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Nicht spektakuläre Bauten und Kulturschätze, sondern die Natur stellt die größte Attraktion Madeiras dar: üppig, abwechslungsreich, zum Teil noch ungezähmt. Zwar hat auch hier die Moderne mit Schnellstraßen und neuen Felstunnels Einzug gehalten, aber es gibt noch die schmalen, kurvigen Sträßchen von einst, längs der Nordküste etwa oder im Inselherzen, an den von uralten Lorbeerwäldern bedeckten Flanken der bizarren Vulkangipfel, die fast zweitausend Meter in den Himmel ragen. Es braucht viel Zeit, um hier wenige Kilometer zurückzulegen. Doch die haben die Madeirenser, sei es für ein Schwätzchen, eine poncha, die Vitaminbombe aus Zitronensaft und Zuckerrohrschnaps, oder eine bica, den portugiesischen Espresso. Vor allem außerhalb der geschäftigen Hauptstadt Funchal lässt sich der ursprüngliche Pulsschlag des Garten-Eilandes noch gut erspüren.
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Seitenzahl: 138
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Copyright © 2012 Picus Verlag Ges.m.b.H., Wien Alle Rechte vorbehalten Grafische Gestaltung: Dorothea Löcker, Wien Umschlagabbildung: © Schapowalow/Huber Datenkonvertierung E-Book: Nakadake, Wien ISBN 978-3-7117-5090-7 Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt
Informationen über das aktuelle Programm des Picus Verlags und Veranstaltungen unterwww.picus.at
Es war einer dieser wunderbaren mitteleuropäischen Wintertage: Die Temperaturen zeigten deutliche Tendenzen gen null, die Luftfeuchtigkeit indes bevorzugte die Gegenrichtung und kleidete sich mal in solide Regengüsse, mal in neckische Graupelschauer. Die Seele schrie: Ich will raus aus meinem dicken Pullover, weg aus dieser nasskalten Tristesse! Irgendwo auf dieser Welt müssen doch schon die Sonnenstrahlen tanzen und die Frühlingslüftchen wehen.
Frühling – halt, da war doch was. »Insel des ewigen Frühlings.« Super! Genau die brauche ich. Liegt außerdem quasi vor der Haustür. Nur vier Stunden Flug trennen die winterfiese Heimat von dem paradiesischen Atlantikarchipel. Also auf nach Madeira. Natürlich nur mit leichtem Gepäck. Wer braucht im Frühling schon Winterklamotten. Im T-Shirt werden wir unseren Kaffee vor der Sé, Funchals Kathedrale, in der Sonne trinken. Allenfalls ein Strickjäckchen um Bauch oder Schultern geschlungen für den Fall abendlicher Meeresbrisen.
Aber schon beim Landeanflug sät der Pilot erste Zweifel in mein Herz. Sehr windig sei es da draußen im Moment bei etwa zwölf Grad. Irgendwie nicht so ganz das, was ich unter frühlingshaft verstehe. Nun ja, ist ja erst früher Morgen, knapp neun Uhr nach Landeszeit. Alles noch offen auf der Möglichkeitsskala – nach oben, versteht sich.
Leider nicht. Oben ist alles dicht. Und bleibt es auch. An diesem Tag, am nächsten, am übernächsten. Dicke Nebelschwaden und mächtige Wolkenwände verstecken Berg- und Gipfelregionen. Nur unten an der Küste schimmert für Sekunden manchmal etwas Himmelsblau auf. Aber kühl ist es auch dort. Echtes Pullover- und Jackenwetter. So lerne ich Madeiras Shoppingmöglichkeiten kennen.
Dann begegne ich eines Morgens im Hotel Maria, dem Zimmermädchen. Weil ich den Autoschlüssel vergessen habe. Freundlich wünscht mir die junge Frau bom dia, einen schönen Tag. Irgendwas brumme ich zurück – wohl in der Art, ein halber »schöner« Tag würde mir auch schon genügen. Maria hakt in holprigem Englisch nach. »Where you go today?« Offen gesagt – ich habe noch keinen blassen Schimmer. Es ist Samstag. Maria macht mir klar, dass ich doch in ihr Heimatdorf fahren könnte. Sie habe zufällig ihr freies Wochenende ab Mittag …
Um viertel nach zwölf sitzen wir beide in meinem kleinen Leihwagen und kurven gen Westen. Felsige Tunnels, Wasserfälle, die von den Bergen über die Straße springen, hinab zum Meer. Kakteenhänge. Und überall Blumen. Blätter und Blüten schwer von den vielen Tropfen, die der Himmel immer wieder vergießt.
