14,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 6,99 €
Witzig, unverfroren, herzlich: Die beliebten Beststellerautorinnen Susanne Fröhlich und Constanze Kleis blicken mit individuellen Perspektiven auf das Thema Liebe – auf die Glücksmomente ebenso wie auf die Schattenseiten Susanne Fröhlich ist ziemlich frisch verliebt, Constanze Kleis seit 30 Jahren verbandelt. In ihrem neuen Buch stellen sie sich den Fragen aller Fragen: "Finde ich mit über 50 noch einen Mann?" "Wann weiß man, dass man ein Paar ist?", "Wie sagt man ihm, dass der Sex ... nun ja ...?" Die zwei Bestsellerautorinnen kennen sie alle: die lustigen, die verzweifelten, die traurigen, die trostlosen, die intimen, peinlichen und die beglückenden Fragen rund um die Liebe. Und sie hätten da ein paar Notausgänge aus dem Fragen-Labyrinth. Sie sind mit "Mut", "Humor" "Unerschrockenheit", "Souveränität" ausgezeichnet. Und mit der Erkenntnis, dass wir es sind, die in der Liebe die Fäden ziehen – im Guten, wie im Schlechten. Am Ende dieses Buches mit der berechtigten Hoffnung, dass wir sie dann doch immer wieder finden, halten und genießen können. "Es kann nur gelingen, was man versucht. Auch und gerade in der Liebe." Susanne Fröhlich & Constanze Kleis
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 319
Susanne Fröhlich / Constanze Kleis
Knaur eBooks
Susanne Fröhlich ist ziemlich frisch verliebt, Constanze Kleis seit dreißig Jahren verbandelt. In ihrem neuen Buch stellen sie sich den Fragen aller Fragen: »Finde ich mit über fünfzig noch einen Mann?«, »Wann weiß man, dass man ein Paar ist?«, »Wie sagt man ihm, dass der Sex … nun ja …?« Die zwei Bestsellerautorinnen kennen sie alle: die lustigen, die verzweifelten, die traurigen, die trostlosen, die intimen, peinlichen und die beglückenden Fragen rund um die Liebe. Und sie hätten da ein paar Notausgänge aus dem Fragen-Labyrinth. Sie sind mit »Mut«, »Humor«, »Unerschrockenheit«, »Souveränität« ausgezeichnet. Und mit der Erkenntnis, dass wir es sind, die in der Liebe die Fäden ziehen – im Guten wie im Schlechten. Am Ende dieses Buches mit der berechtigten Hoffnung, dass wir sie dann doch immer wieder finden, halten und genießen können.
Widmung
Intro: Wenn Liebe die Antwort ist, weshalb habe ich so viele Fragen?
Woran erkenne ich den Richtigen?
Lass dich überraschen
Liebe am Rande des Stalkings
Geht es nicht auch ohne Online-Dating?
Alles so bequem hier
Chancen-Booster
Grusel-Faktor
(Fast) Alles eine Frage des Beuteschemas
Die kleinen Unterschiede
Fake-Kerle
Mehr ist mehr
Männerkatalog
Glitzerstaub
Das Jugend-Gerücht
Wahrheitsliebe
Altersbeschränkungen
Un-ehelich
Versuch und ganz viel Irrtum
Man weiß nie
Geisterstunden
Geständnisse
Zehn Regeln fürs erste Date:
Hat die Liebe einen BMI?
Muss ich mich erst selbst toll finden, bevor es ein anderer tut?
Wie viel weiblicher Erfolg ist einem Mann zuzumuten?
Sollte man die genaue Zahl seiner Ex-Geliebten verraten?
Wann ist der perfekte Zeitpunkt für den ersten Sex?
Kann man Sex verlernen?
Wie trägt man heute das Schamhaar?
Designer-Muschis
Tannenbäumchen im Schritt
Ist anal das neue cool?
Was tun, wenn es ausgerechnet beim Sex nicht matcht?
Der Brötchen-GAU
Gottes Sexclub ist groß
Wer schreibt wem zuerst und wann?
Kann man sich einen Mann auch schön denken und fühlen?
Wie erklärt man einem Mann, dass er nicht der Richtige ist?
Wer zahlt den ersten Restaurantbesuch?
Wer sagt zuerst: »Ich liebe dich!«?
Ab wann sind wir ein Paar?
Dosierungsprobleme
Entscheidungshilfen made in USA
Verbindlichkeiten
Mieses Timing
Wann sollte ich dem neuen Mann meine Kinder vorstellen?
Schattenfrau
Muss ich seine Mutter mögen?
Schwiegermonster
Demarkationslinien
Kosten-Nutzen-Omi
Wieso funktioniert Patchwork immer nur bei anderen?
Prinzessin im Abwehrmodus
Mama, nackt auf dem Küchentisch
Gleiches Recht
Vermintes Gelände
Friede, Freude, Eierkuchen
Wie viel Ex darf’s sein?
Denkfehler
Der Ex-Shitstorm
Wie geht man um mit der Mutter seiner Kinder?
Ist Monogamie ein Auslaufmodell?
Schöne Vielfalt
Lizenz zum Seitensprung
Sollten wir mehr Zeit miteinander verbringen?
Füße kraulen
Im eigenen Pärchensaft
Gibt es auch Abstandsregeln für die Liebe?
Vertrautheitsmaßstäbe
Kein Löffelchen für alle
Jeder Jeck ist anders
Sollte ein Mann eine Frau nicht unbedingt heiraten wollen?
Sehnsucht nach Stetigkeit
Ist es schön, verheiratet zu sein?
Ist Zusammenziehen immer eine gute Idee?
Stationär oder ambulant
Das große Thema »Dienstleistungen«
Wie schenkt die Liebe?
Können Geschenke nicht einfach ideell sein?
Geld oder Liebe?
Ich glaube, ich stehe im Regen
Keller-Kinder
Glückshochbegabte
Trauerspiel
Gefühle günstig abzugeben
Erbsenzähler
Finanzplatz »Beziehung«
Gespart ist noch zu teuer
Gemeinsame Rechnung
Wieso schickt er mir keine Nachrichten?
