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Hugh Miller, ein moderner Cowboy – Straßenmusikant und Orgelstimmer – erhält den Auftrag, die Orgel einer Dorfkirche zu reparieren. Dort trifft er auf Rose, eine charmante, um zehn Jahre ältere Frau. Die beiden verlieben sich unsterblich ineinander. Hughs Liebe ist so stark, dass er beabsichtigt, sein altes Leben aufzugeben und zu ihr zu ziehen. Doch sie schickt ihn unter Tränen weg. Hugh will das nicht akzeptieren und versucht alles, um Rose wieder für sich zu gewinnen. Aber dass ihm dies gelingen wird, erscheint fast aussichtslos.
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Seitenzahl: 130
Die Melodie der Liebe
Ingrid Reidel
Impressum
Copyright: Novo-Books im vss-verlag
Jahr: 2024
Lektorat/ Korrektorat: Annemarie Werner
Covergestaltung: Hermann Schladt
Verlagsportal: www.novobooks.de
Gedruckt in Deutschland
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.
Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig
Pünktlich um neun Uhr eines heißen Julitages im Jahr 2019 ging Hugh Miller die frischgewachste Holztreppe des alten gedrungenen Hauses in Greenwood Village hinunter. Zuvor hatte er Strom und Wasser in seiner Wohnung abgestellt und die Tür hinter sich zugeschlossen. Auf dem Rücken trug er seinen Rucksack und in der Hand seinen Werkzeugkoffer. Unten begegnete er Arthur.
„Gute Reise“, wünschte ihm Arthur und lächelte. „Du machst das wie immer sicher gut.“
Hugh nickte. Sicher hätte ihn Arthur auch gefahren, doch er wollte von Anfang an seine Unabhängigkeit.
Über den Korridor lief er zum Fahrradständer im Hof hinaus.
Dort lagerten schon die Tasche mit der Dreiviertel- Wandergitarre und ein alter, von der Sonne ausgebleichter Kunststoffeimer.
Er setzte Rucksack und Werkzeugkoffer ab und überlegte, ob er alles dabei hatte. Er ging alles im Geiste durch: den Werkzeugkoffer mit Stimmgabel, Stimmgerät, Stimmkeile, Bürsten, Schraubenzieher und verschiedene andere Gerätschaften, den Rucksack mit dem Oberhemd und der Unterwäsche, Zahnbürste und Zahnpasta. Das Nötigste. Er strich über die Brusttasche seines Hemdes, er hatte den Kompass nicht vergessen. Alles andere konnte er unterwegs kaufen.
Hugh war bekleidet mit einer Jeans, Reiterstiefeln, einem karierten Baumwollhemd, dessen Ärmel hochgekrempelt waren, und einem breitkrempigen Filzhut.
Nachdem er mit seinen Überlegungen fertig war, klemmte er den Rucksack unter den Spanngurt des Gepäckträgers, setzte den Werkzeugkoffer und den Eimer in den Korb am Lenkrad und hängte sich den Gurt mit der Gitarre um den Hals.
Dann schwang er sich auf das Rad und fuhr los. Er betrachtete die Landschaft, während er das Rad nordwestlich nach Oakridge lenkte. Es war heiß, die Sonne brannte und er schwitzte, als in die Pedale trat. Trotzdem erfreute er sich an der herrlichen Landschaft, den saftigen Wiesen und dem Zirpen der Grillen, das es nur gab, wenn es heiß war.
Gleich nachdem er den Gutshof erreicht hatte, stellte er sein Fahrrad ab und ging hinters Haus zum Stall. Dort wurde er schon von dem Stallknecht Eddi erwartet.
„Hi, Eddi“, begrüßte er in. „Alles in Ordnung?“
Eddi lächelte. „Könnt nicht besser gehen, Hugh.“
„Das freut mich“, antwortete Hugh.
Dann lief er Eddi zur Box von Jonny hinterher, seinem achtzehn Jahre alten Vollblut.
Hugh wurde andächtig, ging auf sein Pferd zu, streichelte ihm sanft über die Nase.
„Na Brauner“, flüstere er ihm zärtlich ins Ohr. „Bist du aufgeregt? Gleich gehts los.“
Er führte Jonny hinaus, packte seine Gepäckstücke vom Fahrrad um. Den Werkzeugkoffer und den kleinen Eimer auf eine Flanke des Tieres, die Reisegitarre auf die andere.
Er holte die Karte aus dem Rucksack heraus, breitete sie auf dem Sattel des Fahrrades aus und betrachtete sich den Weg.
„Oh, immer noch kein Navi?“, meinte Eddie neben ihm.
Er schüttelte den Kopf. „Es würde sich nicht mit meiner Art des Reisens vereinbaren lassen. Es stört die Natur.“
Eddi nickte wie immer.
„Na dann, trotzdem viel Spaß und viel Erfolg.“
„Danke, mein Freund. Lass es dir gut gehen“, erwiderte Hugh, schwang sich in den Sattel und nahm die Zügel in die Hand. Mit der Morgenwärme im Rücken trabte er los.
Ab und zu strich er Jonny über den Nacken und flüsterte ihm gut zu.
„Komm mein großer Brauner, komm,
trag mich in die Weiten.
Horch, das Leben ist zu kurz,
Lass uns reiten! Reiten!“
Jetzt auf dem Rücken des Pferdes kam ihm die Landschaft noch lieblicher und reizvoller vor, er lauschte den Libellen, dem Rauschen des Grases, wenn der Sommerwind darüberstrich. Eventuelle Geräusche von mobilen Geräten wie Navis oder mobilen Telefonapparaten hätten ihn nur gestört. Er wusste, dass er deswegen als altmodisch galt, aber er wusste auch, dass er damit in unnatürlicher Weise in die Geräusche der Natur eingegriffen hätte.
Einige Kilometer später holte er den Kompass aus der Brusttasche heraus. Er vergewisserte sich, dass er Jonny in die richtige Richtung lenkte und setzte seinen Ritt fort, er liebte diese Art des Reisens.
Er kam an Feldern vorbei, folgte schmalen romantischen Straßen, von historischen Mauern eingesäumt. Trabte mit seinem Pferd über grüne Hügel, auf deren sanften Erhebungen er einen weiten Blick über die Landschaft genoss.
Die Pferdehufe klapperten auf Feldwegen, deren unebener Untergrund von der Spur früherer Landarbeiter und Bauern zeugte. Nur wenn es sich nicht vermeiden ließ, bahnte er sich seinen Weg sogar auf dem Randstreifen einer ruhigen Überlandstraße. An manchen Stellen stoppte er, ließ sein Pferd grasen, und lauschte dem beruhigenden Rauschen des Wassers.
Während er auf seiner Reisen die Natur durchstreifte, verband sich Hugh nicht nur mit der Landschaft, sondern auch mit den Menschen, denen er auf seinem Weg begegnete. An den Ufern der Flüsse traf er Leute, die ihn neugierig betrachteten.
Er hatte genügend Zeit, er brauchte nicht zu hasten.
Gegen Mittag machte er an einer alten Ruine halt, fand eine Quelle und füllte den Eimer mit frischem Wasser. Jonny dankte ihm die Erfrischung mit einem sanften Schnauben.
Hugh wusste, er war in gewisser Weise ein Außenseiter. Nicht nur wegen der Sache mit den mobilen Geräten, auch wegen seiner Art. Aber für ihn war es wichtiger, den eigenen Weg zu gehen und die Freiheit zu genießen, die ihm das Reisen zu Pferd bot. Er glaubte fest daran, dass, wenn mehr Menschen sich auf diese besinnliche Art des Reisens einlassen würden, die Welt ein friedlicherer Ort sein könnte. Zudem sorgte ein Pferd dafür, Auszeiten einzulegen. Jonny war nicht mehr der Jüngste.
