Medusas Haar - H. P. Lovecraft - E-Book

Medusas Haar E-Book

H. P. Lovecraft

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Beschreibung

Eine Gruselgeschichte von H.P. Lovecraft und Zelia Bishop. Sie wurde im Jahre 1939, zwei Jahre nach dem Tod des Horror-Großmeisters, in der Januar-Ausgabe des Magazins 'WEIRD TALES' veröffentlicht, nachdem sie Zelia Bishop überarbeitet hatte. Allgemein als 'zu rassistisch' betrachtet, wie viele der Werke von Lovecraft, wurde sie später nur noch zögerlich veröffentlicht. Obwohl recht plump, kommt in seinen Büchern manches in dieser Hinsicht auch so komisch daher, dass es sich wieder relativiert. Dennoch wurde das Original in der Übersetzung etwas entschärft, aber ohne dabei einen Mohrenkopf gleich zum 'schokoladenüberzogenen gesüßten Eiweißschaum' zu machen.

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INHALT

Vorwort

Medusas Haar

Vorwort

Diese Kurzgeschichte erschien im Jahre 1939 (zwei Jahre nach dem Tod von H.P. Lovecraft) in 'Weird Tales', einem Magazin, das sich auf Horror- und übernatürliche Geschichten spezialisiert hatte. Solche Magazine wurden kurz 'Pulp' genannt und hatten Ende des 19. Jahrhunderts, Anfang des 20. Jahrhunderts, ihre Blütezeit; mehr als das, es wurden die Grundlagen für dieses Genre gelegt. Besonders in den 1930er bis 1950er-Jahren wurden sie immer beliebter. Der Begriff 'Pulp entstammt dem englischen Wort 'pulp' (Holzbrei), ein Hinweis auf einfaches, sehr holzhaltiges Papier und die damit zusammenhängende billige Herstellung. 'Pulp' wurde von Kritikern gerne als Trivial- oder gar Schundliteratur bezeichnet. Was auch immer, wer unkomplizierte aber dennoch packende Unterhaltung mag, der kann sich an den zahlreichen, oft nur wenige Seiten kurzen Geschichten erfreuen; auf alle Fälle wird keine Zeit verschwendet, um nach Hunderten von Seiten eines dicken Buches festzustellen, dass es doch nicht der 'Knüller' war, der den Aufwand gelohnt hat.

Die Idee für den Plot (das Handlungsgerüst) wird bei diesen Kurzgeschichten nicht endlos gestreckt, politisiert, 'soziologiert', überfrachtet oder gar ausgeleiert, sondern kurz und spannend erzählt.

Die Geschichte ist bereits im Jahre 1930 entstanden, wurde aber von den Verlagen rundweg abgelehnt, nicht etwa wegen des Inhalts als solchem, sondern wegen der schlechten Qualität des Geschriebenen. Die Schriftstellerin Zelia Bishop hatte sich dann der Geschichte nach dem Tod von H.P. Lovecraft angenommen.

Was manche Passagen anbelangt, so würde man, aus heutiger Sicht, darin wohl einen dreisten, offenkundigen und schonungslosen Rassismus erkennen wollen – ein Vorwurf, der H.P. Lovecraft immer wieder gemacht wird. Er hatte eine Phobie gegenüber allem Fremden, vom andersfarbigen Nachbarn bis hin zu den Außerirdischen. Dabei werden die Dinge aber auch oft übertrieben. Obwohl recht plump, kommt in dieser Hinsicht manches in seinen Büchern so komisch daher, dass sich es wieder relativiert.

Bei der Übersetzung wurde das Original etwas entschärft, aber ohne dabei einen Mohrenkopf zum 'schokoladenüberzogenen gesüßten Eiweißschaum' zu machen.

Lovecraft ist der Begründer des Cthulhu-Mythos. Es handelt sich um erdachte Personen, Wesenheiten, Orte und Geschichten. Außerirdische Kräfte 'die Großen Alten' sind aus entfernten Galaxien zu uns gekommen, gottgleich und unsterblich. Mit seinem Sternengezücht erbaute Cthulhu die Stadt R'ylyeh, wo er immer noch schläft. Sein Erwachen wird das Ende der Menschheit markieren. Wir finden diesen Hintergrund immer wieder in vielen seiner Geschichten – wie auch in dieser.

Medusas Haar

Die Fahrt nach Cape Girardeau hatte mich durch unbekanntes Land geführt, und als sich das Licht des späten Nachmittags in einen goldenen, fast traumhaften Schimmer verwandelte, wurde mir klar, dass ich eine Wegbeschreibung brauchte, wenn ich die Stadt noch vor der Nacht erreichen wollte.

Ich hatte keine Lust, nach Einbruch der Dunkelheit in den kahlen Ebenen des südlichen Missouri herumzuirren, denn die Straßen waren schlecht und die Novemberkälte in einem offenen Roadster ziemlich unangenehm. Am Horizont zogen nun auch schwarze Wolken auf, und so suchte ich zwischen den langen grauen und blauen Schatten, die sich über die lachen bräunlichen Felder zogen, nach einem Haus, in der Hoffnung, dort die nötigen Informationen zu finden.

Es war eine einsame und verlassene Gegend, aber schließlich erspähte ich ein Dach in einer Baumgruppe in der Nähe des kleinen Flusses zu meiner Rechten, vielleicht eine halbe Meile von der Straße entfernt und wahrscheinlich über einen Weg oder eine Straße zu erreichen, auf die ich bald stoßen würde. In Ermangelung eines näher gelegenen Anwesens beschloss ich, dort mein Glück dort zu versuchen.

Ich war froh, als ich durch die Büsche am Straßenrand hindurch die Ruine eines steinernen Tores entdeckte, das mit vertrockneten, abgestorbenen Weinranken bedeckt und von Gestrüpp überwuchert war. Das erklärte, warum ich bei meinem ersten Blick in die Ferne den Weg durch die Felder nicht hatte finden können. Mir war sofort klar, dass ich mit dem Auto nicht hineinfahren konnte, also parkte ich es sehr vorsichtig in der Nähe des Tores – wo es ein dichtes, überhängendes Immergrün vor dem Regen schützen würde – und machte mich auf den langen Weg zum Haus.

Als ich in der hereinbrechenden Dämmerung auf diesem von Gestrüpp umsäumten Weg entlangging, spürte ich deutlich eine düstere Vorahnung, die wahrscheinlich durch den Eindruck des mir unheimlich erscheinenden Verfalls hervorgerufen wurde, der über dem Tor und der ehemaligen Einfahrt schwebte.

Aus den Steinmetzarbeiten an den alten Steinsäulen schloss ich, dass dieser Ort einst ein herrschaftliches Anwesen gewesen war. Ich konnte deutlich erkennen, dass die Einfahrt ursprünglich von Linden umsäumt war, von denen einige abgestorben waren, während andere in dem wilden Pflanzenwuchs der Umgebung ihre besondere Identität verloren hatten.

Als ich weiterging, verfingen sich Dornen und Stacheln in meiner Kleidung, und ich begann mich zu fragen, ob dieser Ort überhaupt bewohnt sein konnte. War ich auf einer vergeblichen Suche?

Für einen Moment dachte ich daran, umzukehren und es bei einem weiter entfernten Bauernhof zu versuchen, als ein Blick auf das Haus meine Neugier weckte und meinen Unternehmungsgeist anstachelte.

Der von Bäumen bewachsene, baufällige Haufen vor mir hatte etwas aufregend Faszinierendes an sich, zeugte er doch von der Anmut und Großzügigkeit einer vergangenen Epoche und einer weit südlicher gelegenen Umgebung.

Es war ein typisches hölzernes Plantagenhaus im klassizistischen Stil des frühen 19. Jahrhunderts, mit zweieinhalb Stockwerken und einem großen ionischen Säulengang, dessen Pfeiler bis zum Dachboden reichten und einen dreieckigen Giebel trugen. Der Verfall war extrem und offensichtlich.

Eine der großen Säulen war verrottet und zu Boden gestürzt, während die obere Veranda bzw. der Balkon gefährlich tief abgesackt war. Ich nahm an, dass in der Nähe früher noch andere Gebäude gestanden hatten.

Als ich die breiten Steinstufen zu der sich neigenden Veranda und der geschnitzten Tür mit den vier Fenstern hinaufstieg, fühlte ich mich ziemlich nervös und wollte mir gerade eine Zigarette anzünden, was ich jedoch unterließ, als ich sah, wie trocken und brennbar alles um mich herum war.

Obwohl nun fest davon überzeugt, dass das Haus verlassen war, zögerte ich dennoch, seine Würde zu verletzen, wenn ich ohne anzuklopfen eintreten würde. Also zog ich an dem rostigen eisernen Türklopfer, bis er sich bewegte, und ließ schließlich ein leises Klopfen ertönen, das das ganze Haus zu erschüttern schien.

Es kam keine Antwort, aber ich klopfte noch einmal mit dem schweren, knarrenden Gerät, um das Gefühl der unheiligen Stille und Einsamkeit zu vertreiben und einen möglichen Bewohner der Ruine zu wecken.

Irgendwo in der Nähe des Flusses hörte ich den klagenden Ruf einer Taube, und es schien, als ob das fließende Wasser selbst leise zu hören wäre.

