Mister Black - S.M. Groth - E-Book

Mister Black E-Book

S. M. Groth

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Beschreibung

Ein Traum wird wahr. Mary Rice ist in der aufregendsten Stadt der Welt angekommen. Doch New York ist nicht nur die Stadt, die niemals schläft, sondern auch eine Stadt voller Menschen, denen man nicht vertrauen kann. Menschen, die nur ihren eigenen Vorteil sehen. Ist Ryan Black eine Ausnahme? Er ist reich, gutaussehend und scheint echtes Interesse an Mary zu haben. Während sie noch versucht, ihre Gefühle und Hormone zu kontrollieren, nimmt ihr Leben eine Wendung, mit der sie selber nicht gerechnet hat.

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Impressum

Kapitel 1

New York. Der Times Square. New York. Immer wieder hallen diese Worte in meinem Kopf. Ich kann es noch gar nicht fassen. Ich stehe tatsächlich hier und das nicht als Tourist, sondern als Bürger dieser aufregenden Stadt. Ich kann es noch immer nicht richtig begreifen. Es ist wirklich wahr. Ich bin hier. Ich werde hier leben.

Ich drehe mich einmal im Kreis und versuche, alles in mich aufzunehmen. Es ist einfach unfassbar.

Heute sind Kim und ich in unsere kleine süße Wohnung in Brooklyn gezogen. Mich zog es sofort nach draußen. Kim wollte lieber Kartons auspacken und die Wohnung einräumen. Ich aber will New York erleben. Ich muss erst noch begreifen, dass das alles wirklich wahr ist und kein Traum.

Es war so unwirklich, als Kim vor knapp vier Wochen ins Haus gestürmt kam, einen Brief wedelnd in der Hand hielt und schrie: „New York, New York, Mary, wir ziehen nach New York.“

Ich musste lachen über ihren Enthusiasmus, weil ich erst nicht begriff, was sie mir damit sagen wollte und welche Tragweite ihre Worte hatten. Schließlich sollte dies das Ende unseres bisherigen Lebens bedeuten und den Umzug in eine für uns fremde Stadt. Ohne Freunde und ohne Familie völlig neu anfangen.

Seit dem Tod unserer Eltern vor 3 Jahren gab es nur Kim und mich. Naja, so ganz stimmt es nicht, unsere Großmutter wohnte im selben Ort. Aber wir beide fanden immer, wir würden gegen den Rest der Welt kämpfen. Obwohl wir gegensätzlicher nicht sein könnten, halten wir zusammen wie Pech und Schwefel.

Kim ist groß und schlank wie mein Vater. Ich hingegen muss sehr aufpassen, dass ich nicht auseinander gehe bei gerade mal 1,65 m. Ich habe die braunen Haare meines Vaters und die blauen Augen meiner Mutter. Kim hat die blonden Haare meiner Mutter, dafür die grünen Augen meines Vaters.

Aber nicht nur optisch sind wir wie Tag und Nacht. Auch vom Charakter könnten wir nicht unterschiedlicher sein. Kim ist es immer leicht gefallen, neue Freunde zu finden und den Kontakt mit Menschen aufzubauen. Ich war lieber für mich alleine und las Bücher. Es ist mir immer schwer gefallen, auf andere Menschen zuzugehen oder mit neuen Menschen zu reden, wenn sie mich ansprachen.

Kim ist überall beliebt und schön. Wobei das nicht nur ihre natürliche Schönheit ist. Kim interessiert sich sehr für Mode und weiß immer genau, was man wie tragen sollte und was nicht. Ich interessiere mich nicht für Mode, wobei das nicht ganz richtig ist. Ich habe nur einfach weder ein Händchen für so etwas, noch ein Auge. Also lasse ich es lieber gleich ganz sein.

Auch wenn Kim die Ältere ist, sieht man es kaum. Es ist ja auch nur ein gutes Jahr.

Für sie stand immer fest, dass sie eines Tages in New York leben würde, um bei einer Modezeitung zu arbeiten. Dieser Traum scheint nun in Erfüllung gegangen zu sein. Sie hat ein bezahltes Praktikum ergattert.

Ich habe gerade erst meinen Schulabschluss gemacht und weiß noch nicht genau, was ich mit meinem Leben anfangen möchte. Ich habe zwei kleine Jobs gefunden, damit ich etwas zur Miete beisteuern kann. Schließlich kann ich Kim nicht für uns Beide aufkommen lassen.

Der eine Job ist im Look out. Ein angeblich angesagtes Restaurant, in dem ich wohl mehr durch das Trinkgeld verdienen werde als durch die Stunden. Die Arbeitskleidung wird einem gestellt, so dass ich sie nur waschen muss. Ich werde mich sicher an die Kleidung gewöhnen: schwarze Hose, schwarzes Hemd und weiße Krawatte, auch für die Frauen. Immerhin muss ich mir so keine Gedanken darüber machen, was ich anziehe und ob mir das steht, was ich trage. Das spielt in New York sicher eine große Rolle. Nicht nur, um nicht ausgegrenzt zu werden, sondern auch für das Trinkgeld.

