Loving Dr. Hopeless - Cassia Bieber - E-Book

Loving Dr. Hopeless E-Book

Cassia Bieber

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Beschreibung

Er kennt meine dunkle Seite und er fürchtet sich nicht davor.

Nichts wünscht sich Persephone mehr als ein Zuhause. Wirklich geborgen fühlt sie sich aber nur bei ihrem Nachbarn Link. Hier hat sie das Gefühl, geliebt zu werden. Doch dann trennen sich ihre Wege ...

Elf Jahre später arbeitet Persephone im renommierten Angelis Memorial Hospital in New York. Sie glaubt alles zu besitzen, wovon sie immer geträumt hat. Bis sie eines Tages vollkommen unerwartet Link über den Weg läuft. Er ist der neue CEO des Memorial Hospital. Als Persephone ihn sieht, wird sie augenblicklich von tiefer Sehnsucht und brennender Leidenschaft überwältigt. Doch sie kann ihr Herz nicht öffnen. Denn gerade als sie Link mehr als jeden anderen Menschen auf der Welt gebraucht hätte, hat er sie damals im Stich gelassen. Während Persephone eine Achterbahnfahrt der Gefühle erlebt, tauchen weitere dunkle Schatten auf - und sie muss sich endlich ihrer Vergangenheit mit Link stellen ...

Ein spannender und verführerischer Second-Chance-Liebesroman: Der dritte und abschließende Band der Romance-Reihe rund um die heißen Ärzte und Inhaber des New Yorker Angelis Memorial Hospitals.

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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über dieses Buch

Titel

Kapitel 1 – Persephone

Kapitel 2 – Persephone

Kapitel 3 – Link

Kapitel 4 – Link

Kapitel 5 – Persephone

Kapitel 6 – Persephone

Kapitel 7 – Link

Kapitel 8 – Persephone

Kapitel 9 – Link

Kapitel 10 – Persephone

Kapitel 11 – Persephone

Kapitel 12 – Link

Kapitel 13 – Persephone

Kapitel 14 – Persephone

Kapitel 15 – Persephone

Kapitel 16 – Link

Kapitel 17 – Persephone

Kapitel 18 – Persephone

Kapitel 19 – Link

Kapitel 20 – Persephone

Kapitel 21 – Persephone

Kapitel 22 – Link

Kapitel 23 – Persephone

Kapitel 24 – Persephone

Kapitel 25 – Persephone

Kapitel 26 – Link

Kapitel 27 – Persephone

Kapitel 28 – Persephone

Kapitel 29 – Persephone

Kapitel 30 – Persephone

Kapitel 31 – Link

Kapitel 32 – Persephone

Kapitel 33 – Link

Kapitel 34 – Persephone

Kapitel 35 – Persephone

Kapitel 36 – Persephone

Kapitel 37 – Link

Kapitel 38 – Persephone

Epilog – Persephone

Über die Autorin

Weitere Titel der Autorin

Impressum

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Über dieses Buch

Nichts wünscht sich Persephone mehr als ein Zuhause. Wirklich geborgen fühlt sie sich aber nur bei ihrem Nachbarn Link. Hier hat sie das Gefühl, geliebt zu werden. Doch dann trennen sich ihre Wege ...

Elf Jahre später arbeitet Persephone im renommierten Angelis Memorial Hospital in New York. Sie glaubt alles zu besitzen, wovon sie immer geträumt hat. Bis sie eines Tages vollkommen unerwartet Link über den Weg läuft. Er ist der neue CEO des Memorial Hospital. Als Persephone ihn sieht, wird sie augenblicklich von tiefer Sehnsucht und brennender Leidenschaft überwältigt. Doch sie kann ihr Herz nicht öffnen. Denn gerade als sie Link mehr als jeden anderen Menschen auf der Welt gebraucht hätte, hat er sie damals im Stich gelassen. Während Persephone eine Achterbahnfahrt der Gefühle erlebt, tauchen weitere dunkle Schatten auf – und sie muss sich endlich ihrer Vergangenheit mit Link stellen ...

Cassia Bieber

Loving Dr. Hopeless

Kapitel 1 – Persephone

17 Jahre zuvor

»Wer hat die Bestie eingeladen?« Ein sexy Engel warf die platinblonden Haare über die Schultern.

Ich senkte den Blick auf meinen Zeichenblock. »Lass mich in Ruhe, Kate.«

Kate Nashwood war in Wirklichkeit alles andere als ein Engel. Aber sie trug einen weißen Badeanzug, einen Tüllrock, der ihr bis knapp über den Po reichte, Netzstrümpfe und einen Haarreif mit einem goldenen Heiligenschein darüber. Dazu hatte sie goldenes Make-up aufgetragen und ihre Füße steckten in kniehohen Stiefeln.

»Denkst du etwa, dass es mir Spaß macht, mich mit Abschaum wie dir zu beschäftigen?«

Die Musik, die sich aus dem Haus löste, pulsierte um uns herum, und an uns liefen schreiende Kinder in Halloweenkostümen vorbei. Es wäre klüger gewesen, erst nach dem Partybeginn vor Kates Haus aufzutauchen. Sie hätte mich dann nicht zwischen ihren betrunkenen Freunden in ihrem Vorgarten bemerkt. Aber ich hatte noch immer Hausarrest und Baron würde in einer Stunde zu Hause sein. Es war mir also lieber, mich mit Kate anzulegen, als mit meinem Pflegevater.

»Leider sitzt du da, wie ein Gargoyle auf der Mauer meines Gartens«, fuhr sie fort.

Mein Mundwinkel zuckte nach oben. Würde mir nicht übel werden, wenn ich ihr perfektes Gesicht sah, hätte ich mich für das Kompliment bedankt. Perlen vor die Säue. Kate würde die Schönheit eines Gargoyles nie kapieren. Nicht einmal, wenn einer auf ihren Kopf fiel.

»Ich warte nur auf ...« Ich zückte mein Handy und schaute auf die Nachricht, die ich über meinen Facebook-Account erhalten hatte. »Lincoln Loner. Dann bin ich weg.«

»Du wartest auf Link?«

Jap. Ich verstand ihn auch nicht. Der Kerl ging auf dieselbe Schule wie ich, trotzdem hatte er seinen Auftrag nicht persönlich erteilt. »So sieht es aus.«

»Was würde er von jemandem wie dir wollen?« Kate kreuzte die Arme vor der Brust und ihre Unterlippe zitterte so, als wüsste sie nicht, ob sie schnauben oder lachen wollte.

