Cronprinzlichen Kniebändern auf. Wenn ich ertappt werde, so will ich euch für diesen Streich bezahlen; ich will reden was ich weiß, das glaubt mir. Wenn ich's nicht dahinbringe, daß man Gassenhauer auf euch macht, und sie im Ton von H**liedern in den Strassen singt, so möge ein Becher mit Sect mein Gift seyn! Wenn man einen Spaß so weit treibt, und noch dazu zu Fuß! Ich haß' es!
Gadshill und Bardolph zu den Vorigen.
Gadshill. Steh!
Falstaff. Das thue ich, wieder meinen Willen.
Poins. O, es ist unser Spion, ich kenn' ihn an der Stimme. Bardolph, was giebts Neues?
Bardolph. Maskirt euch, maskirt euch, zieht eure Visiere herab: es kommt dort Geld für den König vom Hügel herunter, Geld, das in des Königs Schazkammer geht.
Falstaff. Du lügst, du Spizbube, es geht in des Königs Wirthshaus.
Gadshill. Es ist genug, uns alle – – (reich zu machen).
Falstaff. An den Galgen zu bringen.
Prinz Heinrich. Ihr Herren, stellt ihr Viere euch ihnen vorn in dem holen Weg entgegen; Ned Poins und ich wollen tiefer herunter gehen; wenn sie euch entrinnen, so fallen sie doch uns in die Hände.
Peto. Aber wie viel sind ihrer?
Gadshill. Ihrer acht oder zehen.
Falstaff. Sakerlot! So werden sie ja uns berauben.
Prinz Heinrich. Was Sir Hans Wanst für eine Memme ist!
Falstaff. In der That, ich bin nicht Hans von Gaunt, euer Großvater, aber doch auch keine Memme, Hal.
Prinz Heinrich. Gut, wir wollen's auf die Probe ankommen lassen.
Poins. Holla, Jak, dein Pferd steht hinter dem Zaun dort: wenn du's nöthig hast, so wirst du's dort finden. Lebt wohl und haltet euch wohl!
Prinz Heinrich(zu Poins leise.) Ned, wo sind unsre Ueberkleider?
Poins. Hier, hart an uns; Laßt euch ja nicht sehen.
(Sie gehen auf die Seit.)
Falstaff.
Einige Reisende treten auf.
Reisende. Kommt, Nachbar; der Junge soll unsre Pferde den Hügel herunter führen; wir wollen eine Weile zu Fuß gehen, um eine Veränderung zu machen.
Die Diebe. Halt!
Reisende. Gott helf uns!
Falstaff. Schlagt zu; nieder mit ihnen, schneidet den Lumpenhunden die Hälse ab, ha! Ihr verfluchtes Ungeziefer, ihr Schlingel von Spekfressern; sie sind unsre Feinde, zu Boden mit ihnen, zieht sie aus.
Reisende. O wir sind verlohren, wir und die unsrigen auf immer.
Falstaff. An den Galgen, ihr dikbauchichten Schurken, seyd ihr verlohren? Nein, ihr fetten Lümmel, ich wollt' euer ganzer Vorrath wäre hier; nieder, ihr Spekseiten etc.
(Sie binden und berauben die Reisenden, und gehen ab.)
Prinz Heinrich und Poins treten auf.
Prinz Heinrich. Die Diebe haben die ehrlichen Leute gebunden; wenn izt du und ich die Diebe berauben, und mit der Beute im Triumph nach London ziehen könnte, das wäre eine Materie für eine Woche, ein Gelächter für einen Monat, und ein Spaß für immer.
Poins. Sachte, ich höre sie kommen.
Die Diebe kommen zurük.
Falstaff. Kommt, meine Herren, wir wollen theilen, und dann zu Pferde, eh der Tag anbricht. Wenn der Prinz und Poins nicht zwo ausgemachte Memmen sind, so ist keine Billigkeit mehr in der Welt. Dieser Poins hat nicht mehr Herz als eine wilde Ente.
(Indem sie theilen, werden sie von dem Prinzen und Poins überfallen.)
Prinz Heinrich. Euer Geld!
Poins. Ihr Galgenschwengel!
(Die Diebe rennen fort, und Falstaff, nachdem er einen oder zween Streiche bekommen, läuft auch davon, und läßt die Beute dahinten.)
