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Lauren hat nie an zweite Chancen geglaubt, bis sie selbst eine braucht. Nach einer erfolgreichen Eishockeysaison will Jayden nur noch feiern. Doch eine Nacht mit Lauren, der Ex-besten Freundin seiner Schwester, stellt sein Leben auf den Kopf. Als seine Zwillingsschwester Avery nach einem Autounfall im Koma liegt, ist Lauren an seiner Seite. Sie kommen sich näher, doch Jayden zweifelt an Laurens Absichten. Als Avery erwacht, ist sie verändert und der Kontakt bricht ab. Lauren schwört, nie wieder mit Avery oder Jayden zu sprechen, doch die beiden machen es ihr schwer. Kann sie an eine zweite Chance glauben, wenn sie sie selbst am meisten braucht? Werden sie ihre Probleme überwinden oder kommen nur neue hinzu?
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Seitenzahl: 351
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Herz aus Beton.- montez
Give your Heart a Break- Demi Lovato
Bad ones- Tate McRae
Hate you+Love you-Cheat Codes feat. AJ Mitchell
U Love u- Blackbear feat. Tate McRae
Figure you out – Voila
Midnight flight- Connor Matthews
1000 Sterne- 1986zig Feat. Ayliva
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Achtung: Kann Spoiler enthalten!
Dieses Buch behandelt ernste Themen, die für manche Leser*innen als Trigger empfunden werden können. Wenn du das Gefühl hast, dass dir alles zu viel wird oder du Unterstützung brauchst, zögere bitte nicht, Hilfe bei Freund*innen, Familienmitgliedern oder der Telefonseelsorge zu suchen.
Alles wovor du Angst hast, ist nur in deinem Kopf. Glaub an dich, denn wenn du es nicht tust, wer dann?
Autor unbekannt
Danke an Alle!!
VOR LOST MINDED - TEIL I
Prolog: Lauren - Die Nacht des Unfalls
Jayden
Lauren
Kapitel 1: Lauren
Jayden
Kapitel 2: Jayden
Lauren
Kapitel 3: Jayden
Lauren
Jayden
Kapitel 4: Lauren
Kapitel 5: Lauren
Jayden
Lauren
Kapitel 6: Lauren
Jayden
Kapitel 7: Lauren
Jayden
Kapitel 8: Jayden
Lauren
Jayden
Lauren
Kapitel 9: Lauren
Jayden
Kapitel 10: Lauren
Jayden
Kapitel 11: Lauren
Jayden
Kapitel 12: Lauren
Jayden
Kapitel 13: Lauren
Jayden
Kapitel 14: Jayden
Lauren
Kapitel 15: Jayden
Kapitel 16: Lauren
Jayden
Kapitel 17: Jayden
Lauren
Jayden
Kapitel 18: Jayden
Kapitel 19: Lauren
Kapitel 20: Lauren
Jayden
Lauren
WÄHREND LOST MINDED - TEIL II
Kapitel 21: Jayden
Lauren
Kapitel 22: Lauren
Jayden
Kapitel 23: Lauren
Jayden
Kapitel 24: Lauren
Kapitel 25: Jayden
Lauren
Kapitel 26: Jayden
Lauren
Kapitel 27: Lauren
Jayden
Kapitel 28: Jayden
Lauren
Kapitel 29: Lauren
Jayden
Kapitel 30: Lauren
Jayden
Kapitel 31: Jayden
Lauren
NACH LOST MINDED - TEIL III
Kapitel 32: Lauren
Jayden
Lauren
Kapitel 33: Jayden
Lauren
Kapitel 34: Lauren
Jayden
Lauren
Kapitel 35: Lauren
Jayden
Kapitel 36: Lauren
Jayden
Kapitel 37: Jayden
Lauren
Kapitel 38: Jayden
Lauren
Epilog: Rhys - Ein Jahr später
Lauren
Avery
Rhys
Jayden
Lauren
Rhys
Jayden
Avery
Die Nacht des Unfalls
Heute ist wirklich einer dieser miesen Tage. Schon am Morgen ist alles schiefgelaufen. Ich habe meinen Kaffee verschüttet und dabei meinen Laptop getroffen. Somit habe ich ihn zerstört.
Als ob das nicht genug wäre, habe ich noch einen heftigen Streit mit meiner Mutter gehabt. Es geht um die üblichen Dinge: Die Erwartungen an mich, Enttäuschungen und unausgesprochene Worte, die wie Gift in der Luft hängen.
„Du verstehst mich einfach nicht!“ Das habe ich geschrien, bevor ich die Tür hinter mir zugeknallt habe.
Ihre Antwort war: „Vielleicht will ich das auch gar nicht mehr.“ Diese Worte hallen immer noch in meinem Kopf wider, während ich mich auf die Party von Owen vorbereite. Es gibt keinen Grund zum Feiern, aber manchmal ist genau das der Grund, um es zu tun. Ich möchte nur vergessen, den Schmerz betäuben und mich in der Menge verlieren.
Ich nutze den Weg zu Owen´s Prachtvilla, um meinen Kopf freizukriegen. Die kalte Luft schlägt in mein Gesicht. die Straßenlaternen scheinen schwach. Ich kann schon die Musik wahrnehmen und bin voller Vorfreude, was der Abend bringt. Als ich auf der Party ankomme, greife ich sofort nach einem Drink. Der erste Schluck brennt in meiner Kehle, aber das ist genau das, was ich will. Etwas, das den inneren Schmerz übertönt.
„Hey Lauren, alles okay?“ fragt mich eine Freundin mit besorgtem Blick.
Ich zwinge mich zu einem Lächeln. „Ja, alles bestens, Anna. Ich will heute einfach nur Spaß haben“, lüge ich und hebe mein Glas.
„Prost!“
Die Musik ist laut, die Lichter flackern und die Tanzfläche ist voller Menschen. Ich trinke einen Drink nach dem anderen, fühle, wie der Alkohol durch meine Adern fließt und die Welt um mich herum verschwimmt. Ich will nicht mehr an den Streit denken, nicht mehr an die Worte meiner Mutter.
„Noch einen Drink?“ fragt Anna, als ich in die Küche zurückkehre.
„Ja, bitte. Mach ihn stark“, antworte ich und lehne mich an die Theke. Ich spüre, wie die Tränen in meinen Augen brennen, aber ich blinzle sie weg. Jetzt ist nicht der Moment schwach zu sein.
Ein Freund von mir kommt auf mich zu und legt eine Hand auf meine Schulter. „Lauren, du siehst aus, als könntest du eine Umarmung gebrauchen“, sagt er sanft.
