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Durch einen schweren Autounfall hat Avery die letzten zwei Jahre ihres Lebens einfach vergessen. Davon darf niemand etwas erfahren. Verzweifelt versucht sie ganz allein ihre Erinnerungen zurückzubekommen und hält sich dabei an jeder noch so kleinen Erinnerung fest. Versucht sie sich jedoch mehr an etwas zu erinnern, scheint alles schwammig und verwirrend. Nur einer schafft es hinter ihre Fassade und ihr kleines Geheimnis zu blicken. Rhys ist ein Arschloch, wie er im Buche steht. Zugleich ist er auch bekannt als der beste Freund ihres Bruders. Er ist der Einzige, der klarere Erinnerungen in ihr weckt, was sie sich nicht erklären kann. Rhys verbirgt etwas, da ist sie sich sicher. Er weiß mehr, als er zugibt.
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Seitenzahl: 372
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Die Triggerwarnungen könnten Spoiler zur Story enthalten.
Diese Geschichte und die Charaktere in dieser sind frei erfunden. Ähnlichkeiten zu realen Personen sind daher rein zufällig.
Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen und passt auf euch auf.
Other Side-Jason Derulo
More than life-Chanin
Überall –Esther Graf x Montez
Heartbeat-Childish Gambino
Tabu-Yung Yury
In the Stars-Benson Boone
I miss you; I am sorry-Gracie Abrams
Medusa-Enkay
Federleicht-Enkay
“Glücklich”-Montez
After we broke up-David J.x Frawley
Monster-Disarstar
Ich widme dieses Buch allen Menschen, die schon einmal schlecht behandelt wurden.
„Die Art wie dich ein Mensch behandelt, sagt aus, was für ein Mensch ER ist, nicht was für ein Mensch DU bist.“
Autor unbekannt
Prolog
Avery
Kapitel 1
Avery
Rhys
Kapitel 2
Avery
Rhys
Avery
Kapitel 3
Avery
Kapitel 4
Avery
Kapitel 5
Avery
Kapitel 6
Avery
Rhys
Avery
Kapitel 7
Avery
Kapitel 8
Avery
Rhys
Avery
Kapitel 9
Avery
Rhys
Avery
Kapitel 10
Avery
Kapitel 11
Avery
Rhys
Avery
Kapitel 12
Avery
Rhys
Kapitel 13
Avery
Kapitel 14
Rhys
Avery
Kapitel 15
Avery
Rhys
Avery
Kapitel 16
Avery
Kapitel 17
Avery
Rhys
Avery
Kapitel 18
Avery
Rhys
Kapitel 19
Avery
Kapitel 20
Avery
Rhys
Kapitel 21
Avery
Rhys
Avery
Kapitel 22
Avery
Kapitel 23
Rhys
Kapitel 24
Avery
Kapitel 25
Avery
Rhys
Avery
Rhys
Kapitel 26
Avery
Avery
Kapitel 27
Avery
Avery
Kapitel 28
Rhys
Avery
Kapitel 29
Avery
Rhys
Avery
Kapitel 30
Avery
Rhys
Kapitel 31
Rhys
Avery
Kapitel 32
Avery
Kapitel 33
Avery
Kapitel 34
Rhys
Kapitel 35
Rhys
Avery
Kapitel 36
Avery
Rhys
Kapitel 37
Avery
Kapitel 38
Avery
Rhys
Avery
Kapitel 39
Avery
Kapitel 40
Rhys
Avery
Rhys
Avery
Kapitel 41
Avery
Rhys
Avery
Kapitel 42
Rhys
Kapitel 43
Rhys
Avery
Kapitel 44
Avery
Rhys
Avery
Rhys
Kapitel 45
Avery
Rhys
Kapitel 46
Avery
Epilog
Avery
Danksagung
Triggerwarnungen
Herzschmerz, Verzweiflung und Wut. Das sind die drei Dinge, die ich gerade fühle, sie kontrollieren meinen Körper, meine Gedanken. Meine schwitzigen Hände umklammern das Lenkrad, ich spüre wie ich zittere, das Auto wird immer unruhiger. Mein Handy klingelt durchgehend, mein Blick wandert auf den Bildschirm. Im gleichen Augenblick werfe ich es wieder auf den Sitz. Einen klaren Gedanken, das ist alles, was ich brauche. Während der Regen gegen die Windschutzscheibe prasst, bohrt sich mein Fuß immer weiter ins Gaspedal. 50, 60 – der Zeiger rast über die Geschwindigkeitsanzeige und alles was ich will ist einfach nur weg. Weg von ihm, weg von diesem Ort. Meine Augen fixieren zwei Regentropfen, welche sich ein Wettrennen liefern. Es ist fast friedlich ihnen bei ihrem gemeinsamen Spiel zuzuschauen. Plötzlich spüre ich einen heftigen Ruck und in meinem Moment der Unachtsamkeit verliere ich die Kontrolle über mein Auto. Alles passiert in Sekundenschnelle, das Lenkrad zieht nach rechts und das letzte, was ich sehe sind die grellen Scheinwerfer der mit entgegenkommenden Fahrzeuge. Ich höre Stimmen, warum helfen sie mir nicht? Ich fühle mich alleine und hilflos…mir ist kalt, ich bemerke einen großen Splitter in meinem Bauch, Blut überall ist Blut und bevor ich mehr darüber nachdenken kann ist alles schwarz.
Ich höre verwaschene und leise Stimmen. Sie reden über mich. Langsam nehme ich starken und penetranten Geruch von Desinfektionsmittel wahr. Bin ich in einem Krankenhaus? Meine Augen zu öffnen, fällt mir unheimlich schwer. Das Gefühl, dass meine Augenlider zugehalten werden, breitet sich in mir aus. Ich höre mehrere Stimmen, die meinen Namen rufen. „Avery?! Avy?“ Bin ich das? Was ist los mit mir? Ich kann keinen klaren Gedanken fassen. Alle Gedanken in meinem Kopf fühlen sich so fremd an. Ich schmecke Blut, ein sehr metallischer Geschmack. Erinnern kann ich mich an nichts. Das Letzte, was in meinem Kopf hängen geblieben ist, sind die Worte: „Ich will nicht sterben“. Danach ist alles schwarz.
Es tut alles weh, jeder einzelner Knochen. Verwirrung macht sich in mir breit. Jedes Geräusch ist zu laut und verursacht ein unangenehmes Klingeln in meinen Ohren. Erneut versuche ich die Augen zu öffnen, doch sie fallen direkt wieder zu. Ich werde zurück in die Dunkelheit der Bewusstlosigkeit gezogen.
Ich höre eine Stimme in der Dunkelheit. „Avy, bist du wach?“ Meine Augenlider zucken. Ich versuche meine Stirn zu runzeln, doch bemerke ich erst jetzt, dass sie bereits in Falten liegt. Wieder spüre ich diese Kopfschmerzen. Es fühlt sich an, als hätte mir jemand gegen den Kopf geschlagen. Ich will wieder versuchen etwas zu sagen, fange aber im gleichen Atemzug an zu würgen und ringe nach Luft. Werde ich jetzt sterben? Ich merke, wie mir jemand etwas aus dem Hals zieht. Ich reiße meine Augen auf und muss husten. Dabei setze ich mich abrupt auf.
