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Eine Abenteuergeschichte über die Abgründe des eigenen Ichs, eine moderne Legende - bildmächtig, geheimnisvoll, bezwingend. Alles um ihn herum scheint merkwürdig weit weg, auch wenn es auf den ersten Blick aussieht, als wäre alles in Ordnung. Cons, mit vollem Namen Constantin, lebt mit seiner Frau und zwei Jungen auf einem Grundstück zusammen; aber das Wort »zusammen" beschreibt es nicht ganz: Ein Haus hatten sie einmal bauen wollen, jetzt wohnen sie noch immer in provisorischen Containern in zwei Stockwerken, unten Cons, oben die Frau mit den Kindern. Etwas in Cons wirkt wie zerbrochen; er ist seit seinem »Aussetzer" bei einer Übung als Zeitsoldat, an den er sich nur vage erinnern kann, wie aus der Welt gefallen. Ja, die Welt ist ihm abhanden gekommen. Unfähig, sich von der Fokussierung auf ein Ziel zu lösen, das es nicht mehr gibt, gleitet Cons aus alten Freundschaften und aus dem Leben seiner Familie in eine richtungslose, nächtelange Pirsch. Angelehnt an die Legende des römischen Feldherrn und Jägers Eustachius schreibt Daniela Danz ein radikales Buch über den Sog des Scheiterns und die vergebliche Tapferkeit eines Mannes, der sich noch einmal mit aller Macht der Fluchtlinie seines Lebens entgegenstemmt, bevor er in eine alptraumhafte Irrealität sich überschlagender Ereignisse gerät.
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Seitenzahl: 184
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Daniela Danz wurde 1976 in Eisenach geboren. Sie studierte Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte in Tübingen, Prag, Berlin, Leipzig und Halle, wo sie über die Architektur von Krankenhauskirchen promovierte. Sie arbeitet als Autorin, leitet das Schillerhaus in Rudolstadt und hat einen Lehrauftrag an der Universität Hildesheim. Zuletzt wurde sie 2014 mit dem Rainer-Malkowski-Preis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste und 2016 mit einem Stipendium der Deutschen Akademie Rom ausgezeichnet. Sie lebt mit ihrer Familie in Kranichfeld.
Bücher im Wallstein Verlag: Türmer. Roman (2006); Pontus. Gedichte (2009); V. Gedichte (2014).
Daniela Danz
Lange Fluchten
Roman
In dankbarer Erinnerung an Heiner Bauer
I
II
III
IV
V
VI
VII
VIII
VIX
X
XI
XII
XIII
XIV
XV
XVI
XVII
XVIII
XIX
XX
XXI
XXII
XXIII
XXIV
XXV
XXVI
XXVII
Man kann die Luft schneiden, der Rauch steht in dem engen Raum. Die Trophäen an der Wand scheinen ohne System angeordnet: verschiedene Geweihe, auch ganz unbedeutende, eine größere Menge Fangzähne auf einer an die Wand geklebten Plastikschiene, Hasenpfoten und eine schüttere Lunte. Auf dem Spind umgekippt eine präparierte Amsel, darüber ein abgeschnittener Gänseflügel, der lange nichts mehr entstaubt hat. Die Jacke an einem Fleischerhaken, eine halbe Wurst an einem anderen, ein 10 × 42-Dachkantglas, ein Regalbrett mit ein paar Büchern: Amanns Kerfe und Bodenpflanzen des Waldes, ein tschechisches Ornithologielexikon, etwas Geologie, Krimis und Romane, ein verschweißter Bildband über den Zweiten Weltkrieg und ein serbokroatisches Wörterbuch. Auf einem klebrigen Tisch zwischen Papieren und leeren Verpackungen ein Gurkenglas voller Kippen und Asche. In einem Sessel daneben sitzt er. Er sieht aus dem Containerfenster auf ein paar Sträucher, eine Sandkiste, die schief hängende Schaukel, den roten Lada Niva. Er raucht. Die verdreckten Stiefel noch immer an den Füßen, die Filzweste über dem Hemd. So sitzt er seit Stunden, seit er am Morgen aus dem Wald gekommen ist. Im Kühlschrank ist nichts. Seine Frau hat das untere Geschoss des Containers aufgegeben, ist mit den beiden Jungen in die oberen zwei Räume gezogen. Die haben Fenster nach Westen und Osten. Oben hat sie einen eigenen Kühlschrank. Überhaupt hat sie einiges, was man zum Leben braucht, einiges mehr als er. Vorhin, als er kurz austreten war, hatte es in der nebligen Morgenluft nach gebratenem Schinken gerochen. Er war zwanzig Stunden im Wald gewesen, ohne zu essen. Aber hoch konnte er nicht gehen. Die Jungen sollten ihn so nicht sehen. Die mussten erst in die Schule. Dann konnte er hochgehen, essen, vielleicht etwas schlafen. Schlaf brauchte er nicht viel.
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