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Kennst du den? Was haben ein Einhorn und ein verdammt heißer CEO, der nur dich will, gemeinsam? Genau! Sie sind Auswüchse unserer lebhaften Fantasie. Genauso wie Fabelwesen, perfekt sitzende Jeans und Schokolade, die niemals dick macht. Oh, und verboten heiße Kerle, die einem die Luft zum Atmen mit ihren weichen Lippen und hungrigen Blicken rauben. Obwohl das genau das ist, was Eisklotz Max Holmes seit dem Abend in meinem Foodtruck mit mir macht. Obwohl ich ihm eigentlich nur helfe, seinem Bruder vorzuspielen, ich wäre die fabelhafte Freundin, die er sich für ihn wünscht. Beste Freundin der Welt spielen: Check! Dabei die Hochzeit seines Bruders vor einem Dinner-Debakel retten: Check! Und mich dabei nicht rettungslos verlieben: Ja, ähm … Check? Der erste Teil des Reihendebüts von Olivia Swans: My Hot Temptations!
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Inhaltsverzeichnis
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Impressum
Buchbeschreibung:
Kennst du den?
Was haben ein Einhorn und ein verdammt heißer CEO, der nur dich will, gemeinsam? Genau! Sie sind Auswüchse unserer lebhaften Fantasie.
Genauso wie Fabelwesen, perfekt sitzende Jeans und Schokolade, die niemals dick macht. Oh, und verboten heiße Kerle, die einem die Luft zum Atmen mit ihren weichen Lippen und hungrigen Blicken rauben.
Obwohl das genau das ist, was Eisklotz Max Holmes seit dem Abend in meinem Foodtruck mit mir macht. Obwohl ich ihm eigentlich nur helfe, seinem Bruder vorzuspielen, ich wäre die fabelhafte Freundin, die er sich für ihn wünscht.
Beste Freundin der Welt spielen: Check!
Dabei die Hochzeit seines Bruders vor einem Dinner-Debakel retten: Check!
Und mich dabei nicht rettungslos verlieben: Ja, ähm … Check?
Der erste Teil des Reihendebüts von Olivia Swans:
My Hot Temptations!
Alle Teile der Reihe können unabhängig voneinander gelesen werden, trotzdem empfiehlt die Autorin:
My fake Lover
My arrogant Millionaire
My forbidden Boss
Olivia Swan
1. Auflage, 2022
© 2022 Olivia Swan – alle Rechte vorbehalten.
Swan Books – Olivia Swan
c/o Textwerkstatt
Sabrina Cremer
Körfken 80
44227 Dortmund
Korrektorat:
Textwerkstatt, Sabrina Cremer,
www.textwerkstatt.org
Coverdesign:
Einzigartig Buchdesign, Sandra Maier,
www.einzigartig-Buchdesign.de
Ivy
Konzentriert biss ich mir auf die Unterlippe. Mit ganzer Präzision träufelte ich die zerlaufene Butter auf das rote Fleisch des Hummers und streute meine Spezialgewürze über das Gericht. Frisch gefangener Hummer in einem Baguettebrötchen, durch Butter geschwenkt und mit Mayonnaise bestrichen. Es war perfekt.
»Hier, Gerry, lass es dir schmecken.« Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und reichte das schmale Tablett aus meinem Foodtruck hinunter auf die Straße. Mittlerweile hatte sich eine kleine Schlange vor meinem Truck gebildet. Es war Mittagszeit in Manhattan und somit Rushhour auf der 5th Avenue. Wobei man das so genau nicht sagen konnte, denn New York stand niemals still. Und ich liebte das. Dieses Pulsieren, das Leben und sogar die geschäftige Atmosphäre, die vor allem in diesem Teil der Stadt herrschte.
»Danke dir, Ivy, ich habe mich schon den ganzen Tag auf dein Essen gefreut.«
Ich zwinkerte dem Investmentbanker zu, der mich jeden Mittag besuchte, wie viele seiner Kollegen und Menschen, die in den umliegenden Towern arbeiteten. Ich liebte es nicht nur, herausragendes Essen zuzubereiten, das die Menschen überraschte, ich wollte auch jedem meiner Besucher ein willkommenes Gefühl geben. Das hier war genau mein Ding. »Das will ich schwer hoffen. Und liebe Grüße an deine Frau.«
»Werde ich ausrichten! Bis morgen, Ivy!«
»Bye, Gerry!« Ich wischte mir die Hände an meiner rotgepunkteten Schürze ab und wandte mich an den nächsten Gast, um seine Bestellung aufzunehmen. Als ich mich zu meinem Herd drehte, um das Essen zuzubereiten, spähte ich mit einem Auge auf die Uhr über der Tür. Zwölf Uhr dreizehn. Nur noch zwei Minuten. Es passierte jeden Tag um die gleiche Uhrzeit.
Ich versuchte wirklich, nicht nervös zu werden, was mir aber immer schwerer gelang. »Hier, bitte! Guten Appetit!«, sagte ich, als ich auch den nächsten Gast bediente, der bezahlte und mir einen ebenso schönen Tag wünschte. Ich sah auf und erkannte die breite Silhouette, die hinter der Drehtür aus Glas des gegenüberliegenden Gebäudes auftauchte wie ein Hai unter der Wasseroberfläche. Zwölf Uhr vierzehn.
Erneut wischte ich mir die nassen Finger ab und kümmerte mich um den nächsten Besteller, obwohl ich genau wusste, dass er es war, der sich seinen Platz um zwölf Uhr fünfzehn an meinem Wagen nicht streitig machen lassen würde. Maxwell Holmes. Allein sein Name umgab eine Aura von Macht, als hätte er ihn sich extra gegeben. Um den armen Kerl vor dem Wagen vor einer Zurechtweisung zu retten, machte ich extra schnell. Ein Schatten legte sich über meine Hände, als ich gerade das Wechselgeld aus der antiken Kasse kramte.
Langsam sah ich auf und traf den Blick sturmgrauer Augen unter dichten, dunklen Brauen, die ich nur zusammengezogen kannte. Max Holmes war für vieles in New York bekannt, aber garantiert nicht für sein Lächeln. Wobei ich mir sicher war, dass dieses mit seinen vollen Lippen nur wunderschön sein konnte. Ich hoffte für ihn, dass es mindestens einen Menschen in seinem Leben gab, der es kannte.
»Alles klar, Max?«, fragte ich betont locker und sein Blick wurde noch ein wenig skeptischer. Sein maßgeschneiderter Anzug spannte über seinen breiten Schultern und seine Haltung war abweisend. Er war überall so bekannt, dass sich keiner der anderen Gäste, die brav in der Schlange warteten, darüber beschwerten, dass er sich vordrängelte. Soweit ich wusste, verließ er sein Büro im zwanzigsten Stock seines Firmengebäudes Holmes International nur aus geschäftlichen Gründen. Außer einmal am Tag. Um genau zwölf Uhr fünfzehn.
»Ein Ivys Hummer Dinner. Ohne Mayonnaise.« Seine Stimme war tief und ein wenig rau und bei jedem anderen klang der Name des Hauptmenüs auf meiner Karte ein wenig albern, nur nicht bei ihm. Jeden Mittag spielten wir dieses Spiel, obwohl ich genau wusste, was er nahm, denn er aß jeden Tag das Gleiche.
»Die Mayonnaise ist das Beste, willst du es dir nicht noch mal überlegen?« Der eiskalte Blick aus seinen sturmgrauen Augen reichte mir als Antwort. Nein. »Na gut, kommt sofort!« Ich machte mich an die Zubereitung. »Und, was gibt es Neues im Elfenbeintower?«, stellte ich wie jeden Mittag die gleiche Frage, die er wie jeden Mittag gleich beantwortete. Mit einem dunklen, abweisenden Brummen, das mir in alle Glieder fuhr. »Wie lange kommst du mich jetzt schon besuchen, Maxie?«, zog ich ihn auf und erntete einen weiteren missbilligenden Blick. Irgendwie mochte ich es, ihn aus der Reserve zu locken. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass dies viele bei ihm wagten, aber was sollte er mir schon tun? Vielleicht mich über sein Knie legen. Ich verdrängte das kribbelnde Gefühl, das sich unpassenderweise in mir aufbaute. »Seit einem Jahr, oder? Hey, wir haben bald Jahrestag!«, plapperte ich weiter, um die Stille zwischen uns zu füllen. Ich hasste Stille, das hatte ich schon immer. In dem Haus meiner Kindheit war es zu jeder Zeit still gewesen. Sogar Musik hatte mein Vater mir verboten.
