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Sein Herz mit den Händen sprechen lassen, heißt: Sein Herz sprechen lassen und mit den Händen Hilfe spenden... ZeitGeschenke Weil Zeit einmalig ist!
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Seitenzahl: 66
Nein, sie wollte nicht daran denken; Niemals mehr wollte sie daran denken. Doch es kam ihr immer wieder in den Sinn:
„Hätte ich, ja hätte ich damals nur nicht nach dem Feuerzeug gesucht, dann wäre dieser schreckliche Unfall bestimmt nicht passiert. – Wäre ich nur nicht so neugierig gewesen, hätte ich…, würde ich…, wäre vielleicht…, ja dann wäre dieser schreckliche Unfall bestimmt nicht passiert. – Die blöde Zigarrette, hätte ich nur nicht…: Jetzt, ja jetzt …“
„Marina?… Marina!“
Eine helle freundliche, doch besorgte Stimme klang durch die Wohnung.
„Ja, Mama!“ Marina antwortete ihrer Mutter gleichmüßig.
„Komm bitte zum Frühstück, es ist bereits 9.oo Uhr. Ich habe frische Brötchen geholt, dir ein leckeres Ei gekocht… und der Kaffee duftet schon aus der Tasse…“
„Ja, Mama, danke!“
Marina drehte sich auf die andere Seite. Sie hatte keinen Appetit auf ein leckeres Frühstück, eigentlich wollte sie überhaupt kein Frühstück.
Wenn sie doch nur die Zeit zurück drehen könnte, was würde sie dafür alles tun.
Die Mutter hingegen ließ nicht locker:
„Marina, nun komm doch, der Kaffee wird doch sonst kalt… und das Ei… und die Brötchen, na ja und überhaupt, komm mach doch, lass uns was machen… wir müssen etwas unternehmen.
Du musst einfach raus hier.
Die Sonne scheint. Da können wir viele Dinge mit ganz anderen Augen sehen.
Komm Kind, steh auf.
Ich kann dich ja verstehen, aber das Leben geht weiter.
Was geschehen ist, ist geschehen, was immer es auch war.
Wir müssen damit fertig werden.
Das gelingt uns auch nur, wenn wir nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern uns mutig der Sache stellen.
Komm Liebling, ich helfe dir. Ich bin doch deine Mama.“
„Hach, jaa.“ Marina zieht die Decke weg und setzt zögernd erst das rechte dann das linke Bein auf die Erde.
„Das fehlte noch, auch heute mit dem linken Bein zuerst aufstehen“, dachte sie.
Marina ging ins Badezimmer. So übel sah ich noch nie aus, stellte sie nach einem Blick in den Spiegel fest.
„Wie ich mich zum Kotzen fühle, genau so sehe ich aus. Was soll ich nur tun?“ dachte sie.
„Gemütlich frühstücken, als sei nichts geschehen? - In der Sonne spazieren gehen? – Nein, das konnte sie nicht.
Sie musste erst einmal allein sein. Erst einmal über alles klar werden.
Sie zog sich einen grauen Pulli und eine schwarze Hose an, riss sich den Mantel vom Haken und stürzte mit tränennassen Augen und aufeinander gepressten Lippen ohne Worte aus der Wohnung.
Gisela van Dor hörte die Tür ins Schloss fallen. Erschrocken lief sie zum Küchenfenster und sah wie ihr einziges Kind in seiner Verzweiflung in Richtung Park aus dem Haus lief.
* * *
„Wie das Leben so spielt…“, dachte Gisela van Dor;
Damals, als sie 20 war lernte sie beim Dorftanz einen jungen dunkelblonden gut aussehenden Mann kennen. Er schien auch im Wesen recht nett zu sein.
Nikolaus hieß er eigentlich, aber alle nannten ihn nur „Nick“.
Sie selbst, einzige wohlbehütete Tochter, eines Pastoren-Ehepaares.
Die Großmutter Erna verrichtete alle Hausarbeiten, sie kochte lecker und hatte die kleine Gisela wie eine Prinzessin verwöhnt.
Gisela hing dafür in abgöttischer Liebe an ihr.
Großmutter zauberte auch aus ihrem Garten die schönsten Blumengestecke für den Altar in der Kirche. Es war ganz egal zu welcher Jahreszeit. Sie hatte die seltene Gabe, die Schönheiten der Natur zu erkennen und fand die Möglichkeiten mit den gebotenen Gewächsen und Gebilden, die herrlichsten Dinge zu gestalten.
Dieter Müller, der Küster, fand, dass von den Blumensträußen der Großmutter einer noch schöner als der andere sei und er fotografierte sie alle. Das war gut, manche Bilder fanden sogar im heimischen Blatt auf der Titelseite Platz – und ganz dick Großmutter Ernas Name darunter -.
Dann war Großmutter immer etwas verlegen. Schließlich meinte sie:
„Aber sie kommen alle aus Gottes Hand – ich habe sie doch nur zueinander gefügt.“
Großmutter war eben stets bescheiden. Sie selbst benötigte überhaupt nicht viel und hatte immer und für jeden ein Lächeln.