Rauchzeichen der Gefühle
Textanalysen
Zwischen Gut und Böse
Wie streitet man richtig?
Brüllaffen in freier Wildbahn
Damenbart der Eigenschaften
Zoff-Dilettanten
Akzeptanz durch Penetranz
Edward mit den Scherenhänden
Streiten für Fortgeschrittene
Ist eine Affäre keine Affäre?
Gewissensfragen
Was tun, wenn sich der Mann in eine andere verliebt?
Wiedervorlage
Kontrolle ist auch nicht besser
Trau, schau, wem
Ursachenforschung
Ab wann beginnt der Betrug?
Was tun, wenn ein Mann gewalttätig wird?
Von Leidenschaft übermannt
Besser spät als nie
Erkenne die Möglichkeiten
Außer Kontrolle
Warum tut er nicht einfach, worum ich ihn bitte?
Dringlichkeits-Downgrade
Totstellreflexe
Das letzte Ass
Wie bleibt der Sex und sogar aufregend?
Unscharf
Wo ein Wille ist …
One-Trick-Pony
Was befeuert die Leidenschaft?
Wie schafft man es, so lange zusammenzubleiben?
Zuschauerraum des Glücks
Beziehungsförmchen
Verbunden im Unglück
Beziehungs-Marschbefehl
Bis dass der Tod
Ein schmaler Grat
Mücken und Elefanten
Erste Hilfe
Vorschriftsmäßig
Krötenwanderung
Sind getrennte Schlafzimmer nicht der Anfang vom Ende?
Wie schaffe ich es, dass ein Mann sich mehr im Haushalt engagiert?
Das Mutti-Ding
Weggeduckt
Amtsanmaßungen
Shit-I-do-Liste
Fair Play
Augenöffner
Was, wenn ich keinen Mann mehr finde?
Die Liebe von außen betrachtet
Schlange an der Liebesausgabe
Trostpreise
Gekniffen
Unbemannt
Schluss
Danksagung
Für unsere wunderbaren Freundinnen und all die anderen Frauen, die den ganzen herrlichen Beziehungsladen so unverdrossen wie großherzig und oft unter widrigsten Umständen mit ihrer Liebe überhaupt erst am Laufen halten.
Everybody’s got a hungry heart
(Bruce Springsteen)1
Die eine denkt noch darüber nach, ob sie ihrem ziemlich neuen Mann den Anblick einer Frau mit im Schritt verstärkter Fahrradunterwäsche zumuten kann. Die andere überlegt manchmal, ob man bei fortgesetzter Beschallung mit Heavy Metal im heimischen Wohnzimmer mildernde Umstände für Gattenmord geltend machen kann. Ja, wir beide befinden uns in sehr unterschiedlichen Beziehungsphasen.
Die eine ist ziemlich taufrisch verliebt. Die andere schon so lange verbandelt, dass selbst sie manchmal vergisst, wie das eigentlich alles angefangen hat (und bisweilen sogar, warum es immer weitergeht). Klar, dass jede von uns andere Fragen an die Liebe hat.
Erstaunlich allerdings, dass wir überhaupt so viele Fragen haben. Und nicht nur wir. Auch unsere Freundinnen, Mütter, Großmütter und deren Freundinnen. Egal, wie oft sie und wir schon verliebt waren, wie viel Zeit wir an der Seite von tollen und nicht so tollen Männern verbrachten, wie alt wir sind, wie viel wir also erlebt, gefühlt, erfahren haben.
Immer blieben und bleiben Fragen offen, werden neue gestellt, alte wieder hervorgeholt. Als wäre die Liebe ein Dreijähriger, der, kaum hat man eine Frage beantwortet, sofort wieder ein Dutzend neue hat. Solche wie: »Ist er der Richtige?«, »Wann weiß man, dass man ein Paar ist?«, »Wie sagt man einem Mann, dass der Sex, nun ja …?«, »Geht auch Liebe zu dritt?«, »Wie mache ich ihm klar, dass nur ich das größte Glück für ihn bin?«, »Warum kann man Leidenschaft nicht wie Fischstäbchen im Dreisternekühlfach lagern, damit sie bis zur goldenen Hochzeit taufrisch bleibt?«, »Ist es noch Liebe, wenn der Mann einem am Valentinstag keine Blumen schenkt?«
Gut, nach einigen Jahren hat man tatsächlich ein paar Antworten, die einem am Anfang vielleicht gefehlt haben (etwa ein entschiedenes »Ja« auf die Frage: »Werde ich irgendwann einmal wenigstens für ein paar Tage die Finger von ihm lassen können?«). Umgekehrt glaubt man gerade zu Beginn einer Liebe an Gewissheiten, die sich während einer Langzeitbeziehung schon mal dünnmachen können. Denn nein, man wird seine Angewohnheit, wichtige Entscheidungen erst mal mit seiner Mutter zu besprechen, nicht ewig »süß« finden. Nicht mal annähernd »ewig«, sondern genauer gesagt höchstens so lange, bis sie bei der Einrichtung der gemeinsamen Wohnung mitsprechen will.
Und schon wieder ist eine neue Frage auf der Welt: Wieso versteht er nicht, dass Mutti zwar klar die Beste ist, aber doch gefälligst für ihr eigenes Schlafzimmer neue Tapeten aussuchen soll?
Dann gibt es großartige, herzerwärmende, umwerfende Fragen – solche, mit denen praktisch schon die wichtigste aller Antworten mitgeliefert wird. Man weiß ja, dass es Liebe sein muss, wenn man hört: »Willst du meine Frau werden?« Oder: »Wie geht es dir? Was beschäftigt dich?« Oder: »Was soll ich heute für dich kochen?« Oder: »Du hast gerade so viel Stress, was kann ich tun, um dir das Leben ein wenig leichter zu machen?«
Auf der anderen Seite gibt es auch traurige, trostlose, verzweifelte Fragen. Solche, wie sie eine über 80-jährige Frau ihrem Therapeuten stellte (einem Freund von uns): Ob er nicht glaube, dass ein Anal-Bleaching ihre Chancen als Sexobjekt auf dem Senioren-Single-Markt verbessern könne? Ja, es gibt Fragen, in denen das Unglück, der Frust, die Verzweiflung immer schon eingepreist sind. Zumal wenn sie sich alle um die eine, oft und leider so zentrale Frage drehen: »Bin ich liebenswert?«
Gar keine Fragen mehr an den anderen zu haben wäre allerdings auch nicht wünschenswert. Es ist schließlich eine emotionale Bankrotterklärung, wenn sich einer oder eine so gar nicht mehr für den anderen interessiert. Wenn man glaubt, ohnehin schon alles voneinander zu wissen. Deshalb ist es eigentlich ein Glück, wenn einen die Liebe noch im Seniorenheim vor tausend neue Fragen stellt. Nur so merkt man doch, dass man noch längst nicht fertig ist mit dem wunderbar Aufregenden. Der süßen Ungewissheit. Der Leidenschaft. Mit der Lust, mit dem Wollen und Genießen.