Mit einer sonnengelben Zange fischte ich den zerpflückten Hummer aus dem Behälter, um ihn auf dem Brötchen zu verteilen und es in Wachspapier zu wickeln. Mit meinem breitesten Lächeln hielt ich Max sein Essen entgegen. Natürlich hatte ich Mayonnaise auf die Seiten geschmiert, schmeckte es doch so viel besser. Als er es mir abnahm, berührten sich unsere Fingerspitzen für einen Hauch und mein Atem setzte einen Moment aus. Auch das passierte jeden Tag und jedes Mal fühlte sich diese winzige Berührung an wie ein Feuerwerk. Es war, als würde sein Blick noch dunkler, noch eindringlicher und noch intensiver werden. Doch nur für einen winzigen Augenblick. Dann übergab er mir das Geld inklusive einem großzügigen Trinkgeld, drehte sich ohne ein weiteres Wort um und verschwand erneut in dem Gebäude aus verspiegeltem Glas, das sich imposant in Richtung Himmel reckte.
Erst dann wandte ich mich an den nächsten Gast, schenkte ihm ein Lächeln und verbrachte meinen Tag so, als würde ich nicht daran denken, dass er morgen wiederkommen würde. Um zwölf Uhr fünfzehn.
Max
Ich trat näher an die raumhohen Scheiben meines Büros und sah hinunter auf den lächerlichen Hummer, der mit knallroter Farbe auf das Dach des Foodtrucks gesprüht war. Nicht nur der Hummer war lächerlich. Die Namen der Gerichte waren es ebenso wie das aufgesetzte Lächeln der Inhaberin. Und trotzdem ging es mir nicht mehr aus dem Kopf.
Ich war ein Mann, der rational handelte und sich nicht Hals über Kopf in Emotionen stürzte. Ich war ein Problemlöser und wälzte Lösungen so lange, bis sie sich richtig anfühlten. Eine falsche Entscheidung in meinem Job als CEO einer der erfolgreichsten IT- und Investmentfirmen im ganzen Land und ich konnte Millionen hartverdienter Dollar verlieren. Geld, das Hunderte von Arbeitsstellen kosten konnte, Menschenleben, Schicksale. Und ich beschäftigte mich mit einem verdammten Gefühl, das ich in der Nähe einer Frau hatte, die ich im Grunde furchtbar fand. Ihr gesamtes Auftreten, diese immer fröhliche Maske, die sie jedem verkaufen wollte, all das nahm ich ihr keine Sekunde ab. Und doch war sie die einzige Person, außer meinem kleinen Bruder, die mir Paroli bot. Es war zum Verrücktwerden.
Ich schob den letzten Bissen des Brötchens in meinen Mund und warf das Papier, in das dieses eingewickelt gewesen war, in meinen Mülleimer neben meinem Schreibtisch. Das Essen war gut, ziemlich sogar, und das sollte mir als Grund genügen, zehn Minuten meines Tages dafür zu opfern. Außerdem mochte ich ohnehin Regeln und Beständigkeit. Ich redete mir ein, dass ich nur aus diesem Grund jeden Mittag das Essen selbst an ihrem Truck holte. Sich die Beine zu vertreten, wenn man mindestens zwölf Stunden am Tag die meiste Zeit hinter einem Schreibtisch saß, war auch nicht unbedingt verkehrt.
Ich stand jeden Morgen um 4:30 Uhr auf, machte bis um 5:30 Uhr Sport in dem Fitnessstudio meines Wohnhauses, ging bis um 6:30 Uhr eine Runde joggen, danach duschen und fuhr um exakt 7:15 Uhr ins Büro. Sicher, ich war ein Kontrollfreak, aber nur diese Eigenschaft hatte mich so weit gebracht. Während mein Bruder auf irgendeinem Acker Blumen pflanzte und behauptete, glücklich in einem baufälligen Haus am Ende von Richmond zu wohnen.
Das Telefon auf meinem gläsernen Schreibtisch klingelte und ich lief hinüber, um dranzugehen. »Mister Holmes, Ihr Termin ist da.«
»Ich komme.« Ich legte auf, knöpfte mein Jackett zu und schnappte mir die Mappe mit den Unterlagen, die ich brauchte. Meine Gedanken sollten sich nun voll auf den anstehenden Termin mit einer kleinen, vielversprechenden IT-Firma konzentrieren. Drei Jungs hatten diese vor einigen Jahren während ihrer Collegezeit aufgebaut und interessante Ansätze, was einige Apps anging. Sie erinnerten mich an meine ersten Anfänge, die genauso begonnen hatten. Trotz dieser lästigen sentimentalen Erinnerung mussten sie mir ziemlich gute Gründe liefern, weshalb ich in sie investieren sollte. Ich machte keine halben Sachen. Niemals.
Mein Blick fiel auf den Mülleimer und das krebsrote Papier darin. Vielleicht sollte ich diesem Problem doch auf den Grund gehen, um diese rehbraunen Augen und rot geschminkten, lächelnden Lippen endlich aus dem Kopf zu bekommen.
Ivy
»Verdammter Mist!« Vor Wut trat ich gegen den Reifen meines Trucks. Der dunkle Rauch stieg trotzdem weiter aus der geöffneten Motorhaube Richtung Himmel. Ganz große Klasse. Also hatte das Stottern, das Betsy die letzten Wochen hin und wieder gezeigt hatte, doch etwas zu bedeuten gehabt. Hätte ich mal nicht auf Antoines gehört, der sagte, es wäre alles okay. Er war eben ein Pizzabäcker. Zwar der beste der Welt, aber eben kein Mechaniker. Genauso wenig wie ich.
Die Menschen auf dem Bürgersteig strömten an mir vorbei in Richtung Feierabend. Niemand nahm Notiz von mir, daran musste man sich in einer Millionenstadt wie New York ebenfalls gewöhnen. Ich zog mein Handy aus der Tasche, der Akku zeigte noch ganze zwei Prozent. Schnell wählte ich die Nummer meiner besten Freundin und Mitbewohnerin Marlow. Wenn ich Glück hatte, war sie gerade auf dem Heimweg und saß nicht bei einem Casting für diese neue Broadway Rolle, auf die sie sich schon seit Monaten vorbereitete. »Ivy, was ist …« Verbindung unterbrochen.
»Fuck!« Gut, dann sammelte ich eben das Geld von heute ein und ließ Betsy hier stehen. Auch wenn ich sehr wahrscheinlich im besten Fall nur einen Strafzettel hatte. Im schlimmsten wurde sie abgeschleppt, weil am Straßenrand kein Dauerparkplatz war. Ich hatte schon mehr als einmal Probleme mit der Polizei deswegen gehabt. Vielleicht sollte ich selbst einen Abschleppwagen rufen, aber wenn ich ehrlich war, hätte ich das Geld dafür lieber für einen neuen Truck gespart. Irgendwie war mir klar gewesen, dass Betsy sich bald verabschieden würde. Wenigstens funktionierte die Kühlung noch und das Essen war morgen nicht verdorben.
»Alles in Ordnung?« Eine tiefe Stimme ließ mich zusammenzucken. Langsam drehte ich mich um. Max stand vor mir und sah aus wie immer. Unnahbar. Unfassbar heiß. Unter seinem Arm klemmte eine edle schwarze Mappe, an seinem Handgelenk trug er eine teuer aussehende Uhr. Kein Schnickschnack. Kein Ring. Nicht, dass mir das nicht schon früher aufgefallen wäre.
»Ja, ähm … ich denke schon«, stotterte ich. »Aber danke.«
Seine Brauen zogen sich zusammen, als würde er mir meine Lüge nicht abnehmen. »Sind Sie sicher?«
Ich atmete stoßweise aus und ließ die Arme hängen. »Ehrlich gesagt nicht. Betsy hat irgendetwas mit dem Motor.«
»Betsy?« Wenn die Situation nicht so verdammt nervig gewesen wäre, hätte ich aufgrund seines ungläubigen Gesichtsausdruckes laut losgelacht.
»Mein Truck.« Ich deutete mit dem Daumen hinter mich. »Er qualmt.«
Er sah an mir vorbei und seine Kiefer mahlten, als wälzte er ein Problem, das nur er lösen konnte. Ich mochte Männer, die handelten und nicht nur quatschten. Er ging an mir vorbei und zeigte deutlich, dass er genau so ein Macher war. Ich folgte ihm.
