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Maggies entfremdete Halbschwester Angel taucht in der Stadt auf, nachdem sie jahrelang in einer merkwürdigen Hippie-Kommune gelebt hat, aus der sie nun entflohen ist. Bald darauf kommt auch ihr Freund Echo nach Fair Haven, um nach ihr zu suchen. Kurze Zeit später wird seine Leiche am Fuße einer Brücke entdeckt. Echo wurde zuletzt in Angels Gesellschaft gesehen, und Maggie weiß, dass Angel in jener Nacht mit zahlreichen Kratzern und Schrammen nach Hause kam. Könnte sie Echo getötet haben?
Maggie stürzt sich entschlossen in die Ermittlungen, in deren Verlauf weitere Mitglieder der Kommune in Fair Haven auftauchen und für Chaos sorgen. Der Anführer der Sekte ist entschlossen, Angel zurückzuholen, und schreckt dabei vor nichts zurück.
Maggie muss alles daransetzen, Angel vor dem Gefängnis, vor der Entführung durch die gefährliche Sekte oder gar vor einem weiteren Mord zu bewahren ...
Band 3 der Cosy Crime Reihe mit Buchhändlerin Maggie Bell. Alle Bücher sind unabhängig voneinander lesbar.
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Seitenzahl: 232
Maggies entfremdete Halbschwester Angel taucht in der Stadt auf, nachdem sie jahrelang in einer merkwürdigen Hippie-Kommune gelebt hat, aus der sie nun entflohen ist. Bald darauf kommt auch ihr Freund Echo nach Fair Haven, um nach ihr zu suchen. Kurze Zeit später wird seine Leiche am Fuße einer Brücke entdeckt. Echo wurde zuletzt in Angels Gesellschaft gesehen, und Maggie weiß, dass Angel in jener Nacht mit zahlreichen Kratzern und Schrammen nach Hause kam. Könnte sie Echo getötet haben?
Maggie stürzt sich entschlossen in die Ermittlungen, in deren Verlauf weitere Mitglieder der Kommune in Fair Haven auftauchen und für Chaos sorgen. Der Anführer der Sekte ist entschlossen, Angel zurückzuholen, und schreckt dabei vor nichts zurück.
Maggie muss alles daransetzen, Angel vor dem Gefängnis, vor der Entführung durch die gefährliche Sekte oder gar vor einem weiteren Mord zu bewahren ...
Band 3 der Cosy Crime Reihe mit Buchhändlerin Maggie Bell. Alle Bücher sind unabhöngig voneinander lesbar.
Harper Lin ist USA Today-Bestsellerautorin mehrerer cosy Crime Serien.
Wenn sie nicht gerade liest oder Krimis schreibt, geht sie gerne zum Yoga, wandert oder backt mit Freunden und Familie.
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Harper Lin
Maggie Bell und die verfluchten Seiten
Aus dem Englischen von Eva Riekert
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Inhaltsverzeichnis
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Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Impressum
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In Maggie Bells Kopf spulte sich immer wieder der Text von Yankee Doodle Dandy ab, als sie zurücktrat, um ihre neueste Dekoration im Schaufenster des Büchercafés zu begutachten.
»Ich finde, du hast dich selbst übertroffen, Mags«, sagte sie vor sich hin und richtete sich vor Stolz etwas auf.
Am heutigen Tag jährte sich die Gründung von Fair Haven zum hundertsten Mal – von der Stadt, die sie schon so lange ihr Zuhause nannte, dass sie sich kaum an etwas anderes erinnern konnte. Überhaupt noch nicht erlebt hatte sie, dass die Stadt so voller Leben und Trubel war wie in diesem Jahr. Natürlich, am 4. Juli, dem Nationalfeiertag, fand immer eine riesige Feier statt, mit Feuerwerk, Grillfesten und vielen auswärtigen Gästen, die die malerische, ruhige Gegend besuchten, ehe sie wieder nach Boston oder sonst wohin zurückkehrten, wo das tägliche Leben brauste. Dieses Fest galt jedoch vor allem den Bewohnern von Fair Haven, die stolz waren auf ihre kleine Metropole und sich auf eine beeindruckende Rede des Bürgermeisters im Zentrum der Stadt freuten. Danach säumten sie die Straßen für einen Umzug von Feuerwehr und Polizei, die beide mit eingeschaltetem Blaulicht und Sirenengeheul vorbeifuhren und Süßigkeiten in die Menge warfen.