Deshalb haben wir einmal all die Fragen gesammelt, die uns und die Frauen um uns herum umtreiben. Dabei haben wir festgestellt, dass es uns oft gar nicht an Antworten fehlt. Sondern eigentlich vielmehr an Unerschrockenheit, Selbstbewusstsein, Souveränität, Eigensinn.
Wir wissen nämlich sehr viel häufiger, als wir uns eingestehen wollen, was das Richtige wäre. Etwa einen Kerl, der die »wenig definierten Oberarme« moniert, einfach mal an seinen noch sehr weniger definierten – nämlich ziemlich hängenden – Po zu erinnern und ihn danach vor die Tür zu setzen. Oder wenn wir überlegen: »Kann ich zum Geburtstag und zu Weihnachten ein Geschenk erwarten, und zwar ein mindestens hinreißendes?« (Auf jeden Fall!) Oder: »Sollte ich einem Mann beim ersten Date lieber verschweigen, wie erfolgreich ich beruflich bin?« (Niemals.) Wir trauen uns nur oft nicht, die auch laut auszusprechen und energisch durchzusetzen.
In diesem Sinne wollen wir mit diesem Buch ermutigen, jeweils für sich die Art von Antwort zu finden, die wir verdienen, die wir beanspruchen können, die uns stärker, mutiger, entschiedener und damit auch glücklicher macht. Und zwar auf dieselbe Weise, wie alle Frauen weltweit es abends am Esstisch, mittags im Café, auf Reisen, täglich am Telefon und/oder per Mail tun: im Gespräch.
Liebe, das haben wir dabei festgestellt, ist in jedem Fall das, was man in der Grundschule früher ein »Tu-Wort« nannte. Sie ist kein selbstreinigender Backofen oder ein Bundeswehrlinseneintopf, der einfach so von allein Jahrzehnte haltbar bleibt. Zum Glück.
Was diesen herrlichen Zustand nämlich am Ende ausmacht: dass ihn sich jede von uns mit ein paar Grundzutaten ganz nach ihrem Geschmack zubereiten kann. Die wollen wir Ihnen im Folgenden präsentieren – mit einem hoffentlich spannenden, gut verdaulichen, sehr nahrhaften und nachhaltigen Liebesbuffet, also einer Art Schwarzwälder Kirsch mit Dinkelkeks-Qualitäten …
You can’t always get what you want
But if you try sometime, you’ll find
You get what you need
(Rolling Stones)2
Oh, das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Zumal und seit Traumprinzen nicht mehr auf weißen Pferden herumreiten. Stattdessen sollen wir Traumprinzqualitäten heutzutage auch dort erkennen können, wo sich die Prinzen als mittlere Angestellte, als Verkäufer, Juristen, Ingenieure, Flugbegleiter, Taxifahrer oder Versicherungsvertreter tarnen und, statt in Schlössern zu leben, in Wohnungen hausen, die aussehen, als wären sie von einem Büroausstatter eingerichtet worden. Du weißt schon: Stahlrohrsofa und so.
Vermutlich gehen die meisten von uns – ich eingeschlossen – bei der Suche deshalb ähnlich vor wie bei einem Lebensmitteleinkauf: Wir stellen uns eine Art Einkaufsliste zusammen. In diese fließen ein unsere Vorlieben und Abneigungen und einige sehr traurige Erfahrungen, denen wir zukünftig unbedingt aus dem Weg gehen wollen. Und natürlich auch, was man selbst an Voraussetzungen mitbringt. Meint: Klar wäre jemand wie Orlando Bloom eine fantastische Wahl. Aber wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass er Katy Perry für eine Frau im Alter seiner Mutter verlässt?
Das wissen wir. Theoretisch. Praktisch kennen wir durchaus Frauen, die genauso gut sagen könnten: »Mir kommt nur ein Orlando-Bloom-Lookalike ins Haus!« Sie haben ihre Ansprüche so hoch gehängt, dass ein Klaus-Dieter oder ein Wolf-Ulrich da keinesfalls heranreichen könnte.
Ich denke da an Gertraud, die mit ihren 58 Jahren ganz fest daran glaubt, dass ein würdiges männliches Pendant höchstens fünfzig Jahre alt sein darf, mindestens über einen Hochschulabschluss, noch besser aber über einen Dr. oder Prof. vor dem Namen verfügen sollte und natürlich über ein stattliches Einkommen, das es ihr erlauben würde, endlich ihrer wahren Berufung – der Malerei – nachzugehen. Ich weiß nicht, ob da noch die gute alte Vorteilsheischer-Devise funktioniert: Wer viel verlangt, bekommt auch viel?! Und irgendwie ist es doch traurig, dass man lieber noch viele, viele Jahre lang Extrarunden im Single-Kosmos in Kauf nimmt, als sein Suchprofil etwas abzuspecken und die Grenzen des vermeintlich Unzumutbaren nicht so eng zu stecken, dass keiner mehr durchkommt.
