König Heinrich IV. - William Shakespeare - E-Book

König Heinrich IV. E-Book

William Shakespeare

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Beschreibung

William Shakespeares zweiteiliges Historiendrama entführt Leser und Zuschauer in das England des frühen 15. Jahrhunderts. Hier regiert König Heinrich IV., doch seine Herrschaft bröckelt: eine Rebellion formiert sich gegen ihn, und auch die Thronfolge ist nicht gesichert. Der junge Kronprinz Heinrich führt unter dem Einfluss seines Freunds, Ritter Falstaff, ein lasterhaftes Leben und schenkt seinen höfischen Pflichten wenig Beachtung. Englands Zukunft wird sich auf mehr als einem Schlachtfeld entscheiden...-

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William Shakespeare

König Heinrich IV.

Übersetzt von August Wilhelm von Schlegel

Lust

König Heinrich IV.

 

Übersezt von August Wilhelm von Schlegel

 

Titel der Originalausgabe: Henry IV

 

Originalsprache: dem Englischen

 

Coverbild/Illustration: Shutterstock

Copyright © 1764, 2021 SAGA Egmont

 

Alle Rechte vorbehalten

 

ISBN: 9788726885859

 

1. E-Book-Ausgabe

Format: EPUB 3.0

 

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.

 

www.sagaegmont.com

Saga Egmont - ein Teil von Egmont, www.egmont.com

Personen

König Heinrich IV.

 

Heinrich, Prinz von Wales Prinz Johann von Lancaster, Söhne des Königs

 

Graf von Westmoreland Sir Walter Blunt, Freunde des Königs

 

Graf von Worcester

 

Graf von Northumberland

 

Heinrich Percy, mit dem Beinamen Heißsporn, sein Sohn

 

Edmund Mortimer, Graf von March

 

Scroop, Erzbischof von York

 

Archibald, Graf von Douglas

 

Owen Glendower

 

Sir Richard Vernon

 

Sir John Falstaff

 

Poins

 

Gadshill

 

Peto

 

Bardolph

 

Lady Percy, Gemahlin des jungen Percy und Mortimers Schwester

 

Lady Mortimer, Glendowers Tochter und Mortimers Gemahlin

 

Frau Hurtig, Wirtin einer Schenke zu Eastcheap

 

Herren von Adel, Beamte, Sheriff, Kellner, Hausknecht, Küfer, zwei Kärrner, Reisende, Gefolge usw.

Erster Teil

Erster Aufzug Erste Szene

London. Ein Zimmer im Palast.

König Heinrich, Westmoreland, Sir Walter Blunt und andre treten auf.

KÖNIG HEINRICH.

Erschüttert wie wir sind, vor Sorge bleich,

Ersehn wir doch für den gescheuchten Frieden

Zu atmen Zeit, und abgebrochne Laute

Von neuem Kampf zu stammeln, welcher nun

Beginnen soll an weit entlegnem Strand.

Nicht mehr soll dieses Bodens durst'ger Schlund

Mit eigner Kinder Blut die Lippen färben;

Nicht Krieg mehr ihre Felder schneidend furchen,

Noch ihre Blumen mit bewehrten Hufen

Des Feinds zermalmen; die entbrannten Augen,

Die, eines trüben Himmels Meteore,

Von einer Art, erzeugt aus einem Wesen,

Noch jüngst sich trafen in dem innern Sturm

Und wildem Drang der Bürger-Metzelei:

Sie werden nun, gepaart in schönen Reih'n,

Den gleichen Weg ziehn und nicht mehr entgegen

Bekannten stehn, Blutsfreunden, Bundsgenossen.

Der Krieg wird, wie ein Messer ohne Scheide,

Nicht seinen Herrn mehr schneiden. Darum, Freunde,

So weit hin bis zur Grabesstätte Christs,

Des Krieger nun, mit dessen heil'gem Kreuz

Wir sind gezeichnet und zum Streit verpflichtet,

Woll'n wir ein Heer von Englischen sofort

Ausheben, deren Arm im Mutterschoß

Geformt schon ward, zu jagen jene Heiden

Im Heil'gen Lande, über dessen Hufen

Die segensreichen Füße sind gewandert,

Die uns zum Heil vor vierzehnhundert Jahren

Genagelt wurden an das bittre Kreuz.

Doch dieser unser Plan ist jährig schon,

Es frommt zu sagen nicht: wir wollen gehn;

Deshalb sind wir nicht hier. – Drum laßt mich hören

Von Euch, mein teurer Vetter Westmoreland,

Was gestern abend unser Rat beschloß

Zu dieses teuren Werkes Förderung.

WESTMORELAND.

Mein Fürst, mit Eifer ward die Eil' erwogen

Und mancher Kostenanschlag aufgesetzt

Noch gestern abend, als der Quere ganz

Eine Post aus Wales voll schwerer Zeitung kam;

Die schlimmste, daß der edle Mortimer,

Das Volk von Herfordshire zum Kampfe führend

Wider den wilden, stürmischen Glendower,

Von dieses Wäl'schen roher Hand gefangen,

Und ein Tausend seiner Leute ward erwürgt,

An deren Leichen solche Mißhandlung,

So schamlos viehische Entstellung ward

Von wäl'schen Frau'n verübt, daß ohne Scham

Man es nicht sagen noch erzählen kann.

KÖNIG HEINRICH.

So scheint es denn, die Zeitung dieses Zwistes

Brach das Geschäft zum Heil'gen Lande ab.

WESTMORELAND.

