Mr Next Door - Vi Keeland - E-Book

Mr Next Door E-Book

Vi Keeland

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Beschreibung

Nach der Scheidung von ihrer Highschool-Liebe ist Val mit 37 Jahren wieder allein. Höchste Zeit für ein Abenteuer, findet ihre beste Freundin Eve und meldet sie kurzerhand bei einer Dating-Plattform an. Val sträubt sich zunächst, findet dann aber Gefallen am Chat mit einem sympathischen Unbekannten und lässt sich zu einem Treffen überreden. Zu ihrem Entsetzen taucht Ford auf: Er ist der Sohn ihrer Nachbarn auf Long Island, wo Val jeden Sommer verbringt. Und er ist über zehn Jahre jünger als sie. Für Val ein absolutes Tabu. Doch die Anziehungskraft zwischen ihr und Ford ist so groß, dass sie sich auf eine Affäre mit ihm einlässt – die nach dem Sommer unbedingt enden muss …

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Seitenzahl: 425

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Buch

Val ist mit 37 Jahren viel zu jung, um allein zu sein. Das findet zumindest ihre beste Freundin Eve und meldet sie kurzerhand bei einer Datingplattform an. Val, die ihren mittlerweile 19-jährigen Sohn Ryan an der Highschool bekommen hat und frisch von dessen Vater geschieden ist, sträubt sich zunächst. Nach und nach findet sie aber Gefallen am sexy Chat mit einem zwölf Jahre jüngeren Mann. Als dieser sie zu einem Treffen überredet, taucht zu ihrem Entsetzen Ford auf – der Nachbarssohn aus Montauk, wo Val ein Ferienhaus besitzt und jeden Sommer verbringt. Als Teenager war Ford Ryans Babysitter und ist somit ein absolutes Tabu. Doch Ford ist zu einem Mann herangewachsen – und zwar einem ziemlich heißen Mann, der weiß, was er will. Die Anziehungskraft zwischen den beiden ist so groß, dass Val sich schließlich in Montauk auf eine Affäre mit ihm einlässt, die nach dem Sommer unbedingt enden muss …

Weitere Informationen zu Vi Keeland

sowie zu lieferbaren Titeln der Autorin

finden Sie am Ende des Buches.

Vi Keeland

Mr Next Door

Roman

Aus dem Amerikanischen

von Babette Schröder

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2019 unter dem Titel »All Grown Up«.

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Dataminings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Deutsche Erstveröffentlichung Juli 2024

Copyright © der Originalausgabe 2019 by Vi Keeland

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2024

by Wilhelm Goldmann Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlaggestaltung: UNO Werbeagentur, München

Umschlagmotive: FinePic®, München

Redaktion: Antje Steinhäuser

MR · Herstellung: ik

Satz: KCFG – Medienagentur, Neuss

ISBN 978-3-641-31471-2V001

www.goldmann-verlag.de

Das Alter ist eine Frage der Geisteshaltung.

Wenn man sich nicht darum schert, spielt es auch keine Rolle.

– Mark Twain

1. Kapitel

Valentina

Tanga kaufen.

Ich rieb mir die Augen und beugte mich zu dem Post-it vor, das am Lampenschirm neben der Couch klebte, auf der ich eingeschlafen war. Ich musste mich verlesen haben.

Nein. Dort stand Tanga kaufen. Alles klar. Aber das war nicht meine Handschrift. Lächelnd zog ich den gelben Zettel von dem verspielt wirkenden Lampenschirm mit den Quasten ab, der sich dabei zur Seite neigte. Unwillkürlich streckte ich die Hand aus, um ihn geradezurücken, überlegte es mir dann jedoch anders. Ryan hatten ein schiefer Lampenschirm oder ein schiefes Bild verrückt gemacht, und ich freute mich wieder einmal, dass wir geschieden waren.

Wenn ich es mir recht überlegte, hatte mein Ex-Mann diese Lampe vom ersten Moment an gehasst, als ich sie mit nach Hause brachte. Ganz pflichtbewusste Ehefrau, ließ ich sie daraufhin im Gästezimmer verschwinden. Am Tag nach Ryans Auszug hatte ich sie entstaubt und ins Wohnzimmer gebracht und dazu ein paar farblich passende Fransenkissen besorgt, die er ebenfalls gruselig finden würde.

Als ich aufstand, hämmerte es in meinem Kopf. Igitt. Ein Weinkater. Ich tappte in die Küche, um mir einen dringend benötigten Kaffee zu kochen und zwei Ibuprofen einzuwerfen. Auf dem Weg dorthin fand ich einen weiteren Zettel – diesmal an der Haustür.

Anmelden bei Match.com.

Ich zog den gelben Zettel ab und zerknüllte ihn zusammen mit der Tanga-Notiz. Gestern Abend war meine beste Freundin Eve zum Filmabend hier gewesen. Einmal im Monat tranken wir zusammen eine Flasche Wein (oder auch zwei) und sahen uns Filme an. Das taten wir schon seit dem letzten Jahr auf der Highschool – mehr Jahre, als ich so früh am Morgen zusammenzählen wollte.

Alle meine Freunde wussten, dass ich eine leichte Obsession für Haftnotizen hatte. Meist klebten quadratische Zettel mit anstehenden Aufgaben an meiner Haustür, am Badezimmerspiegel, am Armaturenbrett meines Autos … einfach überall. Nachdem ich etwas erledigt hatte, zerknüllte ich den Zettel; das gab mir das Gefühl, dass ich etwas geschafft hatte. Derzeit klebten die Zettel überall – viermal so viele wie sonst –, weil ich sie nutzte, um mich auf die Prüfung zur Italienischlehrerin vorzubereiten. Überall im Haus klebten Post-its mit übersetzten Sätzen.