Denn es erhöht die Erfolgsaussichten nachweislich enorm, wenn man bereit ist, hier und da ein paar Abstriche zu machen. Das hat der Mathematiker Peter Todd vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin errechnet. Um »dem Größenwahn am simulierten Heiratsmarkt gegenzusteuern«, so Peter Todd, »haben wir den Teilnehmern etwas mehr Genügsamkeit verpasst«. Er zeigt, dass man mit Kleinigkeiten Wunder bewirkt: Es reicht, seine Toleranzgrenze – »Niemals ein Mann unter 1,85 m!« oder »Auf gar keinen Fall ein Fußballfan!« – um ein paar Millimeter nach unten zu verschieben. »Hauptsache, er reicht an das oberste Regalfach, wo ich die Schokolade versteckt habe!« oder: »Okay, Eintracht-Frankfurt-Fan geht, aber bei Bayern München hört der Spaß dann wirklich auf!« Mit so etwas kann man die eigenen Aussichten immens verbessern.3
Umgekehrt gilt: Wer Mr Perfect wünscht, der wird Mr Right voraussichtlich verpassen. Oder wie unsere so lebenskluge Freundin Regina immer sagt: Besser mit sechzig Prozent an einer herrlichen Sache beteiligt sein als zu hundert Prozent leer ausgehen. Zumal die Erfahrung zeigt, dass das gleichermaßen Verstörende wie absolut Hinreißende an der Liebe nun einmal ist, dass es ohnehin immer anders kommt, als man denkt.
Ich zum Beispiel wollte immer einen Mann, der es ruhig und harmonisch mag wie ich. Einen mit einem Faible für Reisen, Opern, klassische Konzerte. Der auch mal eine romantische Komödie mit mir schaut, unkommentiert von Sätzen wie: »Was ’n das für ’n Scheiß!« Der aber genauso komplizierte Kunstfilme schätzt, bei denen man sich nach drei Stunden immer noch fragt, worum es eigentlich geht. Einen, der wie ich viel liest, gerne auch aufwendig kocht, der Langschläfer ist und es liebt, möglichst lange bei Tisch zu sitzen, um mal alles gründlich durchzusprechen. Und das ist nur ein kleiner Ausschnitt einer ziemlich langen und – wie ich finde – dennoch relativ bescheidenen Wunschliste. Wenn ich mal etwas zum Lachen brauche, dann hole ich sie raus.
Der Mann, in den ich mich letzten Endes verliebt habe und mit dem ich jetzt seit dreißig Jahren zusammen bin, passt so gut zu meinen Vorlieben und Abneigungen wie ein Polarbär zu einer Butterblume. Uli ist ein absoluter Frühaufsteher. Wenn wir in all den Jahren noch nie gemeinsam im Bett gefrühstückt haben, dann auch, weil er das »ungemütlich« findet. Ganz und gar nicht ungemütlich findet er es im Gegensatz zu mir aber, sofort das Restaurant verlassen zu wollen, wenn die Teller leer sind. Nicht etwa nach einem Zehn-Gänge-Menü, sondern möglichst nach Vor- und Hauptspeise. Mehr gibt sein kulinarischer Geduldsfaden nicht her. Sobald also die Servicekraft herbeigeeilt kommt, weil ich die Hand gehoben habe, sagt mein Mann: »Die Rechnung bitte!«, obwohl ich eigentlich noch einen zweiten Wein bestellen wollte. Er bevorzugt außerdem Musik, die den perfekten Soundtrack zu einer Geiselnahme abgeben würde, und Filme, die kaum mehr Text haben, als auf eine Seite passt.
Kurz: Hätten Uli und ich uns nicht schon mit Anfang zwanzig ganz analog in einem Soziologieseminar an der Frankfurter Uni kennengelernt, wären wir niemals zusammengekommen. Jedwedes Partnerschaftsportal, das nicht gerade auf Würfeln oder Verlosungen setzt, hätte uns als füreinander gänzlich ungeeignet erklärt und sofort an andere vergeben.
Klar weiß ich nicht, ob ich über Tinder & Co. nicht vielleicht jemanden gefunden hätte, der viel eher meinem Beuteschema entspricht. Aber ich bin ganz sicher, dass sich dort sowieso nicht darstellen lässt, was uns zusammengebracht hat und ja im Prinzip unseren kleinen Beziehungsladen seit seiner Eröffnung überwiegend meistens zusammenhält. Etwas, das größer und mächtiger ist als jedweder Algorithmus. Die legendäre Chemie nämlich.
Diese an sich unerklärliche Magie, die dafür sorgt, dass man es einfach weiß, ohne es wissen zu können: »Der und kein anderer!« Noch ehe man mehr von einem Mann erfährt, als dass er sehr lustig und ziemlich sexy ist (du hättest Uli damals in seinem Blaumann sehen sollen, in dem er sich sein Studium mit Handwerkerarbeiten verdient hat !), »als« und »wie« richtig anwendet und einen so fest im Arm halten kann, dass man keinerlei Zweifel mehr hat, angekommen zu sein. Ohne all die ganzen umfänglichen Persönlichkeitsanalysen, die Single-Börsen als die einzig vertrauenswürdige Startrampe einer glücklichen Beziehung betrachten. Bei dem, worauf es ankommt, funktioniert das simple Addieren von Vorlieben eben nicht.
Das Entscheidende ist längst passiert, noch lange bevor man weiß, ob einer ein Morgenmuffel ist, ein schwieriges Verhältnis zu seinen Eltern hat und ob er ein »introvertierter, intuitiver Denker und Beurteiler« oder doch eher ein »extrovertierter, konkreter, organisierter Fühlentscheider« ist. Zum Glück. Sonst würden wir uns wie einst die Königshäuser nur noch unter unseresgleichen paaren und hätten mit den typischen Inzucht-Folgen zu kämpfen: genetische, soziale und geistige Eintönigkeit. Am Ende kämen wir gar nicht mehr aus unseren Echokammern heraus, gäbe es diese herrliche »Scheißegal-Droge« namens Liebe nicht. Sie sorgt zum Glück ja dafür, dass einem von jetzt auf gleich herzlich wumpe wird, ob der andere auch Veganer oder Golfer, Akademiker oder Handwerker ist und überhaupt möglichst viele biografische Eckdaten mit uns teilt.
