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Die schönsten Erzählungen Die urkomische Geschichte »Der dritte Nagel«, unlängst auch mit großem Erfolg in Frankreich erschienen, erzählt von einem Mann, der vom besten Brötchenbäcker der Stadt versorgt werden will. Gerade vertrackte Alltagssituationen verführen Kant zu nichtalltäglicher Spottlust und Sprachartistik. Da ist die alte Halsabschneiderin Frau Persokeit, die die Leute allein dadurch das Fürchten lehrt, dass sie sie grüßen lässt. Oder Herr Farßmann, ein Buchhalter wie du und ich. Ironie, Satire und tiefere Bedeutung – in Kants Erzählungen gehen sie besonders erstaunliche, stets vergnügliche und verblüffende Allianzen ein. Was Wunder, dass ihm die Geschichten nicht ausgehen und hier nicht nur neu zu entdeckende, sondern auch neue veröffentlicht werden.
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Seitenzahl: 310
Veröffentlichungsjahr: 2011
Hermann Kant
Lebenslauf, zweiter Absatz
Erzählungen
Die Orthographie folgt der jeweils im Entstehungsjahr der Erzählungen gültigen Rechtschreibung.
ISBN E-Pub 978-3-8412-0278-9
ISBN PDF 978-3-8412-2278-7
ISBN Printausgabe 978-3-351-03344-6
Aufbau Digital,
veröffentlicht im Aufbau Verlag, Berlin, März 2011
© Aufbau Verlag GmbH & Co. KG, Berlin
Die Erstausgabe erschien 2011 bei Aufbau,
einer Marke der Aufbau Verlag GmbH & Co. KG
Die Textnachweise der einzelnen Erzählungen
folgen am Schluss des Bandes
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Innentitel
Inhaltsübersicht
Informationen zum Buch
Informationen zum Autor
Impressum
Krönungstag
Der Glasberg
Mitten im kalten Winter
Gold
Lebenslauf, zweiter Absatz
Eine Übertretung
Frau Persokeit hat grüßen lassen
Der dritte Nagel
Bronzezeit
Der Mann von Frau Lot
Patchwork
Textnachweis
Ich saß auf dem Dach und konnte alles genau sehen: die vier verstaubten Männer in der Buchenlaube, meine Mutter und die Frau mit der Ziege, meine kleine Schwester Alida hinter dem Schattenmorellenspalier, den Festzug mit Blumen und Fahnen in der kleinen sandigen Straße und Judith, die Königin.
Die Königin stand ganz allein auf dem sauber geharkten Weg zwischen dem Steingarten und der Dahlienreihe. Sie wartete auf den König.
Ich hatte nie gewußt, daß Judith hübsch war, aber jetzt sah ich es. Gewiß, sie war so mager, wie nur Mädchen kurz vor der Konfirmation sein können, und ihre Augen waren vom Weinen gerötet, aber dennoch war sie hübsch oder sogar schön. Sicher war einiges davon dem weißen Kleid und den neuen blanken Schuhen und dem Nelkenkranz im Haar zu danken, aber schließlich saß der Kranz auf vollen braunen Locken, und in den zierlichen Schuhen steckten zierliche Füße, und das weiße Leinenkleid wäre nichts gewesen ohne die dünnen, aber golden schimmernden Arme und Beine Judiths. Sie stand schmal und allein auf dem Gartenweg und blickte dem König entgegen.
Die Leute im Festzug waren ruhig geworden und sahen neugierig über die Ligusterhecke in unseren Garten. Mochten sie nur! Da war jetzt alles in Ordnung. Die Blumenkästen unter den Fenstern glänzten in frischem Weiß, der Rhododendronbusch verbarg mit rosig leuchtenden Blüten die rostige Regentonne, auf dem Wege lag kein Stein mehr, niemand konnte meinen Vater und die anderen Männer oder die Frauen mit der Ziege sehen, und keiner sah den empörend strubbeligen Kopf meiner kleinen Schwester Alida hinter dem Kirschenspalier. Es war alles in Ordnung – bis auf den dünnen Faden Heu vielleicht, der in dem Heckenrosenbogen über der Pforte hing und leise im Winde schaukelte.
Aber außer mir sah das niemand. Die Blicke der Leute ruhten auf Judith, die erlöst und erwartend zugleich vor der offenen Haustür stand, und auf dem König, der aus der Kutsche geklettert war und durch den Rosenbogen unseren Garten betrat.
Er war keine fünf Minuten zu früh gekommen.
Der Tag hatte eigentlich wie alle anderen begonnen. Schön, wir Kinder waren aufgeregt – für uns war dieser Tag keineswegs wie jeder andere –, aber für meine Eltern begann er, wie ein Tag eben beginnt, wenn der Mann um sieben zur Arbeit fahren muß und im Stall ein Haufen Viehzeug nach Futter verlangt.
So war es jeden Morgen: Meine Mutter klapperte mit Tassen und Tellern und fragte sich laut, wo sie denn wieder den Malzkaffee gelassen habe, und beschwichtigte den Pfeifkessel mit ihrem allmorgendlichen »Jaja, ich komm ja schon!«, und mein Vater erklärte unserer Ziege, die sich wieder einmal nicht melken lassen wollte, sie sei ein »ganz obstinates Beest«. Dann pumpte mein Vater mit einer schrecklich quietschenden Pumpe Luft in die brüchigen Schläuche seines alten Fahrrades. Er tat das jeden Morgen, und jeden Morgen pfiff er »La Paloma« dazu. Die rostige Pumpe war musikalischer als er.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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