Von sich sprach sie kaum, aber sie konnte wunderbar zuhören.
Trotz allem, ihre Prinzessin, die sollte nichts entbehren, die sollte auf nichts verzichten müssen.
So war es Großmutter, die Gisela zuredete, mit Nick mehr Zeit zu verbringen. Sie kannte Nicks Familie und wusste, dass er aus ordentlichem Hause kam. Von Nick hatte sie noch nichts Schlechtes vernommen. Mit ihm und seiner Familie konnte sie also einverstanden sein.
Nicht jeder einfach daher gelaufene sollte ihre Prinzessin haben. Nein, sie wollte sicher sein, dass es ihre Prinzessin einmal gut haben würde in ihrem Leben. Ja, wenn sie aus dieser Welt einmal scheiden müsse, dann wollte sie ihre „Prinzessin“ gut versorgt wissen.
Sie sagte immer wieder mal: „Kind, wenn ich einmal von dieser Welt scheide, dann will ich sicher sein, dass es Dir gut geht!“
„Ach, Großmutter, Du weißt doch auch, es kommt, wie es muss; Hast Du selbst gesagt, und mach` dir doch bitte nicht so viele Sorgen.“
* * *
Es kam, wie es musste.
Nick verliebte sich in Gisela.
Sie kam ihm so fein, wie eine Prinzessin vor, ihre grazile Gestalt, ihre feine Stimme, ihre liebenswerte Ausdrucksweise, immer zurückhaltend, immer lächelnd.
Nie hatte sie ein böses Wort auf den Lippen.
Ihr Äußeres bestätigte den feinen Eindruck. Mit Ihrem goldblonden Haar glich sie manchmal einem Engel… und die Augen erst – strahlend blau; sie erinnerten in ihrer Klarheit an das tiefgründige blaue unendliche Meer im goldenen Sonnenglanz. Es war wohl so.
Nick hatte keine Chance, sich nicht in Gisela zu verlieben.
Und Gisela…? Wenn Großmutter ihr noch so viel Negatives von Nick, seiner Familie oder sonst wem erzählt hätte, nichts hätte sie davon abhalten können, ihrer Liebe „Nick“ zu folgen.
Zwanghaft nahm die Liebe von ihnen Besitz und ließ sie beide nicht mehr los.
* * *
Sie heirateten und zogen zusammen in ein kleines Haus am Waldrand. „Zum Wäldchen 1“, hieß der bezeichnende Weg. Sie hatten eine Hochzeit im kleinen familiären Rahmen gefeiert und meinten:
„Das größte Glück hat in der kleinsten Hütte Platz.“
Für die Großmutter wurde ein Zimmer noch angebaut. Es war deren Bitte, für ihre Prinzessin noch da sein zu dürfen, so lange „sie noch könne“. Nick stimmte seiner Prinzessin bestätigend zu, als sie die Bitte äußerte, er, Nick, möge doch bitte damit einverstanden sein, Großmutter auch bei sich wohnen zu lassen.
Nach wie vor zauberte Großmutter die schönsten Blumengebinde auf den Tisch. Weil sie morgens schon immer die erste war, die aufstand, hatte sie auch übernommen, den Frühstückstisch zu decken. – Es begann für alle eine Zeit wie im Märchen.
An warmen freundlichen Tagen bereitete Großmutter das Frühstück bereits draußen, „Open Air“… und die Vöglein boten das Frühkonzert dazu. So manches Bienchen holte sich etwas Honig von dem gedeckten Tisch zurück. Die Verliebten merkten es nicht einmal.
Großmutter war auch so glücklich und tat diese Arbeit noch mal so gern.
Nach dem Frühstück gingen die beiden aus dem Haus. Sie konnten mit ihrem kleinen Auto gemeinsam zur Arbeit fahren. Nick setzte Gisela vor ihrem kleinen Frisörladen ab, in dem sie auch arbeitete, und fuhr zu seiner Dienststelle dann weiter. Er musste noch etwa fünf Kilometer fahren bis er dort angelangt war. Der eigentliche Arbeitsweg betrug normalerweise nur ca. 2 km. Aber wegen der derzeit eingerichteten Baustelle musste Nick eine Umleitung von bald 3 km fahren.
Auf die besorgten Einwände von Nick und Gisela:
„Ach Großmutter, ist dir die Arbeit auch wirklich nicht zu viel? Ruh´ dich doch auch etwas aus.“ erwiderte sie lächelnd, meist mit einem spitzbübischen Augenzwinkern nur: „Wer rastet, der rostet…. Ich bin beweglich und will es auch noch ´ne Weile bleiben. Na also, und Ruhe habe ich später mal noch lange genug…“
Großmutter trank nur morgens eine Tasse Kaffee zum Frühstück, später über den Tag verteilt, warmes Wasser, Tee oder auch mal eine heiße Milch mit Honig. Abends aber nach dem Abendbrot „spülte“ sie immer mit einem halben Gläschen „Klaren“ alle „Ungereimtheiten“ aus Mund und Magen, wie sie stets beteuerte.
Rosige Wangen zeigten, dass es ihr auch gut bekam so, wie sie es tat.