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England, 1929: Die Firma Excelsior Radios aus Mydworth hat sich auf die Herstellung moderner Rundfunkgeräte spezialisiert und steht kurz davor, damit den Weltmarkt zu erobern. Aber dann werden die Lieferungen gestohlen und die Fahrer der Lastwagen bedroht. Der Eigentümer fürchtet um seine Existenz und bittet Kat und Harry um Hilfe. Die beiden beginnen zu ermitteln, aber der Auftrag erweist sich als gefährlich und schon bald gerät Lord Mortimer selbst in tödliche Gefahr ...
Ein glamouröses Ermittlerduo, ungewöhnliche Verbrechen, schnelle Autos, schicke Kleider und rauchende Revolver - das ist Mydworth, die neue Serie von Matthew Costello und Neil Richards, den Autoren der britischen Erfolgsserie Cherringham. Sir Harry Mortimer, der ehemalige Spion im Dienste Seiner Majestät, ermittelt zusammen mit seiner umwerfenden Ehefrau Kat, die es mit jedem Bösewicht aufnehmen kann! Mydworth ist eine spannende Zeitreise ins England der 20er Jahre - für Fans von Babylon Berlin, Downton Abbey und Miss Fishers mysteriösen Mordfällen.
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Seitenzahl: 160
Cover
MYDWORTH – Ein Fall für Lord und Lady Mortimer. Die Serie
Über diese Folge
Die Hauptfiguren
Über die Autoren
Titel
Impressum
1. Ein Hindernis auf der Straße
2. Eine aufgeschobene Golfpartie
3. Excelsior
4. Das Neueste vom Neuesten
5. Ärger
6. Die Ermittlung beginnt
7. Die Arbeiter
8. Ein ungeladener Gast
9. Undercover
10. Die Fakten werden geprüft
11. Wahrheitsfindung in der Keksfabrik
12. Das Geheimnis der Brooke Farm
13. Die Falle wird geplant
14. Die Falle schnappt zu
15. Das Ende der Straße
16. Zum Schweigen gebracht
17. Eine nächtliche Plauderei
In der nächsten Folge
Ein glamouröses Ermittlerduo, ungewöhnliche Verbrechen, schnelle Autos, schicke Kleider und rauchende Revolver – das ist Mydworth, die neue Serie von Matthew Costello und Neil Richards, den Autoren der britischen Erfolgsserie Cherringham. Sir Harry Mortimer, der ehemalige Spion im Dienste ihrer Majestät, ermittelt zusammen mit seiner umwerfenden Ehefrau Kat, die es mit jedem Bösewicht aufnehmen kann! Mydworth ist eine spannende Zeitreise ins England der 20er Jahre – für Fans von Metropolis Berlin, Downton Abbey, und Miss Fishers mysteriösen Mordfällen.
England, 1929: Die Firma Excelsior Radios aus Mydworth hat sich auf die Herstellung moderner Rundfunkgeräte spezialisiert und steht kurz davor, damit den Weltmarkt zu erobern. Aber dann werden die Lieferungen gestohlen und die Fahrer der Lastwagen bedroht. Der Eigentümer fürchtet um seine Existenz und bittet Kat und Harry um Hilfe. Die beiden beginnen zu ermitteln, aber der Auftrag erweist sich als gefährlich und schon bald gerät Lord Mortimer selbst in tödliche Gefahr ...
