Moralische Entwicklung und Erziehung in der Schule - Weiterführende Ideen zu Lawrence Kohlbergs Ansatz - Anita Glunz - E-Book

Moralische Entwicklung und Erziehung in der Schule - Weiterführende Ideen zu Lawrence Kohlbergs Ansatz E-Book

Anita Glunz

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  • Herausgeber: GRIN Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2005
Beschreibung

Studienarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Didaktik - Theologie, Religionspädagogik, Note: 2,5, Eberhard-Karls-Universität Tübingen (Ev.-theolog. Seminar), Veranstaltung: Einführung in religionspädagogische Fragestellungen, Sprache: Deutsch, Abstract: Gutes Benehmen, Anstand, Respekt und Sitte gelten als erstrebenswert und werden vor allem von der jungen Generation erwartet. Es handelt sich dabei um soziale Konventionen (z. B. sollen Kinder höflich sein) und Vorstellungen darüber, was ein gutes Leben oder was moralisch wichtig ist (z. B. soll man die Wahrheit sagen). Obwohl Werte in der Gesellschaft also große Beachtung finden, ist die Jugend im Bezug auf Wertorientierungen tief verunsichert. Die moderne Welt bietet den jungen Menschen ein Überangebot an Weltanschauungen und Identifikationsmustern. Zugleich nehmen die zum Teil gegensätzlichen Anforderungen und der Leistungsdruck zu und zwingen den jungen Menschen, aus dem Angebot der bestehenden, oft widersprüchlichen Werte zu wählen und seine eigene soziale Identität ohne Anleitung zu konstruieren. In dieser Situation ist es nicht erstaunlich, wenn Kinder überfordert resignieren und sich zu selbstgefälligen Widersachern ohne Antrieb und Moral entwickeln. Menschen, die in ihren Berufen mit Kindern oder Jugendlichen arbeiten, haben immer – wenn auch in vielen Fällen unbewusst – Einfluss auf deren moralische Entwicklung. Ihre Reaktionen auf das Sozialverhalten anderer beinhalten stets eine moralisch relevante Erfahrung für die Kinder. Soll dieser Einfluß bewußt zur Unterstützung sozialer und moralischer Kompetenzen eingesetzt werden, ist grundlegendes psychologisches Wissen erforderlich, das helfen kann, Konzeptionen der moralischen Erziehung auf ihre Angemessenheit hin zu überprüfen. Im Folgenden soll deshalb die Theorie der Entwicklung moralischer Urteilsfähigkeit von Lawrence Kohlberg, die seit Jahrzehnten in der Entwicklungspsychologie maßgeblich ist, vorgestellt werden. Vorweg sollen jedoch einige Definitionen und Begriffsklärungen, das weite Feld von ‘Moral’ und ‘Moralerziehung’ eingrenzen und die Voraussetzungen für Kohlbergs Theorienbildung genannt werden. Im Anschluss sollen die Ergebnisse ausgewertet und im dritten Kapitel für ein Modell einer Unterrichtsstunde fruchtbar gemacht werden. Neben einigen ergänzenden Ansätzen der moralischen Selbstbestimmung, soll mit einem Blick auf eine Dilemmageschichte im Religionsunterricht der Bogen zu einer christlichen Moral gespannt werden.

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Ähnliche


Inhaltsverzeichnis
Kapitel
1.2 Entwicklungspsychologische Vorraussetzungen für Lawrence Kohlbergs
1.3 Methodologischer Rahmen
2.1.1 Stufe 0 im frühen Kindesalter
2.1.2 Stufe 1: Die heteronome (fremdbestimmte) Stufe
2.1.3 Stufe 2: Die Stufe des Individualismus und des Austauschs
2.1.4 Stufe 3: Die Stufe der interpersonellen Beziehungen
2.1.5 Stufe 4: Die Stufe des sozialen Systems und des Gewissens
2.1.6 Stufe 5: Die Stufe des Sozialvertrags mit Berücksichtung aller Rechte und aller
2.1.7 Stufe 6: Die Stufe universeller ethischer Prinzipien
2.2 Ergebnisse der empirischen Untersuchung
2.3 Kritikpunkte an Kohlbergs Modell
2.4 Erweiterungen - C. Gilligans „weibliche Moral“ oder eine „Moral des
3.1 Die Plus-eins-Regel.
3.2 Kooperation als Ziel und Methode moralischer Erziehung
3.3 Beispiel für eine Dilemmadiskussion im Religionsunterricht
3.4 Möglichkeiten der Umsetzung in der Oberstufe