Ja, dies gepaart mit anderm, gnäd'ger Herr.

Denn stürmischer und unwillkommner kam

Bericht vom Norden, und er lautet so:

Am Kreuzerhöhungstag stieß Heinrich Percy,

Der wackre Heißsporn, dort auf Archibald,

Den immer tapfern und gepriesnen Schotten,

Zu Holmedon,

Wo's eine harte, blut'ge Stunde gab,

Wie man nach ihrer Lösung des Geschützes

Und anderm Schein die Neuigkeit erzählt;

Denn, der sie brachte, stieg recht in der Hitze

Und höchsten Kraft des Handgemeng's zu Pferd,

Noch irgend eines Ausgangs nicht gewiß.

KÖNIG HEINRICH.

Hier ist ein teurer, wahrhaft tät'ger Freund,

Sir Walter Blunt, vom Pferd erst abgestiegen.

Bespritzt mit jedes Bodens Unterschied,

So zwischen Holmedon liegt und unserm Sitz,

Und der bringt schöne und willkommne Zeitung:

Der Graf von Douglas ist aufs Haupt geschlagen;

Zehntausend Schotten, zweiundzwanzig Ritter,

In eignem Blut geschichtet, sah Sir Walter

Auf Holmedons Plan: gefangen ward vom Heißsporn

Mordake, der Graf von Fife und ältster Sohn

Des überwundnen Douglas; dann die Grafen

Von Athol, Murray, Angus und Menteith.

Und ist dies ehrenvolle Beute nicht?

Ein hoher Preis? Sagt, Vetter, ist es nicht?

WESTMORELAND.

Fürwahr, es ist ein Sieg, des wohl ein Prinz

Sich rühmen könnte.

KÖNIG HEINRICH.

Ja, da betrübst du mich und machst mich sünd'gen

Durch Neid, daß Lord Northumberland der Vater

Solch eines wohlgeratnen Sohnes ist:

Ein Sohn, den Ehre stets im Munde führt,

Der Stämme gradester im ganzen Wald,

Des holden Glückes Liebling und sein Stolz;

Indes ich, wenn ich seinen Ruhm betrachte,

Wüstheit und Schande meinem jungen Heinrich

Seh' auf die Stirn gedrückt. Oh, ließe sich's

Erweisen, daß ein Elfe, nächtlich spükend,

In Windeln unsre Kinder ausgetauscht,

Meins Percy, seins Plantagenet genannt,

Dann hätt' ich seinen Heinrich und er meinen.

Doch weg aus meinem Sinn! – Was meint Ihr, Vetter,

Vom Stolz des jungen Percy? Die Gefangnen,

Die er bei diesem Treffen hat gemacht,

Behält er für sich selbst und gibt Bescheid,

Mordake, den Lord von Fife, nur sollt' ich haben.

WESTMORELAND.

Das lehret ihn sein Oheim, das ist Worcester,

Euch feindlich unter jeglichem Aspekt;

Dies macht, daß er sich brüstet und den Kamm

Der Jugend gegen Eure Würde sträubt.

KÖNIG HEINRICH.

Auch hab' ich ihn zur Rechenschaf berufen,

Weshalb auf eine Weile nachstehn muß

Der heil'ge Vorsatz nach Jerusalem.

Vetter, auf nächsten Mittwoch woll'n wir Rat

Zu Windsor halten: meldet das den Lords!

Kommt aber selbst mit Eil' zu uns zurück,

Denn mehr noch ist zu sagen und zu tun,

Als ich vor Zorne vorzubringen weiß.

WESTMORELAND.

Ich will's, mein Fürst.

Alle ab.

Zweite Szene

Ein anderes Zimmer im Palast.

Prinz Heinrich von Wales und Falstaff treten auf.

FALSTAFF. Nu, Heinz! welche Zeit am Tage ist es, Junge?

PRINZ HEINRICH. Dein Witz ist so feist geworden, durch Sekttrinken, Westenaufknöpfen nach Tisch und nachmittags auf Bänken schlafen, daß du vergessen hast, das eigentlich zu fragen, was du eigentlich wissen möchtest. Was Teufel hast du mit der Zeit am Tage zu schaffen? Die Stunden müßten denn Gläser Sekt sein, und Minuten Kapaunen, und Glocken die Zungen der Kupplerinnen, und Zifferblätter die Schilder von liederlichen Häusern, und Gottes Sonne selbst eine schöne hitzige Dirne in feuerfarbnem Taft; sonst sehe ich nicht ein, warum du so vorwitzig sein solltest, nach der Zeit am Tage zu fragen.

FALSTAFF. Wahrlich! da triffst du es, Heinz. Denn wir, die wir Geldbeutel wegnehmen, gehn nach dem Mond und dem Siebengestirn umher, und nicht nach Phöbus, – »dem irrenden Ritter fein«. Und ich bitte dich, Herzensjunge, wenn du König bist, – wie du, Gott erhalte deine Gnaden! – Majestät sollte ich sagen, denn Gnade wird dir nicht zu teil werden –

PRINZ HEINRICH. Was? keine Gnade?

FALSTAFF. Nein, meiner Treu! Nicht so viel, um dir ein geröstet Ei damit zu gesegnen.

PRINZ HEINRICH. Nun, was weiter? Rund heraus mit der Sprache!

FALSTAFF. Nun gut denn, Herzensjunge: wenn du König bist, so laß uns, die wir Ritter vom Orden der Nacht sind, nicht Diebe unter den Horden des Tages heißen: laß uns Dianens Förster sein, Kavaliere vom Schatten, Schoßkinder des Mondes; und laß die Leute sagen, daß wir Leute von gutem Wandel sind, denn wir wandeln, wie die See, mit der Luna, unsrer edlen und keuschen Gebieterin, unter deren Begünstigung wir stehlen.

