Mirko in Kafkanien - Max Götz - E-Book

Mirko in Kafkanien E-Book

Max Götz

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Beschreibung

Ein Schüttelreimroman. Trotz leichter psychischer Behinderung ist Mirko ein Kriegsheld geworden und wird gesucht. Na gut, er heißt nicht wirklich Mirko und wo er war gab es auch keinen Krieg...Aber jetzt ist er hier. Zu seinem Glück trifft er den netten, unkorrekten Soziopathen Max der ihm unsere Gesellschaft in Schüttelreimen erklärt und toll hilfreich ist als er sich in eine gecybermobstalkte Frau verliebt....

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Mirko in Kafkanien

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….Abschiebetransport erwarten und Verdächtigen eliminieren. Kollateralschäden OK. Die unkooperativen Kafkanier gaben wegen angeblicher Verletzungen weder Foto noch Fingerabdrücke. Wenn möglich Gesicht und Finger von Staatsfeind Nr1. an unsere Botschaft….

1

Da waren schon die Lichter der großen Stadt. Er hatte es wohl geschafft. Vermutlich als einziger. Die anderen abzuschiebenden Flüchtlinge hatten kaum nennenswertes militärisches Training, kaum Undercover- oder Kampferfahrung. Nachdem sie nach seinen Anweisungen ihren fahrenden Transporter umgeworfen hatten, waren sie wohl nicht weit gekommen.

Ruhig sah er sich nach dem sichersten Zugang um. Seine Kleidung und Verbände würden bald trocken sein. Der Fluss war schon weit hinter ihm. Drückende Schuhe, Kälte, Müdigkeit und Hunger hatte er zu unterdrücken gelernt, und das ging noch eine Weile. Solange er in Bewegung blieb, würde er nicht erfrieren. Er hatte kaum noch Schmerzen an Händen und Gesicht. Falls er die Verbände schon ablösen könnte, würde er recht unauffällig sein. Langsam und vorsichtig ging er weiter. Dabei rollte er geschickt seine Verbände auf. Manchmal blieb er kurz stehen um zu sichern, zu lauschen oder sich voll auf eine klebrige oder fester haftende Stelle seiner Verbände zu konzentrieren. Nun war er in der Stadt. Es war ruhig. Große, fensterarme Gebäude. Wohl ein Industriegebiet. Sogar die leeren Straßen waren hier beleuchtet. Ein Auto erschien auf seiner Straße und kam näher. Er ging ruhig weiter. Den kurzen Stahlstab, den er gefunden hatte, ließ er in der hinteren Hosentasche. Gegen bewaffnete Sucher würde der sowieso nicht helfen. Nur die Verbände drehte er so, dass die Scheinwerfer sie nicht erfassten. Das Auto fuhr an ihm vorbei, ohne Spur oder Geschwindigkeit zu wechseln. Wie erwartet. Er kam zu einem Mistkübel. Toll. Einfach so am Straßenrand. Das gab es daheim nur in wenigen Gegenden. Er sah auf die Verbände. Alles brav wegwerfen, war ihm gesagt worden. Und er hatte es immer gemacht. Die Verbände. Weiße, feste, elastische Bänder. Etwas blutig und dreckig, aber immer noch brauchbar. Er rollte sie klein zusammen und steckte sie ein. Plötzlich erwachte sein Gefahreninstinkt, der ihn noch nie getäuscht hatte. Dieses leichte Ziehen in Herz- und Halsgegend. Instinktiv bog er in die nächste Quergasse ein. Vor der nächsten Hausecke wurde es deutlicher. Vorsichtig lugte er um die Hauskante auf den Platz dahinter. Er erkannte im Dunkel vier schattenhafte Gestalten. Ihnen gegenüber mit dem Rücken zur Wand eine weitere. Diese hatte etwas Längliches in den Händen und hielt es wie ein Sturmgewehr vor sich. Seine Augen adaptierten sich schnell. Die vier Gestalten waren Jugendliche. Sie hatten kurze Dinge in den Händen, Er glaubte Messer zu erkennen. Die fünfte Gestalt schien ein alter Mann mit langem Bart und einem Stock oder Regenschirm zu sein. Er stand ganz ruhig. Die Jugendlichen schienen ihn zu belauern und zogen ihren Kreis langsam enger.

2

-Schirm weg. Geld und Handy her!

Der Alte machte keine Anstalten irgendetwas herzugeben sondern murmelte etwas vor sich hin.

-Die Sacknasen sind ja recht inspirierend. Da fallen mir doch glatt ein paar Schüttelreime ein. Moment mal…

Ruf schnell zurück doch deine Kämpfer

Die brauchen doch wohl keine Dämpfer.

Sie sollten besser nur vorsichtig räubern

Ich werde den Platz von euch richtig säubern.

Blöd, sie in meine Faust zu hetzen

Ich mach euch, wenn du haust, zu Fetzen.

