Mit Stethoskop, Skalpell und Leidenschaft - Verführt von einem Arzt (2 Miniserien) - Carol Marinelli - E-Book

Mit Stethoskop, Skalpell und Leidenschaft - Verführt von einem Arzt (2 Miniserien) E-Book

Carol Marinelli

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Beschreibung

VERBOTEN SEXY WIE DR. MORALES von CAROL MARINELLI Sexy wie die Sünde und verboten charmant! Alle Krankenschwestern sind verrückt nach Dr. Juan Morales. Nur Cate weigert sich, diesem Macho aus der Hand zu fressen - für sie nimmt er das Leben viel zu leicht. Warum klopft ihr Herz dann bei jedem seiner Blicke viel zu schnell? ALLE LIEBEN DR. WORTHINGTON von CAROL MARINELLI Wenn Dr. Worthington durchs Krankenhaus eilt, leuchten die Augen aller Schwestern. Marnie ist vom ersten Arbeitstag an gewarnt! So ein Traummann kann bestimmt nicht treu sein … Aber als der Single-Dad in eine Notlage gerät, ist sie zur Stelle. Und darf nicht seinem Charme verfallen … ZÄRTLICH VERFÜHRT VON EINEM SCHEICH von CAROL MARINELLI Als Scheich Zahir sie in sein Wüstenreich einlädt, erfüllt sich für Schwester Adele ein heimlicher Traum. Während sie seine kranke Mutter pflegt, kommt sie auch ihm immer näher. Bis er sie nach ihrer ersten Liebesnacht jäh zurückweist. Verzweifelt fragt sie sich, warum? DIE WÜSTE, DIE STERNE UND DU von AMALIE BERLIN Er ist atemberaubend sexy, aber Prinz Dakan Al Rahal ist auch ihr Boss. Sie soll in seinem Land ein modernes Krankenhaus bauen. Für Architektin Nira Hathaway steht fest: Ein Flirt mit dem Arzt kommt nicht Frage. Doch ihr Herz sagt ihr etwas anderes …

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Seitenzahl: 802

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Carol Marinelli Amalie Berlin
Mit Stethoskop, Skalpell und Leidenschaft - Verführt von einem Arzt (2 Miniserien)

Mit Stethoskop, Skalpell und Leidenschaft - Verführt von einem Arzt (2 Miniserien)

Cover

Titel

Inhalt

Verboten sexy wie Dr. Morales

Cover

Titel

Impressum

1. KAPITEL

2. KAPITEL

3. KAPITEL

4. KAPITEL

5. KAPITEL

6. KAPITEL

7. KAPITEL

8. KAPITEL

9. KAPITEL

10. KAPITEL

11. KAPITEL

12. KAPITEL

13. KAPITEL

14. KAPITEL

15. KAPITEL

16. KAPITEL

17. KAPITEL

18. KAPITEL

19. KAPITEL

20. KAPITEL

EPILOG

Alle lieben Dr. Worthington

Cover

Titel

Impressum

1. KAPITEL

2. KAPITEL

3. KAPITEL

4. KAPITEL

5. KAPITEL

6. KAPITEL

7. KAPITEL

8. KAPITEL

9. KAPITEL

10. KAPITEL

11. KAPITEL

12. KAPITEL

13. KAPITEL

14. KAPITEL

15. KAPITEL

16. KAPITEL

17. KAPITEL

EPILOG

Zärtlich verführt von einem Scheich

Cover

Titel

Impressum

1. KAPITEL

2. KAPITEL

3. KAPITEL

4. KAPITEL

5. KAPITEL

6. KAPITEL

7. KAPITEL

8. KAPITEL

9. KAPITEL

10. KAPITEL

11. KAPITEL

12. KAPITEL

13. KAPITEL

14. KAPITEL

15. KAPITEL

16. KAPITEL

17. KAPITEL

EPILOG

Die Wüste, die Sterne und du

Cover

Titel

Impressum

1. KAPITEL

2. KAPITEL

3. KAPITEL

4. KAPITEL

5. KAPITEL

6. KAPITEL

7. KAPITEL

8. KAPITEL

9. KAPITEL

10. KAPITEL

11. KAPITEL

12. KAPITEL

Guide

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Contents

IMPRESSUM

Verboten sexy wie Dr. Morales erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung: Katja Berger, Jürgen Welte Leitung: Miran Bilic (v. i. S. d. P.) Produktion: Christina Seeger Grafik: Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2014 by Carol Marinelli Originaltitel: „Tempted by Dr. Morales“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA PRÄSENTIERT ÄRZTE ZUM VERLIEBEN- Band 93 - 2016 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Claudia Weinmann

Umschlagsmotive: nd3000/Ilya Rumyantsev/GettyImages

Veröffentlicht im ePub Format in 02/2021 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH , Pößneck

ISBN 9783751505680

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag: BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

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1. KAPITEL

„Tut mir leid, Juan. Ich wollte dich nicht wecken.“ Verlegen spielte Cate Nicholls mit einer Strähne ihres langen braunen Haars. Beim Klang seiner Stimme am Telefon – tief, mit starkem Akzent und ganz offensichtlich schlaftrunken – bekam sie eine leichte Gänsehaut.

„Kein Problem. Bist du es, Cate?“

„Ja.“

Cate errötete. Juan hatte also sofort ihre Stimme erkannt. Obwohl er erst ein paar Mal in der Notaufnahme des Melbourne Bayside Hospitals ausgeholfen hatte, war das Knistern zwischen ihnen offensichtlich. Cate hatte jeden anderen möglichen Arzt kontaktiert, bevor sie sich schließlich doch dazu durchgerungen hatte, Juan anzurufen. Harry, der leitende Oberarzt, hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass sie sehr schnell und sehr dringend Verstärkung brauchten. Und Juan war der perfekte Springer: ein hochqualifizierter Facharzt für Anästhesie aus Argentinien, der gerade für ein oder zwei Jahre durch die Welt tingelte und sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser hielt. Gleichzeitig war er nicht nur unverschämt sexy, sondern auch noch ausgesprochen beliebt.

„Es ist mir wirklich sehr unangenehm, dich zu stören, Juan. Hast du letzte Nacht gearbeitet?“

„Nein.“

„Oh!“ Cate sah auf ihre Uhr – es war kurz nach zwei Uhr am Nachmittag. Wieso um alles in der Welt lag er um diese Zeit noch im Bett? Im gleichen Augenblick hörte Cate eine Frauenstimme und wand sich vor Verlegenheit, als sie hörte, wie Juan leise erklärte, dass er zwei Löffel Zucker in seinen Kaffee nahm.

Sekunden später wandte er sich wieder an Cate.

„Also, was kann ich für dich tun?“ Seine Stimme klang so verführerisch sanft wie immer, wenn er mit ihr sprach.

„Sheldon hat sich krankgemeldet, und wir haben niemanden gefunden, der kurzfristig für ihn einspringen kann.“

„Weiß Harry, dass du mich angerufen hast?“

Cate lachte. Harrys Laune verbesserte sich in der Regel nicht, wenn Juan in der Nähe war. Er war immer noch beleidigt, weil Juan den Drei-Monats-Vertrag, den Harry ihm angeboten hatte, schlichtweg abgelehnt hatte.

„Harry weiß nicht nur Bescheid, er hat sogar vorgeschlagen, dass ich dich frage.“

„Okay. Wann soll ich da sein?“

„So schnell wie möglich.“ Besorgt warf Cate einen Blick in das überfüllte Wartezimmer der Notaufnahme. „Hier ist wirklich viel los …“ Sie hielt kurz inne, denn Harry rief etwas. „Augenblick, Juan“, bat sie.

„Harry? Was hast du gesagt?“

„Sag Juan, dass wir ihn wirklich dringend brauchen. Trotzdem darf er gern noch einen Zwischenstopp beim Frisör einlegen, wenn er mag!“

Harry machte keinen Hehl daraus, dass er Juans etwas verwegenes Erscheinungsbild unmöglich fand. Den Oberarzt machte es einfach verrückt, wie Juan zur Arbeit erschien: mit wilder schwarzer Haarmähne, extrem relaxed gekleidet und ständig unrasiert.

Cate lächelte, als sie sich wieder dem Telefonhörer zuwandte. „Ich nehme an, du hast ihn gehört?“

„Allerdings“, erwiderte Juan trocken. „Sag Harry, dass ich ihn auch sehr gern habe.“ Cate hörte, wie Juan herzhaft gähnte und sich dabei streckte. Streng verbot sie sich die Vorstellung eines nackten Juans, der sich in seinem Bett rekelte.

„In Ordnung. Ich dusche noch schnell und komme dann zu euch.“

„Vielen Dank, Juan!“ Erleichtert legte Cate auf und trug Juans Namen in den Dienstplan ein. Harry sah ihr dabei über die Schulter und schüttelte den Kopf.

„Ich kann mir keinen unpassenderen Namen für Juan vorstellen“; bemerkte er trocken. „Dr. Morales. Das ist wirklich der blanke Hohn.“

Cate lachte. Juan hatte wirklich einen zweifelhaften Ruf. Allein sein Name auf dem Dienstplan würde vermutlich dafür sorgen, dass die Hälfte der Kolleginnen schnell noch ihr Make-up und ihre Frisur in Ordnung brachte.

Cate widerstand diesem Impuls natürlich.

Während sie ihre Hände wusch, warf sie einen prüfenden Blick in den Spiegel. Gut, ihr schulterlanges Haar konnte durchaus auch eine Haarbürste gebrauchen. Und ihre haselnussbraunen Augen würden mit etwas Mascara vermutlich verführerischer wirken, doch sie weigerte sich, diesen Aufwand für Juan zu betreiben.

Sie würde auf keinen Fall mit dem Feuer spielen.

