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Karl Marx wollte verstanden werden und schuf einprägsame Sätze wie 'Proletarier aller Länder, vereinigt euch!'. Dennoch war er kein Populist und ging den Fragen, die ihn bewegten, in sehr gründlichen und scharfsinnigen Analysen nach. Kaum ein Denker prägte sein eigenes und das ihm folgende Jahrhundert so nachhaltig wie Marx in gemeinschaftlicher Arbeit mit Friedrich Engels. Der beste Weg zum Verständnis ihres Wirkens führt über die Lektüre der hier versammelten Originaltexte:
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Seitenzahl: 1174
Karl Marx und Friedrich EngelsGesammelte Werke
Karl MarxFriedrich Engels
Herausgegeben von Kurt Lhotzky
Anaconda
Orthografie und Interpunktion wurden den Regeln der neuen deutschen Rechtschreibung angepasst.
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2016 Anaconda Verlag GmbH, KölnAlle Rechte vorbehalten.Umschlagmotiv: Karl Marx (1818–1883),hier ca. 1882 / Bridgeman ImagesUmschlaggestaltung: Druckfrei. Dagmar Herrmann, BonnISBN 978-3-7306-0335-2eISBN [email protected]
Kaum zwei andere Denker haben ihr eigenes und die folgenden Jahrhunderte so nachhaltig geprägt wie Karl Marx (1818–1883) und Friedrich Engels (1820–1895).
Viele Male totgesagt, verboten, revidiert, quasi-religiös kanonisiert, in den Elfenbeinturm der akademischen Marxologie gesperrt, tauchen die Lehren von Marx und Engels bis zum heutigen Tage immer und überall dort auf, wo gesellschaftliche Umbrüche stattfinden.
Diese Auswahl soll allen Interessierten die Möglichkeit bieten, Marx und Engels »mit ihren eigenen Worten« kennenzulernen.
Zwangsläufig ist jede Auswahl subjektiv, daher hier ein kleiner Leitfaden durch das Inhaltsverzeichnis. Die Anordnung der Texte erfolgt chronologisch.
Die ersten Texte bis 1847, zumeist Ausschnitte aus größeren Werken, markieren Meilensteine in der geistigen Entwicklung beider Autoren, die sich von der damals unter den radikalen Intellektuellen dominierenden Hegel’schen und kritisch daran ansetzenden »junghegelianischen« Philosophie zu trennen beginnen.
Marx und Engels, und das sei hier nachdrücklich betont, waren keine Stubenhocker und Schreibtischgelehrten. Sie waren in allen Phasen ihres Lebens praktisch politisch aktiv, in legalen und illegalen revolutionären Organisationen, Engels während der Revolution in Baden 1849 bewaffnet als Adjutant Johann August Ernst von Willichs im Kampf gegen die preußische Armee.
Die berühmten »Feuerbachthesen« mit dem Diktum, die Philosophen hätten die Welt nur verschieden interpretiert, es komme aber darauf an, sie zu ändern, stellen das Bindeglied zwischen Theorie und Praxis dar.
1847 verfasste Engels mit den »Grundsätzen des Kommunismus« einen ersten Entwurf zu dem, was später das »Manifest der Kommunistischen Partei« werden sollte. Der »Bund der Kommunisten«, dem beide im selben Jahr beigetreten waren, hatte sich seit seiner Gründung 1836 von einem konspirativen Diskussionszirkel zu einer revolutionären Arbeiterorganisation entwickelt, die Marx und Engels auf eine internationalistische Grundlage stellen wollten. Der 2. Kongress des Bundes beauftragte Marx und Engels mit der Abfassung eines Programms. Wir drucken beide Texte ab, die sich zwar teilweise überschneiden, zugleich aber die Entwicklung der politischen Konzepte der beiden Freunde widerspiegeln.
In den vom Bund der Kommunisten initiierten Arbeitervereinen hielt Marx immer wieder Referate, eines der bekanntesten 1849, »Lohnarbeit und Kapital«, in dem schon wesentliche Gedanken, die später im »Kapital« ausformuliert werden, »ungeschliffen« vorweggenommen sind.
An der bürgerlich-demokratischen Revolution von 1848/49 waren Marx und Engels wesentlich beteiligt; die von Marx redigierte »Neue Rheinische Zeitung« war das Sprachrohr des radikalsten Flügels der revolutionären Bewegung. Die Niederlage der Revolution führte zu einer deutlichen Umorientierung bei den führenden Männern der kommunistischen Bewegung (Frauen spielten damals in der Leitung des Bundes noch keine Rolle). In der »Ansprache der Zentralbehörde an den Bund« zieht Marx eine Bilanz des Scheiterns der Revolution und kommt zum Schluss, dass es nun gelte, die »Revolution permanent« zu machen und von der Bourgeoisie unabhängige Arbeiterorganisationen aufzubauen.
Die brillant formulierten Studien über Revolution und Konterrevolution in Frankreich (»Die Klassenkämpfe in Frankreich« und »Der 18. Brumaire«) sind einerseits angewandte Beispiele der materialistischen und dialektischen Methode von Marx und Engels, andererseits unerhört lebendige Beschreibungen von Umwälzungen, die bis heute gültige Mechanismen gesellschaftlicher Veränderungen analysieren und Musterbeispiele politischer Publizistik sind.
In den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts widmete sich Marx, im ständigen Dialog mit Engels, der Arbeit an seinem Hauptwerk, »Das Kapital«. Der erste Band dieses epochalen Werks liegt bei Anaconda vor, wir beschränken uns in dieser Ausgabe auf das 24. Kapitel über die »ursprüngliche Akkumulation des Kapitals«, das neben der Behandlung der Entstehung des modernen Kapitals auch zeigt, mit welcher schriftstellerischen Sprachgewalt Marx an sein Studienobjekt – die kapitalistische Produktionsweise – heranging
Als 1864 in London die Internationale Arbeiterassoziation (I. Internationale) gegründet wird, ist Marx an führender Stelle dabei und verfasst die Prinzipienerklärung. Die »Inauguraladresse« der Internationale greift daher – wenig erstaunlich – einen Satz auf, der seit 1848 mit Marx und Engels untrennbar verknüpft ist: »Proletarier aller Länder, vereinigt euch!«
In der Arbeiterassoziation rangen verschiedene Strömungen um die ideologische Vorherrschaft. Der deutsch-französische Krieg 1870/71 und die folgende soziale Revolution in Paris (»Pariser Commune«) führte zu verschärften Verfolgungen gegen die Internationale. In den Schriften über den »Bürgerkrieg in Frankreich« formulierte Marx schärfer als zuvor das Programm einer Arbeiterrevolution und der notwendigen »Zerschlagung der Staatsmaschine«.
Im letzten Teil finden sich Polemiken und Diskussionsbeiträge von Marx und Engels gegen die Anarchisten einerseits, die ihrer Meinung nach zu moderaten Verfechter einer »Sozialdemokratie« andererseits. Gerade die in zahlreichen Protestbewegungen der Gegenwart auftauchenden Konzepte der Schaffung kleiner, lokaler Inseln des Widerstands oder der Rebellion machen die Kritik an der anarchistischen Praxis der »Bakunisten« wieder aktuell, die hier bewusst oder unbewusst Pate steht.
