König Johann - William Shakespeare - E-Book

König Johann E-Book

William Shakespeare

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Beschreibung

König Johann (engl. The Life and Death of King John) ist ein Historiendrama in fünf Akten von William Shakespeare, das in gedruckter Form erstmals in der Folioausgabe von 1623 erschienen ist. Die genaue Entstehungszeit ist ungewiss, wird jedoch im Allgemeinen auf den Zeitraum zwischen 1594 und 1596 datiert.

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William Shakespeare

König Johann

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

König Johann

Erster Aufzug

Zweiter Aufzug

Dritter Aufzug

Vierter Aufzug

Fünfter Aufzug

Impressum neobooks

König Johann

Erster Aufzug

Erste Szene

Northampton. Ein Staatszimmer im Pataste.

König Johann, Königin Eleonore, Pembroke, Essex, Salisbury und andre, nebst Chatillon, treten auf.

KÖNIG JOHANN.

Nun, Chatillon, sag, was will Frankreich uns?

CHATILLON.

So redet Frankreichs König, nach dem Gruß,

Durch meinen Vortrag zu der Majestät,

Erborgten Majestät von England hier.

ELEONORE.

Erborgten Majestät? – Seltsamer Anfang!

KÖNIG JOHANN.

Still, gute Mutter? Hört die Botschaft an!

CHATILLON.

Philipp von Frankreich, kraft undlaut des Namens

Von deines weiland Bruder Gottfried Sohn,

Arthur Plantagenet, spricht rechtlich an

Dies schöne Eiland samt den Ländereien,

Als Irland, Poictiers, Anjou, Touraine, Maine;

Begehrend, daß du legst beiseit das Schwert,

Das dieses Erb' anmaßendlich beherrscht,

Daß Arthur es aus deiner Hand empfange,

Dein Neff' und königlicher Oberherr.

KÖNIG JOHANN.

Und wenn wir dieses weigern, was erfolgt?

CHATILLON.

Der stolze Zwang des wilden, blut'gen Kriegs,

Zu dringen auf dies abgedrungne Recht.

KÖNIG JOHANN.

Wir haben Krieg für Krieg und Blut für Blut,

Zwang wider Zwang: antworte Frankreich das!

CHATILLON.

So nehmt denn meines Königs Fehderuf

Aus meinem Munde, meiner Botschaft Ziel!

KÖNIG JOHANN.

Bring' meinen ihm, und scheid' in Frieden so!

Sei du in Frankreichs Augen wie der Blitz:

Denn eh' du melden kannst, ich komme hin,

Soll man schon donnern hören mein Geschütz.

Hinweg denn! Sei du unsers Grimms Trompete

Und ernste Vorbedeutung eures Falls! –

Gebt ehrliches Geleit ihm auf dem Weg:

Besorgt es, Pembroke! – Chatillon, lebt wohl!

Chatillon und Pembroke ab.

ELEONORE.

Wie nun, mein Sohn? Hab' ich nicht stets gesagt,

Constanzens Ehrgeiz würde nimmer ruhn,

Bis sie für ihres Sohns Partei und Recht

Frankreich in Brand gesetzt und alle Welt?

Dies konnte man verhüten; es war leicht

Durch freundliche Vermittlung auszugleichen,

Was die Verwaltung zweier Reiche nun

Durch schrecklich blut'gen Ausgang muß entscheiden.

KÖNIG JOHANN.

Uns schirmt Besitzes Macht und unser Recht.

ELEONORE.

Besitzes Macht weit mehr als Euer Recht,

Sonst müßt' es übel gehn mit Euch und mir.

So flüstert in das Ohr Euch mein Gewissen,

Was nur der Himmel, Ihr und ich soll wissen.

Der Sheriff von Northamptonshire tritt auf und spricht heimlich mit Essex.

ESSEX.

Mein Fürst, hier ist der wunderlichste Streit,

Vom Land an Euren Richterstuhl gebracht,

Wovon ich je gehört. Bring' ich die Leute?

KÖNIG JOHANN.

Ja, führt sie vor! –

Sheriff ab.

Die Klöster und Abteien sollen zahlen

Die Kosten dieses Zugs. –

Der Sheriff kommt zurück mit Robert Faulconbridge und Philipp, seinem Bastard-Bruder.

Wer seid ihr beide?

BASTARD.