Mir war beides recht. Ich war nur hier, weil ich das verdammte Geld brauchte, und ihr Spott war leicht zu ertragen, wenn ich mir in Erinnerung rief, dass meine Tage in dieser verfluchten Schule gezählt waren. »Das geht dich nichts an.«

Sie warf einen Blick über ihre Schulter und zwei weitere modelmäßige junge Frauen kamen auf uns zu. Ich hatte sie an Kates Seite in der Schule gesehen. Ein wölfisches Grinsen zierte Kates Gesicht. »Muss ich dich daran erinnern, dass du vor meinem Haus sitzt?«

»Er wollte mich hier treffen.« Ich seufzte. »Bin gleich weg, okay?«

»Nicht okay.« Sie trat näher, und ihre Freundinnen stellten sich synchron dazu. »Entweder gehst du jetzt oder ...«

»Oder was?«

Kate hob die Augenbrauen, schaute zu der Brünetten an ihrer Seite und nahm den roten Becher aus ihrer Hand. Bevor ich aufstehen konnte, goss sie ein gelbes Getränk über meine Zeichnung.

»Was zum Teufel ...« Ich sprang auf. Der Geruch von Bier stieg mir in die Nase, und das Papier saugte die Flüssigkeit auf. Mein Puls schnellte in die Höhe, während ich meine zerstörte Arbeit ansah. »Verzieh dich. Ich will keinen Pflegefall in der Nähe meines Hauses haben.«

Pflegefall. Wut pulsierte durch meine Venen. Nicht, weil sie mich beleidigte. Wie sollte jemand sonst bezeichnet werden, der schon aus zehn Pflegefamilien rausgeflogen war? Persephone Demetriou war ungewollt, unbeliebt und das pure Böse. Nichts Neues. Aber ich war es leid, dass mir diese Tatsache ständig in Erinnerung gerufen wurde. »Erstick an deiner Zunge!« Ich umfasste meinen nassen Block und stapfte davon.

Ein Teil von mir wollte Kate die Faust ins Gesicht rammen. Immerhin würde ein blaues Auge wunderbar zu ihrem Kostüm passen. Aber ein anderer Teil wünschte sich keinen Ärger mehr. Vor allem nicht, nachdem Baron mich auf diese verstörende Weise angesehen hatte.

Nur ein Jahr und du bist volljährig.

Nur ein verdammtes Jahr.

»Persephone!«, rief eine männliche Stimme.

Ich sah nicht zurück, verdrängte die Übelkeit, die der Gestank von Alkohol in mir aufkommen ließ und atmete hektisch. »Süßes oder Saures« erklang von den Häusern rechts und links von mir. Ich eilte über den Gehweg und bog in die nächste Straße ein.

»Persephone!«

Abrupt drehte ich mich um. »Was?«

Lincoln Loner eilte mir hinterher und blieb erst eine Armlänge vor mir stehen. Schweratmend hob er den Finger, befeuchtete die Lippen und stützte sich mit den Händen auf die Knie. »Ist alles in Ordnung?«

Ich verschränkte meine Arme vor der Brust, verlagerte mein Gewicht von einem Bein auf das andere und dachte an glückliche Fabelwesen, um ihm meinen nassen Block nicht ins Gesicht zu schleudern. Keine Ahnung, ob er gesehen hatte, was gerade passiert war, aber ich sah sicher nicht aus, als wäre alles in Ordnung. Ich zupfte am Saum meines mit Bier bespritzten Shirts. »Sieht es so aus?«

»Scheiße!« Er fuhr sich durch sein dunkles Haar. »Wer hat dir das angetan?«

Damit war die Frage beantwortet, ob er mich mit Kate gesehen hatte. Trotzdem war seine bescheuerte Bitte, mich dort zu treffen, Grund genug, um nicht nett zu sein. Wollte ich überhaupt zu jemandem nett sein? »Warum interessiert es dich?«

»Weil ich dich darum gebeten habe, mich hier zu treffen.«

Ich schüttelte den Kopf. »Wenn du keine wasserstoffblonde Nervensäge bist, bist du nicht daran schuld.«

»War Kate das?«

Ich verdrehte die Augen, setzte meinen Rucksack auf dem Gehweg ab und zog eine Schutzfolie mit der Zeichnung hervor, die ich für ihn hatte entwerfen sollen. Ein Vogel, der aus einem goldenen Käfig ausbrach. Schon beim ersten Entwurf, den ich auf meinem Social-Media-Kanal gepostet hatte, hatte Lincoln mir geschrieben und gesagt, dass er es sich tätowieren lassen wollte. Noch nie hatte ich eine Zeichnung mit dem Zweck verkauft. Aber ich brauchte Geld und meine Begabungen beschränkten sich auf Kunst oder Illegales. »Zwanzig Dollar, Lincoln Loner.«

»Nur Link.« Er nahm mir meine Kreation ab und auch im schwachen Laternenlicht leuchteten seine graublauen Augen.

Er sah gut aus und mir war sein hinreißendes Lächeln, sein durchtrainierter Körper und die Art, wie nett er mit anderen Menschen umging, aufgefallen. Doch ich war nicht wie Kate und ihre Freundinnen, die eine Sabberspur auf dem Boden hinterließen, wenn sie ihn sahen. Ich hatte auch gehört, dass Link und Kate sich ab und zu trafen, was mich doch ein wenig an seiner Nettigkeit zweifeln ließ.