Zwei längere Arbeiten von Engels – »Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft« und »Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie« runden diese Auswahl ab. Sie sind auch heute noch leicht lesbare Einführungen in die Ideengeschichte des Sozialismus und die Geschichte der großen philosophischen Strömungen.
Aus Platzgründen wurde auf Auszüge aus zwei zentralen Werken von Friedrich Engels verzichtet: 1845 erschien Engels Buch über »Die Lage der arbeitenden Klasse in England«, das bis zum heutigen Tag als grundlegendes Werk der modernen Sozialforschung angesehen wird. 1884 veröffentlichte er »Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats«, ein Buch, das auf den Forschungen des amerikanischen Anthropologen Lewis Henry Morgan fußt und versucht, eine materialistische, auf den Erkenntnissen der damaligen Wissenschaft fußende Erklärung der im Titel umrissenen Themenkreise zu liefern.
Die vorliegende Ausgabe ist keine »wissenschaftliche Edition«. Mit wenigen Ausnahmen – außer, es handelt sich um Anmerkungen von Marx und Engels selbst – wurde auf Fußnoten oder Erläuterungen verzichtet. Mein Ziel war es, einen möglichst breiten Einblick in das theoretische und praktische Werk von Karl Marx und Friedrich Engels zu bieten. Die Auswahl folgt daher nicht den Bedürfnissen mancher Ökonomen oder Politikwissenschaftler, die nahezu bibelexegetische Textinterpretationen liefern, wenn es um Marx und Engels geht – jede, jeder Interessierte soll sich selbst anhand von Quellentexten ein Bild vom »Marxismus« machen können; die beiden Verfasser dieser Texte haben ja schließlich »für die Massen« geschrieben und nicht für professorale Debattierklubs.
Wer sich weiter in das Thema vertiefen will, kann dies mit den 43 Bänden der Marx/Engels-Werke (MEW, auch genannt: »Die blauen Bände«) aus dem Dietz-Verlag tun. Diese Werkausgabe kann als die derzeit anerkannte Referenzausgabe der Werke angesehen werden. Dank der Arbeit von Christian Spohn gibt es die MEW auch digital, eine eigens von ihm entwickelte Suchmaschine ermöglicht völlig neue Recherchemöglichkeiten. Daneben erscheint unter der Ägide der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften die MEGA (Marx/Engels-Gesamtausgabe).
Eine gute Lösung für Menschen mit geringem Budget und wenig Platz im Bücherregal ist das »Marxists Internet Archive« (www.marxists.org), auf dem sich viele Texte sozialistischer Theoretikerinnen und Theoretiker finden lassen.
In einigen Texten finden sich in geschweiften Klammern { } Übersetzungen fremdsprachiger Begriffe oder Zitate. Zudem stehen in eckigen Klammern [] Passagen, an denen Marx und Engels im Laufe der Zeit Änderungen vorgenommen haben bzw. wo durch beschädigte Manuskriptseiten Wörter ergänzt werden mussten. Im Text »Kritik des Gothaer Programms« (S. 697 ff.) sind jene Stellen, die in der Ausgabe von 1891 von Friedrich Engels durch Punkte ersetzt wurden, in spitzen Klammern ‹ › eingefügt. Den Grund der Auslassungen erklärte Engels damals in der Einleitung: »Trotzdem habe ich einige persönlich scharfe Ausdrücke und Urteile da, wo dies für die Sache gleichgültig war, ausgelassen und durch Punkte ersetzt.« (S. 697)
Mein Dank gilt dem gesamten Team des Anaconda-Verlages für die Betreuung dieses manchmal nicht ganz einfachen Projekts.
Kurt Lhotzky, Wien, Herbst 2015
Karl Marx
Für Deutschland ist die Kritik der Religion im Wesentlichen beendigt, und die Kritik der Religion ist die Voraussetzung aller Kritik.
Die profane Existenz des Irrtums ist kompromittiert, nachdem seine himmlische oratio pro aris et focis widerlegt ist. Der Mensch, der in der fantastischen Wirklichkeit des Himmels, wo er einen Übermenschen suchte, nur den Widerschein seiner selbst gefunden hat, wird nicht mehr geneigt sein, nur den Schein seiner selbst, nur den Unmenschen zu finden, wo er seine Wirklichkeit sucht und suchen muss.
Das Fundament der irreligiösen Kritik ist: Der Mensch macht die Religion, die Religion macht nicht den Menschen. Und zwar ist die Religion das Selbstbewusstsein und das Selbstgefühl des Menschen, der sich selbst entweder noch nicht erworben oder schon wieder verloren hat. Aber der Mensch, das ist kein abstraktes, außer der Welt hockendes Wesen. Der Mensch, das ist die Welt des Menschen, Staat, Sozietät. Dieser Staat, diese Sozietät produzieren die Religion, ein verkehrtes Weltbewusstsein, weil sie eine verkehrte Welt sind. Die Religion ist die allgemeine Theorie dieser Welt, ihr enzyklopädisches Kompendium, ihre Logik in populärer Form, ihr spiritualistischer Point-d’honneur, ihr Enthusiasmus, ihre moralische Sanktion, ihre feierliche Ergänzung, ihr allgemeiner Trost- und Rechtfertigungsgrund. Sie ist die fantastische Verwirklichung des menschlichen Wesens, weil das menschliche Wesen keine wahre Wirklichkeit besitzt. Der Kampf gegen die Religion ist also mittelbar der Kampf gegen jene Welt, deren geistiges Aroma die Religion ist.
Das religiöse Elend ist in einem der Ausdruck des wirklichen Elends und in einem die Protestation gegen das wirkliche Elend. Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volkes.
Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines wirklichen Glücks. Die Forderung, die Illusionen über seinen Zustand aufzugeben, ist die Forderung, einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf. Die Kritik der Religion ist also im Keim die Kritik des Jammertales, dessen Heiligenschein die Religion ist.
Die Kritik hat die imaginären Blumen an der Kette zerpflückt, nicht damit der Mensch die fantasielose, trostlose Kette trage, sondern damit er die Kette abwerfe und die lebendige Blume breche. Die Kritik der Religion enttäuscht den Menschen, damit er denke, handle, seine Wirklichkeit gestalte wie ein enttäuschter, zu Verstand gekommener Mensch, damit er sich um sich selbst und damit um seine wirkliche Sonne bewege. Die Religion ist nur die illusorische Sonne, die sich um den Menschen bewegt, solange er sich nicht um sich selbst bewegt.
Es ist also die Aufgabe der Geschichte, nachdem das Jenseits der Wahrheit verschwunden ist, die Wahrheit des Diesseits zu etablieren. Es ist zunächst die Aufgabe der Philosophie, die im Dienste der Geschichte steht, nachdem die Heiligengestalt der menschlichen Selbstentfremdung entlarvt ist, die Selbstentfremdung in ihren unheiligen Gestalten zu entlarven. Die Kritik des Himmels verwandelt sich damit in die Kritik der Erde, die Kritik der Religion in die Kritik des Rechts, die Kritik der Theologie in die Kritik der Politik.
Die nachfolgende Ausführung – ein Beitrag zu dieser Arbeit – schließt sich zunächst nicht an das Original, sondern an eine Kopie, an die deutsche Staats- und Rechts-Philosophie an, aus keinem andern Grund, als weil sie sich an Deutschland anschließt.