Und auch er mochte es, hin und wieder, im Gras zu sitzen, ganz wie es ihm beliebte, und den Klängen der Natur zu lauschen. Die Natur hatte so Wunderbares zu bieten. Im gleichen Moment hörte er eine Libelle direkt an seinem Ohr, die ihr leises Lied, ein „Sssssss“ surrte. Alles war eine Sinfonie. Eine Sinfonie der Natur. Eine, die eine höhere Gewalt erzeugte. Manche sprachen von einem höheren Wesen, er sprach von einer höheren Kraft.
Nach diesen Überlegungen setzte er sich wieder in den Sattel.
Am späten Nachmittag zeigte ihm die Karte zwei Möglichkeiten auf. Er entschied sich für die kleine Landstraße, da der Forstweg mit Rollsplitt belegt war und Jonnys Pferdefüßen geschadet hätte.
Manchmal, wenn er so dahin ritt, wünschte er sich einen Partner, mit dem er hätte alles teilen können. Irgendjemanden, einen Freund, der aus einem ebensolchen Holz geschnitzt wäre wie er selbst. Naturverbunden, eigen und unkonventionell.
Hugh drang weiter in sein Inneres. Er war zwar noch relativ jung, er zählte jetzt fünfunddreißig Jahre, aber irgendwann würde der Augenblick kommen, in dem er zu alt sein würde für seine kraftraubenden Dienstreisen zu Pferde. Dann würde er umdenken und auf einen Wagen umsteigen müssen. Aber bis dahin würde er es noch so versuchen. Mit Jonny. „Vielleicht finde ich ja bis dahin jemanden“, murmelte er der vorbeiziehenden Landschaft zu. Bei solchen Ausritten überkam ihn immer das Verlangen nach einem Rück- und Ausblick auf sein Leben, und ein Begleiter war ein wesentlicher Teil dieses Rück- und Ausblicks.
Hugh Miller fühlte sich einsam. Er hatte weder Bruder noch Schwester, war das einzige Kind seiner Eltern, beide mittlerweile verstorben. Mutter im letzten Sommer.
Seine entfernten Verwandten hatten ihn längst vergessen, genauso wie er sie. Er hatte keine Freunde, jedenfalls keine engen, abgesehen von Arthur, der ihn als Außendienstmitarbeiter eingestellt hatte.
Die Sehnsucht nach einem Begleiter wurde immer stärker, und er stellte sich vor, wie sie gemeinsam durch die Lande ritten, gemeinsam die das Stimmen der Pfeifen übernahmen. Für einen Begleiter hätte er sogar seine unkonventionelle Art zu Reisen aufgegeben.
Trotzdem kannte er nur sehr wenige in seinem Alter und es schien, als ginge es den anderen genauso mit ihm. Doch die Vorstellung, jemanden zu finden, der sein Weltbild teilte, wurde immer reizvoller.
Seine Gedanken schweiften ab zu Isabell. Vor drei Jahren hatte sie ihn verlassen, nach fünf Jahren Beziehung. Inzwischen wäre sie zweiunddreißig. Isabell hatte von einer Karriere als Modell geträumt. Sie war hübsch, hatte sich elegant bewegt und war sehr gefragt. Die Männer hatten sich nach ihr verzehrt. In der guten alten Zeit hatte er sie sehr begehrt. Und er war sehr stolz gewesen, so eine hübsche Freundin an seiner Seite zu haben. Aber seine Freiheitsliebe, seine Außendienstreisen, seine Liebe zur Natur, hatten die Beziehung zerstört, das wusste er. Sie waren sich dessen bewusst gewesen, als sie beschlossen hatten, zusammenzubleiben. Beide hatten sie gedacht, sie würden das irgendwie schaffen. Doch sie hatten sich getäuscht. Als er einmal von einer Geschäftsreise zurückkehrte, war sie mit einem ihrer Verehrer durchgebrannt und ihm lediglich eine Botschaft am Kühlschrank hinterlassen: „Hugh, ich kann das so nicht mehr.“ Ansonsten hatte sie ihm großzügigerweise alles dagelassen, sogar die Barschaft, die sie in der Keksdose im Küchenschrank aufbewahrten.
