2,99 €
Der Lektüreschlüssel erschließt Thomas Manns "Buddenbrooks". Um eine Interpretation als Zentrum gruppieren sich 10 wichtige Verständniszugänge: * Erstinformation zum Werk * Inhaltsangabe * Personen (Konstellationen) * Werk-Aufbau (Strukturskizze) * Wortkommentar * Interpretation * Autor und Zeit * Rezeption * "Checkliste" zur Verständniskontrolle * Lektüretipps mit Filmempfehlungen
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 94
LEKTÜRESCHLÜSSELFÜR SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER
Thomas Mann
Von Helmut Bernsmeier
Reclam
Dieser Lektüreschlüssel bezieht sich auf folgende Textausgabe: Thomas Mann: Buddenbrooks. Verfall einer Familie. Frankfurt a. M.: Fischer Taschenbuch Verlag, 2004. (Fischer Taschenbuch. 9431.)
Alle Rechte vorbehalten© 2008, 2013 Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, StuttgartGesamtherstellung: Reclam, DitzingenMade in Germany 2013RECLAM, UNIVERSAL-BIBLIOTHEK und RECLAMS UNIVERSAL-BIBLIOTHEK sind eingetragen Marken der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, StuttgartISBN 978-3-15-960227-1ISBN der Buchausgabe 978-3-15-015396-3
www.reclam.de
1. Erstinformation zum Werk
2. Inhalt
3. Personen
4. Werkaufbau
5. Wort- und Sacherläuterungen
6. Interpretation
7. Autor und Zeit
8. Rezeption
9. Checkliste
10. Lektüretipps
Anmerkungen
Seit der ersten Auflage im Jahr 1901 ist Thomas Manns Dichtung über den »Verfall einer Familie«, wie der Untertitel lautet, einer der meistgelesenen und -geschätzten Romane der deutschen Literaturgeschichte. Thomas Mann legte als junger Autor von fünfundzwanzig Jahren dieses opulente Werk vor. 1929 wurde er für Buddenbrooks mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.
Der Erfolg des Romans ist nicht nur dem authentischen und historisch belegten Material und dem Streben des Autors nach Authentizität zu verdanken, sondern vor allem seiner Beobachtungsgabe, die sich in der Darstellung seiner Personen und deren Charakteristik zeigt, sowie dem ausgereiften, von Ironie geprägten Stil.
Bei der Auswahl der Figuren hat sich Thomas Mann an Personen seiner eigenen Familie orientiert, diese allerdings nicht historisch getreu wiedergegeben, sodass der Leser trotz der Detailgenauigkeit auch ein verfremdendes Prinzip erkennt.
Erzählt wird die Geschichte der Lübecker Kaufmannsfamilie Buddenbrook von dem Zeitpunkt ihrer größten Blüte bis zum Erlöschen. Es ist aber nicht allein die meisterhaft erzählte Geschichte einer Familie, einer Familie, die beeindruckt, sondern die »Seelengeschichte des europäischen Bürgertums« (Siegfried Lenz) im 19. Jahrhundert.
Der Roman wurde in fast alle europäischen und in viele außereuropäische Sprachen übersetzt. Insgesamt liegen etwa vierzig Übersetzungen und vier Verfilmungen (1923, 1959, 1979 und 2008) vor.
Die Handlung des in elf Teile gegliederten Romans Buddenbrooks erstreckt sich über die Jahre 1835 bis 1877 und wird durch die Abfolge von vier Generationen bestimmt. Der Untertitel Verfall einer Familie weist auf den Niedergang der im Titel genannten großbürgerlichen Kaufmanns- und Patrizierfamilie in Lübeck hin.
Die ersten Kapitel dienen dazu, den Leser mit den drei Generationen der Familie, den Vermögensverhältnissen sowie mit ihrem Bekanntenkreis vertraut zu machen. Die im Herbst 1835 einsetzende Handlung beginnt kurz nachdem das Familienoberhaupt Johann Buddenbrook senior ein repräsentatives Anwesen in der Lübecker Mengstraße erworben hat.