»Wie auch immer.« Das ungewollte Flattern in meinem Bauch, das sich mit jeder Sekunde verstärkte, gefiel mir gar nicht, und ich räusperte mich. »Es war eine bescheuerte Idee, sich hier zu treffen.«

»Es tut mir leid.« Er sah von der Zeichnung hoch, und sein Lächeln wurde breiter. »Ich konnte heute nicht zur Schule gehen und mein Termin mit dem Tätowierer ist schon morgen früh.«

Klar. Außerdem wollte er wahrscheinlich nicht mit der Pflegetochter des Sheriffs gesehen werden und hatte mich deswegen nicht zu ihm fahren lassen. Ich wollte auch nicht das Schloss sehen, in dem er wohnte und mit einer Realität konfrontiert werden, die so weit wie Narnia von mir entfernt war. »Wolltest du nicht mit mir in der Schule gesehen werden?«

»Warum sollte ich nicht –«

»Egal. Ich weiß nicht einmal, wieso ich dich das gefragt habe.« Ich machte eine wegwerfende Geste und schulterte meinen Rucksack. »Es war aber das letzte Mal, dass ich dir etwas verkaufe.«

Link runzelte die Stirn. »Für jemanden, der mir nicht die Schuld gibt, bist du ganz schön sauer.«

»Es tut mir leid.« Ich schaute zu meinem nassen Zeichenblock, der mittlerweile weicher als Müsli in warmer Milch geworden war, und schmiss ihn in den Mülleimer. Als ich Link wieder ansah, breitete sich ein schlechtes Gewissen in mir aus. Es war weder seine Schuld, dass Kate sich wie eine Bitch verhielt, noch konnte er etwas dafür, dass mein Leben so schön wie ein Waldbrand war. Meine Schultern sackten in sich zusammen. »Ich habe keine Lust mehr auf dieses Drecksloch von Stadt.«

»Ist Forest View so schlimm?«

»Vielleicht wäre die Stadt nicht so grässlich, wenn meinem Vater die Hälfte der Häuser gehören und ich in einer Villa an der Hauptstraße wohnen würde.«

»Richtig.« Jegliche Freude wich aus seinen Augen, und er senkte den Kopf. »Mein Vater.«

Etwas in seiner Stimmlage und in der Art, wie er von mir wegsah, weckte ein bekanntes Gefühl in mir. Ein bitteres Gefühl, mit dem ich jedes Mal umgehen musste, wenn ich das Haus meiner Pflegeeltern betrat. »Ist alles okay?«

Er rieb sich am Hinterkopf und lächelte mich an. Das falscheste Lächeln, das ich je gesehen hatte. »Denkst du, dass deine Zeichnung auf meinem Arm gut aussehen wird?«

Ich sollte gehen und mich nicht in fremde Angelegenheiten einmischen. Aber es war ein warmer Oktoberabend, Link trug ein langärmeliges Shirt und sein Blick ließ mich einfach nicht los. Sicher würde ich es bereuen, trotzdem trat ich näher und rasch stupste ich in seine Rippen. »Hier wäre es besser.«

Er zuckte zusammen und Schmerz verzerrte seine Miene. Zitternd wanderte seine Hand zu seiner Seite, und die Furcht in seinen Augen brach mir das Herz. Wie gut kannte ich diesen Ausdruck? Es war der Gleiche, den ich im Spiegel sah. Der Gleiche, den kein anderer Mensch bemerkte. »Es ist nichts okay.«

Er ließ die Hand sinken, traute sich jedoch immer noch nicht, mich anzusehen. »Ich habe mich während des Trainings geprügelt.«

Wer würde daran zweifeln? Von allen Seiten hörte ich, wie nett und hilfsbereit Link war. Jemand wie er tauchte nicht einfach so mit Blutergüssen auf. Aber er war auch im Footballteam der Schule und bei so einer Sportart verletzte man sich oft, und ab und zu kam es zu einer Prügelei zwischen den Teammitgliedern. »Gutes Alibi.«

»Was?«

Nicht dein Problem.

Du hast schon genug Probleme.

»Nichts. Schon gut.«

Links Adamsapfel hüpfte auf und ab, und er zog einen Schein aus der Hosentasche. »Zwanzig Dollar.«

Ich nahm das Geld, wobei sich unsere Fingerspitzen für eine Sekunde berührten und eine seltsame Wärme durch meinen Körper strömte. »Warum meine Zeichnung?«

Er befeuchtete die Lippen, schien sich nach dem Themenwechsel fangen zu müssen. »Der Tätowierer hat mir ein anderes Motiv angeboten. Aber ich habe deine Zeichnungen gesehen und fand sie besser. Du hast einfach Talent.«

Ich hoffte nur, dass ein Profi sehen konnte, dass seine Verletzungen nicht von einer Prügelei stammten. Ich wusste es besser. Manche Wahrheiten verursachten ein Unbehagen, dem nicht jeder Mensch gewachsen war. Sie sahen lieber weg, bis es zu spät war.

Ich drehte mich zum Gehen, konnte jedoch keinen Schritt tun und sah Link wieder an. »Es geht mich nichts an, und du kannst auch gleich vergessen, was ich jetzt sagen werde, und mich wieder ignorieren. Aber ...« Mein Herz schlug schneller. Ein Mann wie Links Vater konnte mein Leben in die Hölle verwandeln. Lästige Fliegen wie Kate und alle anderen aus der Schule waren leicht wie Luft zu handhaben. Aber wenn mich noch ein Mann mit Macht als Problem sah, wäre das mein Ende. Trotzdem konnte ich nicht wegsehen, denn tief in mir wünschte ich, dass jemand bei mir auch nicht wegsah. »Wenn du jemanden zum Reden brauchst, kann ich gut zuhören.«

Er ließ einen Herzschlag vergehen, zog dann die Brauen zusammen. »Warum sagst du mir das jetzt? Wir gehen fast seit einem Jahr in dieselbe Schule und du hast nie mit mir gesprochen.«

»Du warst derjenige, der mich ignoriert hat.«

»Nein. Immer wenn ich dich angesehen habe, hast du gezeichnet.« Links Mundwinkel hoben sich und diesmal sah es nicht gezwungen aus. »Aber nachdem du deine letzte Zeichnung gepostet hast, musste ich dich über Social Media ansprechen.«

Ich zog die Augenbrauen zusammen. »Hattest du Angst davor, dass ich dich beiße?«

»So sah es aus, jedes Mal, wenn jemand dich zu dir geschaut habe.«

Ich gab mir auch Mühe, dass keiner mich sah, mich bemerkte oder mit mir sprach. Meine Zeit in der Stadt war begrenzt und ich hatte keine Lust, Menschen kennenzulernen, die aus meinem Leben verschwinden würden. Doch jetzt, während ich mit Link redete, änderte sich etwas. Vielleicht merkte ich, dass er so allein wie ich war. Vielleicht fühlte es sich nicht mehr so cool an, eine einsame Wölfin zu sein. Hatte es sich jemals cool angefühlt? »Schlechte Erfahrungen«, sagte ich und klemmte mir eine Haarsträhne hinters Ohr. »Ich habe einfach keine Lust mehr, Fragen über meine Pflegeeltern zu beantworten.«

»Ich kann das gut verstehen.«

Da war er: Der traurige Ausdruck. Der Schmerz. Wie es aussah, war ich nicht die Einzige, die sich allein fühlte. Der Unterschied zwischen uns war, dass ich meine Einsamkeit zur Schau stellte und er seine viel zu gut verbarg.

