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Das große Schulfest steht vor der Tür. Noch ahnen die Zwillinge nicht, dass mit den Vorbereitungen eine spannende Jagd nach einem geheimnisvollen Dieb und nach Frieden beginnt. Dabei entdecken sie, dass in der Bibel gute Tipps stehen, wie man mit dem Streiten aufhören kann. Eine Geschichte zum Vorlesen und zum Selberlesen.
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Seitenzahl: 212
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Kirsten Brünjes
Lotta und Luis
unddie verschwundene Jacke
Für alle Mamas und Papas, die ihre Kinder ermutigen, Abenteuer zu erleben, und sich dann die Zeit nehmen, ihnen zuzuhören.
Impressum
© 2019 Bibellesebund Verlag, Gummersbach
© 2019 der E-Book-Ausgabe
Bibellesebund Verlag, Marienheide
https://shop.bibellesebund.de/
Autor: Kirsten Brünjes
Coverillustration: Anna Karina Birkenstock, Hennef
Covergestaltung: Luba Siemens
ISBN 978-3-95568-301-6
Hinweise des Verlags
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf - auch teilweise - nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.
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Inhalt
Titel
Impressum
Liebe Leser und Vorleser,
Kapitel 1Prügelei im Klassenraum
Kapitel 2Nachdenklicher Heimweg
Kapitel 3Frieden malen?!
Kapitel 4Keine Jacke!
Kapitel 5Ein Friedenslicht
Kapitel 6Ein böser Verdacht
Kapitel 7Spurensuche
Kapitel 8Noch ’ne Geschichte
Kapitel 9Der Schlüssel
Kapitel 10Spiel gewonnen?
Kapitel 11Vertragen – für immer!?
Kapitel 12Eine unheimliche Entdeckung
Kapitel 13Wer ist das Weichei?
Kapitel 14Welcher Workshop?
Kapitel 15Falsche Unterschrift
Kapitel 16Baumhaus-Pläne
Kapitel 17Hundealarm
Kapitel 18Großer Schreck
Kapitel 19Ein neues Versteck
Kapitel 20Hilfe für Abdul
Kapitel 21Bloß abhauen!
Kapitel 22Rettung und ein Baumhausgespräch
Kapitel 23Plötzlich Frieden?!
Kapitel 24Schreck nach der Schule
Kapitel 25Alle zu Hause?
Kapitel 26Spricht Gott?
Kapitel 27Das Ende der Erpressung?
Kapitel 28Das Schulfest
Die Autorin
Liebe Leser und Vorleser,
nun haltet ihr das erste Lotta und Luis-Buch in den Händen, in dem durchgehend eine Geschichte erzählt wird. Ich wünsche euch richtig viel Spaß und Spannung damit!
An einigen Stellen könnt ihr sogar Lotta und Luis für einen Moment in die Köpfe schauen und ihre Gedanken lesen. Wo das ist, erkennt ihr an den Stellen, an denen die Schrift ein wenig größer und fett gedruckt ist. Damit eignet sich das Buch wunderbar zum gemeinsamen Lesen: Der Vorleser liest die Geschichte und ihr Kinder lest die Gedanken von Lotta und Luis.
Verschwundene Jacken kennt bestimmt jeder! Wir haben als Familie schon an den unterschiedlichsten Orten suchen müssen: in Schulen und Turnhallen, bei Busgesellschaften und Freunden. Doch geklaut wurde uns bisher noch keine …
Wie das wohl bei Lotta und Luis war? Seid gespannt, was euch auf den nächsten Seiten erwartet!
Herzlich
Kirsten Brünjes
Kapitel 1Prügelei im Klassenraum
Die Kinder der Klasse 2b stürmen am Montagmorgen in das Klassenzimmer. Mika und Abdul versuchen, sich beide gleichzeitig durch die Tür zu drängeln. Dabei stößt Mika extra seinen Ellbogen zur Seite und trifft Abdul voll im Bauch. Der stöhnt kurz auf, stellt Mika dann ein Bein und schubst ihn kräftig. Mika fällt der Länge nach hin. Aus seinem offenen Schulranzen rutschen Bücher, die Trinkflasche und allerlei Zettel. Ein paar Kinder sind schon im Klassenraum. Einige lachen.
