König Heinrich VI. Zweiter Teil - William Shakespeare - E-Book

König Heinrich VI. Zweiter Teil E-Book

William Shakespeare

0,0

Beschreibung

Heinrich VI. ist ein Historiendrama in drei Teilen mit jeweils fünf Akten von William Shakespeare in Zusammenarbeit mit Christopher Marlowe. Der erste Teil mit dem Titel The First Part of Henry the Sixth ist ca. 1589–90 entstanden, die beiden anderen als The First Part of the Contention of the Two Famous Houses of York and Lancaster und The True Tragedy of Richard Duke of York and the Good King Henry the Sixth ca. 1590–92. Der erste Teil sollte hauptsächlich von Marlowe verfasst worden sein, während der dritte prinzipiell aus Shakespeares Feder stammt. Es lässt sich allerdings nicht klären, wem von beiden die Hauptautorenschaft des zweiten Teils gebührt.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 126

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



William Shakespeare

König Heinrich VI. Zweiter Teil

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

König Heinrich VI. Zweiter Teil

Erster Aufzug

Zweiter Aufzug

Dritter Aufzug

Vierter Aufzug

Fünfter Aufzug

Impressum neobooks

König Heinrich VI. Zweiter Teil

Erster Aufzug

Erste Szene

London. Ein Staatszimmer im Palast.

Trompetenstoß, hierauf Hoboen. Von der einen Seite kommen König Heinrich, Herzog von Gloster, Salisbury, Warwick und Kardinal Beaufort; von der andern wird Königin Margareta von Suffolk hereingeführt; York, Somerset, Buckingham und andre folgen.

SUFFOLK.

Wie mir von Eurer höchsten Majestät,

Da ich nach Frankreich ging, der Auftrag ward,

Als Stellvertreter Eurer Herrlichkeit

Zu eh'lichen Prinzessin Margareta:

So, in der alten Reichsstadt Tours, im Beisein

Der Könige von Frankreich und Sizilien,

Der Herzöge von Orleans, Kalabrien,

Bretagne und Alençon, nebst zwölf Baronen,

Sieben Grafen, zwanzig würdigen Prälaten,

Vollbracht' ich mein Geschäft und ward vermählt.

Und untertänig nun auf meinen Knie'n.

In Englands Angesicht und seiner Pairs,

Liefr' ich mein Anrecht an die Königin

In Eure gnäd'ge Hand, als die das Wesen ist

Des großen Schattens, den ich vorgestellt;

Das reichste Pfand, das je ein Markgraf bot,

Die schönste Braut, die je ein Fürst empfing.

KÖNIG HEINRICH.

Suffolk, steh auf. – Willkommen, Königin!

Ich weiß kein inn'ger Zeichen meiner Liebe

Als diesen inn'gen Kuß. Herr meines Lebens,

Leih' mir ein Herz, von Dankbarkeit erfüllt!

Denn in dem schönen Antlitz gabst du mir

Eine Welt von ird'schem Heil für meine Seele,

Wenn Liebes-Eintracht unsern Sinn verknüpft.

MARGARETA.

Mein gnäd'ger Gatte, großer König Englands!

Der trauliche Verkehr, den mein Gemüt

Bei Tag und Nacht, im Wachen und in Träumen,

Im Hofkreis und bei meinen Betkorallen

Mit Euch gehabt, mein allerliebster Herr,

Macht um so dreister mich, Euch zu begrüßen

Mit schlichten Worten, wie mein Witz sie lehrt

Und Übermaß der Freude bieten kann.

KÖNIG HEINRICH.

Ihr Anblick schon entzückte; doch nun bringt

Die Anmut ihrer Reden, ihre Worte,

Mit Majestät der Weisheit angetan,

Vom Staunen mich zur Freude, welche weint:

So ist die Fülle meiner Herzenswonne. –

Lords, heißt mit einer Stimme sie willkommen!

ALLE.

Lang' lebe Margareta, Englands Heil!

Trompetenstoß.

MARGARETA.

Euch allen danken wir.

SUFFOLK.

Mylord Protektor, wenn es Euch beliebt,

Hier sind die Punkte des verglichnen Friedens,

Den unser Herr und König Karl von Frankreich

Auf achtzehn Monat eingegangen sind.