PRINZ HEINRICH. Gut gesprochen, und es paßt auch gut, denn unser Glück, die wir Leute des Mondes sind, hat seine Ebbe und Flut, wie die See, da es, wie die See, unter dem Monde steht. Als zum Beispiel: ein Beutel mit Gold, der Montag nachts auf das herzhafteste erschnappt ist, wird Dienstag morgens auf das scherzhafteste durchgebracht; gekriegt mit Fluchen: »leg' ab!« und verzehrt mit Schreien: »bring' her!« Jetzt so niedrige Ebbe, wie der Fuß der Leiter, und gleich darauf so hohe Flut, wie der Gipfel des Galgens.

FALSTAFF. Beim Himmel, du redest wahr, Junge. Und ist nicht unsre Frau Wirtin von der Schenke eine recht süße Kreatur?

PRINZ HEINRICH. Wie der Honig von Hybla, mein alter Eisenfresser. Und ist nicht ein Büffelwams ein recht süßes Stück zum Strapazieren?

FALSTAFF. Nu, nu, toller Junge! Hast du einmal wieder deine Faxen und Quinten im Kopfe? Was zum Kuckuck habe ich mit einem Büffelwams zu schaffen?

PRINZ HEINRICH. Ei, was zum Henker habe ich mit unsrer Frau Wirtin von der Schenke zu schaffen?

FALSTAFF. Nun, du hast manches liebe Mal eine Rechnung mit ihr abgemacht.

PRINZ HEINRICH. Rief ich dich je dazu, dein Teil zu bezahlen?

FALSTAFF. Nein, ich lasse dir Gerechtigkeit widerfahren: du hast da immer alles bezahlt.

PRINZ HEINRICH. Ja, und anderswo auch, soweit mein bares Geld reichte, und wo es mir ausging, habe ich meinen Kredit gebraucht.

FALSTAFF. Ja, und ihn so verbraucht, daß, wenn du nicht vermutlicher Thronerbe wärst, so würde vermutlich – Aber sage mir, Herzensjunge, soll ein Galgen in England stehen bleiben, wenn du König bist? Soll die Tapferkeit von dem rostigen Gebiß des alten Schalksnarren Gesetz eingezwängt werden, wie jetzt? Häng' du keinen Dieb, wenn du König bist!

PRINZ HEINRICH. Nein, du sollst es tun.

FALSTAFF. Ich? O herrlich! Beim Himmel, ich werde ein wackrer Urteilsprecher sein.

PRINZ HEINRICH. Du sprichst schon ein falsches: ich meine, du sollst die Diebe zu hängen haben und ein trefflicher Henker werden.

FALSTAFF. Gut, Heinz, gut! Auf gewisse Weise paßt es auch zu meiner Gemütsart, so gut wie bei Hofe aufwarten, das sage ich dir.

PRINZ HEINRICH. Um befördert zu werden.

FALSTAFF. Ja, um befördert zu werden, was der Henker nicht nötig hat, weil er selbst befördert. Blitz, ich bin so melancholisch wie ein Brummkater, oder wie ein Zeiselbär.

PRINZ HEINRICH. Oder ein alter Löwe, oder die Laute eines Verliebten.

FALSTAFF. Ja, oder das Geschnarre eines Lincolner Dudelsacks.

PRINZ HEINRICH. Was meinst du zu einem Hasen? oder so melancholisch wie ein fauler Sumpf?

FALSTAFF. Du hast die abschmeckendsten Gleichnisse von der Welt und bist wahrhaftig der vergleichsamste, spitzbübischste, niedlichste junge Prinz. – Aber, Heinz, ich bitte dich, suche mich nicht mehr mit Eitelkeiten heim! Ich wollte, du und ich, wir wüßten, wo ein Vorrat von guten Namen zu kaufen wäre. Ein alter Herr vom Rate schalt mich neulich auf der Gasse Euretwegen aus, junger Herr, aber ich merkte nicht auf ihn; und doch redete er sehr weislich, aber ich achtete nicht auf ihn; und doch redete er weislich, und obendrein auf der Gasse.

PRINZ HEINRICH. Du tatest wohl daran: denn die Weisheit läßt sich hören in den Gassen, und niemand achtet ihrer.

FALSTAFF. Oh, du hast verruchte Nutzanwendungen im Kopf und bist wahrhaftig imstande, einen Heiligen zu verführen. Du hast viel an mir verschuldet, Heinz, Gott vergebe es dir! Eh' ich dich kannte, Heinz, wußte ich von gar nichts, und nun bin ich, die rechte Wahrheit zu sagen, nicht viel besser als einer von den Gottlosen. Ich muß dies Leben aufgeben, und ich will's auch aufgeben. Bei Gott, ich bin ein Schuft, wenn ich's nicht tue; ich will für keinen Königssohn in der Christenheit zur Hölle fahren.

PRINZ HEINRICH. Wo sollen wir morgen einen Beutel erschnappen, Hans?

FALSTAFF. Wo du willst, Junge, ich bin dabei; wo ich's nicht tue, so nennt mich einen Schuft und foppt mich nach Herzenslust!

PRINZ HEINRICH. Ich werde eine schöne Bekehrung an dir gewahr; vom Beten fällst du aufs Beutelschneiden.