„Beruhige dich, mein Schatz. Es wird alles gut“. Die weibliche Person umarmt mich und drückt mich sanft an sich. Meine Atmung hat sich wieder etwas beruhigt, ich blicke orientierungslos in den Raum hinein. Das Zimmer ist langweilig und kühl, dazu fühle ich mich hier unwohl. Immer mehr wird mir bewusst ich bin in einem Krankenhaus, daher der Duft des Desinfektionsmittels. Mein Herz rast, was ist passiert? Ich überlege kurz, aber ich kann mich an nichts erinnern. Warum bin ich hier? Ich sehe die Frau neben mir an, auch an sie kann ich mich nicht direkt erinnern. Sie umarmt mich. „Ich habe mir solche Sorgen gemacht, Avery...“ sagt sie weinend. Ich versuche meine Verwirrung zu verstecken, was mir scheinbar nicht gut gelingt.“
Wer sind sie ?“ Die Frau sieht mich geschockt an „ Avy, erkennst du mich etwa nicht? Was ist den los?“ fragt die Dame, sie streicht mir mit zitternder Hand über die Wange. Ich erkenne das Gesicht und die Stimme, aber mein Gehirn kann es in dem Moment nicht zuordnen. Sollte ich lügen? Ich will antworten, doch eine Dame in einem weißen Kittel unterbricht uns.
„Miss Carter, sie sind endlich aufgewacht. Ich bin Doktor Cruiz. Geht es ihnen gut?“ Ich kann nicht so schnell antworten, bin verwirrt darüber, was los mit mir ist. In meinem Kopf ist ein riesiges schwarzes Loch. „Ich würde gerne ein paar Tests mit ihnen machen, wenn das in Ordnung ist.“ Ich nicke leicht und flüstere „Ja, bitte“. Im nächsten Moment macht Dr. Cruiz einige Tests und Übungen mit mir. Ich muss die Arme heben, die Beine bewegen, die Zunge rausstrecken und vieles mehr. Das alles ist mir unglaublich schwer gefallen. Nach einiger Zeit fällt mir das Reden leichter.“ Miss Carter, sie sollten es fürs Erste ruhig angehen. Sie haben länger im Koma gelegen und…“ Mein Herz setzt für eine Sekunde aus. „Koma?“ frage ich mit zitternder Stimme.
“Miss Carter…Avery, du lagst fast einen Monat im Koma. Du hattest einen Unfall mit einem anderen Auto. Dein Unfallgegner beging Fahrerflucht. Hätte sie nicht ein junger Mann gefunden und gehandelt, wären sie vielleicht nicht mehr unter uns.“ Ich bemerke, wie ich zittere und sich mein Atem beschleunigt. Ich wäre fast gestorben? Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, mir kommt gerade alles hoch. Ich probiere ruhig zu atmen, aber ich bin alles andere als ruhig.
„Ich weiß, das ist alles ganz schön viel für Sie… Können Sie sich an etwas erinnern?“. Sie beobachtet mich und schreibt etwas in meine Akte „Nein. Ich weiß nichts…also…schon, aber vieles ist schwarz und verschwommen … Verdammt, ich fühle mich wie in einem fremden Körper!“ Die Ärztin schreibt wie wild auf ihrem Block. „Avery, wie heißen sie mit kompletten Namen?“ „Avery Elea Carter“ Ich weiß nicht genau, wo das herkommt, aber scheinbar bin ich noch nicht komplett verloren gegangen. „Sehr gut. Wissen Sie die Adresse, wo sie wohnen?“ Ich sehe das Haus vor meinen Augen, das Auto in der Einfahrt. Ebenso viele Erinnerungen aus meiner Kindheit, wie ich dort gespielt habe. Aber ich weiß nicht genau, wie die Adresse lautet.
Daher schüttele ich den Kopf. Sie beäugt mich kritisch. „Welches Jahr haben wir, Mrs. Carter?“ Warum fragt sie mich das alles? Ich lag doch nur einen Monat im Koma. „2021?“ sage ich unsicher. „Okay, Mrz. Carter, und wie alt sind Sie?“ Mein Kopf pocht und tut noch mehr weh, als vorher. Das ganze Nachdenken ist ja der Horror. „Ich bin 18 Jahre alt und gehe bald auf ein College. Ich möchte Jura studieren.“ Die Ärztin schreibt wieder ganz schnell etwas auf, sie lächelt mich an. Irgendetwas stimmt doch nicht, das spüre ich. „Mrs. Carter, ich halte kurz Rücksprache mit meinem Kollegen. Ich bin in Kürze wieder bei Ihnen.“
Es fühlt sich an wie Stunden. Wo bleibt die Ärztin bloß? Nach einigen Tests habe ich mich In der Zwischenzeit wieder an die Dame erinnert. Sie ist meine Mutter. Verdammt, das muss sie unbeschreiblich verletzt haben. Ich starre an die Wand, sage kein Wort. Was ist nur passiert? Meine Erinnerungen sind lückenhaft nichts in meinen Kopf ergibt Sinn. „Mrs. Carter“. Ich schaue blitzschnell zur Tür und sehe Dr. Cruiz wieder eintreten. „Wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass wir die Testergebnisse gesichtet haben und wir davon ausgehen dass sie eine Amnesie haben.“ Kurzes Schweigen herrschte im Raum. Mein Mund ist trocken. Ich finde keine Worte. „Ihnen fehlen mindestens die letzten 2 Jahre, wenn nicht sogar noch mehr. Wir haben das Jahr 2023 und sie sind eigentlich 20 Jahre alt. Sie leiden an einer Amnesie“ Meine Brust wird immer enger. Ich bekomme schlecht Luft, die Dunkelheit kommt wieder näher. Ihr Blick sagt mehr als tausend Worte, nur leider bringt mir das nichts. „Dr. Cruiz, wird sie ihre Erinnerungen wieder bekommen?“ fragt meine Mutter besorgt. „Das können wir im Moment noch nicht genau sagen. Viele Patienten erlangen ihr Gedächtnis zurück, wenn sie etwas ähnliches Traumatisches erleben oder die Reize aus der verlorenen Zeit wahrnehmen. Zum Beispiel: Musik, bestimmte Personen…“ Mir wird das alles zu viel, ich höre nicht mehr richtig zu. Mir fehlen zwei verdammte Jahre meines Lebens! Ich blicke in die Leere. Es ist, als wären die 2 Jahre nie passiert. Das ist mehr als nur beängstigend.