Da sie mit drei sehr ungestümen Brüdern aufgewachsen war, brachte Cate so schnell nichts aus der Ruhe. Doch Juan schaffte es immer wieder. Entweder war sie schockiert über seine halsbrecherischen sportlichen Aktivitäten, oder entsetzt über die nicht enden wollende Reihe von Frauen, die mit ihm ins Bett ging. Doch was Cate am meisten verstörte, war ihr eigener innerer Kampf, seinem verführerischen Charme nicht nachzugeben.

Bei ihrer ersten Begegnung hatten sie heftig miteinander geflirtet, doch Cate hatte sofort einen Rückzieher gemacht. Ihr war schnell klar gewesen, dass sie mit seiner unverbindlichen Einstellung zu Sex nicht zurechtkommen würde.

Damals war Cate gerade aus ihrem Urlaub zurückgekehrt, frisch getrennt von ihrem Freund, mit dem sie zwei Jahre lang zusammen gewesen war. Juans Anblick hatte gereicht, um ihr den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Noch nie zuvor hatte sie so heftig auf einen Mann reagiert, und törichterweise hatte sie sich eingeredet, der sexy Aushilfsarzt wäre genau der Richtige für einen harmlosen kleinen Flirt zur Ablenkung.

Als er sie damals auf einen Drink eingeladen hatte, war Cate sofort klar gewesen, wie der Abend enden würde. Sein Blick hatte keinen Zweifel an seinen Absichten gelassen.

Ihr wurde immer noch heiß, wenn sie an diesen Moment dachte – der Blick seiner grauen Augen hatte sie sekundenlang gefangen gehalten und die Versuchung, einfach Ja zu sagen, ein einziges Mal unvernünftig zu sein und ihrem Verlangen nachzugeben, war überwältigend gewesen.

Doch Cate hatte gerade noch rechtzeitig die Notbremse gezogen und abgelehnt. Bei den wenigen Zusammentreffen, die seitdem stattgefunden hatten, war sie sorgfältig auf Abstand und Professionalität bedacht gewesen, und hatte die spürbare Anziehungskraft zwischen ihnen konsequent ignoriert.

„Juan ist ein ziemlich guter Arzt“, erinnerte Cate den Oberarzt sanft, denn auch wenn Juan ein Schwerenöter war, stand seine herausragende Kompetenz außer Frage.

„Ja, aber er verschwendet sein Talent“, entgegnete Harry seufzend. „Vielleicht bin ich einfach nur eifersüchtig auf ihn.“

„Du bist der beste Notfallmediziner, den ich kenne, Harry“, widersprach Cate und meinte es vollkommen ernst. Harry war nicht nur ein großartiger Notarzt, sondern auch ein renommierter Handchirurg.

Doch Harry hatte nicht Juans medizinisches Talent gemeint.

„Ich glaube, ich beneide ihn ein bisschen um seine Freiheit, Cate. Die Sorglosigkeit, mit der er sein Leben führt. Juan ist es völlig egal, was andere von ihm halten. Er macht, was er will. Es würde mir auch großartig gefallen, nur eine oder zwei Schichten pro Woche zu arbeiten und die restliche Zeit auszuspannen.“ Harry grinste wehmütig. „Na ja, Juan hat schließlich auch keine vierjährigen Zwillinge, um die er sich kümmern muss. Genau genommen hat Juan niemanden, um den er sich Sorgen machen muss.“

„Ist es immer noch so schlimm bei dir?“, fragte Cate mitfühlend. Sie mochte Harry sehr und war entsetzt gewesen, als seine Frau Jill im Jahr zuvor nach einem Autounfall eingeliefert worden war. Zwei Wochen später war sie gestorben – und Harry war über Nacht allein für seine Zwillinge zuständig gewesen.

„Die Nanny hat heute gekündigt. Wir müssen also schon wieder eine Neue suchen.“

Mitfühlend sah Cate ihn an, doch Harry hatte sich schon umgedreht und war auf dem Weg ins nächste Behandlungszimmer.

„Oh!“, rief Kelly erfreut, als sie Juans Namen auf dem Dienstplan sah. „Damit wäre mein Nachmittag ja gerettet! Vielleicht können wir Juan sogar überreden, heute Abend mit in die Bar zu kommen.“ Sie blinzelte Cate verschwörerisch zu.

„Bestimmt kommt er gern mit“, pflichtete Cate ihr bei. „Ich kann allerdings nicht.“

„Ach, komm schon, Cate!“, protestierte Kelly. „Du hast es versprochen. Es ist Freitagabend, und du solltest nicht allein zu Hause sitzen und Paul nachtrauern …“

„Das mache ich nicht! Als ich für heute Abend zugesagt habe, war mir nicht klar, dass ich morgen früh arbeiten muss“, log Cate.

„Aber du wolltest heute fahren.“ Vorwurfsvoll sah Kelly sie an.

Ja, das stimmte. Aber zu dem Zeitpunkt hatte sie noch nicht gewusst, dass Juan an diesem Tag die Spätschicht übernehmen würde. Es war mehr als wahrscheinlich, dass er nach Dienstschluss nur zu gern mit den Krankenschwestern mitkommen würde. Und dass es eine lange Nacht werden würde …

Juan arbeitete, um zu leben. Nicht umgekehrt. Das war zumindest seine Begründung dafür gewesen, Harrys Jobangebot auszuschlagen. Außerdem fand er es spannender, in verschiedenen Kliniken zu arbeiten, als sich auf eine festzulegen. Cate war überrascht gewesen, dass Harry ihm die Stelle überhaupt angeboten hatte.

Nun ja, als Arzt war er wirklich außergewöhnlich.

Und nicht nur als Arzt.

Entschlossen verbannte Cate diesen Gedanken aus ihrem Kopf und folgte Kelly, die angefangen hatte, einen Behandlungsraum wieder herzurichten.

Juan war eine Komplikation, die Cate wirklich nicht gebrauchen konnte!

„Wo ist denn Christine?“, fragte Cate, während sie eine der mobilen Krankenliegen frisch bezog.

„Rate mal“, erwiderte Kelly. „Sie versteckt sich in ihrem Büro. Wie immer. Versprich mir, dass du nicht so wirst, wenn du den Job hast.“

Cate hatte sich auf die Stelle der leitenden Stationsschwester beworben, und es war ziemlich sicher, dass sie den Job bekommen würde. Lillian, die Pflegedienstleiterin, hatte ihr deutlich zu verstehen gegeben, dass sie die Favoritin unter den Bewerbern war.

Cate war fest entschlossen, eine bessere Vorgesetzte zu sein als Christine, die sich nicht nur vor der Arbeit drückte, sondern auch einen ziemlich willkürlichen Führungsstil hatte.

Die Krankenhausleitung hatte bereits signalisiert, dass sie etwas mehr Ordnung und Struktur in der Notaufnahme wünschte. Und darauf hingewiesen, dass die Schwestern nicht dazu da waren, um auf Harrys Kinder aufzupassen.

Wenn Cate den Job bekam, würde sie eine Menge neuer Aufgaben bewältigen müssen.

„Ist dieser Behandlungsraum frei?“ Abby, eine Kollegin, streckte ihren Kopf durch die Tür und sah Cate fragend an. „Ich habe hier einen Patienten, der dringend einen Arzt braucht.“

„Bring ihn herein“, erwiderte Cate. „Kelly, würdest du die anderen Behandlungsräume herrichten?“

Kelly nickte und verschwand im nächsten Zimmer, während Cate dem erschreckend mageren Patienten von seinem Rollstuhl auf die Behandlungsliege half, wobei die offensichtlich sehr besorgte Ehefrau sie nicht aus den Augen ließ.

„Das ist Reece Anderson“, stellte Abby den Patienten vor. „Er ist vierunddreißig und hat gerade eine Chemotherapie hinter sich. Wegen eines Melanoms am linken Oberschenkel. Seit heute Morgen leidet er an immer schlimmer werdender Übelkeit und Bauchschmerzen.“

„Mir hat er erst heute Mittag von seinen Schmerzen erzählt“, fügte die Ehefrau vorwurfsvoll hinzu. „Ich nahm an, die Übelkeit sei eine Folge der Chemotherapie.“

„In Ordnung. Ich werde Ihnen jetzt beim Umziehen helfen, Reece, und dann einige Werte überprüfen. Es wird gleich ein Arzt nach Ihnen sehen.“

Der Patient fühlte sich offensichtlich sehr unwohl, und Cate vermutete, dass er dehydriert war. Außerdem war nicht zu übersehen, dass das Verhältnis zwischen ihm und seiner Ehefrau äußerst gespannt war.

„Wegen der Hitze war die letzte Runde der Chemotherapie kaum auszuhalten“, erklärte die Frau. „Leider haben wir zu Hause keine Klimaanlage.“ Sie sah noch viel angespannter aus als ihr Mann. „Ich bin übrigens Amanda.“

„Hallo Amanda. Ja, ich kann mir vorstellen, dass die hohen Temperaturen ein Problem sind.“ Cate bemerkte, dass Reeces Lippen aufgesprungen waren. „Am besten legen wir gleich einen Zugang.“

Schon seit mehreren Wochen war es in Melbourne ungewöhnlich heiß. Immer wieder wurden dehydrierte Menschen eingeliefert, sodass in der Notaufnahme besonders viel zu tun war.

„Warum fährst du nicht nach Hause?“, fragte Reece seine Frau unwirsch. „Bestimmt muss ich länger hierbleiben.“

„Ich habe es dir doch schon ein paar Mal erklärt: Ich werde nicht eher heimfahren, als bis ich weiß, was mit dir los ist.“ Amandas Antwort klang genauso gereizt wie Reeces Frage.

„Du musst die Kinder von der Schule abholen.“

„Ich werde Stella anrufen und sie bitten, die beiden mitzunehmen …“

„Fahr einfach selbst!“, schnauzte Reece.