Offenbar hatte sich meine beste Freundin davon animiert gefühlt, bevor sie mich gestern Abend ohnmächtig auf der Couch zurückließ.

Sex haben klebte am Kühlschrank. Wenigstens las ich ihre To-do-Liste in der richtigen Reihenfolge – ich brauchte einen Tanga und Match.com, um meinem zölibatären Ich etwas Action zu verschaffen.

Erst Stunden später entdeckte ich den letzten von Eves Zetteln. An einem am Badezimmerspiegel stand: Brunch mit meiner fantastischen besten Freundin. Sonntag um zwölf, Capital Grille auf der 72sten.

»Du solltest mit Liam ausgehen.«

Jeden zweiten Sonntag gingen Eve und ich in ein anderes Restaurant, um die Konkurrenz zu studieren. Ihr gehörte ein französisches Bistro an der Upper East Side, und in neuen Läden nahm sie sich gerne die Speisekarte vor und prüfte die Preise – heute schien sie allerdings noch mehr auszukundschaften.

»Liam? Du meinst unseren Kellner?«

»Yep.«

»Wie alt ist er, zwanzig?«

Eve führte ein mit rosa Flüssigkeit gefülltes Martiniglas an die Lippen. »Ich habe Vibratoren, die älter sind als er.« Sie nippte. »Aber er ist schon volljährig. Und vermutlich könnte ich die Dinger wegwerfen, wenn ich ihn mit nach Hause nehme. Ich wette, er ist in der Lage, auf Kommando eine Erektion zu bekommen.« Eve schnippte mit den Fingern. »Werde hart, Liam.«

Ich kicherte. »Wenn du den jungen Mann mit nach Hause bringst, müsstest du Tom wahrscheinlich rauswerfen.«

»Bring mich nicht auf dumme Gedanken. Gestern Abend ist er um acht im Sessel eingeschlafen. Was für eine Freundin lässt ihre beste Freundin einen alten Mann heiraten?«

»Als ob dich irgendjemand hätte aufhalten können, selbst wenn wir gedacht hätten, die Heirat mit Tom wäre ein Fehler. Was es nicht war. Außerdem, wer zum Teufel würde es sonst mit dir aushalten? Wir waren alle dankbar, dass du nicht als alte Jungfer sterben würdest.«

»Apropos alte Jungfer …«

»Fang gar nicht erst damit an.«

»Bist du schon mit Mark ausgegangen?«

»Mark und ich sind nur Freunde.«

»Und er will dich vögeln.«

»Die Tinte auf meinen Scheidungspapieren ist kaum getrocknet.«

»Es ist demnächst anderthalb Jahre her.«

Im Ernst? Januar, Februar, März, April … O je. Wo ist nur die Zeit geblieben?

»Achtzehn Monate sind keine lange Zeit.«

»Davor wart ihr bereits zwei Jahre lang getrennt. Wann hattest du das letzte Mal guten Sex?«

»Wir haben doch gerade noch über dich gesprochen, wie sind wir jetzt auf mein Sexleben gekommen? Oder mein nicht vorhandenes Sexleben? Schon wieder.«

Eve wollte mich schon zum Daten überreden, kaum dass Ryan seinen Krempel in den Umzugswagen geladen hatte. Sie meinte es gut. Aber in letzter Zeit hatte sich ihr leichtes Stupsen zu einem regelrechten Drängen gesteigert.

Sie ignorierte meinen Versuch, das Thema zu wechseln. »Wie lange? Zweieinhalb Jahre, Val?«

»Eigentlich.« Ich stocherte mit der Gabel in den Nudeln auf meinem Teller. »Wenn wir von gutem Sex sprechen, dann sind es leider eher zehn Jahre. Ryan war zum Ende hin nicht gerade leidenschaftlich.«

Der sehr gut aussehende (und sehr junge) Kellner kam zurück an unseren Tisch. »Kann ich den Damen noch etwas bringen?«

Dabei sah er mir in die Augen. Ich mag vielleicht nicht ganz auf dem neuesten Stand sein, was das Daten angeht, aber ich könnte schwören, dass er mit ihr flirtete.

»Ein Dessert? Etwas Süßes, vielleicht?«

Er ist wirklich hinreißend. »Ähm … ich bin eigentlich ziemlich voll. Aber danke.«

»Das geht auf mich. Darf ich dich nicht ein bisschen in Versuchung führen? Lass dich überraschen. Man weiß ja nie, manchmal reicht eine kleine Kostprobe, um den Appetit wieder anzuregen.«

Ich blickte auf seine Unterarme – sehnig und tätowiert. Das kannst du laut sagen. »Ähm … klar. Vielleicht nehme ich eins für Ryan mit nach Hause.«

Das Lächeln des Kellners verschwand, kurz bevor er selbst verschwand.

»Warum zum Teufel hast du das getan?«, schimpfte Eve.

»Was?«

»Du hast einem Kerl gegenüber, der dich angebaggert hat, den Namen eines anderen Mannes erwähnt.«

»Ich meinte Ryan, meinen Sohn – er kommt vielleicht dieses Wochenende vom College nach Hause –, und nicht meinen arschigen Ex-Mann.«

»Das wusste ich. Aber der heiße Kellner wusste es nicht.«

»Und? Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich mich mit einem Zwanzigjährigen einlasse, oder?«

»Warum nicht? Du musst ihn ja nicht gleich heiraten. Du musst nur wieder ausgehen, Val.«

»Ich gehe aus. Ich habe nur noch niemanden kennengelernt.«

Ich sah Eve deutlich an, dass sie mir das nicht abnahm. Und zu Recht. Seit meiner Scheidung hatte ich nicht einmal versucht, jemanden kennenzulernen. Offen gestanden machte mir die Vorstellung Angst. Das letzte Date hatte ich in der achten Klasse, als Jimmy Marcum mich zum Abschlussball der Middle School mitnahm. Mein Ex-Mann Ryan und ich waren seit der Highschool zusammen gewesen.