Mein zweiter Job ist in einem Fitnessstudio. Ich musste immer Sport machen, damit ich nicht zu sehr auseinander gehe. Ich habe nicht so ein Glück wie Kim. Aber so kann ich das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden, wobei ich wohl als Personaltrainer arbeiten soll. Zumindest habe ich meinen Chef so verstanden. Entweder kommen die Kunden ins Studio oder ich soll zu ihnen fahren, was ich extra bezahlt bekommen würde. Ich soll die Kunden dann eine oder zwei Stunden scheuchen, damit sie sich bewegen und auspowern.

Bei der Auswahl des Programmes bin ich relativ frei und soll es den jeweiligen Kunden anpassen. Ich hoffe wirklich, dass ich das schaffe. Bisher musste ich nur mich motivieren, mich zu bewegen. Ich habe keine Ahnung, wie man anderen Leuten sagt, was sie tun sollen.

Ich fange erst in einer Woche an. Bis dahin werde ich mir im Internet einige Fitnessvideos ansehen und hoffen, dass ich lerne, wie es geht.

Ich atme noch einmal tief durch und jogge nach Hause. Heute ist mein erster Tag im Look out und ich will auf keinen Fall zu spät kommen. Die Straßen sind mir alle noch fremd und ich muss aufpassen, dass ich mich nicht verlaufe. Wird je der Tag kommen, an dem New York wirklich meine Heimatstadt ist und ich alle Straßen kenne?

Kapitel 2

Ich bin eine halbe Stunde zu früh im Look out. Es ist bereits brechend voll und Charles, der Geschäftsführer, erklärt mir noch einmal im Schnelldurchlauf, was genau ich tun soll. Ich bin total nervös, schließlich will ich nichts falsch machen. Auch wenn ich die Uniform nicht besonders attraktiv finde, bin ich froh, dass es sie gibt. So brauche ich mir keine Gedanken darüber machen, was die Gäste über meine Kleidung denken und ob sie angemessen ist.

Die ersten zwei Stunden verlaufen gut, zumindest denke ich das. Charles bringt die Gäste zu ihren Tischen und ich muss mich nur um die Aufnahme und das Bringen ihrer Getränke und Speisen kümmern. Die Rechnungen lege ich auf den Tisch, die Gäste legen Geld oder Kreditkarte hinein und meine Kollegin an der Kasse erledigt die Abrechnung. Danach bringe ich die Mappe mit der Rechnung, dem Rückgeld oder der Kreditkarte wieder an den Tisch. An sich total einfach.

Obwohl das Look out brechend voll ist, schafft es die Küche, die Speisen schnell zuzubereiten, so dass keiner lange warten muss. Die Zeit verfliegt, weil ich keine Zeit habe, mir über irgendetwas Gedanken zu machen. Ich muss nur aufpassen, dass meine Füße sich schnell genug bewegen und ich mich nicht auf die Nase lege.

Ich bemerke, dass einer meiner Tische neu besetzt wird und mache mich auf den Weg. Ich muss Kolleginnen und Kunden umrunden und aufpassen, dass ich keinen von ihnen umrenne oder anremple.

Auf einmal habe ich das Gefühl, dass sich etwas in der Luft verändert, es scheint zu knistern und zu prickeln. Woher kommt das? Was löst so etwas aus? Was bedeutete es? Ist der Job so stressig, dass ich irre werde? Habe ich nicht genug getrunken? Ich beachte es nicht weiter. Ich muss arbeiten und habe jetzt keine Zeit.

Als ich am Tisch angekommen bin und meine Gäste in Augenschein nehme, muss ich mich zusammenreißen. Die Beiden sehen sehr attraktiv aus. Keine Ahnung, ob sie erfolgreich und reich sind. Hier im Look out trifft man alle möglichen Menschen, aus allen gesellschaftlichen Schichten und Berufen. Aber ich muss sagen, New York scheint wirklich die attraktivsten Männer zu haben.

Schnell sage ich mein Sprüchlein auf, bevor ich ihn nicht mehr weiß: „Guten Abend, ich bin Mary und für heute Abend Ihre Kellnerin. Darf ich Ihnen die Karte geben oder wissen Sie schon was sie möchten?“

„Wir nehmen die Karte,“ sagt der eine.

„Gerne.“ Ich reiche jedem eine Karte und habe so die Möglichkeit, jeden kurz etwas genauer in Augenschein zu nehmen.

Der erste ist groß und schlank. Seine schwarzen Haare sind von blonden Strähnen durchzogen und wild gestylt. Er hat strahlende blaue Augen, welche in krassem Gegensatz zu seinen schwarzen Haaren stehen. Kurz überlege ich, ob es farbige Kontaktlinsen sind. Trägt er Make-up? Kein großartiges, aber so ein bisschen um die Augen herum? Ich kann es nicht genau erkennen.