Prinz Heinrich. Das hat nicht viel Mühe gekostet. Nun lustig zu Pferd; die Diebe sind zerstreut, und in einen so grossen Schreken gesezt, daß sie das Herz nicht haben, sich wieder zu sammeln; ein jeder hält den andern für einen Gerichtsdiener. Hinweg, guter Ned. Wie wird der arme dike Falstaff izt schwizen! Wenn ich nicht lachen müßte, ich könnte Mitleiden mit ihm haben.
(Sie gehen ab.)
Lord Percys Haus.
Hot-Spur tritt allein auf, einen Brief lesend.
Hot-Spur. »Was mich selbst betrift, Milord, so könnt ich um der Freundschaft willen, die ich gegen euer Haus trage, wünschen, dort zu seyn.« Er könnte wünschen dort zu seyn; warum ist er denn nicht dort? »Um der Freundschaft willen, die er gegen unser Haus trägt.« Es zeigt sich aus diesem, daß er seinen eignen Speicher mehr liebt als unser Haus. Laßt doch weiter sehen: »Euere Unternehmung ist gefährlich.« Das wissen wir; es ist gefährlich einen Schnuppen zu kriegen, zu schlaffen, zu trinken; aber laßt euch sagen, Milord Hasenfuß, daß wir aus dieser Nessel-Gefahr, die Blume, Sicherheit, pflüken wollen. »Eure Unternehmung ist gefährlich, die Freunde, die ihr nennt, sind ungewiß, die Zeit selbst ist unschiklich, und euer ganzer Entwurf zu leicht, einem so mächtigen Widerstand das Gegengewicht zu halten.« Sagt ihr das, sagt ihr das? So sag ich euch wieder zurük, daß ihr eine schüchterne feige Hindin seyd, und daß ihr lügt. Wo hat denn der Mann sein Hirn? Bey G**! Unser Entwurf ist ein so guter Entwurf als jemals einer gemacht worden ist; unsre Freunde sind zuverläßig und standhaft; ein guter Entwurf, gute Freunde, und von denen man sich alles versprechen kan; ein vortrefflicher Entwurf und recht gute Freunde! Was für ein kaltherziger Schurke das ist! Wie? Milord von York billigt und begünstigt das Vorhaben selbst und den Entwurf, und diese Memme hier – – Bey meiner Hand, wär' ich bey ihm, ich könnte ihm mit seiner Frauen Luftfächer das Hirn ausschlagen. Ist nicht mein Vater, mein Oheim und ich selbst dabey? Lord Edmund Mortimer, Milord von York, und Owen Glendower? Ist nicht Dowglas dabey? Hab' ich nicht von ihnen allen Briefe, daß sie auf den neunten dieses Monats ihre Waffen mit den meinigen vereinbaren wollen? Sind nicht einige von ihnen würklich schon ausgerükt? Was für ein verdammter Schurke ist das! Ha, ihr werdet nun sehen, daß er in der Aufrichtigkeit seiner Zagheit und seines kalten Bluts zum Könige gehen, und unser ganzes Vorhaben entdeken wird. O ich könnte mich selbst in zwey spalten, daß ich eine solche Schüssel voll geschwungne Milch in eine so edle Unternehmung habe einmengen wollen. An den Galgen mit ihm, er mag es dem König sagen. Wir sind gerüstet, ich will diese Nacht noch vorrüken. – –
Lady Percy zu Hot-Spur.
Hot-Spur. - – Was giebt's, Käthe? Ich muß dich in zwo Stunden verlassen.