»Es stresst mich, jemanden zu daten. Eigentlich hab ich das noch nie gemacht.« Da ich spürte, dass ich niesen musste, nahm ich die Serviette von meinem Schoß. »Hatschi!«

»Gesundheit.« Sie beugte sich vor und legte ihre Hand auf meine. »Ich weiß, Süße. Aber je länger du damit wartest, wieder damit anzufangen, desto schwieriger wird es. Du machst dir zu viele Gedanken.«

Wir bezahlten die Rechnung und gingen untergehakt zu unseren Autos. Als wir bei meinem Volkswagen Routan ankamen, schüttelte Eve den Kopf.

»Du musst dir ein anderes Auto anschaffen.«

»Wie bitte? Warum?« Mein silberner SUV war gut in Schuss. »Volkswagen ist doch cool.«

»Ja. Der, mit dem Lara Meyers älterer Bruder zur Highschool fuhr, war cool. Ein Hippie-Bus oder ein kleines Käfer Cabrio, vielleicht. Das Ding da … ist ein Minivan. Es sieht aus, als würdest du damit eine Horde Kinder zum Fußballtraining fahren, bevor du zu Hause für deinen Mann das Abendessen kochst.«

»Genau dazu habe ich es benutzt.«

»Ja, Vergangenheit. Du hast dieses Ding seit zehn Jahren. Meine Güte, dein Sohn fährt seit fast drei Jahren sein eigenes Auto. Ich glaube nicht, dass du den Minivan noch brauchst, um ihn zum Training zu bringen.«

»Egal. Es ist nur ein Auto.«

»Wollen wir morgen ins Kino gehen?«

»Ich kann nicht. Morgen trifft sich unsere Arbeitsgruppe zum Lernen, die Prüfung ist bald.«

»Dann sehen wir uns nächsten Samstag?«

Ich blinzelte.

»Du kommst doch zu unserem Memorial-Day-Barbecue.«

»Wow, ist es schon Ende Mai? Ich glaube, mein Terminkalender ist bis Juni voll.«

Eve küsste mich auf die Wange. »Klugscheißer.«

Sie ging zu ihrem Auto, das ein paar Plätze weiter geparkt war. »Übrigens habe ich für den scharfen Kellner deine Telefonnummer auf die Rückseite der Rechnung geschrieben«, rief sie mir über die Schulter zu und schloss ihren BMW auf. »Bis dann, Valentina. Viel Spaß.«

So wie sie mich angrinste, als sie winkend an mir vorbeifuhr, wusste ich nicht, ob sie einen Scherz machte oder es ernst meinte.

Gott, hoffentlich war es nur ein Scherz.

Als ich am nächsten Morgen mein Handy einschaltete, hatte ich zwei verpasste Anrufe von einer unbekannten Nummer und eine Nachricht von Mark.

Mark:

Chinesisch oder Italienisch heute Abend?

Unsere Arbeitsgruppe, die sich immer samstagabends traf, fand diesmal bei Mark statt, und der Gastgeber sorgte für das Abendessen. Er wohnte wie ich in Edgewater. Desiree und Allison, die anderen beiden in unserer Vierergruppe, lebten auf der anderen Seite des Flusses, in Manhattan.

Valentina:

Du weißt doch, dass mein Mädchenname Di Giovanni ist, oder? Ich würde niemals Moo Shu Fleischbällchen vorziehen.

Mark:

Di Giovanni also? Das ist viel sexier als Davis. Du solltest ihn benutzen. Passt besser zu dir. Dann also Italienisch. Bis fünf.

Er war wirklich ein netter Kerl. Es wäre nicht schwierig, aus einer Freundschaft mehr werden zu lassen. Wir hatten viel gemeinsam – wir waren beide geschieden, hatten Kinder im gleichen Alter und uns spät für einen Wechsel zum Lehrerberuf entschieden. Aber ich stand einfach nicht auf ihn. Allerdings hatte ich mir nicht die Mühe gemacht, es auszuprobieren, auch wenn ich mir ziemlich sicher war, dass er auf mich stand. Genau wie Eve.

Während ich mir meinen Morgenkaffee einschenkte, vibrierte mein Telefon. Unbekannter Anrufer. Hmm … das dritte Mal seit gestern Abend. Ich lehnte den Anruf ab und schrieb eine Nachricht an Eve.

Valentina:

Hast du dem Kellner gestern Abend wirklich meine Nummer gegeben?

Sie antwortete, nachdem ich die erste Dosis Koffein intus hatte.

Eve:

Nein. Aber vielleicht habe ich deine Telefonnummer versehentlich jemand gegeben.

Valentina:

Versehentlich? Wie kann man jemandem versehentlich eine Telefonnummer geben?

Eve:

Versprich mir, dass du nicht böse wirst.

