Nam-Bok, der Lügner - Jack London - E-Book

Nam-Bok, der Lügner E-Book

Jack London

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Beschreibung

Nam-Bok, der Lügner: In ein Fischerdorf im Yukon-Delta, dessen Bewohner in ihrem ganzen Leben nur zwei Weiße – den Volkszählungsbeamten und einen verirrten Jesuitenpater – gesehen haben, kehrt der jahrelang verschollene und für tot gehaltene Nam-Bok zurück. Seine Geschichten von riesigen Kanus, die aus Eisen gemacht sind, und von dem Ungeheuer, das Rauch ausspeit und auf eisernen Stangen läuft, können nach Ansicht des Häuptlings nur Lügen sein oder aus der Schattenwelt stammen. Nam-Bok verliert erneut seine Heimat.

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Seitenzahl: 25

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Nam-Bok, der Lügner

»Eine Bidarka, nicht wahr? Schau, eine Bidarka, und ein Mann, der sie ungeschickt mit einem Paddel rudert!«

Die alte Bask-Wah-Wan erhob sich, vor Kraftlosigkeit und Eifer zitternd, auf die Knie und starrte übers Meer hinaus.

»Nam-Bok war immer ungeschickt mit dem Ruder«, murmelte sie, sich erinnernd, beschattete die Augen gegen die Sonne und spähte über das silberfunkelnde Wasser. »Nam-Bok war immer ungeschickt. Ich weiß noch…«

Aber Frauen und Kinder lachten laut, und in ihrem Lachen lag ein sanfter Spott. Bask-Wah-Wans Stimme wurde leiser, bis ihre Lippen sich nur noch lautlos bewegten.

Koogah hob das ergraute Haupt von seiner Beinschnitzerei und folgte ihrem Blick. Eine Bidarka näherte sich dem Strande, wurde nur hin und wieder von heftigen Böen abgetrieben. Ihr Besitzer ruderte mit mehr Kraft als Geschicklichkeit und kam in mühseligstem Zickzack näher. Koogah ließ sein Haupt wieder auf die Arbeit sinken und kratzte in den Elfenbeinhauer zwischen seinen Knien die Rückenflosse eines Fisches, desgleichen nie im Meere geschwommen war.

»Es ist zweifellos der Mann aus dem Nachbardorfe«, sagte er abschließend. »Er kommt, um mich über das Schnitzen in Bein zu Rate zu ziehen. Und der Mann ist ein ungeschickter Bursche. Er wird es nie lernen.«

»Es ist Nam-Bok«, wiederholte die alte Bask-Wah-Wan. »Sollte ich meinen eigenen Sohn nicht kennen?« fragte sie schrill. »Ich sage und ich sage es wieder: Es ist Nam-Bok.«

»Und das hast du viele Sommer gesagt«, spottete eine der Frauen sanft. »Immer, wenn das Eis auf dem Meere schmolz, saßest du hier und hieltest den lieben langen Tag Wache, und bei jedem Kanu sagtest du: ›Das ist Nam-Bok.‹ Nam-Bok ist tot, Bask-Wah-Wan, und die Toten kehren nicht wieder. Es ist unmöglich, dass die Toten wiederkehren.«

»Nam-Bok!« rief die alte Frau so laut und deutlich, dass das ganze Dorf sie verblüfft anblickte.

Sie kam mit Anstrengung auf die Beine und wankte über den Sand hinab. Sie stolperte über ein Kind, das in der Sonne lag, und die Mutter beschwichtigte sein Weinen und rief der alten Frau harte Worte nach, ohne dass diese sich jedoch darum kümmerte. Die Kinder liefen ihr zum Strande voraus, und während der Mann in der Bidarka immer näher kam und das Boot in seiner Ungeschicklichkeit fast zum Kentern gebracht hätte, kamen die Frauen ihr nach. Koogah ließ seinen Walrosszahn fallen und folgte, schwer auf seinen Stock gestützt, und die andern Männer schlenderten zu zweien oder dreien hinter ihm her.

Die Bidarka wandte dem Lande die Breitseite zu, und der Wellenschlag drohte sie zu füllen, aber ein nackter Knabe lief ins Wasser und zog den Bug hoch auf den Strand.

Der Mann erhob sich und warf einen fragenden Blick über die Reihe der Dorfbewohner. Eine bunte Wolljacke hing, schmutzig und abgenutzt, über seiner breiten Schulter, und er hatte ein rotes Taschentuch nach Matrosenart um den Hals gebunden. Eine Fischermütze auf seinem kurzgeschorenen Kopfe, Wollhosen und schwere Schuhe vervollständigten seine Kleidung.