»Halten Sie«, wies er mich an und übergab mir die Mappe. Ich klammerte mich an dem glatten, kühlen Leder fest, als wäre es mein Rettungsanker. Langsam zog er sich das Jackett aus und übergab mir auch dieses. Ich fühlte mich wie ein nutzloser Kleiderständer mitten auf dem Bürgersteig der 5th Avenue. Als er seine weißen Hemdärmel nach oben krempelte, erkannte ich muskulöse, sehnige Unterarme und wandte meinen Blick ab. Irgendwie fühlte sich dieser Moment viel zu intim an, obwohl er das nicht sollte. Er lehnte sich tatsächlich über die Motorhaube, als wäre er kein millionenschwerer CEO, sondern ein ganz normaler Mann, der gerade ein Problem mit seinen eigenen Händen löste. Alle Härchen auf meinem Körper stellten sich auf.
»Versau dir nicht deinen Maßanzug«, scherzte ich, aber er gab nur ein missbilligendes Knurren von sich. Ich drückte das Jackett enger gegen meine Brust und der Duft von Aftershave und frischer Wäsche drang an meine Nase. Oh. Mein. Gott. Roch dieser Mann gut.
Er machte irgendetwas, drückte irgendwelche Schläuche und drehte an Hebeln, ehe er sich zurücklehnte. Tatsächlich waren seine Hände über und über mit Öl beschmiert und ein Teil seines Hemdes hatte ebenfalls etwas abbekommen. »O nein, einen Moment!«, sagte ich und stürmte auf die Rückseite meines Trucks. Ich warf das Jackett über meine Schulter, klemmte die Mappe fester unter meinen Arm und schloss die Tür mit zittrigen Fingern auf, ehe ich hineinstürmte und einen Packen feuchter Einmalhandtücher aus einem Schrank nahm. Als ich mich umdrehte, zuckte ich ein weiteres Mal zusammen, denn er war mir gefolgt. Breit und unnachgiebig stand er im Türrahmen und ich schluckte, ehe ich auf ihn zuging und ihm die Tücher entgegenstreckte. Er nahm sie und säuberte sein Hemd.
»Deine Hände kannst du dir hier am Waschbecken waschen«, sagte ich und deutete in die Ecke neben ihm. Er nickte dankend und das Wasser rauschte über seine perfekten Finger.
»Und, was ist es?«
»Zylinderkopfdichtung. Das hätte sich schon längst ein Fachmann ansehen müssen, besteht bestimmt nicht erst seit heute«, sagte er in mahnendem Tonfall, als spräche er zu einem Kleinkind. Dieser Mann war nicht nur verboten heiß, er war auch überheblich.
»Ach tatsächlich? Ich dachte, es reicht, wenn arrogante Anzugträger vorbeikommen und den Schaden kostenlos beheben.« Ich verschränkte die Arme vor der Brust und er funkelte mich an. Die Stimmung zwischen uns heizte sich auf. Ich ließ meinen Frust auf diese verdammte Situation an ihm raus und das war falsch. Tief seufzte ich und warf die Arme in die Luft. »Es tut mir leid.«
»Das sollte es.« Hatte ich mich gerade verhört? Er trocknete sich die Hände ab und ging einen Schritt auf mich zu. In meinem Truck war nicht gerade viel Platz und noch dazu war er ein Riese, der sich kaum drehen konnte. Und trotzdem fühlte ich mich nicht von ihm bedroht. Ich war angeturnt. »Sie sollten nicht so unhöflich mit anderen Menschen sprechen.«
»Und wenn ich nur mit dir so spreche, weil ich merke, dass du insgeheim einen Dämpfer brauchst und dich für den Nabel der Welt hältst?«
»Weil ich das bin.« War das ein Scherz? Er verzog keine Miene, stattdessen wurde das Funkeln seiner grauen Augen noch ein wenig eindringlicher, als ich einen Schritt auf ihn zuging.
»Machst du Witze?«
»Niemals.«
»Du musst ein trauriges Leben haben.« Der Wind stieß die Tür zu und der Knall verhallte im Innern. Die Luke hatte ich bereits geschlossen, um nach Hause zu fahren, wäre mir nicht dieser verdammte Zylinderwasauchimmer dazwischengekommen. Und jetzt fühlte ich mich wie mit einem wilden Tier in einem Raum eingeschlossen, der nicht größer als ein Fahrstuhl war. »Tanzen alle nach deiner Pfeife?«, fragte ich herausfordernd und er kam so nahe, dass ich den Kopf in den Nacken legen musste.
»Alle …« Er zögerte, doch plötzlich glitt seine Hand in meine Haare, die er darin zur Faust schloss. Mit dem perfekten Grad an Grobheit zog er sie nach hinten, sodass ich ihm nicht entkommen konnte. »Alle außer du.«
Seine Lippen senkten sich plötzlich auf meine und ich war überrascht über den Hunger, den er mir übermittelte. Doch ich tat es ihm gleich. Ich legte all die Frustration und aufgestaute Lust der letzten Monate in diesen Kuss und zahlte es ihm zurück. Ich keuchte zwischen seinen leidenschaftlichen Küssen und meine Hand fand sein Hemd, krallte sich hinein und zog ihn noch enger an mich. Er hob mich hoch, drehte mich herum und setzte mich auf der Arbeitsplatte ab, während seine Finger auf Wanderschaft gingen. Eindringlich fuhr er den Kragen meiner Bluse hinunter bis zu meinen nackten Oberschenkeln. Mein gepunkteter Rock war ein Stück nach oben gerutscht und er stellte sich zwischen meine leicht geöffneten Beine.
Ich stöhnte, als seine Finger rau, fest und perfekt meine Innenschenkel nach oben fuhren und die Seide meines Höschens trafen. Ein Knurren kam über seine Lippen, das mich nicht stärker hatte anmachen können. Gott, ich machte im hinteren Teil meines Foodtrucks mit einem Mann rum, der mich völlig um den Verstand brachte und den ich seit einem Jahr jeden Tag für nur fünf Minuten sah.
Er fuhr weiter zu meinem Po und zog mich mit einem Ruck gegen sich. Sein Schwanz drückte deutlich durch den dünnen Stoff seiner Anzughose und meines Slips. »Du bist furchtbar«, keuchte er, bevor er meinen Kopf an den Haaren zur Seite zog und meinen Hals mit Küssen bedeckte. So eine Leidenschaft hätte ich seinem kalten Auftreten überhaupt nicht zugetraut, aber das, was er machte, fühlte sich fantastisch an. Rau, hart und zugleich so heiß.
»Nicht so sehr wie du, Mister Großkotz, der niemals ein Lächeln oder ein Bitte für jemand anderen übrig hat.«
»Dein vorlautes Mundwerk …« Er biss leicht in meine Haut und ich schrie auf, griff an seinen Gürtel und öffnete ihn mit zittrigen Händen. Erneut fanden seine Finger zu meiner Mitte, rieben meinen Kitzler über den Stoff, ehe sie darunter tauchten und mich mit festem Druck massierten. Ich stützte mich hinter mir auf, legte die Handflächen auf den kalten Edelstahl meiner Küche und genoss das Gefühl, das Max mir schenkte. Mit seiner freien Hand öffnete er seine Hose und fuhr einige Male seine Länge nach. Allein der Anblick seines angestrengten Gesichts, während er sich selbst berührte und jede Regung meines Ausdruckes in sich aufnahm, brachte mich fast zum Kommen. Seine Finger fuhren durch meine Schamlippen, verteilten meine Erregung und umkreisten erneut meinen Kitzler.
»Nimm mich, Max«, hauchte ich atemlos.
»Ich habe kein Kondom.« Ich vernahm das pure Bedauern aus seinen Worten und auch in mir zog sich alles zusammen.
»Ich nehme die Pille«, keuchte ich jenseits von rationalem Denken. Langsam schüttelte er den Kopf, als würde er diese Grenze nicht überschreiten. Obwohl ich es ebenso bedauerte, nicht mit ihm schlafen zu können, rührte mich seine Vorsicht. Denn auch meine Art war es eigentlich überhaupt nicht, mich jemandem an den Hals zu werfen, den ich kaum kannte. Bisher hatte ich nur zwei langjährige Beziehungen und selbst in diesen war ich nicht bereit gewesen, mich vollständig fallen zu lassen und vertrauen zu können. Also was hatte Max an sich, dass ich nach nur einigen Küssen von ihm alle meine Prinzipien über Bord warf? Ich hatte keine Ahnung. Aber zumindest sein Verantwortungsbewusstsein ehrte ihn. Also drückte ich ihn ein Stück nach hinten und glitt auf den Boden. Als ich zu ihm aufsah, brachte mich sein Blick vollends um den Verstand.