Abdul beugt sich über Mika und meint drohend: „Leg dich nicht mit mir an, klar!“
Mika springt auf und rempelt Abdul mit voller Wucht von hinten an. „Von dir lass ich mir gar nichts sagen, du Pisser!“
Abdul verliert kurz das Gleichgewicht, dreht sich wütend um und stellt sich Mika entgegen. Kurz darauf liegen die Jungen auf dem Boden und prügeln sich. Lotta hat schon vom Gang aus den Streit beobachtet und bleibt erschrocken stehen. Dann geht sie zögernd an den beiden vorbei zu ihrem Platz.
Warum müssen die beiden immer streiten, wer als Erster durch die Tür geht? Das ist doch total egal!
Einige Kinder haben sich um die Kämpfer gestellt und feuern sie an. „Abdul, Abdul, du schaffst das. Abdul, Abdul!“
Für Mika kommen nur wenige Rufe. „Los, Mika, lass dir das nicht gefallen.“
Luis und Joschua hören schon auf dem Flur das Geschrei. „Schnell, Luis, da passiert was!“
Joschua zieht Luis am Ärmel und rennt neugierig los. Als die Freunde in den Klassenraum kommen, sitzt Abdul auf Mikas Brust und drückt ihm die Arme auf den Boden.
„Gibst du auf, Alter? Oder brauchst du noch mehr Dresche?“
Mika versucht, sich zu befreien, und wirft dabei seinen Kopf wild hin und her. Er brüllt laut vor Wut.
Luis überlegt, ob er sich einmischen soll, um den Streit zu beenden.
Wo bleibt denn Frau Meyer-Schön? Die kann besser helfen. Auf mich hören die sowieso nicht.
Plötzlich holt Mika tief Luft und spuckt Abdul mitten ins Gesicht.
„Das ist ja eklig“, flüstert Lotta. Entsetzt beobachtet sie, wie Abdul seine Faust hebt und Mika mitten ins Gesicht schlägt.
Sofort ist es still in der Klasse. Mika blutet aus der Nase. Endlich erscheint Frau Meyer-Schön. Sie sieht gleich, was los ist, und packt Abdul am Arm. Mit viel Kraft gelingt es ihr, die Jungen zu trennen. „Aufhören! Alle beide! Schluss jetzt!“ So streng hat Lotta ihre Lehrerin selten erlebt.
Abdul wischt sich mit dem Pulloverärmel die Spucke aus dem Gesicht. Mika fasst an seine blutende Nase. Die Jungen stehen immer noch wütend voreinander. Frau Meyer-Schön hat Mühe, sie auseinanderzuhalten.
Die anderen Kinder setzen sich leise auf ihre Plätze und tuscheln miteinander. Alle schauen gespannt zu den beiden Jungen und der Lehrerin. Was wird jetzt passieren?
Frau Meyer-Schön reicht Mika ein Taschentuch. „Alles okay, Mika, brauchst du ein Kühlpäckchen?“ Mika schüttelt den Kopf und drückt sich das Taschentuch auf die Nase. „Jetzt setzt euch erst mal auf euren Platz“, sagt Frau Meyer-Schön streng. „Wir klären die Situation nach der Stunde miteinander. Bis dahin habt ihr euch hoffentlich wieder beruhigt. Und in der Pause bleibt ihr hier im Klassenraum!“ Frau Meyer-Schön behält die Jungen im Blick, als die zu ihren Plätzen gehen. „Das war eindeutig zu viel. So etwas möchte ich nicht noch einmal erleben!“
Sophie meldet sich. Die Lehrerin schaut sie an. „Was gibt es, Sophie?“
„Also, ich kann dir erzählen, was passiert ist. Ich hab alles ganz genau gesehn!“
Andere Kinder rufen in die Klasse. „Ich auch!“ – „Ich hab’s auch gesehn!“
Frau Meyer-Schön hebt die Hand. „Ruhe jetzt. Ich werde den Vorfall nach der Stunde mit Abdul und Mika klären, und wenn ich dann noch Fragen habe, wende ich mich an euch. Schade, das war jetzt wirklich ein unerfreulicher Start in diesen Schultag und es ist genau das Gegenteil von dem, was ich mit euch heute besprechen will!“
Langsam kommt die Klasse wieder zur Ruhe und schaut Frau Meyer-Schön gespannt an.