Cate bemerkte, dass Amanda kurz davor war, in Tränen auszubrechen.

„Ja, vielleicht sollte ich einfach gehen“, stimmte Amanda gekränkt zu, und Cate hatte den dringenden Verdacht, dass die beiden diesen Streit nicht zum ersten Mal ausfochten.

Fluchtartig verließ Amanda den Behandlungsraum, und Reece sank erschöpft auf das Kopfkissen. „Ich kann es nicht fassen, dass ich schon wieder im Krankenhaus bin“, stöhnte er. „Amanda sollte sich um die Kinder kümmern und nicht um mich.“

Cate kommentierte das nicht, sondern tauschte sich kurz mit Harry aus, der gerade nebenan einen Notfall versorgte. Er versprach, sich zu beeilen. Da er aber noch eine Weile unabkömmlich sein würde, bat er Cate, ihrem Patienten schon Blut abzunehmen und eine Infusion anzulegen. Obwohl sie Mitleid mit Reece hatte und sich gut vorstellen konnte, wie groß seine Angst sein musste, tat Amanda ihr noch viel mehr leid, denn die junge Frau stand schluchzend auf dem Gang.

„Kommen Sie!“ Fürsorglich nahm Cate sie am Arm und führte sie in ein Besprechungszimmer, damit sie einen Augenblick für sich sein konnten. „Ich kann mir vorstellen, dass Sie sich große Sorgen machen, aber bitte rechnen Sie nicht gleich mit dem Schlimmsten.“

„Mit den medizinischen Problemen komme ich schon zurecht“, sagte Amanda schniefend. „Daran habe ich mich in den letzten Monaten gewöhnt. Es ist Reece, der mich fertigmacht – seine Launen, seine Wut. Und ständig sagt er mir, ich solle verschwinden und ihn in Ruhe lassen.“

„Das muss schrecklich sein“, antwortete Cate mitfühlend.

„Es ist unerträglich.“ Mutlos schüttelte Amanda den Kopf. „Manchmal glaube ich schon selbst, dass er mich wirklich nicht bei sich haben will.“

„Das bezweifle ich“, widersprach Cate.

„Ja, ich eigentlich auch.“ Amanda sank auf einen Stuhl. „Wissen Sie, selbst wenn er es ernst meint, denke ich nicht daran, ihn im Stich zu lassen. Und es ist mir egal, was er dazu sagt.“ Entschlossen putzte sie sich die Nase, wischte die Tränen vom Gesicht und stand auf, um wieder zu ihrem Mann zu gehen.

Gerade als Cate darüber nachdachte, wie lange es wohl noch dauern mochte, bis Harry Zeit für Reece hatte, kam Juan herein.

Er war wirklich der attraktivste Mann, dem Cate jemals begegnet war. Groß, muskulös und mit einer Ausstrahlung, die ihresgleichen suchte. Heute trug er schwarze Jeans mit einem breiten Gürtel, ein grau-schwarzes, ungebügeltes Shirt und schwarze Boots. Sein schwarzes Haar war so lang, dass er es auch in einem Pferdeschwanz hätte tragen können, doch es hing ihm – noch feucht vom Duschen – offen über die Schultern.

Als sie ihn sah, war Cates erster Impuls nicht die Erleichterung darüber, dass endlich Verstärkung da war und sich nun ein Arzt um Reece kümmern würde. Nein, wie jedes Mal, wenn sie Juan sah, stellte sie sich die Frage, wie es ihr gelungen war, dieser Versuchung auf zwei Beinen zu widerstehen. Denn es ging nicht nur um seinen umwerfenden Sex-Appeal. Viel wichtiger war Cate, dass dieser Mann sie zum Lächeln brachte. Wenn Juan da war, wirkte die ganze Welt ein bisschen heller und bunter.

„Du hast es ja in Blitzgeschwindigkeit geschafft“, empfing sie ihn lächelnd und atmete den Duft seines frisch gewaschenen Haars ein.

„Ich hatte eine Mitfahrgelegenheit.“

Ach ja. Cate erinnerte sich, dass sie bei ihrem Anruf eine Frau im Hintergrund gehört hatte. Juan selbst hatte kein Auto, denn er war nie lange genug an einem Ort, um eines anzuschaffen und anzumelden. Normalerweise benutzte er öffentliche Verkehrsmittel. Oder – noch häufiger – er joggte die zehn Kilometer von seiner Wohnung zur Klinik und verwöhnte die Kolleginnen mit seinem verschwitzten, erhitzten Anblick, bevor er sich unter die Dusche stellte.

„Wo soll ich anfangen?“ Juan stürzte sich immer gleich in die Arbeit.

„Behandlungsraum vier“, antwortete Cate und erklärte ihm auf dem Weg kurz Reeces Fall.

Beim Anblick des unkonventionell aussehenden Arztes zeigte sich zuerst Skepsis in Reeces Gesicht, doch in Sekundenschnelle hatte Juan das Eis gebrochen.

Er lehnte sich lässig an Reeces Behandlungsliege und erkundigte sich im Plauderton nach seiner Krankengeschichte und den aktuellen Beschwerden. „Darf ich mir kurz dein Stethoskop ausleihen?“, wandte sich Juan lächelnd an Cate.

„Dort in der Schublade müsste eines liegen“, informierte sie ihn.

„Das taugt leider nichts“, widersprach Juan. „Deins ist besser.“

„Ich weiß. Deshalb hast du es beim letzten Mal auch mit nach Hause genommen, nicht wahr?“

„Aber ich habe es wieder zurückgebracht“, verteidigte Juan sich, bevor er das billige Klinik-Stethoskop herausholte und anfing, den Brustkorb des Patienten abzuhören.

Während der Untersuchung fluchte er so ausgiebig auf Spanisch vor sich hin, dass selbst der missmutige Reece lachen musste.

„Dieses Ding ist völlig nutzlos“, entschuldigte Juan sich. „Ich hätte mein eigenes mitbringen sollen, aber es musste vorhin so schnell gehen, weil ich für einen Kollegen eingesprungen bin.“ Juan blinzelte Reece verschwörerisch zu. Als Cate ihm wortlos ihr eigenes Stethoskop reichte, konnte er sich ein triumphierendes Lächeln nicht verkneifen.

„Das ist viel besser!“, lobte er.

Während Juan seine Untersuchung fortsetzte, ging es Reece plötzlich wieder schlechter, und er fuhr Amanda barsch an, als sie an seiner Stelle auf eine Frage geantwortet hatte.

„In Ordnung“, sagte Juan lächelnd. „Ich werde Sie jetzt eingehender untersuchen.“ Er wandte sich an Amanda. „Würden Sie uns bitte einen Moment allein lassen?“

Als Juan vorsichtig Reeces Bauch abtastete, verzog sein Patient schmerzhaft das Gesicht.

„Reece …“ Tadelnd sah Juan ihn an. „Seit wann haben Sie diese Beschwerden?“

„Seit heute Morgen.“

„Reece?“ Der Zweifel in Juans Stimme war nicht zu überhören.

„Seit heute Nacht.“

Juan sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an.

„Na gut, es fing schon in der Nacht davor an.“

„Okay, ich muss Sie jetzt leider rektal untersuchen.“

Als Cate dem Patienten half, sich auf die Seite zu rollen, hatte Reece Mühe, seine Tränen zurückzuhalten.

„Es tut mir leid, Reece“, erklärte Juan mitfühlend. „Ich weiß, dass das jetzt sehr unangenehm ist. Aber ich verspreche, dass es ganz schnell geht.“

Er konnte einfach unglaublich gut mit Patienten umgehen. Cate hatte noch nie erlebt, dass er Floskeln wie „Es braucht Ihnen nicht peinlich zu sein!“ oder „Ich habe diese Untersuchung schon tausendmal durchgeführt!“ benutzt hatte. Stattdessen erledigte er auch jetzt schnell und effizient, was getan werden musste, und bedankte sich zum Schluss bei Reece für dessen Kooperation.

„Was glauben Sie, was mit mir los ist?“, erkundigte Reece sich müde.

Auch in diesem Punkt unterschied Juan sich von den meisten anderen Ärzten. Er war stets sehr offen zu seinen Patienten. „Wegen Ihrer Vorerkrankung ist es etwas kompliziert, aber ich vermute, dass Sie eine Blinddarmentzündung haben. Ich rufe gleich einen Kollegen aus der Chirurgie an.“

In der Notaufnahme war es immer noch unglaublich voll. Juan rief in der Chirurgie an und erklärte dem diensthabenden Kollegen Reeces Fall. Dann meldete er eine Ultraschall-Untersuchung an.

Als Juan sein Telefonat beendet hatte, hielt ihm Kelly schon das Stationstelefon entgegen. „Für dich. Eine Martina.“

Cate und Kelly sahen sich vielsagend an, als Juan sehr kurz angebunden einige Sätze auf Spanisch mit der Anruferin wechselte. Sekunden später legte er auf.