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3. Fachsemester

Lehramt Spanisch/ ev. Theologie/ Französisch Datum der Abgabe: 18.09.2003

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Die Jugend lie bt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten soll. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren

So, oder ähnlich könnte auch mehr als zweitausend Jahre nach Sokrates Ausspruch die Kritik an der heutigen Jugend lauten. Gutes Benehmen, Anstand, Respekt und Sitte gelten als erstrebenswert und werden vor allem von der jungen Generation erwartet. Es handelt sich dabei um soziale Konventionen (z. B. sollen Kinder höflich sein) und Vorstellungen darüber, was ein gutes Leben oder was moralisch wichtig ist (z. B. soll man die Wahrheit sagen). Obwohl Werte in der Gesellschaft also große Beachtung finden, ist die Jugend im Bezug auf Wertorientierungen tief verunsichert. Die moderne Welt bietet den jungen Menschen ein Überangebot an Weltanschauungen und Identifikationsmustern. „Werte, die mit verschiedenen Religionen verbunden sind, haben viel von ihrem Einfluß verloren [...].“1Die Globalität und Pluralisierung der Gesellschaftsordnung führen zu einer Relativierung der traditionellen Normen und Wertsysteme. Zugleich nehmen die zum Teil gegensätzlichen Anforderungen und der Leistungsdruck zu und zwingen den jungen Menschen, aus dem Angebot der bestehe nden, oft widersprüchlichen Werte zu wählen und seine eigene soziale Identität ohne Anleitung zu konstruieren. In dieser Situation ist es nicht erstaunlich, wenn Kinder überfordert resignieren und sich zu selbstgefälligen Widersachern ohne Antrieb und Moral entwickeln. Menschen, die in ihren Berufen mit Kindern oder Jugendlichen arbeiten, haben immerwenn auch in vielen Fällen unbewusst - Einfluss auf deren moralische Entwicklung. Ihre Reaktionen auf das Sozialverhalten anderer beinhalten stets eine moralisch relevante Erfahrung für die Kinder.2„Soll dieser Einfluß bewußt zur Unterstützung sozialer und moralischer Kompetenzen eingesetzt werden, ist grundlegendes psychologisches Wissen erforderlich, das helfen kann, Konzeptionen der moralischen Erziehung auf ihre Angemessenheit hin zu überprüfen.“3Im Folgenden soll deshalb die Theorie der Entwicklung moralischer Urteilsfähigkeit vonLawrence Kohlberg,die seit Jahrzehnten in der Entwicklungspsychologie

1Carl R. Rogers: „Weg von den moralischen Konditionierungen - zurück zur Weisheit des Organismus“, in:

Moralische Entwicklung und Erziehung,Braunschweig 1983, S. 68.

2Beobachtungslernen spielt in der Entwicklung eines Kindes eine entscheidende Rolle vgl. Robert M. Liebert;

Rita Wicks Poulos: „Das Fernsehen als Medium moralischer Erziehung“, in:Moralische Entwicklung und

Erziehung,Braunschweig 1983, S. 42-68

3Fritz Oser; Wolfgang Althof:Moralische Selbstbestimmung: Modelle der Entwicklung und Erziehung im

Wertebereich.Stuttgart11992, S. 12f..Anita Glunz

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maßgeblich ist, vorgestellt werden. Vorweg sollen jedoch einige Definitionen und Begriffsklärungen, das weite Feld von ‘Moral’ und ‘Moralerziehung’ eingrenzen und die Voraussetzungen fürKohlbergsTheorienbildung genannt werden. Im Anschluss sollen die Ergebnisse ausgewertet und im dritten Kapitel für ein Modell einer Unterrichtsstunde fruchtbar gemacht werden. Neben einigen ergänzenden Ansätzen der moralischen Selbstbestimmung, soll mit einem Blick auf eine Dilemmageschichte im Religionsunterricht der Bogen zu einer christlichen Moral gespannt werden.

1.1 Was ist mit ‘Moral ’ und ‘moralischer Erziehung’ gemeint?