„Wie ihr bestimmt schon mitbekommen habt, wird unsere Schule dieses Jahr 100 Jahre alt. Diesen Geburtstag wollen wir natürlich feiern. Am 15. Juni soll es dazu nachmittags ein großes Schulfest geben. Und auch unsere Klasse soll etwas dafür vorbereiten. Da unsere Schule, wie ihr ja wisst, Friedens-Schule heißt, soll es bei diesem Fest um das Thema Frieden gehen. In dieser Woche werden wir darüber im Unterricht sprechen, dazu auch Texte lesen, Lieder singen und Bilder malen. In der nächsten Woche findet dann für alle Klassen die Projektwoche statt. Da habt ihr jeden Tag nur vier Stunden Unterricht. In dieser Zeit bereiten wir unseren Beitrag für das Fest vor. Dazu teilen wir unsere Klasse in kleine Gruppen ein, in denen etwas eingeübt oder vorbereitet wird. Diese Gruppen nennen wir Workshops.“
Aylin freut sich. „Hurra. Gibt es da auch einen Tanz-Workshop?“
„Kann man auch etwas bauen?“, will Luis wissen.
Mika verschränkt die Arme. Seine Nase blutet nicht mehr. „Muss man da mitmachen?“
Frau Meyer-Schön wartet einen Augenblick, bis sich die Unruhe gelegt hat.
Lotta möchte auf keinen Fall tanzen.
Vielleicht kann man ja auch etwas mit Geschichten machen. Geschichten höre ich gern und ich denk mir gern welche aus.
Die Lehrerin erklärt: „Ja, jeder macht mit. Es gibt verschiedene Workshops und es ist bestimmt für jeden etwas dabei. Ich verteile am Ende der Stunde einen Zettel für die Projektwoche. Den füllt ihr bitte gemeinsam mit euren Eltern aus und gebt ihn mir bis übermorgen zurück. Alles Wichtige finden eure Eltern noch mal darauf.“
Mika ruft in die Klasse: „Ich kann das nicht mit meinem Vater ausfüllen, den seh ich nicht!“
Die Lehrerin schaut Mika an. „Aber deine Mutter siehst du, oder?“
Mika nickt.
„Dann fülle ihn mit ihr aus!“, meint die Lehrerin und schaut in die Klasse. „Jetzt möchte ich mit euch über Frieden sprechen. Was fällt euch bei dem Wort Frieden ein? Ich sammle eure Ideen hier an der Tafel.“
Abdul meldet sich: „Pah, Frieden. Wir sind Kurden. Meine Eltern kommen aus der Türkei, aber mein Onkel lebt in Syrien. Da ist Krieg!“
„Vertragen gehört zum Frieden. Nach einem Streit muss man sich erst mal vertragen, damit dann Platz für Frieden ist“, sagt Lotta.
„Sehr richtig, Lotta“, bestätigt Frau Meyer-Schön. „Deswegen ist es auch so wichtig, über den Streit von Mika und Abdul nachher in Ruhe zu reden, damit die beiden sich wieder vertragen können.“
„Freunde gehören zu Frieden und Familie auch, finde ich“, ergänzt Luis. „Da streitet man schon mal, aber nicht so oft!“
„Eine Taube. Meine Mama hat mir mal erzählt, dass eine Taube ein Zeichen für Frieden ist“, fällt Sophie ein.
„Wieso denn eine Taube? Die kann doch nichts, außer auf den Stadtplatz kacken!“, ruft Mika schon wieder in die Klasse hinein.
Viele Kinder lachen. Luis ist genervt.