Der zweite ist groß und durchtrainiert. Er hat dunkelbraune Haare, welche so aussehen, als würde kein Haar an der falschen Stelle liegen. Seine braunen Augen strahlen Ruhe und Gelassenheit aus. Obwohl er einen steifen Anzug trägt, sieht er sportlich aus. Bei ihm kann ich keine Spuren von Make-up entdecken.

„Darf es schon etwas zu trinken sein?“

„Entschuldigen Sie Sir, unsere Mary hat heute ihren ersten Tag. Ich werde sofort dafür sorgen, dass sie eine erfahrene Kellnerin bekommen.“

Ich habe Charles gar nicht kommen sehen oder hören, weil ich so fasziniert von den Beiden war. Was soll denn das bitte? Bisher hat er keinem der Gäste gesagt, dass es mein erster Tag ist. Und es hat sich auch kein Gast über mich beschwert. Was soll das also? Warum macht er das jetzt? Sind die irgendetwas Besonderes?

„Nein,“ sagt der andere der Beiden bestimmt. „Wir sind sehr zufrieden, danke,“ sagt er knapp und unfreundlich zu dem Schleimer.

Ich muss mir ein Grinsen verkneifen. Ich weiß nicht warum, aber Charles ist mir irgendwie unsympathisch. Irgendwie ein richtiger Schleimer. Ich kann solche Leute einfach nicht leiden, die für andere sofort springen, wenn die nur ´hop´ sagen. Macht er wirklich einen Hofknicks, als er geht?

„So,“ lächelt mich der zweite Typ an, „das ist also Ihr erster Abend?“

Dieses Lächeln ist wirklich sexy. Die beiden sind ein komisches Paar. Der eine sieht aus wie ein Banker mit Anzug und um die Uhrzeit noch mit Krawatte. Sein Freund in Jeans und Pullover. Richtig leger. Schade, dass die beiden zusammen sind. Ein Verlust für die Damenwelt. Aber so ist das nun einmal, die besten Männer sind schwul oder vergeben oder beides.

„Ja,“ sage ich. Was soll ich sonst tun?

„Sind Sie neu in New York?“

„Ja, gerade erst hergezogen.“ Seine Stimme gefällt mir. Leider habe ich keine Zeit für diese Plauderei. Die anderen Tische sind alle besetzt und die nächsten Gäste warten schon auf einen freien Tisch.

„Darf ich Ihnen schon etwas zu trinken bringen?“

„2 Bier.“

„Was für welches?“

„Das überlassen wir Ihnen.“ Weiß er nicht, was er will oder meint er, ich wüsste, welches das beste Bier hier ist? Wie auch immer, ich habe keine Zeit für so etwas.

„Okay, bringe ich Ihnen gleich.“

Ich beeile mich zur Bar zu kommen, weil an einem anderen Tisch die Gäste schon nach der Rechnung winken.

Welches Bier würde den beiden wohl schmecken? Schnell gehe ich im Kopf die Sorten durch, die auf der Karte sind und entscheide mich am Ende für Krombacher.

Während ich die Rechnungen an zwei andere Tische bringe und zwei weitere Bestellungen aufnehme, zapft Jay die Biere für mich. Ich beeile mich, sie an den Tisch zu bringen, solange sie noch eine schöne Schaumkrone haben.

„Bitte schön. Zum Wohl,“ sage ich, während ich die Getränke auf dem Tisch abstelle. „Haben Sie sich schon etwas ausgesucht?“ frage ich die Beiden.

„Ich nehme das Wiener Schnitzel,“ sagt der leger gekleidete Mann.

„Bringen Sie mir bitte die Pilzpfanne.“

„Gerne. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?“

„Ja, verraten Sie uns, für welches Bier Sie sich entschieden haben?“ fragt der Anzugmann mich.

„Meinen Sie nicht, Sie erraten es?“ frage ich frech. Huch, wo kam denn das her? Normalerweise bringe ich kaum einen zusammenhängenden Satz heraus, wenn ich Menschen noch nicht kenne. Fällt es mir so leicht mit diesen Männern zu reden, weil sie schwul sind?

Er legt den Kopf schief und scheint darüber nachzudenken.

„Machen wir es spannender, wenn einer von uns es errät, darf er Sie zum Essen einladen.“

„Und wenn Sie es nicht erraten?“

Wieso sollte mich ein schwuler Mann zum Essen einladen wollen? Habe ich mich etwa getäuscht? Quatsch, die Beiden tuscheln wie kleine Mädchen. Die wollen mich sicher nur auf den Arm nehmen, aber ich möchte ja kein Spielverderber sein. So wie sich Charles überschlagen hat, sind es sicher Stammgäste.