Ich Euer treuer Knecht, ein Edelmann,

Hier aus Northamptonshire, und, wie ich glaube,

Der älteste Sohn des Robert Faulconbridge,

Den Löwenherzens ruhmverleih'nde Hand

Für Kriegesdienst' im Feld zum Ritter schlug.

KÖNIG JOHANN.

Wer bist du?

ROBERT.

Der Erb' und Sohn desselben Faulconbridge.

KÖNIG JOHANN.

Ist das der ältre, und der Erbe du?

So scheint's, ihr seid von einer Mutter nicht.

BASTARD.

Gewiß von einer Mutter, mächt'ger König,

Das weiß man, und ich denk' auch, einem Vater:

Doch die gewisse Kenntnis dieses Punktes

Macht mit dem Himmel aus und meiner Mutter:

Ich zweifle dran, wie jeder Sohn es darf.

ELEONORE.

Pfui, grober Mann! Du schändest deine Mutter

Und kränkest ihren Ruf mit dem Verdacht.

BASTARD.

Ich, gnäd'ge Frau? Ich habe keinen Grund;

Das schützt mein Bruder vor, ich keineswegs:

Denn wenn er es beweist, so prellt er mich

Zum mind'sten um fünfhundert Pfund des Jahrs.

Gott schütz' mein Lehn und meiner Mutter Ehre!

KÖNIG JOHANN.

Ein wackrer, dreister Bursch! – Warum spricht er,

Als Jüngstgeborner, deine Erbschaft an?

BASTARD.

Ich weiß nicht, außer um das Lehn zu kriegen;

Doch einmal schalt er einen Bastard mich.

Ob ich so echt erzeugt bin oder nicht.

Das leg' ich stets auf meiner Mutter Haupt;

Allein, daß ich so wohl erzeugt bin, Herr,

(Ruh' dem Gebein, das sich für mich bemüht!) –

Vergleicht nur die Gesichter, richtet selbst!

Wenn uns der alte Herr, Sir Robert, beide

Erzeugt', und dieser Sohn dem Vater gleicht, –

O alter Robert! Vater! siehe mich

Gott knieend danken, daß ich dir nicht glich!

KÖNIG JOHANN.

Nun, welch ein Tollkopf ist uns hier beschert?

ELEONORE.

Er hat etwas von Löwenherzens Zügen,

Und seiner Sprache Ton ist ihm verwandt.

Erkennt Ihr nicht Merkmale meines Sohnes

Im großen Gliederbaue dieses Manns?

KÖNIG JOHANN.

Mein Auge prüfte seine Bildung wohl

Und fand sie sprechend ähnlich. – Ihr da, sprecht,

Was treibt Euch, Eures Bruders Lehn zu fodern?

BASTARD.

Weil er ein Halbgesicht hat, wie mein Vater,

Möcht' er mein Lehn ganz für das Halbgesicht.

Sein Groschen mit dem Halbgesicht-Gepräge

Brächt' ihm alsdann fünfhundert Pfund des Jahrs.

ROBERT.

Mein gnäd'ger Lehnsherr, als mein Vater lebte,

Braucht' Euer Bruder meinen Vater oft, –

BASTARD.

Ei, Herr, damit gewinnt Ihr nicht mein Lehn:

Erzählt uns, wie er meine Mutter brauchte!

ROBERT.

Und sandt' ihn einst auf eine Botschaft aus,

Nach Deutschland, mit dem Kaiser dort zu handeln

In wichtigen Geschäften jener Zeit.

Der König nutzte die Entfernung nun

Und wohnt' indes in meines Vaters Haus.

Wie er's erlangte, schäm' ich mich zu sagen;

Doch wahr ist wahr: es trennten meinen Vater

Von meiner Mutter Strecken See und Land

(Wie ich von meinem Vater selbst gehört),

Als dieser muntre Herr da ward erzeugt.

Auf seinem Todbett ließ er mir sein Gut

Im Testament und starb getrost darauf,

Der, meiner Mutter Sohn, sei seiner nicht;

Und wenn er's war, so kam er in die Welt

An vierzehn Wochen vor der rechten Zeit.

So gönnt mir denn, was mein ist, bester Fürst,

Des Vaters Gut nach meines Vaters Willen!

KÖNIG JOHANN.