Gleich ist Frau Meyer-Schön richtig sauer, wenn Mika nicht bald mit dem Ärger aufhört. Nachher kriegen wir wegen ihm noch alle ganz viele Hausaufgaben auf.
Frau Meyer-Schön schaut Mika an. „Mika, ich möchte nicht, dass du, ohne dich zu melden, in die Klasse hineinrufst.“
Dann wendet sie sich an Sophie. „Deine Mutter hat recht. Die Taube ist ein Zeichen für den Frieden geworden. Dieses Zeichen haben Menschen aus der Bibel übernommen. Ich erzähle euch die Geschichte dazu:
Es gab eine Zeit, in der alle Menschen sehr böse waren. Sie taten schlimme Dinge. Deshalb hatten sie keinen Frieden und stritten sich oft. Auf Gott hörten sie auch nicht. Darum beschloss Gott, die ganze Erde mit Wasser zu überschwemmen. Alles Leben sollte verschwinden. Nur Noah sollte gerettet werden, weil er so lebte, wie es Gott gefiel. Er lebte in Frieden mit allen Menschen und mit Gott. Auch seine Frau, seine drei Söhne und deren Frauen wollte Gott retten. Eines Tages sagte er zu Noah: Baue ein Schiff für deine Familie und für ein Paar von jedem Tier. Nur ihr sollt überleben.‘
Als das Schiff fertig war, kam eine große Flut, die die ganze Welt überschwemmte. Noah, seine Familie und die Tiere aber waren in dem Schiff sicher. Nach vielen Monaten nahm das Wasser endlich ab. Später schickte Noah eine Taube aus einem kleinen Fenster des Schiffs. Als die mit einem frischen Blatt von einem Olivenbaum im Schnabel zum Schiff zurückkehrte, wusste Noah, dass die Erde wieder trocken war.
Seitdem sehen viele Menschen in der Taube mit dem Olivenblatt ein Zeichen für den Frieden.“
In der Pause spielen Lotta und ihre Freundinnen fangen. Luis und Joschua warten gespannt auf Abdul. Er ist ihr Freund und sie wollen wissen, ob Frau Meyer-Schön ihn bestraft hat. „Ich versteh nicht, warum die sich wegen jeder Kleinigkeit direkt prügeln müssen. Und dann auch noch so, dass einer richtig verletzt wird.“
Joschua schaut Luis an. „Na ja, wenn mich einer anrempelt und richtig provoziert, steigt bei mir auch die Wut hoch. Neulich war mein Cousin bei mir zu Besuch, der hat mich echt so wütend gemacht durch sein Gelaber. Statt ihm eine reinzuhaun, hab ich dann voll auf den Ball eingetreten, bis er kaputt war. Jetzt sag nicht, du wärst noch nie wütend geworden.“
Luis guckt nachdenklich. „Doch, klar. Aber wenn ich merke, dass ich gleich ausraste, geh ich lieber weg, auf’s Klo oder so. Man soll andere doch nicht hauen.“
Endlich kommt Abdul aus dem Schulgebäude und läuft sofort auf seine Freunde zu. „Alles halb so wild! Wir kriegen zwar einen Brief nach Hause, aber das wird schon nicht so schlimm!“
Luis schüttelt ungläubig den Kopf: „Meinst du, deine Eltern schimpfen nicht?“
Abdul winkt ab. „Ach, die haben grade genug mit meinem Bruder zu tun. Da haben die keine Zeit für so was. Blöd ist nur, dass ich am Freitag mit Mika Hofdienst machen soll. Die Meyer-Schön meint, wir können dem Hausmeister helfen, die Beete zu machen. Das soll sozial sein, weil prügeln nicht sozial ist oder so ähnlich.“
Luis schaut Abdul nachdenklich an.
Abdul scheint ganz fröhlich zu sein. Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich mich nicht richtig nach Hause getraut hab, als ich das Fenster im Schuppen kaputt geschossen hab. Obwohl, eigentlich waren Mama und Papa gar nicht böse auf mich.
In der nächsten Stunde ist es ruhig in der Klasse. Frau Meyer-Schön stellt die verschiedenen Projekte für die kommende Woche vor. Dann lesen die Kinder noch eine Geschichte zum Thema Frieden. In der letzten Stunde haben sie Sport und spielen Brennball.
Kapitel 2Nachdenklicher Heimweg
Auf dem Weg nach Hause unterhält sich Lotta mit ihren Freundinnen über die Projektwoche.
„Also, ich geh auf jeden Fall zum Tanzen!“, schwärmt Aylin. „Ich bin toll im Tanzen. Meine Oma sagt, ich werde bestimmt mal berühmt. Ich geh ja zum Ballett und soll ihr oft was vortanzen. Sie ist jedes Mal ganz begeistert!“
Lotta verzieht das Gesicht. „Nee, tanzen will ich nicht. Das ist mir zu langweilig. Da muss man immer das Gleiche machen und sich so komisch verbiegen.“
Aylin ist beleidigt. „Das sagst du nur, weil du das nicht kannst!“
Sophie nervt das Gezicke. „Könnt ihr nicht mal aufhören zu streiten, den ganzen Tag nur Streit. Erst kloppen sich Abdul und Mika. Habt ihr das gesehen? Dann spuckt Mika Abdul voll ins Gesicht!“
Aylin ekelt sich. „Ihhh, stellt euch das mal vor. So stinkige Spucke im Gesicht. Vielleicht hat der sich gar nicht die Zähne geputzt!“
Lotta verdreht die Augen. „Woran du immer denkst. Zähne putzen. Außerdem weißt du das gar nicht. Ich finde es viel schlimmer, dass Abdul so sauer war, dass er Mika ins Gesicht geschlagen hat.“
„Igitt, genau, da hat richtig das Blut gespritzt. Und alles auf den Fußboden.“ Aylin schüttelt sich.
Sophie möchte nicht mehr darüber reden. „So, das reicht jetzt. Was für einen Workshop willst du denn machen, Lotta?“
Eigentlich bin ich noch gar nicht fertig mit dem Streit von Abdul und Mika. Ich finde, Frau Meyer-Schön hätte auch mit uns darüber reden müssen – nicht nur mit den beiden Jungs. Mir macht das Angst, wenn zwei sich so doll prügeln.
„Lotta? Lotta, hörst du überhaupt zu? In welchen Workshop willst du?“ Sophie zupft Lotta an der Jacke.
„Weiß nicht. Wo gehst du denn hin?“
Sophie schwärmt. „Auf jeden Fall zum Theater. Ich möchte nämlich mal Schauspielerin werden. Ich hoffe nur, das wird nicht so ein langweiliges Stück!“
Lotta seufzt.
Haben die es gut. Die wissen wenigstens, was sie werden wollen, die eine Tänzerin und die andere Schauspielerin. Und ich? Ich hab keine Ahnung, was ich mal machen möchte.
Auch Luis und Joschua unterhalten sich auf dem Heimweg über den aufregenden Schultag. Sie gehen ein Stück hinter den Mädchen her. Luis hat immer noch das Bild der kämpfenden Jungs und der blutverschmierten Nase vor Augen.
„Ich kann einfach nicht verstehen, wie man sich so sehr prügeln kann, nur weil man als Erster durch die Tür möchte.“
Joschua klopft ihm auf die Schulter. „So was würde uns nicht passieren, oder?“
Luis schüttelt den Kopf. „Nee, bestimmt nicht. Aber Abdul ist doch auch unser Freund. Mit uns hat der sich noch nie gekloppt. Klar hat er manchmal ’nen frechen Spruch drauf. Aber kloppen?“
Ich kenne Abdul doch. So ist mein Freund nicht. Hat Mika vielleicht was gesagt, dass Abdul so sauer ist? Hat Abdul was gemacht, dass Mika so wütend auf ihn ist?
Luis nimmt sich vor, mit Mama darüber zu reden. Vielleicht kann die das erklären. Mamas können so was!