Langsam nahm ich seinen Schwanz in die Hand und führte ihn zu meinem Mund. Er stöhnte rau und dunkel, als ich ihn so tief wie möglich aufnahm. »Fuck«, keuchte er und stützte sich an der Arbeitsplatte ab, während ich ihm den besten Blowjob seines Lebens verpasste. Seine Oberschenkel spannten sich an und ich saugte noch stärker an ihm. Machte ihn genauso verrückt, wie ich in diesem Moment nach ihm war. Doch bevor er kommen konnte, zog er mich hoch und setzte mich mit Leichtigkeit zurück auf die Edelstahlplatte. Morgen müsste ich alles hier so was von desinfizieren, aber das war es mir wert.
Er schob mir den Rock hoch, als könnte er nicht abwarten, erneut an mein Höschen zu kommen. Als er sich nach unten beugte, und eine Spur von Küssen meinen Oberschenkel bis zu meiner Mitte verteilte, erklang ein lautes Klopfen durch den gesamten Innenraum.
»Hallo? Ivy? Alles okay?«
Max stellte sich aufrecht vor mich, zog gentlemanlike meinen Rock wieder nach unten und schloss sich selbst die Hose, während ich versuchte, zu Sinnen zu kommen.
»Ja, ähm … Moment bitte!« Ich sprang von der Arbeitsplatte und begegnete Max’ Blick. Zurück war die harte Maske ohne Gefühl, die er sonst zur Schau trug. Zurück der Mann, der niemals lächelte. Er fuhr sich durch die Haare, richtete sein Hemd und schnappte sich sein Jackett, das am Eingang hing.
Er sah noch einmal zu mir zurück und für einen winzigen Moment konnte ich Bedauern erkennen. Oder hatte ich mir das nur eingebildet? Ich war völlig durcheinander und mein Herz wummerte heftig gegen meinen Brustkorb. »Du solltest den Truck morgen gleich in eine Werkstatt bringen.«
Er öffnete die Tür und stürmte nach draußen. Gerry steckte den Kopf durch den Spalt. »Ist alles in Ordnung? Du stehst doch sonst nicht so spät hier draußen.« Er deutete hinter sich in die Richtung, in die Max so schnell verschwunden war, als könnte er es nicht abwarten. »Was war …«
Schnell schüttelte ich den Kopf, um die Bilder der vergangenen Minuten herauszubekommen. »Mr Holmes hat mir geholfen. Der Truck hat gequalmt und wir haben hier drinnen nach dem Sicherungskasten gesucht. Nur damit die Kühlung weitergeht. Anscheinend die Zylinderkopfdichtung.« Ich sah mich nervös um, als würden überall hier Spuren von unserem leidenschaftlichen Moment kleben. Doch nichts. Ein Glück. Es war sowieso ein Fehler gewesen.
»Oh, okay.« Er wirkte verwirrt. »Soll ich dich heimfahren?«
»Nein, danke, ich nehm die Metro.« Ich schenkte ihm ein aufgesetztes Lächeln, strich meinen Rock glatt und spürte immer noch diese Hitze, die einfach nicht aus meinem Körper weichen wollte. Wie Max’ Finger sich an meiner Haut angefühlt hatten, sein Atem in meinem Ohr und seine Küsse auf meinen Lippen … Schauer rieselten durch mich hindurch.
Nachdem ich einen Zettel an der Scheibe angebracht und den Truck abgeschlossen hatte, sah ich mich noch einmal um. Als mein Blick den Holmes Tower nach oben glitt, leuchtete nur in einem einzigen Büro noch Licht. Im zwanzigsten Stock.
Ivy
In einem gigantischen Inferno ging die Pfanne in Feuer auf. Ich schüttelte am Griff und verteilte das Öl und den Rosmarin darin, hob sie an und die Flammen löschten sich von selbst. Dunst hing in der winzigen Küche unserer Wohnung in Brooklyn und wie in wahnsinniger Raserei kochte ich seit zwei Stunden ein Vier-Gänge-Menü für zwei Personen.
»Was ist denn hier los?« Meine beste Freundin und Mitbewohnerin Marlow stand am Eingang zur Küche. Sie trug ihr Tanzoutfit und hatte noch ihren Schlüssel in der Hand. Ihre rot-braunen Locken trug sie in einem wilden Messy Bun und ihre Wangen waren gerötet. »Die ganze Bude riecht nach dem Jacques.« Ein Vier-Sterne-Restaurant, bei dem wir uns noch nicht mal ein Glas Wein leisten konnten. »Nicht dass ich mich beschwere, ich hab Hunger wie ein Bär.« Sie kam zu mir und schaute mir über die Schulter. Ich ließ das Filet in seinem Sud köcheln, ehe ich es in Alufolie packen musste und für zwanzig Minuten zu achtzig Grad in unseren klapprigen Ofen gab.
»Mir war heute nach einem richtig guten Essen.« Ich drehte mich zu ihr um und sah ihr dabei zu, wie sie genervt den Schlüssel auf den Küchentisch warf und sich selbst auf einen der beiden Stühle fallen ließ. Unsere gesamte Einrichtung stammte aus einem Secondhandladen zwei Blocks weiter. Ich liebte die chaotische, gemütliche Atmosphäre unserer winzigen Wohnung, die wir uns hier geschaffen hatten. Sie hatte hundertmal mehr Gefühl und Flair als das Haus, in dem ich mit meinen Eltern gelebt hatte. Zumindest eine Zeit lang.
»Richtig gutes Essen hört sich fantastisch an.«
»War das Training heute so mies?«
»Meine Tanzlehrerin ist in wirklich Cruella de Vil. Nicht nur wegen der Augenbrauen.« Marlow trainierte für ein neues Broadwaystück, bei dem sie sich um die Rolle als Hauptdarstellerin bewarb. Sie sang wie eine Disney Prinzessin, aber das Tanzen lag ihr nicht gerade im Blut. Aus dem Grund arbeitete sie härter als jeder sonst, den ich kannte. Ich schenkte ihr ein amüsiertes Grinsen und packte das Filet in den Ofen, ehe ich zwei Weingläser aus dem Schrank nahm und eine Flasche Wein öffnete. Der Korken verabschiedete sich mit einem Plopp und ich schmiss ihn wie ein Profi-Basketballer in den Mülleimer hinter mir.
»Drei-Punkte-Wurf für Ivy Jordan Wescott!«, rief Low und hob die Arme.
»Hier.« Nachdem ich den Rotwein in die Gläser gefüllt hatte, schob ich ihr eines zu. »Können wir heute beide gebrauchen.«
»Also, was ist mit dir los?« Mit einem tiefen Seufzen nahm ich neben ihr Platz und trank einen gewaltigen Schluck des Weines. Das hatte nichts mit genussvollem Trinken zu tun, ich wollte einfach nur den Rausch. Damit ich schnellstmöglich vergaß, wie sich Max’ Küsse angefühlt hatten.
»Ich hoffe, du hast eine gute Grabrede vorbereitet, Betsy hat sich verabschiedet.«
»O nein, Ivy! Was ist passiert?«
»Viel Rauch und angeblich die Zylinderkopfdichtung.«
»Das tut mir so leid! Ich weiß, wie sehr du für deinen Traum sparst. Und jetzt? Musst du einen neuen Truck kaufen?«
Ich zuckte mit den Schultern und spielte mit dem Stiel des Weinglases. »Ich hab ja immer noch einige Raten von Betsy offen. Ich kann mir keinen neuen Truck leisten, aber wenn ich keinen kaufe, kann ich kein Geld verdienen oder muss doch irgendwo als Spülerin arbeiten.«
Low verzog das Gesicht. »Auf keinen Fall! Du verschwendest dein Talent nicht, indem du als Küchengehilfe irgendeinem arroganten Chefkoch zuarbeitest! Du wirst dein eigenes Restaurant haben, da bin ich ganz sicher.«
Ich seufzte und schenkte ihr ein halbes Lächeln. »Und du wirst diese Rolle kriegen, Low.«
Wir stießen unsere Gläser gegeneinander. »Weil wir es draufhaben!«
»Weil wir es draufhaben!«
Eine Zeit lang hingen wir in unseren Gedanken fest und nur das Ticken der Eieruhr beherrschte den Raum. Bis ich Lows Stimme vernahm. »Wie kommst du eigentlich auf die Zylinderkopfdichtung? Bist du jetzt wie Antoines unter die Mechaniker gegangen?«
»Ich hatte Hilfe. Eine klitzekleine.«
»Von wem?« Sie verengte die blauen Augen zu Schlitzen. Verdammt. Wir kannten uns schon viel zu lange und ich konnte ihr einfach nichts vormachen.