Anstatt noch eine weitere Nachricht zu schreiben, rief ich sie an. »Was hast du getan?«

»Fangen wir damit an, was ich nicht getan habe.«

»Okay …«

»Ich habe dem Kellner deine Nummer nicht gegeben.«

»Das sagtest du schon.«

»Ich weiß. Aber ich hätte es tun können, und du sollst wissen, dass ich deine Telefonnummer nie absichtlich herausgeben würde.«

Wenn Eve versuchte, mir etwas schonend beizubringen, wusste ich, dass es keine Kleinigkeit war. »Was hast du getan?«

»Ich habe deine Telefonnummer versehentlich bei Match.com eingegeben.«

»Du hast WAS?«

»Ich wollte sie nicht veröffentlichen. Ich dachte, das Ganze wäre noch offline, aber die Einstellung war falsch. Grün bedeutet Freischalten. Rot bedeutet Stopp. Wer zum Teufel programmiert eine Website so, dass Rot Ja bedeutet?«

»Was redest du da? Ich habe nicht einmal einen Match.com-Account.«

»Na ja … jetzt schon.«

Mir wurde mulmig. »Bitte sag, dass du das nicht getan hast.«

»Hab ich nicht.« Sie hielt inne, und ich war kurz erleichtert. Dann fuhr sie fort. »Ich wollte … das nicht.«

»Was hast du getan?«

»Ich hab dich gestern Abend, als ich nach Hause kam, bei Match.com angemeldet. Ich habe dir ein Profil eingerichtet, aber ich wollte es nicht hochladen. Zumindest nicht sofort. Ich dachte, wenn ich es dir leicht mache, lässt du dich vielleicht auf einen Versuch ein. Ich wollte beim Barbecue mit dir darüber sprechen.«

»Du wolltest es eigentlich nicht hochladen. Das heißt, du hast es veröffentlicht?«

»Das ist nicht das Schlimmste.«

»Was könnte schlimmer sein?«

»Weil ich dachte, der Account sei offline, habe ich ihn mit einem Scherzstatus versehen. Nur zum Spaß, wenn ich ihn dir zeige.«

O Gott!

Ich lief zu meinem Laptop und klappte ihn auf. »Was steht da?«

»Entspann dich. Ich habe das Profil nach einer Stunde wieder heruntergenommen. Aber bis dahin hatte es schon eine Menge Aufmerksamkeit erregt. Mir wurde klar, was passiert war, als auf dem E-Mail-Account, den ich extra dafür eingerichtet habe, alle zwei Minuten eine Nachricht einging.«

»Was stand da?« Inzwischen kreischte ich.

»Da stand: Siebenunddreißigjährige, geschiedene Mutter eines Kindes sucht Gelegenheitsfick, um sich wieder aufs Daten einzustimmen.«

»Bitte sag, dass das ein Scherz ist!«

»Ich wünschte, es wäre so.«

Eine Woche später schien sich mein Telefon beruhigt zu haben. Eines Abends, als ich mit einem Glas Wein auf der Couch saß, brachte ich sogar den Mut auf, mir das Profil anzusehen, das Eve für mich eingerichtet hatte.

Etwas, das du schon immer tun wolltest: Nach Italien fahren.

Lieblingsfarbe: Pink. Nicht Zuckerwatte- oder Erdbeereisrosa. Fuchsia. Je knalliger, desto besser.

Lächelnd nippte ich an meinem Wein. Genau das würde ich sagen. Eve kannte mich gut.

Beliebtes Zitat:Una cena senza vino e come un giorno senza sole.

Mein Lächeln wurde breiter. Sie hatte es tatsächlich richtig geschrieben. Ein Essen ohne Wein ist wie ein Tag ohne Sonnenschein. Das war das Lieblingszitat meines Vaters gewesen. Als er starb, ließ ich zwei Holzschilder anfertigen – eines für meine Küche und eines für die meiner Mutter.

Körperliche Beschreibung: Eins achtundsechzig, schlanke Taille, ober- und unterhalb davon kurvig. Olivenfarbene Haut, lange dunkle Locken, die ich zwanghaft glätte, auch wenn sie toll sind, und blaue Augen, das Einzige, was meine Mutter mir vererbt hat. Meine beste Freundin sagt, ich soll schreiben: »Du wirst zweimal hinschauen. Versprochen.«

Alter: Neunundzwanzig (plus acht, aber wer zählt schon mit?)

Wen ich suche: Mr. Right, ist doch klar.

Mein idealer Partner ist: Zwischen achtundzwanzig und achtunddreißig Jahre alt. Groß. Klug. Lustig. Liebt es zu reisen. Kann tanzen (weil ich es nicht kann). Nimmt beim Autofahren die landschaftlich reizvolle Route. Hat einen ausgezeichneten Geschmack. Heißt nicht Ryan. Hat einen lustigen Spitznamen. (Spitznamen wie Cunnilingus King kommen ganz oben auf den Stapel.)

Sie hatte ein paar Bilder von mir gepostet. Jedes war mit einer Unterschrift versehen. Das erste zeigte mich im Bikini, wie ich vom Sprungbrett eine Arschbombe in Eves Swimmingpool machte. Meine Haare flogen in die Luft, ich hatte die Knie angezogen und hielt mir die Nase zu. Man konnte nicht mein ganzes Gesicht sehen, aber an dem Profil war zu erkennen, dass ich lachte. Das Bild war lustig. Ich hätte es nicht ausgesucht, aber es hatte viel Persönlichkeit, und es gefiel mir. Darunter hatte sie geschrieben: Keine Angst vorm Fliegen.

Das zweite Bild war bei Ryans Abschlussfeier von der Highschool aufgenommen worden. Ich trug ein schwarz-weiß geblümtes Sommerkleid mit einem Neckholder-Top, in dem meine Brüste größer wirkten, als sie eigentlich sind. Auf dem Kopf hatte ich einen breitkrempigen weißen Sonnenhut, und da es an jenem Tag sehr windig war, hielt ich die Krempe nach unten. Sie verdeckte fast mein ganzes Gesicht, nur meine leuchtend rot geschminkten Lippen waren zu erkennen und dass ich von einem Ohr zum anderen grinste. Die Unterschrift zu diesem Bild lautete: Ich als stolze Mutter.