Still! Euer Bruder ist ein echtes Kind;

Des Vaters Weib gebar ihn in der Eh',

Und wenn sie ihn betrog, ist's ihre Schuld,

Worauf es alle Männer wagen müssen,

Die Weiber nehmen. Sagt mir, wenn mein Bruder,

Der, wie Ihr sprecht, sich diesen Sohn geschafft,

Von Eurem Vater ihn gefodert hätte:

Traun, guter Freund, sein Kalb von seiner Kuh

Könnt' er behaupten gegen alle Welt;

Das könnt' er, traun! War er von meinem Bruder,

So konnt' ihn der nicht fodern; Euer Vater

Ihn nicht verleugnen, war er auch nicht sein.

Kurz, meiner Mutter Sohn zeugt' Eures Vaters Erben,

Dem Erben kommt das Gut des Vaters zu.

ROBERT.

Hat meines Vaters Wille keine Kraft,

Das Kind, das nicht das seine, zu enterben?

BASTARD.

Nein, nicht mehr Kraft, mich zu enterben, Herr,

Als, wie ich glaub', er mich zu zeugen hatte.

ELEONORE.

Was willst du lieber sein? ein Faulconbridge,

Der Lehn-Besitzer wie dein Bruder, oder

Des Löwenherzens anerkannter Sohn,

Herr deines Adels, und kein Lehn dazu?

BASTARD.

Ja, Fürstin, säh' mein Bruder aus wie ich,

Und ich wie er, Sir Roberts Ebenbild,

Und hätt' ich Beine wie zwei Reitergerten

Und Arme wie von ausgestopfter Aalhaut,

Ein dünn Gesicht, daß ich mit keiner Rose,

Ins Ohr gesteckt, mich dürfte lassen sehn,

Daß man nicht schrie': »Seht da Drei-Heller gehn!«

Und wär' ich dieses ganzen Landes Erbe:

Ich will von hier nie weichen, gäb' ich nicht

Den letzten Fußbreit hin für dies Gesicht.

Um keinen Preis würd' ich ein solcher Wicht.

ELEONORE.

Ich hab' dich gern: willst du dein Teil verlassen,

Das Land ihm übermachen und mir folgen?

Ich bin Soldat und geh' auf Frankreich los.

BASTARD.

Bruder, nimm du mein Land, wie ich mein Los.

Gilt Eu'r Gesicht fünfhundert Pfund auch heuer,

Verkauft Ihr's für fünf Heller doch zu teuer. –

Ich folge, gnäd'ge Frau, Euch in den Tod.

ELEONORE.

Nein, lieber will ich Euch vorangehn lassen.

BASTARD.

Des Landes Sitte gibt den Höhern Vortritt.

KÖNIG JOHANN.

Wie ist dein Name?

BASTARD.

Philipp, mein Fürst: mein Name so beginnt;

Des alten Roberts Eh'frau ältstes Kind.

KÖNIG JOHANN.

Führ' künftig dessen Namen, dem du gleichst:

Knie' du als Philipp, doch steh auf erhöht:

Steh auf, Sir Richard und Plantagenet!

BASTARD.

Gebt, mütterlicher Bruder, mir die Hand:

Mein Vater gab mir Adel, Eurer Land.

Gesegnet schienen Sonne oder Sterne,

Als ich erzeugt ward in Sir Roberts Ferne.

ELEONORE.

Das wahre Feuer der Plantagenet!

Nennt mich Großmutter, Richard, denn ich bin's.

BASTARD.

Von ungefähr, nicht förmlich; doch was tut's?

Geht's nicht grad' aus, so sieht man, wie man's macht:

Herein zum Fenster, oder übern Graben.

Wer nicht bei Tage gehn darf, schleicht bei Nacht,

Und, wie man dran kömmt, haben ist doch haben.

Weit oder nah, gut Schießen bringt Gewinn,

Und ich bin ich, wie ich erzeugt auch bin.

KÖNIG JOHANN.

Geh, Faulconbridge! Du hast, was du begehrt;

Ein armer Ritter hat dir Gut beschert. –

Kommt, Mutter! Richard, kommt! Wir müssen eilen

Nach Frankreich, Frankreich! Denn hier gilt kein Weilen.

BASTARD.

Bruder, leb wohl! Das Glück sei dir geneigt!

Du wurdest ja in Ehrbarkeit erzeugt.

Alle ab außer der Bastard.

Um einen Schritt zur Ehre besser nun,

Doch schlimmer um viel tausend Schritte Lands.

