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Wenn in einer Familie offen über Erziehung, Freiheit, Gehorsam, Selbstbestimmung gesprochen würde, könnte sich herausstellen, daß nicht nur Minderjährige, sondern auch Mehrjährige ziemlich viel Unsinn denken. Und würde es wirklich ein Musterkind geben, so dürfte es diesen Unsinn nicht durchschauen. Die zwölfjährige Wonni ist so ein Musterkind. Sie gehorcht grundsätzlich aufs Wort. Daran können auch die aufrührerischen Reden ihrer Geschwister Robert und Elena nichts ändern. Im Gegenteil: Als diese wegen ihres Freiheitsdrangs in Schwierigkeiten geraten, muß Wonni ihnen mit ungewöhnlichen Mitteln zu Hilfe kommen.
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Seitenzahl: 165
Ekkehard von Braunmühl
Also das ist ein Ding. Elena hat tatsächlich geheiratet, die dicke Kuh. Heimlich. Heute. An ihrem achtzehnten Geburtstag. Und abgehauen ist sie mit ihrem dreckigen Michael. Einfach weg. Mir wäre es ja egal, weil sie sowieso nur gestört hat. Aber Mutti hat eine Krise gekriegt. So doll habe ich sie, glaub ich, noch nie heulen sehen. Ich konnte sie nicht trösten, obwohl ich mir viel Mühe gegeben habe. Papi trinkt Whisky. Und schüttelt immerzu den Kopf. Robbi läßt sich nicht blicken. Ich denke manchmal, er hat etwas damit zu tun.
Mein Bauch ist bestimmt noch dicker als der von meiner Schwester. Bloß ist da kein Baby drin, sondern fast eine ganze halbe Geburtstagstorte. Was sollte ich denn machen, wo doch die Feier ausgefallen ist? Mutti hat gesagt, ich wäre herzlos. Aber es hat mir trotzdem geschmeckt. Ich kann ja nichts dafür, daß meinen Eltern der Appetit vergangen ist und sie den Gästen abgesagt haben. Käse-Sahne-Torte ist schließlich meine Lieblingstorte.
Klar habe ich Bauchweh. Aber das macht nichts. Das gehört dazu. Mutti hat mich oft genug gewarnt.
* * *
Meine Mutter drängelt mich schon lange, ich solle ab und zu aufschreiben, was ich mit meinen Eltern und Geschwistern so erlebe. Bisher war ich zu faul dazu. Oder besser: Ich fand das einfach doof. Aber jetzt, wo Elena in ihr Unglück gerannt ist, denke ich, es könnte vielleicht wirklich nichts schaden. Schließlich will ich kein Flittchen werden wie meine Schwester und auch kein Krimineller wie mein Bruder. Ich habe zwar noch viel Zeit, weil ich erst zwölf bin, aber meine Eltern sagen immer, daß die Weichen im Leben schon sehr früh gestellt werden. Ich verstehe das zwar nicht ganz, aber sie werden es schon wissen.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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