FALSTAFF. Je, Heinz! 's ist mein Beruf, Heinz; 's ist einem Menschen nicht zu verargen, daß er in seinem Berufe arbeitet.

Poins tritt auf.

Poins! – Nun werden wir hören, ob Gadshill was ausgespürt hat. Oh, wenn die Menschen durch Verdienst selig würden, welcher Winkel in der Hölle wäre heiß genug für ihn? Dies ist der überschwenglichste Spitzbube, der je einem ehrlichen Manne »Halt!« zurief.

PRINZ HEINRICH. Guten Morgen, Eduard.

POINS. Guten Morgen, lieber Heinz. – Was sagt Monsieur Gewissensbiß? Was sagt Sir John Zuckersekt? Sag, Hans, wie verträgt sich der Teufel und du um deine Seele, die du ihm am letzten Karfreitage um ein Glas Madera und eine Kapaunenkeule verkauft hast?

PRINZ HEINRICH. Sir John hält sein Wort, der Teufel soll seines Handels froh werden; er hat noch nie ein Sprichwort gebrochen; er gibt dem Teufel, was des Teufels ist.

POINS. Also bist du verdammt, weil du dem Teufel dein Wort hältst.

PRINZ HEINRICH. Sonst würde er verdammt, weil er den Teufel hinters Licht geführt hätte.

POINS. Aber, Jungen! Jungen! morgen früh um vier Uhr nach Gadshill. Es gehen Pilgrime nach Canterbury mit reichen Gaben, es reiten Kaufleute nach London mit gespickten Beuteln; ich habe Masken für euch alle, ihr habt selbst Pferde; Gadshill liegt heute nacht zu Rochester, ich habe auf morgen abend in Eastcheap Essen bestellt, wir können es so sicher tun wie schlafen. Wollt ihr mitgehn, so will ich eure Geldbeutel voll Kronen stopfen; wollt ihr nicht, so bleibt zu Haus und laßt euch hängen!

FALSTAFF. Hör' an, Eduard: wenn ich zu Hause bleibe und nicht mitgehe, so lass' ich euch hängen, weil ihr mitgeht.

POINS. So, Maulaffe!

FALSTAFF. Willst du dabei sein, Heinz?

PRINZ HEINRICH. Wer? ich ein Räuber? ich ein Dieb? Ich nicht, meiner Treu!

FALSTAFF. Es ist keine Redlichkeit in dir, keine Mannhaftigkeit, keine echte Brüderschaft; du stammst auch nicht aus königlichem Blut, wenn du nicht das Herz hast, nach ein paar Kronen zuzugreifen.

PRINZ HEINRICH. Nun gut, einmal in meinem Leben will ich einen tollen Streich machen.

FALSTAFF. Nun, das ist brav!

PRINZ HEINRICH. Ei, es mag daraus werden, was will, ich bleibe zu Haus.

FALSTAFF. Bei Gott, so werde ich ein Hochverräter, wenn du König bist.

PRINZ HEINRICH. Meinetwegen.

POINS. Sir John, ich bitte dich, laß den Prinzen und mich allein, ich will ihm solche Gründe für dies Unternehmen vorlegen, daß er mitgehen soll.

FALSTAFF. Gut, mögest du den Geist der Überredung und er die Ohren der Lehrbegierde haben, damit das, was du sagst, fruchten und das, was er hört, Glauben finden möge, auf daß der wahrhafte Prinz, der Erlustigung wegen, ein falscher Dieb werde; denn die armseligen Mißbräuche der Zeit haben Aufmunterung nötig. Lebt wohl, ihr findet mich in Eastcheap.

PRINZ HEINRICH. Leb wohl, du Spätfrühling! du alter Jungfern-Sommer!

Falstaff ab.

POINS. Nun, mein bester Zuckerprinz, reitet morgen mit uns: ich habe einen Spaß vor, den ich nicht allein ausführen kann. Falstaff, Bardolph, Peto und Gadshill sollen diese Leute berauben, denen wir schon aufpassen lassen; Ihr und ich, wir wollen nicht dabei sein; und haben sie nun die Beute, Ihr sollt mir den Kopf von den Schultern schlagen, wenn wir beide sie ihnen nicht abjagen.

PRINZ HEINRICH. Aber wie sollen wir uns beim Aufbruch von ihnen losmachen?

POINS. Wir wollen früher oder später aufbrechen und ihnen einen Platz der Zusammenkunft bestimmen, wo es bei uns steht, nicht einzutreffen; dann werden sie sich ohne uns in das Abenteuer wagen, und sobald sie es vollbracht, machen wir uns an sie.

PRINZ HEINRICH. Ja, doch es ist zu vermuten, daß sie uns an unsern Pferden, an unsern Kleidern und hundert andern Dingen erkennen werden.

POINS. Pah! unsre Pferde sollen sie nicht sehen, die will ich im Walde festbinden; die Masken wollen wir wechseln, wenn wir sie verlassen haben, und hör' du! ich habe Überzüge von Steifleinen bei der Hand, um unsre gewohnte äußre Tracht zu verlarven.

PRINZ HEINRICH. Aber ich fürchte, sie werden uns zu stark sein.

POINS. Ei, zwei von ihnen kenne ich als die ausgemachtesten Memmen, die je Fersengeld bezahlt haben; und was den dritten betrifft, wenn der länger ficht, als ratsam ist, so will ich die Waffen abschwören. Der Hauptspaß dabei werden die unbegreiflichen Lügen sein, die uns dieser feiste Schlingel erzählen wird, wenn wir zum Abendessen zusammenkommen: wie er zum wenigsten mit dreißigen gefochten, was er für Ausfälle, für Stöße, für Lebensgefahren bestanden; und daß er damit zu schanden wird, ist eben der Spaß.