Johann Buddenbrook verkörpert die Ideale seines Standes, er ist praktisch veranlagt und denkt an das Nützliche. Bei ihm kommen keine Zweifel auf, dass das seit Generationen aufgebaute Getreidehandelshaus weiterhin erfolgreich sein wird.
Nach einem friedlich verlaufenden üppigen Mahl im Familien- und Bekanntenkreis konfrontiert ihn sein Sohn, Konsul Johann Buddenbrook, mit einem Brief seines Stiefbruders Gotthold, der sich darüber beschwert, im Vergleich zu den beiden Kindern aus der zweiten Ehe seines Vaters zu kurz gekommen zu sein. Konsul Johann möchte aufgrund seiner christlichen Gesinnung einerseits den inneren Frieden in der Familie wahren, andererseits aber als Unternehmer das Ansinnen des Bruders zurückweisen. Sein Vater hat demgegenüber keine Bedenken, sich strikt gegen den Anspruch Gottholds zu stellen, der gegen seinen Willen eine nicht standesgemäße Frau geheiratet hatte.
Drei Jahre später, im Jahr 1838, kann der Konsul die Geburt der Tochter Clara in die Familienchronik eintragen. In diesem Zusammenhang erfährt der Leser etwas über den Ursprung der Familie und deren Lebensmaxime »Mein Sohn, sey mit Lust bey den Geschäften am Tage, aber mach nur solche, daß wir bey Nacht ruhig schlafen können« (56).
Die drei älteren Kinder, Thomas, Antonie, genannt Tony, und Christian, werden hier näher vorgestellt. Thomas und Christian sind grundverschieden veranlagt. Während Thomas Ähnlichkeiten mit dem Großvater aufweist und mit sechzehn in die Firma eintritt, ist Christian launenhaft und für den Kaufmannsberuf offenbar ungeeignet. Die Schwester Tony erlebt eine glückliche Kindheit in der Familie und in dem Pensionat von Therese Weichbrodt, wo sie die aus Amsterdam stammende Mitschülerin Gerda Arnoldsen kennen lernt. Gerda, die später Thomas Buddenbrook heiratet, ist eine Persönlichkeit, die durch ihre fremdartige und elegante Erscheinung, ihre dunkelrote Haarpracht und weißen Zähne Aufsehen erregt.
Das Familienoberhaupt Johann stirbt 1842, nach seiner Frau, woraufhin Gotthold wieder den Anschluss an die Familie sucht. Die wirtschaftliche Entwicklung des Familienunternehmens bleibt hinter den Erwartungen zurück.
Erstmals erfolgt ein Hinweis auf die junge und unternehmungsfreudige Kaufmannsfamilie Hagenström, die in Konkurrenz zu der Familie Buddenbrook steht und weiter einen Gegenpol zu ihr darstellen wird.
Dieser Teil wird wesentlich von der Eheanbahnung zwischen der mittlerweile achtzehn Jahre alten Tony und dem etwa zweiunddreißig Jahre alten Bendix Grünlich bestimmt. Grünlich wirbt als Geschäftspartner um Tonys Hand und macht wegen des guten geschäftlichen Leumunds, seines gepflegten Benehmens und seiner christlichen Gesinnung einen sehr positiven Eindruck auf die Eltern. Die umworbene Tony findet Grünlich jedoch lächerlich und gibt ihm, als er seine Auserkorene allein trifft und sich ihr zu Füßen wirft, einen Korb. Konsul Buddenbrook sieht in der Verbindung mit Grünlich jedoch geschäftliche Vorteile und spricht sich für die Zweckheirat aus. Damit sie zur Besinnung komme, schlägt er Tony vor, den Sommer in der Familie des Lotsenkommandeurs Schwarzkopf in Travemünde zu verbringen. Hier lernt sie dessen Sohn Morten kennen, der als Medizinstudent seine Ferien zu Hause verbringt.
Bei Spaziergängen am Strand erzählt Morten von seinen liberalen Ansichten. Die beiden jungen Leute verlieben sich ineinander. Morten möchte bald sein Studium zu Ende bringen und dann um Tonys Hand anhalten.