Dogwood Grounds, der Park unweit des Büchercafés, war angefüllt mit Ständen, an denen ansässige Anbieter frischen Honig, hausgemachte Seifen, selbst genähte Quilts und unzählige anderer Spezialitäten feilboten. Maggie freute sich schon darauf, die Stände in ihrer Mittagspause zu besuchen. Außerdem wurden im Park Antiquitäten und abgelegter Schmuck verkauft, und am Abend fand eine Oldtimershow statt, auf die die ganze Stadt schon brannte.
Von Autos verstand Maggie zwar nichts, aber Babs hatte ihr berichtet, dass Roy seinen blassblauen Chevy, Jahrgang 1956, ausstellen würde. Für einen Teil der männlichen Bevölkerung der Stadt war nichts wichtiger als ihre altmodischen Autos. Babs war die übersprudelnde Mitarbeiterin, die im Bistro-Teil des Büchercafés bediente. Sie war eine schlagfertige blonde Sexbombe, die auf alles eine scharfsinnige Antwort hatte.
»Man könnte gerade annehmen, dass die Kerle diese Autos höchstpersönlich zur Welt gebracht hätten, so wie sie sich spreizen«, sagte sie und warf die blonden Locken zurück. Sie berichtete, die Autoshow sei so groß, dass der Parkplatz beim Supermarkt nicht ausreichte. Stattdessen habe die evangelische Kirche den Oldtimerfreaks ihren weitläufigen Parkplatz überlassen.
Alle Läden in der Hauptstraße waren in den patriotischsten Farben der Welt, nämlich Rot, Weiß und Blau, dekoriert.
Die Edelboutique Spotlight hatte die Schaufensterpuppen in glamouröse rote und blaue Kleider gesteckt. Die Parfümerie war so knallbunt wie immer und zeigte rote, weiße und blaue Haarverlängerungen mit passenden falschen Wimpern, blauen und roten Lippenstift und jede Menge verrückter Kosmetika, für die Maggie nicht mal im Traum Geld ausgegeben hätte. Sie war allerdings sicher, dass Tammy McCarthy in ihrem Bäckerladen ein paar Häuser weiter patriotisch gefärbte falsche Wimpern trug und dazu noch ein halbes Dutzend passende Schleifchen in ihrem leuchtend roten Haar; selbst einige ihrer Backwaren würden mit rot-weiß-blauem Zuckerguss verziert sein. Irgendwie konnte Tammy das bringen und trotzdem so normal aussehen, als sei sie mit diesen Verzierungen geboren. Maggie war sicher, sie selbst würde aussehen wie ein Clown, wenn sie das versuchte.
Die Bank war mit Girlanden kleiner Nationalflaggen geschmückt. Vor dem Bestattungsinstitut von Mr Lorenzo hing ebenfalls eine diskrete, feierliche Flagge. Doch kein Geschäft sah so stolz und elegant aus wie das Büchercafé. Das fand zumindest Maggie.
Alexander Whitfield, bis zu seinem Tod Maggies Chef und Freund, hatte über die Jahre eine Unzahl wahlloser Kinkerlitzchen und Bilder angesammelt, und in den Wandschränken der Wohnung über dem Laden türmten sich patriotisch gefärbte Stoffe, Nippes und Poster, und natürlich Bücher. Die Sammlung, die Maggie letztendlich ausgelegt hatte, vermittelte den Eindruck, in der amerikanischen Geschichte zu landen, wenn man den Buchladen betrat. Sie hatte nie vermutet, dass es ihr so gefallen würde, den Laden für besondere Anlässe zu dekorieren, die in der Stadt gefeiert wurden. Aber wie sich herausstellte, war sie wie geboren dafür. Immer mehr Leute kamen, nicht nur, um ihre Schaufenster zu bewundern, sondern tatsächlich auch, um in den Büchern zu stöbern, die Maggie so sorgfältig und bedacht in den Regalen arrangiert hatte.
Während sie noch letzte Hand an ihr Meisterwerk legte, sah sie, wie immer mehr Leute hereinspähten und darauf warteten, dass geöffnet wurde. Natürlich wollte sie glauben, sie kämen, um sich auf die Bücher und die reiche Geschichte von Fair Haven zu stürzen. In Wirklichkeit jedoch kamen die Leute wegen des Kaffees und des Gebäcks im Café.
Maggie war trotzdem stolz. Ohne weitere Zeit zu vertun, sah sie auf ihre Armbanduhr. Dann ging sie voller Zuversicht zur Tür, entriegelte sie und stieß sie auf.
»Guten Morgen«, sagte sie. Die Kunden zu begrüßen, war auch neu für Maggie. Ihre gehemmte Art hatte sie immer etwas isoliert. Auch wenn sie bei Weitem noch nicht gesellig genannt werden konnte, war die Tatsache, dass sie Leute begrüßte, die sie gar nicht kannte, so ungewöhnlich wie die Sichtung eines Yetis.
Einige lächelten ihr zu und erwiderten den Gruß. Andere nickten nur, und wieder andere sagten wie üblich nichts. Maggie fand, wenn sie sich solche Mühe gab, könnten sie sich auch anstrengen. Sie wurden von ihr streng unter die Lupe genommen, und bisweilen verdrehte sie sogar die Augen, wenn sie sich mutig fühlte.
Doch an diesem Morgen hatte sie das Gefühl, dass nichts ihr etwas anhaben konnte. Das Fenster war fertig. Draußen schien die Sonne. Casper, der beim Auffüllen der Regale half, hatte bereits die Kartons mit neuen Büchern ausgepackt, die am Tag zuvor eingetroffen waren. Der Tag würde einfach werden.
»Mags?«, sagte eine weibliche Stimme hinter ihr. Sie hatte die Gestalt zwar schon wahrgenommen, aber eher unbewusst. Sie hatte sie irgendwie erkannt, aber das Gefühl gehabt, dass sie nur träumte. Es war eine diffuse Erinnerung an etwas aus ihrem Unterbewusstsein. Das konnte doch nicht sein. Oder doch?
Maggie drehte sich um und blickte in das ganz reale Gesicht ihrer Halbschwester.
»Angel? Was machst du denn hier?«, fragte Maggie.
»Dir auch einen guten Morgen! Begrüßt man so seine kleine Schwester?«
Die junge Frau stemmte eine Hand in die Hüfte. Zwischen abgeschnittenen Jeans und einem zu kurzen Trägerhemd sah Maggie ihren Bauchnabel. Silberringe mit bunten Steinen steckten an fast allen ihrer Finger, und um den Hals hing eine feine Silberkette, die Maggie nur allzu bekannt vorkam. Der Anhänger war ein kleiner silberner Bär. Den gleichen Anhänger hatte auch Maggie, ein Geschenk ihres Vaters. Sie trug ihn nicht, weil es einfach nicht ihr Stil war. Sie fand immer, ihr Vater hätte das wissen müssen, aber er neigte dazu, eher Maggies Schwester Beachtung zu schenken. Maggie und Angel waren acht Jahre auseinander. Der Kleinen hatte man immer alles durchgehen lassen, nicht zuletzt, weil sie das genaue Gegenteil des introvertierten Bücherwurms Maggie war.
»Es wäre nett gewesen, wenn du dich angekündigt hättest«, sagte Maggie und umarmte ihre Schwester etwas steif. Angel drückte sie hingegen so fest, dass Maggie kaum Luft bekam. »Hast du die anderen von deiner … Gruppe mitgebracht?«
Angel ließ Maggie los und strich sich nervös ein paar Haarsträhnen hinter die Ohren.
»Ich bin nicht mehr mit ihnen zusammen«, sagte sie.
»Was ist passiert? Ist euch die Knete ausgegangen? Hast du eine andere Clique, äh, ich meine, eine Kommune mit mehr Gelände zum Ausbreiten gefunden?«, fragte Maggie scharf.
»Es ist ganz anders, Mags«, sagte Angel. »Musst du wieder auf mir herumhacken, kaum dass ich da bin? Als ob du die ganze Zeit darauf gewartet hättest, mir alles in die Schuhe zu schieben.«
»Das würde bedeuten, dass ich darauf gefasst gewesen wäre, dass du hier auftauchst.« Maggie tat so, als sähe sie auf die Uhr. »Ich wusste ja nicht, dass du kommst!«
»Du bist das einzige Familienmitglied, das ich hier in der Gegend habe, Mags. Kannst du nicht mal nicht böse auf mich sein, wenigstens, bis ich wieder in der Spur bin?«, fragte Angel und verdrehte die Augen.
»Ich bin nicht böse auf dich, Angel. Du bist das Nesthäkchen. Du hast das Vorrecht, Fehler zu machen.«
»Genau. Jetzt bin ich nämlich wirklich in einem Schlamassel gelandet, Mags. Ich hätte gleich auf meine große Schwester hören sollen«, sagte Angel. In dem Moment kam Joshua Whitfield vorbei.
Wenn Maggie bisher noch keinen Grund gehabt hätte, verärgert zu sein, dass Angel unangekündigt aufgekreuzt war, hatte sie jetzt einen, als sie Joshuas Reaktion auf ihre Schwester sah. Er blieb so abrupt stehen, als habe ihn der Blitz getroffen.
»Habe ich das richtig gehört?«, fragte er, betrachtete die hübsche Unbekannte von Kopf bis Fuß und blickte dann auf Maggie. »Schwester?«
»Joshua Whitfield, das ist meine Halbschwester Angel Bell. Angel, das ist Joshua, mein Chef.« Maggie vermied es, auf Joshuas Reaktion zu achten. Sie wusste genau, wie sie sein würde. Er würde sich in Angel vergaffen, genau wie alle anderen Jungs, und für sie war das, als ob noch nie im Leben ein Mann mit ihr geredet hätte.
»Nett, Sie kennenzulernen«, sagte Angel, schüttelte ihm die Hand und lächelte.
»Ich hoffe mal, dass es euch nichts ausmacht, wenn ich das jetzt sage: Ich glaube nicht, dass es zwei gegensätzlichere Frauen als euch beide gibt. Wow«, sagte Joshua, und Maggies Blutdruck stieg.
»Das hören wir ständig«, sagte sie.
»Ja, genau«, pflichtete ihr Angel bei.
»Was machen Sie in Fair Haven?«, fragte Joshua.
»Ich bin gekommen, um ein bisschen mit Mags zusammen zu sein. Wir haben uns ewig nicht gesehen. Wir haben großen Nachholbedarf, und ich habe gehofft, dass Mags mir die Stadt zeigt. Sieht aus, als ob hier eine große Party stattfinden soll«, sagte Angel und sah Maggie an, als hoffte sie, dass ihre Schwester ihre Geschichte bestätigen würde. Maggie hätte ihrer Schwester am liebsten gesagt, sie solle Leine ziehen. Es war nicht so, dass sie sie nicht ausstehen konnte. Sie war ihr einfach fremd. Genau, es war, als würde eine Fremde in ihr Leben einbrechen.
»Stimmt. Du wirst wohl kaum ein Hotelzimmer finden«, sagte Maggie, wobei ihr nicht bewusst war, wie unhöflich sie klang.
Angel grinste und blickte Joshua an, der Maggie ansah. »Maggie, bei dir im Haus ist doch Platz, oder? Keine Sorge, Angel. Sie scherzt nur. Sie müssen nicht nach einem Hotel suchen«, meinte Joshua.
Maggie warf ihm einen finsteren Blick zu.
»Wir finden schon eine Lösung«, sagte sie diplomatisch. Auf keinen Fall wollte sie ihre wahren Gefühle zeigen und ihre Halbschwester anschreien, was beim letzten Mal, als sie sie gesehen hatte, passiert war. Das war fast vier Jahre her.
»Wie kannst du einfach so abhauen? Lass mich raten, da steckt ein Kerl dahinter«, hatte Maggie sie damals angezischt.
»Er ist nicht einfach irgendein Kerl. Er ist mein Seelenfreund«, hatte Angel erwidert. »Von so was verstehst du nichts, Mags.«
»Seelenfreund? Meinst du das ernst? Was zum Teufel soll das denn sein?«, hatte Maggie gespöttelt.
»Er ist der, für den ich auf der Welt bin. Zusammen bilden wir eine perfekte Einheit.«
»Einheit?«
»Ein gemeinsames Wesen. Wir passen einfach perfekt zueinander. Er macht mich glücklich, Mags. Habe ich nicht auch ein bisschen Glück verdient?«
»Nicht, wenn es deinem Vater das Herz bricht und ich allein zurückbleibe«, hatte Maggie erwidert.
»Puh, echt, Maggie. Du bist doch die Letzte, die jemanden braucht. Die bist doch schon dein ganzes Leben für dich und machst immer wieder deutlich, dass du es so haben willst«, hatte Angel abfällig geantwortet.
»Was passiert denn jedes Mal, wenn mich dir oder wem auch immer zuwende? Denk mal nach, Angel! Du und deine miese Clique, ihr habt euch über deine Halbschwester ganz schön lustig gemacht, als sie berichtet hat, sie würde in einem Buchladen anfangen. Oder etwa nicht? Kaum war ich aus dem Zimmer, was hat dieser Seelenfreund von dir damals gesagt? Was war es?«, fauchte Maggie.
»Das war nicht für deine Ohren bestimmt«, sagte Angel und sah verlegen zu Boden.
»Er hat gesagt, ich sei ja schon so vertrocknet wie die Bücher, die ich verkaufen würde«, wiederholte Maggie unerbittlich. »Es war mir egal, was er von mir hielt. Aber du hast gelacht. Zusammen mit ihm hast du gelacht.« Maggies Stimme bebte, und ihre Augen füllten sich mit Tränen, die sie jedoch schnell hinunterschluckte.
»Das war nur ein Scherz. Echo meinte das nicht ernst. Er hat nur rumgeblödelt«, sagte Angel betreten. »Schließlich warst du ihm oder meinen anderen Freunden gegenüber nicht gerade aufgeschlossen. Mann, nicht mal für mich hast du Verständnis gezeigt.«
»Stimmt, habe ich nicht. Vielleicht, weil ich wusste, dass du einen Fehler machst. Weil du mir nämlich am Herzen liegst und weil dir mal jemand ungeachtet deiner Gefühle sagen muss, dass deine Clique keine Kommune, sondern eher eine Sekte ist, und das ist schlimm. Merkst du nicht, was sie von dir verlangen? Dass du deine Familie verlassen sollst?« Maggie schüttelte den Kopf und verschränkte die Arme.
»Nur, weil mich keiner unterstützt. Du bist auch nicht auf meiner Seite!«
»Meine Güte, Angel! Sollte ich dich vielleicht in dein eigenes Unglück laufen lassen? Ist das unterstützen?«, hatte Maggie ausgerufen.
Das waren ihre letzten Worte gewesen. Ihre Schwester hatte ihr den Rücken gekehrt, war zu irgendeinem Deppen mit langen Haaren und einem Ziegenbart in einen Jeep gestiegen und war verschwunden. Ihre neue Familie nannte sich Große Gesellschaft der Sühne. Es war ein Haufen Hohlköpfe, wie Maggie sie nannte, die sich an den Treffpunkten von Jugendlichen herumtrieben und auf die Gelegenheit warteten, mit ihnen Haschisch zu rauchen und sie in ihre Gemeinschaft zu locken.
Sie würde es nie zugeben, aber als Angel gegangen war, hatte sie geweint. Sie war ganz auf sich gestellt und hatte gerade erst begonnen, für Mr Whitfield zu arbeiten. Keinem wäre irgendwas aufgefallen, nur Mr Whitfield nahm fast sofort ihren Kummer wahr. Er war der Einzige in ganz Fair Haven gewesen, der überhaupt gewusst hatte, dass Maggie eine Schwester hatte. Bis jetzt.
»Ich hätte oben wohl auch noch Platz«, sagte Joshua und holte Maggie in die Gegenwart zurück.
»Du lieber Himmel, nein. Sie kommt mit zu mir«, sagte Maggie schnell. »Ich gebe dir meine Adresse. Es ist leicht zu finden, und ich habe … Platz.« Die Worte kamen ihr nicht leicht über die Lippen. In ihr stilles Haus zu kommen, war fast immer Maggies schönster Moment des Tages. Diese neue Situation ging ihr total gegen den Strich.
»Danke, Mags. Da du ja arbeiten musst, gehe ich und schau mir mal die Stadt an. Wann machst du Feierabend?«, fragte Angel, als hätten sie nie im Leben ein böses Wort gewechselt.
»Ich bin so gegen fünf Uhr fertig. Hier.« Maggie zog ihren Schlüsselbund aus der Tasche. Sie löste einen Schlüssel aus dem Ring und reichte ihn Angel. »Das ist mein Hausschlüssel, falls du müde wirst. Wenn ich herausfinde, dass noch jemand außer dir in meinem Haus war, musst du dir eine neue Bleibe suchen. Ich will nicht …«
»Verstanden.« Angel verdrehte die Augen und lächelte Joshua zu. »Jungs und Bier müssen verschwinden, ehe du heimkommst. Ist klar.«
»Sarkasmus liegt offensichtlich in der Familie«, kommentierte Joshua grinsend.
»Ja, das ist eine Familientradition«, sagte Maggie mit einem schiefen Lächeln, trat an den Tresen und schrieb ihre Adresse auf. Mit zusammengekniffenen Lippen reichte sie Angel den Zettel.
Angel stopfte ihn in die Tasche ihrer Shorts. Den Schlüssel hängte sie an die Silberkette um ihren Hals und berührte ihn leicht.
»Dann bis heute Abend«, sagte sie. »Nett, Sie kennenzulernen, Joshua.«
»Ganz meinerseits, Angel.«
Joshuas lächelte, und Maggie fand, dass er wie ein großer, tapsiger Hund aussah. Jetzt war es an ihr, die Augen zu verdrehen. Das Windspiel an der Tür bimmelte, und Angel war weg. Maggie stöhnte auf.
»Deine Schwester scheint doch ganz nett zu sein. Wo ist das Problem?«, fragte Joshua und sah Angel durch die geschlossene Tür nach.
»Uns verbindet nichts. Gar nichts«, sagte Maggie, zog ihre Bluse glatt und machte sich an die Arbeit. Sie hatte genug zu tun. Ein paar Kunden, die den Blick über die Regale gleiten ließen, hatten Bücher in der Hand. Sie blieb bei der Kasse stehen und vermied es, Joshua anzusehen.
»Ich bin sicher, ihr habt mehr gemeinsam, als du glaubst. Du hast sie eben eine Weile nicht gesehen. Seit wann …?«
»Seit vier Jahren. Ich hab sie vier Jahre nicht gesehen, und sie ist acht Jahre jünger als ich. Und sie hat ein total anderes Leben geführt als ich. Ich frage mich, warum sie hier ist.«
»Vielleicht einfach, weil sie ihre Schwester sehen will?« Joshua versuchte, nett zu sein, doch Maggie kannte Angel gut genug, um zu wissen, dass ihr Aufkreuzen einen Grund hatte. Es war gar nicht typisch für sie, um Anerkennung oder Hilfe zu bitten.
»Ja, mag sein.« Maggie zwang sich zu einem schiefen Lächeln und nickte. Vielleicht hatte Joshua ja recht. Aber er war an jenem Tag, an dem Angel abgehauen war, schließlich nicht dabei gewesen. Er hatte ihren Unsinn über die Große Gesellschaft der Sühne nicht mitbekommen. Passte zu einem Haufen Gruftis, ihre kleine Clique so zu nennen. Zum Glück kam einer der Kunden, der fast aus jedem Regal ein Buch gewählt hatte, zur Kasse, und sie musste sich um ihn kümmern. Joshua lächelte und kehrte auf seine Seite des Ladens im Café zurück.
Maggie addierte die Einkäufe des Kunden. Leider verließ nun die Ausgabe von Brian Kilmeades Buch Die Piraten von Tripolis den Laden. Das hatte sie eigentlich noch lesen wollen. Den Bildband über Matisse hatte sie mehrmals angesehen und ließ ihn auch nicht gern gehen. Aber so wie der Kunde aussah, bekamen die Bücher sicher ein gutes Zuhause, auch wenn sie die Bücher gern noch ein paar Tage für sich gehabt hätte.
»Überraschung! Habe ich dir gefehlt?«, fragte Angel gerade, als Maggie dabei war, den Laden zu schließen. Ehrlich gesagt kam es Maggie vor, als sei ihre Schwester gar nicht fort gewesen. Sie hatte den ganzen Tag an sie gedacht.
»Hast du Spaß gehabt?«, fragte Maggie, die von einem Gähnen überfallen wurde.
»Hab ich. Im Park sind ein paar unglaubliche kleine Verkaufsbuden. Ich habe dir etwas gekauft«, sagte Angel und hielt ihr eine unspektakuläre Papiertüte hin. »Findest du diese knisternden Tüten nicht auch so schön? Die klingen doch so verheißungsvoll, als ob sie einen echten Schatz enthalten. Es ist kein blauer Diamant drin, mach dir also keine zu große Hoffnung.«
Maggie, die solche Tüten auch immer schön fand, nahm sie entgegen. Sie lächelte. »Du musstest mir doch nichts kaufen. Spar dein Geld lieber für … Heizung oder Miete.«
»Dezente Andeutung«, regte sich Angel auf und verdrehte mal wieder die Augen.
Maggie grinste spöttisch und öffnete die Tüte. Der Duft stieg ihr sofort in die Nase. Sie sah hinein und entdeckte ein weißes Seifenstück mit kleinen grünen Sprenkeln.
»Ist das …?«
»Basilikum. Genau. Duftet das nicht himmlisch?«, fragte Angel.
»Wow, ja, wirklich.« Maggie steckte die Nase in die Tüte und atmete tief ein, dann reichte sie Angel die Tüte, die ihrerseits die Nase hineinsteckte.