Wollte man an den deutschen status quo selbst anknüpfen, wenn auch in einzig angemessener Weise, d. h. negativ, immer bliebe das Resultat ein Anachronismus. Selbst die Verneinung unserer politischen Gegenwart findet sich schon als bestaubte Tatsache in der historischen Rumpelkammer der modernen Völker. Wenn ich die gepuderten Zöpfe verneine, habe ich immer noch die ungepuderten Zöpfe. Wenn ich die deutschen Zustände von 1843 verneine, stehe ich, nach französischer Zeitrechnung, kaum im Jahre 1789, noch weniger im Brennpunkt der Gegenwart.
Ja, die deutsche Geschichte schmeichelt sich einer Bewegung, welche ihr kein Volk am historischen Himmel weder vorgemacht hat noch nachmachen wird. Wir haben nämlich die Restaurationen der modernen Völker geteilt, ohne ihre Revolutionen zu teilen. Wir wurden restauriert, erstens, weil andere Völker eine Revolution wagten, und zweitens, weil andere Völker eine Konterrevolution litten, das eine Mal, weil unsere Herren Furcht hatten, und das andere Mal, weil unsere Herren keine Furcht hatten. Wir, unsere Hirten an der Spitze, befanden uns immer nur einmal in der Gesellschaft der Freiheit, am Tag ihrer Beerdigung.
Eine Schule, welche die Niederträchtigkeit von heute durch die Niederträchtigkeit von gestern legitimiert, eine Schule, die jeden Schrei des Leibeigenen gegen die Knute für rebellisch erklärt, sobald die Knute eine bejahrte, eine angestammte, eine historische Knute ist, eine Schule, der die Geschichte, wie der Gott Israels seinem Diener Moses nur ihr a posteriori zeigt, die historische Rechtsschule, sie hätte daher die deutsche Geschichte erfunden, wäre sie nicht eine Erfindung der deutschen Geschichte. Shylock, aber Shylock der Bediente, schwört sie jedes Pfund Fleisch, welches aus dem Volksherzen geschnitten wird, auf ihren Schein, auf ihren historischen Schein, auf ihren christlich-germanischen Schein.
Gutmütige Enthusiasten dagegen, Deutschtümler von Blut und Freisinnige von Reflexion, suchen unsere Geschichte der Freiheit jenseits unserer Geschichte in den teutonischen Urwäldern. Wodurch unterscheidet sich aber unsere Freiheitsgeschichte von der Freiheitsgeschichte des Ebers, wenn sie nur in den Wäldern zu finden ist? Zudem ist bekannt: Wie man hineinschreit in den Wald, schallt es heraus aus dem Wald. Also Friede den teutonischen Urwäldern!
Krieg den deutschen Zuständen! Allerdings! Sie stehen unter dem Niveau der Geschichte, sie sind unter aller Kritik, aber sie bleiben ein Gegenstand der Kritik, wie der Verbrecher, der unter dem Niveau der Humanität steht, ein Gegenstand des Scharfrichters bleibt. Mit ihnen im Kampf ist die Kritik keine Leidenschaft des Kopfs, sie ist der Kopf der Leidenschaft. Sie ist kein anatomisches Messer, sie ist eine Waffe. Ihr Gegenstand ist ihr Feind, den sie nicht widerlegen, sondern vernichten will. Denn der Geist jener Zustände ist widerlegt. An und für sich sind sie keine denkwürdigen Objekte, sondern ebenso verächtliche, als verachtete Existenzen. Die Kritik für sich bedarf nicht der Selbstverständigung mit diesem Gegenstand, denn sie ist mit ihm im Reinen. Sie gibt sich nicht mehr als Selbstzweck, sondern nur noch als Mittel. Ihr wesentliches Pathos ist die Indignation, ihre wesentliche Arbeit die Denunziation.
Es gilt die Schilderung eines wechselseitigen dumpfen Drucks aller sozialen Sphären aufeinander, einer allgemeinen, tatlosen Verstimmung, einer sich ebenso sehr anerkennenden als verkennenden Beschränktheit, eingefasst in den Rahmen eines Regierungssystems, welches, von der Konservation aller Erbärmlichkeiten lebend, selbst nichts ist als die Erbärmlichkeit an der Regierung.
Welch ein Schauspiel! Die ins Unendliche fortgehende Teilung der Gesellschaft in die mannigfaltigsten Rassen, welche mit kleinen Antipathien, schlechten Gewissen und brutaler Mittelmäßigkeit sich gegenüberstehen, welche eben um ihrer wechselseitigen zweideutigen und argwöhnischen Stellung willen alle ohne Unterschied, wenn auch mit verschiedenen Formalitäten, als konzessionierte Existenzen von ihren Herren behandelt werden. Und selbst dies, dass sie beherrscht, regiert, besessen sind, müssen sie als eine Konzession des Himmels anerkennen und bekennen! Andererseits jene Herrscher selbst, deren Größe in umgekehrtem Verhältnis zu ihrer Zahl steht!
Die Kritik, die sich mit diesem Inhalt befasst, ist die Kritik im Handgemenge, und im Handgemenge handelt es sich nicht darum, ob der Gegner ein edler, ebenbürtiger, ein interessanter Gegner ist, es handelt sich darum, ihn zu treffen. Es handelt sich darum, den Deutschen keinen Augenblick der Selbsttäuschung und der Resignation zu gönnen. Man muss den wirklichen Druck noch drückender machen, indem man ihm das Bewusstsein des Drucks hinzufügt, die Schmach noch schmachvoller, indem man sie publiziert. Man muss jede Sphäre der deutschen Gesellschaft als die partie honteuse der deutschen Gesellschaft schildern, man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt! Man muss das Volk vor sich selbst erschrecken lehren, um ihm Courage zu machen. Man erfüllt damit ein unabweisbares Bedürfnis des deutschen Volks, und die Bedürfnisse der Völker sind in eigner Person die letzten Gründe ihrer Befriedigung.
Und selbst für die modernen Völker kann dieser Kampf gegen den bornierten Inhalt des deutschen status quo nicht ohne Interesse sein, denn der deutsche status quo ist die offenherzige Vollendung des ancien régime, und das ancien régime ist der versteckte Mangel des modernen Staates. Der Kampf gegen die deutsche politische Gegenwart ist der Kampf gegen die Vergangenheit der modernen Völker, und von den Reminiszenzen dieser Vergangenheit werden sie noch immer belästigt. Es ist lehrreich für sie, das ancien régime, das bei ihnen seine Tragödie erlebt, als deutschen Revenant eine Komödie spielen zu sehen. Tragisch war seine Geschichte, solange es die präexistierende Gewalt der Welt, die Freiheit dagegen ein persönlicher Einfall war, mit einem Wort, solange es selbst an seine Berechtigung glaubte und glauben musste. Solange das ancien régime als vorhandene Weltordnung mit einer erst werdenden Welt kämpfte, stand auf seiner Seite ein weltgeschichtlicher Irrtum, aber kein persönlicher. Sein Untergang war daher tragisch.