„Wenn wir es nicht erraten, laden wir Beide Sie in ein Restaurant ihrer Wahl ein.“

„Also egal, wie es ausgeht, ich muss mit einem von Ihnen essen gehen?“

Die Beiden wechseln einen Blick, grinsen mich an und sagen gleichzeitig: „Ja.“

Ich muss unweigerlich lachen. Kurz sehen die beiden verwirrt aus, lachen dann aber mit.

„Wenn ich gewinne, darf ich also nur das Lokal aussuchen?“ frage ich noch einmal nach.

„So sieht es aus. Aber wenn es Ihnen lieber ist, zahle ich auch das Essen für Sie und Ihren Freund in einem Lokal ihrer Wahl,“ bietet der Anzugmann an.

Es klingt neugierig, doch sicher nur so und ohne Hintergrund. Vielleicht ist er einfach neugierig, wie man es Frauen nachsagt. Warum sollten Männer nicht genauso neugierig sein? Ich werde ihm nicht verraten, dass ich keinen Freund habe. Das geht ihn ja schließlich auch gar nichts an. Er hat ja seinen Freund.

„Also, Sie haben Zeit, bis das Essen serviert wird,“ sage ich.

„Aber eine Frage habe ich noch,“ sagt erneut der Anzugmann.

„Mal sehen, ob ich die beantworte, ohne dass sich die Wette erledigt hat.“

Immerhin schmunzelt er.

„Haben Sie die Wahl getroffen oder der Barkeeper?“

„Ich.“

„Okay. Mögen die Spiele beginnen.“

„Viel Erfolg,“ sage ich und mache mich auf den Weg Richtung Tresen, um die Bestellung abzugeben.

Die Beiden sind wirklich ein komisches Paar. Ich habe immer angenommen, bei schwulen Männern würde man einen sofort erkennen, weil er sich gleichzeitig tuntig aufführen würde. Bei den Beiden ist das nicht der Fall. Aber immerhin scheinen sie Beide den gleichen Humor zu haben. Ich glaube, mein neuer Job gefällt mir. Ob sie wohl erraten werden, welches Bier es ist?

Meine Gäste halten mich ganz schön auf Trab und ich sehne den Feierabend herbei, damit ich endlich meine Füße etwas hochlegen kann. Sie beginnen zu schmerzen.

Das Essen für meine neuen schwulen Freunde ist fertig und ich beeile mich, es ihnen zu bringen. Ich bin wirklich neugierig, ob sie das Bier erraten.

„Sobald das Essen steht, möchte ich eine Antwort,“ sagt ich.

„Wir müssen leider passen,“ sagt der Anzugträger, während ich das Essen abstelle.

Irgendetwas blitzt dabei in seinen Augen. Ich glaube, er lügt. Aber warum sollte er das tun? Es geht nur um ein Essen und wollen Männer nicht jede Wette gewinnen? Oder geht es darum, herauszufinden, ob ich einen Freund habe? Aber auch das dürfte irrelevant sein für schwule Männer, oder?

Seine Augen sind tiefbraun und ich ärgere mich erneut, dass er schwul ist.

Da ich nichts zu verlieren habe, sage ich: „Ich glaube, Sie lügen. Aber da es nur um ein Essen geht und ich mich in New York noch kein bisschen auskenne, müssen Sie eh das Lokal auswählen.“

Es ist nur ein Essen. Ich habe noch keine Freunde in New York. Die Beiden sehen nicht viel älter aus als ich. Vielleicht sind wir uns so sympathisch, dass wir öfter etwas unternehmen können. Es ist bestimmt toll mit einem schwulen Paar befreundet zu sein. Solche Männer wissen doch bestimmt viel über New York und das Leben.

„Wann ist Ihr freier Tag?“ fragt der Anzugtyp. Er scheint der Mann im Haus zu sein.

„Hier? Donnerstag.“

„Können Sie gleich jetzt Donnerstag?“

„Ab 17 Uhr,“ sage ich. Donnerstag werden unsere letzten Möbel geliefert und Kim ist erst um 16:30 Uhr wieder zurück. „Ich muss jetzt schnell weiterarbeiten. Überlegen Sie sich, wo wir hingehen und essen Sie bitte, bevor es kalt ist.“

Ich habe keine Zeit für private Plaudereien, aber am Donnerstag können wir drei uns dann ja in aller Ruhe unterhalten und ich werde das erste Mal in New York essen gehen. Ich freue mich schon darauf.

Als ich sehe, dass ihre Teller leer sind, eile ich zu ihnen und frage, ob es geschmeckt hat.

„Ja, es war hervorragend,“ sagt der leger gekleidete Typ.

„Darf ich Ihnen sonst noch etwas bringen?“

„Wie wäre es mit Ihrer Telefonnummer?“ fragt der Anzugtyp.

