Nochmal Sanders - Edgar Wallace - E-Book

Nochmal Sanders E-Book

Edgar Wallace

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Beschreibung

Im zwölften und damit letzten Band der Reihe geht es hauptsächlich um Sanders. Es gibt kein gutes Ende, es sind nur die letzten Geschichten um die afrikanischen Protagonisten., Als Bezirkshauptmann in Afrika im Namen der britischen Regierung Häuptlinge eingesetzt, bringt er den Eingeborenen die Errungenschaften der Zivilisation. Es ist eine Zeit, in der die großen Weltmächte um koloniale Ehren wetteifern, eine Zeit des Ju-Ju, der Medizinmänner und eines unruhigen Friedens mit Bosambo, dem beeindruckenden Häuptling der Ochori. Als Kommissar Sanders in Urlaub geht, übernimmt der vertrauenswürdige Leutnant Hamilton die Verwaltung der afrikanischen Territorien. Doch wieder einmal schafft es der störanfällige Francis Augustus Tibbetts, genannt "Bones", obwohl er eigentlich helfen will, nur seine eigene Art von unschuldigem und liebenswertem Unfug zu verbreiten.

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Seitenzahl: 263

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Edgar Wallace

Nochmals Sander

Die Afrika-Romane 12. Band

Scratch Verlag

Klassik

e-book 132

Originaltitel: Again Sander. 1928

Erscheinungstermin: 01.10.2022

© Scratch Verlag

Erik Schreiber

An der Laut 14

64404 Bickenbach

[email protected]

www.scratch-verlag.de

Titelbild: Simon Faulhaber

Vertrieb: neobooks

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Bones und die Bienen

Der Schwätzer

Der Reformator

Der Geisterseher

Das Zepter des Königs

Der Kanal

Die kostbaren Dinge

Der große Geist Dhar

Die reiche Frau

Die Hüter des Schatzes

Das Geschenk

M'gala, der Verfemte

Biographie

Vorwort

Mit diesem Band, dessen Erstveröffentlichung im Jahr 1928 erfolgte, also vor knapp einhundert Jahren, geht die Reihe der Afrikaromane zu Ende. Wer alle zwölf Romane bzw. Kurzgeschichtensammlungen hintereinander weg gelesen hat, fand sicher einige Erkenntnisse. Nicht nur über die Erzählungen, die mit Unterbrechungen von 1911 bis 1928 erschienen, sondern auch über den Inhalt. Der große Krieg, wie der erste Weltkrieg damals genannt wurde, findet keinen direkten Eingang in die Erzählungen. Er wird hier und dort erwähnt, bleibt aber ohne Belang auf Sander, Hamilton und Bones.

Der Schauplatz der zwölf Romane war hauptsächlich Afrika. Zu einer Zeit, da die afrikanische Wildnis für den Weißen noch den unbekannten, geheimnisvollen schwarzen Kontinent darstellte. Im Mittelpunkt steht der kluge und mutige Distriktbeamte Sanders, von der britischen Kolonialmacht eingesetzt.

Bones und die Bienen

Makara, der Häuptling der Kobala'ba, ließ sich den Fluss hinunterrudern bis zu einem Dorf, das noch zehn Meilen von der Residenz entfernt lag. Dort blieben die zehn Mädchen, die bis dahin seine Bootsbesatzung gebildet hatten, unter der Obhut des Dorfältesten, von dem er sich neue Ruderer mietete, zurück.

Der junge sehnige Makara war herrlich anzusehen; denn als Zeichen seiner Würde trug er nicht nur ein Kleid aus Affenfellen, sondern auch mannigfachen Schmuck. Viele Messingringe schimmerten an seinen Unterarmen, und sein Haar war mit Ingola rot gefärbt. Die bronzebraune Haut seiner Beine glänzte von Öl, und als er zur Residenz ging, klirrten seine kupfernen Fußringe bei jedem Schritt aneinander. Sanders hatte ihn schon von weitem bemerkt und erwartete ihn.

„Ich sehe dich, mein Herr Sandi“, begrüßte Makara den Bezirksamtmann. Seine Stimme klang müde und gelangweilt.

„Ich sehe dich, kleiner Häuptling“, entgegnete Sanders etwas ironisch. „Ich saß vor meinem schönen Hause und beobachtete, wie du vom Fluss zu mir heraufkamst, und da dachte ich, dass du eigentlich einem Tanzmädchen von Kobala'ba gleichst, einer, die man für tausend Matakos kaufen kann. Mir kam überhaupt nicht der Gedanke, dass du, Makara, der Sohn des Lebulana und der Enkel des großen Kriegers Elibi bist.“

Wenn Makara sich schämte, so zeigte er es doch nicht im geringsten.

„In meinem Lande sind alle Männer schön“, erwiderte er selbstgefällig. „Auch in Kobala'ba trage ich Federn im Haar und manchmal auch um den Gürtel und die Lenden.“ Sanders lächelte verächtlich.

„Es wäre mir lieber, wenn du mit Speer und Schild in der Hand hierherkämst wie ein mannhafter Krieger. Es scheint mir, dass es zu viel Frauen in Kobala'ba gibt –“.

„O Herr, deshalb bin ich ja gerade gekommen“, sagte Makara eifrig. „Bald wirst du einen Boten zu uns schicken, damit wir ihm Gummi und Fische geben sollen, die du jedes Jahr für deine Regierung stiehlst. Und weil wir nur so wenig Männer sind, haben wir nichts, was wir dir geben können.“

Bevor Sanders antwortete, nahm er eine Zigarre aus seinem Etui und steckte sie an. Makara beobachtete ihn argwöhnisch. „Hast du mir vielleicht Tribut gegeben, als ich das letzte Mal danach schickte? Und habe ich noch früher von dir Tierhäute und Gummi bekommen? Von all den vielen Stämmen, die hier am Großen Fluss wohnen, zahlt allein dein Volk keine Steuer an meinen König. Und weil du fern von mir wohnst und ich in meinem kleinen Schiff den seichten Fluss nicht hinauffahren kann, lachst du mich vielleicht aus. Merkwürdige Geschichten sind zu mir heruntergekommen – ich habe von Frauen gehört, die jagen und fischen, und von Frauen, die sogar Häuser bauen. Es scheint mir fast, als ob ein neues Sklavengeschlecht unter meinen Augen heranwächst. Sklaven, die wie Hunde zusammengepfercht sind und die man wie Hunde mit der Peitsche schlägt. Das ist gegen das Gesetz aller Stämme am Großen Fluss und vor allem gegen mein Gesetz. Eines Tages werde ich aber kommen und alles sehen.“

„O Herr, du hast nur böse Lügen gehört. Alle meine jungen Leute sind stark und tapfer. Die Frauen haben die Arbeit, die ihnen zukommt. Sie sind auf den Feldern und am Feuer tätig –“.

„Und in den Booten rudern sie auch?“, fragte Sanders bedeutungsvoll. „Meine Spione berichten mir, dass Frauen deine Boote rudern. Du hast sie in dem Dorf Chubiri gelassen, damit ich es nicht sehen und mich darüber ärgern soll. Das Palaver ist aus.“

Als Makara zu seinem Dorfe zurückfuhr, fühlte er sich nicht besonders wohl.

Alles, was Sanders gehört und gesagt hatte, entsprach der Wahrheit. Makara hatte alle Gewohnheiten und Gebräuche des Landes auf den Kopf gestellt. Seit undenklichen Zeiten war in diesem weit abgelegenen Gebiet die Tätigkeit der Männer und der Frauen scharf umgrenzt. Zum Beispiel durfte eine Frau nie eine Hütte bauen. Alle bedeutenden Stämme behalten dies den Männern vor, weil man annimmt, dass es seit Anbeginn der Zeit stets Männerarbeit war, und weil allen wohlbekannt ist, dass auf dem Dach, das eine Frau gedeckt hat, ein fürchterlicher Fluch liegt. So träge und faul auch die eingeborenen Männer sein mögen, die Errichtung eines Hauses ist ihr unbestreitbares Vorrecht. Andererseits wird kein Mann, der etwas auf sich hält, das Feld bearbeiten, Getreide bauen, Maniok einweichen oder eine Mahlzeit kochen. Die Frauen dürfen nicht jagen und nicht fischen. Auch das ist Männerarbeit.

Aber das Volk von Kobala'ba hatte sich schwer gegen diese feststehenden Gebräuche vergangen, und ein kleiner Häuptling der Isisi hatte sich bei Sanders empört über diese Zustände beklagt.

„Nachts kommen sie von dem kleinen Fluss zwischen dem Grase“, sagte er. „Immer zehn Frauen in einem Boot. Vor den Augen meiner jungen Leute stechen sie die Fische mit ihren Speeren, und wenn meine Fischer zu ihnen reden, dann geben sie schamlose Antworten. Wir können aber nichts tun, weil es Akasava sind. Vor einem Mond und einer Mondrinde sandte ich einen Boten zu dem großen Häuptling der Akasava, der ihm über diese schrecklichen Dinge berichtete. Aber er antwortete, dass Kobala'ba ein unabhängiges Land sei, und dass die Leute, obwohl sie zu seinem eigenen Volk gehörten, doch seiner Gewalt spotteten. Man erzählt auch, dass die Frauen in Kobala'ba mit ihren Speeren in den Wäldern jagen, während die Männer in ihren Hütten sitzen. Ich habe noch niemals solchen Unsinn gehört.“

Aus einem bestimmten Grunde konnte man das Dorf Kobala'ba wirklich als unabhängiges Gebiet bezeichnen. Am Ende eines seichten kleinen Flusses, der in den Großen Fluss mündet, und von allen Nachbargebieten durch Sumpfgelände abgeschnitten, zieht sich ein kleiner See hin. An seinem nördlichen Ufer erhebt sich ein großer hügeliger Landrücken, dessen sonnige Abhänge sich besonders für den Anbau von Korn eignen. Liebliche Haine von Isisipalmen geben angenehmen Schatten, und hinter dem Hügel liegt ein ausgedehnter Wald mit großem Wildbestand, ein guter Jagdgrund für Männer und, wie es schien, auch für Frauen.