PRINZ HEINRICH. Gut, ich will mit dir gehen: sorge für alles Nötige und triff mich morgen abend in Eastcheap; da will ich zu Nacht essen. Leb wohl!

POINS. Lebt wohl, mein Prinz!

Ab.

PRINZ HEINRICH.

Ich kenn' euch all' und unterstütz' ein Weilchen

Das wilde Wesen eures Müßiggangs.

Doch darin tu' ich es der Sonne nach,

Die niederm, schädlichem Gewölk erlaubt,

Zu dämpfen ihre Schönheit vor der Welt,

Damit, wenn's ihr beliebt, sie selbst zu sein,

Weil sie vermißt ward, man sie mehr bewundre,

Wenn sie durch böse, garst'ge Nebel bricht

Von Dünsten, die sie zu ersticken schienen.

Wenn alle Tag' im Jahr gefeiert würden,

So würde Spiel so lästig sein wie Arbeit:

Doch seltne Feiertage sind erwünscht,

Und nichts erfreut wie unverseh'ne Dinge.

So, wenn ich ab dies lose Wesen werfe

Und Schulden zahle, die ich nie versprach,

Täusch' ich der Welt Erwartung um so mehr,

Um wie viel besser als mein Wort ich bin;

Und wie ein hell Metall auf dunkelm Grund

Wird meine Beßrung, Fehler überglänzend,

Sich schöner zeigen und mehr Augen anziehn,

Als was durch keine Folie wird erhöht.

Ich will mit Kunst die Ausschweifungen lenken.

Die Zeit einbringen, eh' die Leut' es denken.

Ab.

Dritte Szene

Ein andres Zimmer im Palast.

König Heinrich, Northumberland, Worcester, Percy, Sir Walter Blunt und andere.

KÖNIG HEINRICH.

Zu kalt und zu gemäßigt war mein Blut,

Unfähig, bei den Freveln aufzuwallen,

Und ihr habt mich erkannt: deswegen tretet

Ihr meine Duldung nieder; aber glaubt,

Ich will hinfüro mehr ich selber sein,

Mächtig und furchtbar mehr als meine Art,

Die glatt wie Öl gewesen, weich wie Flaum,

Und der Verehrung Anspruch drum verloren,

Die Stolzen nur die stolze Seele zahlt.

WORCESTER.

Mein Lehnsherr, unser Haus verdient gar wenig,

Daß sich darauf der Hoheit Geißel kehre,

Und jener Hoheit zwar, die unsre Hände

So stattlich machen halfen.

NORTHUMBERLAND.

Gnäd'ger Herr, –

KÖNIG HEINRICH.

Worcester, mach' dich fort, ich sehe dir

Gefahr und Ungehorsam in den Augen.

Wißt, Ihr benehmt Euch allzu dreist und herrisch,

Und niemals noch ertrug die Majestät

Das finstre Trotzen einer Dienerstirn.

Ihr seid entlassen: wenn wir Euren Rat

Und Hülfe brauc hen, woll'n wir nach Euch senden.

Worcester ab.

Zu Northumberland.

Ihr wolltet eben reden.

NORTHUMBERLAND.

Ja, mein Fürst.

Die Kriegsgefangnen, in Eu'r Hoheit Namen

Begehrt, die Heinrich Percy hier, mein Sohn,

Zu Holmedon machte, wurden, wie er sagt,

Auf so entschiedne Weise nicht verweigert,

Als Eurer Majestät berichtet ward.

Neid also oder üble Deutung ist

An diesem Fehler schuld, und nicht mein Sohn.

PERCY.

Mein Fürst, ich schlug nicht die Gefangnen ab

Doch ich erinnre mich, nach dem Gefecht,

Als ich, von Wut und Anstrengung erhitzt,

Matt, atemlos, mich lehnte auf mein Schwert,

Kam ein gewisser Herr, nett, schon geputzt,

Frisch wie ein Bräut'gam; sein gestutztes Kinn

Sah Stoppelfeldern nach der Ernte gleich.

Er war bebalsamt wie ein Modekrämer,

Und zwischen seinem Daum und Finger hielt er

Ein Bisam-Büchschen, das er ein ums andre

Der Nase reichte und hinweg dann zog,

Die, zornig drüber, wenn sich's wieder nahte,

Ins Schnauben kam; stets lächelt' er und schwatzte,

Und wie das Kriegsvolk Tote trug vorbei,

Nannt' er sie ungezogne, grobe Buben,

Daß sie 'ne liederliche, garst'ge Leiche

Zwischen den Wind und seinen Adel trügen.

Mit vielen Feiertags- und Fräuleins-Worten

Befragt' er mich und fodert' unter anderm

Für Eure Majestät die Kriegsgefangnen.

Ich, den die kaltgewordnen Wunden schmerzten,

Nun so geneckt von einem Papagei,

In dem Verdruß und in der Ungeduld

Antwortete so hin, ich weiß nicht was:

Er sollte oder nicht, – mich macht' es toll,

Daß er so blank aussah und roch so süß,

Und wie ein Kammerfräulein von Kanonen,

Von Trommeln schwatzt' und Wunden (beßr' es Gott!),

Und sagte mir, für innre Schäden komme

Nichts auf der Welt dem Spermaceti bei;

Und großer Jammer sei es, ja fürwahr,

Daß man den bübischen Salpeter grabe

Aus unsrer guten Mutter Erde Schoß,

Der manchen wackern, wohlgewachsnen Kerl

Auf solche feige Art schon umgebracht.