Dabei ist mir nicht wohl. Auch wenn die beiden schwul sind, möchte ich nicht jemanden Wildfremden meine Telefonnummer geben. Ich kann nicht genau erklären, warum, aber ich möchte es nicht. Ich lege meinen Notizblock und einen Kulli auf den Tisch.

„Schreiben Sie mir die Adresse des Lokals und die Uhrzeit auf. Wenn Sie mögen auch Ihre Nummer, aber meine gebe ich nicht jedem x-beliebigen Mann, auch wenn er schwul ist.“

Der leger gekleidete Typ beginnt so laut zu lachen, dass ich Angst habe, er bekommt gleich keine Luft mehr. Der Anzugtyp verliert erst jegliche Farbe im Gesicht und läuft dann krebsrot an. Er starrt mich einfach nur an.

Ach du Scheiße. Ich hatte einfach angekommen, dass die beiden Männer schwul sind, weil es so viele in New York sein sollen.

„Sind Sie nicht…?“ stottert ich und spüre, wie mir alle Farbe aus dem Gesicht weicht.

Wieso hatte ich auch angenommen, dass sie schwul sind. Nur weil sie so gut aussehen und Montagabend zusammen aus sind ohne dass es nach einem Geschäftstermin aussieht? Scheiße, ich ziehe sonst nie so voreilige Schlüsse. Wollte ich einfach endlich einmal ein schwules Paar kennenlernen und bin davon ausgegangen, dass es in New York sofort passieren muss.

„Sir, ist alles in Ordnung?“

Ich habe Charles wieder nicht kommen gehört. Der Typ muss das Anschleichen echt perfektioniert haben. So ein Mist, hoffentlich bin ich jetzt nicht meinen Job los.

Ich greife nach den leeren Tellern und bringe sie in die Küche.

Ich höre noch, wie Charles fragt: „War etwas mit ihrem Essen nicht in Ordnung oder mit ihrer Kellnerin?“

Dann bin ich in der Küche verschwunden. Ich atme ein paarmal tief durch und warte auf die Standpauke und die Entlassung durch Charles. Doch Charles kommt nicht. Noch einmal atme ich tief durch und verlasse die Küche. Charles steht wieder am Eingang und empfängt neue Gäste. Zumindest heute Abend bin ich also nicht entlassen. Vielleicht wartet er aber auch bis Feierabend ist. Ich werde mich noch mehr anstrengen müssen, um den Job zu behalten.

Meine Getränkebestellung für eine große Tischrunde ist fertig. Ich beginne die Gläser auf ein Tablett zu stellen, als auf einmal der Anzugtyp neben mir auftaucht. Er legt meinen Block auf die Theke neben mein Tablett.

„Einen schönen Abend,“ sagt er und klingt noch immer stocksauer.

Ich weiß nicht, was ich darauf sagen oder tun soll. Ich überlege eine Sekunde, was ich antworten soll, doch da ist er auch schon Weg. Mist, muss ich die Rechnung jetzt selber bezahlen? Das wird sicher teuer, auch wenn beide nur ein Hauptgericht und ein Bier hatten.

Ich greife nach meinem Block und es fällt eine Kreditkarte heraus. Schnell bücke ich mich um sie aufzuheben. Ryan Black. So heißt also einer der beiden. Da entdecke ich den Text auf dem Block.

Auf dem Block steht eine Adresse, eine Uhrzeit, eine Telefonnummer und die Bitte, die Kreditkarte zum Essen wieder mitzubringen. Er denkt doch nicht wirklich, dass ich noch mit ihm essen gehen werde. Wie soll ich ihm nach dem Fauxpas jemals wieder unter die Augen treten? Hoffentlich ist er kein Stammkunde.

Er heißt also Ryan Black. Jetzt habe ich einen Namen zu diesem schönen Gesicht und kann doch nichts damit anfangen.

Ich stecke den Block und die Karte ein, um erst einmal die Getränke an den Tisch zu bringen. Die Gäste sollen ja nicht verdursten. Danach werde ich die Rechnung ausdrucken und die Karte mit abgeben.

Ich bin froh, als es endlich leerer wird im Lokal. Charles hat kein Wort gesagt und ich beschließe, die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen. Es lässt sich nicht mehr ändern und ich weiß auch nicht, was die Beiden Charles gesagt haben. Die Kreditkarte habe ich in meiner Tasche und überlege, was ich damit tun soll. Ich kann sie nicht hierlassen, dann müsste ich es erklären und er würde herkommen, um sie abzuholen.

Wie konnte ich nur so einen Mist bauen? Ich könnte ihn anrufen und fragen, wo ich seine Karte abgeben soll. Nein, was soll ich denn dann sagen? So ist es schon schlimm genug. Ich werde jeden Kontakt vermeiden. Ich werde die Karte in dem Restaurant abgeben, wo er hingehen wollte. Da wird er Donnerstag auftauchen und dann hat er seine Karte wieder und die Sache ist erledigt. Er will sicher nur mit mir essen gehen, weil es Wettschulden sind und nicht, weil er jetzt noch mit mir Zeit verbringen möchte, nachdem ich ihm gesagt habe, dass ich ihn für schwul halte, wird er sicher nicht wirklich mit mir essen gehen wollen. Also tue ich ihm einen Gefallen, wenn ich nicht hingehe.

Dabei ist er so heiß. Seufz. Ich bin noch nicht einmal 48 Stunden in New York und habe mich schon bis auf die Knochen blamiert. Hoffentlich geht es nicht so weiter.

Meine Tische sind alle leer. Nur noch ein Tisch im ganzen Restaurant ist besetzt. Ich habe alle meine Tische mit sauberen Tischdecken versehen und neu eingedeckt, so dass die erste Schicht morgen gleich anfangen kann.

„Wenn du möchtest, kannst du schon gehen,“ sagt Charles zu mir. Er erschreckt mich fast zu Tode. Er schleicht sich also immer an, auch wenn keine Gäste in der Nähe sind.

„Bei dir ist alles in Ordnung. Du musst nicht warten, bis die letzten Gäste gehen, wenn sie nicht in deinem Bereich sitzen. Wir sehen uns dann morgen.“

„Okay, danke.“ Ich beeile mich, meine Sachen zusammenzusuchen, um nach Hause zu kommen. Ich bin müde, mir tun die Füße weh und ich habe Angst, dass Charles mich doch noch auf den Vorfall mit den beiden Typen anspricht.

Die drei Blocks zu meiner Wohnung renne ich fast. Es ist drei Uhr morgens und die Straßen sind noch immer voll mit Menschen. Einige wirken auf mich etwas beängstigend, aber so lange die Straßen voll sind, wird mir nichts passieren.

Wie zu erwarten schläft Kim schon als ich nach Hause komme. Mit letzter Kraft ziehe ich meine Uniform aus und ziehe ein weites Shirt an. Mein Bett ist zum Glück schon da. Ich kuschle mich in meine Decke und schließe die Augen.

Sofort taucht das Gesicht des Anzugtypen vor meinem inneren Auge auf. Diese braunen Augen scheinen einem direkt in die Seele zu blicken. Sie verraten aber auch einiges über ihn. Immerhin zeigten sie es mir sofort, als er mich angelogen hat. Dabei ging es nur um so eine kleine Wette. Ist er immer so verlogen?

Ich sehe den völlig entsetzten Gesichtsausdruck vor mir, den er hatte, als ich ihm sagte, er sei schwul. Ich muss lächeln. Eigentlich ist die ganze Sache komisch, wenn man Humor hat. Ich befürchte nur, Männer nehmen dieses Thema nicht so auf die leichte Schulter.

Kapitel 3

Irgendwann muss ich eingeschlafen sein. Als ich aufwache ist Kim schon zur Arbeit. Ich lümmle mich mit einer Schüssel Cornflakes auf unser Sofa und zappe durch die Programme. Meine Füße schmerzen noch immer. Ich hoffe, sie gewöhnen sich an die Belastung und ich mich auch. Zum Glück muss ich diese Woche nur ins Look out und nicht zu meinem Zweitjob. Da kann ich mich den Rest des Tages wenigstens erholen.

Ob in dieser Stadt jeder einen zweiten Job hat? Kim hat riesiges Glück mit ihrem Praktikum. Zwar könnte auch sie sich unsere Wohnung nicht alleine leisten, aber sie muss nicht noch einen zweiten Job annehmen, da ich etwas zur Miete beisteuere.

Wie viele Menschen träumen davon, in dieser Stadt zu leben? Ob sie alle wissen, wie teuer hier die Mieten sind? Und wie schwer es ist, hier zu überleben? Ich hätte nie gedacht, dass es so schwierig ist, in New York eine bezahlbare Wohnung zu finden. Wir haben Tage, Nächte und Stunden mit der Suche verbracht und ich wollte schon fast aufgeben, als Kim unsere Wohnung fand.

Ich stelle meinen Wecker, damit ich nicht verpasse, dass ich rechtzeitig in´s Look out gehe. Ich kuschle mich auf dem Sofa ein und döse vor mich hin. Es gibt so unendlich viele Fernsehsender und doch läuft nichts Vernünftiges. Als mein Wecker klingelt, erschrecke ich mich. Ich muss wirklich tief und fest geschlafen haben. Schnell gehe ich duschen und hoffe, dass mein Körper wieder etwas fit wird.

Ob Charles noch etwas zu dem Vorfall von gestern sagen wird? Ich bin etwas nervös. Vor der Tür des Look out hole ich noch einmal tief Luft und richte meine Uniform. Als ich eintrete sehe ich, dass das Lokal nur halb besetzt ist. Da es aber erst 17:00 Uhr ist, heißt das nicht, dass es ein ruhiger Abend wird.