Nördlich trennt ein Streifen sumpfigen Landes diese Wälder von dem Gebiet der Ochori. Auch nach Osten ziehen sich Sümpfe hin, und im Westen liegt ödes Land, manchmal eine Wasserwüste, manchmal Morast. So ist Kobala'ba von Natur aus nach allen Seiten abgeschlossen. Es ist eine trockene Oase in einem großen Wasser- und Sumpfgebiet mit scheußlichen Krokodilen und gefährlichen Moskitos.

In den Tagen des bösen Königs Elibi, der mit starker Hand von den Geisterbergen bis zum kleinen Fluss herrschte, war das Gebiet vollkommen unzugänglich und verlassen, und seit alten Zeiten ging die Sage, dass unzählige Geister und Teufel dort hausen. Alle fürchteten das Land, und niemand wollte dort wohnen. Als Sanders in der ersten Zeit seiner Amtstätigkeit König Elibi unterwarf, flüchteten die Überlebenden eines Akasavaregiments mit den Ziegen und Weibern,die sie geraubt hatten, in diese Gegend. Sie ließen sich dort nieder, bauten Hütten, und allmählich wuchs eine neue Generation heran, die hauptsächlich aus Frauen bestand. Diese Tatsache kann man öfter feststellen, wenn sich Krieger und Sklaven miteinander mischen. Jahrelang kamen in Kobala'ba immer drei Mädchen auf einen Knaben, und schließlich lebten in dem Dorfe viele schlanke, junge Frauen neben verhätschelten jungen Männern und Knaben, die vor ihren Hütten saßen und sich von ihren Schwestern, Kusinen, Müttern und Tanten bedienen ließen.

Als der alte Häuptling starb und Makara die Regierung übernahm, trat ein bedeutender Umschwung in dem Wirtschaftsleben Kobala'bas ein. Makara entdeckte einen Weg, auf dem man leicht zu Reichtum und Wohlstand kam. Er sandte Scharen von Frauen auf die Jagd – zuerst noch unter der Leitung eines Mannes, nachher allein – und häufte in den Vorratshäusern des Dorfes große Mengen von Häuten und Gummi. Seine Boote brachten ihm viele Fische, die er in der Sonne trocknen ließ. Diese Waren ließ er heimlich über die französische Grenze bringen und machte gute Geschäfte.

In einem andern Lande wäre Makara vielleicht ein Großindustrieller geworden, denn er konnte glänzend organisieren. Sklaverei ist natürlich streng verboten, aber Frauen haben ihren Preis am Großen Fluss, und es ist auch gesetzlich gestattet, Frauen zu kaufen. Makara und die Männer von Kobala'ba hatten nun eine neue Beschäftigung. Seine Boote fuhren Stromauf und -ab und suchten „Weiber“. An dem Tage, an dem er Sanders besuchte, hatte er fünfhundert Frauen im Dorf untergebracht, und ebenso viele waren unterwegs, um Beute für ihn zu machen.

Nach drei Wochen mühevollen Ruderns brachten die zehn Frauen Makara wieder zu seinem Dorf zurück. Als er dort ankam, harrte seiner die Lösung eines häuslichen Konflikts. Eine seiner Frauen, die schlanke T'lini, hatte eine Gruppe von Frauen in die Wälder hinausgeführt, war aber fast ohne Beute von der Jagd zurückgekehrt. Makara hielt mit den siebenundvierzig Männern seines Dorfes einen Rat ab.

„Wir dürfen sie nicht schlagen, und wir dürfen sie nicht in die Sonne legen“, sagte der Häuptling, „denn Sandi kommt bald, und dann erzählt sie böse Geschichten über uns. Wir wollen freundlich zu ihr sein, aber wenn Sandi wieder gegangen ist, soll sie bestraft werden.“

T'lini, die schon vierundzwanzig Stunden an Händen und Füßen gefesselt in der großen Hütte gelegen hatte, wurde freigelassen und erhielt gutes Essen. Sieben Tage lang versammelten die Oberhäupter ihre Familien und übten mit ihnen die Geschichten ein, die sie Sandi erzählen wollten. Und die Sklavenwirtschaft hätte vielleicht im stillen weitergeblüht, und Makara wäre immer reicher geworden, wenn Leutnant Bones nicht zwei dicke wissenschaftliche Bände aus der Heimat zugesandt erhalten hätte. Vierzehn Tage lang studierte er eifrig darin, dann übermittelte er den Eingeborenen seine neugewonnenen Kenntnisse.

„Woran arbeitet denn Bones so hart?“, fragte Sanders eines Abends, als sich der junge Mann nach dem Essen etwas formlos und hastig empfohlen hatte.

Captain Hamilton klopfte die Asche seiner Zigarre ab und verzog das Gesicht.

„Er arbeitet wissenschaftlich“, sagte er lakonisch.

„Das ist doch ganz lobenswert“, meinte Sanders.

Er wartete darauf, dass Hamilton nun explodieren würde. Der Captain war noch sehr nervös, da er sich erst kürzlich von einem Malariaanfall erholt hatte.

„Bones studiert alle möglichen Wissenschaften“, sagte Hamilton ironisch. „Astronomie, Naturgeschichte, Botanik, Biologie ... wenn der Idiot wenigstens alles für sich behalten wollte!“

Die beiden hübsch illustrierten Bände, die Bones mit der letzten Post erhalten hatte, behandelten die Wissenschaften in allgemeinverständlicher Weise. Er war fasziniert, denn sie übertrafen seine bescheidenen Erwartungen bei weitem.

„Er wird bald sämtliche Geheimnisse kennen“, bemerkte Hamilton, „aber er wird niemals wissen, wie man eine Kompanieabrechnung macht. Und ebenso wenig kann er jemals einen einfachen Auftrag erledigen, ohne alles auf den Kopf zu stellen!“

Sanders lachte leise.

„Bones muss schon ein Vermögen für solche Bücher und Unterrichtskurse ausgegeben haben. Aber das eine muss man ihm lassen: Er ist nicht selbstsüchtig und lässt alle Leute an seinen wissenschaftlichen Entdeckungen teilnehmen.“

„Davor fürchte ich mich am meisten“, sagte Hamilton düster.

Als die beiden Bände vierzehn Tage in Bones Besitz waren, rief er seine Haussasoldaten auf dem Exerzierplatz zusammen. Sie mussten auch ihre Frauen und sonstigen Familienangehörigen mitbringen. Alle Augen hingen an ihm, als er zum sternbesäten Himmel hinaufzeigte. Es war eine herrliche Nacht zu Beginn des Dezember, eine Nacht, wie sie englische Astronomen erträumen, aber in ihrer Heimat niemals sehen.

„Alle müssen gut aufpassen!“, begann Bones in Küstenarabisch. „Was sind all' diese vielen kleinen Sterne, die ihr da oben seht? – Ich will es euch sagen! – Einige sind Sonnen, andere sind Welten, größer als unsere Welt –“.

„Herr“, unterbrach ihn ein Sergeant respektvoll, „wenn das Sonnen sind, warum ist es dann hier dunkle Nacht? Jedermann weiß doch, dass es heller Tag ist, wenn die Sonne scheint! Und diese winzig kleinen Lichter scheinen doch nur bei Nacht.“

Bones gab sich die größte Mühe, es ihm mehr oder weniger genau zu erklären, und als ihm das nicht gelang, wurde er ärgerlich und heftig.

Sergeant Abiboo erstattete Hamilton Bericht über diesen Vortrag.

„Es ist ganz klar, Militini“, sagte er, „dass unser Herr Tibbetti am Fieber leidet. Du weißt ja, dass fieberkranke Leute sich die seltsamsten Dinge einbilden. Sie sehen zum Beispiel Männer mit Krokodilköpfen und andere Unmöglichkeiten.“

„Warum sagst du mir das, Abiboo?“

„Tibbetti hat uns erzählt, dass die Sterne oben am Himmel Sonnen sind. Aber alle Leute wissen doch genau, dass es nur Sterne sind. Die Ungläubigen sagen, dass es die Geister der Toten sind, aber wir, die strengen Gläubigen, wissen, dass es die hellglänzenden Augen der schönen Huris sind, die aus dem Paradiese auf die Erde herabschauen.“

Bones ärgerte sich, ließ die Astronomie im Stich und wandte sich der Biologie zu. Die Haussas nahmen das noch kühler auf, und ihre Weiber sahen ihm düster nach, wenn er an ihren Hütten vorbeiging.

Eine Kanofrau beschwerte sich schließlich bei Sanders.

„Tibbetti hat uns schamlose Dinge gesagt. Er erzählte uns, dass wir Cala Cala, vor unendlich langer Zeit, Affen waren, auf Bäumen lebten und Schwänze hatten. Auch sollen wir einmal Fische gewesen sein. Es ist fürchterlich, so etwas zu sagen.“

„Der Herr Tibbetti hat euch ein großes Rätsel aufgegeben“, erwiderte Sanders vorsichtig. „Aber weil du eine Frau mit geringem Verstand bist, hast du das Geheimnis nicht begriffen.“

Er gab Hamilton einen Wink. Doch der Captain war nicht so taktvoll wie der Amtmann; er ließ ein Donnerwetter über Leutnant Bones ergehen.

„Mit Ihrer unverdauten Wissenschaft demoralisieren Sie noch die ganze Truppe! Reden Sie bloß nicht mehr über Astronomie und Biologie. Halten Sie sich an die Metaphysik, wenn Sie den Leuten durchaus etwas erzählen müssen!“

Bones strahlte.

„Ich danke Ihnen, mein lieber alter Kamerad. In Physik bin ich nicht gerade sehr beschlagen, aber wie wäre es denn mit der netten alten Chemie? Warum schäumt ein Seidlitz-Pulver? Sie wissen es nicht, alter Junge? Tun Sie –“.

„Metaphysik hat nichts mit Chemie zu tun“, erwiderte Hamilton eisig.

„Warum reden Sie dann immer von Physik? Aber Sie brauchen mir nicht zu antworten, wenn Sie fürchten, sich selbst zu blamieren.“

Bones musste eine Reise zu den Akasava machen. Es waren dort einige Palaver abzuhalten und Steuern einzutreiben. Vor allem wollte Sanders aber Nachricht über die Zustände in Kobala'ba erhalten.

Am Abend vor der Abfahrt nahm Hamilton Bones beiseite, um ihn zu warnen.

„Wenn Sie in Makaras Dorf kommen, halten Sie um Gottes willen keine wissenschaftlichen Vorträge, und wenn Sie absolut nicht anders können, dann beschränken Sie sich auf die Insekten.“

„Erzählen Sie ihnen etwas von den Bienen, Bones“, warf Sanders ein. „Eine Lektion über Fleiß wird den Akasava sicher nicht schaden.“

„Auch ein wenig Astronomie, mein lieber alter Amtmann“, bat Bones. „Wie wäre es, wenn ich den Leuten etwas über das nette alte Sternbild des O'Brien beibrächte?“

„Sie meinen natürlich Orion“, sagte Hamilton streng.

„Lassen Sie um Himmels willen kein Wort darüber fallen!“ Er wandte sich an Sanders. „Sie erinnern sich doch noch an die Schwierigkeiten mit den nördlichen Ochori nach einem Vortrag über den Mond und seine Phasen?“

Der Amtmann nickte.

Lange bevor sich Bones ernsten wissenschaftlichen Studien hingab, hatte er den wilden Ochori von der Entstehung und dem Charakter des Mondes und seiner Phasen erzählt. Daraus hatten sich unheimliche Folgen entwickelt. Die nördlichen Ochori machten plötzlich ihren Oberhäuptling Bosambo für alles verantwortlich, was seit Beginn der Welt geschehen war, griffen zu den Speeren und zogen gegen ihn aus. Am Großen Fluss kann man alteingebürgerte Anschauungen nicht zerstören, ohne dadurch unerwartete Folgen heraufzubeschwören. Sanders brauchte fast ein Jahr, um diese irregeführten Leute wieder davon zu überzeugen, dass ihre früheren Ansichten vom Mond absolut den Tatsachen entsprachen. Sie hielten den Mond nämlich für das große Loch im Himmel, durch das M'shimba M'shamba aus- und eingeht, wenn er die Erde mit seinen furchtbaren Gewitterstürmen heimsucht.

Kobala'ba ist nicht leicht zu erreichen. Bones musste sein Motorboot an der Mündung des kleinen Flusses zurücklassen. Vier Tage lang ließ er sich durch den Dschungel rudern, und während dieser Zeit wurde er stark von Moskitoschwärmen belästigt.

An einem dunklen Abend kam er in Kobala'ba an. Die Einwohner wussten, dass er kommen würde, und machten ein großes Feuer am Ufer des Flusses an, das Bones Kanu die Richtung angab und zugleich die Gegend weit erhellte. Aber nicht der Häuptling Makara begrüßte ihn, sondern dessen Weib T'lini, die schöne, schlanke Frau von siebzehn Jahren.

„Mein Herr Tibbetti, ich sehe dich! Ich bin T'lini, das Weib des Makara.“

„Ich sehe dich, T'lini“, entgegnete Bones, der sie verwundert betrachtete. „Aber ich würde lieber den Häuptling sehen, denn mit Frauen halte ich kein Palaver ab.“

Er schaute nach allen Seiten, doch war kein Krieger zu erblicken. Sein Auge konnte nur schlanke, geschmeidige, schwarze Frauen entdecken, die ihn ernst ansahen.

T'lini las seine Gedanken.

„Es gibt nur wenig Männer in unserem Dorf, mein Herr Tibbetti“, sagte sie, „und sie sind heute schon früh zur Ruhe gegangen, weil sie von der kühlen Abendluft Schmerzen im Halse bekommen.“

Bones starrte sie verblüfft an.

„Großer Gott!“, sagte er auf Englisch.

„Die Frauen, die du hier siehst“, fuhr sie schnell fort, „sind die Weiber unserer Krieger. Sie tanzen vor Freude und Glück, weil ihre Männer so gut zu ihnen sind. Jeden Tag arbeiten wir auf den Feldern, während unsere Männer in den Wäldern jagen.“

Bones klemmte das Monokel ins Auge, und T'lini schrak vor ihm zurück.

„Sage mir, T'lini, stammst du aus diesem Dorf?“

Sie nickte, was aber „Nein“ bedeutete.

„Ich bin aus B'lini, das am Großen Fluss liegt. Makara kaufte mich für einen Sack Salz, ebenso meine liebe Schwester, die Tochter meines Vaters.“

Bones legte den Finger an die Nase, sagte aber nichts. Dann ging er zu der Hütte, die man für ihn errichtet hatte. Dort war ein weiches Lager aus Fellen bereitet, er setzte achtlos seinen Koffer darauf. Auch lehnte er mit der stets gleichen Entschuldigung die Bedienung und Gesellschaft der Frauen während der Nacht ab. Dann legte er sich schlafen, denn er war nach der Reise sehr müde.

Als er erwachte, war es noch dunkel. Seine Armbanduhr zeigte eine Viertelstunde vor Tagesanbruch. Er erhob sich und kleidete sich an.

Im Dorf war es schon überall lebendig. Feuer brannten vor den Hütten, und dunkle Gestalten eilten die breite Hauptstraße auf und ab. Im Licht der ersten Sonnenstrahlen tauchte ein kleiner Trupp Männer auf, an dessen Spitze der Häuptling selbst marschierte. Alle waren mit Speeren bewaffnet, aber ihr Aufputz schien wenig zu den Waffen zu passen.

„O Tibbetti, ich sehe dich“, rief Makara schon von weitem mit lauter Stimme. „Gib mir Salz, weil ich gestern Abend nicht zu dir gekommen bin. Aber ich und meine jungen Leute waren müde, weil wir viele Tage lang in den Wäldern gejagt haben, und heute machen wir uns wieder auf einen langen, gefahrvollen Weg, um Fische zu fangen und Gummi zu sammeln für Sandi und seinen König.“

„Das ist ein gutes Palaver“, erwiderte Bones ironisch und betrachtete die Jagdgesellschaft durch sein Monokel.

Mit Ausnahme von Makara waren die jungen Leute alle ziemlich wohlbeleibt, und ihre Fülle ließ nicht darauf schließen, dass sie viel in den Wäldern jagten.

„Aber bevor du gehst, sollst du mir erst sagen, was dies für ein Platz ist.“

Bei diesen Worten zeigte Bones auf eine kahle, viereckige Stelle auf dem Boden, die vollständig festgetreten war. Er vermutete, dass hier vor kurzer Zeit noch ein Sklavenhaus gestanden hatte. Ein paar Schritte zum Fluss hinunter lagen ähnliche Plätze. Vier solcher Hütten waren erst vor kurzer Zeit niedergerissen worden – wahrscheinlich aus Angst vor seiner Ankunft. Sicher würde er auch noch andere Stellen finden, wenn er weitere Nachforschungen anstellte.

Makara hatte sofort eine Antwort bereit, aber seine Erklärung klang lahm. Bones schaute den Jägern nach, bis sie im Gebüsch verschwanden, und berief dann eine Volksversammlung ein. Als er bei dem Palaverhaus ankam, sah er sich tausend Frauen gegenüber, die alle den Blick auf ihn richteten.

„O Volk von Kobala'ba, ich habe einen langen Weg gemacht, weil mein Herr Sandi nicht selbst hierherkommen kann, um euch zu sehen. Tag und Nacht bin ich in meinem Kanu den schrecklichen kleinen Fluss entlanggefahren, um die Abgaben für meinen König einzusammeln. Aber hier in Kobala'ba finde ich nichts, denn die Männer, die Krieger und Jäger sein sollten, sind wie die Kinder. Sie sind so träge geworden, dass keine Vorräte an Gummi und Fischen für meine Regierung bereitliegen. Deshalb will ich euch jetzt eine Geschichte vom Bienenvolk erzählen, damit ihr sie euren Kindern und euren Männern berichten könnt.“

Bones beherrschte die Eingeborenensprache vorzüglich und verfügte über einen großen Wortschatz, und die Frauen lauschten ihm fasziniert, als er das Zusammenleben der Bienen in einem Stock schilderte.

Nachdem er seine Rede beendet hatte, erhob sich T'lini, die am Fuß des kleinen Hügels gekauert hatte.

„Mein Herr Tibbetti, das ist ein großes Rätsel. Nun sage mir und meinen Schwestern, ob diese kleinen Tiere, die fliegen und nicht arbeiten, Männer oder Frauen sind?“

„Männer“, antwortete Bones in einem unvorsichtigen Augenblick.

„Und, mein Herr Tibbetti, was sind die Tiere, die arbeiten und die Reichtümer sammeln?“

Bones musste antworten, aber er fühlte sich sehr unbehaglich, als er zugeben musste, dass die Arbeitsbienen weiblichen Geschlechts waren.

„Das ist eine gute Geschichte“, sagte T'lini. „Wir haben Gummi gesammelt und auch Häute von wilden Tieren, aber wir sehen diese Vorräte niemals wieder, und wenn wir unsere Männer fragen, dann erzählen sie, dass Sandi mit seinen Soldaten gekommen sei und sie für seine Regierung genommen habe. Aber nun sage uns, mein Herr Tibbetti, wie können denn die Bienenfrauen während der kalten Regenzeit leben, wenn die Bienenmänner nur herumfliegen und die reichen Vorräte auffressen?“

„T'lini, das ist eine gute Frage“, entgegnete Bones, der sich wieder sicherer fühlte. „Du sollst es erfahren. Die Drohnen, die nicht arbeiten, werden getötet, wenn die Regentage kommen. Die Bienenfrauen treiben sie dann aus dem Stock und bringen sie um. Und in der nächsten Jahreszeit kommen wieder kleine männliche Bienen, die ihre Zeit leben und dann auch getötet werden.“

„Wer regiert denn dieses Bienenvolk?“, fragte T'lini.

„Über allen steht eine Königin“, sagte Bones begeistert. „Sie ist so groß wie Sandi und weiser als ich. Und alle Bienenfrauen verehren sie, neigen sich vor ihr und klatschen vor Freude in die Hände, wenn sie umherwandelt.“

Als Bones die staunenden Blicke der vielen Frauen sah, war er befriedigt. Am Nachmittag sandte er einen Brief an Sanders.

„Die Ortschaft Kobala'ba wimmelt von Frauen“, schrieb er darin. „Die Männer sind angeblich auf die Jagd gezogen, aber das ist eine Ausrede. Ich habe ihnen einen Vortrag gehalten über die Bienen, die so klug und weise in einem Staat zusammenleben. Das hat großen Eindruck auf die Frauen gemacht. Am Ende der Woche trete ich die Rückreise an. Morgen halte ich noch einen weiteren Vortrag über Botanik.“

Einen Monat später kehrte er zur Residenz zurück.

„Haben Sie den Leuten recht viel Weisheit verzapft, Bones?“, fragte Hamilton.

„Ich habe über Bienologie gesprochen, über die Sitten und Gebräuche dieser netten, kleinen Brummer, wie sie Honig sammeln und Waben bauen. Ich habe über die Vorgänge bereits in meinem Brief vom Vierundzwanzigsten des Monats berichtet. Bei meiner Abreise hat mir die Bevölkerung ihren wärmsten Dank ausgesprochen.“

„Haben Sie Makara gesehen?“, erkundigte sich Sanders.

„Nicht zu oft“, entgegnete Bones lächelnd. „Ich blieb vier Tage im Dorf, und der verdammte Schlingel kam mit seinen Freunden nicht wieder zurück. Wie mir die Frauen erzählten, ist er aber nur vier Meilen in den Wald marschiert und hat dort gewartet, bis ich wieder fortging.“

Er sprach ernster, als er von den Ergebnissen seiner Nachforschungen berichtete.

„Ich fürchtete das schon“, sagte Sanders langsam. „Diese Sklavenwirtschaft kommt nicht zum ersten Mal bei den Akasava vor.“

Er schickte durch Brieftaube eine Nachricht an einen seiner Spione am oberen Lauf des Flusses. Aber lange, bevor der Befehl, Makara zu verhaften, ausgeführt werden konnte, ereigneten sich seltsame Dinge in Kobala'ba.

Ein paar Tage nach Bones' Abreise saß Makara am Feuer vor seiner Hütte und erzählte seinen engeren Freunden, Ratgebern und Schmeichlern, wie er Gericht abgehalten habe. Er hatte sein Weib T'lini so lange geschlagen, bis er müde war. Darauf war sie zu anderen Frauen in den Wald gelaufen, die nach besonders wohlschmeckenden Affen jagten. Nur das zarte Fleisch dieser Tiere befriedigte Makaras verwöhnten Gaumen.

„Sie schrie „Wu!“ und warf die Hände in die Luft“, berichtete Makara selbstgefällig. „Sie hat ein furchtbares Spektakel und Lärm gemacht ...“

Plötzlich schwieg er, denn seine Blicke fielen auf einen Trupp von Frauen, die aus dem Waldesdickicht herauskamen. Sie sollten doch eigentlich auf der Jagd sein und durften erst nach Tagen wieder zurückkommen. Erstaunt beobachtete er, dass sie immer näherkamen. Aber sie hatten weder Affen noch Tigerfelle, und es lag etwas Unheimliches in ihren ruhigen, gleichmäßigen Schritten. Die Strahlen der untergehenden Sonne färbten die Spitzen ihrer Speere blutig rot.

„O Weib“, rief Makara zornig, als T'lini nähertrat. „Ich will dich auspeitschen –“.

Blitzschnell senkte sie die Speerspitze und ritzte die Haut an seiner Kehle. Panischer Schrecken packte ihn, und er stürzte vor Entsetzen zu Boden. Als zwei starke Frauen ihn an Händen und Füßen fesselten, konnte er keinen Widerstand leisten. Ebenso erging es den anderen siebenundvierzig Männern des Dorfes. Die Frauen trugen sie zum Palaverhaus und legten sie dort in Fächerform auf den Boden. Dann erhob sich T'lini, die Frau des Häuptlings, und hielt eine Ansprache.

„Tibbetti, der Sohn Sandis, hat uns diese Geschichte erzählt“, begann sie und schaute in das verstörte Gesicht des Häuptlings, der zu ihren Füßen lag. „Cala Cala, vor undenklich langer Zeit, arbeiteten alle Bienenfrauen eifrig und sammelten durch ihren besonderen Zauber den süßen Honig aus den Blumen. Und die Bienenmänner saßen daheim in ihren Hütten und aßen alles auf, was die Frauen ihnen brachten. Sie waren so faul, dass sie gar nichts taten und ihre Weiber töteten. Darauf hielten alle Bienenfrauen ein großes Palaver ab und sagten: „Von heute ab wollen wir die Bienenmänner am Ende jeden Jahres töten, und in der nächsten Blütenzeit wollen wir neue Männer nehmen und sie auch wieder töten, wenn wir sie nicht mehr brauchen.“ Und unser Herr Tibbetti hat gesagt, dass das ganze Bienenvolk durch diesen großen Zauber glücklich lebt, so dass man es den ganzen Tag singen hört, wenn es an der Arbeit ist. Tibbetti hat uns alles dies gesagt, denn er ist weise und sieht mehr als wir.“

Sie trat ganz nahe an den Häuptling heran und hob den Speer.

„Jetzt werden wir glücklich werden“, sagte sie und stieß die Waffe mit voller Wucht in seine Kehle, wie sie es von ihm gelernt hatte ...

*

Es dauerte einen vollen Monat, ehe die neuen Nachrichten aus dem fernen Hinterland Sanders erreichten. Eine kleine Kriegerfrau, die stolz Speer und Schild trug, brachte die Botschaft. Sanders lauschte ihren Worten, und obwohl er im Laufe seiner langen Tätigkeit schon die unglaublichsten Dinge erlebt hatte, stockte doch sein Atem, als er ihre Worte hörte.

„Es gibt jetzt keine Männer mehr in Kobala'ba“, sagte sie, als sie alles berichtet hatte. „Aber im nächsten Jahre wollen wir zu den Dörfern am Fluss gehen und uns Männer nehmen, wie wir sie wollen. Aber, Sandi, wir wollen auch einen Häuptling haben, und weil wir wissen, dass du unserem Volk wohlgesinnt bist, haben wir ein großes Palaver abgehalten und einen Entschluss gefasst. Wir bitten dich, mein Herr Sandi, uns deinen Sohn Tibbetti zu schicken. Er soll unsere Bienenkönigin sein und all den Zauber vollführen, von dem er uns erzählt hat.“

„Verteufelt unangenehm“, sagte Bones, als Sanders ihm seine Missetaten vorgehalten hatte.

Der Schwätzer

Bei den Isisi lebte ein Mann, den alle Leute, sogar der Häuptling des Stammes, fürchteten. Dieser Mann war aber weder ein großer Krieger noch ein erfahrener Zauberdoktor. Er hieß M'anin, war groß und hager und gehörte dem einfachen Volk an. Seine Stimme war abstoßend und hässlich, trotzdem sprach er dauernd. Seine Worte klangen beißend und scharf, und er hatte vor niemand Respekt. In früheren Tagen hatte ihn der Dorfhäuptling einmal mit einer biegsamen Rhinozerospeitsche züchtigen wollen. M'anin sah ihn kommen und erschrak, denn er hatte schlecht von dem Häuptling und einer seiner Frauen gesprochen. Aber obwohl sein Herz wie Wasser war, trat er dem Häuptling kühn, ja unverschämt entgegen, denn es dämmerte dunkel eine Erkenntnis in ihm auf. Selbst die stärksten und wütendsten Leute kann man bezwingen, wenn man sie durch scharfe Rede angreift und nur fest auf dem Sinne beharrt.

„Ich sehe dich, Häuptling“, sagte er. „Oh Ko! Du bist wie ein Affe, der vom Speer getroffen ist. Nun will ich dir die Wahrheit sagen. Du hast ein hässliches Gesicht, und du bist ein schlechter Häuptling. Wenn Sandi es erfährt, wird er dich absetzen.“

Er sprach so sicher und kühn, dass der Häuptling erschrak. „M'anin, habe ich schlecht von dir gesprochen? Habe ich dir Böses getan? Warum machst du mich lächerlich vor meinem Volk?“

M'anin sah ihn nachdenklich an.

„Ich spreche nur die Wahrheit, und wenn sich jemand dadurch verletzt fühlt, so ist es seine eigene Sache. Ich rede, wie mir zumute ist, selbst zu Sandi.“

So blieb M'anin am Leben, wurde immer älter, und niemand wagte, ihm etwas zu tun, obwohl er überall verhasst war. Frauen suchten seine Gunst zu erlangen; man schickte die besten und leckersten Speisen in seine Hütte, um seine scharfe Zunge zu besänftigen. Obwohl die Isisi am Großen Fluss leben und Unsauberkeit bei ihnen als Schande gilt, sagte man doch nichts über M'anin, der niemals badete. Er lebte mit einer sehr dicken Frau in einer Hütte abseits des Dorfes. Sie war hässlich und erinnerte an einen dicken Käfer. Wenn sonst niemand zuhörte, musste sie seinen Wortschwall über sich ergehen lassen. Er ging nicht auf die Jagd, arbeitete nicht und sorgte auch kaum für seinen Lebensunterhalt. Aber wenn aus einer Hütte ein lockender Duft aufstieg, lud er sich dort selbst zu Gast. Und aus Angst vor seinen bissigen Worten ließen ihn alle an ihrem Mahl teilnehmen.

Manchmal lehnte er auch mit dem Rücken an einem Baum, und um ihn herum standen junge Leute. Dann sprach er schlecht von Dingen und Menschen, die ihnen gut erschienen. Zum Beispiel war er eifersüchtig auf den reichen Jäger Ogani und auf B'lini, dessen Boote den Fluss auf und ab fuhren.

„Seht doch den großen Ogani, den sie einen tüchtigen Jäger nennen! Aber für mich ist er nur ein Fisch auf dem Trocknen, der hin und her zappelt und sein dummes Maul auf und zu macht ... Oh, ihr einfältigen Leute, warum zittert ihr vor Sandi? Er hat doch auch nur ein Leben, und er kann doch auch nicht zu gleicher Zeit zwei Mahlzeiten essen. Er versteht nicht zu regieren – wäre sonst unsere Ernte schlecht ausgefallen?“

Vielleicht hatte man Sanders diese Äußerung hinterbracht, aber er hatte viel Nachsicht mit Schwätzern. Und M'anin, stolz und befriedigt über sein kühnes Auftreten, hütete sich wohl, diese geringschätzigen Worte zu wiederholen.