Sir Harry Mortimer (32) kehrt nach langer Zeit im Ausland in seinen Heimatort Mydworth zurück. Der Sohn der wohlhabenden englischen Adelsfamilie hat als Pilot im Ersten Weltkrieg gekämpft und war danach zehn Jahre offiziell im diplomatischen Dienst tätig – in Wirklichkeit aber arbeitete Harry für den britischen Geheimdienst. Bei einem Einsatz in Kairo trifft er die wunderschöne Amerikanerin Kat Reilly, die ebenfalls verdeckt für ihre Regierung arbeitet. Die beiden verlieben sich und heiraten nach einer stürmischen Romanze. Das ungleiche Paar beschließt, zusammen nach England zu ziehen, um zur Ruhe zu kommen und sich dort ein beschauliches Leben aufzubauen. Aber es kommt anders als geplant …
Kat Reilly (32) kommt aus einer anderen Welt als ihr adliger Ehemann. Sie stammt aus New York und ist in ärmlichen Verhältnissen in der Bronx aufgewachsen. Aber sie ist tough, intelligent und abenteuerlustig. Sie erkämpft sich ein Stipendium an der Universität, arbeitet im Ersten Weltkrieg als Krankenschwester auf den Schlachtfelder Frankreichs und wird dann vom amerikanischen Außenministerium rekrutiert. Ihr scharfer Humor und ihre modernen Ansichten bringen frischen Wind in das verschlafene Mydworth. Aber an ihre Rolle als Lady Mortimer muss sie sich erst noch gewöhnen …
Matthew Costello ist Autor erfolgreicher Romane wie Vacation (2011), Home (2014) und Beneath Still Waters (1989), der sogar verfilmt wurde. Er schrieb für verschiedene Fernsehsender wie die BBC und hat dutzende Computer- und Videospiele gestaltet, von denen The 7th Guest, Doom 3, Rage und Pirates of the Caribbean besonders erfolgreich waren. Er lebt in den USA.
Neil Richards hat als Produzent und Autor für Film und Fernsehen gearbeitet sowie Drehbücher für die BBC, Disney und andere Sender verfasst, für die er bereits mehrfach für den BAFTA nominiert wurde. Für mehr als zwanzig Videospiele hat der Brite Drehbuch und Erzählung geschrieben, u. a. The Da Vinci Code und, gemeinsam mit Douglas Adams, Starship Titanic. Darüber hinaus berät er weltweit zum Thema Storytelling. Bereits seit den späten 90er Jahren schreibt er zusammen mit Matt Costello Texte, bislang allerdings nur fürs Fernsehen.
Seit 2013 schreiben das transatlantische Duo Matthew Costello und Neil Richards die Serie CHERRINGHAM, in der inzwischen 34 Folgen erschienen sind. MYDWORTH ist ihr neues gemeinsames Projekt.
MATTHEW COSTELLONEIL RICHARDS
Tödliche Fracht
Aus dem Englischen von Sabine Schilasky
Deutsche Erstausgabe
»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG
Für die Originalausgabe:
Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Titel der britischen Originalausgabe: »Mydworth Mysteries – Deadly Cargo«
Für diese Ausgabe:
Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Textredaktion: Julia Feldbaum
Lektorat/Projektmanagement: Kathrin Kummer
Covergestaltung Guter Punkt, München unter Verwendung von Motiven © Getty Images: Jewelsy | Medioimages/Photodisc | wakr10 | Blackbeck
eBook-Erstellung: 3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 978-3-7325-7321-9
www.be-ebooks.de
www.lesejury.de
Barry Hobbs fuhr seinen Lastwagen sehr langsam und vorsichtig. Der Viertonner mit den sechs Zylindern kam gut voran, und die beiden Scheinwerfer vorn erhellten den Asphalt.
Auf den Seiten prangte der Name der Firma, für die Barry arbeitete: Excelsior Radios. Und innen drin befand sich, sicher in Holzkisten verpackt, seine kostbare und empfindliche Fracht – acht Windsor-Radiogrammofone. Das Beste, was Excelsior zu bieten hatte. Walnussholz, eingebauter Lautsprecher, Röhrenradio. Allerfeinste britische Handwerkskunst. Und jedes einzelne war jeden Penny der fünfzig Pfund wert, die es kostete.
Sofern man Geld im Überfluss hatte, was auf Barry nicht zutraf. Nicht bei seinem Lohn.
Der Lastwagen könnte leicht schneller fahren, zumal auf einer Hauptstraße wie dieser, doch obwohl Barry seine Tour nach Manchester gern so schnell wie möglich erledigen würde, blieb er diesmal wachsam.
Er hielt Ausschau nach Hinweisen, dass irgendwas nicht stimmte oder ihn beunruhigen sollte, während er das große Steuer mit beiden Händen umklammerte.
Durch das Beifahrerfenster sah er, dass die Sonne im Westen untergegangen war, doch noch war ein wenig Licht am Himmel. Am wolkenlosen Himmel, der den Tag etwas verlängerte.
Gut. Vielleicht schaffe ich noch ein paar Meilen, ehe es dunkel ist.
Obwohl er seine Kumpel an der Ladebucht angebrüllt hatte, sie mögen sich bitte beeilen, hatten sie Stunden gebraucht, um die riesigen Radiogrammofone aus dem Lager zu holen und sicher für den Transport zu verpacken. Es durfte ja nirgends ein Kratzer oder eine Delle reinkommen.
Die Kunden zahlten viel Geld für diese Geräte. Und dafür verlangten sie Perfektion.
Und die Mannschaft an der Laderampe war langsam gewesen, weil Montag war und so viele Lastwagen rausgeschickt wurden. Und Barry konnte nichts tun, um früh genug loszukommen.
Früh, na ja – wenigstens vor Einbruch der Dunkelheit.
Und jetzt, ob es ihm gefiel oder nicht, hatte er noch mehrere Stunden Nachtfahrt vor sich.
Dagegen kann ich nun nichts tun.
Natürlich gab es Abkürzungen, die er nehmen konnte – über die schmalen Cotswoldsstraßen, die nach Cherringham hinaufführten. Sie würden ihm einige Minuten ersparen, ehe er zurück auf die Hauptstraßen kam. Doch nach dem, was vor rund einem Monat geschehen war …
Für mich also nur noch die Hauptstraßen.
Diese Abkürzungen waren so kurvig und eng, dass die Hecken an den Lastwagenseiten kratzen würden. Da kam man ja kaum mit einem Automobil heil durch. Doch eigentlich hatte es nichts mit der Enge zu tun, dass er solche Strecken mied.
Er holte tief Luft und versuchte, nicht daran zu denken.
Stattdessen konzentrierte er sich darauf, nach Manchester zu kommen, auszuladen und danach im Bricklayer’s Arms einzukehren, hoffentlich noch rechtzeitig für eine von den fetttriefenden Fleischpasteten und ein Pint.
Nicht unbedingt ein Leben in Saus und Braus, dachte Barry.
Doch so war seines nun einmal.
Die Hauptstraße wurde beständig leerer, je weiter er sich gen Norden bewegte. Hin und wieder begegnete er einem Automobil oder einem anderen Lastwagen, doch nun waren seine Lichter die einzigen in der Finsternis.
Ihm kam der Gedanke, dass bei diesen langen Fahrten, bei denen er teure Radioapparate auslieferte, ein drahtloses Radio in dem vermaledeiten Lastwagen eine schöne Sache wäre.
Dann wäre es nicht mehr so langweilig.
Barry gingen immer wieder dieselben Dinge durch den Kopf.
Und wie immer lauerte im Hintergrund ein bisschen Furcht.
Wenn ihn diese Sorgen umtrieben, sagte er sich: Mann, wie wahrscheinlich ist es? Gar nicht. Der Blitz schlägt nicht zweimal an derselben Stelle ein.
Auch wenn es kein Blitz im eigentlichen Sinne gewesen war.
Er dachte an seine Frau Molly und die beiden Kleinen, Sam und Ellie, die er über alles liebte. An sie zu denken, gab ihm stets Auftrieb, wenn er auf einer Fahrt war.
Die Hälfte war geschafft.
Manchmal sprach Barry Hobbs laut mit sich selbst und sagte Sätze wie: »Fast geschafft! Ich bekomme das hin, jawohl!«
Auch wenn er kleine Abbiegungen passierte, von denen er wusste, dass sie Abkürzungen wären … er nahm keine.
Weitere dreißig Minuten waren vergangen, da sah er vor sich etwas, das nur knapp von den Scheinwerfern eingefangen wurde.
Es befand sich auf der Straße, und als Barry langsamer wurde (während sein Herz schneller schlug), erkannte er, dass es sich um einen Baumstamm handelte, der die Fahrbahn beinahe vollständig blockierte.
Auf der anderen Seite war ein Wagen mit eingeschalteten Scheinwerfern zu sehen. Und jemand stand neben dem Baumstamm. Ein schwarzes Automobil und ein Mann mit einem Hut. Einem Filzhut.
Harry wurde noch langsamer und brachte seinen Lastwagen schließlich wenige Meter vor dem Stamm zum Stehen.
Jetzt konnte er sehen, dass der Mann, der nach wie vor nur schattenhaft zu erkennen war, in die andere Richtung ging.
Für einen Moment überlegte Barry, aus seiner Fahrerkabine zu steigen, nach unten zu springen und kurz mit dem anderen Fahrer zu sprechen, wie man es in solchen Situationen zu tun pflegte.