Nach einer guten Stunde auf immer engeren Kehren, durch immer dichtere Vegetation, kommt die weiße Kirche von Marias Heimatgemeinde in Sicht. Versteckt in einer der Gassen ringsum steht das elterliche Haus. Vater, Mutter, Bruder und Schwestern warten schon mit dem Essen. Für den Gast wird ohne viel zu fragen einfach ein weiterer Teller auf den Tisch gestellt. Carne vinho e alho dampft in dem großen Topf, Schweinefleisch mit Knoblauch und Wein. Als Beilage gibt es batata doce, Süßkartoffeln. Eine schlichte Karaffe kreist mit einem rauen, selbst gekelterten Tropfen.
Nach dem Nachtisch schleppt mich die Familie noch in eine Kneipe – auf eine bica, einen kleinen starken schwarzen Kaffee. Auch eine poncha bestellt Maria für mich. Gefährlich süß schmeckt diese schaumige Mischung aus Zitronensaft, Honig und Zuckerrohrschnaps. Ganz warm ist mir schon, und das Wolkengrau draußen interessiert mich kaum noch. Ich verspreche, über Nacht zu bleiben, miete mich ein in der einzigen kleinen Pension des Ortes. Vom Fenster aus sehe ich den rot-weißen farol auf der Steilklippe balancieren. Maria hat mir gesagt, dass es in seinem Inneren eine kleine Ausstellung gibt über alle Leuchttürme der Insel. Die werde ich morgen anschauen. Und dann muss ich noch, das habe ich Maria versprochen, die nachmittägliche Prozession zu Ehren des Dorfheiligen bewundern. Und ein wenig zur festa bleiben, der Feier auf dem Kirchplatz.
Böllerschüsse reißen mich anderntags aus dem Schlaf. »So werden immer die Dorffeste angekündigt«, erklärt mein Wirt. Offenbar haben sie auch noch einen meteorologischen Effekt. Denn plötzlich reißt der Himmel auf. Zündet Lichter an auf den grünen Hügeln, den goldenen Feldern, den azurblauen Wellen und den weißen Hausfassaden, lässt die bunten Festgirlanden leuchten und die mit Lorbeerzweigen gedeckten Budendächer auf dem Kirchplatz silbrig schimmern. Noch Stunden später stehe ich unter sengender Sonne vor dem Gotteshaus, umringt von einer Schar festlich gekleideter Menschen. Gebannt schaue ich der kuriosen Zickleinversteigerung zu, lausche den folkloristischen Klängen der banda auf ihrem eigens gezimmerten Orchesterpodium und bewundere die nach Ortsvierteln arrangierten Früchtekörbe, Geldscheinketten und anderen Spenden für San Pedro, den Verursacher dieses Festes.
Irgendwann, das Licht des Tages wird schon langsam violett, drückt mir Marias Vater strahlend ein Weinglas in die eine Hand und in die andere einen Lorbeerstecken mit köstlich duftenden Rindfleischwürfeln, die er am Straßenrand über der Feuersglut in einer aufgeschnittenen Öltonne gebraten hat.
Da hat sie wohl begonnen, meine Liebe zur Frühlingsinsel, an einem wintergrauen, herbstnebeligen, sommerhellen Wochenende im Februar.
Weit zieht sich die hohe Mauer am Saum des steilen Sträßchens entlang. Endlich entdecke ich die kleine Pforte. Silbern blinkt ein runder Knauf in ihrem dunkelgrünen Holz. Ein sachter Dreh, der rechte Türflügel schwingt auf – und vor meinen Füßen ergießt sich ein üppiger Garten. Bananenbäume, Hibisken, Strelitzien, Frangipani, Passionsfrüchte, Bromelien, Martinetes, Aloen – alles wächst und gedeiht auf der terrassierten Hangfläche, die sich scheinbar endlos hinabzieht in Richtung Funchal.
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