Lady. O mein liebster Lord, warum seyd ihr so allein? Wegen was für eines Verbrechens ist eure Gemahlin diese Nacht von ihres Harrys Bette verbannt worden? Sage mir, mein Liebster, was ist es, das dir deinen Appetit, dein Vergnügen und deinen Schlaf raubt? Warum heftest du deine Augen auf den Boden? Warum fährst du so oft auf, wenn du allein sizest? Warum hast du die frische Farbe deiner Wangen verlohren? Und warum giebst du mein Kleinod, meine Rechte an dich, der trübsinnigen Schwermuth preiß? Unter deinem unruhigen Schlummer hab ich an deiner Seite gewacht, und dich von Krieg und Schlachten murmeln gehört; du redtest mit deinem Pferde, oder rieffest, Courage! Zum Treffen! Du redtest von Ausfällen und Rükzügen; von Laufgräben, Zelten, Palisaden, Schanzen, Brustwehren, Carthaunen, Canonen, Feldschlangen, von Ranzionen der Gefangnen, und von erschlagnen Soldaten – – Deine Seele war so sehr mit kriegrischer Arbeit beschäftigt, und hat selbst im Schlaf dich in eine so große Bewegung gesezt, daß grosse Schweißtropfen auf deiner Stirne gestanden, und die Muskeln deines Gesichts aufgelauffen sind, wie wir an Leuten sehen, denen vor allzuhastiger Bewegung der Athem zurück bleibt. O! was für schrekenvolle Zeichen sind das! Ihr habt irgend ein schweres Geschäfte vor euch, und ich muß es wissen, oder ihr liebt mich nicht.
Ein Bedienter kommt herein.
Hot-Spur. He! ist Willhelm mit dem Paquet abgegangen?
Bedienter. Ja, Milord, schon vor einer Stunde.
Hot-Spur. Hat der Kellner diese Pferde vom Scheriff gebracht?
Bedienter. Eines, Milord, bracht' er eben izt.
Hot-Spur. Was für eines? Den Rothschimmel, mit den gestuzten Ohren, nicht wahr?
Bedienter. Ja, Gnädiger Herr.
Hot-Spur. Dieser Rothschimmel soll mein Thron seyn. Gut, ich will ihn gleich besteigen. O Esperance!Dieses französische Wort ist vermuthlich da, damit es die Lady Percy nicht verstehen solle. Führte ihn der Kellner in den Parc?
Lady. Aber höret, Milord – –
Hot-Spur. Was willt du sagen, Milady?
Lady. Was führt euch dann weg?
Hot-Spur. Wie? Mein Pferd, Liebe, mein Pferd.
Lady. Weg mit dir, du tollköpfiger Affe! Eine Wiesel hat nicht so viel Spleen als ihr – – Bey meiner Treue, ich will euer Geschäfte wissen, das will ich. Ich fürchte mein Bruder Mortimer geht damit um, seinen Anspruch gelten zu machen, und verlangt euern Beystand; aber wenn ihr geht – –
Hot-Spur. Soweit zu Fuß zu gehen, würde mich müde machen, Liebe.
Lady. Kommt, kommt, ihr kleiner Papagay, antwortet mir geradezu auf das was ich euch frage. Ich breche dir deinen kleinen Finger ab, Harry, wenn du mir nicht die ganze Wahrheit gestehst.
Hot-Spur. Weg, weg, kleiner Kindskopf – – Lieben! Ich liebe dich nicht, ich denke nicht an dich, Käthe; es ist izt keine Zeit mit Puppen zu spielen, und mit Lippen zu fechten. Izt ist es um blutige Nasen, und gespaltete Hirnschädel zu thun – – Was sagst du, Käthe? Was willt du von mir?
Lady. Liebt ihr mich dann nicht mehr? In der That nicht. Gut, so thut es nicht. Denn wenn ich nicht mehr verdiene, von euch geliebt zu werden, so bin ich auch nicht werth, daß ich mich selbst liebe. Liebt ihr mich nicht? Nein, sag mir's, redst du im Scherz oder nicht?
Hot-Spur. Komm, willt du mich reiten sehen? Wenn ich zu Pferd bin, dann will ich schwören, daß ich dich unendlich liebe. Aber hörst du, Käthe, du mußt mich nicht weiter ausfragen, wohin ich gehe; noch Muthmassungen anstellen, warum? Wohin ich muß, muß ich, und um es kurz zu machen, diesen Abend müssen wir scheiden, liebste Käthe. Ich weiß daß du verständig bist, aber doch nicht verständiger als Harry Percy's Weib. Du hast Muth, so viel ein Weibsbild haben soll; und an Verschwiegenheit übertrift dich gewiß kein Frauenzimmer in der Welt. Ich zweifle also keinen Augenblik daran, daß du nichts sagen wirst, wenn du nichts weißst; und in so weit hab' ich ein vollkommnes Zutrauen zu dir, meine süsse Käthe.
Lady. Wie? In so weit?