Alles weg. „Entschuldigung Dr. Cruiz… Das war heute alles ganz schön viel für mich… Ich glaube, ich brauche etwas Zeit für mich.“ Meine Stimme hört sich so kratzig an. Das ist wohl so, wenn man fast 1 Monat so gut wie Tod war. Ich kann keinen klaren Gedanken fassen. „Nun denn Avery, wir sehen uns morgen. Ruhen sie sich aus.“ Sie lächelt sanft, was ich versuche zu erwidern. „Avy, soll ich deinen Freunden sagen, dass du aufgewacht bist?“ Ich überlege kurz, wen sie meinen könnte. Ich habe doch nur eine Freundin. „Meinst du Lauren?“ Meine Mutter sieht mich wieder so verletzt und mitleidig an. Ich hasse das jetzt schon. „Nein Schatz, ihr seid nicht mehr befreundet“ Der nächste harte Schlag. Sie war meine beste Freundin. Sie sagt das so, als wäre sie darüber sehr traurig. Ich fange an zu überlegen. Ich erinnere mich an den Abschlussball in der Oberschule und weiß genau, dass wir da noch befreundet waren. „Ich meine Chey und deinen Freund Owen. Er war ein paar Mal hier…“ Ich zucke ahnungslos mit den Schultern. Ich weiß nicht, wer diese Leute sind. Ich habe diese Namen noch nie gehört.
„Mum, meinst du, wir können das mit dem Gedächtnisverlust für uns behalten? Ich will nicht die Komische sein, die nichts mehr weiß…“ Sie nickt, ihr Blick bleibt jedoch skeptisch. „Glaubst du nicht, es wäre besser, wenn du ehrlich bist?“ Ich schüttele den Kopf. Ich weiß, wie es ist, die Außenseiterin zu sein. Dann bin ich ein noch größerer Freak. Sie streichelt meine Hand. „Ich würde jetzt nach Hause gehen. Soll ich dir morgen etwas mitbringen?“ Nach kurzem Überlegen fällt mir etwas ein. „Ich hätte gerne diese Kekse mit der Milchfüllung.“ Sie lächelt. „Okay Schatz, ruh dich aus.“ Ich muss lächeln. „Bis morgen Mum. Sie küsst mich auf die Stirn und verlässt das Zimmer. Ich bin allein mit meinen nicht vorhandenen Erinnerungen. Wenn mich jetzt jeder so mitleidig anschaut, dann will ich wieder zurück ins Koma! Das ist das Schlimmste, was ich mir hätte vorstellen können. Karma, was habe ich dir getan?
Ich warte im Auto auf Jayden. Er ist bereits 10 Minuten zu spät. Doch dann geht endlich seine Haustür auf und er kommt angerannt. „Alter, wir müssen heute ins Krankenhaus! Ave, ist in der Nacht aufgewacht!“ Bei ihrem Namen fängt mein Herz an schneller zu schlagen. Ich denke an unsere gemeinsame Zeit. An den Moment, wo sich alles geändert hat. „Worauf wartest du, fahr los.“ Ich schaue kurz zu ihn rüber. „Ich musste auf dich warten. Also mach jetzt kein Stress.“ zische ich ihn an. Meine Gedanken sind bereits bei Avery. Sie wird mich hassen für das, was ich getan habe. Ihre Worte schallen wieder durch meinen Kopf, sie verfolgen mich. „Ist es wahr?“ Immer und immer wieder wollte ich nein sagen, aber dann hätte ich gelogen.
Ich starre stundenlang in die Luft, in der Hoffnung, dass ich mich an irgendetwas erinnern kann. Von einer Vibration werde ich aus den Gedanken gerissen. Ich schaue in meine Nachttischschublade und sehe ein Handy. An die Hülle erinnere ich mich. Ich hole es raus und sehe auf dem Sperrbildschirm. Da bin ich, mit Jayden und… Shawn-Rhys? Jayden ist mein Zwillingsbruder. Wir haben immer ein gutes Verhältnis gehabt, was ich von Shawn und mir nicht behaupten kann. Shawn ist sein bester Freund und der größte arrogante Idiot, den die Welt je gesehen hat. und ich kenne ihn schon solange nämlich mein Leben lang! Wenigstens etwas, das ich noch weiß. „Jay sieht gut aus.“ murmel ich. Diese zwei Jahre haben ihn echt gut getan. Ob ich noch den gleichen Handycode wie vor 2 Jahren habe? „Bingo!“ Immer noch mein Geburtsdatum, zu einfach Avery. Das sollten wir ändern. Ich sehe viele ungelesene Nachrichten auf vielen Plattformen. Wo fange ich bloß an? Ich öffne meine Galerie, über 3000 Bilder! Dort werde ich doch bestimmt etwas finden. Ich scrolle nach ganz unten, schaue auf das Datum. Es ist einige Tage vor dem Abschlussball. Ich habe viele Selfies von Lauren und mir... Nach dem Abschlussball hat das wohl aufgehört. Mit der Zeit kommen ganz viele Bilder mit einem blonden Mädchen. Ob das Chey ist? Ich scroll noch weiter, bis ich ganz oben angekommen bin. Aber es bringt mir keine neuen Erinnerungen.
Halt! Da ist ein privater Ordner. Ich tippe umgehend mein Geburtsdatum ein. Das ist nicht richtig. Was „habe ich da drin gespeichert? Nacktbilder? Tatorte? Ich schließe die App schließlich wieder und stöhne genervt auf. Mein Handy vibriert wieder. Ich gehe auf die Nachrichten. Die letzte ist von Jayden. Ich lasse meinen Blick auch über die anderen Kontakte schweifen, Owen, Chey, Rhys… Moment Rhys? Irgendwo ganz tief in meinen Kopf sind Bruchstücke von Unterhaltungen. Sie bestanden nur aus verbalen Beleidigungen. Wie könnte ich das vergessen? Ich gehe in den Chat und sehe sein Profilbild, aber warum habe ich seine Nummer? Ich erinner mich daran, dass er mich nie wirklich leiden konnte. Ich war für ihn immer nur die nervige Schwester seines besten Freundes. Dazu war er nicht gerade ein Sonnenschein. Ich werde auch aus unseren Chats nicht schlau. Wir haben nur kurze Nachrichten geschrieben, wie zum Beispiel: „um 7“ oder „SOS“ Was hat das zu bedeuten? Wir haben noch nie richtige Konversationen geführt.
Ich sehe die Anrufliste. Rhys und ich haben scheinbar auch öfter telefoniert, merkwürdig. Auf einmal höre ich ein Klopfen an der Tür. „Herein“ sage ich mit kratziger Stimme. Ich lege das Handy erst einmal zur Seite und schaue zur Tür. Langsam öffnet sie sich. Ich sehe eine riesige Sporttasche und einen Strauß mit Rosen, wo ein kleiner Teddy drin sitzt. „Überraschung, Little Avy“. Ich erinnere mich an diese Stimme. „Jayden !“ Ich freue mich total meinen Bruder zu sehen, Ich versuche aufzustehen, aber sacke augenblicklich wieder zusammen. „Ganz langsam Avy, geht es dir gut?“ Ich umarme ihn ganz eng. „Es fühlt sich so an, als hätte ich dich Ewigkeiten nicht gesehen.“ Um genau zu sein 2 Jahre. „Mum hat mir gesagt, was los ist. Mir brauchst du nichts vorzumachen Schwesterherz“. Er gibt mir einen sanften Zwicker in die Seite.