»Irgendein Typ aus einem der Bürogebäude in der 5th.«
»Irgendein Typ?«
»Okay, es war Maxwell Holmes.« Diesmal vergrößerte sie ihre Augen auf Tennisballgröße. Einmal hatte sie mich mittags besucht und Max war mit seiner machohaften Art und dem Strahlen aus Arroganz und Hotness aufgetaucht. Low hatte das Spiel zwischen ihm und mir beobachtet und mich dann gefragt, wann wir endlich in der Kiste landen würden. Ich hatte das abgetan, denn ehrlich gesagt dachte ich nicht, dass außer ein paar heißen Blicken zwischen uns jemals irgendetwas passieren würde. Wir lebten in zwei völlig unterschiedlichen Welten, außerdem fand nicht nur er mich furchtbar, sondern ich ihn und sein Eisklotzverhalten ebenso.
»Er kennt sich mit Trucks aus?«
»Anscheinend.«
»Und so wie du schaust, kennt er sich noch mit ganz anderen Dingen aus! Was ist passiert? Erzähl mir alles!«
»Es ist irgendwie passiert«, flüsterte ich und konnte mein Grinsen nicht mehr zurückhalten. »Was ist passiert?«, erwiderte sie im gleichen leisen Ton, als würden wir abgehört werden.
»Wir haben uns geküsst und dann irgendwie ein wenig miteinander rumgemacht.«
»Rumgemacht?« Sie quietsche. »Ich fass es nicht! Während ich mir zu dem schlimmsten Lied aus Chicago die Hacken blutig trainiere, machst du mit dem heißesten Typen im ganzen Land rum?«
Ich zog die Augenbrauen nach oben und zuckte mit den Schultern, als könnte ich es genauso wenig fassen. »Ich weiß.« Ich gab ein enttäuschtes Seufzen von mir. »Und dann wurden wir unterbrochen und er hat irgendwie kalte Füße gekriegt und ist geflüchtet.«
»Er kann dir bestimmt eine neue Betsy kaufen oder einen ganzen Fuhrpark!«
»Ich kann ihn doch nicht um Geld bitten, bist du wahnsinnig?«
»Wieso nicht, anscheinend steht er auf dich.«
»Ja, was nicht heißt, dass er mein Sugardaddy werden soll.«
»So alt ist er auch nicht!« Sie nahm ihr Handy und googelte seinen Namen. Ich versuchte, nicht zu neugierig zu sein, was mir ungefähr so gut gelang wie die Reparatur meines Trucks. »Wow, er ist ein Gewinner der ›Forbes 30 under 30‹ und laut seinem Wikipedia Eintrag neunundzwanzig. Oh, er hat bald Geburtstag.«
»Er hat einen Wikipedia Eintrag?« Ich nahm ihr das Handy aus der Hand und scrollte durch Zeitungsartikel, Bilder auf Events und Einträgen von begeisterten Anhängern, ehe ich ihr das Telefon wieder zurückgab. Er spielte definitiv in einer völlig anderen Liga als ich.
»Sei’s drum, ich werde ihn ganz bestimmt nicht um Geld bitten und diese Sache vergessen, denn so wie es aussieht, werden wir uns jetzt sowieso nicht mehr über die Füße laufen. Außer er isst in dem Restaurant zu Abend, in dem ich als Spülhilfe anheuern muss. Aber wahrscheinlich geht er ganz sicher nicht in solche Läden, in denen ich eine Stelle bekomme.«
»Süße, hör auf damit! Vielleicht ist die Reparatur von Betsy gar nicht so teuer und deine Ersparnisse reichen aus.« Großartig. Alles weg, was ich in den letzten zwei Jahren, seitdem ich Betsy hatte, angesammelt hatte? Das konnte doch nicht wahr sein.
»Ja, vielleicht«, erwiderte ich und zum Glück klingelte im gleichen Moment der Wecker und ich musste das Filet aus dem Ofen holen.
»Du erinnerst dich an Pete?« Ich nahm einen letzten Schluck und stand auf, um zumindest das Filet zu retten.
»Du meinst den Ich-habe-den-Broadway-im-Blut-Bitch-Pete?«
»Genau den.« Low musste lachen. »Ich liebe diesen Typen! Auf jeden Fall hat er mir letztens beim Training erzählt, er hat jetzt einen Job als Kellner in diesem sauteuren Laden in Hell’s Kitchen. Natürlich nur so lange, bis er endlich seinen großen Durchbruch hat.«
»Klar.«
»Vielleicht brauchen die jemanden in der Küche?«
»Danke, wäre zumindest ein Ausweg, bis ich mir überlegt habe, was ich mit Betsy mache.«
»Oder den heißen Milliardär Schrägstrich deinen neuen Sugardaddy um den Finger gewickelt hast.«
»Ich bin mir sicher, dass er der einzige Mann ist, der sich nicht von irgendwem um den Finger wickeln lässt.« Vorsichtig öffnete ich das kleine Alufolienpäckchen und köstlicher Dampf stieg daraus hervor. Der Duft von Rosmarin erfüllte die Küche. »Wahrscheinlich kann man sich mit ihm nicht mal richtig unterhalten. Seine einzigen Reaktionen sind arrogante Blicke und ein Knurren. Was sagt uns das?«
»Das sagt mir: verdammt heiß!«
»Low!«, schimpfte ich gespielt böse und verkniff mir ein Lachen. Das waren tatsächlich zwei Begriffe, die ziemlich gut auf das Treffen in meinem Truck passten. Verdammt. Heiß.
Max
Ich war ein Mann, der Unvorhergesehenes hasste und sich jeden Tag an die gleichen Abläufe hielt. Jeden. Tag. Auch heute.
Mein Fahrer fuhr mich in die Tiefgarage und ich nahm den direkten Lift in den zwanzigsten Stock. Ich begrüßte meine Assistentin Lynn im Eingangsbereich und betrat mein Büro, stellte meinen Laptop an und checkte als Allererstes meine heutigen Termine. Ich zwang mich, keinen Blick auf die Straße zu werfen und zu überprüfen, ob der Truck immer noch wie ein Mahnmal meines gestrigen Ausrutschers am Straßenrand stand. Was war nur in mich gefahren? Wie jeder Mensch stand ich auf Sex, aber das mit einer Person, die ich nicht mochte?
Okay, im Grunde mochte ich nicht sehr viele Menschen, mich selbst eingeschlossen. Mein Bruder kam mir in den Sinn. Meine Assistentin Lynn, auch wenn ich nicht gerade viel über sie wusste, außer dass sie im letzten Jahr geheiratet und dafür einen dicken Scheck von mir erhalten hatte. Ende der Liste.
Also was hatte Ivy an sich, dass ich seit einem Jahr nur darüber nachdachte, wie sie sich unter mir anfühlen würde? Ich hatte gestern einen Vorgeschmack erhalten und wäre dieser Gerry nicht aufgetaucht, hätte ich sie ganz bestimmt bis zum Äußersten gebracht. In einem Foodtruck. Der nach frittiertem Essen stank und fast kleiner war als der Innenraum einer Limousine.
»Fuck«, fluchte ich leise und stand auf. Ich drückte meine Handflächen gegen das kalte Glas und meine Augen suchten die Straße ab. Erleichtert atmete ich auf. Der Truck stand noch da und war nicht abgeschleppt worden. Hätte ich meine Kontakte zur Polizei spielen lassen sollen, um zu verhindern, dass Ivy Probleme bekam? Nein, ich sollte mich nicht in diese Sache einmischen. Irgendwie hatte ich im Gefühl, dass ich der Letzte war, von dem sie sich helfen lassen wollte. Allein schon, wie sie ständig zum Ausdruck brachte, für wie großkotzig sie mich hielt. Die Tür des Foodtrucks ging auf und Ivy trat heraus. Ein winziges Lächeln schlich sich auf meine Lippen, das ich sofort wieder unterdrückte. Sie trug heute Jeans und ein sonnengelbes Shirt. Ihre braunen Wellen hatte sie mit einem dicken Pferdeschwanz gebändigt und sie strich sich Schweiß von der Stirn. Erst jetzt fiel mir auf, wie sie Essen aus dem Innern nach draußen schaffte und in einer Art Kühltruhe verstaute. Mir juckte es in den Fingern, ihr zu helfen, doch was sollte ich sagen?