Aber er zögerte. Angesichts der Umstände.
Kopfschüttelnd stieg der Mann in seinen Wagen und begann umständlich zu wenden, wofür er mehrfach vor- und zurücksetzen musste, bevor schließlich seine Rücklichter, glühenden Augen gleich, in der Ferne verschwanden.
Barry blickte zu dem Sitz neben sich. The Motorist’s Road Atlas of Great Britain. Die neueste Ausgabe und rundum verlässlich, wie Hobbs wusste.
Dieser Baum würde sich heute Nacht nicht von der Stelle rühren, also musste er eine andere Strecke finden. Er erinnerte sich, ungefähr vor einer halben Meile eine Abzweigung gesehen zu haben. Fest stand, dass er nun doch eine der Seitenstraßen nehmen musste.
Barry schlug den Straßenatlas auf der Seite mit diesem Teil der Midlands auf. Er holte seine Taschenlampe aus dem kleinen Fach links und leuchtete auf die Karte.
Ja, dachte er. Ein paar kleine Straßen – die sollten gehen. Und mit dem Finger fuhr er die Strecke auf der Karte nach.
Eine Straße, nicht allzu weit weg, sah gut aus und war über weite Teile gerade. Gewiss war es eine alte römische Route.
Die Römer haben gute Arbeit geleistet, als sie hier eingefallen sind!
Dann jedoch erkannte er, dass die Strecke sehr kurvig wurde, bevor sie anscheinend in eine andere Hauptstraße mündete, von der Barry wusste, dass sie ihn nach Birmingham und anschließend nach Manchester bringen würde.
Er überprüfte die Seitenspiegel, benetzte sich die Lippen und legte den Rückwärtsgang ein.
Hinter ihm war niemand. Was aus einer Vielzahl von Gründen auch gut war. Er musste zahlreiche Male vor- und zurückfahren, um mit knirschenden Gängen den großen Lastwagen zu wenden.
Hier habe ich wertvolle Zeit verloren, ging es ihm durch den Kopf, als er endlich weiterfahren konnte. Und diese römische Straße war ein großer Umweg.
Er sah seine Aussichten auf eine Pastete und ein Pint bereits dahinschwinden.
Und das ist nicht meine einzige Sorge.
Der gerade Abschnitt der alten Römerstraße war fest und gut ausgebaut, endete aber leider in der üblichen Aneinanderreihung von Biegungen und Kurven, wie sie die meisten Straßen Englands aufwiesen.
Barry musste immer wieder runterschalten und langsam fahren. Der Lastwagen war nicht für solch ein Geschlängel um Felder, Bäche und Wälder gemacht.
Und die ganze Zeit kam ihm kein einziger Wagen entgegen. Was ein Segen war.
Allerdings auch … verwunderlich? War sonst keiner genötigt gewesen, diese Strecke zu fahren?
Überhaupt keiner?
»Himmeldonnerwetter«, murmelte er, beide Hände am Lenkrad. Das Getriebe ächzte unter den vielen Gangwechseln. »Komm schon, alter Junge, du schaffst das.«
Weit konnte es bis zur Hauptstraße nicht mehr sein.
Ja, zurück auf eine richtige Straße, und dann geht es los. Vielleicht gebe ich dann ein bisschen mehr Gas, um etwas verlorene Zeit wettzumachen.
Doch als er um die letzte Kurve bog, schabten die Hecken an beiden Seiten des Wagens, und direkt vor sich machte er einen dunklen Schatten aus.
Rasch wechselte Barry mit dem Fuß auf die Bremse, die er behutsam trat. Bei einer Vollbremsung in einer Kurve wie dieser würde sich der Lastwagen überschlagen.
Lichter blendeten auf, und er erkannte einen anderen Lastwagen.
Draußen standen Männer, und der Laderaum hinten war eindeutig offen.
Barry schluckte. Er begann zu schwitzen, ehe er richtig stand.
Oh Gott, nicht noch einmal …
Barry blieb auf seinem Fahrersitz, als zwei Männer auf ihn zukamen. Sie hatten ihre Schirmmützen tief in die Stirn gezogen, und ihre Gesichter sahen aus, als wären sie mit etwas Dunklem, Öligem beschmiert worden.
Unmöglich zu erkennen … oder zu identifizieren.