Hot-Spur. Nicht einen Zollbreit mehr. Aber hörst du, Käthe, wohin ich gehe, sollt du auch gehen. Heute will ich abreisen, und morgen sollst du mir folgen. Bist du nun zufrieden, Käthe?
Lady. Ich muß wohl.
(Sie gehen ab.)
Der Schauplaz verwandelt sich in das Wirthshaus zum Bären-Kopf in East-Cheap.
Ein paar unübersezliche Scenen, im Geschmak der trübsten Hefen der pöbelhaftesten Canaille, zwischen dem Prinzen Heinrich, Poins, Franz, dem Kellerjungen, und dem Wirth. Folgende Stelle ist das Beste davon.
Prinz Heinrich. Ich hab, glaub' ich, auf einmal alle Launen im Leibe, die jemals Launen gewesen sind, seit den alten 'Tagen des guten Großvater Adams bis auf das Säuglings-Alter dieser gegenwärtigen zwölften Stunde Mitternachts. Und doch bin ich nicht von Percy's Humor, dieses Eisenfressers aus Norden, der mir sechs oder sieben Duzend Schotten zum Frühstük todt schlägt, und wascht dann seine Hände, und sagt zu seiner Frauen: Der Henker hole dieses ruhige Leben! Ich habe ja nichts zu thun. »O mein süsser Harry«, sagt sie dann, »wie viele hast du heute todt geschlagen?« Gebt meinem Rothschimmel zu trinken, sagt er, und antwortet ihr eine Stunde drauf ganz kaltsinnig, ihrer vierzehn, oder so was, eine Kleinigkeit – – Ich bitte dich, ruf mir den Falstaff herein; ich will den Percy machen, und der verdammte Schweinsbraten soll die Dame Mortimer, sein Weib, agiren. Ruft den Schmeer-Bauch herein!
Falstaff, Gadshill, Bardolph und Peto zu den Vorigen.
Poins. Willkommen, Jak; wo bist du gewesen?
Falstaff. Daß die schwere Noth alle feige Memmen, sag ich, und die Kränke oben drauf; und Amen! Gieb mir ein Glas Sect, Junge – – Eh ich diese Lebensart fortseze, will ich Fuß-Soken nähen, und sie wieder fliken, wenn sie brechen. Daß die Pestilenz alle feige Memmen! Gieb mir ein Glas mit Sect, Schurke. Ist denn keine Tugend mehr in der Welt?
(Er trinkt.)
Prinz Heinrich. Hast du den Titan nie ein Stük Butter küssen gesehen? und wie es von den zärtlichen Sachen, die er ihm sagte, wegschmolz? Wenn du's gesehen hast, so sieh' diese Composition.
Falstaff. Ihr Galgenschwengel, hier ist ja KalkSir Richard Hawkins, einer von der Königin Elisabeth See-Capitains, sagt in seinen Reisen S. 379: »Seitdem die Spanischen Secte in unsern Wirtshäusern so gemein sind, die in der Zubereitung mit Kalk vermischt werden, um sich länger zu erhalten, beklagt sich unsre Nation über Stein, Wassersucht, und eine Menge andrer Krankheiten, von denen wir nichts wußten, eh der Gebrauch dieser Weine so sehr überhand nahm. Ausserdem vergeht kein Jahr, daß nicht zwey Millionen Cronen dafür aus unserm Lande gehen etc.« Dieses leztere war in der That ein wesentliches Übel. Aber daß Kalk den Stein verursachen soll, muß wohl nur ein Vorurtheil des guten ehrlichen alten Mannes gewesen seyn, indem in einem weit weisern Alter ein altes Weib ihr Glük damit gemacht hat, uns zu zeigen, daß Kalk eine Arzney gegen den Stein sey. in diesem Sect; es ist doch nichts als Schelmerey in spizbübischen Leuten; aber eine Memme ist noch ärger als ein Glas Sect worinn Kalk ist. Eine nichtswürdige Memme! – – Geh deines Wegs, alter Jak, stirb wenn du willt; wenn Tapferkeit, wahre Tapferkeit nicht auf dem ganzen Erdenrund vergessen ist, so bin ich ein Pikling. Es leben nicht drey brave Männer ungehangen in England, und einer von ihnen ist fett, und wird, Gott helf ihm, nach gerade alt – – eine böse Welt, sag ich! Ich wollt' ich wär' ein WeberIn der Verfolgung der Protestanten in Flandern unter Philipp dem 2ten, brachten diejenigen die bey dieser Gelegenheit nach England kamen, die Wollen-Manufacturen mit. Diese waren Calvinisten, welche jederzeit durch ihre Neigung zum Psalmensingen sich unterschieden haben. ; ich könnte Psalmen singen, und Lieder wie man's haben wollte. Daß die Pestilenz alle Memmen, sag ich!