Charles begrüßt mich lediglich mit einem Kopfnicken. Ich zucke mit den Achseln und mache mich auf den Weg zu unserem Mitarbeiterraum. Ich schließe meine Tasche in meinen Schrank ein und gehe zurück ins Lokal.

„Hey“, grüßt mich Michael.

Michael ist heute mein Kollege, der bereits ab 15:00 Uhr arbeitet. Da um diese Uhrzeit nie so viel los ist, arbeitet ein Kollege erst einmal alleine. Normalerweise füllt sich das Lokal erst ab 18:00 Uhr. Zumindest hat man mir dieses beim Einstellungsgespräch gesagt.

„Hey“, grüße ich zurück. Ich habe mit Michael noch nichts zu tun gehabt. Bisher macht er aber einen netten Eindruck auf mich.

„Bisher ist erst einer deiner Tische besetzt“, sagt er zu mir. „Ihre Getränke habe ich ihnen schon gebracht. Die Essensbestellung ist noch nicht fertig.“

„Alles klar, dann weiß ich Bescheid.“

Ich versuche, durch das Lokal zu erkennen, wer an meinem Tisch sitzt. Ich hoffe, dass es nicht die beiden Herren von gestern sind. Ich kann zwar nicht wirklich erkennen, wer es ist, aber es sieht nach einem Mann und einer Frau aus. Hoffentlich ist der Mann keiner der Beiden von gestern. Ich werde meine Nervosität nicht los.

„Bisher ist heute nicht viel los,“ sagt Michael, der meinen suchenden Blick wohl auf das gesamte Lokal bezogen hat und meine Neugier darauf, wie viele Gäste wirklich da sind.

„Meinst du das bleibt so?“ frage ich unsicher. Michael lacht, „ich denke nicht.“

Das hatte ich mir irgendwie gedacht. Aber mir ist auch nicht wirklich etwas Anderes auf seine Frage eingefallen. Ich finde es nett, dass Michael sich mit mir unterhalten möchte. Leider war ich bisher noch nie gut in Smalltalk. Ich bin daher ganz froh, als ich sehe, dass Charles Gäste zu meinen Tischen bringt und ich somit eine Ausrede habe, um Michael stehen zu lassen ohne unhöflich zu sein. Schließlich wirkt er wirklich nett. Sobald meine Gäste sitzen, mache ich mich auf den Weg, um ihre Getränkebestellungen aufzunehmen.

Nach und nach füllt sich das Restaurant. Ob die beiden Herren von gestern heute auch wieder kommen werden? Ob sie hier oft essen? Ob sie jetzt nicht mehr kommen, nachdem ich gestern so unverschämt war? Ich versuche, nicht daran zu denken. Ich muss mich auf meine Arbeit konzentrieren. Wieso kann ich die Sache nicht einfach vergessen?

Um 18:00 Uhr kommt Sara, um ebenfalls ihre Schicht zu beginnen. Wir drei haben alle Hände voll zu tun. Mir fällt gar nicht auf, wie schnell die Zeit vergeht. Ich habe auch wirklich keine Zeit mehr, darüber nachzudenken, was gestern Abend war. Erst als es gegen 2:00 Uhr morgens ruhiger wird, frage ich mich, ob die beiden Herren da waren, ohne dass ich es mitbekommen habe. Sie hätten darauf bestehen können, im Bereich einer anderen Bedienung sitzen zu dürfen. Das erscheint mir aber auch irgendwie unwahrscheinlich. Charles hätte sicherlich etwas gesagt.

Gegen 3:00 Uhr mache ich mich auf den Weg nach Hause. Meine Füße schmerzen und ich bin total müde. Zu Hause falle ich gleich ins Bett.

Kapitel 4

Es ist Donnerstag und ich sitze auf dem Sofa, gespannt wie ein Flitzebogen. Heute werde ich die Karte im Restaurant abgeben und damit die Sache mit Mr. Ryan Black für mich abhaken.

Sobald Kim in der Tür ist, renne ich los, um die Karte im Restaurant abzugeben. Ich will sie so früh wie möglich abgeben, damit er mich nicht mehr sieht, wenn er ins Restaurant geht. Ich wollte die Karte aber nicht schon Mittwoch abgeben, weil ich Angst hatte, im Lokal würden sie die Karte eventuell vergessen oder noch schlimmer, einer der Angestellten würde sie benutzen.

Kim ist spät dran, aber ich schaffe es, bis 18 Uhr die Karte abzugeben. Gegenüber des Restaurants ist ein kleiner Imbiss. Ich habe noch nichts gegessen. Die ganze Zeit war ich total nervös und angespannt. Warum eigentlich? Ich wollte nur die Kreditkarte in einem Restaurant abgeben. Nicht mehr und nicht weniger.