„Hey, Luis, Josch, wartet mal!“ Abdul ruft hinter ihnen her. Die Freunde bleiben stehen. „Mann ey, was ein kack Tach heute. Jetzt ist auch noch meine Jacke weg. Hab überall gesucht.“
„Wir hatten doch gerade Sport. Vielleicht hast du sie in der Turnhalle vergessen. Das ist mir auch schon mal passiert“, beruhigt Joschua ihn.
Abdul zieht die Augenbrauen hoch. „Jo, das kann sein. Ist nur neu, das Ding. Das gibt Ärger, wenn die weg is. Und dann noch der Brief wegen der Klopperei. Alter, was’n Mist.“
Luis schaut Abdul in die dunklen Augen. „Was war denn los? Wieso warst du so sauer auf Mika?“
„Im Ernst jetzt? Du hast keine Ahnung, wie man auf den Penner sauer sein kann? Der nervt nur rum in der Klasse. Der stänkert auf’m Schulhof, klaut Bälle und so’n Blödsinn. Ständig hampelt der auf seinem Stuhl rum. Kippt jeden Tag mindestens einmal damit um. Brüllt immer in die Klasse rein. Der hat null Respekt!“ Abdul regt sich auf.
„Und dann haust du ihm mal eine rein, damit das besser wird?“, will Joschua wissen.
„Genau. Irgendwer muss das ja machen!“ Abdul ist mit sich zufrieden.
Luis kann das nicht glauben. „Aber du kannst dich doch nicht mit Mika kloppen, weil der sich nicht benehmen kann?“
„Haste doch gesehn, dass ich das kann!“ Abdul versteht Luis nicht.
„Jungs, Streit gab’s schon genug heute. Es reicht!“ Joschua will das Thema wechseln. „Was machen wir denn nächste Woche für ein Projekt?“
Abdul weiß sofort, was er möchte. „Die Zeitmaschine ist cool! Das mach’n wir!“
Joschua grinst. „Hast du schon für uns entschieden?“
„Klaro!“ Abdul hebt den Daumen.
Joschua wendet sich an Luis: „Hast du auch Lust dazu?“
Luis überlegt.
Es gibt auch noch einen Technik-Workshop, mit Licht und Antrieb für die Zeitmaschine. So Sachen mit Technik mach ich auch gern, aber Joschua bestimmt nicht. Abdul vielleicht? Also, wenn Joschua auch zur Zeitmaschine möchte, geh ich da auch hin. Lieber mach ich was mit meinen Freunden zusammen.
„Sag du zuerst, Joschua. Wo willst du hin?“, gibt Luis die Frage zurück.
„Die Zeitmaschine ist cool. Aber wenn du lieber woanders hinwillst, können wir das auch machen. Ich möchte was mit dir machen!“, meint Joschua.
„Ey, ich hab doch gesagt: Zeitmaschine is cool. Zwei zu eins – bist sowieso überstimmt, Luis!
Abdul hat für alle drei Jungs entschieden. Luis ist einverstanden. „Also Zeitmaschine!“
Joschua muss als Erster einen anderen Weg nehmen. „Tschüss, bis morgen.“
Abdul und Luis gehen ein paar Schritte schweigend nebeneinander. Luis’ Gedanken kehren wieder zurück zu der Prügelei in der Schule am Morgen. „Und du bist sicher, dass du keinen Ärger kriegst zu Hause? Schließlich mussten wir gerade erst dem Hausmeister helfen, als ich das Fenster zerschossen hab.“
„Genau. Du hast das Fenster zerschossen – nicht ich. Das hab ich meinem Alten klar gesagt. Ich hab dir nur als dein Freund geholfen, dass die Sache in Ordnung kommt. Fand mein Vater korrekt von mir!“
Luis staunt. „Du hast deinem Vater nicht erzählt, dass du bei der Aktion auch bestraft worden bist, weil du mit auf dem vorderen Schulhof warst? Weil es überhaupt deine Idee war, dort Fußball zu spielen? Weil du auch geschossen, nur nicht das Fenster getroffen hast – wie ich? Du hast deinem Vater nur gesagt, dass du mir geholfen hast?“
Abdul grinst breit. „Genau! Ist noch nich mal gelogen!“
Luis ist sprachlos.