Die letzte Aufnahme zeigte Eve und mich auf der Highschool. Es musste in der neunten oder zehnten Klasse aufgenommen worden sein, denn ich war noch nicht schwanger. Wir hatten die Arme umeinander gelegt und trugen zueinander passende Outfits. Darunter hatte sie geschrieben: Dieselbe beste Freundin seit fast zwanzig Jahren.

Ich überarbeitete ein paar der verrückten Sachen, die Eve in mein Profil geschrieben hatte, lud es aber nicht hoch. Anschließend ging ich zum Kühlschrank und schenkte mir ein drittes Glas Wein ein. Als ich die Tür schloss, fiel ein Magnet auf den Boden. Der Zettel, den er gehalten hatte, schwebte durch die Luft und landete vor meinen Füßen. Ich hob ihn auf und überflog ihn. Es war eine Liste, die Eve vor ein paar Wochen bei einem unserer Filmabende erstellt hatte. Der Titel war großgeschrieben und unterstrichen: Vals Liste mit dem Titel »Jetzt bin ich dran!« Die ersten Einträge waren in ihrer Handschrift notiert. Es fing ganz harmlos an …

Lehrerin werdenNach Rom reisenEinen riesigen Garten nur mit Blumen anlegenTanzunterricht nehmenAuf einen Ball gehenSurfen lernenEin Musikfestival besuchenMeinen Weihnachtsbaum bis März stehen lassenEinen Mops anschaffen

Das alles hatte ich tun wollen, es aber nicht getan, weil Ryan dagegen gewesen war – noch mal studieren, nach Europa reisen, einen Garten anlegen, nur des Blumenduftes wegen, einen Hund anschaffen. Wir hatten einen Garten hinter unserem Haus, aber mein Ex-Mann hatte Gemüse in ihm gezüchtet. Er hielt es für Verschwendung, Blumen zu pflanzen, wenn niemand sie sehen konnte. Und der Baum – ich liebte es, den Weihnachtsbaum aufzustellen. Es hat einfach etwas, wenn man morgens im Dunkeln die Treppe herunterkommt und der Baum das Wohnzimmer erhellt. Aber Ryan hasste Dekorationen – er bezeichnete sie als Gerümpel und bestand stets darauf, dass unser Baum am 26. Dezember entsorgt wurde. Wenn es nach mir ginge, würde ich ihn das ganze Jahr über stehen lassen. Außerdem hatte ich einen Hund haben wollen, einen Mops, um genau zu sein. Aber Ryan behauptete, er sei allergisch, obwohl es unter unseren Freunden viele Hundebesitzer gab und er bei ihnen keine Probleme zu haben schien.

Im Laufe meiner Ehe hatte ich meine Wünsche immer weiter zurückgestellt. Und genau darum ging es bei der Liste, die Eve für mich angefangen hatte – jetzt lag die Entscheidung bei mir. Ich war dran.

Während die ersten Punkte auf der Liste noch harmlos waren, wurden sie immer interessanter, je weiter der Abend voranschritt – und nachdem die zweite Weinflasche leer war.

Einfach so sexy Unterwäsche unter meiner Kleidung tragenSieben Männer in sieben Nächten datenSex an einem öffentlichen Ort haben, an dem ich erwischt werden könnteEin One-Night-Stand – ohne Namen zu tauschenAnalsex

Ein Dreier war durchgestrichen, nachdem Eve und ich eine Zeit lang Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen hatten.

Ich faltete den Zettel zusammen und steckte ihn in meine Handtasche. Das war das Letzte, was mein Sohn vorfinden sollte, wenn er diesen Sommer nach Hause kam. Ich kehrte mit meinem gefüllten Weinglas auf die Couch zu meinem Laptop zurück und starrte eine Weile auf den Bildschirm. Match.com. Während ich an meinem Wein nippte, scrollte ich durch die Fotos, die Eve eingestellt hatte. Auf keinem war mein Gesicht zu sehen – wenn ich es einfach hochlud und mich ein bisschen umsah, würde es niemand mitbekommen. Und wenn ich auch nur die Hälfte der Dinge auf meiner Liste erledigen wollte, musste ich wohl mit einem Date anfangen.

Ich wusste nicht, ob es daran lag, dass mich die Liste an alles erinnerte, was ich nicht getan hatte, oder ob der Wein schuld war. Oder vielleicht … nur vielleicht, war es auch einfach an der Zeit. Jedenfalls tat ich etwas, das ich nicht für möglich gehalten hatte … ich ging in meinem Profil auf »Hochladen«.

Scheiß drauf. Jetzt bin ich dran.

2. Kapitel

Ford

Meine Assistentin hatte einen ziemlich scharfen Hintern.

»Wie zum Teufel kannst du hier nur arbeiten?« Logan folgte Esmée, die hüftschwingend das Büro verließ, mit seinem Blick und schwang den Kopf im Einklang mit ihrem Hinterteil.

Ich konnte es ihm nicht verdenken. Das verdammte Ding war ein Kunstwerk. Voll und kurvig – heute war es von rotem Stoff umhüllt, der sich eng um den Körper schmiegte – ein perfektes, auf dem Kopf stehendes Herz. Als Logan den Kopf nach rechts neigte, sodass er fast seine Schulter berührte, wusste ich, dass er dieses Herz im Geiste umkehrte.

Esmée erreichte die Tür und drehte sich mit einem koketten Lächeln noch einmal zu uns um. »Kann ich noch etwas für Sie tun, Mr Donovan? Mr Beck?«

»Alles in Ordnung. Danke, Esmée.«

Da Logan nun einmal Logan war, konnte er natürlich nicht die Klappe halten.