„Ich hatte deshalb doch mit Christine gesprochen. Hat sie euch nicht informiert?“

„Worüber?“

„Ich habe darum gebeten, dass künftig bestimmte private Anrufe nicht mehr für mich durchgestellt werden. Eigentlich sollte diese Anweisung an alle Schwestern und auch an die Kollegen in der Zentrale weitergegeben werden.“

„Was meinst du mit bestimmten Anrufen?“

„Anrufe von Martina.“

„Aber alle anderen – also deine Mutter oder die Frauen, mit denen du deine Freizeit verbringst …“ Cate versuchte, einen neutralen Ton zu wahren, denn es war an der Tagesordnung, dass Juans Freundinnen anriefen. „Alle anderen dürfen wir also durchstellen?“

„Höre ich da einen Vorwurf aus deinen Worten?“ Mit seinem üblichen charmanten Lächeln sah Juan sie an. „Am besten werden überhaupt keine privaten Telefonate mehr durchgestellt. Sag den Kolleginnen, dass sie behaupten sollen, nicht zu wissen, ob ich da bin. Sie können ja den Namen des Anrufers aufschreiben, dann rufe ich zurück. Ein bisschen mehr Diskretion ist doch nicht zu viel verlangt, oder?“

„Wir sind diskret, Juan! Aber es gibt einen Unterschied zwischen Diskretion und Unhöflichkeit.“ Sie holte tief Luft. „Na gut, ich werde mit allen sprechen.“

Juan beugte sich wieder über die Krankenakte und vermied es, Cate anzusehen. Wenn er ihr sein Verhalten erklärte, würde das die Dinge nur unnötig komplizieren.

Genau deshalb hatte er sich für sein Vagabundenleben entschieden. Er wollte niemandem etwas erklären müssen. Keine Geschichten aus der Vergangenheit, keine Regeln – er wollte einfach nur Spaß haben. Schade, dass Cate nicht genauso unbeschwert war. Sie hatte ihm recht deutlich klargemacht, dass unverbindlicher Spaß nicht sehr weit oben auf ihrer Wunschliste stand. Dabei hatte sie am Anfang durchaus mit ihm geflirtet.

Er würde einfach diese Schicht hinter sich bringen und dann nach Hause gehen.

Schon in etwas über zwei Wochen würde er das Land verlassen. Hätte Cate damals Ja gesagt, als er zu Beginn ihrer Bekanntschaft mit ihr ausgehen wollte, dann hätten sie ein paar tolle Monate miteinander verbringen können. Doch sie hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass sie kein flüchtiges Abenteuer mit ihm wollte.

Trotzdem war Juan sich sicher, dass er ihr nicht gleichgültig war.

Er spürte es deutlich, auch wenn Cate sich weigerte, es zuzugeben.

Doch er würde keinen neuen Versuch bei ihr unternehmen.

Cate war anders als die anderen Frauen, mit denen er sich traf. Ernsthafter und gleichzeitig rätselhaft. Sie machte ihn einfach verrückt.

„Gehst du heute Abend mit uns in die Bar, Juan?“, fragte Kelly.

„Nein, heute nicht“, erwiderte Juan und bemerkte, dass Cate erleichtert ausatmete.

Sie wollte ihn also nicht sehen. Resigniert ergänzte Juan seine Notizen. Cate konnte sich ruhig entspannen! Ihr Problem würde sich von selbst lösen.

Denn Juan würde bald nicht mehr da sein.

2. KAPITEL

„Wie sieht’s aus?“, erkundigte Juan sich, nachdem Reece vom Ultraschall zurück war. Die Chirurgen hatten ihn inzwischen untersucht, ihm Antibiotika verabreicht und ihm erklärt, dass sie ihn umgehend operieren würden.

„Das wissen Sie vermutlich besser als ich“, erwiderte Reece. „Ihr Kollege hat mir erklärt, dass eine Blinddarmentzündung bei jemandem mit meinem angeschlagenen Immunsystem nicht auf die leichte Schulter genommen werden dürfe.“

„Stimmt. Deshalb haben Sie auch sofort ein Antibiotikum bekommen. Sie müssen in den OP, bevor der Blinddarm platzt.“

„Ich hätte früher herkommen müssen“, murmelte Reece schuldbewusst. „Aber ich dachte, der Krebs wäre zurückgekommen.“

„Natürlich dachten Sie das! Trotzdem ist es nur eine Blinddarmentzündung“, beruhigte Juan seinen Patienten.

Cate füllte in der Zwischenzeit Reeces Krankenakte aus. Während der Ultraschall-Untersuchung war die Spannung zwischen Reese und seiner Frau fast unerträglich geworden. Immer wieder hatte er ihr gesagt, sie solle ihn in Ruhe lassen und endlich nach Hause gehen. Die unfreundlichen, gereizten Worte ihres Mannes hatten Amanda so getroffen, dass sie den Tränen nahe gewesen war. Cate hatte ihr schließlich vorgeschlagen, im Sprechzimmer zu warten.

„Reece, ich lege Ihnen jetzt noch einen Zugang und dann spreche ich mit Ihrer Frau“, erklärte Juan.

„Könnten Sie ihr nicht sagen, dass es völlig sinnlos ist, den ganzen Tag hier in der Klinik herumzusitzen?“

„Ich vermute, sie möchte nicht nach Hause fahren, während Sie im OP sind“, wandte Cate ein.

„Ich will sie aber nicht hier haben“, beharrte Reece. „Ich will keine Last für sie sein.“

„Dann seien Sie keine Last!“, sagte Cate genauso scharf, woraufhin Juan sie verblüfft ansah. Er hatte schon oft erlebt, dass Krankenschwestern kein Blatt vor den Mund nahmen. Doch Cates Worte gingen ihm durch und durch.

„Ihre Krankheit und der Behandlungsmarathon der letzten Monate müssen schlimm gewesen sein. Für Sie beide“, fuhr Cate fort. „Aber ich kann mir nichts Schlimmeres vorstellen, als jemanden zu lieben, der mir ununterbrochen sagt, dass er mich nicht bei sich haben will.“

„Aber bestimmt wäre Amanda viel glücklicher …“, wandte Reece ein, doch Cate unterbrach ihn sofort.

„Ich bin mir ziemlich sicher, dass Amanda sehr viel glücklicher wäre, wenn Sie ihre Liebe und Fürsorge annehmen würden! Und wenn Sie ihr erlauben würden, das hier zusammen mit Ihnen durchzustehen.“

Juan spürte, wie sein Puls raste und ihm das Blut in den Ohren rauschte. Wäre er doch nur rechtzeitig hinausgegangen, um dieser Diskussion zu entgehen. Doch nun war es zu spät und er wusste, dass er etwas sagen musste. Und zwar aus sehr persönlichen Gründen …

„Sie hat recht.“ Seine Stimme klang heiser und Juan musste sich räuspern, bevor er weitersprach. „Wissen Sie, Reece, wenn Ihre Frau es wirklich als Belastung empfinden würde, hier bei Ihnen zu sein, dann wäre sie schon vor langer Zeit gegangen.“

„Das können Sie doch gar nicht wissen.“

„Cate, würdest du bitte mit Amanda sprechen, sie auf den neuesten Stand bringen und sie dann herbringen?“

„Natürlich. Reece, ist es okay für Sie, wenn ich ihr sage, dass Sie wegen Ihrer Appendizitis gleich operiert werden?“

Reece nickte. Cates Worte hatten offenbar einen nachhaltigen Eindruck bei ihm hinterlassen, denn er sank erschöpft in seine Kissen zurück, als sie hinausging. Doch dann bemerkte er, dass Juan ihn sehr ernst ansah, und ihm wurde klar, dass die Unterhaltung noch nicht vorbei war.

„Gut“, wandte sich Juan an seinen Patienten. „Während wir zwei also einen Moment unter uns sind, werde ich Ihnen mal etwas sagen.“

Als Cate aus dem OP zurückkam, in den sie Reece gebracht hatte, war in der Notaufnahme langsam etwas Ruhe eingekehrt. Der Notfall, der Harry so lange beschäftigt hatte, war verlegt worden und das Team richtete in gewohnt effizienter Art und Weise die Behandlungsräume wieder her. Gegen sechs Uhr war alles fertig.

„Warum gehst du nicht nach Hause?“, fragte Juan den Oberarzt.

Cate sah, dass Harry zögerte. Außer Juan war kein anderer erfahrener Facharzt da.

„Geh heim und iss mit deinen Kindern zusammen zu Abend“, beharrte Juan. „Ich bin mir sicher, dass wir es alleine schaffen.“

Natürlich würde Juan es mühelos schaffen, allein die Stellung zu halten.

Jeder in der Notaufnahme wusste das.

„Bist du dir sicher?“, vergewisserte Harry sich. „Dr. Vermont wird nicht vor zehn Uhr hier sein.“

„Mach dir keine Sorgen“, beruhigte Juan ihn. „Und in den Nachtklubs ist vor Mitternacht sowieso nichts los.“

Harry lächelte gequält und machte sich dann auf den Heimweg, während Cate den Rest ihrer Schicht damit beschäftigt war, Juans demonstrativen Sex-Appeal zu ignorieren.

Erleichtert darüber, dass Juan Kellys Einladung abgelehnt hatte, war Cate letztlich doch bereit gewesen, ihre Kolleginnen zu fahren. Doch bevor sie sich in ihren hoffentlich vergnüglichen Abend verabschiedete, wollte sie Juan noch etwas fragen.

„Was hast du eigentlich vorhin zu Reece gesagt?“

„Reece?“

„Der Blinddarm.“

„Ich habe keine Ahnung, was du meinst“, behauptete Juan, wobei er Cates Blick auswich.

„Nach dem Gespräch mit dir war er plötzlich viel netter zu seiner Frau. Bevor ich ihn in den OP gebracht habe, hat er sich sogar bei ihr dafür bedankt, dass sie ihm beisteht.“

„Das muss an deiner Standpauke gelegen haben“, behauptete Juan.

Mit einem leichten Stirnrunzeln ging Cate hinaus. Ja, sie hatte Reece sehr deutlich ihre Meinung gesagt, aber sie war sich sicher, dass zwischen Juan und Reece noch irgendetwas passiert war, während sie bei Amanda war. Denn als sie in den Behandlungsraum zurückgekehrt waren, schien Reece ein völlig anderer Mensch geworden zu sein. Und Cate hatte den dringenden Verdacht, dass Juan etwas damit zu tun hatte.

Leider hatte sie keine Ahnung, was er Reece erzählt hatte.