Ich schüttle den Kopf. „Nein, ich brauche nur noch einen Drink“, sage ich und hebe mein Glas.
„Auf das Vergessen!“
Er sieht mich besorgt an, sagt aber nichts. Er weiß, dass es keinen Sinn hat, jetzt mit mir zu diskutieren. Ich trinke weiter. Langsam fühle ich, wie der Alkohol mich langsam betäubt und die Welt um mich herum verblasst. Ich will den Schmerz vergessen! Auch, wenn es nur für eine Nacht ist.
Ich freue mich auf die Party. Besonders nach diesem aufregenden Spiel, welches wir gerade gewonnen haben. Es war ein hart umkämpftes Match, der Sieg hat die Stimmung aller gehoben.
Die Feier ist in vollem Gange, dabei fließen auch die alkoholischen Getränke reichlich. Ich habe schon ein paar Drinks zu viel, aber das ist mir egal. Ich will den Moment genießen und die Anspannung des Spiels hinter mir lassen.
Während die Musik laut ertönt, bewegen sich die Menschen zum Rhythmus des Beats auf der vollen Tanzfläche. Ich unterhalte mich mit ein paar Freunden, als Rhys plötzlich auf mich zukommt. Er sieht besorgt aus, fast panisch.
„Jayden, weißt du, wo Avery ist?“ fragt er, seine Stimme zittert leicht.
Ich blinzle und versuche mich auf Rhys zu konzentrieren. Ich habe schon ein paar Drinks zu viel, um überhaupt noch zu verstehen, was du von mir willst, denke ich bei mir. Ich nippe an meinem Getränk und antworte: „Sie ist bestimmt bei Owen.“
Rhys fährt sich durch die Haare und flucht laut. „Fuck.“ Ich schaue ihn verwirrt an. Ich verstehe nicht, warum Rhys ständig mit Avery abhängt. Sie redet auch nicht wirklich mit mir, was komisch ist, da wir sonst immer unzertrennlich gewesen sind. Rhys stürmt an mir vorbei, ohne noch etwas zu sagen.
Ich sehe ihm nach und schüttle den Kopf. Ich weiß, dass etwas nicht stimmt, aber in meinem benebelten Zustand kann ich es nicht genau erfassen. Ich nehme einen weiteren Schluck von meinem Drink. Währenddessen versuche ich die Gedanken an das Spiel und die Feier zurückzubringen, doch die Sorge um Avery nagt an mir. Ich kann das ungute Gefühl nicht abschütteln.
Ich gehe in die Küche, um mir noch etwas nachzuschenken.
Wir haben diese Eishockey-Saison wirklich sehr gut gespielt und das muss gefeiert werden. Gerade möchte ich mir einschenken, da reißt mir jemand die Flasche aus der Hand.
„Hey, was soll das?!" knurre ich die Person an. Sie kippt sich nichts in ihr Glas, sondern setzt direkt die ganze Flasche an. Na hoffentlich stellt sie die Flasche nicht wieder zu den anderen. Das wäre unhygienisch.
„Lauren?" Sie verdreht die Augen und taumelt einen Schritt zurück.
„Vor euch Carters hat man auch nie seine Ruhe." Mir fällt auf, wie abfällig sie meinen Nachnamen ausspricht. Ich weiß nicht, was sie damit meint, aber das liegt wahrscheinlich an meinem Allgemeinzustand.
„Hattest du etwa einen Scheißabend?" Sie schubst mich weg.
„Was geht dich das an, Jayden?! Du bist Avery´s Bruder! Ich hasse dich genauso wie sie."
Eine Träne rollt über ihr Gesicht. Ich lege meine Hand an ihre gerötete Wange, streiche ihr eine Strähne ihres braunen Haares hinters Ohr und sehe ihr in ihre grün-braunen Augen. „Lauri, zwischen Liebe und Hass ist nur ein schmaler Grad. Eigentlich liebst du mich doch." Sie lacht laut los.
„Träum weiter, Arschloch. Da sterbe ich lieber.“
„Fick dich, Lauren.“
„Fick du dich doch, Jayden.“
Sie will sich umdrehen und gehen, doch ich ziehe sie zu mir. Ich presse meine Lippen auf ihre. Das ist, glaube ich, das, was man als Kurzschlussreaktion betitelt. Es fühlt sich besser an, als erwartet und sie reagiert anders, als erwartet. Eigentlich habe ich mit einem Tritt in meine Eier gerechnet. Unsere Zungen berühren sich und fechten einen Kampf aus. Ich dränge sie an die Wand. Ihre Hände legt sie um meinen Hals. Mittlerweile sind alle aus der Küche gegangen. Nur noch wir zwei sind hier. Abrupt unterbricht sie den Kuss. Bereits jetzt vermisse ich das Gefühl ihrer Lippen auf meinen.
„Du küsst gar nicht so scheiße wie erwartet, Casanova.“ haucht sie mir schwer atmend gegen die Lippen.
„Das kann ich nur zurückgeben, Lauri Belle.“ Sie greift nach meiner Hand. Ihre Hand wirkt so klein in meiner. Sie zieht mich in eines der Schlafzimmer im Erdgeschoss. Ich trotte überrascht hinter ihr her. Niemals hätte ich damit gerechnet, dass der Abend so eine Wendung nimmt. Beschweren will ich mich nicht. Nachdem ich das Türschloss hinter uns zufallen höre, schließe ich die Tür ab und wir fallen beide übereinander her.
„Das sagst du niemanden, Jayden“, knurrt sie mich an, aber ich ersticke ihr Gemecker mit dem nächsten Kuss. Anders kann man sie nicht ertragen.
„Du hast recht, Lauri Belle. Ave bringt mich sonst um und das würde zusätzlich meinen Ruf ruinieren. Das bleibt besser unter uns.“
Mir wird jetzt erst so richtig klar, dass sie Avery´s Ex-Beste Freundin ist. Den Preis für den besten Bruder des Jahres bekomme ich schon einmal nicht. Ich hoffe, sie erfährt niemals davon. „Jayden, konzentriere dich! Wenn du abgelenkt bist, küsst du echt scheiße.“ Ich packe ihr Haar und ziehe sie sanft nach hinten, um sie wieder zu küssen. Sie stöhnt leicht auf, weil sie damit nicht gerechnet hat.