Hab Respekt vor meinen Rechten

Und der Kraft von reinen Mächten.

Vor dem Kampf ein netter Rat:

Ich spüre, dass ein Retter naht.

Er verstand die Sprache kaum, aber der Fall war ihm klar. Der Alte brauchte Hilfe. Adrenalin schoss ein und vertrieb Schmerzen und Müdigkeit. Seine Hand glitt an die Eisenstange. Er war noch unbemerkt und der erste Angreifer knapp vor ihm. An Flucht dachte er nicht, obwohl ihm klar war, dass das leicht gewesen wäre. Man musste immer das Richtige tun. Er löste sich aus seiner Deckung und landete die Stange am Hinterkopf des Angreifers. Der gab keinen Laut mehr von sich. Sein Aufschlag am Boden und vor allem das klirrende Messer waren aber nicht zu überhören. Die beiden ihm näher stehenden Jugendlichen verständigten sich schnell in einer ihm fremden Sprache und kamen geduckt näher. Er ging auch in Kampfposition, machte aber mit der freien Linken verscheuchende Bewegungen. Er deutete auch auf ihren liegenden Freund, dass sie ihn mitnehmen könnten. Umsonst. Sie griffen an. Er tänzelte zur Seite, so dass sie ihn nicht in die Zange nehmen konnten. Dann deutete er noch eine Ausweichbewegung, griff aber sofort an. Sein Gegner stach zu, traf aber nur den Unterarm, mit dem er sich schützte. Seine Stange hingegen traf gut auf die Stirn. Der Gegner taumelte kurz – aber lange genug, um den zweiten entscheidenden Treffer zu setzen. Da war auch schon der zweite Gegner. Beider Hände schossen vor. Die Stange traf die Messerhand, die mit einem kurzen Schrei ein wenig zurückgezogen wurde. Seine Stange war nun zu nieder für einen Kopftreffer, aber ein Stoß auf den Solarplexus ging sich knapp aus. Treffer. Schwach, doch genug für eine erneute Folgeaktion. Kurz flackerte in ihm der Gedanke auf, dass seine alten Trainingspartner nicht den Nerv gehabt hatten, in so einem Augenblick kurz und kontrolliert nachzusetzen. Deshalb gab es sie nicht mehr. Dabei war gerade in sie mehr Hoffnung gesetzt worden. Er hatte mit seinen Defekten nur gnadenhalber mit üben dürfen. Nerven, völlige Abwesenheit von Angst und Panik in jeder Situation und sein sonderbarer Gefahreninstinkt waren im Training nicht zu erkennen gewesen. Der Folgetreffer reichte. Er sah seinen Gegner umfallen und hörte zwei Fallgeräusche. Mit einer schnellen Drehbewegung stieg er vor und blickte geduckt hinter sich. Ruhig akzeptierte er, dass er zu langsam gewesen war. Der vierte Angreifer lag am Boden. Der Alte senkte seinen Schirm und grinste ihn schadenfroh an.

3

-Drei zu Eins für dich, Eins zu Null für mich. Siege ohne Gegentreffer sind meiner bescheidenen Einschätzung zufolge zu präferieren. Der hätte dich gut erwischt. Du hast das aber recht schick gemacht. Schöne Fortsetzungen. Und dass man sich mit einem Stangenstumpf das Ausholen zu einem Schlag sparen kann… mit den Stößen hast du sie gut ausgetrixt. Bist du mit Formnote Acht zufrieden?

-Was Note?

Der Alte warf in komischer Verzweiflung die Arme nach oben:

-Wie tief bin ich gesunken?! Von einem Kümmeltürk, einem Tschusch, einem Mirko muss ich mich retten lassen! Ich bin auch nicht mehr, was ich nie gewesen bin! Verstehst du meine geschliffenen Komplimente wenigstens, du Mirko?

-Verstehe Teil, reden nix gut. Nix Mirko. Feinde?

Beim letzten Wort deutete er fragend auf die vier Gestalten.

-Na gut, mein hochedler Retter, ich bin Max und die Typen habe ich noch nie gesehen. Die wollten mich wohl nur zum Spaß fertigmachen, ich sehe ja nicht so aus, als ob ich Reichtümer mit mir herumschleppen würde. Was haben wir denn nun für einen sensationellen nächsten Programmpunkt für diese vier Blüten unserer Gesellschaft? Ist dem werten Herrn eine Verständigung unserer hochgeschätzten Polizei und eine gepflegte Aussage genehm?

-Nix Polizei!

Das kam schnell.

-Ausweisung ..äh…

Der Alte nickte.

-Das hätte ich mir gleich denken können, dass so ein guterzogener junger Mann nach diesen vier netten Leuten nicht noch mit weiterem Gesindel intim werden möchte….Ich bin auch nicht wirklich heiß drauf. Setzen wir also selbst tolle reintegrierende Maßnahmen für die vier Möchtegernrambos? Und noch was, allerwertester Mirko: Du heißt jetzt sehr wohl Mirko- zum Beispiel Mirko Mirkosohn, denn du gehst locker als stärker pigmentierter Südschwede durch, was dir ein gutes Image gibt! Ich bin übrigens Max. Oder hab ich mich eh schon vorgestellt? Also, wie heißt du?