Klar hat diese Chemie definitiv auch Nachteile. Ich war zum Beispiel mal fast zwei Jahre heillos in einen Kommilitonen verschossen, von dem ich wirklich rein gar nichts weiter wusste, als dass er anbetungswürdig aussah. Keine Ahnung, was da los war – ob sich da irgendeine Schicksalsmacht mit einem Drogenproblem und einem Faible für schlechte Scherze austobte?! Kennst du vermutlich, kennt vermutlich jede Frau. Es war jedenfalls schlimm. Für mich. Und für ihn. Damals hieß es zum Glück noch nicht so, aber ich bewegte mich mit meiner Verblendung wirklich hart am Rande des Stalkings. Einmal hatte ich ihn genötigt, sich mit mir zu treffen. Obwohl wir uns nichts zu sagen hatten und er keinerlei Interesse an mir zeigte, blieb ich noch eine ganze Weile total verstrahlt. Jahre später sah ich diese ganz und gar ungerechtfertigte Liebe zufällig auf einer Party wieder und musste mich ernsthaft fragen, ob ich damals vielleicht mal eben kurz verrückt gewesen war.
Ein weiterer Nachteil dieser seltsamen, wunderbaren, mächtigen, unbegreiflichen chemischen Reaktion zwischen zwei (und manchmal auch nur bei einem) Menschen: Sie lässt sich online nur schwer darstellen. Deshalb müssen sich die Portale eben auf das verlegen, was digital abbildbar ist. Dabei liegt es in der Natur der Technik, dass es etwas Berechenbares sein muss. Etwas, das sich kategorisieren und in Algorithmen darstellen lässt – wie eben Hobbys, Einstellungen, Neigungen. So hochmodern das ist, so altmodisch ist es auch. Es führt etwas ein, das eigentlich noch aus Zeiten stammt, in denen Eltern für ihre Kinder Ehen arrangierten – und dabei ganz ähnlich vorgingen wie die Portale heute: nach Übereinstimmung bei den wichtigsten biografischen Daten.
Aber dann passiert eben auch, was du und jede, die sich schon mal in diesem Kosmos umgesehen hat, kennt: Selbst wenn dann endlich mal theoretisch alles stimmt, einer klug ist, dieselben Bücher mag, auch gerne joggt, dieselben Reiseziele anstrebt, auch noch gut aussieht und sich exzellent ausdrücken kann – muss es noch lange nicht funken.
Umgekehrt ist diese seltsame Anziehungskraft, die sich so schwer erklären, analysieren und digitalisieren lässt, manchmal doch klüger als wir und unser Beuteschema. Bei meinem Mann und mir hat sich trotz aller Unterschiede gezeigt, dass wir in wesentlichen Dingen ziemlich gut harmonieren. Wir teilen diese Art von Humor, die sich so wenig erklären lässt wie die Liebe und gerade deshalb so gut funktioniert. Ich mag an ihm, dass er mir nicht die Welt erklären will und durchaus zuhört, wenn ich es umgekehrt versuche. Dass er sich sehr gut allein beschäftigen kann – und kein Problem hat, wenn ich mehrmals die Woche ohne ihn unterwegs bin, um Freundinnen zu treffen. Er findet mich sehr klug und hinreißend, was er – immer noch – sehr oft und überzeugend zum Ausdruck bringt. Er verschiebt klaglos seinen Skatabend, um mich zu meinem wöchentlichen Besuch bei meinem Vater zu fahren, weil ich zu spät dran bin. Und er serviert mir auch nach drei Jahrzehnten immer noch jeden Morgen Kaffee ans Bett. Er kann – wie sich herausgestellt hat – sehr gut und ziemlich lustig schreiben. Was mich schon aus beruflichen Gründen beeindruckt. Und das ist nur eine kleine Auswahl der Dinge, bei denen sich die »Chemie« bewährt hat.
Sie hat etwas gewusst, was wir noch nicht wissen konnten. Etwas, für das man Geduld braucht und eben genau die hormonelle Verstrahlung, die dafür sorgt, dass man auch eher geringe Teilmengen aushält, bis man merkt: Sie sind doch größer als gedacht. Leider ist diese Art des Kennenlernens – erst das Verknallt-Sein und dann die Frage, ob’s überhaupt passt – mittlerweile fast aus der Mode gekommen. Wo alle Welt im Netz schaut, guckt kaum noch jemand analog. Vielleicht wird das auch unseren Blick darauf verändern, wen wir in der Liebe für uns als falsch und als richtig empfinden.
Das heißt im Umkehrschluss sicher nicht, dass man nicht auch auf Partnersuchportalen fündig werden kann. Im Gegenteil. Gerade weil immer mehr Menschen online suchen, wäre es fahrlässig, diese Option auszulassen. Das wäre, als bliebe man der einzige Gast in einer Kneipe, während nebenan der Bär steppt. Du weißt ja, es kann nur gelingen, was man auch versucht, und da steigen die Chancen – logisch – einfach mit jeder Gelegenheit, die man wahrnimmt. Reine Statistik: Da, wo sehr, sehr viele sind, ist einfach die Wahrscheinlichkeit doch ziemlich groß, dass sich auch Paare finden.
Allerdings scheint die möglichst umfängliche Datenerhebung, die Portale als die idealen zwischenmenschlichen Schnellkleber ausgeben, nicht gerade ein Erfolgsmodell. Wenn sich laut Parship-Werbung »alle 11 Minuten« ein Single über dieses Portal verliebt, klingt das zwar sehr verlockend. Aber erstens gibt es keine Auskunft darüber, wie lange diese Liebe hält. Fünf Minuten? Eine Woche? Zwei Monate? Ein Leben? Zweitens hat der Psychologe und Direktor emeritus am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Gerd Gigerenzer einmal vorgerechnet, wie es sich genau mit dieser vermeintlich so beeindruckenden Bilanz verhält. »Da melden Sie sich an und müssen nur elf Minuten warten, toll! Aber alle elf Minuten, das macht am Tag 130 Verliebte, im Jahr fast 50000. Wenn Parship eine Million Kunden hat, sind das gerade mal fünf Prozent. Das ist Ihre rechnerische Chance, sich zu verlieben. Da können Sie zehn Jahre dabei sein und immer noch auf die große Liebe warten!«4
Kein Wunder, dass die ein oder andere unter unseren Single-Freundinnen eine gewisse Skepsis gegenüber dem Online-Dating hegt.
Sylvia zum Beispiel hat nach nur zwei Versuchen das Handtuch geworfen. »Mit dem einen habe ich mich wirklich gut verstanden. Wir haben fast drei Stunden am Stück geredet und uns zum Abschied geküsst. Danach hat er sich nie wieder gemeldet. Der andere hatte bei seinem Profil kräftig gelogen. Er war viel kleiner, viel dicker, viel älter, als er sich bei Tinder dargestellt hatte.« Sie hofft jetzt wieder auf die gute alte Methode, dem Zufall das eigene Glück in die Hand zu legen. Darauf, an irgendeinem Tresen, auf dem Tennisplatz, an der Tanke angesprochen zu werden und zu wissen: dieser oder keiner.
Aber ich fürchte, das ist mit über fünfzig ein gewagtes Projekt. Selbst bei optimistischer Lebenserwartung könnte das sehr, sehr lange dauern. Die meisten suchen nun einmal online. Sie heben draußen im wirklichen Leben kaum noch den Kopf, um dort ihre Chancen wahrzunehmen. Ich habe Sylvia gesagt, dass zwei Fehlgriffe leider nicht für eine gesicherte Feststellung darüber ausreichen, ob eine Online-Suche eine schlechte Idee ist.
Theoretisch kann der Richtige überall zu finden sein – im Supermarkt, in der S-Bahn, im Restaurant, im Museum – und, wie ich in einem Podcast gehört habe, auch bei einer Sexparty. Warum also nicht im Netz? Die Kunst, denke ich, besteht vielleicht ohnehin darin, die Liebe nicht bloß an Orten zu suchen, die sich dafür anbieten – solche wie Single-Partys oder Speeddating-Events. Sondern vor allem dort, wo man ohnehin gerne ist: im Theater, in Galerien, beim Sport oder vielleicht bei der Tiertafel, wo man ehrenamtlich aushilft.
Ich glaube, an solchen Lieblingsorten ist man entspannter und souveräner als an Plätzen, an denen man sich keinesfalls zum Spaß, sondern ausschließlich wegen der Partnersuche aufhält. Oder was meinst du? Du warst ja lange genug auch online unterwegs. Bestimmt hast du ein paar Tipps, ob und wie man dort den Richtigen findet. Vielleicht sogar den, den man eigentlich gar nicht gesucht hat und der gerade deshalb bestens passt?
Vor allem hat das Online-Dating Menschen jeden Alters geholfen zu erkennen, dass es keinen Grund gibt, sich mit einer mittelmäßigen Beziehung zufriedenzugeben.
(Dan Slater)5
Ich habe mich auch lange, ja, sehr lange gesträubt, mich in einem der vielen Datingportale zu präsentieren. So ein bisschen hat man immer das Gefühl, auf der menschlichen Resterampe gelandet zu sein. Da, wo sich die tummeln, die sonst keinen abkriegen. Sich selbst so zu sehen ist unangenehm. Aber in meinem Fall war, das musste ich mir irgendwann eingestehen, im wahren Leben seit Jahren tote Hose. Es ist eben mehr als unwahrscheinlich, dass ein Fremder einer Mittfünfzigerin an der Supermarktkasse sein Entzücken gesteht und um eine Verabredung bettelt. Und ich gehe wirklich sehr viel einkaufen, an mangelnden Möglichkeiten liegt es also nicht.
Conny, du weißt, ich saß nicht zu Hause und habe auf das erlösende Klingeln des Traummannes gewartet. Ich war brav draußen, wie es alle empfohlen haben, da, wo das Leben spielt. In Bars, in Ausstellungen, auf dem Flohmarkt, in Cafés und Restaurants. Ich habe Sport getrieben, mich bei Lauftreffs angemeldet und hatte jede Menge Spaß. Aber ich habe dabei nicht einen Mann getroffen, der mein Herz auch nur einen Hauch höher hat schlagen lassen.
Davon mal abgesehen: Das allein langt ja dummerweise nicht. Im besten Fall ist das Gegenüber zumindest auch interessiert und bereit, sich auf etwas Neues einzulassen. Schon da ist die Lage bei Menschen über vierzig anders als bei 19-Jährigen. Viele haben schlicht genug. Von all den Enttäuschungen und den schlechten Erfahrungen. Und sind überzeugt, dass man ohne Liebe vielleicht doch besser dran ist.
»Beziehungen verkomplizieren das Leben, und das ist schon so anstrengend genug«, sagt eine unsere Freundinnen ziemlich pragmatisch und auch ein wenig ernüchtert. (Du weißt, wen ich meine!) All die Liebeserlebnisse, die man hatte, machen einen nicht nur klüger (im allerbesten Fall), sondern eben auch vorsichtiger. Man hat eine eingebaute Kopfbremse und auch über die Jahre schon die ein oder andere Liebesnarbe davongetragen. Man will nicht betrogen oder anderweitig hintergangen und verletzt werden.
Dieses »Eigentlich will ich. Aber was, wenn …?« hatte ich auch im Kopf. Der Impuls, sich selbst zu schützen, die Angst, sich Körbe einzufangen und trauriger als zuvor dazustehen – da kommt einem eine gewisse Unbeschwertheit abhanden. Doch genau diese Unbeschwertheit braucht es für eine angenehme Leichtigkeit. Eine Liebe, die beschwingt und einem nicht den letzten Nerv raubt. Angst spielte auch eine gewisse Rolle bei der Frage: Online-Dating, ja oder nein? Ich gebe zu: Allein der Gedanke, selbst hier zu scheitern (wo man es doch schon im echten Leben nicht geschafft hat!), ist nicht gerade aufbauend. Wenn man es da nicht hinkriegt, was bleibt dann noch? Nur noch der verdammte Zufall, auf den allerdings auch nicht wirklich Verlass ist.