Das könnte ich nicht – das will ich auch gar nicht. Mama oder Papa nur die Hälfte erzählen oder anlügen oder irgendwie schönreden. Ich hatte ein voll schlechtes Gewissen, dachte, dass meine Eltern schimpfen, weil ich ein Fenster kaputt geschossen hab. Aber sagen will ich trotzdem alles zu Hause.
Abdul klopft Luis auf die Schulter. „Ey, is wirklich besser, wenn meine Alten nicht alles wissen. Ich hab dir doch von meinem Bruder erzählt, dem Mehmet. Der baut echt Mist. Und das is genug Ärger für uns alle. Blöd nur, dass die Meyer-Schön einen Brief nach Hause schickt, weil wir uns so geprügelt haben. Bla, bla, bla. Ich muss einfach vor meiner Mutter in den Briefkasten gucken, dann find ich schon ’ne Lösung.“
Luis ist sich nicht sicher, ob er Abdul richtig verstanden hat. „Du willst den Brief klauen?“
Abdul winkt ab. „Klauen is das nich. Es geht ja um mich. Ich würd das ,kümmern‘ nennen. Ich kümmer mich um den Brief. Das wird schon!“
Luis klappt der Mund auf. „Abdul, das geht nicht. Hast du denn gar kein schlechtes Gewissen?“
„Mensch, Luis. Nun sieh das doch alles nich so eng. Du musst immer die Wahrheit sagen, immer brav sein, immer gleich zu Mama und Papa rennen. Wir sind doch nich mehr im Kindergarten.“ Abdul boxt Luis leicht in die Seite. „Du bist doch kein Baby mehr!“
Luis bleibt stehen. „Das hat doch damit nichts zu tun. Ich geh gern zu Mama und Papa. Und ich weiß, dass die mir immer helfen. Egal, was passiert. Das haben sie auch gemacht, als die Scheibe kaputt war. Ich will das gar nicht anders.“
Abdul zuckt mit den Schultern. „Dann lass es halt. Aber ich mach das, wie ich es will, und du hältst dich da raus – und deine Alten auch. Klaro? Du kannst deine Sachen ja petzen. Aber meine nicht. Kapiert? So, ich hau jetzt ab. Bis morgen.“
Abdul biegt in die nächste Straße ein, obwohl es dort für ihn gar nicht nach Hause geht. Er möchte sich anscheinend nicht weiter mit Luis über seinen Plan unterhalten, den Brief der Schule zu verstecken. Luis ist sehr nachdenklich.
Irgendwie möchte ich Abdul helfen. Aber ich muss ihm doch sagen dürfen, dass es falsch ist, einen Brief von der Schule zu verstecken. Jetzt kann ich da noch nicht mal mit Mama und Papa drüber reden, weil Abdul dann sauer ist. Was für ein blöder Tag ist heute eigentlich?
Kapitel 3Frieden malen?!
Lotta läutet ‚an der Haustür. Mama öffnet. Sofort platzt Lotta mit dem heraus, was in der Schule passiert ist: „Ich muss dir unbedingt was erzählen, Mama. Abdul und Mika haben sich heute so doll gekloppt wie noch nie, mit Spucken und Bluten und so. Frau Meyer-Schön ist richtig sauer geworden. Und das hat gar nicht gepasst, weil wir für das große Fest doch eine Friedenswoche haben. Da können wir tanzen und Theater spielen und ganz viel anderes. Aber ich weiß noch gar nicht, was ich machen will. Und dann haben wir auch noch Malen als Hausaufgabe auf – wir sind doch keine Erstklässler mehr!“
Mama schaut Lotta ein wenig verwirrt an. „Das habe ich nicht so ganz verstanden. Vielleicht kommst du erst mal rein, ziehst die Schuhe aus und wäschst deine Hände. Dann erklärst du mir in Ruhe, was heute alles passiert ist.“
Lotta geht ins Haus, räumt ihre Sachen weg und holt den Zettel für die Projektwoche aus dem Ranzen. „Hier hat Frau Meyer-Schön alles aufgeschrieben. Nächste Woche ist Projektwoche, da bereiten wir alle etwas für das große Schulfest vor.