-Mirko Mirkosohn? kam es zögernd.

-Sehr gut und lernfähig! Da hast du den meisten von uns Kafkaniern schon viel voraus!

Dabei zog er dünne Handschuhe und ein Plastiksackerl aus der Jackentasche und näherte sich dem ersten Rambo, stieg ihm gefühlvoll auf die Messerhand, löste das Messer und gab es in das Sackerl. Auf einen Wink von ihm verstand Mirko sofort und entwaffnete auch einen. Geschickt verwendete er ein sauberes Verbandstück, um keine Spuren zu hinterlassen. Max war voll des Lobes und nahm ihnen die Handys auch noch weg. –Nicht dass die noch weiteres Gesindel zu Hilfe rufen… Einer wachte dabei auf und wollte sich wehren, schlief aber nach einem lockeren Tritt zum Kinn noch ein Ründchen und überließ ihnen bei der Gelegenheit auch noch ein Säckchen mit weißem Pulver.

-Das sind ja wirklich üble Sacknasen- schauen wir, was die sonst noch haben. Zeig das Fläschchen her- das sind KO-Tropfen –solche Schweine! Dafür nehmen wir ihnen alles weg. Die sollen froh sein, dass wir nicht die Polizei rufen.

Er zögerte. Mirko blickte irritiert von ihm zu den verletzten Kriminellen.

4

-Zeit, dieses gastfreundliche Plätzchen zu verlassen, Mirko- weißt du, wie man die Dinger ausschaltet?

Max hielt die Handys ratlos in den Händen.

Mirko deutete auf die richtigen Knöpfe.

-Nicht wissen?

-Natürlich hab ich selber so einen Dreck nicht-, sagte Max.

-Ich grill mir doch nicht freiwillig meine Gehirnzellen mit den Mikrowellen. Und meine Alukappe hab ich auch nicht dabei! Zu den Strahlenschäden hab ich mal ein paar erhellende Schüttelreime gemacht:

Am Handy zeigt manche Dirn Humor

Doch dabei wächst ihr Hirntumor!

Es gab in unseren Qualitätsblättern sogar ganz gute Berichte darüber, aber nach ein paar doppelseitigen Werbungen der Mobilfunkanbieter blieben die dann natürlich aus. So lauft das bei uns.

Man muss nur an prominenten Stellen werben

Während Sensitive an den Wellen sterben.

Ähnlich stoppt man auch manche Erforschung

Und ersetzt sie durch bezahlte Verorschung.

Kunden werden vor Beweisen geschont.

Man ist ja das Bescheißen gewohnt!

Und man berichtet nur echt dicken Mist

Wenn es im Sinne der Mächtigen ist.

Buht die Forscher aus vollen Rohren aus

Es wachsen schon Tumore aus den Ohren raus!

Pflanzen und Tiere werden übrigens auch geschädigt. Bestrahlte Bienen finden nur langsamer in ihren Stock. Das bringt Ernährungsprobleme.

Traurig, dass Wellen, die ihr zu dienen bötet,

In großen Mengen unsere Bienen tötet!

Falls ich dich mit Wellen und Stahlen verwirrt haben sollte, gebe ich dir hier ein geniales Unterscheidungskriterium:

Trifft dich statt einer Welle ein Teilchen

Bleibt auf dir eine Delle – ein Weilchen:

Du musst wissen, um mein Hirn wärs besonders schade, ich bin ein Genie in Wissenschaft und Kunst. Jetzt fällt mir zum Beispiel noch ein zu den Rambos passender Schüttelreim ein.

Er machte eine pathetische Armbewegung und trug vor:

Der Rambo ist ein kesser Mann-

Doch das was der mim Messer kann

Das kann meine Mutter besser

Denn die übt mim Buttermesser!

Mirko sah ihn groß an. Max nickte gönnerhaft:

-Das ist die höchste Form der literarischen Kultur. Goethe, Schiller, Roth und andere haben nach dieser vollendeten Form gestrebt, aber an mich kommt eigentlich nur Felix Mittler heran.

5

Mirko sah bewundernd zu ihm auf. Da hatte er nur ans Überleben gedacht, und nun traf er sogar ein echtes Universalgenie. Er hatte andere Helden gekannt, weiters flüchtig einige Politiker und Staatenlenker; auch flüchtige Politiker und Staatenlenker; und natürlich diesen Engel, seine Frau, die jetzt wohl wirklich ein Engel war. Max hatte inzwischen auch Handys und Pulver in seinem Plastiksackerl verstaut und ging mit großen Schritten voran und philosophierte nachdenklich vor sich hin: