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Hannover braucht eine Flughafenkapelle! Das forderte Margot Käßmann, als 2005 der Kirchentag nach Hannover kam. Es gab jedoch nur einen einzigen freien Raum und der lag ausgerechnet neben einem Beate-Uhse-Shop. »Macht gar nichts«, erklärte die damalige Landesbischöfin, »den nehme ich«. Schließlich müssen die Christen mitten in der Welt sein. Margot Käßmann war die erste Frau an der Spitze der evangelischen Kirche in Deutschland und gilt bis heute als eine ihrer wichtigsten Vertreterinnen. Als ihre Alkoholfahrt publik wurde, gestand sie ihren Fehler ohne zu zögern ein und trat mit sofortiger Wirkung von ihrem Amt der Ratsvorsitzenden zurück. So viel Ehrlichkeit, so viel Souveränität haben ihr Respekt in der Bevölkerung eingebracht. Dieses Buch gibt in kleinen Anekdoten Einblicke in das Leben einer großen Theologin, die sich nicht davor scheut, klar Stellung zu beziehen – auch wenn es unangenehm wird.
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Seitenzahl: 63
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
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Originalausgabe
1. Auflage 2016
© 2016 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,
Nymphenburger Straße 86 D-80636 München Tel.: 089 651285-0 Fax: 089 652096
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Redaktion: Antje Steinhäuser
Umschlaggestaltung: Isabella Dorsch
Umschlagabbildung: imago/epd
Satz: inpunkt[w]o, Haiger
ISBN Print: 978-3-7423-0004-1
ISBN E-Book (PDF): 978-3-95971-356-6
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-95971-357-3
Vorwort
Beate Uhse und die Flughafenkapelle
Boa, was ist dem denn passiert?
Trotzig bis zuletzt
Folge deinem Herzen
Stilbruch mit Stil
Ein Kaffeeverkäufer weist den Weg
Tritt frisch auf! Tu’s Maul auf!
Der Niedergang des Protestantismus
Zimttee und Birkenstocksandalen
Nichts ist gut in Afghanistan
Im Taxi durch Berlin
Spinat und Bastelversuche
Machtverlust und der übervolle Kühlschrank
Die Mutter aller Rücktritte?
Margot Käßmann – die Nervensäge
Bibel oder Politik?
Im Glauben gehalten
Einen Punkt für sich selbst finden
Die Kraft der Sprache
Brennen für die eigene Sache
Die Liebe bleibt
Ein Lied im Auf und Ab der Zuneigung
Mutig voran und trotzdem auch eine gute Mutter sein
Alle Eltern sind gleich, aber manche sind gleicher als andere
Das Haar in der Bibel
Joggen im Gespräch mit Gott
Der direkte Draht zum lieben Gott
Krisen erleben
Der nette Dieb
Das haben Sie sich selbst eingebrockt
Ein voll cooles Buch, was?
Baader/Meinhof, die politische Meinung und die Verunsicherung
Es gibt Licht in diesem Leben
Unsere Bischöfin
Schlotternde Hände
Quellen
Die 1958 geborene Theologin Professor Dr. Dr. h. c. Margot Käßmann ist die prominenteste Frau der deutschen evangelischen Kirche. Sie war mit Eckhard Käßmann verheiratet, die beiden haben vier Töchter, Hanna, Esther, Sarah und Lea. 2007 ließ sich das Paar nach 26 Jahren Ehe scheiden.
In ihrer Laufbahn hatte Margot Käßmann bereits viele unterschiedliche Funktionen und Posten inne, so war sie Pfarrerin, Mitglied im Ökumenischen Rat der Kirchen, Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages, Präsidentin der Zentralstelle für Recht und Schutz der Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen, Landesbischöfin der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland.
Einen Bruch in ihrer Laufbahn gab es, als ihr ein schwerer persönlicher Fehler unterlief, aus dem Margot Käßmann berufliche Konsequenzen zog. 2010 trat sie von allen Ämtern zurück, nachdem sie unter Alkoholeinfluss Auto gefahren war.
Seit 2012 ist sie im Auftrag des Rates der Evangelischen Kirchen Deutschlands »Botschafterin für das Reformationsjubiläum 2017«.
Margot Käßmann hat nicht nur zahlreiche Aufgaben und Ämter übernommen, sie ist vor allem auch eine lebensfrohe und lebensbejahende Frau, die sich für moralische Werte und Menschlichkeit einsetzt. Sie ist eine hervorragende Rednerin und scheut sich nicht, klar Stellung zu beziehen, auch wenn es unangenehm wird.
Einer Diskussion geht sie nie aus dem Weg und sie wird nicht müde in ihrem Bestreben, der Welt ein wenig Licht zu bringen.
Als Margot Käßmann als Landesbischöfin noch neu im Amt war, stellte sie fest, dass am Flughafen Hannover eine Kapelle fehlte. Das behagte ihr gar nicht, war sie doch der festen Überzeugung, dass jeder Flughafen eine Kapelle braucht. So blieb sie sich auch in diesem Fall selbst treu, denn wenn etwas nicht ist, wie es sein sollte, muss man versuchen, es zu ändern.
Deshalb setzte Käßmann sich beherzt dafür ein, dass auch der Flughafen Hannover eine Kapelle bekam. Es war zur Expo 2000, als sie den ersten Anlauf nahm. Doch auch die beste Idee scheitert mitunter an der Realität. So auch in diesem Falle. Die Sache mit der Kapelle am Flughafen Hannover klappte nicht auf Anhieb.
Damals stieß Margot Käßmann auf Widerstand, konnte ihren Wunsch beim Flughafenbetreiber nicht durchsetzen. Im ersten Anlauf musste sie sich geschlagen geben.
Doch so schnell gibt eine Frau wie Margot Käßmann nicht auf. Sie wartete auf den richtigen Moment, im Vertrauen darauf, dass der kommen würde. Sie wollte erneut Anlauf nehmen, sich erneut für ihr Anliegen einsetzen.
Als 2005 der Kirchentag nach Hannover kam, witterte Margot Käßmann ihre Chance. Inzwischen hatte sie schon einige Jahre Erfahrung im Amt und vielleicht auch an Durchsetzungskraft gewonnen. Schnurstracks ging sie zum Flughafenchef, erklärte ihm die Situation und bat um die Möglichkeit, eine Kapelle einzurichten. »Alle Flughäfen haben eine Flughafenkapelle«, erklärte sie ihm. »Also braucht auch Hannover eine.«
Tatsächlich ging der Flughafenchef diesmal auf ihre Argumente ein und machte den Weg zur Verwirklichung frei. Allerdings hatte die Sache einen Haken, denn der Chef erklärte ihr, dass er nur noch einen einzigen freien Raum habe, der infrage käme, und der läge direkt neben einem Beate-Uhse-Shop.
»Macht gar nichts«, erklärte Frau Käßmann. »Den nehme ich.« Sie findet, die Christen mussten schon immer mitten in der Welt sein. Und so konnte sie ihr Vorhaben der Flughafenkapelle in Hannover doch noch verwirklichen – ganz ohne Berührungsängste und mittendrin.
Margot Käßmann wünscht sich mehr christliches Wissen und weniger Angst vor dem Fremden. Doch dazu müssen christliche Werte vermittelt, biblische Geschichten erzählt werden. Die Leere, auf die man heutzutage immer öfter trifft, dort, wo eigentlich dieses Wissen sein sollte, findet sie erschreckend.
Gerade in der heutigen Zeit zitieren christliche Menschen oft den Koran hoch und runter, um zu zeigen, wie gefährlich dieses »Fremde« doch für uns sei. Margot Käßmann sagt, diese Menschen hätten ihren Respekt, wenn sie die Bibel so kennen würden und zitieren könnten. Doch die meisten könnten das nicht.
Dabei bräuchte man viel weniger Angst haben, wenn man in der eigenen christlichen Kultur wirklich seine Heimat hätte und es nicht nur Lippenbekenntnisse wären. Viele Menschen sehnen sich in bestimmten Situationen nach einem Gebet, oft fehlen ihnen jedoch die Worte, weil sie nicht nur die Bibel nicht mehr kennen, sondern auch keine Gebete mehr auswendig wissen.
Das Problem fängt nach Margot Käßmanns Erfahrung bereits bei den Kindern an. Die Eltern vermitteln die christlichen Geschichten oft gar nicht oder nur in sehr kleinem Rahmen. Dabei hören Kinder sehr gerne Bibelgeschichten, wenn sie kindgerecht erzählt werden. So können sie von klein auf einen Zugang zum Glauben finden. Biblische Geschichten können nach Margot Käßmanns Verständnis durchaus auch in kommunalen Kindertagesstätten erzählt werden, denn es ist keine Einflussnahme, sondern einfach spannend für Kinder, etwas von der Arche Noah, von der Paradiesgeschichte oder von Jesus zu hören.
Sie sagt, sie sei manchmal erschüttert, wie wenig die Leute noch über die Bibel wissen.
So hat sie einmal eine Führung gemacht, Kinderpädagogik, in der Marktkirche Hannover. Ein Junge betrachtete das Altarbild, das den gekreuzigten Jesus zeigt. Er machte große Augen und sagte: »Boa, was ist dem denn passiert?«
Die Frage nach dem Tod und dem Umgang mit dem eigenen Sterben beschäftigt uns alle früher oder später auf die eine oder andere Weise. Natürlich hat auch Margot Käßmann darüber nachgedacht und weiß, was ihr in diesem Zusammenhang wichtig ist und wie der Glaube ihr beim Umgang damit hilft. Doch als viel schwieriger als das eigene Sterben und den Umgang damit empfindet sie das Sterben lieber Menschen, mit dem man leben muss.
Sie zitiert Mascha Kaléko im Sinne von: Wenn man tot ist, ist man tot. Stirbt ein anderer Mensch, muss man damit leben.