»Muss ich hier arbeiten, um Sie jeden Morgen mit diesem Akzent Mr Beck sagen zu hören?«

Esmée war erst kürzlich von Paris nach New York gezogen. Ihr starker französischer Akzent steigerte ihre sexy Ausstrahlung von einer Zehn auf eine dicke Elf plus. Ich hätte sie nicht bitten sollen, mir Kaffee zu bringen, wenn Logan in der Nähe war.

»Ignorieren Sie meinen Freund. Er kommt nicht oft in Kontakt mit anderen Menschen. Würden Sie bitte die Tür hinter sich schließen?«

Nachdem Esmée weg war, nahm ich ein Blatt Papier von meinem Schreibtisch, knüllte es zusammen und warf es nach Logan. »Hör auf, meine Mitarbeiterin anzumachen, du Dumpfbacke. Sonst werde ich noch wegen Belästigung am Arbeitsplatz verklagt.«

»Sag mir nicht, dass du es bei ihr nicht auch schon versucht hast.«

»Ich tauche meinen Stift nicht in die Firmentinte.«

»Seit wann? Als ich das letzte Mal in deinem Büro war, hast du die Rothaarige aus dem Controlling mit den verdammt sexy Schuhen gevögelt. Und wenn ich mich nicht irre, auch ihre Cousine – zur gleichen Zeit, du Glückspilz.«

»Das ist schon lange her. Seitdem bin ich reifer geworden.«

Logan wippte mit dem Stuhl nach hinten und grinste. »Ich vergaß. Stimmt ja. Die Empfangsdame, Mrs Reif. Wie war noch mal ihr Name? Rita? Rosie? Ruth?«

»Ruby. Und erinnere mich nicht daran. Das hat mich ein kleines Vermögen gekostet.«

»Für das, was diese Frau dir gegeben hat, hätte ich locker ein kleines Vermögen bezahlt.«

»Nur dass du kein kleines Vermögen hast, du Knalltüte.«

Vor ein paar Jahren hatte ich eine schwere Zeit durchgemacht, ich konnte nicht mehr klar denken. Meine Empfangsdame hatte gefilmt, wie sie mir unter meinem Schreibtisch einen Blowjob gab. Ich ahnte nicht, dass das Ganze eine Falle war. Sie hatte an zwei unterschiedlichen Positionen Kameras aufgestellt und mir gesagt, ich solle so tun, als wäre ich ein genervter Chef, der seiner Sekretärin Anweisungen erteilt. Bis dahin hatte ich keine Erfahrung mit Rollenspielen und fand die Vorstellung scharf.

Bis sie mir eine Kopie des Videos zeigte und drohte, mich wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zu verklagen. Mein Anwalt überzeugte mich, einen Vergleich zu schließen, bevor die Sache vor Gericht ging. Das war eine Lektion in Sachen Erwachsenwerden, die man mir auf dem College nicht beigebracht hatte.

»Wie sieht unser Plan für die nächste Woche aus?«, fragte Logan.

»Um sechs bei mir. Eine Haltestelle der Linie C ist einen Block nördlich auf der Einundachtzigsten.«

Jedes Jahr trafen wir uns mit unseren Collegefreunden zu einer Kneipentour. Wir fingen früh an und besuchten an jeder Haltestelle entlang einer U-Bahn-Linie eine andere fußläufig erreichbare Bar. Eine Stunde pro Bar. Zehn Haltestellen, zehn verschiedene Bars. Meist machten die anderen an der fünften Haltestelle schlapp. Nur Logan und ich hielten jedes Mal bis zum Ende durch. Ich trank immer Wasser zwischen den Drinks und hielt so länger durch. Und Logan, tja, der war nicht so konservativ. Aber er konnte mehr Drinks vertragen als jeder andere, den ich kannte.

»Was hältst du davon, wenn wir irgendwo schon mal ein bisschen vorglühen? Im O’Malley’s?«

Ich checkte auf meinem Handy die Uhrzeit. »Es ist halb elf Uhr morgens.«

Logan zuckte mit den Schultern. »Und?«

»Ich muss arbeiten, und du musst jetzt verschwinden. In zehn Minuten habe ich ein Meeting.«

»Hier zu sitzen und dir von diesem Persianerkätzchen Kaffee bringen zu lassen, nennst du arbeiten?«

»Eine Frau aus Paris ist eine Pariserin, keine Perserin, du Trottel. Und nicht alles ist so einfach, wie es aussieht.«

Er zuckte mit den Schultern und stand auf. »Wie du meinst. Drinks heute Abend?«

»Kann nicht. Ich hole Bella ab.«

»Annabella. Wie geht’s deiner kleinen Schwester?«

»Sie ist nicht mehr so klein. Sie war für ein Auslandssemester in Madrid. Heute Abend kommt sie zurück, und ich habe versprochen, sie vom Flughafen abzuholen.«

»Sie ist schon auf dem College?«

»Schon bald im zweiten Jahr. Neunzehn.«

»Verdammt. Sie war schon immer ein süßes kleines Ding. Volljährig ist sie bestimmt ganz schön scharf.«

»Denk nicht mal dran, Arschloch.«

Logan streckte mir grinsend die Hand hin, und ich ergriff sie. »Dann also nächste Woche, mein Hübscher?«

Die Gegensprechanlage summte, und Esmées Stimme meldete sich. »Ford, Mrs Peabody ist in der Leitung für Sie.«

Logan legte die Stirn in Falten. »Peabody? Redest du immer noch mit dieser Verrückten?«

»Sie ist nicht verrückt … nur exzentrisch.«

»Exzentrisch ist nur die höfliche Umschreibung für verrückt.« Logan schüttelte den Kopf. »Manchmal mach ich mir Sorgen um dich. Ich glaube, du könntest genauso verrückt sein wie sie.«