„Ich will nicht, dass jeder weiß, dass mein Gedächtnis nicht auf der Höhe ist…“ sage ich leiser. Er nickt verständnisvoll. „ Avy, erinnerst du dich an den Unfall? Was da passiert ist?“ Ich schüttel meinen Kopf. „Nein, ich weiß nichts. Es ist alles schwarz und verschwommen…“ Er streichelt sanft meinen Arm. „Deine Erinnerungen werden schon wieder kommen… Achso, wäre es für dich okay, wenn Rhys gleich noch vorbei kommt? Ich weiß, dass ihr euch nicht ganz so gut versteht…“ Ich nicke schüchtern. „Rhys und ich haben dir übrigens alles in der Schule mitgeschrieben. Da solltest du keine Probleme haben.“ Jayden und ich hatten immer eine sehr gute Beziehung zueinander, besonders, nachdem unser Dad das Weite gesucht hat. „Avy, kann ich dir etwas Gutes tun?“ Ich fühle mich auch nicht sonderlich gut. In meinem Kopf schwirren so viele Fragen. Die größte Frage ist gerade: Wer bin ich überhaupt? „Kannst du mir ein Glas Wasser geben?“ Er steht auf und füllt mir etwas Wasser in ein Glas. „Danke Jayden.“ Das Wasser läuft meinen Hals runter. Mein Blick fällt auf den wunderschönen Blumenstrauß auf meinem Nachttisch. „Rhys müsste jeden Moment hier sein, er wollte noch kurz mit jemanden telefonieren. Nach einigen Momenten fragt mich Jayden auf einmal „Erinnerst du dich denn an garnichts mehr? Was ist mit Owen?" Ich schüttel den Kopf. “Mum hatte ihn vorhin erwähnt, erzähl mir mehr von ihm.“
„Okay, kleiner Kurzeinführung. Er spielt Eishockey bei den Kardinals, unseren stärksten Gegnern und ist der neue Stiefbruder von Rhys. Seine Mum hat wieder geheiratet. Ihr seid seit circa 8 Monate zusammen. Ich hasse ihn.“ Okay wow. Moment, spielt Jayden nicht bei den Hawks? Mir läuft eine Träne über die Wange, ohne es zu merken. Ich spüre so einen Druck auf der Brust bei den Erzählungen von Owen. Liebe ich ihn?
„Hey Avy, nicht weinen! Wir bekommen das alles hin, okay??" Ich habe nicht einmal bemerkt, dass mir eine Träne runter läuft. Er nimmt mich in den Arm und ich wische mir die Träne weg. Jay war schon immer der optimistische von uns beiden, der Sonnenschein. Plötzlich bekomme ich starke Kopfschmerzen mir wird etwas schwindelig.
„Avery...“ Es regnet sehr stark. Ich sehe die Rücklichter von seinem Wagen. „Bitte, steig wieder ein.“ Ich komme der Bitte nicht nach. „ Avery, steig ein verdammt!“
Mein Puls schießt in die Höhe. Was war das gerade? Eine Erinnerung? Dieses Bruchstück hat sich so angefühlt, als würde ich es hautnah erneut erleben. Ich erkenne die Stimme nicht. Ich trinke noch etwas, um meine Aufregung zu unterdrücken. Zum Glück hat mich Jay auf den neuesten Stand gebracht. Das wäre sonst peinlich geworden. Ich habe zwar die Hälfte wieder vergessen, weil mein Gehirn sehr langsam zur Zeit arbeitet, aber irgendwo muss man ja anfangen. Es klopft erneut an der Tür und es kommen zwei Männer rein. Heiliger Jesus, ist das Owen? Er sieht aus wie ein griechischer Gott. Wie habe ich das geschafft? Bin ich eine griechische Göttin? Oder bin ich von den Medikamenten vernebelt? Was auch immer sie mir hier geben: Ich will mehr davon ... Direkt dahinter sehe ich Shawn-Rhys, der wieder sehr schlicht in Schwarz gekleidet ist. Unter jedem Kleidungsstück guckt eines seiner Tattoos hervor. Da sind einige dazu gekommen. Ich versuche nicht zu starren. Diese zwei Jahre haben ihm ein richtiges Glowup verpasst. Er sieht sogar, fast noch besser aus als Owen.
Seine dunklen Augen fixieren mich. Es ist ein komisches Gefühl, zu wissen, dass die Person gegenüber von dir alles weiß und du selbst rein gar nichts. Ich sage erstmal nichts zu ihm. Ich meine, ihn anzuschauen, ohne ein doofes Kommentar zu bekommen, ist eine Seltenheit,das einzige was ich noch weiß ist das er es hasst wenn ich ihn mit seinem vollem Namen anspreche, den Namen Shawn hasst er besonders..
Sie sieht so zerbrechlich aus in diesem Krankenhausbett. Mir kommen die Bilder von dem Unfall wieder in den Kopf… Ich fühle mich so schuldig. Hätten wir uns nicht gestritten, wäre es vielleicht gar nicht soweit gekommen. Weiß sie, was an diesem Abend passiert ist? Ich hatte gedacht, dass sie mir die Augen auskratzt, wenn sie mich sieht…
„Avy, Baby, alles gut bei dir? Ich habe dich so vermisst!" Owen umarmt mich aufdringlich. Diese Stimme… Ich versuche mir nichts anmerken zu lassen und spiele einfach mit. Ich sehe, wie Rhy‘s Augen auf Owen liegen. Er sieht so wütend aus, als würde er ihn gleich umbringen wollen. „Erinnerst du dich an etwas aus der Nacht?" Ich schüttele den Kopf. Ich habe das Gefühl, diese Frage wird jetzt das neue: Wie gehts? „Wann kannst du wieder hier raus?" Jayden geht zwischen uns und antwortet ihn.
„Hey Mann, sie ist gerade erst aufgewacht. Überrumpel sie nicht direkt. Sie kann, wenn es die Umstände zulassen, wieder raus.“ Ich sehe die Flexüle in meinem Arm, sowas kann ich mir nicht ansehen. Die Spannung zwischen den Jungs ist deutlich zu spüren. „Ich melde mich bei dir okay? Ich habe jetzt noch Training.“ Mir fällt wieder ein das die Jungs meistens morgens oder nachmittags Eishockey-Training haben. Ich schaue auf die Uhr in meinem Zimmer, es ist kurz vor 18:00 Uhr er gibt mir einen Kuss auf die Wange. Und so schnell, wie er gekommen ist, war er auch wieder gegangen. Wow, das ist ja ein richtiger Wirbelwind. Ich sehe zu Shawn-Rhys. Er verdreht seine Augen und setzt sich auf den Stuhl. „Du hast ja richtig den Durchblick, Ave.“ sagt Rhys spöttisch. Ich werfe ihn einen bösen Blick zu. „So ein Arschloch, wann schießt du ihn endlich ab?“ fragt mein Bruder lachend. „Gib mir eine Waffe und eine Kugel. Ich erledige das dann für dich, Avy“. Die Jungs sehen sich schweigend an. Hat Rhys das gerade ernsthaft gesagt?