Fast wie im Traum griff ich nach dem alten Riegel, rüttelte daran und versuchte schließlich mit aller Kraft, die riesige Tür mit ihren sechs Paneelen zu öffnen. Sie war unverschlossen, wie ich sofort bemerkte, und obwohl sie in den Angeln klemmte und quietschte, gelang es mir, sie aufzustoßen und dabei in eine große, abgedunkelte Halle einzutreten.

Doch in dem Moment, in dem ich diesen Schritt tat, bereute ich es. Es war nicht so, dass mir in dieser dunklen, staubigen Halle mit den gespenstischen Empire-Möbeln eine Legion von Gespenstern entgegenkam, aber ich wusste sofort, dass der Ort nicht verlassen war. Auf der großen Wendeltreppe hörte ich ein Knarren und das Geräusch zögernder Schritte, die sich langsam nach unten bewegten. Dann sah ich eine große, gebeugte Gestalt, die sich für einen Augenblick gegen das große palladianische Fenster auf dem Treppenabsatz abzeichnete.

Der erste Schreck war schnell überwunden, und als die Gestalt die letzte Stufe hinunterkam, hatte ich mich wieder so weit im Griff, dass ich den Hausherrn begrüßen konnte, in dessen Privatsphäre ich eingedrungen war. Im Halbdunkel sah ich, wie er in seiner Tasche nach einem Streichholz suchte. Esflackerte, als er eine kleine Petroleumlampe anzündete, die auf einem wackeligen Konsoltisch am Fuße der Treppe stand. Der schwache Schein offenbarte die gebeugte Gestalt eines sehr großen, ausgemergelten alten Mannes, unordentlich gekleidet und unrasiert, aber mit der Haltung und dem Ausdruck eines Gentlemans.

Ich wartete nicht, bis er etwas sagte, sondern begann sofort, meine Anwesenheit zu erklären.

»Entschuldigen Sie, dass ich einfach so hereinkomme, aber da mein Klopfen unbeantwortet blieb, nahm ich an, dass hier niemand wohnt. Ich wollte nur nach dem kürzesten Weg nach Cape Girardeau fragen. Ich wollte vor Einbruch der Dunkelheit dort sein, aber jetzt ... «

Als ich innehielt, sprach der Mann genau in dem kultivierten Ton, den ich erwartet hatte, und mit einem weichen Akzent, der so unverkennbar südländisch war wie das Haus, in dem er wohnte.

»Nein«, sagte er. »Vielmehr müssen Sie mir verzeihen, dass ich Ihr Klopfen nicht eher erwidert habe. Ich lebe sehr zurückgezogen und erwarte normalerweise keinen Besuch. Zuerst dachte ich, Sie seien nur ein Neugieriger, der mich besuchen wollte. Als Sie erneut klopften, wollte ich antworten, aber mir geht es nicht gut und ich kann mich wegen einer Rückenmarksentzündung nur sehr langsam bewegen – eine sehr lästige Angelegenheit.«

»Vor Einbruch der Dunkelheit in die Stadt zu kommen, ist unmöglich«, fuhr er fort. »Die Straße, auf der Sie sich befinden, ist weder die beste noch die kürzeste. Man muss die erste Straße links nach dem Tor nehmen. Es gibt drei oder vier Wege für Pferdekarren, die man ignorieren kann, aber man kann die richtige Straße nicht verfehlen, weil genau gegenüber auf der rechten Seite ein großer Weidenbaum steht. Wenn man einmal abgebogen ist, fährt man an zwei Straßen vorbei und biegt an der dritten rechts ab. Dann – «

Verblüfft über diese detaillierten Anweisungen, die für einen völlig Fremden ziemlich verwirrend waren, konnte ich nicht anders, als ihn zu unterbrechen.

»Ich bitte um Verzeihung, aber wie soll ich all diesen Hinweisen in stockfinsterer Nacht folgen, ohne je in der Gegend gewesen zu sein und nur mit ein paar mittelmäßigen Scheinwerfern, die mir zeigen sollen, was eine Straße ist und was nicht? Außerdem glaube ich, dass bald ein Gewitter aufzieht, und mein offenes Auto hat kein Verdeck.«

»Es sieht so aus, als säße ich in der Klemme, wenn ich es heute Abend noch nach Cape Girardeau schaffen will. Ich denke, ich sollte es gar nicht erst versuchen. Ich möchte mich nicht aufdrängen, aber könnten Sie mir unter den gegebenen Umständen ein Nachtlager anbieten? Ich werde keine Umstände machen. Geben Sie mir einfach eine Ecke zum Schlafen, bis es hell wird, und ich bin zufrieden.«

»Den Wagen kann ich auf der Straße stehen lassen«, fügte ich hinzu, »wo er jetzt ist; das nasse Wetter wird ihm dort nichts anhaben.«