Nachdem sie ihre Patienten an die Kollegen von der Nachtschicht übergeben hatte, eilte Cate in den Umkleideraum, wo ein heftiges Gedränge um den einzigen Spiegel herrschte.

„Ich dachte, Christine wollte auch mitkommen“, sage Kelly verwundert.

„Nein“, lachte Abby. „Als sie gehört hat, dass Juan nicht dabei sein wird, hat Christine ihre Meinung geändert. Kein Wunder. Dabei hat er ihr ziemlich deutlich gemacht, dass er nicht länger interessiert ist. Inzwischen müsste sie es eigentlich begriffen haben.“

Cate zog sich schnell um und unterdrückte ein leises Stöhnen darüber, dass ihr trägerloser BH so unbequem und eng war. Doch zu dem neuen schwarzen Neckholder-Top konnte sie keinen anderen anziehen.

„Ist das neu?“, erkundigte Kelly sich, als Cate einen blasslila Rock überzog.

„Ja“, lächelte Cate. „Genau wie die hier!“ Sie hielt ein Paar todschicke Schuhe mit Keilabsatz hoch. Ein Spontankauf, der überhaupt nicht zu ihrem üblichen, eher pragmatischen Stil passte. Typisch für eine Frau, die sich gerade getrennt hatte.

Entschlossen blinzelte Cate ihre Tränen zurück. Sie war mit Paul durchaus glücklich gewesen. Nur eben nicht glücklich genug. Es hatte viele Dinge gegeben, die sie an Paul geliebt hatte, doch es hatte nicht gereicht, um Paul die Antwort zu geben, die er sich erhofft hatte. Die Antwort, die jeder Liebende hören wollte. Ihre Eltern waren vollkommen schockiert gewesen, als ihre sonst so vernünftige, vorhersehbare Cate diese überraschende Entscheidung getroffen hatte.

Warum um alles in der Welt hatte sie sich von Paul getrennt?

Doch Cate wusste selbst nicht genau, warum sie es getan hatte …

Juan gab vor, die gut gelaunten, herausgeputzten Kolleginnen nicht zu bemerken, als sie lachend und voller Vorfreude vom Umkleideraum zum Ausgang schlenderten. Dabei hatte er nur Augen für eine einzige.

Sie hatte nur einen Hauch von Make-up aufgelegt; gerade genug, um ihre klugen Augen zu betonen und ihrem verboten verführerischen Mund noch mehr Glanz zu verleihen.

Ein kurzer lilafarbener Rock betonte ihre braun gebrannten, schlanken Beine, und er konnte nur mit Mühe seinen Blick von ihrem halbnackten Rücken lösen, als sie an ihm vorbeigegangen war.

„Ich werde aber nicht lange bleiben“, hörte er Cate sagen. „Schon in zehn Stunden muss ich wieder hier sein.“

„Bist du dir sicher, dass du nicht doch mitkommen möchtest, Juan?“, rief Kelly ihm zum Abschied zu.

Juan war klar, dass er besser allein nach Hause gehen sollte, denn er hatte keine Chance bei Cate.

Aber er schaffte es einfach nicht, sie aus dem Kopf zu bekommen.

Ihre deutlichen Worte an Reece hatten seinen guten Vorsatz, sie zu vergessen, bereits geschwächt. Und ihr Duft, als sie vorhin an ihm vorbeigegangen war, zusammen mit dem Anblick ihrer nackten Haut … Ein letzter Versuch konnte doch nicht schaden, oder?

Juan konnte nicht einfach aufgeben.

„Vielleicht komme ich nach!“, rief er und bemerkte, wie Cate vor Schreck kurz zusammenzuckte. Doch sie drehte sich nicht noch einmal zu ihm um.

Stur wie sie war, leugnete Cate noch immer, wie sehr sie sich von ihm angezogen fühlte.

3. KAPITEL

Die Bar war überfüllt und es war unangenehm heiß. Auch draußen hatte es sich trotz der späten Uhrzeit noch nicht abgekühlt. Man konnte der Hitze einfach nicht entkommen.

Genauso wenig, wie Cate Juan entkommen konnte.

Als er etwa eine Stunde nach ihnen eintraf, konnte sie seine Anwesenheit fast körperlich spüren. Mit lautem Hallo wurde er von ihren Kolleginnen begrüßt und spendierte gleich eine Runde Drinks. Cate lehnte dankend ab und nippte weiter an ihrem Mineralwasser.

„Wann arbeitest du das nächste Mal bei uns, Juan?“ Abby musste schreien, damit er sie hörte.

„Ich glaube nicht, dass ich noch einmal bei euch sein werde“, erwiderte Juan. „Ich habe für die nächsten zwei Wochen mehrere Schichten in der Innenstadt übernommen.“

„Dann ist das hier deine Abschiedsparty?“

„Gut möglich.“

Cate hielt sich im Hintergrund und beobachtete, wie ihre Freundinnen immer lauter und koketter wurden. Gegen Mitternacht waren sich alle einig, dass eine spontane Party bei Juan zu Hause ein würdiger Abschied für ihn wäre.

Wie passend, dachte Cate. Denn spontan schien schließlich alles in Juans Leben zu sein.

„Ich muss morgen früh arbeiten“, wehrte Cate ab, als ihre Kolleginnen versuchten, sie zum Mitkommen zu überreden. Doch niemand nahm diesen Einwand ernst.

„Komm schon! Es wird bestimmt lustig.“ Abbys Augen leuchteten vor Vergnügen. „Die anderen kommen auch alle mit.“

Tatsächlich schien die halbe Bar sich auf den Weg in Juans Apartment zu machen, als Cate – nüchtern, genervt und müde – zu ihrem Wagen ging.

„Vielen Dank!“, sagte Juan, während er sich neben Cate auf den Beifahrersitz ihres Kleinwagens zwängte. „Das gibt mir einen kleinen Vorsprung.“

„Gern geschehen“, behauptete Cate mit einem gequälten Lächeln.

„Es macht dir doch nichts aus, uns auch noch mitzunehmen, oder?“, erkundigte sich Abby, während sie sich mit zwei weiteren Kolleginnen auf die Rückbank quetschte.

„Natürlich nicht.“ Cate schaltete die Klimaanlage an, sodass kurz darauf eine kühle Brise durchs Auto strömte. Diese Abkühlung war auch dringend nötig, denn Juans nächste Worte ließen Cate vor Verlegenheit erröten.

„Cate, falls du doch etwas trinken möchtest, kannst du nachher gern deinen Wagen stehen lassen und bei mir übernachten.“

Übernachten?

In Juan Morales Apartment?

Cate sah ihn fassungslos an. „Gibt es in Argentinien etwa keine Taxis, Juan?“

Sein Lächeln war mehr als provozierend, als er mit seiner tiefen, sexy Stimme antwortete. „Ich wollte dir nur sagen, dass dieses Angebot besteht.“

Cate spürte ein angenehmes Kribbeln im ganzen Körper.

Ja, dieses Angebot bestand schon eine ganze Weile. Daran gab es seit Wochen keinen Zweifel.

Unauffällig musterte sie ihn. Sein Profil war klassisch, die Augen grau, umrahmt von langen, dunklen Wimpern. Seine vollen Lippen ließen sie unweigerlich darüber nachdenken, wie es sein mochte, ihn zu küssen.

Seine gesamte Erscheinung hatte etwas Exotisches, das Cate verwirrend anziehend fand.

„Hattest du schon dein Vorstellungsgespräch?“, erkundigte Juan sich interessiert.

„Nein, noch nicht.“ Es überraschte Cate, dass er sich an dieses Detail erinnerte. „Es gab offenbar auch mehrere externe Bewerberinnen.“

„Wenn sie dich nähmen, würdest du also die leitende Stationsschwester werden?“

„Ja“, bestätigte Cate, während sie vor einer roten Ampel wartete.

„Meinst du nicht, dass du den Kontakt mit den Patienten vermissen würdest?“

„Nein, denn ich würde weiterhin auf Station arbeiten“, erklärte Cate bestimmt.

„Im Gegensatz zu Christine.“

Sie drehte sich zu ihm um und sekundenlang sahen sie sich in die Augen. „Ich bin nicht wie Christine“, sagte Cate. Gerüchten zufolge hatte Juan kurz nach seiner Ankunft in der Stadt eine Affäre mit Christine gehabt. Cate konnte sich gut vorstellen, dass diese Geschichte wahr war, denn als sie aus ihrem Jahresurlaub zurückgekehrt war, hatte sie Christine in Tränen aufgelöst im Umkleideraum vorgefunden. Es war nicht sonderlich schwierig gewesen, den Grund dafür zu erraten.

„Nein“, stimmte Juan zu, und das Bedauern, das in seiner Stimme mitklang, ließ Cates Puls schneller schlagen. „Du bist nicht wie Christine.“ Die Anspielung auf das unterdrückte Verlangen, dass seit Wochen zwischen ihnen herrschte, war offensichtlich.

„Es ist übrigens schon lange wieder grün!“, beschwerte sich Kelly von hinten.

Cate riss sich zusammen und fuhr weiter. Ungefragt schaltete Juan das Autoradio ein, und Cate wäre vor Verlegenheit am liebsten im Boden versunken, als ihre CD mit traurigen Liebesliedern erklang.

„Du solltest etwas fröhlichere Musik hören“, empfahl Juan trocken. „Diese Songs machen dich nur noch trauriger.“

„Ich bin überhaupt nicht traurig!“

„Hast du eigentlich noch mal mit Paul gesprochen, seitdem du dich von ihm getrennt hast?“, mischte Abby sich ein.

„Natürlich. Wir sind schließlich höfliche, erwachsene Menschen.“

„Dann war die Trennung anscheinend mehr als überfällig“, kommentierte Juan.

