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Thorsten Zellers "Geschichten aus dem Zug" zwischen zwei Buchdeckeln - genauer gesagt: jetzt, im März 2021, auch als digitales Buch. "Lyrik für Kopf und Koffer" steht vorne drauf. Und ganz viel Unterhaltsames, Tiefgehendes, sprachlich Unvorhersehbares und trotzdem rhythmisch Gereimtes steht drin. Augenblicke in Wortbildern, die auf Satzbauschienen rollen. Rasante, bühnenbewährte Lyrik mit Stil. Gedichtet, aber nicht erdichtet, also echt passiert. Fast alles. Dazu etwas Unsinn. Alles mit Sinn.
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Seitenzahl: 88
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Prolog im Zug
Von Reisen
Hier stehe ich
Bahnfahren – Stillleben
Bahnfahren – laut leben
Zeitreise – Digitale Zukunft
Sibirien auf Versen
Eine Szene im Zug
Wir sind das Lenkrad! Schlagt ein!
Allgemeine Beförderungsbedingungen
Fünf Minuten Pause
Wunderbar
Zeitreise – Dating
Urlaub mit Kindern
Hier bin ich Mensch, hier am Buffet
Dienstreise
Ich werde da sein
Montag früh 8 Uhr: Konzentrier dich!
Fahrtende – bitte aussteigen
Kurze für die Reise
Ausflug in den Zoo (I)
Ausflug in den Zoo (II)
Weihnachtsmarkt
Schief laufen
Oh, Weh!
Gewitter für Star Wars Fans
Es gibt so nette Sonette!
Ein Freund
Hier ist es zugig!
Frühlingsgefühle
Stau
Triebwerke
Rückflug
Frühling
Sommer
Herbst
Winter
warten
reisen
Ganz Kurze
A bis Z
Elf Elfchen
Parkplatz
Warnhinweis
Epilog
Anmerkungen
Thorsten Zeller
Lyrik für Kopf und Koffer
Thorsten Zeller
Lyrik für Kopf und Koffer
© 2021 Reimheim-Verlag Thorsten Zeller,
Heinrich-Lübke-Straße 9, 61169 Friedberg
www.reimheim-verlag.de
E-Book 03/2021Alle Rechte vorbehalten
Texte, Zeichnungen: Thorsten Zeller
E-Book-ISBN: 9783-945532874
Die gedruckte Ausgabe zu diesem E-Book ist im Buchhandel oder direkt beim Verlag erhältlich unter ISBN 9783-945532041
Darüber müssen wir reden
Was ist das? Ein Poetry Slam ist ein Dichterwettstreit, bei dem junge (und Typen wie ich, Jahrgang ’74) Poetinnen und Poeten um die Gunst des Publikums buhlen mit Texten, die selbst geschrieben sind und nicht aus der Cloud geklaut. Und ihr, das Publikum, stimmt darüber im Anschluss, wenn der tosende Applaus abebbt, per App ab. #Zukunftsutopie
Warum als Buch? „Da steckt noch viel mehr drin – kann ich den Text irgendwo nachlesen?“, fragt das Publikum nach dem Auftritt. „Ja“, sage ich, „in diesem Buch.“ Sprachspielbälle, schöner Satz und schöne Sätze machen dieses Buch zu einem eigenen Erlebnis und stiften Mehrwert zu der Bühnen-Performance.
Wie geht das? Worträder rollen rhythmisch auf Satzbauschienen, umschiffen Grammatik-Riffe und pflügen durch Kontextwellen. Manchmal gehen wir einfach ein Stück auf Versen oder schweben auf Lungenflügeln, stets geerdet. Gedichtet, nicht erdichtet, also echt passiert. Fast alles. Lasst euch mitreißen beim Mitreisen. Das richtet sich nicht nur an Pendler und Reisende.
Wohin führt das? Diese urkomische, wetterunabhängige Bühnen-Lyrik führt zu erhebenden Fluggefühlen und skurrilen Augenblicken im Zug. Sie landet. Treffer und bei dir. Eine Nachlese für Poetry-Slam-Besucher, Kabarettpublikum und alle mit Freude an den (Un-)Möglichkeiten der Sprache.
Ich wünsche Ihnen und euch viele schöne, amüsierte, interessierte und berührte Augenblicke: zuhause oder im Zug, beim Vorlesen, Nachlesen sowie im Zuge der gemeinsamen Nachlese. Lasst uns drüber reden!
Thorsten Zeller, Friedberg, Sommer 2018.
Ich habe mir das im Winter 2020/21 nochmal angeschaut und kam zu dem Schluss: Ich würde es wieder so formulieren.