„Das fällt auf, wenn du dein Stiefbruder umbringst… Ich sollte es machen“. Ich unterbreche die Diskussion darüber, wer meinen Freund umbringt, und probiere die Stimmung aufzulockern. Es ist echt komisch von meinem Freund zu reden, wo ich ja keine Ahnung habe, wer er eigentlich ist. „Hey Shawn, wie geht es dir?" Frage ich sanft. Er sieht mich verwundert an, aber antwortet: „Mir geht super, und dir Kleines?" Okay, er ist der Alte. Ich muss lächeln.
Das erste ehrliche Lächeln, seit dem ich wach bin. Wenigstens etwas, was genauso ist wie vorher. „Avy, ich unterbreche ungern euren Smalltalk, Rhys und ich wir würden dich dann jetzt auch allein lassen. Wir haben auch noch Training, okay? Wenn was sein sollte, ruf mich bitte an, ja?" Ich nicke. Zum Abschied umarmt er mich. Rhys kommt näher zu mir. „Wir sehen uns, Little Ave." Ich sehe in seinen Augen etwas, was ich vorher noch nicht bei ihm gesehen habe.
„Bringt bitte niemanden um, ja?“. Beide sehen mich an, als hätten sie sowas niemals erwähnt. Sie verlassen den Raum genauso laut, wie sie gekommen sind. Wow. Mein Hirn arbeitet sehr langsam. Owen ist Rhys sein Stiefbruder? Ich brauche meine Erinnerungen zurück!! Ich nehme mein Handy und sehe in die Kamera. „Oh Gott!!" ich lasse mein Handy in meinen Schoß fallen. Bin ich das etwa? Es fühlt sich so an, als würde ich eine fremde Person im Spiegel betrachten. Ich habe kleine Überbleibsel von Kratzern und Abschürfungen. An meinem Arm sind Narben, einige ziehen sich über den ganzen Unterarm.
Mir laufen Tränen über die Wangen. Ich wische sie schnell wieder weg, nehme mein Handy wieder auf und schaue mich aus jedem möglichen Winkel an. Ich fasse mir an den Kopf und merke wieder die starken Kopfschmerzen, wie vorhin vor der Erinnerung. Wird das jetzt immer so sein?
Ich sehe Rhys in seiner Eishockey-Ausrüstung, er sieht auf mich runter. „Wenn er dich noch einmal anfässt, bring ich ihn um!!" Ich versuche Ihn zu beruhigen. „Rhys, bitte, nicht schon wieder. Ich..." Er geht einfach an mir vorbei. „Spar dir das, Avery“.
Ich bekomme kaum Luft. Warum nenne ich ihn Rhys und nicht Shawn? Ich habe ihn damit immer aufgezogen, weil er den Namen absolut nicht leiden kann. Hat er mich deswegen vorhin so verwirrt angeschaut? Ist das so ein Ding zwischen uns? Seit wann haben wir „ein Ding“? Diese Visionen lösen nur noch mehr Verwirrung in mir aus. Diese Auseinandersetzung wirkte emotionaler und tiefgründiger, als ich es von uns kenne. Ich greife wieder nach meinem Handy und sehe eine Nachricht auf Telegram. „Ich komme später nochmal, Little A“. Mir fällt es in den ersten Sekunden schwer zu lesen, aber scheinbar erinnert sich mein Kopf schnell wieder daran, wie es funktioniert. Ich habe wirklich keine Ahnung, wer das geschrieben hat. Ich schaue mir den Nutzername an. „Weaverman1.“ Plötzlich macht es Klick, ich weiß wer es ist. Ich tippe schnell eine Antwort zurück. Ich erwische mich beim Lächeln. „Ich freue mich auf jede Art von Gesellschaft, Shawn“. Er schreibt.
„Haben wir nicht vereinbart keine Namen zu nennen?“
Mist, wie rede ich mich da wieder raus?
„Entschuldigung, Idiot“
Wenige Sekunden später kommt ein lachender Emoji. Ich sehe, wie der Status auf offline wechselt. Habe ich ihn jetzt verärgert? Halt, wir können uns doch nicht leiden. Wir ärgern uns jede Sekunde, in der wir die selbe Luft atmen. Ich merke gar nicht, wie schnell die Zeit vergeht.
Ich sehe auf die Uhr. Was, schon 01:40? Schnell werde ich aus den Gedanken gerissen. „Ah Avery, sie sind noch wach. Alles gut bei Ihnen? Ich mache nur einen Kontrollgang. Wenn was sein sollte, melden sie sich einfach, ja? Versuchen sie zu schlafen." Ich nicke freundlich und schalte das Handy wieder aus. Alle hier im Krankenhaus sind lieb. Das macht das ganze um einiges angenehmer. Ich merke immer mehr, wie mir meine Augen langsam zufallen. Die Dunkelheit zieht mich zurück in ihren Bann. Mein Herz fängt wieder an zu rasen.
„Wie konntest du nur??" schreie ich. „Ich habe dir vertraut, die ganze Zeit, und du hast mich nur belogen!" Ich greife meine Tasche und gehe wütend aus einem Haus raus, wo gerade eine Homeparty stattfindet… „Avery, warte"... Ich muss hier raus!
Ich wache schweißgebadet mit starken Herzrasen auf. „Fuck..." flüstere ich. Ich komme mir vor, wie in einem schlechten Horrorfilm und ich spiele die verdammte Hauptrolle. Es wird immer gruseliger. „Du bist wach..." Ich schrecke auf und kann mir gerade so einen Schrei verkneifen. Diese Stimme… Sie löst etwas in mir aus. Ich habe sie immer gehasst, doch was ist das jetzt für ein Gefühl? „Shawn verdammt, was machst du hier? Warum erschreckst du mich so?" Er lächelt sanft. Dieses Lächeln habe ich noch nie bei ihm gesehen. „Ich wollte dich nicht wecken... Eigentlich wollte ich dir nur deinen Laptop vorbeibringen. Hier sind Filme und Musik drauf, damit dir hier nicht langweilig wird und dein E-Reader." Er legt mir alles auf den Tisch. Ich sehe ihn dankend an. „Danke Shawn, wirklich..." Er sieht mich durchdringend an. „Weißt du, wann der Schleimbeutel wieder kommt?" Wen meint er damit? Ich versuche es mir nicht anmerken zu lassen, jedoch das ist einfacher gesagt als getan.
„Meinst du Owen?" Sein einer Mundwinkel wandert nach oben. „Wen denn sonst, Prinzessin? Und seit wann nennst du mich wieder Shawn?“ Er streift meinen Arm. Verdammt! ich bin so schlecht. Es sieht doch jeder Blinder, dass ich keine Ahnung von meinem Leben mehr habe. Wahrscheinlich würden es sogar die Gehörlosen hören. Ich ziehe meinen Arm zurück. „Tut mir leid." Hoffentlich kauft er mir das ab. „Weiß Jayden eigentlich, dass wir miteinander reden?“ Er sieht mir tief in die Augen, unterbricht den Blickkontakt aber wieder abrupt „Avy, du musst schlafen. Die Visite vom Arzt ist immer früh um 8 Uhr." sagt er grinsend. „Ich kann gerne morgen früh nochmal vorbeikommen und bringe dir dann deinem Lieblingskaffee mit". Seit wann trinke ich Kaffee? Oh Gott Avery, was hast du die letzen Jahre gemacht? „Sehr gerne. Ich freue mich über jede Art von Gesellschaft." sage ich schüchtern. „Na dann, du kleine Nervensäge, sehen wir uns." Er zwinkert mir zu. „Auf dem PC sind übrigens auch alle Schulsachen drauf". Er wirkt unentschlossen.
Wie verabschieden wir uns? „So, nun versuche ich unentdeckt aus diesem Krankenhaus zu kommen.“ Sagt er wieder mit diesen Lächeln im Gesicht. Ich weiß, dass er kein Unschuldsengel ist und öfter mal mit der Polizei zu tun hatte, aber was hat er angestellt, dass er unentdeckt hier raus muss? Er zieht die Tür leise hinter sich zu und geht. Ich hoffe, meine Erinnerungen kommen bald zurück. Ich halte das nicht aus!
Ich wache langsam auf. Es ist so hell in diesem Zimmer, dass ich die Augen kaum öffnen kann. Ich schaue auf die große Wanduhr. Es ist kurz vor 8. Ich habe vielleicht 4 Stunden geschlafen, aber ich fühle mich nicht wirklich müde. Ich habe keine neuen Erinnerung bekommen ... Vielleicht ist es Schicksal, mein Neuanfang. Ich werde das Beste daraus machen. Ich meine, wer bekommt schon die Chance neu zu starten? „Avery, sie sind schon wach! Wie geht es Ihnen?" Ich sehe zu Dr. Cruiz „Den Umständen entsprechend wirklich gut! Ich habe ein paar kleine Erinnerungen wieder bekommen." Sie sieht zufrieden aus. „Das ist toll, Avery. Ich habe gehört, sie hatten gestern Abend noch Besuch gehabt." Ich nicke. „Nun gut, ich stelle Ihnen hier ein paar Gehilfen hin. Sie sollten mit Hilfe probieren zu laufen. Und längere Strecken sollten sie erst einmal eher mit dem Rollstuhl zurücklegen. Es ist auf jeden Fall wichtig, dass sie in Bewegung bleiben, damit die ganzen Gelenke und Muskeln wieder arbeiten können.
Wir sehen uns später nochmal Mrs. Carter.“ Mein Blick wandert wieder zu dem schönen Blumenstrauß.“ Dr Cruiz, wer kam mich denn immer besuchen und hat mir Blumen mitgebracht?" Sie lächelt. „Ihr Bruder war so gut wie jeden Tag hier und Ihre Mum natürlich. Aber die Blumen sind immer über Nacht aufgetaucht. Ich habe nie gesehen, wer sie gebracht hat." Dr. Cruiz verabschiedet sich von mir und geht aus dem Zimmer. Ich setze mich auf und schnappe mir die Krücken. „Was für ein Scheiß!" Ich versuche mit ihnen aufzustehen, jedoch ist das nicht so einfach, wie ich gedacht habe. Nach einem kleinen Wutausbruch stehe ich endlich auf meinen wackeligen Füßen. „Na geht doch." sage ich zu mir selbst. Seit wann rede ich so viel mit mir selber? Ich versuche ein Bein nach vorne zu machen, doch ich verliere das Gleichgewicht und falle hin. „Verdammt!!". Ich liege auf dem Boden wie ein Seestern und komme nicht hoch. Ich versuche ohne die Krücken hochzukommen, aber es ist aussichtslos. „Guten Morgen Sonnenschein...Avy??" Oh nein, wie peinlich! Bitte Boden, tu dich auf und lass mich darin versinken. Warum muss er denn ausgerechnet jetzt kommen? „Shawn! Ich meine Rhys… Hey, mir ist etwas runtergefallen und ich suche es grade." Das glaubt er mir niemals. Er stellt etwas auf meinen Tisch. „Kann ich dir beim suchen helfen?" Fragt er lachend und kniet sich zu mir runter. „Ne ne, alles gut. Ich hab's gefunden und geh jetzt wieder ins Bett." Er sieht mich fordernd an. „Soll ich dir hoch helfen?". Ich merke, wie ich erröte. „Es ist nicht so, wie es aussieht. Ich.. Ich kann das selbst..." Ehe ich mich versehe, nimmt er mich an meiner Hüfte und setzt mich aufs Bett.
„Immer noch so sturr wie eh und jeh.“ summt er fröhlich. „Seit wann bist du so gut drauf Weaver?" Frage ich direkt und merke erst jetzt, dass diese Frage dumm war und mich auffliegen lassen kann. Er nippt an seinem Kaffee. „Nun Carter, ich dachte, wir wären über die Nachnamen hinaus." Er reicht mir einen Kaffeebecher. Riechen tut er sehr gut. Ob der schmeckt? Ich nehme einen zögerlichen Schluck. Irgendetwas in mir regt sich. Ich spüre, wie mein Gehirn arbeitet und versucht diesen Geschmack zuzuordnen. Ich bekomme wieder Kopfschmerzen und stelle den Becher schnell ab. "Oh nein...." murmel ich.
„Hey Missy, kannst du mir einen neuen Kaffee machen? Owen hat wieder den Falschen geholt!" Ich verdrehe die Augen und stell ihr den Kaffee wieder auf den Tresen. Zum Glück kennt sie mich. Sie lächelt mich an. „Er wird es nie lernen, oder?" Fragt sie mich mit ihren charmanten Baristalächeln. Ohne erneut zu fragen, wie ich meinen Kaffee mag, fängt sie an alles in einen Becher zu kippen. Nach einigen Minuten stellt sie mir einen neuen Becher hin. „Danke Missy, wir sehen uns morgen!!" Ich will aus dem Coffeeshop rausgehen und rempel ausversehen jemanden an. Ich blicke auf. Nicht der schon wieder. „Kannst du nicht aufpassen, Weaver?!" Ich stelle meinen Kaffee kurz ab, um meinen Tascheninhalt aufzusammeln. „Du bist in mich reingerannt, Little Avy! Also beruhig dich". Ich greife meinen Kaffee und will weitergehen, doch Rhys hält mich am Arm fest. „Gern geschehen.“ Raunt er mir ins Ohr. Ich werfe ihn einen bösen Blick zu und gehe raus. „Alles klar, Baby?" Ich sehe Owen an seinem Auto stehen.
