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Neues von den Weihnachtsmäusen E-Book

Anu Stohner

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Beschreibung

Wenn Mäuse die besseren Weihnachtsmänner sind! Es war einmal ein Weihnachtsmann, der hieß Friedebert und sollte eigentlich gar nicht zu den Menschenkindern reisen, weil er so ein Schussel war. Aber dann fingen sich ein paar Kollegen eine grausliche Erkältung ein, und Friedebert musste doch ran. Als Erstes fiel ihm beim Start die Karte aus dem Schlitten mit den Orten, in die er reisen sollte. Dann merkte er, dass er die Liste mit den Kindern und den richtigen Geschenken in den falschen Mantel gesteckt hatte. Oder eigentlich war es der richtige Mantel, er hatte nur den falschen angezogen ... Nicht auszudenken, was passiert wäre, hätten nicht die Weihnachtsmäuse eingegriffen.

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Seitenzahl: 106

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Anu Stohner

Neues von denWeihnachtsmäusen

Eine Adventskalendergeschichte

Mit Bildernvon Reinhard Michl

Deutscher Taschenbuch Verlag

Wie diesmal alles begann

Es war wie jedes Jahr, seit die Tiere ihren Adventskalender hatten. Am 1. Dezember versammelten sie sich auf der großen Lichtung im Wald, dort, wohin alle nur in friedlicher Absicht kommen durften, das war ein uraltes Gesetz. Sie waren alle da, der Elch und der Bär, Familie Fuchs und Familie Hase, die Feld- und die Haselmäuse – alle, die großen Tiere, die mittleren und die kleinen. Oben auf ihrem Baum saß die kluge Eule und hielt Ausschau nach der Stadtmaus, denn auf die kam es an. Die Stadtmaus war die größte Geschichtenerzählerin unter den Tieren, das war allgemein bekannt, und von heute an bis Heiligabend würde sie jeden Tag in den Wald kommen und erzählen – eine Geschichte in 24 Stücken, das war der Adventskalender der Tiere, so hatten sie es vor Zeiten beschlossen.

Jetzt aber wurden sie auf der Lichtung langsam nervös. Es dämmerte schon, die großen Augen der Eule wurden vom Ausschauen immer noch größer, aber von der Stadtmaus war weit und breit nichts zu sehen.

»Wenn da nur nichts passiert ist!«, seufzte der Elch, der immer gleich das Schlimmste kommen sah.

»Alte Unke«, brummte sein alter Freund, der Bär.

»Ich sag ja nur«, sagte der Elch beleidigt. Er hatte die größten Schaufeln im Wald und war trotzdem von allen Tieren das empfindlichste.

»Achtung, gleich gibt’s bei den beiden wieder Zoff«, flüsterte der freche kleine Dachs dem naseweisen Hasen zu.

»Wo?«, fragte der naseweise Hase. »Bei wem? Worüber?«

Aber bevor der freche kleine Dachs ihm Antwort geben konnte, hörte man die Eule rufen: »Da kommt jemand! Es ist…eine Maus!«

»Da siehst du«, brummte der Bär.

»Pöh!«, machte der Elch, der immer noch beleidigt war. Dabei konnte er noch gar nicht wissen, wie recht er hatte. Denn jetzt rief die Eule: »Aber es ist nicht die Stadtmaus!«

»Wer sonst?«, rief da die ganze Runde.

»Wenn ich es recht sehe«, sagte die Eule, »ist es eine von den Kirchenmäusen.«

Die Kirchenmäuse sah man sonst selten im Wald, schon gar nicht in der Vorweihnachtszeit, wo sie bei sich zu Hause auf die Kerzen am großen Adventskranz vor dem Altar aufpassen mussten, damit da kein Unglück passierte. Dass jetzt eine Kirchenmaus kommen sollte, wunderte die Tiere sehr. Und da trat sie auch schon in ihre Mitte, genau dorthin, wo sonst die Stadtmaus stand, wenn sie erzählte.

»Grüß Gott allerseits!«, sagte sie, und man konnte hören, dass sie ordentlich aus der Puste war.

»Grüß Gott!«, antwortete die Eule für alle anderen, die sich erst noch von ihrer Überraschung erholen mussten. »Ich sehe, du bringst Nachrichten«, fuhr die Eule fort.

»Woher will sie das wissen?«, mümmelte der naseweise Hase.

»Die Umhängetasche, Blindfisch!«, flüsterte der freche kleine Dachs.

Da sah es auch der Hase: Die Kirchenmaus trug eine Umhängetasche, und oben aus der Tasche schaute ein Briefumschlag heraus. Den zog die Kirchenmaus jetzt heraus und sagte: »Nachrichten, ja, von der Stadtmaus. Sie lässt schön grüßen, aber sie kann leider nicht kommen.«

»Ooooh!«, tönte es da durch den Wald, dass bestimmt ein paar Tiere vor Schreck in ihre Höhlen und Nester gesaust wären, wenn sie nicht alle mitgetönt hätten.

»Es tut ihr schrecklich leid«, sagte die Kirchenmaus, als sich endlich alle beruhigt hatten. »Es tut ihr leid, aber der Mäusedoktor hat ihr strikte Bettruhe verordnet. Außerdem könnte sie auch gar nicht erzählen, selbst wenn sie wollte…«

»Oooooooooh!«, tönte es da wieder, aber diesmal hob die Kirchenmaus energisch die Arme, und seltsam: Sie machte es genauso wie die Stadtmaus, wenn sie Ruhe haben wollte. Die Tiere wunderten sich zum zweiten Mal an diesem Abend, aber dann waren sie mucksmäuschenstill.

Nur Fritzi, das schlaue Fuchsmädchen, flüsterte seinem großen Bruder noch schnell zu: »Ich wette, ich weiß, warum die Stadtmaus ausgerechnet sie geschickt hat.«

Aber die anderen ahnten es nicht einmal.

»Die Stadtmaus hat nämlich ein bisschen Pech gehabt«, fuhr die Kirchenmaus fort. »Sie war zum ersten Mal in ihrem Leben Schlittschuhlaufen und wollte gleich Pirouetten und Sprünge und so was probieren, da hat sie sich glatt den Knöchel gebrochen…«

»Oooh…«, tönte es da, aber gleich hatte die Kirchenmaus wieder die Arme oben, und es war still.

»Danach kriegte sie einen Gips und ging an Krücken, aber die Krücken waren leider nicht für den Käseladen gemacht. Dort ist der Boden ja immer ein bisschen feucht, könnt ihr euch denken, und na ja…« Hier hielt die Kirchenmaus einen Augenblick inne, genau wie die Stadtmaus, wenn es bei ihren Geschichten spannend wurde.

»Was na ja?«, rief der naseweise Hase.

»Na ja«, sagte die Kirchenmaus. »Da ist sie hingefallen und hat sich fast die Nagezähnchen abgebrochen. Zum Glück wackelten sie nur, aber der Mäusedoktor sagt, wenn sie nicht ein paar Wochen schön den Mund hält und nur Saft und Süppchen mit dem Strohhalm trinkt, dann fallen sie ihr aus. – Ihr könnt euch vorstellen, was das für eine Maus bedeutet.«

»Allerdings!«, riefen die Feld- und die Haselmäuse, und sogar der sonst so scheue Biber nickte.

»Ja, und darum stehe ich nun hier«, fuhr die Kirchenmaus fort. »Aber keine Angst, das erste Stück Geschichte hab ich mitgebracht. Hier…«, sagte sie und schwenkte den Briefumschlag, den sie die ganze Zeit schon in der Pfote hatte.

»Augenblick!«, rief da die Eule von ihrem Baum. »Ich schlage vor, von jetzt an machen wir alles so wie jedes Jahr.«

Da schauten alle fragend zu ihr auf, aber sie kannten ja die kluge Eule. Bestimmt würde man gleich erfahren, wie sie das meinte.

1

Der erste Abend, an dem die Tiere hören, dass die neue Geschichte von den Weihnachtsmäusen bei den Weihnachtsmännern beginnt

»Gleich, liebe Freunde«, sagte die Eule schmunzelnd, »öffnen wir das erste Türchen unseres Adventskalenders.« Immer noch schauten alle fragend zu ihr auf, aber die Kirchenmaus hatte verstanden.

»Wie gesagt: Das erste Stück Geschichte hab ich mitgebracht«, sagte sie. »Schreiben kann die Stadtmaus nämlich noch, und von heute an schreibt sie euch jeden Tag. Jetzt müsst ihr nur noch jemanden suchen, der schön vorlesen kann.«

»Nein«, sagte da die kluge Eule, »das müssen wir nicht.«

»Nein?«, sagte die Kirchenmaus.

»Nein«, sagte die Eule. »Den haben wir nämlich schon.«

»Und wer soll das sein?«

»Ich hab’s gewusst!«, flüsterte Fritzi ihrem verdutzten großen Bruder zu.

»Du«, antwortete die Eule schmunzelnd. »Du bist dafür genau die Richtige.«

Und bevor die Kirchenmaus noch etwas erwidern konnte, brach ein Jubel los, bei dem sie gar nicht mehr Nein sagen konnte. Sie wollte es aber auch nicht. Sie las gern Geschichten vor, und wenn sie schon Postbotin spielte, wie sie es der Stadtmaus versprochen hatte – warum sollte sie dann nicht auch die Vorleserin sein? »Einverstanden«, sagte sie, und gleich wurde der Jubel noch einmal größer. Nur der Elch konnte es sich nicht verkneifen, seinen alten Freund Bär mit den Schaufeln anzustupsen und zu brummen: »Na, was hab ich gesagt?«

»Pöh!«, machte der Bär.

Die Kirchenmaus aber schaute munter in die Runde und riss endlich den Umschlag auf. Sie zog den Brief heraus, der darin steckte, faltete ihn auseinander, räusperte sich und begann mit fester Stimme zu lesen.

»Liebe Freunde«, las sie, »meine teure Freundin wird euch schon erzählt haben, dass ich gleich zweimal unschuldig in Unfälle verwickelt war. Falls jemand über so viel Pech auf einmal lachen möchte: Bitte! Das tun hier in der Stadt auch alle. Wer den Schaden hat, braucht sich um den Spott nicht zu sorgen, heißt es bei uns Mäusen, auch wenn die Menschen glauben, sie hätten das Sprichwort erfunden. Ganz allgemein halten sich ja die Menschen für die schlauesten unter den Lebewesen, dabei wären sie ohne uns Tiere aufgeschmissen…«

»Hört, hört!«, tönte es da aus der Runde.

»Da sagt sie was!«, rief der schlaue Fuchs.

»Das sagt sie nicht, das schreibt sie«, verbesserte ihn sein noch schlaueres Töchterchen Fritzi, was Vater Fuchs überhaupt nicht gefiel, weil darüber nämlich alle schrecklich lachen mussten.

»Was gibt’s denn da zu lachen?«, schimpfte Vater Fuchs, aber da geriet die Runde nur noch mehr aus dem Häuschen.

»Höhöhö!«, trötete der Elch.

»Ich sag nur: Wer den Schaden hat…«, japste der Wolf.

»Schaden? Was denn für einen Schaden?«, fragte Vater Fuchs, und jetzt war endgültig kein Halten mehr.

»Hoho! – Haha! – Hihi! – Ich kann nicht mehr…Ich kann nicht mehr…« So schallte es durch den Wald, bis eine wahre Donnerstimme »RUHE!« rief. Im ersten Schreck schauten alle zum Bären, weil niemand sonst im Wald so eine tiefe Stimme hatte. Aber der Bär lachte immer noch sein »Hoho!« und hielt sich den Bauch vor Lachen, der hatte ganz bestimmt nicht »Ruhe!« gedonnert. Wer aber dann? Das fragten sich alle und zuckten die Achseln. Dann erst fiel ihnen die Kirchenmaus wieder ein, und als sie die anschauten, wussten sie Bescheid. Auweia, konnte die mit den Augen funkeln! Den Brief hatte sie unter die Achsel geklemmt, die Arme vor der Brust verschränkt, und als sie zu sprechen begann, lief sogar dem Wolf, der sich vor nichts und niemandem fürchtete, ein Schauer über den Rücken.

»Schön«, sagte sie. »Ich weiß nicht, wie es meine Freundin hält, aber ich möchte einen Vorschlag machen, und zwar: WENN ICH LESE, HABT IHR PAUSE!« Sie hatte leise begonnen, und erst beim letzten Satz war ihre Stimme wieder zu dem Donnergrollen angeschwollen. Jetzt erschraken die Tiere nicht mehr so davor, aber Respekt flößte ihnen die Kirchenmaus ein, das konnte man daran sehen, wie verlegen sie alle auf den Boden schauten. Ob man für die dunklen Kirchengewölbe so eine Stimme brauchte?