„Unsinn. Es fliegt nicht bei jeder Trennung Geschirr durch die Luft“, widersprach Cate.

Doch im Grunde musste sie zugeben, dass Juan den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Paul war zwar aufgebracht und verständnislos gewesen, doch Cate selbst hatte sehr sachlich argumentiert und ihre einmal getroffene Entscheidung durchgezogen.

Danach hatte sie darauf gewartet, dass sie weinen und von Zweifeln geplagt sein würde, doch beides war nicht geschehen. Sie hatte gelassen in ihrem Garten gesessen, mit ihrer Nachbarin Bridgette Wein getrunken und statt Bedauern nur Erleichterung verspürt.

Juan hatte recht. Die Trennung war überfällig gewesen.

„Wie lange bleibst du noch in Australien?“, wechselte Kelly das Thema.

Juan drehte sich nach hinten, um besser mit den jungen Frauen plaudern zu können. „Nur noch knapp zwei Wochen.“

„Das ist schade. Du solltest noch länger bleiben!“

„Das geht nicht“; erklärte Juan. „Mein Visum läuft aus.“

„Würdest du denn bleiben, wenn du es verlängern könntest?“, hakte Kelly nach.

„Ich weiß nicht. Vielleicht ist es an der Zeit weiterzuziehen.“

„Wo muss ich nun langfahren?“, unterbrach Cate die Unterhaltung. Sofort drehte Juan sich wieder zu ihr, wobei seine Hand unbeabsichtigt ihren Arm streifte.

Cate zuckte zusammen.

Seine Wirkung auf sie war wirklich beunruhigend. Auch nachdem sie vor seinem Haus geparkt hatte, zitterten Cates Hände noch immer von der flüchtigen Berührung.

„Kommst du nun mit?“ Fragend sah er sie an. Und obwohl Cate wusste, dass es klüger wäre, einfach nach Hause zu fahren, konnte sie der Versuchung nicht widerstehen. Sie wollte gern einen kurzen Blick in seine Welt werfen.

„Klar.“

Juan schloss die Tür zu seinem Apartment auf, das ganz anders war, als Cate es erwartet hatte. Die Einrichtung war schlicht, aber sehr luxuriös, und von der geräumigen Veranda aus hatte man einen atemberaubenden Blick aufs Meer. Es war genau der richtige Ort für einen wohlhabenden Weltenbummler, der sich einige Wochen lang amüsieren wollte. Cate fand, dass die Wohnung trotz der eleganten Einrichtung irgendwie unpersönlich und kahl wirkte. Es war kein Zuhause, sondern eine Wohnung auf Zeit.

Unbeständig.

Genau wie Juan.

Nach und nach kamen die Taxis an und immer mehr Kollegen strömten in Juans Apartment. Juan stellte Tanzmusik an, öffnete die Flügeltüren zur Veranda und kümmerte sich dann um die Getränke.

„Was möchtest du, Cate?“

Er machte keinen Hehl daraus, dass sein Interesse in erster Linie ihr galt.

„Im Augenblick nichts, danke. Darf ich mal kurz dein Bad benutzen?“

„Natürlich. Den Gang entlang und dann links.“

Sie machte sich auf den Weg und stand unvermittelt vor seiner offenen Schlafzimmertür. Sein Bett war ungemacht und zerwühlt, und einen kurzen, verwegenen Moment lang stellte sie sich vor, wie es wäre, ihrem Verlangen nach ihm einfach nachzugeben. Nur für eine Nacht leichtsinnig und impulsiv zu sein. Ihn in sich zu spüren …

Cate schloss die Badtür hinter sich und atmete tief durch.

Solche Gedanken passten überhaupt nicht zu ihr!

Noch nie hatte sie derartige sexuelle Fantasien gehabt, noch nicht einmal bei Paul.

Dieser verfluchte Juan brachte sie völlig durcheinander. Ein Teil von ihr wünschte sich nichts sehnlicher, als ein einziges Mal unvernünftig zu sein und sich ihren Gefühlen einfach hinzugeben. Cate war klar, dass sie Juan sehr widersprüchliche Signale gab. Manchmal flirtete sie so heftig mit ihm, wie sie es sonst niemals tat, um ihn dann wieder vehement auf Abstand zu halten.

Cate wusch sich die Hände und musste sie an ihrem Top abtrocknen, denn Juan hatte natürlich kein Gästehandtuch. Lediglich ein benutztes Strandlaken hing über der Dusche.

Ohne es zu wollen, stellte Cate sich seinen nackten, muskulösen Körper unter der Dusche vor.

„Fahr nach Hause, Cate!“, befahl sie sich selbst. Genau das hatte sie fest vor, als sie ins Wohnzimmer zurückkehrte. Doch Juan hatte bereits auf sie gewartet und reichte ihr ein großes eisgekühltes Glas mit einem gefährlich aussehenden Cocktail.

„Juan, du weißt doch, dass ich noch fahren muss!“

„Ja, aber das muss ja nicht heißen, dass du nichts Leckeres zu trinken bekommst.“ Lächelnd sah er sie an.

Der Drink war fruchtig, erfrischend und einfach köstlich. Trotzdem war es Cate unangenehm, so offensichtlich im Mittelpunkt von Juans Interesse zu stehen. Doch daran ließ sich offenbar nichts ändern.

Sie tanzte ein wenig, plauderte mit ihren Freundinnen und trank ihren Cocktail. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass Juan gerade in ein Gespräch mit anderen Gästen vertieft war, verabschiedete sie sich hastig von Kelly.

„Bleib doch noch etwas“, drängte ihre Freundin.

„Nein, ich muss los.“ So unauffällig wie möglich verließ Cate die Wohnung und ging zu ihrem Wagen.

Juan hatte sich wirklich einen sehr hübschen Ort zum Wohnen ausgesucht. Vor dem Haus lag der Strand und nach hinten hatte man einen traumhaften Blick über die Hügel. Alles sah sehr friedlich aus, und man konnte sich kaum vorstellen, dass gar nicht so weit entfernt von hier gerade heftige Buschfeuer wüteten.

Cate atmete noch einmal tief den schweren, süßen Duft der schwülen Nacht ein und angelte dann den Autoschlüssel aus ihrer Handtasche.

„Cate.“

Sie zuckte vor Schreck zusammen, als sie Juan ihren Namen sagen hörte. Hätte sie nicht so herumgetrödelt, würde sie jetzt schon sicher in ihrem Wagen sitzen und nach Hause fahren. Doch nun hatte sie keine andere Wahl, als sich zu ihm umzudrehen.

„Da wo ich herkomme …“ Er ging langsam auf sie zu, wobei der Sand unter seinen Boots knirschte. „… verabschiedet man sich von seinem Gastgeber …“

„Ich wusste nicht, dass du so viel Wert auf Konventionen legst.“

„Das tue ich auch nicht“, gab er zu und trat so dicht an Cate heran, dass sie mit dem Rücken ihr Auto berührte. „Es sei denn, ich habe etwas davon.“

„Danke für den schönen Abend. Leider muss ich jetzt heimfahren. Leb wohl.“

„In meinem Land“, fuhr Juan fort, „würde der Gastgeber außerdem versuchen, dich zu einem weiteren Drink zu überreden und er wäre gekränkt, weil du so früh gehst …“

Seine Worte klangen beiläufig, doch er hatte zärtlich ihre Wange berührt und ihr dann eine Haarsträhne hinters Ohr geschoben.

„Ich bin ziemlich gut darin, Leute zu kränken“, sagte Cate. „Also nimm es bitte nicht persönlich.“

„Geh nicht.“ Er lächelte sie an. „Ich habe all die Leute nur zu mir eingeladen, um dich herzulocken.“

Sie lachte.

Und wusste gleichzeitig, dass er die Wahrheit sagte.

„Es ist gut möglich, dass ich nicht noch einmal bei euch aushelfe. Dies könnte also unser letzter Abend sein.“

„Schon möglich.“

„Ich hätte dich gern besser kennengelernt.“

Cates Lächeln wirkte gequält. Ja, sie hätte ihn auch gern näher kennengelernt. Doch wohin hätte das geführt? Er hatte nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er nur wenige Wochen bleiben würde. Für Juan schienen flüchtige Affären kein Problem zu sein, während für Cate diese Art von Beziehung einfach nicht in Frage kam.

Obwohl sie nicht leugnen konnte, dass sie mehr, viel mehr von Juan wollte.

„Bleib!“

„Juan …“ Hilflos sah sie ihn an. Sie konnte nicht über ihren eigenen Schatten springen, und so versuchte sie, sich mit einem Scherz aus der Affäre zu ziehen. „Ich habe drei Brüder, die mich Zeit meines Lebens vor Typen wie dir gewarnt haben.“

„Wie bitte?“ Stirnrunzelnd sah er sie an.

„Ach, komm schon, Juan!“ Cate verabscheute seine Schamlosigkeit. „Meinst du nicht, die Frau, mit der du heute Nachmittag im Bett warst, hätte etwas dagegen?“

„Was?“ Völlig perplex sah er sie an, doch dann hellte sich seine Miene auf und er grinste. „Das war meine Putzfrau! Ich war beim Fernsehen auf dem Sofa eingeschlafen.“ Er sah Cate an und ihm fiel auf, dass er keinen Sex mehr gehabt hatte, seitdem er mit Christine Schluss gemacht hatte. Und die Sache mit Christine hatte er beendet, als eine gewisse Cate Nicholls in seinem Leben aufgetaucht und ihm den Kopf verdreht hatte. „Ich liebe australische Seifenopern. Sie sind immer so schön obszön.“

Cate musste lachen.

Sie war sich nicht sicher, ob sie die Geschichte mit der Putzfrau glauben sollte, aber spielte das eine Rolle?

Sie war schließlich nicht seine Mutter.

Genau genommen war sie gar nichts. Und ja, er würde schon bald weg sein.

