Menschliche Augenblicke - Julia Beylouny - E-Book

Menschliche Augenblicke E-Book

Julia Beylouny

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Beschreibung

Fremde im Kopf werden zu Freunden. Du lebst ihre Geschichte. Schreiben. Ein kleines Elfchen soll euch durch das Buch begleiten. Euch zeigen, wie ein menschlicher Augenblick, ein Gefühl, ein Erlebnis seine eigene Gestalt annimmt. Ganz nach dem Motto, wie Shakespeare einmal sagte: "Wenn man nicht weiß, wohin mal will, so kommt man am weitesten."

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EPUB
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Seitenzahl: 44

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Julia Beylouny

Menschliche Augenblicke

Erzählungen & Gedichte

Außer der Reihe 23

Julia Beylouny

MENSCHLICHE AUGENBLICKE

Erzählungen & Gedichte

Außer der Reihe 23

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© dieser Ausgabe: Dezember 2017

p.machinery Michael Haitel

Titelbild: Isabell Schmitt-Egner

Layout & Umschlaggestaltung: global:epropaganda, Xlendi

Lektorat: Rudolf Köster

Korrektorat: Michael Haitel

Herstellung: global:epropaganda, Xlendi

Verlag: p.machinery Michael Haitel

Ammergauer Str. 11, 82418 Murnau am Staffelsee

www.pmachinery.de

ISBN der Printausgabe: 978 3 95765 112 9

Liebe

Atemlauschend

liege ich neben dir.

Sinnesberauschend

will ich dich küssen, ans Herz fest drücken.

Seelentauschend

dein sein auf ewig.

Du wärst

Ich wünschte, du wärst der Regen.

Dann würde ich dich an meinem Fenster klopfen hören.

Ich wünschte, du wärst der Wind.

Dann spieltest du den ganzen Tag lang in meinem Haar.

Ich wünschte, du wärst die Sonne.

Dann würde ich deine Wärme auf meiner Haut spüren.

Aber ich weiß:

Du bist eine Wolke und weil ich dich liebe,

muss ich dich ziehen lassen.

Ich wünschte, du wärst der Schnee.

Dann würdest du meine triste Welt in sanfte Ebene wandeln.

Ich wünschte, du wärst der Mond.

Dann teilte ich meine schlaflosen Nächte mit dir.

Ich wünschte, du wärst mein Schatten.

Dann folgtest du mir bis ans Ende dieser großen,

weiten, finsteren Welt.

Aber ich weiß:

Du bist wie das Meer und mir bleibt nur,

dich mit meinen Tränen zu nähren.

Ich wünschte, du wärst ein Vogel.

Dann würdest du meine Wünsche hoch zum Himmel tragen.

Ich wünschte, du wärst ein Baum.

Dann könnten wir in deiner Ruhe gemeinsam wachsen.

Ich wünschte, du wärst ein Stern.

Dann könnte ich dich sehen,

obwohl du Millionen Meilen fern bist von mir.

Aber ich weiß:

Du bist wie die Zeit und weil ich sie nicht halten kann,

wirst du wie sie verrinnen.

Der Lebensbaum

Ich bin unter meinesgleichen aufgewachsen. Wir waren so viele. Ich hatte eine ganze Menge Geschwister, Freunde; sie waren groß und klein, dick und dünn. Es war schön in dem Wald, in dem ich lebte. Ich stand einfach nur dort und schaute der Sonne zu, wie sie tagtäglich auf- und wieder unterging. Das Lichtspiel faszinierte mich. Im Frühling, wenn die vielen Laubbäume ihre Blätter entfalteten, kamen die ersten Vögel und spielten in den hohen Zweigen. Sie sangen die wunderschönsten Lieder und waren so fröhlich, dass jeder sich gern von ihnen anstecken ließ. Dann die Eichhörnchen, die Bienen und Rehe, die an der Rinde nagten. Im Sommer war es oft so heiß, dass die Bäume in der Hitze ächzten. Einige wurden bei Gewitter vom Blitz getroffen und in der Mitte gespalten. Krachend stürzten sie zu Boden. Dann schwiegen alle, in Trauer oder aus Angst, das gleiche Schicksal könnte sie ereilen.