Einige Tage später erscheint allerdings Bendix Grünlich in Travemünde und beschwert sich beim Lotsenkommandanten darüber, dass Morten der jungen Frau Versprechungen gemacht habe; er selbst besitze eigene Rechte auf Tony. Woraufhin Schwarzkopf seinen Sohn zur Ordnung ruft und ihn unverzüglich nach Göttingen schickt. Tony, wieder zu Hause, schreibt betrübt in die Familienchronik, sie habe sich am 22. September 1845 mit dem Kaufmann Herrn Bendix Grünlich verlobt. Nach dem Aushandeln einer guten Mitgift findet ein Vierteljahr später die Hochzeit und der Umzug des jungen Paares nach Hamburg statt.
Thomas ist in der Zwischenzeit im Unternehmen integriert und geht im Auftrag der Firma nach Amsterdam. Um vor dem Auslandsaufenthalt seiner Verantwortung für die Familie gerecht zu werden, trennt er sich von seiner Geliebten, dem Blumenmädchen Anna. Christian soll weitere Ausbildung bei einem Geschäftspartner in London erhalten.
Im Oktober 1846 wird Tonys und Bendix’ Tochter Erika geboren. Die Ehe erweist sich nach der Geburt Erikas als nicht glücklich. Bendix wirft seiner Frau, die um die Einstellung einer Erzieherin bittet, vor, sie ruiniere ihn mit ihrer Verschwendung. Tony, die seit ihrer Verheiratung nichts an Selbstsicherheit eingebüßt hat, wird bewusst, dass die Geschäfte ihres Mannes schlecht gehen und Bendix, der kurz vor dem Ruin steht, zahlungsunfähig ist. Nach einer Auseinandersetzung zwischen Grünlich und dem Bankier Kesselmeyer erfährt der nach Hamburg gereiste Johann Buddenbrook, dass sich der Schwiegersohn ihm und Tony gegenüber unehrlich verhalten hat. Bereits vor der Eheschließung sei Grünlich pleite gewesen, habe aber gefälschte Bilanzen vorgelegt. Die Mitgift konnte ihn vorerst retten. Der Vater ist nun nicht bereit, Grünlichs Firma mit seinem Geld weiter zu unterstützen.
Tony ahnt, dass ein Bankrott auch ihren Ruin bedeuten würde. Auf Anraten des Vaters trennt sie sich von Grünlich, kehrt mit Erika in ihr Elternhaus nach Lübeck zurück und lässt sich 1850 scheiden.
Ein zweiter Erzählstrang dieses Romanteils handelt von den revolutionären Ereignissen im Herbst 1848. Es kommt zu einer Versammlung vor dem Rathaus, wo die Anwesenden lautstark die Einführung des allgemeinen Wahlrechts und republikanische Verhältnisse fordern. Bei den Mitgliedern der Bürgerschaft rufen diese Ereignisse Furcht hervor. Konsul Johann Buddenbrook gelingt es jedoch dank seines Ansehens und seiner Rede, die er an die revoltierenden Arbeiter in plattdeutscher Mundart adressiert, die Aufständischen zu beruhigen. Johann verdeutlicht den Arbeitern, indem er sich direkt an einen seiner Lagerarbeiter wendet, dass Lübeck bereits eine Republik ist. Johann Buddenbrooks Schwiegervater, der alte Konsul Kröger, hat sich während der Ereignisse so erregt, dass er an einer Herzattacke stirbt. Sieben Jahre später, im Sommer 1855, stirbt auch Konsul Johann Buddenbrook.
Thomas Buddenbrook, erst neunundzwanzig Jahre alt, ist nun Chef des großen Handelshauses. Obwohl die Bilanz besser ausfällt als erwartet, ist Thomas nicht zufrieden. Er möchte das Glück zwingen und das Prestige des alten Unternehmens fördern. Die »Sehnsucht nach Tat, Sieg und Macht« ist seinen Augen anzusehen (256).