»Ist ja nur eine Kleinigkeit. Ich habe mich erinnert, dass du den Duft von frischem Basilikum immer so mochtest. Ich konnte nicht dran vorbeigehen. Und ich habe etwas Geld. Ist also kein Problem. Das Mindeste, was ich tun kann. Ich weiß, dass dir mein Auftauchen ganz schön in die Parade fährt. Aber sonst wusste ich wirklich nicht, wohin, Mags. Nirgends.« Maggie sah ihre Schwester an und war sicher, dass sie etwas rote Augen bekommen hatte.
»Was ist passiert, Angel?« Maggie runzelte sorgenvoll die Stirn.
»Ich hab wirklich versucht, es hinzukriegen«, sagte Angel. »Am Anfang war ich so glücklich wie noch nie. Es gab so viel zu tun, und alle haben mitgeholfen. Es war wirklich eine richtig schöne Entwicklung. Mags, wir hatten einen Garten, von dem die ganze Stadt hier hätte leben können. Wir konnten schöne Sachen verkaufen und haben uns einfache Unterkünfte gebaut. Jeder war bei jedem willkommen.«
Maggie zog fragend das Kinn an.
»Ich weiß, dass sich das für dich seltsam anhört, aber es war nicht anders als damals, wenn ich in dein Zimmer kam. Es war so ein richtiges Gefühl von Familie«, sagte Angel.
»Du hattest doch eine Familie.« Maggie konnte sich die Worte nicht verkneifen.
»Nicht so eine, Mags. Ich hab nicht nur rumgesessen und hab ferngesehen, in einem netten Haus, wo ich vor mich hingammelte, ehe ich irgendwas erlebte«, erwiderte Angel.
»Genau, das haben wir gemacht. Die ganze Zeit ferngesehen.« Maggie verdrehte entnervt die Augen. »Ich weiß nicht, was mich mehr aufbringt, Angel. Die Tatsache, dass du abgehauen bist, oder die, dass du dir eingebildet hast, dass es dir so schlecht ging.«
Angel kniff die Lippen zusammen. »Dort lief es gut, Mags. Ungefähr ein Jahr lang. Dann ging es bergab. Richtig bergab.«
Zum ersten Mal seit ihrem Eintreffen sah Maggie Angel nicht als ihre unzuverlässige Schwester, sondern als Frau. Ein Schatten zog über Angels Gesicht. Der übliche selbstsichere, unbekümmerte Ausdruck verschwand. Angel sah verängstigt aus. Schlicht und ergreifend verängstigt.
»Okay, gehen wir los und …« Genau in dem Moment klopfte es an die Glastür, und ein weiteres Gesicht aus Maggies Vergangenheit spähte durch den Schriftzug Büchercafé.
»O nein«, seufzte Angel.
»Ist das …?«
»Ja«, stöhnte Angel.
»Der sucht wohl dich, nehme ich an«, sagte Maggie, ging an die Tür und schloss wieder auf. Angel schwieg, während Maggie die Tür öffnete.
»Hi«, sagte der Mann. Er war groß, trug ein weißes T-Shirt und Jeans, dazu Flip-Flops und an beiden Handgelenken ein paar seltsame Armreife. Schmuck an Männern konnte Maggie nicht ausstehen. Ein Goldkettchen um den Hals sah ja vielleicht noch ganz sexy aus, aber auch nur ganz selten. Schwarze Gummiringe oder geflochtene Armbänder an einem erwachsenen Mann waren noch unmöglicher.
»Echo?«, fragte Maggie mit einem Gesicht, als habe sie in eine Zitrone gebissen.
»Ja, woher weißt du das?«, fragte er.
»Blitzgescheit, Angel«, sagte Maggie. Sie trat zur Seite, damit sich ihre Schwester mit ihrem Freund unterhalten konnte. Aber nichts dergleichen passierte. Kein freudiges Wiedersehen. Echo wirkte zwar erleichtert und froh, Angel zu sehen, aber als Maggie das Gesicht ihrer Schwester sah, wünschte sie, dass sie nicht geöffnet hätte.
»Halt dich fern von mir!«, rief Angel. Und dann wurde es laut.
»Angel, das meinst du doch nicht ernst«, sagte Echo und trat vor Maggie.
»Doch, das meine ich! Wenn du nicht verschwindest, ruft meine Schwester die Polizei!«, rief Angel so laut, dass Joshua und Babs im Café aufmerksam wurden. Sogar Casper, der still vor sich hin gearbeitet und Bücher eingeräumt hatte, kam nach vorne, um zu sehen, was los war.