Halbherzig drehte sie sich um, denn ihr war durchaus klar, dass er sie küssen wollte. Und zwar nicht auf die Wange.

Ein einziger Kuss konnte doch nicht schaden, oder?

Außerdem war es höchste Zeit, endlich wieder von einem Mann geküsst zu werden, beschloss Cate.

Und dann berührten seine Lippen ihren Mund.

So war sie noch nie geküsst worden!

Ganz genau so musste ein Kuss sein!

Sanft und verführerisch … Zärtlich legte Juan seine Arme um sie. Er schmeckte nach Himbeeren und Wodka und nach noch etwas, das Cate nicht so richtig zuordnen konnte. Ihr Herz pochte heftig, und ihre Knie zitterten ein wenig.

Er ließ es langsam und spielerisch angehen, doch gerade als Cate anfing, sich zu entspannen und sich einredete, dass dieser Abschiedskuss im Grunde ganz harmlos war, zog Juan sie eng an sich und küsste sie leidenschaftlich. Mit einem leisen Stöhnen eroberte er ihren Mund, und es schoss Cate durch den Kopf, dass sie noch nie in ihrem Leben so erregt gewesen war. Als sie seine heftige Erektion spürte, presste sie sich an ihn; seine Hände auf ihrem Rücken ließen ihre Haut förmlich erglühen.

Es war nicht einfach nur der erste Kuss nach Paul, es war der erste Kuss überhaupt, der das Potential hatte, sie auf direktem Weg ins Schlafzimmer zu befördern. Sie erwiderte Juans Kuss mit gleicher Leidenschaft, während er nun anfing, ihre Brüste zu streicheln. Cate wünschte sich, sie hätte nicht diesen engen BH ausgewählt, doch dieses Problem war nach wenigen Sekunden gelöst, denn mit einem einzigen Griff hatte Juan den Verschluss geöffnet. Cates erleichtertes Seufzen ging unmittelbar in ein Stöhnen über, als er ihre Brüste umfasste und zielstrebig ihre Nippel liebkoste.

„Ich will dich …“, hauchte er ihr mit rauer Stimme ins Ohr. Obwohl sie völlig nüchtern war, stand sie halbnackt vor Juan und wurde fast ohnmächtig vor Verlangen nach ihm. Zärtlich griff sie in sein viel zu langes Haar und spürte mit jeder Faser ihres Körpers diesen Mann, mit dem sie so gern eine unmoralische Nacht verbringen würde. Cate verstand inzwischen nur zu gut, weshalb eine Frau nach der anderen ihm mit Haut und Haaren verfiel, denn sie war auf dem besten Weg, selbst die Kontrolle zu verlieren.

Doch als sie ihre Hände um seinen Hals legte und dabei seinen Nacken streichelte, griff Juan nach ihren Handgelenken und zog ihre Hände auf seinen Brustkorb. Seine abrupte Reaktion sorgte dafür, dass Cate aus ihrem Taumel erwachte und ihren gesunden Menschenverstand wieder einschaltete. Sie sah das Bedauern in Juans Blick, als sie sich von ihm löste.

„Es wäre so schön mit uns beiden …“

Ja, es wäre schön mit ihnen beiden. Aber er wäre nicht gut für sie.

Cate war nicht auf der Suche nach dem Mann fürs Leben, aber genauso wenig wollte sie jemanden nur für eine Nacht oder eine Woche.

Selbst wenn sie es sich in diesem Augenblick verzweifelt wünschte.

Wie gern würde sie ihrem Verlangen nachgeben und einfach Ja sagen.

Doch leider gab es neben ihrem Körper auch noch ihr Herz, das sowieso schon etwas angeknackst war und deshalb nichts weniger brauchte, als von Juan Morales gebrochen zu werden.

Es würde so wehtun, mit ihm zusammen zu sein und ihn dann wieder zu verlieren. Und genau das würde nach sehr kurzer Zeit passieren – in diesem Punkt machte Cate sich keine Illusionen.

Er war alles, was sie je gewollt hatte und gleichzeitig der letzte Mann, mit dem sie sich einlassen würde.

„Danke für den schönen Abend.“

„Wollen wir morgen ausgehen?“, fragte Juan.

„Nein danke.“

„Cate …“

Sie holte tief Luft und sah ihn an. „Ich bin nicht das, was du suchst.“

„Du weißt doch überhaupt nicht, wonach ich suche!“

„Ich weiß auch nicht genau, wonach ich selbst suche“, gab Cate zu. „Aber eines weiß ich …“ Sie suchte nach den richtigen Worten. „Du … bist es nicht.“

„Autsch!“

Cate lächelte und stieg in ihren Wagen, in dem nach der kurzen gemeinsamen Fahrt noch immer ein Hauch von Juans unverwechselbarem Duft schwebte.

Sie legte den Rückwärtsgang ein und winkte ihm zum Abschied zu. Ja, sie bedauerte es. Sehr sogar.

Sie sah sich selbst und ihn förmlich vor sich, wie sie in seinem Schlafzimmer standen und sich die Kleider vom Leib rissen. Schon oft hatte sie sich vorgestellt, wie es wäre, eine seiner vielen Bettgeschichten zu sein. Sie wäre gern ausnahmsweise einmal locker und oberflächlich gewesen und hätte das Leben gern genauso leicht genommen wie Juan.

Sie hatte noch immer seinen Geschmack im Mund, ihre Wangen glühten und sie sehnte sich so sehr nach ihm, dass es wehtat.

Trotzdem entschied Cate sich für die sichere Seite.

4. KAPITEL

Ungeduldig wartete Juan darauf, dass die Party endlich zu Ende ging. Als das letzte Taxi endlich abgefahren war, räumte er nicht einmal mehr auf. Er zog sich aus, ging schnurstracks ins Bett und zwang sich, nicht länger an Cate Nicholls zu denken.

Mit ihr würde es viel zu ernst werden.

Bei anderen Frauen interessierte er sich nicht für berufliche Pläne, familiäre Zusammenhänge oder Geschichten aus der Vergangenheit. Doch bei Cate war alles anders.

Juan konnte nicht aufhören, an ihre Hände in seinem Nacken zu denken. Daran, wie ihre Finger beinahe seine Narbe ertastet hätten. Nein, er wollte nicht, dass sie Bescheid wusste. Cate sollte ihn ruhig für oberflächlich halten. Das war immer noch besser, als ihr alles zu erzählen; sich ihr anzuvertrauen …

Während er sich unruhig hin und her wälzte, nicht ganz wach aber auch nicht schlafend, verschwammen Juans Erinnerungen. Hatte er sich den Kuss mit Cate nur eingebildet? War womöglich seine ganze Reise nach Australien nur ein Produkt seiner Fantasie? Und Cates Gespräch mit Reece? Würde er sich nach dem Aufwachen noch daran erinnern können oder war auch das ein Traum?

Mit beängstigender Deutlichkeit durchlebte Juan noch einmal die schlimmste Zeit seiner Vergangenheit. Hilflosigkeit und Entsetzen darüber, dass er sich nicht bewegen konnte, nahmen ihm den Atem. Seine Muskeln gehorchten ihm nicht mehr; er war gefangen in seinem eigenen Körper.

In seinen Träumen rannte er über den warmen Gehsteig und atmete die feuchte Morgenluft ein.

Im Traum kurvte er mit seinem geliebten Motorrad durch die sanfte Hügellandschaft seiner argentinischen Heimat und schlief mit jeder schönen Frau, die Interesse an ihm zeigte. Und davon gab es viele. Sehr viele sogar.

In seinen Träumen machte Juan waghalsige Kopfsprünge von hohen Brücken und spürte das eiskalte Wasser beim Eintauchen in die Fluten.

Im Traum fuhr er mit Skiern Abhänge hinunter und tat all die Dinge, für die er nie Zeit gehabt hatte. Juan hatte sich immer nur auf Martina, seine Familie und seine Arbeit konzentriert.

Sein Traum wurde beängstigend realistisch, als Juan die schlimmste Zeit seiner Vergangenheit nochmals durchlebte. Erinnerungen wurden lebendig. Erinnerungen, die sich nicht auslöschen ließen …

Er konnte die Krankenpfleger auf ihrer nächtlichen Runde hören. Jetzt betraten sie das Vierbettzimmer, in dem er lag.

„He, Juan!“

„Oh, Entschuldigung!“ Juan brauchte gar nicht erst in den Spiegel zu sehen, der über seinem Bett angebracht worden war. Er wusste auch so, dass er eine heftige Erektion hatte. Verlegen wich er Gracielas Blick aus.

„Juan, das ist ganz normal“, beruhigte sie ihn auf Spanisch.

Graciela war äußerst pragmatisch. Sie stand kurz vor der Rente und hatte jahrzehntelang auf der neurochirurgischen Station gearbeitet. Sie hatte unzählige Patienten kennengelernt, die nach einem Unfall von einem Tag auf den anderen gelähmt waren. Junge, fitte Menschen, deren Körper plötzlich leblose Hüllen waren. Dass Rückenmarksverletzte zu Anfang nur schwer mit ihrer neuen Situation klarkamen, gehörte für sie zum Alltag.

Ja, Graciela war nett und pragmatisch. Doch in diesem Augenblick, als sie und Manuel ihn gemeinsam auf die Seite rollten, war das kein Trost für Juan. Rot vor Scham lag er in Buenos Aires in einem Bett des Krankenhauses, in dem er normalerweise arbeitete.

Gearbeitet hatte.