Soll ich dir helfen, damit du endlich von meiner Straßenseite und aus meinen Gedanken verschwindest? Ach ja, und danke für gestern und die Erinnerungen, die ich die gesamte Nacht nicht mehr aus dem Kopf bekommen habe. Was wäre passiert, wenn ich ein Kondom dabei gehabt hätte?
Endlich wandte ich mich vom Fenster ab. Sie war nicht mein Problem. Mein Problem war es, mein Unternehmen am Laufen zu halten. Mein Problem war es, meinen Bruder von den verdammten Drogen fernzuhalten. Mein Problem war keine wunderschöne Foodtruckbesitzerin mit einem viel zu losen Mundwerk.
Ich unterdrückte das nervöse Flattern, das sich in meinem Innern aufbaute, und widmete mich endlich meiner Arbeit.
Ivy
»Tisch drei!« Einer der Köche knallte mir drei Teller vor die Nase. Ich konnte mich nicht wirklich erinnern, aber ich glaubte, er hieß Adam. Ein hübscher Latino mit fiesem Blick und dunklen Augenbrauen. Aber eigentlich war es auch egal, denn hier sprach sich niemand mit Namen an. Das war genau der Ort, an dem ich niemals hatte enden wollen. Eine kalte Vier-Sterne-Küche mit gestressten Köchen, die sich selbst für die Größten hielten und alle Kellner als ihre Untergebenen sahen. Ich sollte auf dieser Seite stehen und ihnen zeigen, dass man auch anders zusammenarbeiten konnte.
Phil schnippte vor meinem Gesicht herum. »Bist du taub? Tisch drei!«, rief er und wandte sich wieder dem Herd hinter sich zu.
»Mach dir nichts draus, er ist ein Idiot und hat nichts zu bieten, außer seinen heißen Arsch.« Ich schenkte Pete ein vorsichtiges Lächeln. Er nahm sich einen von meinen Tellern und nickte zur Tür, die in den Gastraum führte. »Komm, ich zeige dir Tisch drei.«
»Danke. Das ist wirklich nett von dir.«
»Ich kann verstehen, wie du dich fühlst«, sagte er und stieß die Schwingtür mit seinem Rücken auf. »Wir gehören beide nicht hierher, es ist nur eine Station, um unsere Miete zu bezahlen«, flüsterte er. Hier im Gastraum war die Beleuchtung gedimmt und nicht so grell und kalt wie in der Küche. Die Leute unterhielten sich leise, Kerzen flackerten in goldenen Kerzenhaltern auf strahlend weißen Tischdecken. Die Atmosphäre war chic und überheblich. Ich vermisste Betsy, den Geruch von gedünstetem Hummer und meine wunderbaren Gäste. Bis auf einen. Zumindest redete ich mir das ein.
»Et voilà, die Herrschaften, lassen Sie es sich schmecken«, sagte Pete und stellte den Teller vor die Nase einer älteren Dame, die wie ein Weihnachtsbaum mit goldenem Schmuck behangen war. Innerlich musste ich grinsen, als Pete seinen falschen französischen Akzent aufsetzte und seine Rolle spielte. Er war wirklich der geborenen Schauspieler.
Ich stellte vorsichtig die beiden Teller mit Cremesuppe vor die anderen Gäste. Zwei Herren, ungefähr im Alter der Frau am Tisch.
»Guten Appetit«, sagte auch ich und lief mit Pete zurück in Richtung Küche. Der Restaurantmanager stand wie ein Türsteher am Rand des Raumes und sah sich die ganze Szenerie wie ein Adler an. Kein Fleck durfte auf die weißen Tischdecken kommen. Am ersten Tag vor einer Woche hatte ich einen Wein verschüttet und wäre fast gefeuert worden.
»Kein Blickkontakt«, zischte Pete und sofort wandte ich die Augen ab. »Er hasst es, wenn wir starren. Los, los, flieg wie ein Vögelchen!« Pete schubste mich in die Küche. Schwüle Hitze und gehetzte Rufe drangen mir entgegen. Es fühlte sich an wie zwei verschiedene Welten. Beide nicht meine.
»Tisch eins!«
Ich schenkte Adam mein hübschestes Grinsen und er verdrehte nur die Augen und wandte sich ab. »Mach ich sofort.«
Ich schnappte mir die beiden Teller, zwinkerte Pete zu, der mit einem der Spüler sprach, und folgte dem Weg nach draußen. So langsam hatte ich die Tischnummerierung ganz gut drauf. Zumindest bei Tisch eins wusste ich, wo sich dieser befand. Was nicht schwer war, weil er der größte, protzigste Tisch in einem abgesonderten Bereich im ersten Stockwerk war. Ich balancierte die Teller aus und stieg die steilen Stufen nach oben. Ein roter Teppich dämpfte meine Schritte in den schwarzen Lederschuhen, die wir tragen mussten. Einheitskleidung. Weiß und schwarz. Langweilig.
Mein Blick verharrte auf der Suppe, die in einem der Teller bedrohlich nach links schwappte. Verdammt, hoffentlich kontrollierte mich der Manager nicht.
»Bitte, lassen Sie es sich schmecken!« Ich stellte einen Teller vor eine hübsche Blondine in einem sündhaften schwarzen Kleid. Als ich nach oben sah und auch den zweiten abstellen wollte, setzte mein Herz einen Schlag aus. Das konnte nicht sein.
»Wollen Sie die Suppe halten, bis sie kalt ist, oder werde ich hier auch bedient?« Unverschämt. Großkotzig. Und in seinem perfekt sitzenden schwarzen Hemd so sexy. Verflucht sei Max Holmes! Verflucht sei das Schicksal, sich in einer Großstadt wie dieser mehrmals über den Weg zu laufen! Und dann noch in so einer Situation!
In meinen Gedanken trug ich ein ähnlich scharfes Kleid wie die Blondine und schenkte Max Holmes nicht einen Blick, bis er sich nach mir verzehrte. Und in der Realität? Sprechen wir lieber nicht drüber …
»Selbstverständlich«, murmelte ich und stellte den Teller ab. Dabei kam ich Max und seinem unwiderstehlichen Duft deutlich zu nah. Ich schenkte der Blondine ein falsches Lächeln, nickte und beeilte mich, hier wegzukommen. Fast wäre ich auf der Treppe gestolpert, aber ich konnte mich gerade noch fangen. Es sah nicht so aus, als hätte Max viel an unseren Kuss an diesem verdammten Abend gedacht. Natürlich nicht, wenn man die Möglichkeit hatte, eine so scharfe Frau wie seine Begleitung zu daten. Sie würden verdammt perfekte Kinder zeugen und in einer verdammt perfekten Villa leben.
»Shit«, fluchte ich, als ich in der Küche angekommen war und mir die Finger an einer Sauciere verbrannte, die ich heraustragen wollte. Pete packte meine Schultern und sah mir tief in die Augen.
»Alles okay?«
»Um genau zu sein, nein. An Tisch eins sitzt ein Typ, der nach einem Kuss einfach abgehauen ist und jetzt mit einer perfekten Blondine ein Date hat.«
»Autsch. Ich übernehme den Tisch.«
Ich atmete erleichtert aus. »Danke.« Jetzt durfte ich Max nur nicht noch ein weiteres Mal über den Weg laufen, aber das sollte nicht schwer sein, wenn er mit seiner Begleitung in der abgetrennten Sitzecke blieb und ich mich in der Küche versteckte wie ein Feigling. »Danke, Pete. Du bist ein Schatz.«
»Ich weiß.« Er zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Verlieb dich nicht in mich, ich bin schon an John Legend vergeben.«
»Hat er nicht Frau und Kinder?«
Pete seufzte. »Nur aus diesem Grunde sind wir nicht zusammen. Ich will doch kein Ehezerstörer sein. Und du geh dich fünf Minuten ausruhen. Ich verpetze dich nicht beim Chef.«
»Ich kann nicht oft genug Danke sagen.«
»Verschwinde«, flüsterte er und ich trat raus in den Flur, der zu den Toiletten und den Mitarbeiterräumen führte. Natürlich stand er da. Eine Hand in der Hosentasche und mit der anderen drückte er sich ein Handy ans Ohr. Sein Blick flog zu mir und mir fiel es wieder einmal schwer, zu atmen. Was hatte er nur an sich, dass ich mich sofort in mir selbst auflöste, wenn er mich so wie jetzt ansah? Schnell senkte ich den Kopf und stürmte an ihm vorbei. Dabei erhaschte ich ein paar Gesprächsfetzen, die mich sehr wahrscheinlich überhaupt nichts angingen.