Über das Buch im Allgemeinen und den Autoren im Speziellen
Wer bin ich und wenn ja… wo denn überhaupt? Eine Frage, die ich mir in den vergangenen 365 Tagen mehr als 200 Mal gestellt habe. Denn an so vielen Tagen erwachte ich morgens in einer anderen als meiner Heimatstadt. An genauso vielen Tagen suchte ich Bahnhöfe auf und bestieg Fern- oder Regionalzüge.
Jetzt hat also dieser Literat, ja, wir wollen ihn fortan Dichter nennen, ein Werk geschrieben, das all die Erlebnisse und Beobachtungen, die ein Vielreisender so anstellt, in Reimform zu Papier bringt.
Während der letzten Wochen nutzte ich meine langen Zugfahrten, um mir das Buch durchzulesen und mich zu wundern. Zu wundern über die vielen Gedanken, die ich auch schon so oft hatte und all die kleinen und großen Beobacht¬ungen, die mich immer und immer wieder zurück brachten in Züge, die ich nutzte und mich an Menschen erinnerten, die ich sah oder sehen musste.
Der Dichter Thorsten Zeller ist mir schon vor längerem in einem Ort in Hessen begegnet. Damals nutzte ich noch Mitfahrgelegenheiten oder den Bus. Und schon damals gelang es ihm, mich mitzunehmen in seine absurden Erlebnisse während des Pendelns.
In den vergangenen Monaten hatte ich das Privileg, den Dichter, Autoren und Verleger mehrmals zu treffen und mich an seinen Reimen zu erfreuen. Doch was noch schöner war: ich traf einen Menschen, der sich Gedanken macht, der sich und seine Umgebung reflektiert, der Menschen hilft beim Vorankommen in ihrer Kunst und der die Gabe besitzt, sich selbst nicht zu ernst zu nehmen.
Während all der Monate verlegte er Freunde und Bekannte, manch eine(n) Kollegin/Kollegen, doch für eine gebundene Ausgabe seiner eigenen Werke mussten wir uns alle lange (ich möchte schreien: VIEL ZU LANGE) gedulden.
Das Warten hat nun ein Ende. Ein mehr als großartiger Mensch lässt uns an einem ausgewählten Schatz seiner Lyrik teilhaben. Das Oberthema ist Reisen, so wie auch er dauerhaft auf einer Reise zu seinen Versen zu sein scheint. Ich als Reisender in Sachen Bühnenliteratur möchte jedem dieses Buch ans Herz legen. Es nimmt mit, es fesselt, es regt zum Nachdenken an und es macht Lust. Lust auf den nächsten Text, Lust aufs Reisen, Lust auf das Beobachten und Lust, all die Protagonisten genauso näher kennen zu lernen, wie auch den Menschen, der uns an seinen Beobachtungen teilhaben lässt.
In einer Zeit, in der Lyrik ein wenig aus der Mode zu kommen scheint, gelingt es dem Dichter, mittels Versen all dies zu vermitteln, was er dem Lesenden mitgeben mag. Seine Verse sind lesbar und dies ist für einen Bühnenpoeten eine sehr große Herausforderung. Seine einzelnen Gedichte sind voll mit kleinen Anekdoten und Menschen, die Lesende schmunzeln lassen, innehalten, erinnern und kopfschüttelnd zurücklassen, weil man just in dem Augenblick einen Menschen aus dem Buch zu sehen glaubt.
Ich für meinen Teil werde es noch oft in die Hand nehmen. Sie, liebe Lesende, werden es mir gleichtun, es verschenken, es weiterempfehlen und mit mir gemeinsam auf die Fortsetzung warten.
Dieses Werk regt den Geist und die Phantasie an. Und das ist das Beste, was ein Buch kann.
Juston Buße im Spätsommer 2018
H
ier stehe ich, ich kann nicht anders.
Hier am Bahnsteig, so wie alle.
Der Zug ist abgefahren, böse Falle.
Oder kommt er doch noch?
Ich bin voller Freude auf vielerlei Weise
aufs Ziel dieser Reise.
Ein paar Stunden Zug und dann bin ich bei dir.
Das wünsche ich mir.
Ich stürme und dränge zu dir,
so wie einst die Walküre.
Mein Pferd ist die Bahn und bei mir
die Lektüre.
Wie konnte es nur soweit kommen?
Ich spüre das Buch, schlag’ es auf, weil ich sah:
darin sind Menschen zum Anlass genommen.
Kommt, lasst uns lesen, was am Montagmorgen geschah…
sowie Prospekthaltern und anderen Gesprächspartnern
Szenerie: wir schlummern nett im Bett, am Morgen verborgen unter Decken, als Geräusche uns wecken…
M
ontag früh, sechs Uhr.
Wer von uns hier fuhr,
vom Weckerklingeln aufgeweckt,
schonmal, trotz Schlafbedarf, scharf auf?