Das jetzige deutsche Regime dagegen, ein Anachronismus, ein flagranter Widerspruch gegen allgemein anerkannte Axiome, die zur Weltschau ausgestellte Nichtigkeit des ancien régime, bildet sich nur noch ein, an sich selbst zu glauben, und verlangt von der Welt dieselbe Einbildung. Wenn es an sein eignes Wesen glaubt, würde es dasselbe unter dem Schein eines fremden Wesens zu verstecken und seine Rettung in der Heuchelei und dem Sophisma suchen? Das moderne ancien régime ist nur mehr der Komödiant einer Weltordnung, deren wirkliche Helden gestorben sind. Die Geschichte ist gründlich und macht viele Phasen durch, wenn sie eine alte Gestalt zu Grabe trägt. Die letzte Phase einer weltgeschichtlichen Gestalt ist ihre Komödie. Die Götter Griechenlands, die schon einmal tragisch zu Tode verwundet waren im gefesselten Prometheus des Äschylus, mussten noch einmal komisch sterben in den Gesprächen Lucians. Warum dieser Gang der Geschichte? Damit die Menschheit heiter von ihrer Vergangenheit scheide. Diese heitere geschichtliche Bestimmung vindizieren wir den politischen Mächten Deutschlands.
Sobald indes die moderne politisch-soziale Wirklichkeit selbst der Kritik unterworfen wird, sobald also die Kritik zu wahrhaft menschlichen Problemen sich erhebt, befindet sie sich außerhalb des deutschen status quo, oder sie würde ihren Gegenstand unter ihrem Gegenstand greifen. Ein Beispiel! Das Verhältnis der Industrie, überhaupt der Welt des Reichtums, zu der politischen Welt ist ein Hauptproblem der modernen Zeit. Unter welcher Form fängt dieses Problem an, die Deutschen zu beschäftigen? Unter der Form der Schutzzölle, des Prohibitivsystems, der Nationalökonomie. Die Deutschtümelei ist aus dem Menschen in die Materie gefahren, und so sahen sich eines Morgens unsere Baumwollritter und Eisenhelden in Patrioten verwandelt. Man beginnt also in Deutschland die Souveränität des Monopols nach innen anzuerkennen, dadurch dass man ihm die Souveränität nach außen verleiht. Man beginnt also jetzt in Deutschland anzufangen, womit man in Frankreich und England zu enden beginnt. Der alte faule Zustand, gegen den diese Länder theoretisch im Aufruhr sind und den sie nur noch ertragen, wie man die Ketten erträgt, wird in Deutschland als die aufgehende Morgenröte einer schönen Zukunft begrüßt, die kaum noch wagt, aus der listigen Theorie in die schonungslose Praxis überzugehen. Während das Problem in Frankreich und England lautet: Politische Ökonomie oder Herrschaft der Sozietät über den Reichtum, lautet es in Deutschland: National-Ökonomie oder Herrschaft des Privateigentums über die Nationalität. Es gilt also in Frankreich und England, das Monopol, das bis zu seinen letzten Konse quenzen fortgegangen ist, aufzuheben; es gilt in Deutschland, bis zu den letzten Konsequenzen des Monopols fortzugehen. Dort handelt es sich um die Lösung, und hier handelt es sich erst um die Kollision. Ein zureichendes Beispiel der deutschen Form der modernen Probleme, ein Beispiel, wie unsere Geschichte, gleich einem ungeschickten Rekruten, bisher nur die Aufgabe hatte, abgedroschene Geschichte nachzuexerzieren.
Ginge also die gesamte deutsche Entwicklung nicht über die politische deutsche Entwicklung hinaus, ein Deutscher könnte sich höchstens an den Problemen der Gegenwart beteiligen, wie sich ein Russe daran beteiligen kann. Allein wenn das einzelne Individuum nicht gebunden ist durch die Schranken der Nation, ist die gesamte Nation noch weniger befreit durch die Befreiung eines Individuums. Die Skythen haben keinen Schritt zur griechischen Kultur vorwärts getan, weil Griechenland einen Skythen unter seine Philosophen zählt.
Zum Glück sind wir Deutsche keine Skythen.
Wie die alten Völker ihre Vorgeschichte in der Imagination erlebten, in der Mythologie, so haben wir Deutsche unsere Nachgeschichte im Gedanken erlebt, in der Philosophie. Wir sind philosophische Zeitgenossen der Gegenwart, ohne ihre historischen Zeitgenossen zu sein. Die deutsche Philosophie ist die ideale Verlängerung der deutschen Geschichte. Wenn wir also statt die œvres incomplètes unserer ideellen Geschichte, die Philosophie, kritisieren, so steht unsere Kritik mitten unter den Fragen, von denen die Gegenwart sagt: That is the question. Was bei den fortgeschrittenen Völkern praktischer Zerfall mit den modernen Staatszuständen ist, das ist in Deutschland, wo diese Zustände selbst noch nicht existieren, zunächst kritischer Zerfall mit der philosophischen Spiegelung dieser Zustände.
Die deutsche Rechts- und Staatsphilosophie ist die einzige mit der offiziellen modernen Gegenwart al pari stehende deutsche Geschichte. Das deutsche Volk muss daher diese seine Traumgeschichte mit zu seinen bestehenden Zuständen schlagen und nicht nur diese bestehenden Zustände, sondern zugleich ihre abstrakte Fortsetzung der Kritik unterwerfen. Seine Zukunft kann sich weder auf die unmittelbare Verneinung seiner reellen noch auf die unmittelbare Vollziehung seiner ideellen Staats- und Rechtszustände beschränken, denn die unmittelbare Verneinung seiner reellen Zustände besitzt es in seinen ideellen Zuständen, und die unmittelbare Vollziehung seiner ideellen Zustände hat es in der Anschauung der Nachbarvölker beinah schon wieder überlebt. Mit Recht fordert daher die praktische politische Partei in Deutschland die Negation der Philosophie. Ihr Unrecht besteht nicht in der Forderung, sondern in dem Stehnbleiben bei der Forderung, die sie ernstlich weder vollzieht noch vollziehen kann. Sie glaubt, jene Negation dadurch zu vollbringen, dass sie der Philosophie den Rücken kehrt und abgewandten Hauptes – einige ärgerliche und banale Phrasen über sie hermurmelt. Die Beschränktheit ihres Gesichtskreises zählt die Philosophie nicht ebenfalls in den Bering der deutschen Wirklichkeit oder wähnt sie gar unter der deutschen Praxis und den ihr dienenden Theorien. Ihr verlangt, dass man an wirkliche Lebenskeime anknüpfen soll, aber ihr vergesst, dass der wirkliche Lebenskeim des deutschen Volkes bisher nur in seinem Hirnschädel gewuchert hat. Mit einem Worte: Ihr könnt die Philosophie nicht aufheben, ohne sie zu verwirklichen.
Dasselbe Unrecht, nur mit umgekehrten Faktoren, beging die theoretische, von der Philosophie her datierende politische Partei.
Sie erblickte in dem jetzigen Kampf nur den kritischen Kampf der Philosophie mit der deutschen Welt, sie bedachte nicht, dass die seitherige Philosophie selbst zu dieser Welt gehört und ihre, wenn auch ideelle, Ergänzung ist. Kritisch gegen ihren Widerpart, verhielt sie sich unkritisch zu sich selbst, indem sie von den Voraussetzungen der Philosophie ausging und bei ihren gegebenen Resultaten entweder stehen blieb oder anderweitig hergeholte Forderungen und Resultate für unmittelbare Forderungen und Resultate der Philosophie ausgab, obgleich dieselben – ihre Berechtigung vorausgesetzt – im Gegenteil nur durch die Negation der seitherigen Philosophie, der Philosophie als Philosophie, zu erhalten sind. Eine näher eingehende Schilderung dieser Partei behalten wir uns vor. Ihr Grundmangel lässt sich dahin reduzieren: Sie glaubte, die Philosophie verwirklichen zu können, ohne sie aufzuheben.
Die Kritik der deutschen Staats- und Rechtsphilosophie, welche durch Hegel ihre konsequenteste, reichste, letzte Fassung erhalten hat, ist beides, sowohl die kritische Analyse des modernen Staats und der mit ihm zusammenhängenden Wirklichkeit als auch die entschiedene Verneinung der ganzen bisherigen Weise des deutschen politischen und rechtlichen Bewusstseins, dessen vornehmster, universellster, zur Wissenschaft erhobener Ausdruck eben die spekulative Rechtsphilosophie selbst ist. War nur in Deutschland die spekulative Rechtsphilosophie möglich, dies abstrakte überschwängliche Denken des modernen Staats, dessen Wirklichkeit ein Jenseits bleibt, mag dieses Jenseits auch nur jenseits des Rheins liegen: so war ebenso sehr umgekehrt das deutsche, vom wirklichen Menschen abstrahierte Gedankenbild des modernen Staats nur möglich, weil und insofern der moderne Staat selbst vom wirklichen Menschen abstrahiert oder den ganzen Menschen auf eine nur imaginäre Weise befriedigt. Die Deutschen haben in der Politik gedacht, was die anderen Völker getan haben. Deutschland war ihr theoretisches Gewissen. Die Abstraktion und Überhebung seines Denkens hielt immer gleichen Schritt mit der Einseitigkeit und Untersetztheit ihrer Wirklichkeit. Wenn also der status quo des deutschen Staatswesens die Vollendung des ancien régime ausdrückt, die Vollendung des Pfahls im Fleische des modernen Staats, so drückt der status quo des deutschen Staatswissens die Unvollendung des modernen Staats aus, die Schadhaftigkeit seines Fleisches selbst.
Schon als entschiedener Widerpart der bisherigen Weise des deutschen politischen Bewusstseins verläuft sich die Kritik der spekulativen Rechtsphilosophie nicht in sich selbst, sondern in Aufgaben, für deren Lösung es nur ein Mittel gibt: die Praxis.
Es fragt sich: Kann Deutschland zu einer Praxis à la hauteur des principes gelangen, d. h. zu einer Revolution, die es nicht nur auf das offizielle Niveau der modernen Völker erhebt, sondern auf die menschliche Höhe, welche die nähere Zukunft dieser Völker sein wird?
Die Waffe der Kritik kann allerdings die Kritik der Waffen nicht ersetzen, die materielle Gewalt muss gestürzt werden durch materielle Gewalt, allein auch die Theorie wird zur materiellen Gewalt, sobald sie die Massen ergreift. Die Theorie ist fähig, die Massen zu ergreifen, sobald sie ad hominem demonstriert, und sie demonstriert ad hominem, sobald sie radikal wird. Radikal sein ist die Sache an der Wurzel fassen. Die Wurzel für den Menschen ist aber der Mensch selbst. Der evidente Beweis für den Radikalismus der deutschen Theorie, also für ihre praktische Energie, ist ihr Ausgang von der entschiedenen positiven Aufhebung der Religion. Die Kritik der Religion endet mit der Lehre, dass der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, also mit dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist. Verhältnisse, die man nicht besser schildern kann als durch den Ausruf eines Franzosen bei einer projektierten Hundesteuer: Arme Hunde! Man will euch wie Menschen behandeln!
Selbst historisch hat die theoretische Emanzipation eine spezifisch praktische Bedeutung für Deutschland. Deutschlands revolutionäre Vergangenheit ist nämlich theoretisch, es ist die Reformation. Wie damals der Mönch, so ist es jetzt der Philosoph, in dessen Hirn die Revolution beginnt.
Luther hat allerdings die Knechtschaft aus Devotion besiegt, weil er die Knechtschaft aus Überzeugung an ihre Stelle gesetzt hat. Er hat den Glauben an die Autorität gebrochen, weil er die Autorität des Glaubens restauriert hat. Er hat die Pfaffen in Laien verwandelt, weil er die Laien in Pfaffen verwandelt hat. Er hat den Menschen von der äußeren Religiosität befreit, weil er die Religiosität zum inneren Menschen gemacht hat. Er hat den Leib von der Kette emanzipiert, weil er das Herz an die Kette gelegt.
Aber, wenn der Protestantismus nicht die wahre Lösung, so war er die wahre Stellung der Aufgabe. Es galt nun nicht mehr den Kampf des Laien mit dem Pfaffen außer ihm, es galt den Kampf mit seinen eigenen innern Pfaffen, seiner pfäffischen Natur. Und wenn die protestantische Verwandlung der deutschen Laien in Pfaffen die Laienpäpste, die Fürsten samt ihrer Klerisei, den Privilegierten und den Philistern, emanzipiert, so wird die philosophische Verwandlung der pfäffischen Deutschen in Menschen das Volk emanzipieren. Sowenig aber die Emanzipation bei den Fürsten, sowenig wird aber die Säkularisation der Güter bei dem Kirchenraub stehen bleiben, den vor allem das heuchlerische Preußen ins Werk setzte. Damals scheiterte der Bauernkrieg, die radikalste Tatsache der deutschen Geschichte, an der Theologie. Heute, wo die Theologie selbst gescheitert ist, wird die unfreieste Tatsache der deutschen Geschichte, unser status quo, an der Philosophie zerschellen. Den Tag vor der Reformation war das offizielle Deutschland der unbedingteste Knecht von Rom. Den Tag vor seiner Revolution ist es der unbedingte Knecht von weniger als Rom, von Preußen und Österreich, von Krautjunkern und Philistern.
Einer radikalen deutschen Revolution scheint indessen eine Hauptschwierigkeit entgegenzustehen.
Die Revolutionen bedürfen nämlich eines passiven Elementes, einer materiellen Grundlage. Die Theorie wird in einem Volke immer nur so weit verwirklicht, als sie die Verwirklichung seiner Bedürfnisse ist. Wird nun dem ungeheuren Zwiespalt zwischen den Forderungen des deutschen Gedankens und den Antworten der deutschen Wirklichkeit derselbe Zwiespalt der bürgerlichen Gesellschaft mit dem Staat und mit sich selbst entsprechen? Werden die theoretischen Bedürfnisse unmittelbar praktische Bedürfnisse sein? Es genügt nicht, dass der Gedanke zur Verwirklichung drängt, die Wirklichkeit muss sich selbst zum Gedanken drängen.
Aber Deutschland hat die Mittelstufen der politischen Emanzipation nicht gleichzeitig mit den modernen Völkern erklettert. Selbst die Stufen, die es theoretisch überwunden, hat es praktisch noch nicht erreicht. Wie sollte es mit einem salto mortale nicht nur über seine eigenen Schranken hinwegsetzen, sondern zugleich über die Schranken der modernen Völker, über Schranken, die es in der Wirklichkeit als Befreiung von seinen wirklichen Schranken empfinden und erstreben muss? Eine radikale Revolution kann nur die Revolution radikaler Bedürfnisse sein, deren Voraussetzungen und Geburtsstätten eben fehlen.
Allein wenn Deutschland nur mit der abstrakten Tätigkeit des Denkens die Entwicklung der modernen Völker begleitet hat, ohne werktätige Partei an den wirklichen Kämpfen dieser Entwicklung zu ergreifen, so hat es andererseits die Leiden dieser Entwicklung geteilt, ohne ihre Genüsse, ohne ihre partielle Befriedigung zu teilen. Der abstrakten Tätigkeit einerseits entspricht das abstrakte Leiden andererseits. Deutschland wird sich daher eines Morgens auf dem Niveau des europäischen Verfalls befinden, bevor es jemals auf dem Niveau der europäischen Emanzipation gestanden hat. Man wird es einem Fetischdiener vergleichen können, der an den Krankheiten des Christentums siecht.
Betrachtet man zunächst die deutschen Regierungen, und man findet sie durch die Zeitverhältnisse, durch die Lage Deutschlands, durch den Standpunkt der deutschen Bildung, endlich durch den eignen glücklichen Instinkt getrieben, die zivilisierten Mängel der modernen Staatswelt, deren Vorteile wir nicht besitzen, zu kombinieren mit den barbarischen Mängeln des ancien régime, dessen wir uns in vollem Maße erfreuen, sodass Deutschland, wenn nicht am Verstand, wenigstens am Unverstand auch der über seinen status quo hinausliegenden Staatsbildungen immer mehr partizipieren muss. Gibt es z. B. ein Land in der Welt, welches so naiv alle Institutionen des konstitutionellen Staatswesens teilt, ohne seine Realitäten zu teilen, als das sogenannte konstitutionelle Deutschland? Oder war es nicht notwendig ein deutscher Regierungseinfall, die Qualen der Zensur mit den Qualen der französischen Septembergesetze, welche die Pressfreiheit voraussetzen, zu verbinden! Wie man im römischen Pantheon die Götter aller Nationen fand, so wird man im heiligen römischen deutschen Reich die Sünden aller Staatsformen finden. Dass dieser Eklektizismus eine bisher nicht geahnte Höhe erreichen wird, dafür bürgt namentlich die politisch-ästhetische Gourmanderie eines deutschen Königs, der alle Rollen des Königtums, des feudalen wie des bürokratischen, des absoluten wie des konstitutionellen, des autokratischen wie des demokratischen, wenn nicht durch die Person des Volkes, so doch in eigener Person, wenn nicht für das Volk, so doch für sich selbst zu spielen gedenkt. Deutschland als der zu einer eigenen Welt konstituierte Mangel der politischen Gegenwart wird die spezifisch deutschen Schranken nicht niederwerfen können, ohne die allgemeine Schranke der politischen Gegenwart niederzuwerfen.
Nicht die radikale Revolution ist utopischer Traum für Deutschland, nicht die allgemein menschliche Emanzipation, sondern vielmehr die teilweise, die nur politische Revolution, die Revolution, welche die Pfeiler des Hauses stehen lässt. Worauf beruht eine teilweise, eine nur politische Revolution? Darauf, dass ein Teil der bürgerlichen Gesellschaft sich emanzipiert und zur allgemeinen Herrschaft gelangt, darauf, dass eine bestimmte Klasse von ihrer besonderen Situation aus die allgemeine Emanzipation der Gesellschaft unternimmt. Diese Klasse befreit die ganze Gesellschaft, aber nur unter der Voraussetzung, dass die ganze Gesellschaft sich in der Situation dieser Klasse befindet, also z. B. Geld und Bildung besitzt oder beliebig erwerben kann.
Keine Klasse der bürgerlichen Gesellschaft kann diese Rolle spielen, ohne ein Moment des Enthusiasmus in sich und in der Masse hervorzurufen, ein Moment, worin sie mit der Gesellschaft im Allgemeinen fraternisiert und zusammenfließt, mit ihr verwechselt und als deren allgemeiner Repräsentant empfunden und anerkannt wird, ein Moment, worin ihre Ansprüche und Rechte in Wahrheit die Rechte und Ansprüche der Gesellschaft selbst sind, worin sie wirklich der soziale Kopf und das soziale Herz ist. Nur im Namen der allgemeinen Rechte der Gesellschaft kann eine besondere Klasse sich die allgemeine Herrschaft vindizieren. Zur Erstürmung dieser emanzipatorischen Stellung und damit zur politischen Ausbeutung aller Sphären der Gesellschaft im Interesse der eigenen Sphäre reichen revolutionäre Energie und geistiges Selbstgefühl allein nicht aus. Damit die Revolution eines Volkes und die Emanzipation einer besonderen Klasse der bürgerlichen Gesellschaft zusammenfallen, damit ein Stand für den Stand der ganzen Gesellschaft gelte, dazu müssen umgekehrt alle Mängel der Gesellschaft in einer anderen Klasse konzentriert, dazu muss ein bestimmter Stand der Stand des allgemeinen Anstoßes, die Inkorporation der allgemeinen Schranke sein, dazu muss eine besondere soziale Sphäre für das notorische Verbrechen der ganzen Sozietät gelten, sodass die Befreiung von dieser Sphäre als die allgemeine Selbstbefreiung erscheint. Damit ein Stand par excellence der Stand der Befreiung, dazu muss umgekehrt ein anderer Stand der offenbare Stand der Unterjochung sein. Die negativ-allgemeine Bedeutung des französischen Adels und der französischen Klerisei bedingte die positiv-allgemeine Bedeutung der zunächst angrenzenden und entgegenstehenden Klasse der Bourgeoisie.
Es fehlt aber jeder besondern Klasse in Deutschland nicht nur die Konsequenz, die Schärfe, der Mut, die Rücksichtslosigkeit, die sie zum negativen Repräsentanten der Gesellschaft stempeln könnte. Es fehlt ebenso sehr jedem Stande jene Breite der Seele, die sich mit der Volksseele, wenn auch nur momentan, identifiziert, jene Genialität, welche die materielle Macht zur politischen Gewalt begeistert, jene revolutionäre Kühnheit, welche dem Gegner die trotzige Parole zuschleudert: Ich bin nichts, und ich müsste alles sein. Den Hauptstock deutscher Moral und Ehrlichkeit, nicht nur der Individuen, sondern auch der Klassen, bildet vielmehr jener bescheidene Egoismus, welcher seine Beschränktheit geltend macht und gegen sich geltend machen lässt. Das Verhältnis der verschiedenen Sphären der deutschen Gesellschaft ist daher nicht dramatisch, sondern episch. Jede derselben beginnt sich zu empfinden und neben die andern mit ihren besondern Ansprüchen hinzulagern, nicht sobald sie gedrückt wird, sondern sobald ohne ihr Zutun die Zeitverhältnisse eine gesellige Unterlage schaffen, auf die sie ihrerseits den Druck ausüben kann. Sogar das moralische Selbstgefühl der deutschen Mittelklasse beruht nur auf dem Bewusstsein, die allgemeine Repräsentantin von der philisterhaften Mittelmäßigkeit aller übrigen Klassen zu sein. Es sind daher nicht nur die deutschen Könige, die mal-à-propos auf den Thron gelangen, es ist jede Sphäre der bürgerlichen Gesellschaft, die ihre Niederlage erlebt, bevor sie ihren Sieg gefeiert, ihre eigene Schranke entwickelt, bevor sie die ihr gegenüberstehende Schranke überwunden, ihr engherziges Wesen geltend macht, bevor sie ihr großmütiges Wesen geltend machen konnte, sodass selbst die Gelegenheit einer großen Rolle immer vorüber ist, bevor sie vorhanden war, sodass jede Klasse, sobald sie den Kampf mit der über ihr stehenden Klasse beginnt, in den Kampf mit der unter ihr stehenden verwickelt ist. Daher befindet sich das Fürstentum im Kampf gegen das Königtum, der Bürokrat im Kampf gegen den Adel, der Bourgeois im Kampf gegen sie alle, während der Proletarier schon beginnt, sich im Kampf gegen die Bourgeois zu befinden. Die Mittelklasse wagt kaum von ihrem Standpunkt aus den Gedanken der Emanzipation zu fassen, und schon erklärt die Entwicklung der sozialen Zustände wie der Fortschritt der politischen Theorie diesen Standpunkt selbst für antiquiert oder wenigstens für problematisch.
In Frankreich genügt es, dass einer etwas sei, damit er alles sein wolle. In Deutschland darf einer nichts sein, wenn er nicht auf alles verzichten soll. In Frankreich ist die partielle Emanzipation der Grund der universellen. In Deutschland ist die universelle Emanzipation conditio sine qua non jeder partiellen. In Frankreich muss die Wirklichkeit, in Deutschland muss die Unmöglichkeit der stufenweisen Befreiung die ganze Freiheit gebären. In Frankreich ist jede Volksklasse politischer Idealist und empfindet sich zunächst nicht als besondere Klasse, sondern als Repräsentant der sozialen Bedürfnisse überhaupt. Die Rolle des Emanzipators geht also der Reihe nach in dramatischer Bewegung an die verschiedenen Klassen des französischen Volkes über, bis sie endlich bei der Klasse anlangt, welche die soziale Freiheit nicht mehr unter der Voraussetzung gewisser, außerhalb der Menschen liegender und doch von der menschlichen Gesellschaft geschaffener Bedingungen verwirklicht, sondern vielmehr alle Bedingungen der menschlichen Existenz unter der Voraussetzung der sozialen Freiheit organisiert. In Deutschland dagegen, wo das praktische Leben ebenso geistlos als das geistige Leben unpraktisch ist, hat keine Klasse der bürgerlichen Gesellschaft das Bedürfnis und die Fähigkeit der allgemeinen Emanzipation, bis sie nicht durch ihre unmittelbare Lage, durch die materielle Notwendigkeit, durch ihre Ketten selbst dazu gezwungen wird.
Wo also die positive Möglichkeit der Deutschen Emanzipation? Antwort: In der Bildung einer Klasse mit radikalen Ketten, einer Klasse der bürgerlichen Gesellschaft, welche keine Klasse der bürgerlichen Gesellschaft ist, eines Standes, welcher die Auflösung aller Stände ist, einer Sphäre, welche einen universellen Charakter durch ihre universellen Leiden besitzt und kein besonderes Recht in Anspruch nimmt, weil kein besonderes Unrecht, sondern das Unrecht schlechthin an ihr verübt wird, welche nicht mehr auf einen historischen, sondern nur noch auf den menschlichen Titel provozieren kann, welche in keinem einseitigen Gegensatz zu den Konsequenzen, sondern in einem allseitigen Gegensatz zu den Voraussetzungen des deutschen Staatswesens steht, einer Sphäre endlich, welche sich nicht emanzipieren kann, ohne sich von allen übrigen Sphären der Gesellschaft und damit alle übrigen Sphären der Gesellschaft zu emanzipieren, welche mit einem Wort der völlige Verlust des Menschen ist, also nur durch die völlige Wiedergewinnung des Menschen sich selbst gewinnen kann. Diese Auflösung der Gesellschaft als ein besonderer Stand ist das Proletariat.
Das Proletariat beginnt erst durch die hereinbrechende industrielle Bewegung für Deutschland zu werden, den nicht die naturwüchsig entstandene, sondern die künstlich produzierte Armut, nicht die mechanisch durch die Schwere der Gesellschaft niedergedrückte, sondern die aus ihrer akuten Auflösung, vorzugsweise aus der Auflösung des Mittelstandes, hervorgehende Menschenmasse bildet das Proletariat, obgleich allmählich, wie sich von selbst versteht, auch die naturwüchsige Armut und die christlich-germanische Leibeigenschaft in seine Reihen treten.
Wenn das Proletariat die Auflösung der bisherigen Weltordnung verkündet, so spricht es nur das Geheimnis seines eigenen Daseins aus, denn es ist die faktische Auflösung dieser Weltordnung. Wenn das Proletariat die Negation des Privateigentums verlangt, so erhebt es nur zum Prinzip der Gesellschaft, was die Gesellschaft zu seinem Prinzip erhoben hat, was in ihm als negatives Resultat der Gesellschaft schon ohne sein Zutun verkörpert ist. Der Proletarier befindet sich dann in Bezug auf die werdende Welt in demselben Recht, in welchem der deutsche König in Bezug auf die gewordene Welt sich befindet, wenn er das Volk sein Volk wie das Pferd sein Pferd nennt. Der König, indem er das Volk für sein Privateigentum erklärt, spricht es nur aus, dass der Privateigentümer König ist.
Wie die Philosophie im Proletariat ihre materiellen, so findet das Proletariat in der Philosophie seine geistigen Waffen, und sobald der Blitz des Gedankens gründlich in diesen naiven Volksboden eingeschlagen ist, wird sich die Emanzipation der Deutschen zu Menschen vollziehen.
Resümieren wir das Resultat:
Die einzig praktisch mögliche Befreiung Deutschlands ist die Befreiung auf dem Standpunkt der Theorie, welche den Menschen für das höchste Wesen des Menschen erklärt. In Deutschland ist die Emanzipation von dem Mittelalter nur möglich als die Emanzipation zugleich von den teilweisen Überwindungen des Mittelalters. In Deutschland kann keine Art der Knechtschaft gebrochen werden, ohne jede Art der Knechtschaft zu brechen. Das gründliche Deutschland kann nicht revolutionieren, ohne von Grund aus zu revolutionieren. Die Emanzipation des Deutschen ist die Emanzipation des Menschen. Der Kopf dieser Emanzipation ist die Philosophie, ihr Herz das Proletariat. Die Philosophie kann sich nicht verwirklichen ohne die Aufhebung des Proletariats, das Proletariat kann sich nicht aufheben ohne die Verwirklichung der Philosophie.
Wenn alle inneren Bedingungen erfüllt sind, wird der deutsche Auferstehungstag verkündet werden durch das Schmettern des gallischen Hahns.