Mama schaut sich den Zettel genau an. Es läutet wieder an der Tür.
„Das ist Luis!“, ruft Lotta. „Ich mach auf.“ Kurz darauf stürmt Lotta wieder in die Küche.
Mama schlägt vor: „Lass uns jetzt erst zusammen essen. Dabei können wir über eure Erlebnisse reden und dann gemeinsam den Zettel für die Projektwoche ausfüllen.“
Auch Luis kommt in die Küche. Bedrückt setzt er sich auf die Bank.
Mama betet: „Lieber Vater im Himmel, ich danke dir für unser Essen und bitte dich für ein gutes Gespräch. Es scheint heute viel in der Schule passiert zu sein. Amen.“
Lotta nimmt sich Nudeln aus dem Topf. „Also, ich erzähl noch mal: Mika und Abdul wollten beide als Erster in der Klasse sein. Da haben die sich in der Tür angerempelt und dann richtig doll geprügelt. Mika hat Abdul sogar angespuckt und Abdul hat dem dann ins Gesicht geboxt. Da ist zum Glück Frau Meyer-Schön gekommen und hat Abdul und Mika festgehalten. Die war richtig sauer.“
Mama schaut Luis an. „Hast du das auch mitbekommen?“
Luis nickt.
„Und was bedrückt dich so?“, fragt sie weiter.
Luis schaut auf seinen Teller. „Kann ich nicht sagen.“
Das versteht Lotta nicht. „Wieso, das haben doch alle gesehen. Da gibt es nichts Geheimes!“
Luis stochert in seinem Essen herum. „Kann ich trotzdem nicht sagen.“
Mama verteilt Salat. „Das ist schon okay, Luis. Wenn du später darüber reden möchtest, kannst du das gerne machen – mit Papa oder mit mir. Der Streit zwischen Abdul und Mika scheint euch ja sehr mitgenommen zu haben. Möchtet ihr noch mehr davon erzählen?“
„Nee, lieber über die Projektwoche“, sagt Luis.
Jetzt erscheint es Luis plötzlich schwierig, mit Mama zu sprechen, obwohl er in der Schule noch sicher war, dass sie helfen kann. Aber da war ja noch nicht das Gespräch mit Abdul auf dem Heimweg.
„Also gut: Projektwoche“, lenkt Mama ein. „Mir gefällt die Idee, dass ihr euer 100-Jahre-Friedens-Schule-Fest groß feiern wollt und dazu etwas vorbereitet. In welchen Workshop möchtet ihr denn?“
„Ich geh mit Joschua und Abdul zu der Zeitmaschine“, antwortet Luis. „Wir wollen was zusammen machen. Das mit der Technik find ich auch cool. Aber mit meinen Freunden zusammen, das ist besser.“
„Das kann ich verstehen. Und du, Lotta?“, will Mama wissen.
Lotta kaut erst einmal zu Ende. „Weiß nicht. Aylin will unbedingt tanzen. Das will ich auf keinen Fall! Sophie will zum Theater. Aber ich weiß gar nicht, ob ich Theater spielen kann. Aber das will ich lieber als tanzen.“
Mama fragt: „Was würdest du denn gern machen?“
„Geschichten hören oder verkleiden. Das finde ich super!“, fällt Lotta ein.
Mama liest noch einmal den Zettel. „Vielleicht ist Theater dann doch etwas für dich. Hier steht, dass das Theaterstück zur Zeitmaschine gehört. Ein paar Kinder reisen mit der Zeitmaschine in die Vergangenheit. Sie steigen zu unterschiedlichen Zeiten aus und erleben, was in dieser Zeit passiert ist. Sie hören dazu erst einmal eine Geschichte und müssen sich auch passend verkleiden. Das klingt doch so ähnlich, wie du es beschrieben hast. Und Kostüme werden auch noch genäht. Da hat eure Lehrerin sich ja richtig etwas einfallen lassen! Wisst ihr denn, was die anderen Klassen so geplant haben?“