Und wären nicht die häßlichen Kanonen,

So war' er selber ein Soldat geworden.

Auf dies sein kahles, loses Schwatzen, Herr,

Antwortet' ich nur lässig, wie gesagt.

Und ich ersuch' Euch, daß nicht sein Bericht

Als gült'ge Klage zwischen meine Liebe

Und Eure hohe Majestät sich dränge.

BLUNT.

Erwägen wir die Lage, bester Herr,

So kann, was Heinrich Percy auch gesagt

Zu solcherlei Person, an solchem Ort,

Zu solcher Zeit, samt allem sonst Erzählten

Gar füglich sterben und nie auferstehn,

Um ihn zu drücken oder zu verklagen,

Wenn er nun widerruft, was er gesagt.

KÖNIG HEINRICH.

Er gibt ja die Gefangnen noch nicht her,

Als nur mit Klauseln und bedingungsweise,

Daß wir auf eigne Kosten seinen Schwager,

Den albern Mortimer, auslösen sollen;

Der doch, bei meiner Seel', mit Fleiß verriet

Das Leben derer, die zum Kampf er führte

Mit dem verruchten Zauberer Glendower,

Des Tochter, sagt man uns, der Graf von March

Seitdem zur Ehe nahm. Soll unser Schatz

Geleert sein, um Verräter einzulösen?

Soll'n wir Verrat erkaufen? unterhandeln

Für Feigheit, die sich selbst verloren gab?

Nein, auf den kahlen Höh'n laßt ihn verschmachten,

Denn niemals halt' ich den für meinen Freund,

Des Mund mich nur um einen Pfennig anspricht

Zur Lösung des abtrünn'gen Mortimer.

PERCY.

Abtrünn'gen Mortimer!

Nie fiel er ab von Euch, mein Oberherr,

Als durch des Krieges Glück. – Dies zu beweisen,

G'nügt eine Zunge für den offnen Mund

So vieler Wunden, die er kühn empfing,

Als an des schönen Severn bins'gem Ufer,

Im einzelnen Gefechte handgemein,

Er eine volle Stunde fast verlor,

Dem mächtigen Glendower stand zu halten.

Dreimal verschnauften sie und tranken dreimal

Nach Übereinkunft aus des Severn Flut,

Der, bang vor ihren blutbegier'gen Blicken,

Sein bebend Schilf entlang erschrocken lief

Und barg sein krauses Haupt im hohlen Ufer,

Befleckt mit dieser tapfern Streiter Blut.

Nie färbte nackte, faule Politik

Das, was sie schaffte, mit so herben Wunden;

Auch hätte nie der edle Mortimer

So viel' empfangen und so willig alle.

So werd' er denn mit Abfall nicht verleumdet!

KÖNIG HEINRICH.

Oh, du belügst ihn, Percy, du belügst ihn!

Er hat im Kampf Glendower nie bestanden.

Ich sage dir,

Er träf' so gern sich mit dem Teufel allein,

Als Owen Glendower feindlich zu begegnen.

Schämst du dich nicht? – Ich rat' Euch, daß ich nie

Von Mortimer Euch ferner reden höre.

Schickt die Gefangnen mir aufs schleunigste,

Sonst sollt Ihr solchermaßen von mir hören,

Daß es Euch nicht behagt. – Mylord Northumberland,

Ihr seid von uns samt Eurem Sohn beurlaubt. –

Schickt die Gefangnen, sonst sollt Ihr's noch hören!

König Heinrich, Blunt und Gefolge ab.

PERCY.

Und wenn der Teufel kommt und brüllt nach ihnen,

Schick' ich sie nicht; – ich will gleich hinterdrein

Und ihm das sagen, so mein Herz erleichtern,

Und wär's auch mit Gefahr für meinen Kopf.

NORTHUMBERLAND.

Wie? was? Berauscht von Galle? Wart' ein Weilchen:

Da kommt dein Oheim.

Worcester kommt zurück.

PERCY.

Nicht von Mortimer?

Blitz! ich will von ihm reden, und ich will

Nicht selig werden, halt' ich's nicht mit ihm;

Ja, alle diese Adern will ich leeren,

Mein Herzblut tropfenweis' in Staub verschütten,

Um den zertretnen Mortimer zu heben

So hoch, wie diesen undankbaren König,

Den undankbaren, gift'gen Bolingbroke.

NORTHUMBERLAND.

Der König machte Euren Neffen toll.

WORCESTER.

Wer schlug dies Feuer auf, nachdem ich ging?

PERCY.

Er will, ei denkt doch! alle die Gefangnen.

Und als ich wieder auf die Lösung drang

Von meines Weibes Bruder, wurd' er blaß

Und wandt' auf mein Gesicht ein Aug' des Todes,

Beim bloßen Namen Mortimer schon zitternd.

WORCESTER.

Ich tadl' ihn nicht; hat der verstorbne Richard

Ihn für den nächsten Erben nicht erklärt?

NORTHUMBERLAND.

Das hat er; die Erklärung hört' ich selbst,

Und zwar geschah sie, als der arme König –

An dem uns unser Unrecht Gott verzeih'! –

Sich zu dem Zug nach Irland wegbegab,

Wovon er, abgerufen, wiederkam,

Entthront und drauf ermordet bald zu werden.

WORCESTER.

Um dessen Tod im Mund der weiten Welt

Man uns entehrt und unsern Namen schmäht.