GLOSTER liest. »Zum ersten sind der König von Frankreich, Karl, und William de la Poole, Markgraf von Suffolk, Abgesandter König Heinrichs von England, übereingekommen: daß besagter Heinrich Fräulein Margareten, leibliche Tochter Reigniers, Königs von Neapel, Sizilien und Jerusalem, eh'lichen, und selbige vor dem dreißigsten nächsten Maimonats als Königin von England krönen soll. Ferner, daß das Herzogtum Anjou und die Grafschaft Maine frei gelassen und dem Könige, ihrem Vater, übergeben werden sollen« –

KÖNIG HEINRICH.

Was habt Ihr, Oheim?

GLOSTER.

Gnäd'ger Herr, verzeiht!

Ein plötzlich Übelsein fällt mir aufs Herz

Und trübt die Augen mir zum Weiterlesen.

KÖNIG HEINRICH.

Ich bitt' Euch, Ohm von Winchester, lest weiter!

KARDINAL liest. »Ferner sind selbige übereingekommen, daß die Herzogtümer Anjou und Maine frei gelassen und dem Könige, ihrem Vater, übergeben werden sollen: auch daß sie auf des Königs eigne Kosten hinübergeschafft werden soll, ohne Mitgift zu erhalten.«

KÖNIG HEINRICH.

Sie stehn uns an. – Lord Markgraf, kniee nieder,

Sei hier ernannt zum ersten Herzog Suffolk

Und mit dem Schwert umgürtet! –

Vetter von York, Ihr seid hiemit entlassen

Von der Regentschaft in den fränk'schen Landen,

Bis achtzehn Monden Zeit verstrichen sind. –

Dank, Oheim Winchester, Gloster, York und Buckingham,

Somerset, Salisbury und Warwick:

Wir danken sämtlich euch für eure Gunst

Bei meines fürstlichen Gemahls Empfang.

Kommt! Machen wir uns auf und sorgen schleunig,

Daß ihre Krönung werde wohl vollbracht.

König. Königin und Suffolk ab.

GLOSTER.

Des Staates Pfeiler, wackre Pairs von England!

Euch schüttet Herzog Humphrey aus sein Leid

Und eures und des Lands gemeines Leid.

Wie! Gab mein Bruder Heinrich seine Jugend

Und Mut und Geld und Volk dem Kriege hin?

Behalf er sich so oft in offnem Feld,

In Winterkält' und dürrer Sommerhitze,

Sein wahres Erbteil, Frankreich, zu erobern?

Und mühte Bruder Bedford seinen Witz,

Heinrichs Erwerb mit Staatskunst zu behaupten?

Empfingt ihr selbst, Somerset, Buckingham,

York, Salisbury und der sieghafte Warwick,

In Normandie und Frankreich tiefe Narben?

Oder hat mein Oheim Beaufort und ich selbst,

Samt dem gelehrten Rate dieses Reichs,

So lang' studiert, im Rathaus aufgesessen

Von früh bis nachts, erwägend hin und her,

Wie man in Ehrfurcht die Franzosen hielte?

Und wurde Seine Hoheit zu Paris

Als Kind gekrönt, den Feinden zum Verdruß?

Und sollen diese Müh'n und Ehren sterben?

Heinrichs Erob'rung, Bedfords Wachsamkeit,

Eu'r Waffenglück und unser aller Rat?

O Pairs von England! Schmählich ist dies Bündnis,

Die Eh' verderblich; euren Ruhm vertilgt sie,

Streicht eure Namen im Gedenkbuch aus,

Verlöscht die Züge eures Preises, stürzt

Des überwundnen Frankreichs Monumente,

Vernichtet alles, als wär's nie gewesen.

KARDINAL.

Neffe, was soll die ungestüme Rede?

Das Wortgepränge dieser Vorstellung?

Frankreich ist unser, wir behaupten's ferner.

GLOSTER.

Ja, Oheim, wir behaupten's, wenn wir können,

Doch ist's unmöglich nun, daß es geschehe.

Suffolk, der neue Herzog, der da schaltet,

Hat weggeschenkt die Leh'n Anjou und Maine

Dem armen König Reignier, dessen Titel

Mit seinem magern Beutel übel stimmt.

SALISBURY.

Nun, bei des Tode, der für alle starb!

Zur Normandie die Schlüssel waren sie.

Doch warum weint Warwick, mein tapfrer Sohn?

WARWICK.

Vor Gram, daß sie dahin sind ohne Rettung:

Denn, wenn noch Hoffnung wäre, so vergösse

Mein Schwert heiß Blut, mein Auge keine Tränen.