»Schön«, sagte die Kirchenmaus. »Ich sehe, wir haben uns verstanden.« Und dann las sie weiter, als wäre nichts gewesen: »…dabei wären sie ohne uns Tiere aufgeschmissen – und ganz besonders ohne uns Mäuse…«

Ach, wie gern hätten die Feld- und Haselmäuse an der Stelle gejubelt, aber sie blieben lieber still.

»Am allerschlimmsten aber wäre es ohne die Weihnachtsmäuse, von denen die schlauen Menschen nicht einmal etwas wissen. Wir aber wissen von ihnen, und wir wissen sogar, wie oft sie den Menschen schon geholfen haben, wenn an Weihnachten etwas schiefzugehen drohte. Denkt nur an das Waisenhaus vor langer Zeit, als die Schwestern dort den Christbaumschmuck verkaufen mussten, damit die Waisenkinder wenigstens etwas zu essen bekamen! Was war das für ein Fest, als die Weihnachtsmäuse alles ins Lot gebracht hatten! – Ihr kennt die Geschichte, und ich erwähne sie auch nur, weil es in der, die ich euch dieses Jahr erzählen möchte, erst einmal gar nicht um die Menschen geht. Später schon, aber erst geht es um die Weihnachtsmänner. Bei denen beginnt unsere Geschichte…« Hier hielt die Kirchenmaus inne wie sonst die Stadtmaus, bevor sie schmunzelnd sagte, dass es morgen weitergehe. Tatsächlich schmunzelte jetzt auch die Kirchenmaus, bevor sie weiterlas: »…und wie die Geschichte beginnt, davon schreibt euch morgen eure Stadtmaus, die zwar den Schaden hat, aber mit dem Spott gut leben kann.«

Einen kurzen Augenblick noch herrschte Stille, dann klatschte die Versammlung lange. Für den Anfang hatte die Kirchenmaus ihre Sache gut gemacht, das wollten die Tiere damit sagen, und die Eule fügte noch hinzu, dass sich alle schon auf morgen freuten.

»Ich mich auch«, sagte die Kirchenmaus, stopfte den Brief zurück in ihre Umhängetasche und flitzte davon.

Nur Vater Fuchs sah nicht aus, als ob er sich auf irgendetwas freute. Manchmal war er aber auch ein echter Miesepampel.

2

Der zweite Abend, an dem die Tiere von wilden Weihnachtsmännern hören

»Heute, liebe Freunde, öffnen wir das zweite Türchen unseres Adventskalenders«, sagte die Eule, und die Kirchenmaus trat vor. Den Brief der Stadtmaus hatte sie schon aus dem Umschlag gezogen. Jetzt faltete sie ihn auseinander, räusperte sich und begann mit fester Stimme zu lesen.

»Liebe Freunde«, las die Kirchenmaus, »bei den Weihnachtsmännern beginnt also unsere Geschichte. Wie jedermann weiß, wohnen die Weihnachtsmänner in einem kleinen Dorf weit, weit im Norden, wo es schon Winter wird, wenn bei uns die letzten Sommerblumen blühen. Darum müssen sich die Weihnachtsmänner auch nicht sehr beeilen und können den Winter ein Weilchen genießen, bevor sie ihre Schlitten und Stiefel putzen und die Reisemäntel ausklopfen, damit alles schön sauber glänzt, wenn sie sich auf den Weg zu den Menschenkindern machen.

Kaum fällt der erste Schnee, holen sie die Ski aus dem Schuppen und die Rodelschlitten, und ihr solltet sie sehen, wie sie die Abhänge hinuntersausen! Man denkt immer, Weihnachtsmänner, das seien lauter gesetzte alte Herren; aber sie sehen nur so aus, weil sie so lange weiße Bärte haben. In Wirklichkeit sind sie ganz schön wilde Kerle, und Schlittschuhlaufen können sie, da würdet ihr staunen. Ihr Lieblingsspiel ist Eishockey, und wären sie nicht so eingemummt, wenn sie zu den Menschenkindern