Thomas’ alte Mutter Elisabeth gewinnt als Witwe zunehmend Wohlgefallen an einer religiös-eifernden Lebensweise und richtet »Jerusalemsabende« aus, zu denen sie regelmäßig Pfarrer und Missionare einlädt.
Anfang des Jahres 1856 kehrt Christian nach achtjähriger Abwesenheit zurück. Anschließend an seinen Londoner Aufenthalt hatte er in Valparaiso in Chile gelebt. Nun soll er mit seinen Englischkenntnissen der Firma nutzen und wird als Prokurist eingestellt. Seine Arbeitshaltung – er verbringt am Vormittag lange Zeit mit Zeitunglesen, Zigarrenrauchen und Cognactrinken – wirkt sich aber negativ auf das Klima in den Büroräumen aus. Seinen eigentlichen Lebensmittelpunkt findet er nicht in der Firma, sondern im Klub, wo er seine gesellschaftliche Begabung auszuleben weiß. Dieser Lebenswandel führt immer mehr zu einer Verschlechterung des Verhältnisses zu seinem Bruder Thomas.
Im Juli 1856 zeigt Thomas, der sich auf einer Geschäftsreise in Amsterdam aufhält, seine baldige Eheschließung mit Gerda Arnoldsen an. Gerda, Tochter eines reichen Amsterdamer Kaufmanns, ist im Pensionat von Therese Weichbrodt zusammen mit Tony aufgewachsen. Ihr elegantes, exotisches Aussehen und ihre musikalische Neigung bieten in Lübeck Gesprächsstoff.
Es bahnt sich aber auch eine zweite Eheschließung an. Im Haus in der Mengstraße lernen sich in den christlichen Zirkeln die achtzehnjährige Clara und der Pastor Tiburtius näher kennen und heiraten Ende des Jahres 1856.
Tony macht in München, wo sie sich bei ihrer Freundin aufhält, Bekanntschaft mit dem Hopfenhändler Alois Permaneder. Dieser besucht die junge Frau später im Haus der Buddenbrooks, wo er nicht nur wegen seines Aussehens und seiner bayrischen Mundart, sondern auch wegen seines ungeschliffenen Auftretens für Aufmerksamkeit sorgt. Beide heiraten und ziehen, ausgestattet mit einer ansehnlichen Mitgift, nach München.
In Lübeck verschärfen sich die Spannungen zwischen Thomas und Christian. Der Streit eskaliert, als Thomas erfährt, sein Bruder habe sich in Kreisen der Boheme abfällig dahingehend geäußert, jeder Geschäftsmann sei eigentlich ein Gauner (317). Beide trennen sich, Christian erhält genügend Kapital, um in Hamburg Teilhaber einer Firma werden zu können.
Permaneder nutzt in München Tonys Erbe dazu, sich aus seinem Geschäft zurückzuziehen, um als Privatier zu leben. Ihre Vorstellungen von einem gutbürgerlichen Leben, das sie mit einem strebsamen Ehemann zu führen beabsichtigte, sind gescheitert, da sie Permaneder nicht umzustimmen weiß. Sie selbst ist nicht bereit, ihre Erwartungen zurückzuschrauben. Ihre Lage verschlimmert sich durch den Verlust ihres Kindes, das sie erwartet. Als Tony ihren betrunkenen Ehemann in einer Nacht mit der Köchin im Treppenhaus ertappt, wird sie von ihm unflätig beschimpft; gedemütigt kehrt sie darauf unverzüglich mit Erika nach Lübeck zurück.
Thomas bewirbt sich in seiner Heimatstadt zusammen mit seinem Konkurrenten Hagenström um ein frei gewordenes Senatorenamt und erhält die Mehrheit der Stimmen. Mit seinen siebenunddreißig Jahren steht er nun auf dem Höhepunkt seines Erfolges, zumal auch die Geschäfte der Firma Buddenbrook ausgezeichnet laufen. Thomas ist eitel geworden, er pflegt sorgfältig sein Äußeres, um Stärke und Format zu demonstrieren. Dennoch wird er gleichzeitig von Zweifeln befallen, da er ein Nachlassen seiner Spannkraft an sich zu beobachten glaubt.