Anjou und Maine! Ich selbst gewann sie beide,

Erobert' sie mit diesem meinem Arm;

Und gibt man nun die Städte, die mit Wunden

Ich erst erwarb, zurück mit Friedensworten?

Mort Dieu!

YORK.

Der Suffolk stick' an seinem Herzogtum,

Der dieses Helden-Eilands Ehre schwächt!

Frankreich hätt' eh' mein Herz mir ausgerissen,

Als ich zu diesem Bündnis mich bequemt.

Nie las ich anders, als daß Englands Kön'ge

Mit ihren Weibern Summen Golds erhielten:

Und unser Heinrich gibt sein eignes weg,

Um die zu frein, die keinen Vorteil bringt.

GLOSTER.

Ein schöner Spaß, und nie erhört zuvor,

Daß Suffolk wen'ger nicht als den Fünfzehnten

Für Kosten ihrer Überfahrt begehrt.

Sie mocht' in Frankreich bleiben und verhungern,

Bevor –

KARDINAL.

Mylord von Gloster, Ihr seid allzu hitzig:

Dem König, unserm Herrn, gefiel es so.

GLOSTER.

Mylord von Winchester, ich kenn' Euch wohl;

Nicht meine Reden sind's, die Euch mißfallen,

Nur meine Gegenwart steht Euch im Weg.

Groll muß heraus: hochmütiger Prälat,

Ich seh' die Wut dir an; verweil' ich länger,

So fängt das alte Raufen wieder an. –

Lebt wohl, ihr Lords, und sagt nach meinem Scheiden,

Daß ich geweissagt, bald sei Frankreich hin.

Ab.

KARDINAL.

Da geht im Grimme der Protektor fort.

Es ist euch wohl bekannt, er ist mein Feind,

Ja, was noch mehr, uns allen feindgesinnt,

Und, furcht' ich, nicht des Königs großer Freund.

Denkt, Lords, er ist der Nächste von Geblüt,

An den vermutlich Englands Krone fällt;

Wenn Heinrichs Eh' ein Kaisertum ihm brächte

Und all die reichen Königreich' im West,

Er hätte Grund zum Mißvergnügen dran.

Lords, seht euch vor, daß nicht sein glattes Reden

Eu'r Herz betört; seid weise und behutsam.

Begünstigt schon ihn das gemeine Volk,

Nennt »Humphrey« ihn, »den guten Herzog Gloster«,

Klatscht in die Händ' und ruft mit lauter Stimme:

»Jesus erhalt' Eu'r königliche Gnaden!«

Nebst: »Gott beschirm' den guten Herzog Humphrey!«

Doch fürcht' ich, Lords, bei all dem Schmeichelglanz,

Er wird uns ein gefährlicher Protektor.

BUCKINGHAM.

Und warum muß er's sein bei unserm Herrn.

Der selbst das Alter zum Regieren hat?

Vetter von Somerset, eint Euch mit mir,

Ihr all' zusammen mit dem Herzog Suffolk:

Wir heben bald den Herzog aus dem Sitz.

KARDINAL.

Es leidet keinen Aufschub dies Geschäft.

Ich will zum Herzog-Suffolk alsobald.

Ab.

SOMERSET.

Vetter von Buckingham, ob Humphreys Stolz

Und Größ' im Amte schon uns kränkend ist,

Laßt uns den trotz'gen Kardinal bewachen.

Sein Übermut ist unerträglicher

Als aller Prinzen in dem Lande sonst;

Setzt man den Gloster ab, wird er Protektor.

BUCKINGHAM.

Ich oder du, Somerset, wird Protektor,

Zum Trotz dem Herzog und dem Kardinal.

Buckingham und Somerset ab.

SALISBURY.

Stolz ging voran, der Ehrgeiz folgt ihm nach.

Weil diese streben, um sich selbst zu fördern,

Geziemt es uns, zu streben für das Reich.

Nie sah ich anders, als daß Herzog Humphrey

Sich wie ein echter Edelmann betrug.

Oft sah ich's, daß der trotz'ge Kardinal

Wie ein Soldat mehr als ein Mann der Kirche,

So keck und stolz, als wär' er Herr von allem,

Geflucht wie ein Bandit und sich gebärdet

Unähnlich dem Regenten eines Staats. –

Warwick, mein Sohn, du meines Alters Trost!

Dein Ruhm, dein schlichtes Wesen, deine Wirtschaft

Gewann die größte Gunst bei den Gemeinen,

Den guten Herzog Humphrey ausgenommen. –

Und Bruder York, in Irland deine Taten,

Da du zur Bürgerzucht sie hast gebracht,

Auch deine Kriegeszüg' in Frankreichs Herzen,

Als du Regent für unsern Fürsten warst:

Sie machten dich beim Volk geehrt, gefürchtet.

Verbinden wir uns fürs gemeine Wohl,

Mit aller Macht zu zügeln und zu hemmen

Den Hochmut Suffolks und des Kardinals,

Samt Buckinghams und Somersets Ehrbegier;

Und unterstützen bestens Glosters Taten,

Solang' sie zielen auf des Lands Gewinn.

WARWICK.

Gott helf' dem Warwick, wie sein Volk er liebt

Und seines Vaterlands gemeines Wohl!

YORK.

Das sagt auch York, er hat am meisten Grund.

SALISBURY.

Nun zeig' den Eifer, Sohn, wie ich dich mahne.

WARWICK.

Ja, mahne, Vater, mahne! Hin ist Maine,

Das Maine, welches Warwicks Arm errang,

Der stets des Frankenreiches flüchtig Roß

An dieser Mähne festzuhalten hoffte.

Ihr mahnt mich, Vater; mich gemahnt nur Maine,

Das, fall' ich nicht, bald mein zu sehn ich wähne.

Warwick und Salisbury ab.

YORK.

Anjou und Maine gab man den Franzosen:

Paris ist fort; der Strand der Normandie,

Da jene hin sind, hängt an einem Haar.

Suffolk schloß die Artikel des Vergleichs,

Die Pairs genehmigten, und Heinrich war

Es gern zufrieden, für zwei Herzogtümer

Zu tauschen eines Herzogs schöne Tochter.

Nicht tadeln kann ich sie: was gilt es ihnen?

Dein Gut, und nicht ihr eignes, geben sie.

Seeräuber können leicht spottwohlfeil handeln

Und Freund' erkaufen und an Dirnen schenken,

Hoch lebend so wie Herrn, bis alles fort:

Indes des Gutes blöder Eigentümer

Darüber weint, die bangen Hände ringt

Und schüttelt seinen Kopf und steht von fern,

Weil alles ausgeteilt wird und verstreut,

Und darf verhungernd nicht, was sein, berühren.

So sitzt nun York und knirscht und beißt die Zunge,

Weil um sein eignes Land gefeilschet wird.

Mich dünkt, die Reiche England, Frankreich, Irland

Sind so verwebt mit meinem Fleisch und Blut,

Als der verhängnisvolle Brand Altheens

Mit jenes Prinzen Herz von Kalydon.

Anjou und Maine an Frankreich abgegeben!

Ein Schlag für mich, der ich auf Frankreich Hoffnung

So wie auf Englands fruchtbar'n Boden hatte.

Es kommt ein Tag, wo York das Seine heischt;

Drum will ich die Partei der Nevils nehmen

Und Liebes tun dem stolzen Herzog Humphrey

Und, wenn ich Zeit erseh', die Krone fodern,

Denn nach der goldnen Scheibe ziel' ich nur.

Mein Recht soll Lancaster mir nicht entreißen,

Nicht in der kind'schen Faust das Szepter halten,

Das Diadem nicht tragen um sein Haupt,

Des Pfaffenlaunen nicht zur Krone passen.

Drum, York, sei still, bis dich die Zeit begünstigt,

Paß auf und wache du, wenn andre schlafen,

Geheimnisse des Staates zu erspähn;

Bis Heinrich, schwelgend in der Liebe Freuden

Mit Englands teu'r erkauften Königin

Und Humphrey mit den Pairs in Zwist geraten.

Dann heb' ich die milchweiße Rose hoch,

Sie soll mit süßem Duft die Luft durchdringen;

Dann führ' ich im Panier das Wappen Yorks,

Um mit dem Hause Lancaster zu ringen,

Und nehme dem durchaus die Krone wieder,

Des Bücherherrschaft England riß danieder.

Ab.

Zweite Szene

Ebendaselbst. Ein Zimmer im Hause des Herzogs von Gloster.

Gloster und die Herzogin treten auf.

HERZOGIN.

Warum senkt mein Gemahl das Haupt, wie Korn,

Beschwert von Ceres' überreifer Last?

Was zieht die Brau'n der große Herzog Humphrey,

Als säh' er finster auf der Welt Gesichter?

Was haftet nur dein Aug' am dumpfen Boden

Und starrt das an, was dein Gesicht bewölkt?

Was siehst du? König Heinrichs Diadem,

Verbrämt mit allen Ehren dieser Welt?