„Ja alles gut, hat etwas länger gedauert." Ich nippe an meinen Kaffee. Mir springt der Name, der darauf steht sofort ins Auge. „Rhys". Ich schaue aus dem Fenster, um ihn nochmal sehen zu können. Woher wusste er das nur?...
„Avy, alles gut?" Ich halte mir die Hand vor den Kopf. Der Kaffee hat mir eine Erinnerung zurückgebracht. Etwas, womit ich etwas anfangen kann. Ich erinnere mich daran, dass ich von dem Tag an immer diesen Kaffee getrunken habe und Missy hatte ab da immer einen Becher für mich vorbereitet. Zufall? „Ich habe mich gerade an etwas erinnert". Er sieht mich verwundert an. „An was hast du dich erinnert?" Er wirkt etwas blass. Ich lächel kurz. „Daran, wie du mir Mal fast deinen heißen Kaffee ins Gesicht geschüttet hast und ich dann deinen Becher statt meinen genommen habe." Er fängt an zu grinsen. Mir fällt erst jetzt auf, dass er kleine Grübchen hat. Wow… Stopp, warum sehe ich ihn so an? „Ja, du trinkst deinen Kaffee genau wie ich meinen. Seit dem Tag habe ich dir deinen Kaffee immer mitbestellt. Sonst hättest du jedes Mal einen Kaffee verschwendet, weil Owen es nicht hinbekommt.“ Ach und seit dem Tag nennst du mich auch Rhys. Der Name ist mir ohnehin lieber.“ Das ist also der Grund. „Okay, ich muss weiter zur Uni, Kleines. Wir sehen uns. Fall nicht wieder aus dem Bett!" Er zwinkert mir zu. Ich bin wie hypnotisiert von seinen Augen. „Du starrst, Avery." Ich zucke zusammen. „Nein, tu ich nicht. Wir sehen uns, Idiot!" Er lächelt, verließ das Zimmer und lässt mich mit meinen neu gewonnenen Erinnerungen zurück.
Ich merke, wie ich grinse. Was macht er mit mir? Ich habe doch einen Freund! Warum hat Owen sowas nicht in mir ausgelöst? Ich sollte bei ihm wie ein Honigkuchenpferd grinsen und nicht bei Rhys, seinem Stiefbruder. Ich schmeiße mich stöhnend in die Kissen. Das sind bestimmt die Medikamente, die meine Gefühle vernebeln.
Die Tage werden immer länger und langweiliger. Ich liege mittlerweile seit fast 2 Wochen hier im Krankenhaus. Rhys hat mir jeden Morgen einen Kaffee vorbei gebracht und Jayden hat mir mit dem Schulzeug geholfen sowie mir den neuesten Klatsch erzählt. Ich wurde gut unterhalten, jedoch würde ich es begrüßen, endlich aus diesem Loch rauszukommen.
Ich werde am Tag 100 mal gefragt, wie es mir geht. Und ich habe jedes Mal gesagt: Mir geht es gut, danke. Das ist in der heutigen Gesellschaft nicht mehr üblich, aber ich glaube, dass ist deren Job. Würden sie mich so auf der Straße treffen, würden sie sich auch nicht um mich kümmern. Ich schaue die ganzen Schulsachen durch, die auf dem Laptop sind. Es ist eine ganze Menge gelaufen in den letzten zwei Monaten. Nur doof, das mir die letzten 2 Jahre fehlen!!! Ich sterbe vor Langeweile. Nicht aufwachen wäre mittlerweile eine Option gewesen. Ich starre an die Decke, schon fast leblos. Es klopft an der Tür. Ich setzte mich auf. „Herein!" Quietsche ich.
Oh Gott, meine Stimme hat Facetten, von denen ich nicht wusste, dass sie existieren. Ich kann nicht beschreiben, wie sehr ich mich freue, wenn es an dieser Tür klopft. „Hallo Schatz, alles gut bei dir?" Es ist meine Mum. Sie kommt zu mir und umarmt mich. Etwas ist merkwürdig, ich rieche Alkohol. Ich lass mir nicht anmerken, dass ich es gerochen habe. Trinkt meine Mutter wieder? Sie war doch trocken, nachdem unser Vater uns verlassen hat. „Alles gut Mum, und bei dir?" Frage ich sie mit einem gequälten Lächeln. Hat sie wegen mir wieder angefangen zu trinken? „Ich habe dir ein paar frische Sachen mitgebracht. War Jayden schon hier?" Ich nicke. „Ja, er war da." Sie lächelt sanft. „Ich bin so froh, dass es dir gut geht. Ich hoffe, dir ist nicht allzu langweilig." Wenn sie nur wüsste, wie langweilig es hier ist. „Ich versuche mich zu beschäftigen, Mum. Das schlimmste habe ich überstanden, glaube ich".
Ich verbringe den ganzen Vormittag mit meiner Mutter. Sie erzählt mir einiges aus den letzten 2 Jahren über die Familie, unseren Vater und was sie sonst noch so alles wusste. „Du hast dich öfter mal aus dem Haus geschlichen. Oh man, haben wir uns viel gestritten deswegen." Sie lacht herzlich. „Es tut mir leid, Mum." Sie schaut verwundert. „Nein Avy, dir muss nichts leidtun. Ich bin froh, dass es dir gut geht und ich mein kleines Mädchen nicht verloren habe!!" Ich versuche mir die Tränen zu verkneifen. „Nein Mum, es ist nicht okay. Es tut mir so leid. Alles, was dir jemals weh getan hat. Bitte, fang nicht wieder an zu trinken..." Ich umarme sie doll. „Ddas mit dem Alkohol war ein Moment der Schwäche. Das kommt nicht wieder vor, versprochen ". Sie streichelt mir über mein Haar. Ich erinnere mich an damals, als mein Vater uns verlassen hat. Mum war so aufgelöst und wusste nichts mehr mit sich anzufangen. Sie hat durchgehend geweint. Ich habe es irgendwie verdrängt.
„Mum, ist alles okay?" frage ich mit unsicherer Stimme. Sie kann kaum geradeaus gucken. „Avy, mein Schatz, komm her und trink ein Schluck mit mir". Ich bin wütend. Wütend auf meine Mum, dass sie ihre Schmerzen im Alkohol ertränkt. Wütend auf meinen Vater, der ein elendiger Ehebrecher ist und uns einfach sitzen lässt. „Mum, hör auf damit! Wir wollen nicht auch noch dich verlieren..." sage ich unter Tränen. Sie braucht Hilfe…
Ich bin in Gedanken versunken. Diese Erinnerung kommt mir so fremd vor… Als hätte ich sie nicht erlebt, aber ich weiß genau, dass es passiert ist. Meine Mum räuspert sich.