Lauren ist sehr direkt und schmeißt mir ihre Kritik direkt ins Gesicht. Das bin ich von Frauen nicht gewohnt. Sie zieht sich das Kleid aus und schmeißt es zur Seite. Durch das bisschen Licht, das durch den Mond hier ins Zimmer scheint, sehe ich die Silhouette von ihrem perfekten Körper. Mir steigt der Duft von Vanille in die Nase. Es riecht so süß, dass ich nicht weiß, ob ich kotzen muss oder ich sie aufessen will.
Als mein Telefon klingelt, nehme ich es aus meiner Tasche. Damit mich der Klingelton nicht weiter nervt, schalte ich es auf Vibration und lege es wieder weg.
„Konzentration, Jayden“, haucht mir Lauren ins Ohr. Ihre Hände fahren über meinen Rücken. Es bereitet mir eine leichte Gänsehaut und lässt meine Hose immer enger werden. Sie zieht mir schließlich die Hose aus und starrt mein bestes Stück an. „Was ist? Hast du Angst, dich zu verbrennen?“ flüstere ich ihr zu. Meine Lippen sind nur wenige Zentimeter von ihren entfernt.
Mein Blick wandert über jeden Millimeter von Lauren´s Körper.
„An dir kann man sich nicht verbrennen."
„Du bist hinreißend“, sage ich und fische ihr eine Strähne von der Stirn.
Mein Puls pocht in meinen Ohren. Ich nehme ihr Gesicht sanft in meine Hände und küsse sie. Ihre Lippen sind warm und vertraut. Meine Hände wandern über ihren Körper. Sie erkunden jede Kurve und jeden Zentimeter ihrer Haut. Lauren stöhnt auf, als meine Finger ihre empfindlichsten Stellen finden.
Ich helfe ihr den BH zu öffnen und sie zieht sich direkt danach den Slip aus.
Ich spüre ihre Erregung und Lauren öffnet ihre Beine noch ein Stück.
„Gefällt dir das?“ flüstere ich zwischen den Küssen. Lauren keucht und drückt sich näher an mich heran.
„Ja“, haucht sie. „Mehr, bitte.“
Ich lächle gegen ihre Lippen und lasse meine Hände weiter über ihren Körper gleiten.
„Du bist so verdammt sexy“, murmle ich und küsse ihren Hals, während meine Hände den Weg zu ihren Brüsten finden und sie sanft massieren.
Sie stöhnt leise auf, ihre Finger vergraben sich in meinen Haaren. Ich lasse meine Lippen über ihren ganzen Körper wandern.
„Ich werde dich zum Schreien bringen“, verspreche ich ihr. Schnell hole ich ein Kondom aus meiner Hosentasche und streife es mir über. Dann beuge ich mich über sie, sodass ich kurz vor ihrer Öffnung halt mache. Ich fasse sie bei der Taille, ziehe sie näher an mich.
„Bist du bereit?" Sie nickt und presst ihre Lippen auf meine. Währenddessen dringe ich in sie ein, Zentimeter für Zentimeter, bis sie meine Männlichkeit vollständig in sich spürt. Lauri Belle keucht auf. Ihre Hände legen sich auf meinen Rücken und ihre Nägel graben sich in meine Haut.
Als ich in sie eindringe, ist es, als würde ein Sturm durch meinen Körper toben. Ich bewege mich in einem Rhythmus, was aber betrunken gar nicht so leicht ist.
Jeder Stoß bringt mich näher an mein Ziel. An ihrer Körpersprache kann ich erkennen, dass sich bei ihr auch etwas anstaut.
Ich üre Schmerzen an meinem Rücken, da sie sich an diesen krallt. Sie beginnt laut zu stöhnen. Ihr kompletter Unterleib spannt sich an, sodass ich schließlich auch explodiere. Es ist, als würde die Welt um mich herum verschwinden. Ich lächle gegen ihre Lippen und lasse mich neben sie fallen.
Statt zu gehen, hat sich Lauri in meinen Arm gekuschelt. Mittlerweile ist sie eingeschlafen und meine Augen werden immer schwerer. Ein letztes Mal höre ich das Vibrieren meines Handys, ehe ich einschlafe.
„Jayden… Jayden! Wach doch endlich auf!“ Ich merke, wie Lauren mich wach rüttelt. Wer wünscht sich nicht, so geweckt zu werden? Mein Schädel brummt.
„Was ist dein Problem?!“ keife ich sie an und fasse mir an meinen Kopf.
„Dein Handy vibriert schon den ganzen Morgen. Entweder du gehst ran oder ich spüle es die Toilette runter.“ Ich verdrehe die Augen und schaue auf den Übeltäter. Ich habe bestimmt 50 verpasste Anrufe. Mitten in der Nacht hat Avery angerufen. Sie versuche ich direkt zurückzurufen, jedoch geht nur die Mailbox ran. Rhys hat auch einige Male angerufen, doch bevor ich weiterschauen kann, ruft meine Mum wieder an. Ich hebe ab. „Jayden?“ Sie klingt panisch und aufgelöst. „Was ist los, Mum?“
„Jayden, du musst sofort ins Krankenhaus kommen! Avery, sie ist…“ Sie fängt an zu schluchzen und zu weinen. Ich höre im Hintergrund irgendwelche Stimmen, die versuchen, meine Mutter zu beruhigen, bis jemand auflegt. „Fuck“, flüstere ich und springe auf. Ich suche meine Sachen zusammen.
„Jayden? Ist alles okay?“ Ich ignoriere sie. Gerade kann ich nur an meine Schwester denken.
„Jayden? Ist das dein Ernst?“
„Lauri, ich…“ Ich schnappe mir meine Jacke und gehe zur Tür. „Es tut mir leid, Lauri Belle.“ Mit diesen Worten lasse ich sie zurück. Zweite Chancen sind nicht so ihr Ding, habe ich gehört. Vielleicht ist es aber besser so, wenn sie mich hasst.
Diese Szene erinnert mich an einen schlechten Film. Hämmernde Kopfschmerz waren nur mein geringstes Problem. Die Erinnerungen an die letzte Nacht sind verschwommen und ich fühle mich, als wäre ich einen Marathon gelaufen und mir hätte jemand dabei eine übergebraten.
Ich bleibe alleine im Bett zurück und ich fühle mich noch verwirrter, als die letzte Nacht wieder klarer wird. Ich habe mit Jayden Carter geschlafen und er hat mich sitzen gelassen.
Was auch immer passiert ist, es muss wichtig sein. Denke ich zumindestens. Er hat sehr aufgelöst bei diesem kurzen Telefonat gewirkt. Doch diese Ungewissheit und das plötzliche Alleinsein lassen mich mit einem mulmigen Gefühl zurück.