Da ich dem Zufall jede Menge Zeit und ausreichend Gelegenheit gegeben habe – und er mich gemeinerweise total ignoriert hat –, habe ich es dann doch getan, das mit dem Online-Dating. Du weißt, wenn ich was mache, dann mit Karacho. Ich hatte verstanden: Wer seine Chancen deutlich vergrößern will, sollte nichts unversucht lassen. Schon weil jede Menge Männer und Frauen das gesamte Thema Liebe quasi ins Netz verlagert haben, gehört Online-Dating heutzutage auf jeden Fall dazu. Flirt und Akquise finden bei vielen nur noch dort statt. Sie gucken nicht mehr in der Bahn oder beim Einkaufen, sie haben das gesamte Thema outgesourct. Es wäre doch verdammt schade, eine stetig wachsende Gruppe potenzieller Kandidaten für die große Liebe außen vor zu lassen.
Als ich anderen Freundinnen davon erzählt habe, waren einige nachgerade entsetzt. Vera, eine Bekannte, sagte, dass sie sich ganz sicher nicht wie eine beliebig verfügbare Ware im Internet präsentiert, da würde sie lieber hübsch zurechtgemacht in einer Bar warten, bis sie jemand anspricht. »Nimm dir ein Sitzkissen mit! Das kann dauern«, war mein Kommentar.
Die Wahrscheinlichkeit, in einer Bar, einem Restaurant oder an einer Bushaltestelle angesprochen zu werden, tendiert gegen null. Insofern ist die Annahme, dass man sich nur doll aufgerüscht in einer Bar aufhalten muss und die Sache läuft wie von selbst, ein ganz klein wenig naiv. Vor allem, wenn man die 35 hinter sich gelassen hat. Und selbst in der Generation U-30 wird inzwischen oft genug das Netz bemüht. Das weiß ich aus dem Freundeskreis meiner Tochter. Man sieht sich in einer Bar. Und anstatt direkt auf jemanden zuzugehen, schreibt man sich hinterher, nachdem man hartnäckig recherchiert hat, auf irgendwelchen Social-Media-Kanälen an.
Wieso also die Mühe auf sich nehmen, wenn man auf Datingplattformen ganz entspannt eine viel größere Auswahl an interessierten Frauen und Männern hat? Das findet zum Beispiel Holger, ein langjähriger Freund und Single: »Wenn ich ausgehe und eine anspreche, weiß ich ja nicht mal, ob sie nicht einen Freund hat. Und ich kann mir eine – oft reichlich grobe – Absage einfangen. Nachdem ich zwei oder drei Weißweinschorlen ausgegeben habe. Das nervt. Da ist die Suche im Netz sehr viel bequemer. Die, die da drin sind, sind ja immerhin verfügbar. Und willig.« Das hört sich sehr unromantisch an, aber ganz falsch ist es nicht und irgendwie kann ich Holger auch verstehen. »Manche sind so zickig, wenn man sie nett anspricht, die tun gerade so, als hätte man ihnen ein unsittliches Angebot gemacht.« Da wagt sich mal einer und es ist uns Frauen auch nicht recht. Schwierig. Natürlich darf man ablehnen, aber man kann es ja nett machen.
Ja, es gibt diese wunderbaren ausnehmend romantischen Geschichten von Frauen, die im realen Leben zufällig auf »den einen« treffen, aber häufiger hört man mittlerweile von Paaren, dass sie sich im Internet kennengelernt haben. Inzwischen geben das die meisten auch offen zu. Die Zeiten, in denen diese Art der »Kontaktanbahnung« als anrüchig galt, sind zum Glück lange vorbei. Es ist normal, im Internet nach einem Partner zu suchen. Insofern plädiere ich dafür, alle Chancen, die es gibt, auch zu nutzen. Wie sagst du immer: Was man nicht probiert, kann auch nicht gelingen. Ich habe mich also nach und nach bei verschiedenen Portalen angemeldet, am Schluss selbst bei Tinder (man verliert irgendwann jede Hemmung), und mich mit dem Thema ausgiebig beschäftigt.
Aus eigener Erfahrung weiß ich inzwischen: Man kann sich online verlieben. So weit die zunächst sehr frohe Botschaft.
Schon deshalb macht es Sinn, diese Gelegenheit echt zu nutzen. Ja, auch ich habe lange diesen Traum geträumt, zum Beispiel an der Tankstelle angesprochen zu werden. Während ich an der Kasse Schlange stehe, kommt von hinten der unglaublich attraktive Neurochirurg und bittet inständig um eine Verabredung und gesteht, dass er sich direkt schockverliebt hat. (Obwohl man einen Bad-Hair-Day hat und nicht gerade ausgehfertig aussieht.)
Ein wirklich schöner Traum. Zurück in die Realität. Ich habe es ja schon geschrieben: Man kann sich über Datingportale verlieben. Aber (ja, leider hat auch diese herrliche Nachricht jede Menge Aber im Gepäck …) man muss tatsächlich hartnäckig sein. Und einiges aushalten. Ohne eine gehörige Portion Frustrationstoleranz, und ich meine ein richtig dickes Fell, geht beim Online-Daten gar nichts. Wer sich wie unsere Freundin Sylvia nach zwei Fehlversuchen ins Bockshorn jagen lässt, sollte es gar nicht erst im Netz versuchen. Hier muss man zäh sein. Ausdauernd wie ein Auerhahn, der seine Balzgesänge in der Hauptbalzzeit täglich bis zu sechshundertmal wiederholt.
Die Online-Partnersuche ist kein Sprint, sondern eher ein Marathon. Eigentlich schon fast ein Ultralauf. Einer, bei dem man noch nicht mal weiß, ob man das Ziel je erreicht. Eine Aussicht, die viele schon gleich zu Beginn abschreckt. Wozu bei einem kräfte- und nervenzehrenden Rennen antreten, wenn Belohnung und der Erfolg keineswegs garantiert sind? Die wenigsten Menschen sind bereit, Mühen auf sich zu nehmen, wenn hinten höchstwahrscheinlich nichts als Frust und Enttäuschung rauskommen.
Ich kenne inzwischen viele in meinem Umfeld, die wie Sylvia sagen: Einmal und nie wieder. Nein danke. Da bleibe ich lieber lebenslang Single. Das tue ich mir nicht wieder an. Ja, auch Barbara hatte ein absolut grauenvolles Date. Ein winziger Kerl mit einem gigantischen Ego. »Und sein Portemonnaie hat er auch noch ›vergessen‹ und Tischmanieren hatte er auch keine. Ein Horror!«, hat sie sich bei mir beschwert. Man könnte eine Partei gründen mit Frauen, die gruselige Erfahrungen mit dem Online-Daten gemacht haben.