Um ehrlich zu sein, hatte ich mir nie Gedanken darüber gemacht, wann und wie ich sterben würde. Ich wurde immer größer, stärker und stolzer. Irgendwann hatte ich mich bis ganz nach oben durchgekämpft, dem Licht entgegen. Ich konnte den ganzen Wald überblicken! Dieses Gefühl würde ich sicher nie vergessen. Dieses Gefühl – und die Schneelast, die ich tragen musste, um die Kleineren unter mir zu schützen.

Ja, ich war ein Baum. Und auch wenn ich gedacht hatte, dass meine Geschichte zu meinen Lebzeiten spielte; sie tat es nicht. Meine wahre Geschichte begann am Tag meines Todes.

Es war ein schöner Tag. Ich ließ mich im Wind hin- und herwiegen, während ein Specht seinen Schnabel pochend in meinen Stamm meißelte. Es machte mir nichts aus, denn ich wusste, dass meine Wärme den winzigen Vogelbabys in wenigen Wochen Schutz bieten würde. Darauf freute ich mich bereits.

Für gewöhnlich war es still in unserem Wald, was Menschen anging. Sie kamen nur, wenn sie auf der Jagd waren oder einen von uns fällen wollten – wie an diesem Tag. Der Specht bemerkte ihre rauen Stimmen zuerst. Er hielt inne, bevor er auf leisen Schwingen davonflog. Die Männer brüllten herum, zertraten mit ihren geschnürten Stiefeln die kleinen Schösslinge und jungen Triebe. Hin und wieder hielten sie an, begutachteten einen von uns und schrien wieder rum.

»Der hier ist gut!«, hörte ich einen starken Mann rufen, der eine riesige Axt bei sich trug. Der Mensch stand nur zwei Bäume weit von mir entfernt. Meine Geschwister knarrten leise in ihrer Todesangst.

»Nein!«, rief ein anderer, und im gleichen Moment spürte ich seine feuchte Hand an meinem Stamm. »Der hier ist viel besser! Er ist glatt und ganz gerade gewachsen. Er ist optimal! Quirinius, komm her mit deinem Beil!«

Der andere Mann gehorchte. Sie stellten sich im Kreis um mich herum, jeder schaute an mir hoch, nickte, grinste und befühlte meinen Stamm.

»Sehr gute Wahl, Gajus. Der Centurio wird stolz auf dich sein. Na los, worauf wartest du noch? Schlag ihn um! Vor Sonnenuntergang müssen wir zurück sein.«

Bis zu diesem Tag hatte ich meinen Platz im Wald geliebt. Doch in dem Augenblick wünschte ich mir, ich könnte meine Wurzeln aus der Erde herausreißen und mich selbst verpflanzen. Weit weg von ihnen. Fort von allen Menschen. Meine Geschwister seufzten. Ich ließ meine Äste auf und ab wehen, um mich zu wehren. Doch ein Baum vermag nichts zu tun, um sein Leben zu verlängern. Meine Stunde war gekommen, und als der erste Axthieb auf meine Rinde traf, durchfuhr es mich heiß und kalt. Ich spürte den Saft aus meinem Stamm spritzen. Das Harz rann aus meiner blutenden Seite. Wie liebkosend war der Schnabelpick des Spechtes dagegen gewesen …

Nie wieder würde ich einen Sommer sehen. Keinen Herbst mehr, der uns in herrlich bunte Kleider hüllte. Mit jedem Hieb wurde ich schwächer. Doch ich verteidigte mich hartnäckig. Zweimal musste ein anderer Mensch kommen, um die Axt zu übernehmen. Mein Holz war felsenfest. Schließlich begann ich zu wanken, ich taumelte und konnte mich nicht länger aufrecht halten. Ein letztes Ächzen, dann sank ich in das Geäst meiner Geschwister und stürzte zu Boden.