»Hast du Hunger?«, fragte ich.

Link legte den Kopf schräg. »Was?«

»Wir könnten einen Burger essen. Ich lade dich ein, und wir reden nicht über unsere Eltern.« Es war eine dämliche Idee. Baron würde zurückkommen und mich nicht finden und eigentlich brauchte ich das Geld. Aber zwanzig Dollar würde ich wieder verdienen und mit meinem Pflegevater würde ich ein weiteres Mal fertig werden. Egal auf welche Weise. Link wartete einen Moment ab, seine Hand zuckte in Richtung seiner Rippen, doch er ließ sie wieder sinken. »Das klingt gut.«

Kapitel 2 – Persephone

Gegenwart

Melody tauchte ihre zierlichen Finger in den Eimer voller azurblauer Farbe und lächelte mich an. Ich zog die Augenbrauen hoch und deutete mit dem Kinn zur Leinwand. Wie viele Kinder vor ihr, schien sie mit einem eingebauten Sensor zu mir gekommen zu sein, der ihr signalisierte, dass sie kurz davor war, etwas Unerlaubtes zu machen. Es hieß aber nicht, dass dieser Messfühler sie daran hinderte, Unfug zu machen. Doch sie wussten irgendwie alle, dass sie zu Hause großen Ärger bekommen würden, sollten sie dort genau das tun, was sie im Malraum des Krankenhauses machen durften. Deswegen schaute Melody mich ein paar Sekunden fragend an, bevor sie mit der Sauerei anfing. In diesem Zimmer durfte sie dreckig werden, mit Farben spielen, sie fühlen und ihr eigenes Werk damit kreieren. Hier war sie frei, ihr Herz zu zeigen, ihre Gedanken und Erinnerungen in Kunst zu verwandeln und wenn sie wollte, sprachen wir darüber. Eine Krankenhauskinderpsychologin begleitete uns normalerweise. Melody war jedoch erst drei Jahre alt und Gott sei Dank keine Patientin. Sie kam zu mir, wenn Ikaros und Vanessa im Krankenhaus arbeiten mussten und Melodys Mutter auch verhindert war. Ich liebte es, meine Zeit mit der Kleinen zu verbringen und fragte mich, ob mein Leben anders verlaufen wäre, wenn ich liebevolle Eltern und einen Malraum gehabt hätte.

»Sie ist komplett blau«, erklang eine männliche Stimme hinter mir. Die Stimme meines Bruders.

Ich drehte mich auf dem umgedrehten Farbeimer, auf dem ich saß, zu ihm um. Ares trug einen seiner maßgeschneiderten Anzüge und passte so gar nicht zu dem Raum. Irgendwie sah auch ich an seiner Seite fehl am Platz aus. Würde ich anders aussehen, wenn wir zusammen aufgewachsen wären? Wahrscheinlich nicht. Wahrscheinlich wäre mein Bruder so kaputt wie ich oder säße wie unsere biologische Mutter im Gefängnis.

»Jetzt passt sie zu meinen Haaren«, erwiderte ich und pustete eine blaue Strähne von der Stirn.

Ares schlenderte hinein und warf Melody einen sanften Blick zu, der so gar nicht zu seiner sonst so steifen Haltung passte. Die Kleine schenkte ihm keine Aufmerksamkeit, strich stattdessen mit den triefenden Fingern über die nackte Leinwand und schuf abstrakte Formen.

Er blieb neben mir stehen. »Zu deinen Haaren, deinen Händen und deiner Kleidung.«

»Ich bin daran gewöhnt.« Mein Blick wanderte an mir hinab und tatsächlich hatte ich überall Farbe. Rot, Grün, Blau, Lila. Egal. So war ich. »Aber du solltest definitiv nicht hier auftauchen, wenn ein Kind am Arbeiten ist. Ich hafte nicht für deinen Armani-Anzug.«

»Ich wollte nur wissen, wie es dir geht.« Obwohl seine Stimme vor Überlegenheit triefte, trat er zur Seite. Sogar Ares musste vor einem Kind mit einem Farbeimer zittern.

»Gut.« Ich stand auf, rieb meine Hände an meinem Einteiler. Es war sinnlos, denn die Farbe war bereits getrocknet. Ich würde mindestens eine Stunde brauchen, um sie von meinen Fingernägeln abzumachen. »Warum?«

»Wir fliegen morgen weg und ich muss mir sicher sein, dass ...«

»Ich bin 33 Jahre alt, und du behandelst mich immer noch, als wäre ich Melodys Kindergartenfreundin.« Augenrollend verschränkte ich die Arme vor der Brust. Einem Teil von mir gefiel es, einen beschützenden Bruder zu haben. Mein Leben lang musste ich allein klarkommen, und ein bisschen Abwechslung war willkommen. Ares übertrieb jedoch dermaßen, dass kein Mann in unserem Umfeld sich traute, mich anzusprechen.

»Du bist meine Schwester, und ich mache mir Sorgen um dich.«

»Ich fühle mich geehrt, dass meine Wenigkeit eine der seltenen Personen ist, deren Existenz dir nicht am Arsch vorbeigeht. Aber es geht mir echt gut.«

Und ich war froh, dass er ein paar Tage mit seiner Frau wegging. Vielleicht lernte ich jemanden in der Zeit kennen. Hoffentlich würde ich endlich wieder Sex haben.

»Du kommst also zwei Wochen ohne mich klar.«

Und wie.