»Ich halte das nicht für eine gute Idee, Ian. Wie lange kennt ihr euch? Verdammte sechs Monate!« Eine Stille breitete sich aus, als würde dieser Ian an der anderen Seite sprechen. Hatte er tatsächlich einen Bruder? Familie? »Mir geht es gut, fang nicht wieder damit an. Wie geht es dir?« Er senkte die Stimme, als ich die Tür zum Personalraum erreicht hatte. »Nimmst du etwa wieder …« Noch bevor ich weiter das Gespräch belauschen konnte, drückte ich die Klinke nach unten und die Tür hinter mir zu. Ich atmete tief durch. Sollte er doch mit seiner Begleitung über dieses Telefonat sprechen, das ihn anscheinend wütend machte. Nicht mein Thema.
Ich ging zu meinem Spind und schnappte mir einen Kaugummi. Irgendetwas musste ich jetzt tun, und wenn ich nur meine Kaumuskulatur strapazierte. Die Tür öffnete sich und ich fuhr herum. Ohne anzuklopfen, betrat Max den Personalraum und schloss sie hinter sich.
»Denkst du, du kannst dir eigentlich alles erlauben?«, platzte aus mir heraus. »Das hier ist nur für das Personal.«
Er sah sich um und sein Ausdruck nahm etwas Angewidertes an. Ja, so schön, wie es vor der Tür aussah, so wenig wurde dahinter investiert. Trotzdem hatte er keinen Grund, alles so zu beurteilen. »Willst du irgendetwas sagen?«, schnauzte ich und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.
»Du arbeitest hier?«, fragte er, als hätte ich erst nach seiner Erlaubnis fragen müssen.
»Wenn es dir nichts ausmacht, ja! Ich muss schließlich meine Miete bezahlen.«
»Du kannst mehr als das hier«, sagte er, als hätte er mir nicht gerade ein Kompliment gemacht. Ich stockte einen kleinen Moment.
»Schön, aber für mehr fehlt mir Geld«, gestand ich ganz offen. Er steckte beide Hände in die Hosentaschen seiner Jeans, die sehr wahrscheinlich teurer war als der Inhalt meines gesamten Kleiderschrankes. Sein Gesicht wurde ernst und seine Kiefermuskeln spannten sich an. Wie an dem Abend, als er sich meinen Truck angesehen hatte. »Musst du nicht zurück zu deiner Begleitung?«, erwiderte ich schnell, ehe er zu irgendetwas ansetzen konnte, was diese Situation nur noch schlimmer machte. Vielleicht mir Geld anbieten oder so etwas.
Er nickte, als hätte er sich gerade wieder an sie erinnert. Dann wandte er sich ab, aber hielt an der Tür noch einen Moment inne. »Sie ist kein Date«, sagte er, bevor er den Raum verließ, als würde mich das irgendwie interessieren. Verdammt, aber das tat es. Sie war kein Date? Was war sie dann? Eine gute alte Freundin? Hatte er überhaupt Freunde?
Ich spuckte den Kaugummi aus, ehe der Manager mich erwischte, strich mir die Schürze glatt und ging nach draußen, um diese Begegnung unter dem abzuhaken, was sie war. Unnötig und verwirrend.
Max
Sie war nicht mein Problem. Das war mein Mantra des weiteren Abends, während Cora Jenkins mir irgendetwas über ihr Projekt erzählte, dem ich kaum folgen konnte. Sie hatte schon lange nach einem Termin gefragt und kurzerhand hatte ich einem Abendessen zugestimmt. Dass sie sich so herausputzen würde, hatte ich nicht angenommen, weil ich sie vorher nur in Jeans und einfarbigen Blusen gesehen hatte. Sie war hübsch, keine Frage, und hoffte augenscheinlich, das spiele ihr in die Karten. Aber ich ließ mich nicht von Äußerlichkeiten leiten. Das hatte sie auch gar nicht nötig, denn die Sache, an der sie entwickelte, war ausgesprochen zukunftsträchtig.
Doch meine Gedanken hingen bei einer anderen Frau, die mich verwirrte und vor allem mächtig frustrierte. Sie hatte Geldsorgen? Und wollte nicht, dass man ihr damit half, so wie sie trotzig das Kinn nach vorne gereckt hatte. Vielleicht fiel es ihr einfacher, sich helfen zu lassen, wenn ich ihr einen Deal vorschlug? Ein Deal, der uns beiden helfen könnte.
Mein Gedanke formte sich nach meinem Telefonat mit meinem Bruder zu einem ausgewachsenen Plan. Es stand außer Frage, dass ich ihm helfen musste, aber seit er mit dieser verrückten Lizzy zusammen war, war er nicht mehr er selbst und ich kam kaum noch an ihn ran. Noch dazu diese ständigen Verkupplungsversuche bei jedem einzelnen unserer gemeinsamen Treffen. Und jetzt eine Hochzeit? Nach noch nicht mal einem halben Jahr? Ich ballte die Hände zu Fäusten unter dem Tisch und zerknautschte die Serviette, die ich über meinem Schoß ausgebreitet hatte. Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte ich meinen, dass Lizzy meinen Bruder nur ausnutzte. Ich musste meine Gedanken endlich wieder zurück zu meinem Gegenüber lenken. Dem Grund, weshalb ich hier war. Investieren oder nicht?
Ein großer, schlanker Kellner kam an den Tisch und brachte uns ein Soufflé als Nachspeise für Cora. Ich lehnte dankend ab, als er mich erneut fragte, ob ich etwas haben wollte. Eigentlich wollte ich nur eines. Aber seit der Vorspeise und unserer Begegnung in diesem Flur hatte ich sie nicht mehr gesehen.
»Und was sagen Sie?«, fragte Cora und ihre blauen Augen leuchteten. Ich investierte grundsätzlich nur in Menschen, die von ihrer Idee komplett überzeugt waren und dafür brannten. Aber ich ließ mir trotzdem niemals in die Karten schauen. Ich lehnte mich ein Stück zurück und legte die Serviette auf dem weißen Tischtuch ab.
»Das hört sich ausgesprochen interessant an. Meine Assistentin wird sich nächste Woche bei Ihnen melden.«
Sie legte den Löffel zur Seite und wirkte ein wenig enttäuscht. Klar, hatte sie sich in den letzten zwei Stunden auch ziemliche Mühe gegeben. Doch ich war nicht hier, um irgendjemandem ein gutes Gefühl zu geben oder falsche Hoffnungen zu machen. Morgen würde ich mir ihre Zahlen ansehen und dann entscheiden.
Nach dem Essen begleitete ich sie draußen noch zu ihrem Taxi und verabschiedete mich höflich, aber reserviert. Nicht zum ersten Mal hatte ich Avancen von Frauen erhalten, die ich in Verbindung mit einer geschäftlichen Beziehung nicht annehmen würde. Auch wenn Cora Jenkins nicht den Eindruck machte, so eine Art Frau zu sein.
Das Taxi fuhr an und ich nickte ihr durch die Scheiben ein letztes Mal zu, ehe ich mich abwandte und selbst meinen Fahrer rief. Es tat gut, einige Minuten an der frischen Luft zu warten. New Yorks Sommer war tagsüber heiß und stickig und auch wenn die Temperaturen durch die Häuserfassaden und den Asphaltboden gehalten wurden, war es doch deutlich angenehmer als tagsüber.
Die Limousine hielt am Straßenrand und ich stieg hinten ein. »Guten Abend, Mister Holmes, wo darf es hingehen?«, fragte Bellford.
»Könnten Sie einige Male um den Block fahren? Ich warte auf jemanden.« Mein Plan war gereift und nun musste Ivy sich diesen zumindest einmal anhören.
Ivy
Völlig geschafft trat ich durch den Personaleingang mit Pete nach draußen und durch eine schmale Gasse auf die Hauptstraße.
»Du willst wirklich nicht mit ins Roxy’s? Ein paar unserer Kollegen sind dort und ich kann dir versprechen, sie sind nicht so ätzend, wie sie auf der Arbeit tun.« Wir blieben stehen, weil wir in zwei verschiedene Richtungen mussten. »Danke, das ist lieb, aber ich glaube, ich gehe heute lieber nach Hause.«
Mein Blick fiel auf eine schwarze Limousine, die am Straßenrand stand und mein Herz begann erneut, zu rasen. Pete drehte sich aufgrund meines überraschten Gesichtsausdruckes um und fing an zu grinsen.