Ist das, so starr' und kriech' auf deinem Antlitz,

Bis dir das Haupt davon umzirkelt ist.

Streck' aus den Arm nach dem glorreichen Gold!

Ist er zu kurz? Verlängern soll ihn meiner;

Und wenn wir zwei zusammen es gefaßt,

So heben wir das Haupt vereint zum Himmel

Und wollen unser Aug' nie so erniedern,

Noch eines Blicks den Bodenwert zu halten.

GLOSTER.

Oh, Herzens-Lene, liebst du deinen Gatten,

So bann' ehrgeiziger Gedanken Wurm!

Sei der Gedanke, wann ich meinem König,

Dem tugendhaften Heinrich, Arges sinne,

Mein letzter Hauch in dieser ird'schen Welt!

Mich macht mein ängst'ger Traum von nachts betrübt.

HERZOGIN.

Was träumte mein Gemahl? Sagt mir, ich lohn' es

Mit süßer Meldung meines Morgentraums.

GLOSTER.

Mir schien's, der Stab hier, meines Amtes Zeichen,

Ward mir zerbrochen; ich vergaß, durch wen,

Doch, wie ich denke, war's der Kardinal;

Und auf den Stücken ward dann aufgesteckt

Der Kopf von Edmund, Herzog Somerset,

Und de la Poole, dem ersten Herzog Suffolk.

Dies war mein Traum: Gott weiß, was er bedeutet.

HERZOGIN.

Ei, das war nichts als ein Beweis, daß der,

Der nur ein Reis in Glosters Lustwald bricht,

Den Kopf für seine Kühnheit soll verlieren.

Doch horch auf mich, mein Humphrey, liebster Herzog!

Mir war, ich säß' auf majestät'schem Sitz,

Im Dom zu Westminster, und auf dem Stuhl,

Wo Kön'ge man und Königinnen krönt,

Wo Heinrich und Margreta vor mir knieten

Und setzten auf mein Haupt das Diadem.

GLOSTER.

O nein, dann muß ich gradezu dich schelten,

Hochmüt'ge Frau, verzogne Leonore!

Bist du die zweite Frau im Reiche nicht

Und des Protektors Weib, geliebt von ihm?

Steht weltliches Vergnügen dir nicht frei,

Mehr als dein Sinn erreichet und ermißt?

Und mußt du immer schmieden am Verrat,

Um deinen Gatten und dich selbst zu stürzen

Vom Ehrengipfel bis zum Fuß der Schmach?

Hinweg von mir, und laß mich nichts mehr hören!

HERZOGIN.

Wie, mein Gemahl? Seid Ihr mit Leonoren

So heftig, weil sie ihren Traum erzählt?

Ich will für mich die Träume schon behalten

Und nicht gescholten sein.

GLOSTER.

Nun, sei nicht zornig, ich bin wieder gut.

Ein Bote tritt auf.

BOTE.

Mylord Protektor, Seine Hoheit wünscht,

Daß Ihr zum Ritt Euch anschickt nach Sankt-Albans

Zur Falkenjagd mit Ihro Majestäten.

GLOSTER.

Ich geh'. – Komm, Lene, willst du mit uns reiten?

HERZOGIN.

Ja, bester Herr, ich folge gleich Euch nach.

Gloster und der Bote ab.

Vorangehn kann ich nicht, ich muß wohl folgen,

Solange Gloster klein und niedrig denkt.

Wär' ich ein Mann, ein Herzog, von Geblüt

Der Nächste: diese läst'gen Strauchelblöcke

Räumt' ich hinweg und ebnete mir bald

Auf den kopflosen Nacken meinen Weg;

Und selbst als Weib will ich nicht lässig sein,

Auch meine Roll' im Zug des Glücks zu spielen.

Wo seid Ihr denn, Sir John? Nicht bange, Freund!

Wir sind allein, nur du und ich sind hier.

Hume kommt hervor

HUME.

Jesus erhalte Eure Majestät!

HERZOGIN.

Was sagst du, Majestät? Ich bin nur Gnaden.

HUME.

Allein mit Gottes Gnad' und Humes Rat

Vervielfacht Euer Gnaden Titel sich

HERZOGIN.

Was bringst du, Mann? Hast du dich schon besprochen

Mit Grete Jordan, der verschlagnen Hexe,

Und dem Beschwörer, Roger Bolingbroke?

Und unternehmen sie's, mir Dienst zu leisten?

HUME.