Karl Marx
1
Der Hauptmangel alles bisherigen Materialismus (den Feuerbach’schen mit eingerechnet) ist, dass der Gegenstand, die Wirklichkeit, Sinnlichkeit, nur unter der Form des Objekts oder der Anschauung gefasst wird; nicht aber als sinnlich menschliche Tätigkeit, Praxis; nicht subjektiv. Daher die tätige Seite abstrakt im Gegensatz zu dem Materialismus von dem Idealismus – der natürlich die wirkliche, sinnliche Tätigkeit als solche nicht kennt – entwickelt. Feuerbach will sinnliche – von den Gedankenobjekten wirklich unterschiedene Objekte: aber er fasst die menschliche Tätigkeit selbst nicht als gegenständliche Tätigkeit. Er betrachtet daher im »Wesen des Christentums« nur das theoretische Verhalten als das echt menschliche, während die Praxis nur in ihrer schmutzig-jüdischen Erscheinungsform gefasst und fixiert wird. Er begreift daher nicht die Bedeutung der »revolutionären«, der »praktisch-kritischen« Tätigkeit.
2
Die Frage, ob dem menschlichen Denken gegenständliche Wahrheit zukomme – ist keine Frage der Theorie, sondern eine praktische Frage. In der Praxis muss der Mensch die Wahrheit, i. e. die Wirklichkeit und Macht, Diesseitigkeit seines Denkens beweisen. Der Streit über die Wirklichkeit oder Nichtwirklichkeit des Denkens – das von der Praxis isoliert ist – ist eine rein scholastische Frage.
3
Die materialistische Lehre von der Veränderung der Umstände und der Erziehung vergisst, dass die Umstände von den Menschen verändert und der Erzieher selbst erzogen werden muss. Sie muss daher die Gesellschaft in zwei Teile – von denen der eine über ihr erhaben ist – sondieren.
Das Zusammenfallen des Ändern[s] der Umstände und der menschlichen Tätigkeit oder Selbstveränderung kann nur als revolutionäre Praxis gefasst und rationell verstanden werden.
4
Feuerbach geht aus von dem Faktum der religiösen Selbstentfremdung, der Verdopplung der Welt in eine religiöse und eine weltliche Welt. Seine Arbeit besteht darin, die religiöse Welt in ihre weltliche Grundlage aufzulösen. Aber dass die weltliche Grundlage sich von sich selbst abhebt und sich ein selbstständiges Reich in den Wolken fixiert, ist nur aus der Selbstzerrissenheit und Sichselbstwidersprechen dieser weltlichen Grundlage zu erklären. Diese selbst muss also in sich selbst sowohl in ihrem Widerspruch verstanden als praktisch revolutioniert werden. Also nachdem z. B. die irdische Familie als das Geheimnis der heiligen Familie entdeckt ist, muss nun Erstere selbst theoretisch und praktisch vernichtet werden.
5
Feuerbach, mit dem abstrakten Denken nicht zufrieden, will die Anschauung; aber er fasst die Sinnlichkeit nicht als praktische menschlich-sinnliche Tätigkeit.
6
Feuerbach löst das religiöse Wesen in das menschliche Wesen auf. Aber das menschliche Wesen ist kein dem einzelnen Individuum inwohnendes Abstraktum. In seiner Wirklichkeit ist es das Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse.
Feuerbach, der auf die Kritik dieses wirklichen Wesens nicht eingeht, ist daher gezwungen:
1. von dem geschichtlichen Verlauf zu abstrahieren und das religiöse Gemüt für sich zu fixieren, und ein abstrakt – isoliert – menschliches Individuum vorauszusetzen;
2. Das Wesen kann daher nur als »Gattung«, als innere, stumme, die vielen Individuen natürlich verbindende Allgemeinheit gefasst werden.
7
Feuerbach sieht daher nicht, dass das »religiöse Gemüt« selbst ein gesellschaftliches Produkt ist und dass das abstrakte Individuum, das er analysiert, in Wirklichkeit einer bestimmten Gesellschaftsform angehört.
8
Alles gesellschaftliche Leben ist wesentlich praktisch. Alle Mysterien, welche die Theorie zum Mystizism[us] veranlassen, finden ihre rationelle Lösung in der menschlichen Praxis und im Begreifen dieser Praxis.
9
Das Höchste, wozu der anschauende Materialismus kommt, d. h. der Materialismus, der die Sinnlichkeit nicht als praktische Tätigkeit begreift, ist die Anschauung der einzelnen Individuen und der bürgerlichen Gesellschaft.
10
Der Standpunkt des alten Materialismus ist die bürgerliche Gesellschaft; der Standpunkt des neuen die menschliche Gesellschaft, oder die gesellschaftliche Menschheit.
11
Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt drauf an, sie zu verändern.
Karl Marx und Friedrich Engels
IFeuerbach
Gegensatz von materialistischer und idealistischer Anschauung
[Einleitung]
Wie deutsche Ideologen melden, hat Deutschland in den letzten Jahren eine Umwälzung ohnegleichen durchgemacht. Der Verwesungsprozess des Hegel’schen Systems, der mit Strauß begann, hat sich zu einer Weltgärung entwickelt, in welche alle »Mächte der Vergangenheit« hineingerissen sind. In dem allgemeinen Chaos haben sich gewaltige Reiche gebildet, um alsbald wieder unterzugehen, sind Heroen momentan aufgetaucht, um von kühneren und mächtigeren Nebenbuhlern wieder in die Finsternis zurückgeschleudert zu werden. Es war eine Revolution, wogegen die französische ein Kinderspiel ist, ein Weltkampf, vor dem die Kämpfe der Diadochen kleinlich erscheinen. Die Prinzipien verdrängten, die Gedankenhelden überstürzten einander mit unerhörter Hast, und in den drei Jahren 1842–[18]45 wurde in Deutschland mehr aufgeräumt als sonst in drei Jahrhunderten.
Alles dies soll sich im reinen Gedanken zugetragen haben. Es handelt sich allerdings um ein interessantes Ereignis: um den Verfaulungsprozess des absoluten Geistes. Nach Erlöschen des letzten Lebensfunkens traten die verschiedenen Bestandteile dieses caput mortuum {wörtlich: toter Kopf, in der Chemie gebräuchlicher Ausdruck für einen Destillationsrückstand, hier: Rückstände, Überreste} in Dekomposition, gingen neue Verbindungen ein und bildeten neue Substanzen. Die philosophischen Industriellen, die bisher von der Exploitation des absoluten Geistes gelebt hatten, warfen sich jetzt auf die neuen Verbindungen. Jeder betrieb den Verschleiß des ihm zugefallenen Anteils mit möglichster Emsigkeit. Es konnte dies nicht abgehen ohne Konkurrenz. Sie wurde anfangs ziemlich bürgerlich und solide geführt. Später, als der deutsche Markt überführt war und die Ware trotz aller Mühe auf dem Weltmarkt keinen Anklang fand, wurde das Geschäft nach gewöhnlicher deutscher Manier verdorben durch fabrikmäßige und Scheinproduktion, Verschlechterung der Qualität, Sophistikation des Rohstoffs, Verfälschung der Etiketten, Scheinkäufe, Wechselreiterei und ein aller reellen Grundlage entbehrendes Kreditsystem. Die Konkurrenz lief in einen erbitterten Kampf aus, der uns jetzt als welthistorischer Umschwung, als Erzeuger der gewaltigsten Resultate und Errungenschaften angepriesen und konstruiert wird.
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