»Ach, so sieht das also aus.« Pete schnaubte amüsiert. Die Tür der Limousine öffnete sich und Max trat auf den Bürgersteig. Es sah sogar sexy aus, wie er ausstieg und sich dabei nur ganz kurz über die Unterlippe leckte. »Na dann viel Spaß, Hazel«, neckte mich Pete mit einem Spitznamen, den er mir aufgrund meiner braunen Haare und Augen verpasst hatte, drückte meine Schulter und ging grinsend an mir vorbei.
»Danke«, flüsterte ich noch, aber ich war mir sicher, Pete hatte es nicht mehr gehört. Mein Blick klebte an Max, der zum ersten Mal ein wenig unsicher aussah. Konnte das sein? Doch der Ausdruck war genauso schnell wieder verschwunden, wie er aufgetaucht war. Zurück die unnachgiebige Maske aus Arroganz eines Mannes, der immer das bekommen hatte, was er wollte. Ich hatte nur keinen blassen Schimmer, was das diesmal war.
Ich ging auf ihn zu. »Wollte dein Date nicht mehr mit zu dir nach Hause?«, neckte ich ihn und versuchte, mir nicht anmerken zu lassen, wie viele Gedanken ich mir tatsächlich über diesen Umstand gemacht hatte.
»Sie war kein Date«, behauptete er erneut und ich grinste vielsagend. »Steig ein«, sagte er und hielt die Hintertür auf.
»Kein bitte? Ich bin überrascht, du bist doch sonst so charmant.«
»Steig ein, bitte«, kam als leises Knurren über seine Lippen. Mir gefiel es, wenn ich ihn wie jetzt aus der Reserve locken konnte. Wenigstens eine kleine Gefühlsregung, die mir zeigte, dass der mächtige Max Holmes auch nur ein Mensch war.
»Ich darf von Fremden keine Süßigkeiten annehmen und nicht zu ihnen ins Auto einsteigen.«
Er seufzte. »Du bist die frustrierendste Person, die ich kenne.«
»Stimmt, weil du sonst nur Menschen kennst, die nach deiner Pfeife tanzen.«
»Wieso machst du diese Situation so unnötig kompliziert?« Seine Atmung ging schwer und schnell, als würde ihn allein dieser Satz alle Mühe kosten.
Ich zuckte mit den Schultern. »Weil es Spaß macht?«
»Ich verstehe unter Spaß etwas anderes«, erwiderte er dunkel und trat einen Schritt auf mich zu. Er war mir so nah, dass ich den leichten Hauch seines Duftes riechen und seinen warmen Atem auf meiner Haut spüren konnte. Diesmal fiel mir tatsächlich keine Erwiderung mehr ein. Er hatte mir wortwörtlich den Wind aus den aufgeblähten Segeln genommen.
»Wir sind uns nicht fremd. Ich weiß, wie du schmeckst, und ich werde es ganz bestimmt nicht mehr vergessen«, wisperte er und der plötzliche Stimmungsumschwung ließ meine Knie zittrig werden. Ich befeuchtete meine trockenen Lippen mit der Zunge und sein Blick flog sofort dorthin. Ich spürte die glühende Hitze zwischen uns genauso stark wie an dem Abend in meinem Truck. Seine Atemzüge wurden rauer, als seine Augen erneut meine fanden.
»Bitte steig ein, Ivy«, erwiderte er leise und diesmal konnte ich mich ihm nicht mehr widersetzen. Das Spiel war vorbei und ich hatte verloren. Ich schluckte hart und wandte den Blick ab, damit ich den winzigen Rest meiner Gehirnzellen sammeln konnte. Dann ging ich an ihm vorbei und rutschte auf die lederne Rücksitzbank. Hier drin war es ziemlich geräumig. Der Innenraum bestand aus weichem cremefarbenem Leder, es gab eine Bar in der einen Ecke und zwei gegenüberliegende Sitzbänke. Max nahm auf der anderen Seite Platz und sagte dem Fahrer, dass er losfahren sollte. Seine Nähe war in dem engen Raum so überwältigend, dass es mir wie ein Déjà-vu vorkam.
»Also wolltest du nur sichergehen, dass ich gut zu Hause ankomme?«, fragte ich, denn die Neugierde fraß mich innerlich auf.
Er lehnte sich vor zur Bar und nahm zwei kleine Wasserflaschen hinaus, ehe er mir eine hinhielt. Ich nahm sie entgegen und zog eine Augenbraue hoch. »Kein Champagner?«
»Ich will bei klarem Verstand bleiben«, erwiderte er und nippte an der Flasche, während er mich weiterhin fixierte. Gott, dieser Mann sprühte Funken und ich war mir sicher, er war sich dem Umstand nur zu bewusst. Ich trank ebenfalls.
»Für was?«, fragte ich danach und meine Stimme hörte sich rau an.
»Du brauchst Geld«, stellte er fest und ich schnappte nach Luft.
»O wow, was wird das hier? Ich bin nicht irgendeine …«
»Ivy«, stoppte er mich mit meinem dunkel gehauchten Namen. »Hör zu.« Ich presste die Lippen aufeinander. Und meine Schenkel aneinander. »Das war der falsche Anfang. Vielleicht sollte ich eher damit beginnen, dass ich eine Begleitung benötige.« Er las in meinem Blick die große Frage und sprach weiter: »Für die Hochzeit meines Bruders. Oder wohl eher für die schlechteste Entscheidung seines Lebens.« Ich erinnerte mich an das Telefonat im Flur. Ian, war das sein Bruder?
»Hast du in deinem Sortiment an wunderschönen Begleitungen niemanden dabei, der sich nach deiner witzigen, charmanten Gesellschaft sehnt?«
Er presste den Kiefer aufeinander, als würde er sich gerade vorstellen, was er gerne mit mir und meinem vorlauten Mundwerk anstellen würde. Und ja, tatsächlich würden mir auch ein paar Dinge einfallen, vielleicht provozierte ich ihn deshalb so?
»Es ist recht kurzfristig.«
»Haben sie die Hochzeit nicht lange geplant?«
»Nein«, erwiderte er knapp, als könnte er diesen Umstand ebenfalls nicht verstehen. »Mein Bruder ist bekannt für überstürzte Handlungen«, sagte er und schenkte mir den Eindruck, dass er mir das überhaupt nicht offenbaren wollte.
»Okay, ich fasse zusammen. Du brauchst eine Begleitung und würdest mich dafür bezahlen? Wieso?«
Er zögerte kurz, als wüsste er nicht, ob er die Wahrheit wirklich aussprechen sollte. »Ich brauche nicht nur eine Begleitung, ich brauche genau genommen eine Freundin. Und du würdest ihnen gefallen.«
»Nur ihnen?« Ich musste grinsen, als er keine Antwort wusste. »War nur ein Spaß. Ich soll deine Freundin spielen? Ich frage mich immer noch: Wieso?«
Die Limousine hielt etwas zu ruckartig und ich wurde ein Stück nach vorne geschubst. Dabei berührte mein Knie seines und ich zog mein Bein sofort wieder zu mir. Fehler.
»Mein Bruder hat sich in den Kopf gesetzt, mich zu verkuppeln. Es ist nervtötend.« Er verdrehte die Augen.
»Weil du lieber Single bleibst und fremde Frauen bezahlst, dass sie deine Freundin spielen?«
»Noch mal: Wir sind uns nicht fremd.« War das ein Lächeln? Ein winzigkleines Lächeln? Nein, ganz bestimmt nicht. Nur ein Schatten von draußen, der seine Züge für einen Moment verzerrt hatte. »Aber nein, genau genommen stelle ich meinem Bruder niemanden vor. Und ich bezahle auch nicht für meine Dates.«
Ich holte tief Luft und drückte mich enger gegen das Leder. »Wieso hast du mich nicht einfach gefragt? Vielleicht hätte ich Ja gesagt.«
Wieder war es so, als würde er mir nicht seinen kompletten Plan offenbaren wollen. Aber was blieb mir anderes übrig? Wenn ich weiterhin als Kellnerin arbeitete, würde ich in zwei Leben nicht so viel verdienen, dass ich meine alten Schulden bezahlen und einen neuen Truck kaufen konnte.