Prinz Heinrich. Was giebts, Wollsak! was brummt ihr?
Falstaff. Ein Königs-Sohn? Wenn ich dich nicht mit einem Dolch von einem Span aus deinem Königreich hinaus jagen, und alle deine Unterthanen wie eine Heerde wilder Gänse vor dir her treiben will, so will ich meine Tage kein Haar mehr an meinem Kinn tragen. Ihr, Prinz von Wales?
Prinz Heinrich. Wie, du H**sohn von einem diken Flegel, was hast du denn?
Falstaff. Seyd ihr nicht eine Memme? Antwortet mir auf das, und Poins hier?
Prinz Heinrich. Du Wanst, wenn du mich eine Memme nennst, so bist du des Todes.
Falstaff. Ich hätte dich eine Memme geheissen? Eh will ich dich zur Hölle gehen sehen, eh ich dich eine Memme heissen wollte; aber tausend Pfund wollt' ich drum geben, wenn ich so geschwinde lauffen könnte, wie du. O! was das betrift, eure Schultern habt ihr so gerad als ihr's wünschen könnt, ihr bekümmert euch nichts darum, euern Rüken sehen zu lassen. Nennt ihr das, euern Freunden den Rüken deken? Daß die Pest ein solches Rükendeken hätte! Gebt mir ein Glas Sect. Ich will eine H** seyn, wenn ich heute noch einen Tropfen getrunken habe.
Prinz Heinrich. O du Schurke! du hast ja dein Maul kaum abgewischt, seitdem du das leztemal getrunken hast.
Falstaff. Das ist all eins. (Er trinkt.) Daß die Pest alle feige Memmen, dabey bleib ich!
Prinz Heinrich. Was willt du denn damit?
Falstaff. Was ich damit will? hier sind unser vier, die diesen Morgen tausend Pfund geraubt haben.
Prinz Heinrich. Wo ist das Geld? Wo ist es?
Falstaff. Wo es ist? Zum T** ist es, genommen ist es uns worden; ihrer hundert gegen uns arme viere.
Prinz Heinrich. Was sagst du, ihrer hundert?
Falstaff. Ich will ein H*f*t seyn, wenn ich mich nicht zwey Stunden lang mit einem Duzend von ihnen herumgehauen habe. Es ist ein Mirakel, daß ich davon gekommen bin. Ich bin achtmal durch mein Wamms gestossen worden, viermal durch die Hosen, mein Schild ist durch und durch gehauen, und mein Schwerdt hat Scharten wie eine Hand-Säge, ecce signum. Ich habe mich nie besser gehalten, seitdem ich ein Mann bin. Hätten's andre auch so gemacht! Daß sie die Pest, die Memmen! – – Laßt sie reden; wenn sie mehr oder weniger sagen als wahr ist, so sind sie Schurken, und Kinder der Finsterniß.
Prinz Heinrich. Redet, ihr Herren, wie gieng es dann her?
Gadshill. Wir vier machten uns an ihrer zwölf ungefehr – –
Falstaff. Sechszehn wenigstens, Milord.
Gadshill. Und banden sie.
Peto. Nein, nein, gebunden wurden sie nicht.
Falstaff. Du Raker, sie wurden gebunden, einer nach dem andern; wenn's nicht so ist, so will ich ein Jude seyn, ein hebräischer Jude.
Gadshill. Wie wir nun theilten, so überfielen uns sechs oder sieben frische Männer.
Falstaff. Und banden die andern los, und da kamen die übrigen.
Prinz Heinrich. Wie? Fochtet ihr dann mit ihnen allen?
Falstaff. Mit Allen? Ich weiß nicht was ihr Alle nennt; aber wenn ich nicht wenigstens mit fünfzig von ihnen fochte, so will ich ein Büschel Rettiche seyn. Wenn ihrer nicht zwey oder drey und fünfzig an dem armen alten Jak waren, so sey ich keine zweybeinichte Creatur.