Jeder von ihnen hatte eine Waffe. Während der eine zur Fahrerseite ging, näherte sich der andere der Beifahrertür.
Noch mehr schemenhafte Gestalten mit schwarzen Wollmasken, die ihre Gesichter bis auf die Augen vollständig verhüllt hatten, standen in der Nähe.
Eine Bande, dachte Barry. Genau wie letztes Mal.
Der Mann auf seiner Seite stieg aufs Trittbrett, öffnete die Fahrertür und richtete seine Waffe auf Barrys Kopf.
Und sprach.
Seine Stimme war raspelnd tief und hörte sich an, als würde er sie absichtlich verstellen. Seine Worte klangen kurz, klar und durch den Waffenlauf, in den Barry blickte, hinlänglich überzeugend.
»Aussteigen! Auf den Boden! Hände hinter den Kopf!«
Barry hockte mit dem Rücken zur Hecke auf einem Stück grober Erde und beobachtete hilflos, wie die Bande seinen Lastwagen entlud und die sicher verpackten Radiogrammofone zu dem anderen Wagen trug.
So schnell!
Sollten die jemals eine andere Arbeit suchen, wäre ein Trupp wie dieser wunderbar an der Excelsior-Ladebucht zu gebrauchen.
Andererseits mussten sie schnell sein. Irgendwie hatten sie die Straße blockiert, sodass niemand hier durchkam. Vielleicht wieder durch einen Baumstamm oder ein Automobil mit einer Panne? So oder so müssten sie die Sperre bald wieder aufheben, ehe jemand darauf aufmerksam wurde.
Barry konnte sich vorstellen, dass diese Kerle an alles gedacht hatten, während er zuschaute, wie das letzte große Radio vorsichtig umgeladen wurde.
Und jener andere Lastwagen war vollkommen unauffällig, ohne irgendwelche Merkmale, die sich einprägen würden. Schwarz, verbeult, mit schlammverschmutztem, unleserlichem Kennzeichen.
Der Mann, der ihm Anweisungen gegeben hatte, kam zu ihm. Er zog einen Revolver aus seiner hinteren Tasche und hieb Barry mit dem Lauf hart genug auf den Kopf, dass es wehtat.
»Du rührst dich nicht vom Fleck. Und zwar die nächsten fünfzehn … zwanzig Minuten. Denk nicht mal dran, dich vorher zu bewegen.«
Dann grummelte der Mann, hieb noch mal auf Barrys Kopf und drehte sich weg, um zu dem Lastwagen zu gehen, der nun beladen war und bei dem bereits der Motor lief und die Scheinwerfer ungeduldig aufleuchteten. Er kletterte auf den Beifahrersitz, während der Rest der Bande hinten zu den Grammofonen stieg.
Barry ließ seine Hände hinter dem Kopf verschränkt, solange er zuschaute, wie eine dicke Qualmwolke aus dem Auspuff des Lastwagens blies. Der Wagen tuckerte davon.
Der Blitz schlug also doch zweimal ein.
Wie viel Pech kann man nur haben? Und woher soll ich wissen, wann eine Viertelstunde vorbei ist? Was ist, wenn mich jemand beobachtet?
Also saß er da im Dunkeln unter dem Sternenhimmel, mit Steinen, die ihm in den Hintern pikten, und es wurde kälter.
Wohl wissend, dass ihm, wenn die Zeit um war, nur eines blieb: zurück zur Fabrik fahren.
Und das würde wahrlich unerfreulich werden!
Sir Harry Mortimer eilte die Treppe hinunter. Es war ein idealer Tag zum Golfspielen, wie er es heute Nachmittag mit seinem alten Schulfreund Terry Wilson geplant hatte. Alles war im Royal Ashdown Club arrangiert. Und Sir Harry hatte eine wunderbare Idee.
An einem solch schönen Tag hatte Kat vielleicht Lust, eine Viererpartie mit Terrys Frau zu machen.
Doch als er auf das Wohnzimmer zuging, hörte er Stimmen.
»Ähm, Kat, ich …«
An der Tür blieb er stehen, denn durch die offenen Bleiglasscheiben erkannte er seine Frau auf dem dunkelblauen Zweiersofa, und ihr gegenüber, auf dem breiten braunen Ledermöbel, saß Nicola Green mit einer anderen Frau.