Mit einem Seufzen schwinge ich meine Beine über die Bettkante und stehe auf. Der Boden ist kalt unter meinen Füßen. Wo sind meine Klamotten? Ich finde sie auf dem Boden, greife sie und ziehe mich schnell an. Dann taste ich nach meinem Handy. Es liegt unter einem der Kissen. Ich mache es an und sehe auf die Uhr. Es ist erst 7 Uhr morgens. Der Kater von letzter Nacht macht sich weiterhin bemerkbar. So beschließe ich nach unten in die Küche zu gehen, um mir einen Kaffee zu machen. Ob Owen, der Gastgeber auch schon wach ist?
Die Leute haben ein gewaltiges Chaos hinterlassen. Auf dem Weg zur Küche merke ich, wie still das Haus auf einmal ist. Keine Geräusche, keine Musik, nichts ist zu hören. Es liegt jemand auf der Couch, doch ich beachte ihn nicht weiter und gehe weiter in die Küche.
Ich gieße mir eine Tasse Kaffee ein und setze mich an den Küchentisch, wobei ich den Kopf in meine Hände legte. „Was könnte so wichtig gewesen sein, dass er ohne ein Wort verschwinden musste?“ frage ich mich leise.
„Wenigstens eine Erklärung hätte er mir hinterlassen können“, murmele ich vor mich hin. Die Stille im Haus ist bedrückend, ich fühle mich verlassen. Der gestrige Tag war schon schlimm genug und jetzt das. Die Unsicherheit und die plötzliche Abwesenheit von Jayden lassen mich noch einsamer und verletzlicher fühlen.
Ich schließe die Augen und versuche die Tränen zurückzuhalten.
„Reiß dich zusammen, Lauren“, flüstere ich mir selbst zu. „Was auch immer los ist, du schaffst das allein.“ Doch diese Worte klingen hohl. Der Schmerz und die Verwirrung vergehen nicht.
Ich nehme einen tiefen Atemzug und beschließe, nicht weiter zu grübeln. Stattdessen werde ich versuchen, den Tag irgendwie zu überstehen und auf eine Erklärung von Jayden zu hoffen, warum er auf einmal davon gelaufen ist. Mit einem leisen Seufzen stehe ich auf, um mir eine weitere Tasse Kaffee zu holen. Bereit, mich der Unsicherheit des Tages zu stellen.
Ich sitze gerade in der Uni. Es ist heute drei Tage her, als ich mit Jayden geschlafen habe und er mich sitzen gelassen hat. Ich bin immer noch sauer und werde ihm die Leviten lesen, wenn ich ihn das nächste Mal sehe. So etwas lasse ich nicht mit mir machen!
„Lauri? Alles gut?“ fragt mich meine Sitznachbarin Anna, die gleichzeitig eine sehr gute Freundin von mir ist.
„Ja, alles gut“, knurre ich, während ich auf Jaydens leeren Platz starre.
„Bist du immer noch sauer wegen der Party? Ist doch klar, dass er das nicht ernst gemeint hat. Sei doch froh! Ich meine, er ist der Bruder deiner Ex-besten Freundin. Der einzige Grund mit ihm zusammen zu sein, wäre, wenn du ihr eins auswischen willst.“ Sie hat recht, es sollte mir egal sein.
„Du hast ja Recht, scheiß auf ihn.“ Sie grinst mich breit an und streichelt meinen Arm. In dem Moment, wo ich dachte, es wäre mir egal, kommt Jayden mit Rhys durch die Tür des Vorlesungssaales. Direkt fängt mein Blut an zu brodeln. Am liebsten würde ich ihm vor versammelter Mannschaft den Hals umdrehen.
Ich will nicht sagen, dass ich nachtragend bin, aber ich habe ihn die ganze Vorlesung über angestarrt und mit meinem Blick förmlich umgebracht. Ich warte nur darauf, dass der Dozent uns entlässt. Heute zieht sich der Kurs wirklich in die Länge. Eine halbe Ewigkeit später ist die Vorlesung beendet. Alle packen ihre Sachen zusammen. Ich schmeiße alles nur in meine Tasche und stürme direkt zu Jayden, nachdem er die letzten Tage nicht anzutreffen war.
„Hey Carter!“ Er dreht sich zu mir um.
„Lauri?“ Ist das sein Ernst? Lauri? Fällt ihm nichts besseres ein? „Was willst du, Lauri?“ Er schaut mich fragend an. Direkt fallen mir seine tiefen Augenringe auf. Sein Allgemeinzustand wirkt sehr schlecht. Plötzlich bekomme ich ein schlechtes Gewissen und mache mir Sorgen um ihn. „Geht es dir gut, Jayden?“ frage ich ihn. Ich hätte ihn nicht so anfahren sollen. Seine Mundwinkel wandern leicht nach oben, irgendwie niedlich.
„Sind wir beide mal ehrlich, Lauri Belle: Dich interessiert es nicht, wie es mir geht.“ Er lässt mich erneut einfach stehen. Ich höre einige Kommilitonen kichern. Ich nehme es zurück. Sein Lachen ist alles andere als niedlich, es ist zum Kotzen. Anna kommt von hinten und legt mir ihre Hand auf die Schulter.
„Scheiß auf ihn, Lauri.“ Sie geht mit mir in die Cafeteria. Ich nippe an meinem Kaffee, den ich mir dort geholt habe. Viel lieber würde ich ihm den Kaffee ins Gesicht kippen. Ich balle meine Hand so stark zur Faust, dass meine Nägel in meine Handfläche stechen. Dabei waren die Wunden gerade erst verheilt. Meine Hand fängt leicht an zu zittern. Beruhig dich, Lauri, alles wird gut. Ich versuche die Atemübungen aus dem Internet, daraufhin entspannt sich meine Hand wieder.