Ich kann ein Gretchen nun zur Dame machen; –

»Habt guten Tag, Sir Richard!« – »Dank, Gesell!« –

Und wenn er Jürge heißt, nenn' ich ihn Peter:

Denn neugeschaffner Rang vergißt die Namen;

Es ist zu aufmerksam und zu vertraulich

Für unsern Hofton. – Dann mein Reisender,

An meiner Gnaden Tisch die Zähne stochernd,

Und ist mein ritterlicher Magen voll,

So saug' ich an den Zähnen und befrage

Den Schönbart aus der Fremde: »Bester Herr«, –

So auf den Arm mich stützend, fang' ich an, –

»Ich möcht' Euch bitten«, – das ist die Frage nun,

Und dann kommt Antwort wie ein Abc-Buch:

»O Herr«, sagt Antwort, »gänzlich zu Befehl,

Wie's Euch beliebt, zu Euren Diensten, Herr.« –

Sagt Frage: »Nein, ich, bester Herr, zu Euren.«

Und so, eh' Antwort weiß, was Frage will, –

Bloß mit dem hin und her Komplimentieren

Und Schwatzen von den Alpen, Apenninen,

Den Pyrenäen und dem Flusse Po

Zieht es sich bis zur Abendmahlzeit hin.

Das ist hochadlige Gesellschaft nun,

Die strebenden Gemütern ziemt, gleich mir.

Wer nicht nach Wahrnehmung der Sitte schmeckt,

Der ist ja nur ein Bastard seiner Zeit;

(Das bleib' ich zwar, mit oder ohne Beischmack:)

Und dies nicht bloß in Tracht und Lebensart,

In äußerlichem Wesen und Manier,

Nein, auch aus innern Kräften, zu erzeugen

Süß, süßes Gift für des Zeitalters Gaum.

Will ich dies schon nicht üben zum Betrug,

So will ich's doch, Betrug zu meiden, lernen:

Mir soll's die Stufen der Erhöhung ebnen. –

Wer kommt in solcher Eil'? im Reithabit?

Welch eine Frau'n-Post? Hat sie keinen Mann,

Der sich bequemt, das Horn vor ihr zu blasen?

Lady Faulconbridge und Jakob Gurney treten auf.

O weh! 's ist meine Mutter. – Nun, gute Frau,

Was bringt Euch hier so eilig an den Hof?

LADY FAULCONBRIDGE.

Wo ist der Schalk, dein Bruder? sag mir, wo.

Der außer Atem meine Ehre hetzt?

BASTARD.

Mein Bruder Robert? alten Roberts Sohn?

Colbrand der Riese, der gewalt'ge Mann?

Ist es Sir Roberts Sohn, den Ihr so sucht?

LADY FAULCONBRIDGE.

Sir Roberts Sohn! Ja, du verwegner Bube,

Sir Roberts Sohn: was höhnest du Sir Robert?

Er ist Sir Roberts Sohn, du bist es auch.

BASTARD.

Laß, Jakob, eine Weil' uns hier allein!

GURNEY.

Empfehl' mich, guter Philipp.

BASTARD.

Philipp? Possen! Jakob,

Hier ist was los, sogleich erfährst du mehr.

Gurney ab.

Ich bin Sir Roberts Sohn, des alten, nicht:

Sir Robert konnte seinen Teil an mir

Karfreitags essen und doch Fasten halten.

Sir Robert konnte was; doch – grad' heraus:

Konnt' er mich zeugen? Nein, das konnt' er nicht:

Wir kennen ja sein Machwerk. – Gute Mutter,

Sagt also, wem verdank' ich diese Glieder?

Nie half Sir Robert, dieses Bein zu machen.

LADY FAULCONBRIDGE.

Verschworst auch du mit deinem Bruder dich,

Der meine Ehr' aus Klugkeit schützen sollte?

Was soll dies Höhnen, ungeschliffner Knecht?

BASTARD.

Kein Knecht, ein Ritter, meine gute Mutter;

Ich hab' den Ritterschlag, hier auf der Schulter.

Doch, Mutter, ich bin nicht Sir Roberts Sohn;

Sir Robert und mein Erbe gab ich auf,

Nam', ehrliche Geburt, und alles fort:

Drum, gute Mutter, nennt mir meinen Vater!

Ich hoff', ein feiner Mann; wer war es, Mutter?

LADY FAULCONBRIDGE.

Hast du dem Namen Faulconbridge entsagt?

BASTARD.

Entsagt von Herzen, wie dem Teufel selbst

LADY FAULCONBRIDGE.

Dich zeugte König Richard Löwenherz.

Durch lange, heft'ge Zumutung verführt,