»Raus hier, Blödmann. Und belästige auf dem Weg nach draußen nicht meine Empfangsdame.«

Es lohnte sich nicht, das Büro zu verlassen und ganz nach Upper Manhattan zu meiner Wohnung zu fahren, nur um dann um zehn Uhr wieder zurück nach Downtown und zum Flughafen zu kurven. Ich hatte hier ohnehin genug zu tun, ich könnte mich tagelang beschäftigen. Gegen sieben war die Etage so gut wie leer – nur die abendliche Putzkolonne und ich waren noch da. Ich hatte mir thailändisches Essen kommen lassen und setzte mich damit in den Aufenthaltsbereich mit Blick auf die Stadt, anstatt hinter meinem Schreibtisch zu bleiben.

Ich ließ mich auf die Ledercouch sinken, zog meine Schuhe aus und legte die Füße auf den Glastisch vor mir. Da ich noch ein paar Stunden Zeit hatte, sah ich meine E-Mails durch, während ich mit Stäbchen aus einem Pappkarton aß. Mein Posteingang war eine verdammte Katastrophe. Ganz gleich, wann ich nachsah, es gab immer dreihundert ungelesene E-Mails und unerledigte Aufgaben zu verwalten. Ich sortierte sie nach Datum und öffnete eine, die ich seit fast einer Woche gemieden hatte. Der Marketingleiter wollte mich davon überzeugen, eine halbe Million Dollar in eine Werbekampagne auf Match.com zu investieren.

Normalerweise stellte ich sein Urteil nicht in Frage – er hatte bereits fünfundzwanzig Jahre für meinen Vater gearbeitet. Aber ich war mir nicht so sicher, ob eine Datingwebsite der richtige Ort war, um für einen eleganten Workspace in Manhattan zu werben. Und das war ein ziemlicher Batzen Geld. Zudem kannte ich mich mit Onlinedating überhaupt nicht aus und wusste nichts über die Kaufgewohnheiten der Nutzer.

Nachdem ich das PowerPoint-Exposé gelesen hatte, klickte ich auf den Link auf der letzten Folie und beschloss, die Website zu testen. Ich brauchte etwa zehn Minuten, um ein Profil einzurichten. Als ich aufgefordert wurde, eine Suche zu starten, fühlte ich mich, als würde ich im Supermarkt nach den Zutaten für mein Lieblingsessen suchen – Interessen, Hintergrund, Größe, Typ. Ich fing an, mich darauf einzulassen und fügte Dinge wie meine Lieblingssprüche und meinen Lieblingsort hinzu, damit die Website mich mit Frauen mit ähnlichen Idealen zusammenbringen konnte.

Meine Suche ergab mehr als tausend Profile. Ich klickte ein paar an, und innerhalb von Minuten verschwammen die Gesichter vor meinen Augen. Jede Frau, die ich in der beliebten Bar des Monats gesehen hatte, musste auch ein Profil auf dieser verdammten Website haben.

Ich klickte noch ein wenig weiter und bemerkte, dass einige Anzeigen erschienen. Innerhalb weniger Minuten wussten die Betreiber, welche Art von Produkt mich interessieren würde. Bei Hobbys hatte ich unter anderem Wandern angegeben und bei Einkommen das Kästchen für über zweihundertfünfzig Riesen pro Jahr angekreuzt. Auf der linken Seite meines Bildschirms erschien eine Anzeige für einen hochwertigen Allwetterrucksack der Marke Patagonia für vierhundert Dollar. Diese Website kannte ihre Nutzer – wahrscheinlich sammelte sie mehr intime Details über sie als jede andere.

Nachdem ich den edlen blauen Rucksack erstanden hatte, ging ich zu meinen E-Mails zurück und gab dem Marketingleiter mein Okay.

Da ich keine Lust hatte, weiter E-Mails aufzuräumen, und es noch Stunden dauerte, bis ich Bella abholen musste, schränkte ich meine Suchkriterien bei Match.com ein und aktualisierte mein Profil. Bei der Alterskategorie starrte ich etwa zehn Minuten auf den Bildschirm.

Achtzehn bis vierundzwanzig?

Fünfundzwanzig bis einunddreißig?

Zweiunddreißig bis achtunddreißig?

Im reifen Alter von fünfundzwanzig war ich mit den Achtzehn- bis Vierundzwanzigjährigen fertig. Diese Spielchen hatte ich hinter mir, dafür fehlte mir die Geduld. Ich wollte eine Frau, die wusste, wer sie war, und nicht eine, die versuchte, es mir recht zu machen. Ich löschte das Kreuz im Kästchen achtzehn bis vierundzwanzig.

Das für die Altersgruppe der Fünfundzwanzig- bis Einunddreißigjährigen ließ ich stehen und fuhr mit dem Zeiger über das nächste Kästchen. Warum schloss ich eine tolle Zweiunddreißigjährige aus? Sie hatte mehr Erfahrung. Und wahrscheinlich weniger Unsinn im Kopf. Klick.

Nach all meinen Änderungen gab es nur noch etwa ein Dutzend Frauen, die ideal zu mir passen sollten. Die Nummern eins bis fünf schienen interessant zu sein, auf jeden Fall waren sie einen zweiten Blick wert. Dann klickte ich auf Nummer sechs – eine Frau aus New Jersey. Bei der Beschreibung ihres Profils musste ich tatsächlich laut lachen.