Mein Magen knurrt. Also gehe ich hinein. Kurz überlege ich, ob ich das Essen mitnehmen soll, aber wenn ich eh noch etwas esse, kann ich das auch genauso gut hier tun und noch einen letzten Blick auf Ryan werfen. Ein Blick kann ja schließlich nicht schaden. So sexy, wie ich ihn mir vorstelle ist er sicher gar nicht. Wie nennt sich das noch? Achja, verklärte Erinnerungen. In unserer Erinnerung erscheint alles noch schöner als es tatsächlich war. Schließich kann niemand so schöne braune Augen haben.

Ich bestelle mir ein Käse-Schinken-Sandwich und eine Coke. Damit setze ich mich an einen freien Tisch, von dem aus ich aus dem Fenster sehen kann, aber von draußen nicht sofort zu sehen bin. Zumindest hoffe ich das. Ich möchte ja nur einen Blick auf ihn werfen. Nicht mehr und nicht weniger. Auf keinen Fall möchte ich, dass er mich sieht und womöglich noch auf die peinliche Situation anspricht. Allein bei dem Gedanken daran, werde ich schon wieder rot.

Nach diesem letzten Blick werde ich ihn vergessen. Es gibt soviel Neues für mich in meinem neuen Leben in dieser großartigen Stadt und das neue Leben hat schließlich gerade erst begonnen.

Das Sandwich ist wirklich lecker. Obwohl ich noch etwas nervös bin, kann ich es genießen. Warum bin ich überhaupt nervös? Ich sitze hier wie eine normale junge Frau in New York und esse. Die Kreditkarte wird er gleich zurückerhalten und ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen. Er wird erleichtert sein, dass er seine Zeit nicht mit mir verschwenden muss, nur weil er Wettschulden einlösen muss. Er wird mit seinem Freund in Ruhe essen und vielleicht versuchen das Witzige an der Situation zu erkennen.

Mein Telefon klingelt und vor Schreck verschlucke ich mich. Während ich versuche mit meiner Coke das Husten los zu werden, fällt mir ein, dass er meine Nummer ja gar nicht hat. Er kann mich also gar nicht anrufen. Nach einem Blick auf das Display sehe ich, dass es mein neuer Chef aus dem Fitnessstudio ist. Hoffentlich hat er es sich nicht anders überlegt.

„Ja, hallo?“ gehe ich nervös an mein Handy.

„Mary?“

„Ja, ich bin dran.“

„Wie schön, dass ich dich gleich erreiche. Ich habe da ein Problem.“

Ich wusste es. Es war zu schön um wahr zu sein, dass ich so schnell in New York zwei Jobs bekomme, mit denen ich meinen Mietanteil zahlen kann und mir hin und wieder etwas Neues zum Anziehen leisten könnte.

„Ich weiß nicht, wie ich anfangen soll,“ stottert er herum und ich bin versucht, ihm zu sagen, dass ich ihm nicht böse bin, weil er mich nicht einstellt. Aber irgendetwas schnürt mir die Kehle zu. Vermutlich die Enttäuschung darüber, dass ich diesen Job nun doch nicht habe. Ich höre, wie er tief durchatmet bevor er fortfährt: „Wir haben einen Kunden, der einen weiteren Trainer sucht. Das Problem daran ist, er besteht auf einer weiblichen Trainerin. Und was soll ich sagen? Du bist die Einzige, die ich habe.“

„Okay,“ sage ich und weiß nicht, worauf das hinausläuft.

„Das Problem daran ist, er möchte unbedingt schon am Samstag einen Termin. Ich weiß, dass du da eigentlich noch nicht für mich arbeitest, aber wäre es möglich, dass du früher anfängst?“

Er will mich gar nicht entlassen, er will sogar, dass ich früher anfange. Ich habe doch diesen Job, auf den ich mich so freue, auch wenn ich total nervös deswegen bin. Ich kann so schnell gar nicht reagieren, weil meine Gedanken sich überschlagen und wild durcheinander wirbeln.

Er versteht mein kurzes Zögern wohl als Ablehnung und fährt daher fort: „Ich weiß, dass es kurzfristig ist und du eigentlich noch frei hast, aber du bekommst dafür dann auch den doppelten Stundensatz.“

„Okay.“

„Okay? Das heißt, du machst es?“

„Ja, klar. Mache ich.“

„Super. Du glaubst gar nicht, wie froh ich bin, dass ich den Kunden nicht vergraule. Er möchte gerne, dass ihr Euch um 9:00 Uhr im Central Park trefft. Passt dir das?“

„Ja, das passt mir.“

„Er möchte dich erst einmal kennenlernen und sehen, ob das passt. Also ein bisschen laufen gehen und Stretching und so. Das sollte für Samstag reichen.“

„Okay,“ sage ich jetzt langsamer. Und frage mich, ob mein Wortschatz auf einmal total beschränkt ist.

Mist, ich habe gar nicht darüber nachgedacht, dass ich mich noch nicht auf einen Kunden vorbereitet habe. Mir bleibt viel weniger Zeit, um mich vorzubereiten. Panik steigt in mir auf.