„Lauri, hast du Lust nachher mit ins Kino zu kommen?“ Ich schaue Anna an. Ich habe fast vergessen, dass sie neben mir sitzt. Die ganze Zeit über habe ich ihr nicht zugehört. Sie redet viel mehr von sich, das komplette Gegenteil von Avery. Manchmal vermisse ich sie. „Ich glaube, ich bleibe heute Zuhause.“ Mein Blick liegt wieder auf Jayden. „Lauri, du wirkst wie ein Stalker. Hör auf ihn anzustarren!“
„Er ist aber wie ein Unfall: Man muss ihn einfach anstarren.“ Sie muss sich das Lachen verkneifen. Da sehe ich im Augenwinkel, wie er aufsteht und aus der Cafeteria rausgeht. „Anni, ich muss mal.“ Ohne auf ihre Antwort zu warten, stehe ich auf und folge ihm unauffällig. Ich stehe auf dem viel zu breiten Flur und suche nach Jayden. Ich will gerade um die Ecke gehen, da höre ich seine Stimme und verstecke mich hinter der Wand. Ich halte mir die Hand vor den Mund, damit ich nicht so laut atme. Kurzerhand linse ich um die Ecke und sehe ihn dort stehen. Ich höre ihn mit jemandem telefonieren, allerdings steht er so weit weg, dass ich nur Bruchteile von dem höre, was er sagt. Bruchteile wie:
„Wird sie wieder aufwachen? Ich komme nach der Uni ins Krankenhaus. Zimmer 210, richtig?“
Wer ist im Krankenhaus? Ich laufe einen Schritt zurück und lasse dabei meinen Kaffeebecher fallen. Er dreht sich um und sieht in meine Richtung. Panisch laufe ich los in das Damen-WC. Ich sperre mich schnell in eine Kabine und nehme die Füße hoch. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Einige Minuten verbleibe ich in dieser Position. Ich muss mit Jayden reden! Ich werde auch ins Krankenhaus gehen, da kann er nicht so einfach weglaufen wie vorhin. Ich will gerade aus der Kabine raus, da höre ich jemanden in der Nachbarkabine „Owen, hör auf! Ich glaube, da ist wer“, höre ich eine weibliche Stimme.
Sie klingt sehr nach Chey, wie ich diese Frau hasse. „Ja und? Entspann dich, Chey“, brummt eine männliche Stimme. Ist das nicht Avery‘s Freund bei ihr? Als ich 1 und 1 zusammenzähle, muss ich mir die Hand vor den Mund halten. Fuck. Habe ich gerade gehört, wie die beiden Ave betrügen? Ich versuche, nicht die Fassung zu verlieren, nehme meinen ganzen Mut zusammen und stürme aus der Toilette. Ich schaue auf den Boden und renne voll in jemanden rein, sodass ich auf den Boden falle.
„Kannst du nicht aufpassen?!“ keife ich direkt los. Als ich hochschaue, verdrehe ich die Augen. Natürlich muss es Jayden sein.
„Lauri Belle, du bist in mich gerannt. Also sollte ich dich fragen, ob du nicht aufpassen kannst.“ Mir steigt die Röte ins Gesicht. „Hör verdammt nochmal auf mich so zu nennen!“
„Du meinst Lauri Belle?“ Er hält mir die Hand hin. Ich ergreife sie aber nicht und stehe selbst auf.
„Leck mich doch, Carter.“
„Hier und jetzt? Wäre etwas zu offensichtlich, findest du nicht, Fey?“ Ich könnte schreien. Wie kann ein Mensch nur so unerträglich sein? Ich schnappe mir meine Tasche und stürme davon.
„Was war das denn?“ fragt mich Rhys misstrauisch und schaut Lauren hinterher.
„Ach nichts. Sie hat auf der letzten Party ein bisschen mit mir rumgemacht.“ Das ist gelogen. Sie ist eine Freundin von Ave gewesen und ich fühle mich immer noch schlecht deswegen. Das ist der Grund, warum ich sie so abweisend behandle. Ich weiß, es ist nicht die feine Art, aber ich weiß nicht, was ich sonst machen soll. Avery liegt im Krankenhaus, die Ärzte können uns nicht sagen, ob sie wieder aufwacht, sondern nur, dass sie stabil ist. Ich merke, wie sich bei den Gedanken mein Körper wieder anspannt. Wenn ich den Typen finde, der meiner Zwillingsschwester das angetan hat… Ich schwöre bei Gott, ich bringe ihn um.
„Jayden, willst du reden?“
Ich sehe Rhys an und kurzerhand nehme ich ihn einfach in den Arm. Ich weiß, er hasst das total, aber ich brauche das einfach gerade.
„Danke, Mann.“
Ich klopfe ihm vorsichtig auf die Schulter. „Kein Problem,“ sagt er leise. „Sorry, falls das jetzt komisch rüberkam.“ Er fängt an zu lachen.
„Wir kennen uns schon seit Ewigkeiten. Das mit Ave nimmt mich auch mit.“ Rhys gehört zur Familie. Er ist wie der Bruder, den ich nie hatte. „Wir sollten los. Der Prof. hasst es, wenn wir zu spät kommen.“ Er gibt mir einen sanften Schlag auf die Schulter und nickt Richtung Vorlesungssaal.
Nach der Vorlesung verabschiede ich mich von Rhys und möchte direkt ins Krankenhaus fahren. Während ich zu meinem Auto gehe, sehe ich Owen mit Cheyenne ein paar Autos weiter. Sie stehen auffällig nah beieinander. Als Chey mich bemerkt, verschwindet ihr Lächeln sofort und sie wird blass. Owen hingegen kommt auf mich zu.
„Jayden, alles klar? Wann kann man denn Avery besuchen?“
„Nur die Familie darf derzeit zu ihr. Sobald wir mehr wissen, sagen wir Bescheid.“ Von mir wird er nicht Bescheid bekommen. Wenn’s nach mir geht, würde ich ihn hier und jetzt überfahren.
„Danke für die Info, Jayden. Wir sehen uns dann beim Spiel nächste Woche. Wir machen euch fertig.“ Dadurch, dass Owen´s Vater zu viel Geld hat, hat er ihn in ein eigenes Eishockeyteam gekauft, damit er mit Rhys nicht zusammen spielen muss. Das gäbe sonst nur Mord und Todschlag. Er zwinkert mir zu, weswegen mir die Galle hochkommt. Was findet Avy nur an ihm? Ich gehe die letzten paar Meter zu meinem Auto, dann steige ich ein, schnalle mich an und fahre los.
Vor dem Krankenhaus mache ich noch einen Abstecher in einem Blumenladen, um Avy einen Strauß Blumen zu holen. Auf dem riesigen Krankenhausparkplatz finde ich recht schnell einen Platz für mein Auto. Ich schalte den Motor aus und greife mir die Blumen vom Beifahrersitz. Ich steige aus, schließe das Auto ab und laufe auf den Eingang zu. Ich stoppe kurz davor und schlucke nochmal, dann gehe ich durch die Tür vor zur Anmeldung. Die Schwester kennt mich schon und wirft mir ein Lächeln zu.