»Ich bin 32 Jahre ohne dich klargekommen.« Ich fuhr mir durch die Haare und bereute es sofort. Meine Haare sahen bestimmt, wie ein Regenbogen aus. Jetzt musste ich im Krankenhaus duschen, bevor ich nach Hause fuhr. »Zwar habe ich nicht mehr den Nervenkitzel, nicht zu wissen, ob ich im nächsten Monat die Miete zahlen oder Essen kaufen werde, aber ich bin immer noch eine unabhängige Frau.«

»Ich weiß.« Er hob die Hand, ließ sie jedoch schnell wieder sinken.

»Warum dann die Sorgen?«

»Ich habe dich letzte Woche gesehen.«

Ich lächelte. »Nichts Neues.«

»Mit dem neuen CEO. Du hast dich mit ihm gestritten.«

»Ich ...«

»Es mag sein, dass er Vanessas bester Freund ist, und ich sollte ihn ihretwegen akzeptieren. Aber wenn das Arschloch dich beleidigt oder irgendwie anders schlecht behandelt, ist es mir egal, mit wem er befreundet ist oder welchen Posten er im Unternehmen hat. Ich werde sein hässliches Gesicht zu Brei verarbeiten.«

Das Letzte, was ich wollte, war, mit meinem Bruder über Link zu reden. Eigentlich wollte ich mit niemandem über ihn reden. Ich hoffte nur, dass Link seinem neuen Job und New York schnell überdrüssig war und wieder aus meinem Leben verschwand.

»Er ist nicht hässlich«, sagte ich und ging auf den Utensilien-Tisch zu.

»Was ist zwischen euch los?«

Ich habe ihm dasselbe angetan, was ich jedem anderen Menschen antue. Ich habe ihn zerstört. Jetzt hasste er mich und hatte das Recht dazu. Wahrscheinlich würde ich das Gleiche mit meinem Bruder tun. So war ich. Ich verletzte die Menschen, die mir etwas bedeuteten. »Wir kannten uns schon, bevor du mich gefunden hast.«

»Woher?«

Ich tauchte die Pinsel ins Wasser und betrachtete, wie sich die Farbe von den Borsten löste. »Es ist zu lange her.«

»Wenn es so ist, warum habt ihr euch gestritten?« Ares trat näher.

Ich drehte mich zu ihm um. »Reicht es dir nicht zu wissen, dass es Vergangenheit ist? Link hat verstanden, dass ich keinen Kontakt mit ihm will, und geht mir so gut es geht aus dem Weg.«

Seine dunklen Augen, die gleichen wie meine, musterten mich skeptisch. »Du weißt, dass diese Antwort mir nicht reicht.«

»Ich weiß auch, dass mein geliebter Bruder trotzdem meine Grenze respektieren und warten wird, bis ich bereit bin, darüber zu reden.«

An seinem Mundwinkel zeichnete sich die Andeutung eines Lächelns ab. »Es ist unfair, wenn du mit mir sprichst, als wäre ich menschlich. Ich fange an, daran zu glauben.«

»Du hast ein Herz aus Gold, Ares.« Ich lächelte ihn an. »Du lässt es nur kaum jemanden sehen und gibst dir verdammt viel Mühe, damit man dich hasst.«

»Ich will nicht gehasst werden.« Ares zupfte etwas aus meinen Haaren und schnippte es weg. »Ich tue nur alles, um meine Familie zu beschützen.«

»Auch Ikaros und deine Mutter?«

Er schnaubte. »Sogar die beiden.«

»Wie gesagt, du hast ein Herz aus Gold.«

»Schluss damit.« Er räusperte sich und straffte die Schultern. »Melody darf es meinem Bruder nicht erzählen.«

***

Grün, Gelb und Rot sammelten sich unter meinen Fingernägeln, und die Farbkleckse auf meinem weißen T-Shirt würde ich sicher nicht auswaschen können. Trotzdem zauberte das Gefühl, etwas Gutes geleistet zu haben, ein breites Lächeln auf mein Gesicht. Als sich die Aufzugtür öffnete, ging ich hinein und drückte auf den Erdgeschossknopf. In meinem Kopf notierte ich, was ich noch einkaufen musste, als eine männliche Hand sich zwischen die Aufzugstür schob und sie sich wieder öffnete. Ein Mann trat hinein und bevor ich sein Gesicht sah, drang sein Duft nach Zitronen in meine Nase. Ein Duft, den ich auch in hundert Jahren nicht vergessen würde.

»Soll ich wieder aussteigen?«, fragte Link und straffte die Schultern.

Sein Blick jagte mir einen eisigen Schauer den Rücken hinunter, und meine Knie drohten bereits nachzugeben. Wie konnte jemand mit der Zeit so attraktiv geworden sein? Seine Augen, die mich an einen vom Mond beschienen See erinnerten, waren dieselben. Aber sein Gesicht war kantiger geworden, seine Schultern breiter, und auch unter dem hochwertigen Anzug konnte ich seine definierten Muskeln erkennen. »Die Fahrt dauert nicht lange«, erwiderte ich mit schwacher Stimme.

Sein Kiefermuskel zuckte, als würde er die Zähne fest aufeinanderpressen. »Du erträgst meine Gegenwart nur so lange wie nötig, richtig?«

»Fang nicht schon wieder damit an.« Mein Herz raste, und ich bekam Angst, vor Link ohnmächtig zu werden. »Darüber haben wir auf Ares’ Hochzeit geredet.«

Seine Nasenflügel bebten, und er stieß mit der Faust gegen den Notfallknopf. Ich wich einen Schritt zurück, bis es nicht mehr möglich war, den Abstand zu ihm zu halten. Sein Duft, seine Augen, weckten süße Erinnerungen, die ich vergraben hatte. Ich durfte nicht an seine Lippen denken, an den Geschmack, seine Hände an meiner Taille. Ich verdiente es nicht, dieselbe Luft wie er zu atmen.

»Du hast geredet.« Links Stimme klang dunkel, sein eindringlicher Blick ließ mich keine Sekunde los, und sein Brustkorb hob und senkte sich schneller.

Ich schluckte schwer, rang um Worte, die nicht den Weg aus meinem Mund fanden.

Er trat näher, presste eine Hand neben meinem Kopf gegen die Aufzugwand hinter mir und sah zu mir hinab. »Du hast mir gesagt, dass ich dir nie etwas bedeutet habe und dein Leben viel besser geworden ist, nachdem ich Forest View verlassen hatte.«

»So ist das«, wisperte ich.