Neugierig geworden klickte ich auf ihre Bilder. Es waren nur ein paar, aber eines erregte meine Aufmerksamkeit. Es zeigte sie von der Seite, wie sie mit angezogenen Knien in einen Pool sprang. Ihr dunkles Haar flog hoch in die Luft, und der Teil ihres Gesichts, den ich sehen konnte, zeigte ein Lächeln. Auch wenn ich ihren Körper nicht richtig sehen konnte, da sie die Arme um die Knie geschlungen hatte, war zu erkennen, dass sie den Bikini an den richtigen Stellen ausfüllte. Und was noch besser war: Sie wirkte wie eine Frau, der Spaß wichtiger war, als ob sie sich Haare und Make-up im Pool ruinierte. Letzteres schien irgendwie den Frauen wichtig zu sein, die ich in letzter Zeit anzog, wenn ich ausging.

Als mein Telefon mich daran erinnerte, dass es Zeit war, Bella abzuholen, hatte ich fast zwei Stunden auf einer Datingwebsite vergeudet, von der ich nie gedacht hätte, dass ich sie einmal besuchen würde. Gerade wollte ich meinen Laptop herunterfahren, doch das letzte offene Fenster zeigte das Foto der Frau, die mit einer Arschbombe ins Wasser sprang. Wieder musste ich lächeln, bevor ich es schloss.

Mein Finger schwebte über dem Knopf, um meinen Mac auszuschalten, doch dann überlegte ich es mir anders und rief noch einmal die Datingwebsite auf.

Ich ging die Matches durch und suchte nach einer bestimmten Person. Als ich Val44 fand, sah ich mir erneut ihr Profil an.

Was soll’s? Warum nicht?

Viele Menschen nutzten Seiten wie diese.

Ich klickte auf die Schaltfläche unter ihrem Profil, um ihr mitzuteilen, dass ich interessiert sei.

»Hier ist es so langweilig.«

Ich schleppte die letzten Taschen meiner Schwester in die Wohnung und holte eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank. Für Ende Mai war es verdammt schwül.

»Manhattan? Ist langweilig? Das habe ich ja noch nie gehört.«

Bella verdrehte die Augen. »Ich meine nicht Manhattan. Ich meine deine Wohnung. Wie viel Spaß kann ich haben, wenn ich bei meinem Bruder wohne?«

»Wo solltest du denn sonst wohnen? Außerdem bist du nur den Sommer über hier, nicht für immer.« Gott sei Dank. Bella war vierzehn gewesen, als unsere Eltern vor fünf Jahren gestorben waren. Obwohl ich damals selbst erst zwanzig war, hatte ich keinen Moment gezögert, sie bei mir aufzunehmen und ihr Vormund zu werden. Aber ich musste zugeben, dass ich erleichtert war, als sie sich entschloss, aufs College zu gehen. Eine Vierzehnjährige zu erziehen war eindeutig einfacher als eine Neunzehnjährige.

»Im Sommerhaus. Ich fahre den Sommer über raus nach Montauk.«

»Ich kann nicht jeden Tag von dort pendeln.«

»Und? Wer hat dich gebeten zu pendeln? Ich meinte, ich verbringe den Sommer da draußen und du hier.«

»Kommt nicht in Frage.«

»Warum nicht?«

»Weil du dann ganz allein wärst, und das Haus hat keine Alarmanlage.«

»Wir reden von Montauk. Dort schließt niemand überhaupt seine Tür ab. Früher haben wir dort jeden Sommer verbracht. Montauk ist sicherer als Manhattan.«

»Woher weiß ich, dass du keine wilden Partys feierst?«

»Und wenn?«

»Du bist neunzehn, nicht einundzwanzig.«

Sie zog eine Braue hoch. »Und du hast nie getrunken oder eine Party geschmissen, bis du einundzwanzig warst?«

»Das ist etwas anderes.«

»Warum?«

»Darum.«

»Gott, Ford. Wann bist du zu Dad geworden?«

Auch wenn ich in das Strandhaus im Osten eine Alarmanlage einbauen lassen würde, war ich mir nicht sicher, ob Bella dort gut aufgehoben war. Seit wir Mom und Dad verloren hatten, waren wir nicht mehr dort gewesen. Wenn es einen Ort gab, der voller Erinnerungen an sie steckte, dann Montauk – Mom, die unsere Füße in der Außendusche abspritzte, Frühstück mit Dad auf der hinteren Terrasse. Dad, der still in der Tür lehnte und zusah, wie Mom in der Küche zur Musik tanzte. Wie er lächelte, wenn er sie ansah – dieser Gedanke kratzte an einer Wunde, die gerade erst zu heilen begonnen hatte.

Als unser Steuerberater vorschlug, das Haus zu vermieten, hatte ich die Idee nicht einmal in Erwägung gezogen. Lieber würde ich den Verlust für die Instandhaltung der Immobilie in Kauf nehmen, als Fremde in das Haus zu lassen.

Bella konnte nicht mit all diesen Erinnerungen umgehen. Im Grunde war ich mir nicht sicher, ob ich es konnte. Wahrscheinlich sollte ich das Haus einfach zum Verkauf anbieten.

»Komm schon, Ford. Weißt du, ich brauche eigentlich nicht deine Erlaubnis, um dorthin zu fahren. Ich kann den Jitney nehmen, während du bei der Arbeit bist.«

Natürlich hatte sie recht. Bella war über achtzehn und konnte jetzt gehen, wohin sie wollte. Das Einzige, womit ich sie in der Hand hatte, war Geld. Bis sie einundzwanzig wurde, verwaltete ich ihr Vermögen.

»Vielleicht können wir erst mal ein Wochenende dort verbringen?«, bot ich an.

»Du meinst, wir beide? Oh, wie romantisch. Klingt nach einem Riesenspaß.«

Ich seufzte. Das würde ein verdammt langer Sommer werden.