Deren sehr verzerrter Miene entnahm er, dass sich etwas Furchtbares zugetragen haben musste.
Und sein erster Gedanke war: Kat würde sich also nicht zu einer Runde in Ashdown zu ihm gesellen.
»Ah, Harry, gut, dass du da bist! Nicola hatte angerufen, und ich habe ihr gesagt, sie möge Mrs Hobbs gleich mit herbringen.«
Harry nickte lächelnd. »Nicola, Mrs Hobbs.«
Natürlich kannte er Nicola, eine der »Säulen« von Mydworth. Sie betrieb hier den Woman’s Voluntary Service, eine Freiwilligenorganisation, die sich für das Wohl der Damenwelt in Mydworth engagierte.
Kat arbeitete seit einer Weile zwei Tage die Woche bei der Organisation, und er unterstützte sie nach Kräften.
Trotzdem hatte er gerade das Gefühl, dass er gleich etwas hören würde, was seine Nachmittagspläne zunichtemachte.
Er zog sich einen Sessel näher zu seiner Frau. Und jetzt kam Maggie mit dem Teetablett herein.
»Oh, Sir Harry, ich habe nicht gewusst, dass Sie dabei sind. Wir brauchen noch eine Tasse!«
Harry wollte ihr sagen, dass er keine brauchte, auch wenn Tee hier offensichtlich dringend vonnöten war. Doch er ließ sie davoneilen, um eine Tasse für ihn zu holen, und wandte sich an die anderen.
»Also, was ist los?«
Kat blickte ihn mit ihren dunklen Augen an. Erriet sie, dass er ein wenig enttäuscht war, seine Golfrunde eventuell absagen zu müssen? Sie kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass sein Pflichtbewusstsein stets gewann.
»Sir Harry«, begann Nicola, »Mrs Hobbs war gleich heute Morgen beim WVS.«
»Mein Mann weiß von nichts.«
Die Frau sah zu Kat und Harry.
»Wie wäre es, wenn Sie den beiden erzählen würden, was passiert ist, Molly?«, fragte Nicola.
Molly Hobbs nickte.
»Es ist so, mein Mann arbeitet bei Excelsior.«
Harry beugte sich zu Kat, denn sie lernte Mydworth und die Umgebung nach wenigen Monaten hier erst kennen und hatte diesen Namen vielleicht noch nicht gehört.
»Sie stellen Radiogrammofone her, Kat. Die besten, wie ich gehört habe. Ich glaube, sie haben eine neue Fabrik mit Lager gleich hinter dem Bahnhof.«
Er wandte sich zu den Frauen auf dem Sofa. »Stimmt das so, Mrs Hobbs?«
Mrs Hobbs bejahte. »Barry ist Fahrer bei ihnen, müssen Sie wissen …«
»Ihr Mann?«, fragte Kat.
»Ja, mein Mann«, antwortete Mrs Hobbs, als müssten alle wissen, wer Barry war. »Jedenfalls ist er bei einer seiner Lieferfahrten vor ungefähr einem Monat angehalten worden, und man hat ihm seine ganze Ladung … gestohlen!«
»Aha«, sagte Harry und neigte sich wieder vor. »Davon habe ich nichts mitbekommen.«
»Kann gut sein«, tat Mrs Hobbs es ab. »Dabei weiß doch jeder, dass es nicht das erste Mal war, dass sie eine Lieferung verloren haben. Aber sie halten das unter Verschluss, warum auch immer.«
Während Harry darüber nachdachte, kam Maggie mit einer zusätzlichen Tasse zurück.
Harry nahm sie und begann Tee einzuschenken. »Ich übernehme das.«
Eine kleine Dampfwolke stieg von dem heißen Tee auf, und die Morgensonne, die durchs Fenster hereinfiel, beleuchtete die wenigen Staubkörnchen, die Maggies scharfem Blick entgangen waren.
Kat beugte sich nach vorn und fragte ruhig: »Sie waren bei der Polizei, nehme ich an?«
»Oh ja, und die haben nichts gefunden. So wie bei den anderen Überfällen. Also ging alles wie üblich weiter. Zumindest haben wir nichts mehr gehört. Aber dann …«
Plötzlich fand Harry den Gedanken, einem kleinen weißen Ball über einen gepflegten Rasen hinterherzujagen, nicht mehr halb so interessant wie dies hier.