„Juan …“ Manuel versuchte, zu ihm durchzudringen. „Wir wissen doch noch gar nicht, wie schlimm Ihre Verletzungen sind. Die Schwellungen könnten zurückgehen und bis dahin …“

Juan schloss die Augen. Er wollte keinen Hoffnungsschimmer. Nicht heute Nacht, denn er fühlte sich seinen Zimmergenossen gegenüber schuldig, weil bei ihm zumindest theoretisch die Möglichkeit einer Genesung bestand. Am liebsten hätte er einfach nur die Augen geschlossen und noch ein bisschen geträumt. Doch er wusste, dass er nicht wieder einschlafen würde. Es würde eine weitere endlos lange Nacht werden.

„Wie geht es Martina?“, erkundigte sich Graciela. Es war offensichtlich, dass sie ihn nur ein wenig ablenken wollte, während sie die stündlichen Physiotherapie-Übungen mit ihm machte. Routiniert bewegte sie seine leblosen Arme und Beine und massierte seine Finger. Martina war bis gegen elf Uhr da gewesen, und danach hatte Juan so getan, als würde er schlafen. Obwohl er wusste, dass das Pflegepersonal es mit der Anteilnahme nur gut meinte, hatte er keine Lust, ständig über sein Privatleben zu reden.

„Hat sie immer noch Angst, dass Sie beide Ihren Hochzeitstermin verschieben müssen?“

Es folgte ein minutenlanges Schweigen, bevor Juan schließlich antwortete. „Wir haben uns getrennt.“

„Oh, das tut mir so leid, Juan.“ Bittend sah Graciela zu Manuel hinüber, der die Unterhaltung übernahm.

„Was ist passiert?“

„Wir haben einfach …“ Juan wollte nicht darüber sprechen. Er konnte und wollte es noch immer nicht begreifen, wie grundlegend sein gesamtes Leben sich geändert hatte. „Es war in gegenseitigem Einvernehmen.“

„Okay.“ Graciela überprüfte seine Vitalfunktionen und sah Manuel vielsagend an. „Wir sehen uns dann in einer Stunde, Juan. Ich hoffe, Sie schlafen bis dahin ein wenig.“

Egal, ob er schlief oder wach war – die Übungen wurden im Stundentakt gemacht.

Graciela ging zum nächsten Bett hinüber und ließ Manuel mit Juan allein. Sie hoffte, dass ihr Patient sich dem Pfleger doch noch öffnen würde. Seitdem er eingeliefert worden war, hatte Juan keine Schwäche gezeigt. Vehement hatte er immer wieder behauptet, mit der Situation allein zurechtzukommen und es vermieden, mit irgendjemandem über sein Trauma zu sprechen. Graciela machte sich große Sorgen um ihn, vor allem jetzt, da sie von seiner Trennung gehört hatte.

„Hallo, Eduard.“ Sie beugte sich über einen jungen Mann, der ihr Lächeln nur gequält zurückgab und dann mit seinen Augen auf Juans Bett deutete. „Kommt er klar?“

„Er schafft es schon.“

Zum ersten Mal glaubte Juan selbst nicht mehr daran.

Es gab nur eine Sache, die noch demütigender war als eine Erektion im Beisein der Schwestern: Weinen zu müssen und nicht einfach hinausgehen zu können. Und noch nicht einmal in der Lage zu sein, sich selbst die Nase zu putzen und die Tränen wegzuwischen.

„Lassen Sie es raus, Juan“, ermutigte Manuel ihn und strich fürsorglich das Laken zurecht, als Juans graue Augen verdächtig glitzerten.

„Ich …“ Nein, er wollte es nicht herauslassen. Auf keinen Fall! Schon allein wegen des jungen Eduards, der erst seit drei Tagen auf der Station war und den es sicher zu Tode erschrecken würde, wenn Juan zusammenbrach. Juan hatte den ganzen Tag versucht, den jungen Mann aufzuheitern.

Bedauerlicherweise konnte er sich aber nicht länger zusammenreißen.

Sein Schluchzen war herzzerreißend.

„Gut so“, ermutigte Manuel ihn und tätschelte seine Schulter.

Juan lag bewegungslos in seinem Bett und konnte nicht aufhören zu weinen. Manual wischte ihm immer wieder die Tränen ab und half ihm beim Schnäuzen. Das hier musste die Hölle sein. Juan war vollkommen hilflos.

Er war so verzweifelt wie noch nie in seinem Leben.

„Guter Mann!“, sagte Manuel immer wieder.

Ja, er war ein guter Mann gewesen, überlegte Juan. Er hatte immer alles richtig gemacht. Alles war perfekt gewesen – eine beeindruckende Karriere, eine wunderschöne Verlobte, Gesundheit, Attraktivität. Und nun?

Zum ersten Mal hatte Juan die Beherrschung verloren und seine Verzweiflung und Wut herausgelassen. Nicht nur Eduard ließ sich von Juans Trauer anstecken, auch Graciela war so berührt von Juans Ausbruch, dass sie sich verstohlen eine Träne abwischen musste.

Alle drei Zimmergenossen weinten nun mit Juan. Zwei von ihnen waren schon länger auf der Station und konnten ihre mühsam aufrecht erhaltene Fassung nicht länger wahren. In ihrem Krankenzimmer gab es keine Privatsphäre, und so hatten alle die schmerzhafte Trennung von Juan und Martina mitbekommen.

Sie alle fühlten mit Juan, als er endlich seine Selbstbeherrschung aufgab und sich selbst erlaubte zu weinen …

Doch niemand war da, als Juan achtzehn Monate später in einem völlig fremden Land aufwachte und die lähmende Verzweiflung von damals ihn erneut überkam.

5. KAPITEL

„Wie war deine Woche?“

Cate blieb vor ihrem Gartentor stehen, um kurz mit ihrer Nachbarin zu reden. Bridgette und ihr Mann James waren beide Polizisten, und Cate fand es schön, Nachbarn zu haben, die ebenfalls im Schichtdienst arbeiteten. Im Laufe des Sommers hatten sie und Bridgette so manchen Nachmittag gemeinsam im Garten verbracht und über Gott und die Welt geplaudert.

„Ganz okay“, log Cate und hoffte, dass ihr Lächeln echt wirkte. Die letzte Woche war die Hölle gewesen. Sie hatte entweder an Juan denken müssen oder mit wachsender Sorge über ihre berufliche Situation gegrübelt.

„Hattest du schon dein Vorstellungsgespräch?“

„Nein. Aber ab Montag bin ich die kommissarische Leiterin der Station.“

„Dann hast du dieses Wochenende frei?“

Cate seufzte. „Nein, leider nicht. Aber falls ich den Job bekomme, brauche ich nie wieder am Wochenende zu arbeiten.“

„Keine Schichten mehr!“, rief Bridgette neidisch. Cate nickte und lenkte das Gespräch auf unverfänglichere Themen. Doch Bridgette ließ sich nichts vormachen und erkundigte sich unverblümt nach Cates Liebesleben.

„Und? Wie kommst du mit deiner Trennung von Paul klar? Hast du schon jemand Neuen kennengelernt?“

„Nicht direkt.“

„Was soll das denn heißen?“ Bridgette ließ nicht locker.

„Naja, es gibt da jemanden, den ich sehr mag“, gab Cate zu. „Oder besser: Es gab da jemanden. Er ist nicht von hier und wird schon bald nach Neuseeland weiterreisen. Es hat also keinen Zweck.“

„Was hat keinen Zweck?“

„Etwas mit ihm anzufangen.“

„Wovon sprichst du?“ Kopfschüttelnd sah Bridgette sie an. „Für mich hört es sich so an, als sei der Typ perfekt, um nach dem Desaster mit Paul etwas Spaß zu haben. Oder bist du etwa auf der Suche nach einer ernsthaften Beziehung?“

„Nein, aber …“

„Dann lass dich endlich einmal ein bisschen gehen und genieß dein Leben!“ Bridgette hielt ihre Hand mit dem Ehering demonstrativ hoch. „Solange du es noch kannst!“ Sie zwinkerte Cate verschwörerisch zu. „Ich komme irgendwann in den nächsten Tagen vorbei, damit wir in Ruhe schwatzen können.“

„Ja, mach das“, stimmte Cate zu.

Während sie zur Klinik fuhr, versuchte Cate das ungute Gefühl, das sich in ihr ausbreitete, zu ignorieren. Schnell stellte sie das Radio an. Jetzt war nicht der richtige Augenblick für eine Gefühlsanalyse.

Der Mitarbeiterparkplatz war so überfüllt, dass sie weit entfernt von der Notaufnahme parken musste. Normalerweise störte sie das nicht, doch heute war es so heiß, dass Cate es kaum erwarten konnte, endlich in die klimatisierte Klinik zu kommen. Obwohl es keine Unwetterwarnungen gegeben hatte, waren am Himmel drohende dunkle Wolken zu sehen und es war drückend schwül.

In diesem Augenblick, fast eine ganze Woche nach ihrem atemberaubenden Kuss, sah sie Juan wieder.

Nur ein Verrückter konnte auf die Idee kommen, bei diesem Wetter zu joggen. Ein unglaublich fitter Verrückter.

Juan stand keuchend an der Eingangstür. Er hatte sich vorgebeugt, stützte sich mit den Händen auf den Oberschenkeln ab und atmete tief ein und aus. Seine grauen Shorts und das ärmellose Shirt waren schweißnass, was Cate nicht sonderlich verwunderte, denn schließlich wohnte er fast zehn Kilometer von der Klinik entfernt und hatte zu allem Überfluss auch noch seinen Rucksack auf dem Rücken.

„Hörst du dir nie die Warnungen im Radio an?“, begrüßte sie ihn. Sie gab sich alle Mühe, so unbefangen wie möglich zu klingen. „Bei diesen Temperaturen soll man jede körperliche Anstrengung vermeiden.“

„Das gilt nur für kleine Kinder und alte Leute“, wehrte er ab und sah er ihr so tief in die Augen, dass sie keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. „Und ich bin weder ein Kind noch ein Greis.“