PERCY.

Ich bitt' Euch, still! Erklärte König Richard

Denn meinen Bruder Edmund Mortimer

Zum Erben seines Throns?

NORTHUMBERLAND.

Er tat's, ich hört' es selbst.

PERCY.

Dann tadl' ich nicht den König, seinen Vetter,

Der ihn auf kahlen Höh'n verschmachtet wünschte.

Doch soll es sein, daß ihr, die ihr die Krone

Auf des vergeßnen Mannes Haupt gesetzt

Und seinethalb den bösen Schandfleck tragt

Von Anstiftung zum Morde, – soll es sein,

Daß ihr euch zuzieht eine Welt von Flüchen,

Als Helfershelfer, schnödes Werkzeug nur,

Die Stricke, Leitern oder gar der Henker?

Verzeiht, daß ich so tief hinab muß gehn,

Das Fach zu zeigen und die Rangordnung,

Worin ihr steht bei diesem schlauen König. –

Soll man – o Schmach! – in diesen Zeiten sagen

Und Chroniken damit in Zukunft füllen,

Daß Männer sich von eurer Macht und Adel

Verpflichtet einer ungerechten Sache

(Wie beide ihr – verzeih' es Gott! – getan),

Richard, die süße Rose, auszureißen

Und diesen Dornstrauch, Bolingbroke, zu pflanzen?

Und soll zu größrer Schmach man ferner sagen,

Ihr seid gehöhnt, entlassen, abgeschüttelt

Von ihm, für den ihr diese Schmach ertrugt?

Nein, es ist Zeit noch, die verbannte Ehre

Zurückzulösen und euch vor der Welt

In ihrer guten Meinung herzustellen;

Das stolze, höhnische Verschmähn zu rächen

An diesem König, welcher Tag und Nacht

Drauf sinnt, die ganze Schuld bei euch zu tilgen,

Wär's auch mit eures Todes blut'ger Zahlung.

Drum sag' ich –

WORCESTER.

Stille, Vetter! sagt nichts mehr,

Und nun will ich ein heimlich Buch Euch öffnen

Und Eurem schnell begreifenden Verdruß

Gefährliche und tiefe Dinge lesen,

So voll Gefahr und Unternehmungsgeist,

Als über einen Strom, der tobend brüllt,

Auf eines Speeres schwankem Halte schreiten.

PERCY.

Fällt er hinein, gut' Nacht! – schwimm' oder sink'!

Schickt nur Gefahr von Osten bis zum West,

Wenn Ehre sie von Nord nach Süden kreuzt,

Und laßt sie ringen: oh, das Blut wallt mehr

Beim Löwenhetzen als beim Hasenjagen!

NORTHUMBERLAND.

Die Einbildung von großen Taten reißt

Jenseit der Schranken der Geduld ihn hin.

PERCY.

Bei Gott! mich dünkt, es wär' ein leichter Sprung,

Vom blassen Mond die lichte Ehre reißen

Oder sich tauchen in der Tiefe Grund,

Wo nie das Senkblei bis zum Boden reichte,

Und die ertränkte Ehre bei den Locken

Heraufziehn, dürft' ihr Retter ihre Würden

Dann alle tragen, ohne Nebenbuhler.

Doch pfui der ärmlichen Genossenschaft!

WORCESTER.

Er stellt sich eine Welt von Bildern vor,

Doch nicht die Form des, was er merken sollte.

Gebt, Vetter, auf ein Weilchen mir Gehör!

PERCY.

Habt Nachsicht mit mir!

WORCESTER.

Jene edlen Schotten,

Die Ihr gefangen, –

PERCY.

Die behalt' ich alle.

Bei Gott! er soll nicht einen Schotten haben.

Ja, hülf' ein Schott' ihm in den Himmel, doch nicht:

Bei dieser Rechten! ich behalte sie.

WORCESTER.

Ihr fahrt so auf und leiht kein Ohr dem Vorschlag;

Ihr sollt ja die Gefangnen auch behalten.

PERCY.

Ich will's auch, kurz und gut.

Er sprach, nicht lösen woll' er Mortimer,

Verbot zu reden mir von Mortimer;

Allein ich find' ihn, wo er schlafend liegt,

Und ruf' ihm in die Ohren: »Mortimer!«

Ja, einen Star schaff' ich, der nichts soll lernen

Zu schrein, als »Mortimer«, und geb' ihm den,

Um seinen Zorn stets rege zu erhalten.

WORCESTER.

Hört, Vetter, nur ein Wort!

PERCY.

Hier sag' ich förmlich jedem Streben ab,

Als diesen Bolingbroke recht wund zu kneifen,

Und jenen Schwadronierer, Prinz von Wales:

Dächt' ich nicht, daß sein Vater ihn nicht liebt

Und gerne säh', wenn er ein Unglück nähme,

Ich wollt' ihn mit 'nem Kruge Bier vergiften!

WORCESTER.

Lebt wohl denn, Vetter! Ich will mit Euch sprechen,

Wenn Ihr zum Hören aufgelegter seid.

NORTHUMBERLAND.

Ei, welch ein bremsgestochner, jäher Tor

Bist du, in diese Weiberwut zu fallen,

Dein Ohr nur deiner eignen Zunge fesselnd?

PERCY.

Ja seht, mich peitscht's mit Ruten, brennt wie Nesseln

Und sticht wie Ameishaufen, hör' ich nur

Von dem Politiker, dem schnöden Bolingbroke.

Zu Richards Zeit, – wie nennt Ihr doch den Ort?