Sie hatte nie geschrieben und er hatte sich nie um ihre neue Adresse bemüht, um zu schreiben. Er hatte verstanden, warum sie ihn verlassen hatte, und für sich beschlossen, sie ihr Leben leben zu lassen. Im Gegenteil, er wünscht ihr insgeheim viel Glück.
Und nun dachte er wieder über eine Frau nach. Eine Frau, die zu ihm passte. Er hatte die Hoffnung nicht aufgegeben. Die Hoffnung, dass es da draußen eine weibliche Person geben könnte, die seine Ambitionen und seine Visionen teilen würde. Eine Frau, die seine Abenteuerlust verstand, die mit ihm durch dick dünn ging. Und umgekehrt, die auch er verstand.
Die Gedanken an die Zukunft und die Suche nach einer Frau begleiteten ihn auf jedem Schritt seines Ritts. Jeder Grashalm und jeder Baum schienen ihm eine Botschaft zu übermitteln, dass das Leben noch so viel mehr zu bieten hatte. Und so trabte er weiter, im Herzen die Sehnsucht nach Liebe, die er mit einer Partnerin hätte teilen können. Für sie hätte er zweimal seine Art des Reisens aufgegeben, hätte für Jonny eine Koppel gebaut, vielleicht neben einem Eigenheim im Grünen. Und wenn er ganz verwegen nachdachte, dann vielleicht sogar an Kinder, die er mit einer Frau haben könnte und die sich um Jonny kümmerten.
In der Nähe von Silverbrook sah er sich für eine Übernachtungsmöglichkeit um. Er fand eine Farm, ein B&B mit Unterkunft. Das Zimmer war sehr einfach aber hinlänglich eingerichtet. Es gab nur begrenzt warmes Wasser und die Toilette befand sich auf dem Flur. Aber es war ihm egal, denn sie hatten alles, um ein Pferd zu versorgen.
Er nahm Jonny alles ab, stellte seine Gepäckstücke in einen extra dafür vorgesehenen Raum, versorgte Jonny im Stall, wo er ihn abbestellen durfte, und nahm in dem gegenüberliegenden Pub eine kleine Mahlzeit ein. Ein Sandwich mit Käse und Tomate, dazu ein Cider. Danach legte er sich schlafen. Die Matratze war im Gegensatz zu seiner Erwartung hervorragend, und so verlief die Nacht ganz ausgezeichnet.
Am Morgen, nachdem er gefrühstückt und Jonny versorgt hatte, zahlte er, verabschiedete sich, packte und schwang sich wieder in den Sattel.
Dann ritt er immer parallel zur Richtung des Nationalparks.
Das urwüchsige Gebiet, welches er hier fand, faszinierte ihn nicht weniger als die Seenlandschaft bei Haven.
Die Landschaft war von einer vielseitigen Schönheit, entsprach seinen minimalistischen Neigungen und er hielt mehrere Male an, um sich die Bilder einzuprägen.
Am Morgen des 15. Juli bog er in nordöstlicher Richtung ab und nahm den Weg Richtung Misty Hollow.
Einmal mehr machte er halt, nahm die Gitarre vom Pferd, setzte sich auf einen der alten Steine. Es war reizvoll hier, wie im Märchen. Kinderlieder fielen ihm ein. Er mochte Kinderlieder.
Glitzere, glitzere, kleiner Stern,
Wie frage ich mich, was du bist!
Hoch oben in der Welt so hoch,
Wie ein Diamant am Himmel.
Es gab Kinderlieder, die hatten ihren ureigenen Rhythmus. Es hatte fast etwas Hypnotisches.
„Der Wind streicht leis durch das Gras,
Die Sonne küsst uns, ein leiser Spaß.“
Das war ihm gerade eingefallen.
Er hatte eben im Geiste eine eigene Melodie dazu entwickelt. Zupfte auf der Gitarre, suchte den Ton, suchte und spielte Jonny vor.
„Ja, du bist mein einsamer Zuhörer“, sagte er. Dann stimmte er „The Girl from Ipanema“ an und sang dazu, lauschte dem Wind, dem Gras, den Vögeln. Hörte auf seine eigene Stimme, versuchte sie, der Natur anzupassen.