Unsere Münder waren nur Millimeter voneinander entfernt, und wenn ich mich auf die Zehenspitzen stellen würde, würde ich ihn schmecken. Aber ich hatte sein Herz gebrochen und war unfähig, jemanden wie ihn glücklich zu machen.

»Dann hörst du mir jetzt zu.« Sein Hass auf mich lastete auf jedem Buchstaben.

»Nein. Ich will nicht –«

Er hob seine freie Hand und strich mit dem Daumen über meine Wange. Ich erschauerte. Seine Berührung brannte wie Säure, raubte mir den Atem, und ein süßes Ziehen machte sich in meinem Unterleib bemerkbar.

»Es ist das letzte Mal, dass ich dich mit meinen dämlichen Gefühlen störe.« Seine Worte rollten über meine Lippen und seine Wärme lud mich dazu ein, in seine Arme zu fallen. »Du warst alles für mich. Meine Hoffnung, meine Königin, meine Liebe. Ich habe dich mit meiner Seele geliebt und hätte sie verkauft, um dich glücklich zu machen. Aber du bist trotzdem gegangen, als ich dich am meisten gebraucht habe.«

»Ich bin einfach so.«

Ich bin Gift.

Ich bin böse.

Ich bin alles, was du nicht brauchst.

»Das wollte ich nicht glauben. Deswegen habe ich dich 16 Jahre lang gesucht.« Link senkte leicht seinen Kopf, wobei seine Nasenspitze über meine streifte.

Ich betete stumm, dass er mich küsste. Gleichzeitig wusste ich, dass ich alles verlassen musste, was mir lieb war, wenn er es tat. Ich müsste Ares, Lexy, Vanessa und die Kinder verlassen. Ich musste aus New York verschwinden, denn ich wollte kein Leben zerstören. Nicht noch einmal. »Du hättest mich nicht suchen sollen.«

»Ich musste es tun.« Er schloss seine Augen, presste seine Stirn gegen meine. »Ich musste den Job als CEO annehmen, als ich in den Zeitungen gelesen hatte, dass du Ares’ verlorene Schwester bist. Ich musste dir in die Augen sehen, um mir zu versichern, dass ich ein liebeskranker Idiot war, der sich in die Falsche verliebt hat.«

»Und jetzt?«

Sag mir, dass es vorbei ist.

Sag mir, dass du mich hasst.

Link öffnete die Augen und trat einen Schritt zurück. »Du bedeutest mir nichts mehr, Persephone.«

Seine Worte rissen alle Wunden in meinem Herzen auf. »Du mir auch nicht.«

Seine Hand zitterte, als er den Notfallknopf erneut drückte. Mein Herz schien sich den Weg aus meiner Brust kämpfen zu wollen, während wir ein paar Sekunden warteten, bis die Aufzugtür aufging.

»Dann lasse ich dich endgültig hinter mir«, sagte Link und trat hinaus.

Ich blieb zurück, unfähig aufrecht zu stehen oder gar zu atmen. Eine Sicherheit hatte ich jedoch: Link würde mich noch bezahlen lassen für alles, was ich ihm angetan hatte.

Kapitel 3 – Link

»Jetzt bist du tot!« Waid lehnte sich auf den Sitzsack zurück und verschränkte die Hände im Nacken.

Meine Wohnung roch nach Bier und Chips, und ich hätte an meinem freien Tag froh sein sollen, dass ich endlich meinen Kumpel zum Zocken einladen konnte. Stattdessen beherrschte Persephone meine Gedanken. In meinem Kopf ging ich unzählige Male unsere Begegnung im Aufzug durch. Ich erinnerte mich haargenau an ihren Duft, der süßer als vor siebzehn Jahren geworden war. Ihre Lippen sahen jedoch genauso begehrenswert aus wie damals, und ich hatte mich mit jeder Faser meines Körpers zusammenreißen müssen, um sie nicht zu küssen. »Du hast Glück, dass ich nicht in Stimmung bin.«

»Klar.« Waid verschränkte die Arme hinter dem Kopf. »Das kannst du jederzeit als Ausrede benutzen. Aber du bist nur ein lausiger Verlierer.«

»Wie auch immer.« Ich stemmte mich vom Sitzsack hoch und ging in die Küche. Für einen Moment fragte ich mich, ob ich Waid mit einer Ausrede nach Hause schicken sollte. Aber ich würde mich nicht im Selbstmitleid suhlen. Persephone war eine herzlose Frau, an die ich keine Sekunde denken sollte. Jetzt musste ich nur mein eigenes Herz davon überzeugen.

»Läuft es mit deinem Job nicht gut?« Waid folgte mir in die Küche und setzte sich an die Kochinsel. »Die Gerüchteküche im Krankenhaus sagt, dass Ares dir das Leben schwer macht.«

Ich holte zwei Bier aus dem Kühlschrank und gab ihm eins davon. »Er will nur, dass jeder Angst vor ihm hat.«

»Und du hast keine Angst vor ihm.«

»Ich hätte den Job nicht angenommen, wenn es so wäre.« Waid musste nicht wissen, dass nicht einmal eine ganze Armee mich daran gehindert hätte, den Job anzunehmen. Ab dem Moment, in dem ich Persephones Bild in der Zeitung gesehen hatte, war mir klar gewesen, dass ich sie sehen musste. Nur hatte ein dummer, naiver Teil von mir gehofft, dass sie noch Gefühle für mich hatte. Es war ein Wunder, dass sie sich nach sechzehn Jahren immer noch an mich erinnerte. Wahrscheinlich war ich nur noch ein Typ, dem sie das Herz gebrochen hatte.

»Eigentlich verstehe ich nicht, warum du überhaupt den CEO-Posten angenommen hast.« Er trank einen Schluck und beäugte kurz das Etikett auf der Flasche. »Ich meine, du musst deine Entscheidungen mit einem anderen CEO durchsprechen, ihr seid euch so gut wie nie einig, und in einem anderen Krankenhaus hättest du viel weniger Arbeit.«

»Ich mag die Herausforderung.«

»Auf dem College habe ich eher gedacht, dass du nach dem Studium aufs Land ziehen würdest.«

»Ach, ja.« Ich hätte Waid nicht so viel über meine Pläne verraten sollen. Er und Vanessa waren meine besten Freunde, und als sich mein Herz leichter gefühlt hatte, hatte ich zu viel von mir preisgegeben. Doch nur das, was gut war. Von den Monstern, die in meinem Bewusstsein lauerten, wusste nur Persephone. Fragte sie sich auch, warum ich jetzt einen Albtraum anstatt meines Traumes lebte?