„Mister Carter, sie liegt immer noch im Zimmer 210.“ Sie lächelt aufmunternd, nur leider bringt es nichts. Ich nicke ihr zu und gehe direkt den Gang entlang.
Ich öffne langsam die Tür zu Averys Zimmer. Sie liegt noch genauso da wie gestern.
„Hey, Avy“, sage ich leise. Die Ärzte meinen, sie könne wahrscheinlich alles um sich herum wahrnehmen. Ich stelle die Blumen auf dem Nachttisch zu den anderen Sträußen, die nicht von mir sind. Ich setze mich auf den Stuhl direkt neben ihrem Bett und nehme ihre Hand. Sie ist so kalt. Ich versuche, sie mit meinen Händen zu wärmen.
„Es tut mir so leid, Avery. Ich hätte bei dir sein müssen.“ Warum bin ich nicht ans Telefon gegangen? Was hätte sie mir gesagt? Es fällt mir schwer, mir keine Vorwürfe zu machen. Als ihr Bruder fühle ich mich eben verantwortlich für meine Schwester.
Ich sitze eine Weile schweigend da, die Maschinen um uns herum piepsen und surren leise. Ihre Hand in meiner fühlt sich so zerbrechlich an. „Avy, du musst aufwachen, okay? Wir brauchen dich hier. Ich brauche dich.“ Ich spüre die Tränen in meinen Augen brennen, versuche sie aber zurückzuhalten.
Während ich dasitze und ihre Hand halte, erinnere ich mich an all die guten Zeiten, die wir zusammen hatten. Unser gemeinsames Lachen, die kleinen Streiche, die wir uns gespielt haben, und wie sie immer für mich da war. Es bricht mir das Herz, sie so zu sehen.
„Ich verspreche dir, wenn du aufwachst, werde ich alles tun, um dich zu beschützen. Ich lasse nicht zu, dass dir nochmal so etwas passiert.“
Die Tür geht leise auf und eine Krankenschwester tritt ein, um die Vitalzeichen zu überprüfen. Sie lächelt mir aufmunternd zu. Ich versuche zurückzulächeln.
„Es wird Zeit, Sie sollten gehen, Mister Carter. Besuchen sie ihre Schwester morgen wieder.“ sagt sie sanft.
„Nur noch ein paar Minuten.“ bitte ich mit verzweifelter Stimme.
Sie nickt und lässt mich, nachdem sie ihren Job erledigt hat, wieder alleine. Ich beuge mich zu Avery herunter, küsse ihre Stirn und flüstere: „Ich liebe dich, Avy.“
Ich bin ihm tatsächlich zum Krankenhaus gefolgt und habe mir die Zimmernummer gemerkt. Ich stehe jetzt bestimmt schon zehn Minuten vor dieser Tür. Am liebsten würde ich sie eintreten und Jayden komplett überraschen. „Komm schon, Lauri… Trau dich!“ flüstere ich mir selbst zu.
Doch statt einfach durch die Tür zu gehen, klopfe ich kleinlaut an. „Herein“, höre ich Jayden rufen. Ich schlucke nochmal kräftig und trete dann ein. Jayden dreht sich um und wird kreidebleich. „Was machst du denn hier, Lauren!?“ Er klingt sehr sauer. „Ich wollte mit dir über das Geschehene reden und…“
Mein Blick fällt auf die Person, die im Bett liegt. Das kann nicht sein. Mir bleibt die Luft weg.
„Ave?“ Meine Stimme zittert, Bilder von damals kommen wieder hoch. Meine Schwester, als sie… Ich merke, wie meine Beine wackelig werden.
„Komm schon, Lauri. Sei nicht so ein Feigling!“ ruft meine große Schwester mir zu und geht weiter auf den zugefrorenen See. Ihre Schlittschuhe sind nicht mal richtig gebunden. „Sophie, bitte, das ist gefährlich. Mum hat gesagt, wir sollen nicht so weit rausfahren.
Ich versuche, die Erinnerung zu verdrängen. Jayden steht plötzlich direkt neben mir. „Willst du dich setzen, Lauri?" Ich nicke und starre Ave an. Ich merke gar nicht, dass mir eine Träne runterläuft. Jayden wischt sie direkt weg.
„Schlechte Erinnerungen?“ Ich schaue ihn direkt an. „Ja, wir hatten vor vielen Jahren in der Familie einen ähnlichen Fall.“ Ich versuche, nicht zu weinen. Stattdessen drücke ich wieder meine Nägel in meine Handflächen. Jayden greift meine Hände und drückt sie auseinander. Er schaut sich meine Handflächen an. „Machst du sowas öfter?“ Ich antworte ihm nicht, sondern pampe ihn an: „Was geht dich das an?“
„Warum zickst du mich an? Du bist mir doch hierher gefolgt“, brummt er mich an. Er hat recht, ich bin gerade im Unrecht.
„Ja, du hast recht. Das war ein Fehler. Das Arschlochsein liegt dir wohl im Blut.“ Ich will aufstehen und gehen, da hält er mich am Arm fest. „Lauren, du rennst vor ganz schön vielen Sachen davon. Bist du sauer wegen der Party?“
„Warum sollte ich sauer sein? Es war eine einmalige Sache, mehr nicht“, zische ich zurück. „Es tut mir leid, dass ich dich da einfach sitzen gelassen habe. Ich habe da gerade die Nachricht bekommen.“
Er wird stiller. Jetzt bekomme ich wieder ein schlechtes Gewissen. Ich meine, wer lässt für seine Geschwister nicht alles stehen und liegen? „Warum hast du mir nichts gesagt?“
„Du bist doch gar nicht mehr mit Avy befreundet… Ich hätte nicht gedacht, dass dich das interessiert.“ Autsch, das hat gesessen. „Nur weil wir nicht miteinander reden, heißt es nicht, dass sie mir egal ist.“
Er bleibt ruhig und sagt nichts mehr. Ich trete etwas näher ans Bett, nehme sanft ihre Hand und halte sie fest. „Sie hatte einen Autounfall. Der andere Fahrer ist einfach weggefahren.“ Jayden ballt seine Hände zu Fäusten. „Die Person sollte beten, dass sie mir nie über den Weg läuft.“
„Die werden ihn finden.“ Ich will meine Hand auf seine legen, jedoch zögere ich und lasse es bleiben.
„War Owen auch schon hier?“ Bei dem Namen sehe ich direkt, wie die Stimmung noch mehr kippt.
„Soweit ich weiß, dürfen nur nahe Verwandte sie besuchen kommen. Nur meine Mum oder ich kommen hierher.“ Mir wird schlecht, wenn ich an vorhin denke. Ich bin mir zu 90 Prozent sicher, dass es Owen mit Chey auf der Toilette war. Sollte ich es ihm sagen? Ich glaube, das passt in dieser Situation gar nicht. Daher behalte ich es vorerst für mich.
„Darf ich auch ab und an vorbeikommen? Ich meine, Ave besuchen.“ Nicht, dass er jetzt glaubt, dass ich ihn öfter sehen will. Sein Gesicht hellt sich direkt auf und er lächelt. „Du gehörst zwar nicht zur Familie, aber ich könnte dich als meine Freundin mit reinschmuggeln.“
„Ehm, ja klar“, antworte ich ihm. Wieder diese Stille zwischen uns…Regelrecht starren wir uns an. Um die Stille zu brechen, öffne ich meinen Mund. „Ich gehe dann mal, Jayden. Wir sehen uns.“
Hoffentlich nicht… Sonst werde ich noch verrückt, weil ich ständig an seine Küsse denken muss. Ich nehme langsam Abstand zu Avy und greife nach meiner Tasche und suche mein Handy dadrin. Ich nehme es heraus und sehe, Anna hat mir geschrieben, dass sie nachher kurz vorbeikommt. Ich tippe schnell das mir etwas dazwischen gekommen ist und ich keine Zeit habe. Ich stopfe mein Handy zurück in meine Tasche und gehe in Richtung Tür.
„Hey, Lauri Belle, warte!“ Ich will gerade den Türgriff runterdrücken, da hält Jayden die Tür zu. „Was willst du, Jayden?“
„Ich will dich wiedersehen“, sagt er mit entschlossener Stimme.
„Tust du doch in der Uni.“ Ich setze ein süßes Lächeln auf, merke aber, dass diese Antwort ihn nicht befriedigt.
„Bitte, komm am Wochenendezum Spiel. Ich habe noch zwei Karten. Du kannst eine Freundin mitnehmen.“ Er schaut mich mit einem Welpenblick an. Immer, wenn ich ihn anschaue, sehe ich etwas von Avy an ihm.
„Ich glaube, das ist keine gute Idee, Jayden. Wir beide sind bessere Feinde als Freunde.“
„Woher willst du das Wissen, wenn wir nicht mal Freunde waren?“ Er muss aber auch immer diskutieren. Ich verdrehe meine Augen. „Ich überlege es mir.“ Er entfernt sich einen Schritt von der Tür. Ich bin schon einige Meter gelaufen, da höre ich ihn mir nachrufen: „Ich erwarte dich dort, Lauri Belle. Sonst bin ich sauer!“ Ich erwische mich selbst beim Grinsen. Fuck.
Einige Tage sind vergangen. Es ist mittlerweile Samstag und wir spielen heute gegen die andere Uni-Mannschaft aus der Stadt, die Sharks. Ich gehe fest davon aus, dass wir sie wie jedes Mal fertig machen werden. Viel mehr interessiert mich jedoch, ob Lauri kommt. Ich weiß nicht warum, aber ich mag es, wie ich bin, wenn sie in der Nähe ist. Ich suche gerade meine Sportklamotten in meinem Zimmer zusammen, da höre ich mein Handy klingeln. Ich ziehe es mir aus der Hosentasche, es ist Rhys.
„Ich bin gleich soweit“, schnaufe ich ins Telefon. Ich fahre heute. Rhys sitzt bestimmt wieder auf heißen Kohlen. Er hasst Unpünktlichkeit und wird nervös, wenn er zu spät kommt. Mir ist das egal.
„Du hast noch 10 Minuten, dann bist du zu spät,“ brummt er ins Telefon.
Ich will gerade antworten, doch er legt auf. Ich höre nur noch ein monotones Tuten. Ich stopfe das Handy wieder in meine Hosentasche zurück, greife meine schwere Sporttasche und gehe den Flur entlang zur Treppe. Die Tür zu Averys Zimmer ist einen Spalt offen. Ich bleibe davor stehen. Ich schubse die Tür weiter auf, wobei mein Herz ohne Grund rast. Ich stelle mir vor, wie sie dort auf ihrem Bett liegt, mich böse anschaut und sagt, dass ich aus ihrem Zimmer gehen soll. Aber leider ist es nicht so. Ich seufze traurig und schließe die Tür sanft. „Ich vermisse dich, Avy“, flüstere ich und schließe ihre Tür leise. Ich gehe in Richtung Trepp und schreite zügig diese hinunter.
„Mum, ich gehe jetzt!“ Ich höre ein lautes Klirren aus der Küche und schaue daher kurz nach dem Rechten. „Mum?“ Ich sehe sie da stehen. Sie versucht etwas vor mir zu verstecken. Ist das etwa Alkohol? Die miese Laune von eben wird immer präsenter. „Mum, was machst du da?“
„Jayden, Baby, kannst du Ave wecken? Sie muss aufstehen.“ Ihre Alkoholfahne rieche ich bis hier, da werde ich sauer.
„Mum, du hast doch gesagt, du trinkst nicht mehr.“ Ich gehe zu ihr, nehme ihr die beiden Weinflaschen weg und stecke sie in meine Sporttasche. Aber sie wird bestimmt noch mehr versteckt haben. „Schatz, vergiss nicht, Avy zu wecken.“
„Mum, sie liegt im Krankenhaus. Sie ist nicht hier.“ Ihr freudiger Gesichtsausdruck wandelt sich schnell zu traurig, fast schon sauer. „Und wessen Schuld ist das?“ fragt sie gereizt. Worauf will sie hinaus? Ich versuche, nicht darauf einzugehen und gehe Richtung Tür.
„Ich werde dir das niemals verzeihen, Jayden. Warum hast du nicht auf sie aufgepasst?“
Ich gehe aus der Küche raus, ohne ihr zu antworten oder ihr Beachtung zu schenken. Ich gehe in den Flur und schnappe mir meine Autoschlüssel. Dort ziehe ich auch schnell meine Sneaker an und gehe durch die Wohnungstür, um zu meinem Auto zu gelangen. Ich balle meine Hände zu Fäusten und muss mich zusammenreißen, um nicht auf das Lenkrad einzuschlagen. Ich öffne mein Auto, steige ein, schnalle mich an, starte den Motor und fahre los.
Wie vorhergesagt steht Rhys schon vor seinem Haus und wartet ungeduldig. „Jayden, was kam denn diesmal dazwischen?“ Ich druckse herum. Eigentlich wollte ich darüber nicht sprechen. „Meine Mutter und ihr Alkoholproblem.“ Rhys verdreht die Augen.Er weiß ganz genau, was bei uns Zuhause abgeht.
„Konzentriere dich auf das Spiel, Jay. Du weißt, deine Mum ist nicht sie selbst, wenn sie Alkohol getrunken hat.“ Er hat recht. Ich sollte mich auf das Spiel konzentrieren. Ich starte den Motor und wir fahren zur Eishalle.
Nach der erfolgreichen Parkplatzsuche steigen wir beide aus und gehen zum Eingang der Eishalle. Wir gehen direkt zu den Umkleidekabinen. Viele der Jungs sind schon da und ziehen sich um. Ich schaue nochmal auf mein Handy, keine Nachrichten. Ich packe es wieder in die Tasche und ziehe mir meine Ausrüstung an.
„Wie, der hat dir die Karten einfach geschenkt?“ fragt Anna ungläubig, während ich der Empfangsdame die Karten hinhalte.
„Der steht voll auf dich.“ Sie schubst mich leicht und grinst breit. Anna sieht immer Dinge, die nicht existieren. Warum sollte er auf mich stehen?
„Nein, mit Sicherheit nicht. Er wollte nur nett sein.“ Ich sehe sie an. Ihr Grinsen wird noch breiter.
„Vielleicht können wir jetzt öfter kostenlos zu Eishockey-Spielen wegen dem Casanova.“ Wir setzen uns auf die für uns reservierten Plätze.
„Anna, wer sagt denn, dass ich öfter hierher will?“ Sie verdreht die Augen.
„Lauri, du wärst total blöd, wenn du den Kerl nicht ausnutzt. Er ist zwar Ave’s Bruder… Aber sie hat dir doch Nate ausgespannt, oder? Dann gönn dir ihren Bruder und brich ihm das Herz.“ Sie weiß nicht, dass Ave im Krankenhaus liegt. Ich starre auf die Eisfläche und weiß nicht, was ich sagen soll. Plötzlich nimmt Anna meine Hand.
„Lauri, sei nicht so ein Angsthase. Hab ein bisschen Spaß.“ „Anna, du weißt, ich bin nicht so…“
„Lauri, du bist so langweilig. Ich sollte Nate sagen, dass er bei dir nichts verpasst“, trällert sie provokant.
„Du hast mit Nate geredet?“ frage ich hoffnungsvoll. Ich war so verletzt, als ich ihn mit Avery gesehen habe. Ich bekomme ihn nicht aus meinem Kopf. Er ist meine erste große Liebe, die vergisst man nicht so schnell.
„Er hat nach dir gefragt. Du könntest Nate eifersüchtig machen. Das wäre heiß.“ Was wäre schon so schwer daran, mit Jayden auszugehen und ihm wieder den Laufpass zu geben? Wenn ich ihm das Herz breche, so wie Avery meins gebrochen hat…
„Es geht los, Lauren. Wen feuerst du an? Jayden oder Nate?“
„Natürlich Jayden. Wie soll ich ihn sonst für mich gewinnen?“ sage ich grinsend, obwohl ich mir immer noch nicht sicher bin, ob das so eine gute Idee ist. Ich schaue suchend über das Eis. Die Jungs wärmen sich gerade auf. Wir haben so gute Plätze, dass wir den besten Blick auf alles haben. Ich habe komplett vergessen, wie heiß eine Eishockey-Ausrüstung aussehen kann.
Die Stimmung in der Umkleidekabine ist angespannt, aber voller Energie. Die Jungs sind konzentriert. Man spürt jedoch auch die Nervosität und Vorfreude auf das bevorstehende Spiel. Ich setze mich auf die Bank, schnüre meine Schlittschuhe und richte meinen Helm. Rhys klopft mir auf die Schulter und grinst. „Heute zeigen wir es ihnen, Jay.“
Ich nicke ihm zu. „Ja, heute wird unser Tag.“
Unser Coach tritt ein und hält eine kurze, aber motivierende Ansprache. „Jungs, heute ist unser Tag. Spielt hart, bleibt konzentriert und zeigt den Sharks, wer die wahren Champions sind.“
Wir betreten das kalte und glatte Terrain unter unseren Füßen. Die Halle ist voll. Das Publikum tobt und feuert uns an. Die Sharks sehen entschlossen aus, aber auch wir sind bereit, alles zu geben.
Ich drehe meine Runden, um mich aufzuwärmen. Es ist ein komisches Gefühl, zu spielen, wenn Avery nicht im Publikum ist. Aber sie würde wollen, dass ich weitermache. Ich schaue zu den Zuschauertribünen und sehe ein bekanntes Gesicht: Lauri Belle sitzt mit ihrer Freundin im Publikum. Ich merke, wie ich anfange zu grinsen. Ich wusste, dass sie kommt. Sie kann nicht genug von mir bekommen.
„Hast du im Lotto gewonnen oder warum grinst du so blöd?“ Ich drehe mich um und sehe Rhys' ernste Miene. Er ist zurzeit besonders mies drauf. „Kann ich nicht einfach gute Laune haben?“
„Solange du gut spielst, ist mir das eigentlich egal.“ Rhys ist unser Captain und er ist die richtige Wahl für diese Position. „Verstanden, Captain!“ Rhys schüttelt den Kopf und verkneift sich sein Lachen. Wir fahren alle zu unserem Coach, der uns die typische Rede wie vor jedem Spiel hält. Aber die Kernaussage von dem allen ist eigentlich: „Tretet den Typen in den Arsch.“
„Ja, Coach!“ antworten wir im Chor und machen uns bereit, unsere Positionen einzunehmen. Ich schaue noch ein letztes Mal zu Lauri. Ob sie mich anfeuert? Ich habe sie noch nie bei einem Eishockeyspiel gesehen. Ich versuche mich wieder auf meine Aufgabe zu konzentrieren, die ich in diesem Spiel habe.
Ich bin der Außenstürmer. Mein Job ist es, die verdammte schwarze Scheibe in das gegnerische Tor zu befördern. Der Schiedsrichter fährt zu den Jungs, die den Bully machen, und hält den Puck hoch.
Er gibt das Startsignal und so beginnt das Spiel.
Die ersten Minuten sind hart umkämpft. Beide Mannschaften spielen aggressiv und versuchen, die Kontrolle über den Puck zu gewinnen. Rhys und ich arbeiten gut zusammen, passen den Puck hin und her und versuchen, die Verteidigung der Sharks zu durchbrechen.