Echo drehte sich um und sah Maggie an. Er hatte große grüne Augen, und sein Haar fiel ihm so in die Stirn, dass es manche Frauen – wie Angel – wohl attraktiv fanden. Maggie hätte am liebsten eine Schere genommen und die widerspenstigen Strähnen abgeschnitten.
»Maggie?«, fragte Echo mit einer Stimme, weich wie Samt. »Wow. Du hast dich vielleicht verändert.«
»Nein. Hab ich nicht. Echo, wir schließen gerade und …«
»Ja. Klar. Angel, komm mit. Ich bring dich nach Hause«, sagte Echo und streckte die Hand aus.
Angel wich zurück, als habe er Krallen. »Ich komme nirgendwo mit hin. Jetzt nicht und überhaupt nicht mehr«, zischte sie.
»Echo, ich glaube, du solltest einfach besser gehen«, sagte Maggie. Sie mochte keine Auseinandersetzungen, und es war nicht ihre Art, sich bei anderen einzumischen. Aber hier ging es nicht um irgendwelche Leute. Es ging um Angel.
»Maggie, deine Schwester weiß nicht, was sie sagt. Du weißt doch, wie leicht sie zu beeinflussen ist. »Sie muss mit mir mitkommen«, entgegnete Echo.
Er hatte recht, Angel war tatsächlich leicht zu beeinflussen.
»Nein, muss ich nicht!«, schrie Angel und wich ein paar Schritte zurück.
»Sie will nicht, Echo. Geh jetzt einfach. Wenn sich die Dinge beruhigen, könnte ihr darüber reden. Ich bin sicher …«, begann Maggie.
»Angel! Schluss damit! Du weißt, dass du mitkommen musst! Hör mit dem Unsinn auf! Hör auf, mir wehzutun!«, rief Echo. Sein Gesicht lief rot an, und seine Augen traten aus den Höhlen. Er sah auf einmal wie ein ganz anderer Mensch aus. Seine dröhnende Stimme ließ nicht nur Maggie und Angel zusammenfahren, sondern rief auch Joshua auf den Plan.
»Dir wehtun?«, fauchte Angel zurück.
»Du bist mein Ein und Alles, Angel. Bitte. Du fehlst uns allen. Nicht nur mir. Allen. Lucas und Sunshine und Palmer. Was soll ich denen sagen? Was meinst du, wie die sich fühlen, wenn sie hören, dass du sie einfach im Stich lässt?«
Maggie riss die Augen auf und sah ihre Schwester an. »Habt ihr etwa Kinder?«
»Was? Nein! Das sind die Begleiter. So nennen sie sich gern. Es ist mir ganz egal, was du ihnen erzählst. Ich bin kein Stück Vieh, Echo. Du besitzt mich nicht.«
»Angel, du weißt ja nicht, was du sagst.« Echo versuchte, sie zu beruhigen, aber sie wich weiter zurück, als er die Hand nach ihr ausstreckte.
»Das reicht jetzt, Echo. Wenn du mich anrührst, kriegst du eine gescheuert!«
»Angel! Ich liebe dich! Ich habe noch nie jemanden so geliebt, wie ich dich liebe! Alles wird wieder gut, wenn du mit mir kommst!«, stieß Echo schluchzend hervor.
»Ich bring dich um, wenn du mir noch mal zu nahe kommst!«, rief Angel.
»Schluss! Das reicht jetzt. Ich muss Sie bitten zu gehen«, sagte Joshua und trat zwischen Angel und Echo. Ehe ein weiteres Wort fiel, rannte Angel ins Hinterzimmer. Maggie hörte, wie die Tür aufgerissen und zugeschlagen wurde.
»O nein, ist sie abgehauen?«, jammerte Echo.
»So klingt es«, sagte Maggie. »Ich denke, es war doch ziemlich eindeutig, dass sie nicht mit dir reden wollte. Vielleicht solltest du am besten nach Hause fahren und warten, bis sie sich wieder beruhigt hat.«
»Ich hol sie zurück. Ich muss.« Echo sah Maggie an. Tränen rollten ihm über die Wangen.
Es war Maggie unangenehm, den Mann über sein eigenes Elend flennen zu sehen. So unangenehm, wie einen Hund zu beobachten, der gerade sein Geschäft machte, wenn andere vorbeikamen. Sie schämte sich für ihn.
»Männer sollten vor anderen nicht weinen. Wirklich nicht«, sagte sie, holte einen Papierserviette hinter der Theke hervor und reichte sie ihm.