Du bist ihr egal.

Sie ist schon längst über dich hinweg.

»Du bist der Typ Arzt, der eine Praxis in einer Kleinstadt hat und elf Kinder mit einer süßen Frau zeugt. Ich hätte nie gedacht, dass du CEO der van Doren Heart Medical Corporation. sein würdest«, fuhr er fort.

Eine Frau.

Kinder.

Eine Familie.

Ich hatte so lange darauf gewartet. So viele Jahre hatte ich mich geweigert, eine andere Frau zu lieben als Persephone. Jetzt wusste ich weder, ob ich noch in der Lage war, etwas zu empfinden, noch, was ich überhaupt für meine Zukunft wollte. »Die van Dorens denken daran, den Namen zu ändern, da das Unternehmen mit der Angelis Healthcare Inc. fusioniert hat«, erwiderte ich sachlich.

»Vanessa bleibt also mit Ikaros Angelis verheiratet.«

Waid war sogar auf ihrer Hochzeit gewesen und hatte keine Sekunde daran geglaubt, dass sie halten würde. Wir beide kannten ihr Herz, wussten, dass sie alles für ihre Familie machen würde. Aber als sie herausgefunden hatte, dass sie betrogen wurde, hätten wir gedacht, dass es mit den van Dorens vorbei war. Sie hatte uns beide jedoch überrascht. »Eigentlich haben sie sich scheiden lassen und heiraten noch einmal.«

»Das ist verrückt.« Er rieb sich die kurzgeschorenen Haare.

»Ein bisschen.« Ich zuckte mit den Schultern. »Aber wenn sie sich lieben ...«

»Oh Mann.« Er schüttelte den Kopf und massierte mit dem Daumen den Punkt zwischen seinen Augenbrauen.

»Was?«

»Hörst du dich selbst reden?«

Ich kniff die Augen zusammen. »Was meinst du?«

»Ich kann dich echt nicht verstehen.« Waid seufzte. »Du bist jung, reich, führst eines der größten Unternehmen in den Vereinigten Staaten und willst keine Beziehung. Gleichzeitig glänzen deine Augen, wenn du über Liebe sprichst.«

Heute hatte ich mir selbst im Krankenhaus auch bewiesen, dass ich meinen eigenen Körper nicht steuern konnte. Ich konnte meinen Herzschlag nicht verlangsamen, wenn ich an Persephone dachte oder sie sah. Aber auch meine Gefühle waren dummerweise nicht so leicht zu unterdrücken. Ich trank einen Schluck Bier. »Du sollst aufhören, über meine Augen zu reden. Das ist verdammt komisch.«

Er schüttelte kurz den Kopf und trank sein Bier aus. »Und du musst mit mir auf die Jagd gehen und eine heiße Frau um den Verstand vögeln.«

Seit dem College lehnte ich seine Versuche ab, mich auf Frauensuche mitzunehmen. Heute dachte ich jedoch, zum ersten Mal daran mitzukommen. »Kein Bedarf.«

»Wann hattest du das letzte Mal Sex?« Er verschränkte die Arme vor der Brust.

»Das geht dich überhaupt nichts an.«

»So lange, also?«

»Waid ...«

»Schon gut.« Abwehrend hob er die Hände. »Es geht mich nichts an, wie gelangweilt dein Penis ist.«

Ich schnaubte. »Rede weder über meine Augen noch über meinen Penis, sonst war es das letzte Mal, dass ich dich zum Zocken eingeladen habe.«

Auch eine halbe Stunde nachdem Waid gegangen war, dachte ich darüber nach, ihm zu folgen. Ich musste keine Beziehung wollen, würde eine Frau einfach verführen und klarstellen, dass ich nur Spaß haben wollte. Meine Einsamkeit war ein Teil von mir geworden. Ich war daran gewöhnt, ohne Wärme neben mir im Bett aufzuwachen und dass niemand auf mich wartete, wenn ich nach der Arbeit nach Hause kam. Eigentlich glaubte ich nicht, dass ich das irgendwann wieder wollen würde. Aber seit ich Persephone zum ersten Mal nach sechzehn Jahren gesehen hatte, fragte ich mich, warum ich immer noch auf Sex verzichtete.

Ich ging ins Schlafzimmer, öffnete meinen Kleiderschrank und zog einen dunkelblauen Karton vom obersten Regal. Sobald mein Blick über die Zeichnung auf dem Deckel streifte, beschleunigte sich mein Herzschlag. Die Zeichnung, die ich hatte auf meine Rippen tätowieren lassen: Ein Vogel, der aus seinem goldenen Käfig ausbrach. Mit zitternden Fingern nahm ich den Deckel ab und schaute in den Karton. Das Foto, dessen Ränder verbrannt waren, ruhte auf dem Stapel Briefe, die ich nie verschickt hatte. Auf dem Bild lächelte mich Persephone an und hielt meine Hand auf diese Weise, die mich glauben ließ, dass ich keine Angst haben musste. Vor meinem inneren Auge sah ich ihre vollen Lippen, spürte ihre weiche Haut, roch ihren Duft nach Sonne und Tau. Mein Herz schlug schneller und all die Gefühle, die ich zu leugnen versuchte, drangen an die Oberfläche. Ich war dumm und naiv. Trotzdem würde ich erst mit meinem Leben weitermachen können, wenn sie mir sagte, warum sie mich angelogen hatte.

Kapitel 4 – Link

16 Jahre zuvor

Mit ihrer rechten Hand glitt Kate über meinen Oberschenkel, strich federleicht mit den Fingerspitzen über meine Hose, bis sie meinen Schwanz fest packte. Schon eine beachtliche Leistung, dass sie mich geilmachen und gleichzeitig ihr BMW Cabrio fahren konnte. Lächelnd ließ ich den Kopf nach hinten sinken, hieß die Sonnenstrahlen auf meiner Haut willkommen und setzte meine Sonnenbrille auf.

»Fang nichts an, was du nicht sofort beenden kannst«, sagte ich über das Geräusch des Windes hinweg.