"Avy, Jayden hat heute ein Eishockeyspiel. Ich habe die Ärztin gefragt und sie meinte, wir können hingegen. Natürlich mit dem Rollstuhl, aber wir können die Krücken mitnehmen, damit du dich hinstellen kannst, um besser zu sehen!" Sie befreit mich aus meinen Gedanken. Hat sie gerade gesagt, ich darf diesen elendigen, weißen und langweiligen Raum verlassen?? „Ja Mum, danke! Wann können wir los???" Ich versuche ganz übermütig aufzustehen, aber merke, dass meine Beine nachlassen. „Mach doch bitte langsam, Avery. Nicht, dass du dir wehtust!" Meckert meine Mutter mich an.
Sie hat mir geholfen, mich in den Rollstuhl zu setzen. Ich komme mir so hilflos vor. Ich kann nicht beschreiben, wie unangenehm mir das ist. Meine Mum schiebt mich in meinem Rollstuhl zu unserem Auto. Ich habe ein mulmiges Gefühl im Magen, sowas bringt Wohl ein Autounfall mit sich. Ich schnalle mich an und merke, wie mein Kopf dröhnt. Ich habe das Gefühl, mein Kopf will sich an etwas erinnern, doch es klappt einfach nicht. Da ist nur Dunkelheit. Die Erinnerung kommt einfach nicht durch.
„Ich will da nicht mit dem Rollstuhl rein." meine Mutter parkt das Auto und verdreht die Augen.
„Avery, Dr Cruiz hat gesagt, du solltest dich nicht überanstrengen". Jetzt verdrehe ich die Augen. „Mum bitte!" Sie sieht mich streng an, aber ihre Miene wird weicher. „Okay, aber wir laufen ganz langsam, okay?" Sie kommt auf meine Autoseite, öffnet meine Tür und reicht mir die Krücken. Es ist anstrengend auf diesen Dingern zu laufen, aber ich beiße die Zähne zusammen. „Avy, soll ich nicht lieber doch den Rollstuhl holen?" Ich ignoriere ihre Frage und laufe weiter in die Eishalle hinein. Ich bin alt genug, um selbst zu entscheiden, wie ich mich fortbewegen möchte.
Ich höre schon das Gelächter der Jungs und die schrille Pfeife des Trainers. Mir tun die Arme von den Krücken weh, aber ich werde das durchziehen. Ich bleibe kurz stehen. Ich erkenne diesen Ort wieder. Meine Erinnerung war in der Eishalle, mit Rhys. Ich bekomme Kopfschmerzen und taumel leicht.
Heute spielen die Cardinals gegen die Hawks. Es ist Halbzeit und die Jungs sind in ihren Kabinen. Ich stehe vor der Jungskabine und Rhys kommt in voller Montur zu mir rausgestürmt.
„Avery, was soll die Scheiße?! Warum lässt du dich so behandeln?"
Er drückt mich leicht an die Wand, mein Herz rast. Ich sehe ihn tief in die Augen, sage nichts. Er dreht sich von mir weg und atmet schwer ein. „Wenn er dich noch einmal so anfässt, bring ich ihn um!" Wütend geht er weg. Owen kommt auf mich zu. „Was ist ihm denn über die Leber gelaufen?“ knurrt er. „Tu jetzt nicht so unwissend, Owen. Als wäre da gerade nichts passiert“. Er verdreht die Augen. „Übertreibe nicht Avery. Ich habe dich nur am Handgelenk angefasst…“
„Avy!!" Ich werde aus den Gedanken gerissen. Ehe ich mich versehe, packt mich jemand und hebt mich hoch. „Alles klar bei dir, meine Kleine?! Du kannst wieder laufen?? Ein Wunder." Jayden sieht mich mit großen Augen an. „Naja, ich bin immer noch ein Krüppel.“ sage ich lachend. Jay fährt mit mir auf dem Arm aufs das Eis raus. „Jayden, pass bitte auf!!" Schreit meine Mutter über das Eis. Er stellt mich vorsichtig auf dem Eis ab und zieht mich hinter sich her. „Pass auf, dass du nicht hinfällst, Kleines.." höre ich eine tiefe Stimme hinter mir sagen. Ich bekomme Herzrasen. „Halt die Klappe, Weaver!" Ich sehe ein kleines Grinsen in seinem Gesicht. Ich sehe an seinem Hals ein kleinen Teil seines Tattoos und ...was rede ich da? Ich bin mit seinem Stiefbruder zusammen.
Ich bin total in Gedanken und verliere das Gleichgewicht. Jay kann mich nicht mehr richtig halten und somit falle ich nach hinten. Ich merke zwei starke Arme, die mich auffangen. Das Nächste, was ich sehe, sind zwei große, besorgte grün-graue Augen, die in meine starren. „Du bringst dich immerzu in Gefahr, Ave." Haucht er mir ins Ohr. Jayden kommt direkt näher und hilft mir auf. „Alles gut, Avy?" Ich nicke sanft. „Ja, alles gut". Ich umarme ihn. Direkt hinter ihm steht Rhys. Er sieht mich mit einem besorgten Blick an. Es macht mir etwas Angst. Irgendetwas ist in seinem Blick, was ich nicht deuten kann. Ich glaube, unsere gemeinsame Vergangenheit ist interessanter, als anfangs gedacht. „Mum hat nach Alkohol gerochen… Wir müssen besser auf sie aufpassen.“ sage ich ihm leise ins Ohr. Jayden umarmt mich fester. So bahnt sich die nächste Erinnerung an.
„Wartest du auf Owen? Er ist schon los.“ sagt Rhys spöttisch. Ist das sein Ernst? Hat er unsere Verabredung vergessen? Ich verdrehe die Augen. „Hast du noch eine Sekunde? Ich würde noch ein paar Runden fahren." Meint er das wirklich? Ich sehe ihn kritisch an. „Was ist Ciccina? Ich bringe dich schon nicht um“. sagt er genervt. Der nächste Bus kommt erst in einer Stunde. Bevor ich hier rumstehe, kann ich auch mit rein gehen. „Ich bin noch nie Schlittschuh gefahren…“ murmel ich leise. „Bitte was? Dein Bruder spielt doch Eishockey! Ich zeig es dir, komm mit!“ Er nimmt meine Hand und zieht mich hinter sich her.
“Komm Avy, das ist nicht so schwer!" Ich versuche es weiter. „Du fährst auch schon, seitdem du klein bist, Rhys!" Schlittschuhfahren ist nicht so leicht, wie es bei ihm immer aussieht. „Hör auf zu meckern, Avy. Gib dir etwas Mühe!" Ich atme noch einmal tief ein und aus. „Schau mal, Rhys! Ich kann es!" Ich schreie kurz auf vor Freude. Rhys kommt näher zu mir gefahren und nimmt meine Hand. Er zieht mich hinter sich her.
„Das wird doch langsam. Wenn du aufhörst zu