Dann war es genug. Er musste weiter.
Er packte die Gitarre wieder ein, hängte sie an die Flanke des Pferdes, sattelte auf und tätschelte Jonnys Hals: „Na, wenigsten bin ich froh, dass ich dich habe. Aber eine Frau wäre auch gut.“
Manchmal, wenn er zu Hause war, traf er sich hin und wieder mit der Gemeindesekretärin seines Geburtsortes. Er hatte sie während eines Auftrags an der Orgel in der Kirche kennengelernt. Sie war so alt wie er, intelligent und eine nette Frau, aber er liebte sie eben nicht und würde sie auch niemals lieben.
Ab und zu jedoch überkam sie beide ein begehrliches Gefühl, und in solchen Momenten verabredeten sie sich für einen Abend zusammen. Sie gingen essen, genossen ein paar Longdrinks und rundeten den Abend mit einer romantischen Nummer im Bett ab. Sie war eine erfahrene Frau, die wusste, was sie wollte. Jedes Mal, nach ihren Liebeszusammenkünften, und während sie noch eng beieinanderlagen, pflegte sie unausweichlich zu ihm zu sagen: „Du, Hugh, du bist wirklich anders, du bist nicht von dieser Welt, du bist irgendwo Hexenmeistern entsprungen oder so.“
Er fand es schön, als Mann solche Komplimente zu hören, verfügte jedoch selbst nicht über allzu viel Erfahrung und konnte ohnehin nicht sicher sagen, ob sie es aus vollem Herzen heraus meinte oder nur so dahinsagte. Doch einmal hatte sie etwas gemeint, was ihn nicht mehr losließ: „Hugh, du erzeugst etwas in mir. Ich weiß nicht, was es ist, aber es macht mir ein Bauchkribbeln. Ein gefährliches Bauchkribbeln, das nach mehr verlangt. Noch nie hatte ich vorher solche Höhenflüge gehabt wie mit dir. Manchmal habe ich das Gefühl, du kennst jede Ecke meines Körpers in- und auswendig, jeden Nerv, besser als ich selbst. Zeitweise jagst du mir Angst und Schrecken ein, selbst wenn du zärtlich zu mir bist. Wenn ich nicht mit aller Kraft meine Beherrschung bewahren würde, hätte ich das Gefühl, mich völlig in dir zu verlieren und nie mehr zurückzufinden.“
Er hatte nur eine vage Ahnung von der Bedeutung ihrer Worte. Er konnte es nicht begreifen. Seine Gedanken neigten dazu, sich gelegentlich ins Uferlose zu verlieren, und er trug eine melancholische Sensibilität in sich, die von großer körperlicher und intellektueller Stärke begleitet wurde. Diese Eigenschaften hatte er schon als Kind in einer Kleinstadt entwickelt.
Während andere Kinder „Hänschenklein“ sangen, interessierte er sich für die Moldau von Bedřich Smetana. Er konnte den Flusslauf hören oder die vier Jahreszeiten von Vivaldi spüren.
Doch er mochte nicht nur die Töne, sondern auch besondere Rhythmen. Wie zum Beispiel „O Fortuna“ aus „Carmina Burana.“
Er mochte den kraftvollen und mitreißenden Takt, die eindringliche rhythmische Intensität. Er stellte Listen der Lieder, die er besonders gern hatte, zusammen und führte handgeschriebene Listen, die er an die Wand über sein Bett zu Hause pinnte.
Take Five“ von Dave Brubeck. Ein Jazzstück aus dem Jahr 1959, bekannt für seine unkonventionelle Taktart von 5/4, was es von den üblichen 4/4-Rhythmen abhebt, war ein anderes.
Selbst seiner Mutter fiel auf, dass er sich von den anderen Jungs unterschied. Schon als Fünfjähriger konnte er den Pfeifton der Bahn bestimmen. Es war das eingestrichene A. Er hatte es auf seinem Kinderklavier überprüft.