Der Teufel hol's! – er liegt in Glostershire,

Wo der verrückte Herzog lag, sein Oheim,

Sein Oheim York; wo ich zuerst mein Knie

Dem Fürst des Lächelns bog, dem Bolingbroke,

Als Ihr und er von Ravenspurg zurückkamt.

NORTHUMBERLAND.

Zu Berkley-Schloß.

PERCY.

Ja, Ihr habt recht.

Ei, welchen Haufen Zucker-Artigkeit

Bot mir der schmeichlerische Windhund da!

»Wenn sein unmündig Glück zu Jahren käme«, –

Und »lieber Heinrich Percy«, und »bester Vetter«, –

Oh, zum Teufel solche Betrüger! – Gott verzeih' mir! –

Sagt, Oheim, was Ihr wollt, denn ich bin fertig.

WORCESTER.

Nein, wenn Ihr's noch nicht seid, fangt wieder an;

Wir warten Euer.

PERCY.

Ich bin wahrlich fertig.

WORCESTER.

Dann wieder zu den schottischen Gefangnen

Gebt ohne Lösegeld sie gleich zurück

Und macht des Douglas Sohn zu Eurem Mittel,

In Schottland Volk zu werben, was aus Gründen,

Die ich Euch schriftlich geben will, gewiß

Euch leicht bewilligt wird. – Ihr, Mylord, sollt,

Indes Eu'r Sohn in Schottland tätig ist,

Euch insgeheim dem würdigen Prälaten,

Der so beliebt ist, in den Busen schleichen,

Dem Erzbischof.

PERCY.

Von York, nicht wahr?

WORCESTER.

Ja, der empfindet hart

Des Bruders Tod zu Bristol, des Lord Scroop.

Ich rede nicht vermutungsweis', es könnte

Vielleicht so sein; nein, sondern wie ich weiß,

Daß es erwogen und beschlossen ist

Und wartet nur auf der Gelegenheit

Gewognen Wink, um an das Licht zu treten.

PERCY.

Ich wittre schon: es geht, bei meinem Leben!

NORTHUMBERLAND.

Du läßt den Hund los, eh' das Wild sich rührt.

PERCY.

Der Anschlag kann nicht anders sein als schön.

Und dann die Macht von Schottland und von York, –

Mit Mortimer vereint. Ha!

WORCESTER.

Das soll geschehn.

PERCY.

Fürwahr, das ist vortrefflich ausgedacht.

WORCESTER.

Und was uns eilen heißt, ist nichts Geringes:

Durch einen Hauptstreich unser Haupt zu retten.

Denn, mögen wir uns noch so still betragen,

Der König glaubt sich stets in unsrer Schuld,

Und glaubt, daß wir uns nicht befriedigt glauben,

Bis er es uns zu seiner Zeit vergilt.

Ihr seht ja: wie er schon den Anfang macht,

Uns seiner Liebe Blicken zu entfremden.

PERCY.

Das tut er, ja: man muß sich an ihm rächen.

WORCESTER.

Vetter, lebt wohl! Nicht weiter geht hierin,

Als ich durch Briefe Euch den Weg will zeigen:

Wenn reif die Zeit ist, und das wird sie bald,

Schleich' ich zu Glendower und Lord Mortimer,

Wo Ihr und Douglas und die ganze Macht

Durch mein Bemühn sich glücklich treffen sollen,

Um unser Glück in eignem starkem Arm

Zu fassen, das wir jetzt so schwankend halten.

NORTHUMBERLAND.

Lebt wohl, mein Bruder! Es gelingt, so hoff' ich.

PERCY.

Oheim, adieu! Könnt' ich die Stunden kürzen,

Bis Feld und Streich und Weh das Spiel uns würzen!

Alle ab.

Zweiter Aufzug Erste Szene

Rochester. Ein Hof in der Herberge.

Ein Kärrner kommt gähnend mit einer Laterne in der Hand.

KÄRRNER. Ohe! Wenn's nicht schon um viere ist, will ich mich hängen lassen. Der Wagen da droben steht schon über dem neuen Schornstein, und unser Pferd ist noch nicht bepackt. He, Stallknecht!

STALLKNECHT drinnen. Gleich! Gleich!

KÄRRNER. Hörst du, Thoms, schlag' mir Hansens Sattel zurecht, steck' ein bißchen Werg unter den Knopf! Das arme Vieh hat sich am Widerrist gedruckt wie nichts Gutes.

Ein anderer Kärrner kommt.

ZWEITER KÄRRNER. Erbsen und Bohnen sind hier so mulstrig wie die Schwerenot, und das ist das rechte Mittel, daß so 'n armes Luder die Würmer kriegt. Das Haus ist um und um gekehrt, seit der alte Fritz tot ist.

ERSTER KÄRRNER. Der arme Kerl! Er kam nicht wieder zurechte, seit der Hafer aufschlug; es war sein Tod.

ZWEITER KÄRRNER. Ich glaube, es gibt kein so niederträchtig Haus auf der ganzen Londner Straße mit Flöhen. Ich bin so bunt gestochen wie 'ne Schleie.

ERSTER KÄRRNER. Wie 'ne Schleie? Sapperment, kein König in der Christenheit kann's besser verlangen, als ich gebissen bin, seit der Hahn zum erstenmal gekräht hat.

ZWEITER KÄRRNER. Ja, sie wollen uns niemals einen Nachttopf geben, und da schlagen wir's in den Kamin ab, und die Kammerlauge, die heckt euch Flöhe wie ein Froschlaich.