Leise lachend drückte Kate härter auf das Gaspedal. Ihr blonder Pferdeschwanz peitschte auf ihre schmalen Schultern und je länger ich sie beobachtete, desto enger wurde meine Jeans.

Das Schnurren des Motors, der Wind, der sich in meinen Haaren verfing, meine Herzschläge, die immer rasender wurden. Die Empfindungen schossen durch meine Adern und erinnerten mich daran, dass ich lebte. Mit Kate schaltete ich gern mein Gehirn aus, genoss dieses trügerische Gefühl der Freiheit, vergaß, wer ich und wer mein Vater war. Aber das Gefühl hielt nicht lange an. Kate war wie eine Droge, und sobald der Höhepunkt meines Trips erreicht war, blieb in mir nur Leere zurück.

Als sie langsamer fuhr, auf eine Einfahrt bog und den Motor abstellte, war es bei mir vorbei. Etwas kühlte mich ab, als wäre ein Eimer Eiswasser über meinen Kopf gegossen worden. Vielleicht lag es daran, dass ich wieder an Persephone denken musste, oder daran, dass Kate vor dem Diner geparkt hatte, in dem Persephone arbeitete.

»Donnie’s? Seit wann kommst du hierher?«, fragte ich und nahm meine Sonnenbrille ab.

»Du hast das Diner schon ein paarmal erwähnt. Weißt du nicht mehr?« Kate ließ ihren Kaugummi platzen. »Außerdem wollte ich dich heute nicht mit dem Footballteam im Reale’s teilen. Die Jungs sind heute da. Meine Nanny hat auch gesagt, dass der Burger hier himmlisch schmeckt. Ich dachte, es wäre eine gute Idee, hier zu essen, bevor wir auf die Party gehen.«

Klar. Das war sicher der echte Grund. Außerdem ... eine Nanny? Sie war eine achtzehnjährige Frau und hatte noch immer eine Nanny? Manchmal fragte ich mich wirklich, ob der Sex mit Kate so gut war, dass es sich lohnte, eine weitere Minute meines Lebens mit ihr zu verschwenden.

»Ich weiß nicht ...« Langsam rieb ich mir das Kinn.

Seit Kates Halloweenparty letztes Jahr waren Persephone und ich Freunde geworden. Wir verbrachten eine Menge Zeit miteinander, und ihr schien trotzdem nicht klar zu sein, wie kaputt meine Familie und ich waren. Aber über meine Beziehung mit Kate redeten wir nie. Es war sowieso nichts Ernstes, und warum sollte es meine beste Freundin stören, mit wem ich schlief?

»Komm schon. Sei nicht so verklemmt.« Kate stieg aus dem Auto, warf ihren Pferdeschwanz über die Schulter und zupfte an ihrem knappen Minirock.

Ich ging ihr hinterher und führte eine viel zu aufgedrehte, hüpfende Kate in das Diner. Sie verzog die Nase, ließ den Blick über die roten Sitzbänke schweifen und blieb stehen.

»Okay. Das war doch keine gute Idee«, sagte sie und verschränkte die Arme vor der Brust.

Mir war schon beim Ankommen klar gewesen, dass dieses Diner kein Ort für Kate war. »Komm, so schlimm ist es hier nicht. Außerdem bin ich schon am Verhungern.« Sanft schob ich sie vorwärts, wählte einen Tisch mit Blick zum fast leeren Parkplatz und setzte mich. Sie nahm mir gegenüber Platz, ließ ihre Fingerspitzen über die Tischplatte gleiten und rümpfte erneut die Nase.

Ich schnaubte, genau in dem Augenblick, als die Kellnerin zu uns kam. »Hey, Stacy«, sagte ich und lächelte zaghaft.

Stacy riss die Augen auf und schaute abwechselnd zwischen Kate und mir hin und her. In der darauffolgenden Sekunde zückte sie jedoch ihren Block und räusperte sich.

»Hey, Arschloch«, sagte sie gelassen und inspizierte ihren Bleistift.

Ich runzelte die Stirn.

»Was zum Teufel denkst du, wer du bist?«, sagte Kate und ballte die Hand zur Faust. »Kennst du dieses Miststück, Link?«

Scheiße. Das Letzte, worauf ich jetzt Lust hatte, war, dass sich Kate mit Persephones Arbeitskollegin anlegte.

»Mir ist keine passende Bezeichnung für ihn eingefallen. Aber deine Beleidigungen sind so einfallsreich wie die eines Kindergartenkindes«, schoss Stacy zurück. »Miststück? Ernsthaft?«

Ich stöhnte. »Könnt ihr bitte –«

»Mir fällt schon noch ein, wie ich dich bei deinem Chef nennen soll«, schnitt Kate mir das Wort. »Dann sitze ich hier und lache, während du gefeuert wirst.«

»Kate!«

»Was? Lässt du diese ... diese Bitch so mit dir sprechen?«

»Ich brauche niemanden, der das Reden für mich übernimmt«, sagte ich.

Mit offenem Mund starrte sie mich an. »Link –«

»Nein. Dein Mitbringsel hat recht«, mischte sich Stacy ein. »Womit darf ich eurer Hoheit dienen? Besser so?«

Kates Gesicht wurde feuerrot und sie sprang auf. »Du, dreckige Schlam–«

»Warte im Auto, Kate«, fiel ich ihr ins Wort.

»Was?«

»Warte bitte im Auto«, wiederholte ich eine Spur sanfter. »Ich komme gleich raus.«

»Link ...«

Langsam stand ich auf, rieb mir das Gesicht und schaute Kate ein paar Sekunden ernst an.

Sie presste die Lippen fest aufeinander. »Schmor in der Hölle, billige –«

»Im Auto, Kate!«

Sie stampfte einmal mit ihrem hohen Absatz auf und eilte aus dem Diner.

»Wow! Ich hätte nicht gedacht, dass dein Schoßhündchen auf dich hört.«

Ich atmete tief durch. »Was habe ich verbrochen?«

»Was meinst du?« Stacy wickelte eine braune Haarsträhne um den Finger und klimperte mit ihren künstlichen Wimpern.

»Diese ganzen Beleidigungen waren also grundlos?«

Sie zuckte mit den Schultern. »Ich war noch nie dein Fan.«

»Kannst du mir bitte sagen, warum du so sauer auf mich bist?«