Poins. Der Himmel verhüte, daß ihr keine von ihnen ermordet habt!
Falstaff. Gut, das kan er nun nicht mehr verhüten. Ich habe zween von ihnen gepfeffert; zween, das kan ich sagen, hab' ich bezahlt, zween in Schetter-Röken. Ich will dir was sagen, Hal; wenn ich dich anlüge, so spey' mir ins Gesicht, nenn' mich einen Gaul; du kennst meine alte Manier im parieren; so lag ich, und so führt ich meine Klinge; vier Schurken in Schetter fielen über mich her, wie gesagt.
Prinz Heinrich. Was, viere? Du sagtest eben, es seyen nur zween gewesen.
Falstaff. Viere, Hal, viere sagte ich.
Poins. Ja, ja, er sagte viere.
Falstaff. Diese viere fielen mich alle von vornen an, und stiessen tapfer auf mich zu; aber ich machte nicht viel Federlesens, sondern faßte auf einmal alle ihre sieben Klingen mit meinem Schild auf; so – –
Prinz Heinrich. Sieben? Es waren ihrer ja nur viere diesen Augenblik.
Falstaff. In Schetter.
Poins. Ja, ja, vier in Schetter-Röken.
Falstaff. Sieben, bey meinem Bauch, oder ich bin ein H*f*t.
Prinz Heinrich(leise zu Poins.) Ich bitte dich, laß ihn machen, es werden noch mehr draus werden.
Falstaff. Hörst du mich, Hal?
Prinz Heinrich. Ja, und versteh dich auch, Jak.
Falstaff. Gut, gut, es ist auch werth daß man aufhorche; diese neun Kerle in Schetter, wovon ich dir sagte – –
Prinz Heinrich. So, schon wieder zween mehr – –
Falstaff. Wie sie sahen, daß ihre Klingen abgebrochen waren, fiengen sie an zurük zu weichen; aber ich gieng ihnen mit Händen und Füssen zu Leibe, und in einem Gedanken, lagen sieben von eilfen im Gras.
Prinz Heinrich. Das ist entsezlich. Eilf Männer von Schetter aus zween!
Falstaff. Aber da führte mir der T** drey mißgezeugte Schurken in Kendal-Grün auf den Rüken, die auf mich zuwalkten; denn es war so dunkel, Hal, daß du deine Hand nicht hättest sehen können – –
Prinz Heinrich. Diese Lügen sind so dik und fett als du selbst bist. Wie, du kleyen-hirnichter Wanst, du H**sohn von einem unflätigen, schmuzigen Schmeer-Bauch – –
Falstaff. Wie? Bist du toll, bist du toll? Ist es nicht die Wahrheit, die Wahrheit?
Prinz Heinrich. Wie konntest du denn sehen, daß diese Leute in Kendal-Grün gekleidt waren, wenn es so dunkel war, daß du deine Hand nicht sehen konntest? Komm, laß sehen wie du das machtest; was sagst du hierzu?
Poins. Nun, Jak, wie machtet ihr das, sagt einmal.
Falstaff. Wie, ihr wollt's mit Gewalt wissen, mit Gewalt? Nein, und wenn ich auf dem Strappado wäre, oder auf allen Foltern der ganzen Welt, ich wollt' euch nichts sagen, wenn ihr's mit Gewalt wissen wolltet.
Prinz Heinrich. Es ist Zeit dem Spaß ein Ende zu machen. Wißt also, diese blutreiche Memme hier, dieser Bett-Druker, dieser Pferd-Rüken-Brecher, dieses Gebürge von Fleisch – –
Falstaff. Weg mit euch, ihr Hunger-Darm, ihr Aal-Haut, ihr dürre Kalbs-Zunge, ihr Ochsen-Ziemer, ihr Stok-Fisch – – O wenn ich nur einen längern Athem hätte! – Was ist dir noch mehr ähnlich? Ihr Ellen-Maaß, ihr Fiddelbogen-Futteral, ihr langer Rauf-Degen – –
Prinz Heinrich. Gut, verschnauffe eine Weile, und fahre hernach fort; und wenn du dich in niederträchtigen Gleichnissen erschöpft hast, so höre mich nur dieses sagen.
Poins. Horch auf, Jak.
Prinz Heinrich.