Wer das Stichwort Online-Partnersuche in den Raum wirft, bekommt ähnliche Horrorszenarien geschildert wie beim Stichwort Wurzelkanalresektion. Allein die Erzählungen schrecken ab. Dabei – das kann ich aus Erfahrung sagen: Man gewöhnt sich an vieles und einiges ist, retrospektiv betrachtet, auch ganz schön witzig. Meine Freundinnen haben die Geschichten rund um meine skurrilen Dates sehr geliebt. Zwischendrin allerdings, dass muss ich zugeben, kann einem das Lachen wirklich vergehen. Online-Dating erfordert eine Extraportion Frustrationstoleranz und einiges an Selbstbewusstsein. Übrigens, wie mir Männer erzählt haben, auf beiden Seiten.
Das Wichtigste, bevor man sich bei einem oder mehreren der bekannten Portale anmeldet, ist, die Erwartungshaltung nicht zu hoch zu schrauben. Nein, es regnet nicht alle sieben Minuten Traummänner, schon weil die Traummanndichte weltweit generell überschaubar ist. Mal davon abgesehen, dass es den universell einsetzbaren Traummann für jede von uns gar nicht gibt.
Schon deshalb lohnt es sich, vor dem Beginn des Online-Datings noch mal gründlich übers Beuteschema nachzudenken. Ungefähr zu wissen, was man will, kann nicht schaden. Aber es stimmt, was du mir immer sagst: Egal, wie viele Gemeinsamkeiten man hat, sie sind kein Garant fürs ausgiebige Funkensprühen. Nur weil der potenzielle Partner auch gerne Yoga macht, auch zwei ältere Geschwister hat, Tagliatelle mit Lachs-Sahne-Soße schätzt und seine Lieblingsrolle bei Haus des Geldes, der Netflix-Serie, auch Nairobi ist, heißt das noch lange nicht, dass ihr glücklich werdet, bis dass der Tod euch scheidet. Die Chemie ist das, was uns wirklich aufeinander fliegen lässt. Biochemie eben. Etwas, was man auch mit viel gutem Willen und Beharrlichkeit nicht beeinflussen kann.
Ich finde aber, dass man trotz aller Biochemie nicht alles dem Zufall überlassen und auch den Verstand nutzen sollte. Alle Studien und Statistiken zeigen, dass gewisse Gemeinsamkeiten vor allem die Langstrecke einer Beziehung leichter machen: Ein ähnlicher Humor, ähnliche Werte und Moralvorstellungen sowie ein nicht allzu großer Altersunterschied erleichtern die Sache oft ungemein.
Natürlich gibt es die berühmten Ausnahmen. Die CSU-Wählerin mit dem Grünen-Mitglied, das Feierbiest und die Stubenhockerin, das Sparbrötchen mit der Verschwenderin. Alles geht. Aber es macht die eh schon komplizierte Angelegenheit mit der Beziehung auf Dauer noch komplizierter. Elementare Unterschiede sind schwierig. Klar kann der Langschläfer mit der Frühaufsteherin oder der Supersportler mit der Couchpotato – aber wenn es um Werte geht und die sehr verschieden sind, wird es eine echte Herausforderung. Also ist es entscheidend, dass man sich Gedanken macht, was man aushalten kann und was nicht.
Auch ich habe das vor meiner Partnersuche gemacht. Nach 21 Jahren mit Ende vierzig wieder in den Single-Kosmos geschleudert zu werden ist seltsam. Man ist so aus der Übung. Die Parameter meines Beuteschemas mussten zunächst dringend neu überdacht werden. Ich brauchte keinen Vater für meine Kinder, sie haben einen wunderbaren Papa. Ich brauchte niemanden, der mich finanziert, das kann ich selbst. Ich möchte jemanden, der das auch für sich selbst kann. Ich habe keine Lust, auf meine alten Tage jemanden auszuhalten. (Und nein, ich bin nicht geizig!) Ein sehr großes finanzielles Ungleichgewicht macht die Anbändelei auch nicht einfacher. Jemand, der nicht weiß, wohin mit all seinem Geld, führt ein anderes Leben als jemand, der immerzu knapsen muss. Eben mal ein Wochenende in Paris – für den einen gar kein Thema, für den anderen einfach unmöglich. Männer tun sich oft schwer, wenn Frauen mehr als sie verdienen.
Das hört sich an, als wären wir in den 1960er-Jahren stecken geblieben, aber es ist so. Nicht bei allen Männern, aber eben bei vielen. Gerne darf die Frau berufstätig sein, gerne auch viel verdienen, aber eben bitte nicht mehr als er. Mich verwundert das. Es muss doch ein sehr, sehr entspannendes Gefühl sein, eine Frau an der Seite zu haben, die sich im Zweifelsfall selbst durchbringen kann. Ich habe oft mehr verdient als der jeweilige Mann, mit dem ich liiert war. Für meinen Ex, den Vater meiner Kinder, war das nie ein Thema. Für andere schon. Es würde ihr Selbstbewusstsein schmälern. Sie kämen sich klein vor. Unterlegen. Komisch, dass das umgekehrt nie ein Thema ist? Welche Frau beschwert sich darüber, dass ihr Mann zu viel verdient? »Ach, der Horst, so ein cooler Typ, leider verdient er mir zu viel!«
Könnte man als Paar nicht auch sagen: Herrlich, da können wir uns ein wenig mehr gönnen. Wer als Frau einiges verdient, muss leider ein bisschen auf der Hut sein. Heiratsschwindler gibt es auf beiden Seiten der Geschlechter.
Ich habe eine Bekannte, nennen wir sie mal Paula, die hat nach fünf langen Jahren gemerkt, dass sie ausgenommen wurde wie die sprichwörtliche Weihnachtsgans. Zusätzlich zu der Demütigung und der riesigen Enttäuschung waren mehr als 50000