Also mir geht der Wecker auf den Wecker
und ich steh im Bett – ich kann nicht anders.
Manches sollten wir anders machen. Die Idee ist nicht neu. Schon vor gut 500 Jahren, im Zuge der Reformation, ging es ja irgendwie darum, Dinge anders zu machen. Trotzdem werden Martin Luther Sätze zugeschrieben wie die: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders!“ Heute, glaube ich, gebrauchen wir diesen Satz etwas anders: als Ausrede.
Morgens früh. Ich wünschte mir, es liefe anders.
Und es läuft…
…wie immer:
Badezimmer, Kinder wecken,
Barthaar-Trimmer, Frühstück decken,
schlimmen Fleck am Hemd entdecken,
kindliches Gewimmer checken,
weil die halt an Zimmerecken
immer mit dem Zeh anecken. Autsch.
Statt locker bleiben:
Kinder treiben,
weil nur fünf Minuten bleiben,
bloß, damit auch wir
endlich Richtung Kindergarten starten.
Wir könnten hier anders,
doch hilft uns kein Bier
und weiß Gott auch kein Gott,
sondern lediglich wir.
Wir müssten, um das zu erreichen,
aus unserem Reden die Ausreden streichen,
doch das ist extrem unbequem.
Etappenziel. Hier stehe ich – am Bahnhof.
Die Kinder in der Schule
und ich suhle mich geraume Zeit in Selbstmitleid.
Ich gesteh’: ich suche Trost im Konsum
von Kaffee.
Den erstehe ich – ich kann heut’ anders
und mal auf den plastikgedeckelten Becher
und andere Wegwerfgeschichten verzichten.
Hier gestehe ich:
Früher war ich Regelbrecher,
Wegwerfbecher-Kaffeezecher,
froh, dass wir uns Regeln gaben
und wir viele Ziele haben.
Ja, da bin ich das, was jeder kennt:
konsequent inkonsequent!
Es klingt eloquent, wenn man das mal so nennt.
Besser als „mir doch egal!“ oder „indifferent!“
Hier stehe ich – am Bahnsteig.
Zwischen krassen Massen Schülerklassen,
die es so wie ich nicht fassen,
dass die Mülleimer die Becher-Massen fassen,
die wir täglich darin fallen lassen:
Müll in Form von Becher-Massen,
Kippen und Bemerkungen,
Hemmungen in Zecher-Massen
Reste uns’rer Stärkungen.
Dabei geht’s um Essen oder Trinken,
auch wenn die Vergleiche hinken. Aber gut…
Hier am Bahnsteig steigt die Wut.
doch nicht etwa wegen Mut,
der uns oft fehlt, wie man erzählt.
Der Zug hat wieder gut
zehn Minuten Verspätung.
Da stehe ich und könnte…
locker bleiben,
Zeit vertreiben,
Texte schreiben,
Hände reiben
über zehn Minuten Lebenszeitgeschenk.
Denk ich noch, doch mach ich’s anders:
kräftig fluchen
und Verantwortliche suchen!
So ein emotionales Ventil
trägt ja viel zu dem Ziel
bei, uns wohler zu fühlen.
Zum Ablass von Dampf
führt der innere Kampf
mit Gefühlen!
Hilft genauso, wie Ärger mit Schnaps runterspülen.
Ich brauch’ in der Tat euren Rat.
Könnte mal jemand das, was ich nicht versteh’, übersetzen?
Dann könnten wir übersetzen
auf einen anderen Standpunkt.
Wir sitzen doch alle im selben Boot,
einem Schiff der Aus-Reederei.
Hier stehe ich und melde das, denn Melden macht ja frei.
Ich steige in den Zug.
Da stehe ich, ich kann nicht anders.
Bahnfahrer wissen: Der Zug ist zu voll, sitzen geht nicht.
Gut, wir könnten, statt uns einzupassen,
lieber einen fahren lassen.
…einen Zug!
Aber Zugzwang zwang uns,
uns hier rein zu zwängen
und darauf fahren wir ab
und passieren abgefahrene Dinge,
die wir passieren lassen:
die krassen Massen hassen Ausreden,
Talkshows zeigen Ausreden,
niemand kann dort ausreden.
Das braucht auch keiner,
denn wir hatten aus Debatten und aus Reden
schon genug gehört
von Trampeltieren, die regieren,
die die Wutkonzerte dirigieren.
Wir könnten hier anders,
doch hilft uns kein Bier
und weiß Gott auch kein Gott,
sondern lediglich wir.
Das gibt’s nicht im Handel,
das gibt’s nur durch Handeln
und ist außerdem unbequem.
Also mache ich aus Reden Taten.
Also, gern machte ich,