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Janner, Tink und Leeli dachten, sie wären ganz normale Kinder, die ein einfaches Leben mit ihrer Mutter Nia und ihrem Großvater Podo führen. Doch dann entdecken sie, dass sie in Wahrheit die Juwelen von Anniera sind – die Erben eines sagenumwobenen Königreichs jenseits des Dunklen Meeres der Finsternis. Von diesem Moment an ist nichts mehr, wie es war. Ihr Leben steht auf dem Spiel, und die Familie hat nur eine Wahl: "Nordwärts! Oder gefressen werden". Auf ihrer gefährlichen Reise müssen die Geschwister jedoch erkennen, dass die größte Bedrohung nicht von außen kommt, sondern in Form von Neid und Bitterkeit in ihrem Inneren lauert. Inmitten dieser Herausforderungen lernen sie eine harte, aber wichtige Lektion: Die Liebe innerhalb der Familie ist das, was wirklich zählt und über allem steht.
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Seitenzahl: 637
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© 2024 Jotam Verlag
ein Imprint von
Permission Verlag GmbH
Afrikastraße 60, 32791 Lage
www.jotamverlag.de
ISBN: 978-3-911407-04-5 (Hardcover)
ISBN: 978-3-911407-05-2 (E-Book)
ISBN: 978-3-911407-06-9 (Hörbuch)
Titel des englischen Originals: North! Or be Eaten
Copyright © 2009 by Andrew Peterson
This edition is published by arrangement with WaterBrook, an imprint of Random House, a division of
Penguin Random House LLC
Übersetzung: Jessica Wollbach, www.jessicawollbach.com
Lektorat: Larissa Eliasch, www.lektoratsstube.de
Satz und Ebook-Erstellung: Satz & Medien Wieser, Aachen
Druck und Bindung: www.arkadruk.pl
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Für Asher, Aden und Skye
Vergesst niemals, wer ihr seid
1. Der Einsame Fendril
2. Zimmer Acht im Einzigen Gasthaus (das einzige Gasthaus in Glipwood)
3. Zwei Pläne
4. Angebrachte Worte von Ubinious Whoon
5. Ein Verräter in den Bäumen
6. Am Rande der Schlucht
7. Bestien in der Höhle
8. Ein Dorn der Verachtung
9. Die Garganische Grabschabe
10. Der Mächtige Fluss Blapp
11. Das Ende des Weges
12. Donner, Gischt und Stein
13. Millers Brücke
14. Der letzte Turm
15. Ein Lied für Nugget den Tapferen
16. Die Juwelen und die Drachen
17. Ein Verbündeter in Dugtown
18. Alte Wunden und neue Heilung
19. Der Gefallene Will und die Ersten Bücher
20. In der Halle von Lamendron
21. Podos Albtraum
22. Die Strander der Ostkurve
23. Growlfist der Stranderkönig
24. Schnelle Hände und schnellere Füße
25. Tackleball im Nebel
26. Entlang der Flussstraße
27. Ein Bluterguss auf dem Landrücken
28. Oh Anyara!
29. D.E.U.B.F. im Stranderbau
30. Sneems letzte Worte
31. In der Gasse der Rundlichen Witwe
32. Ronchy McHiggins macht eine Entdeckung
33. Die Trennung
34. Ein Beobachter im Schatten
35. Schrullen und Bettler
36. Ein abscheulicher Tausch
37. Im Schlund des Monsters
38. Helle Augen an einem dunklen Ort
39. Esben Flavogle, das Fabrikwerkzeug
40. Der Sarg
41. Vier Äpfel und ein Plan
42. Ein niederträchtiger Pakt
43. Drei Tage in Dunkelheit
44. Berge und Fesseln
45. Sara Cobblers Schicksal
46. Der Stranderbau
47. Ein Sinneswandel
48. Die Käfige
49. Die Festung der Phoobs
50. Die Nase der Hexe
51. Das Lied der uralten Steine
52. Der Bomnubbel und der See aus Gold
53. Eine Horde Snickbuzzards
54. Die Eisprärien
55. Die Kapitulation von Artham Wingfeather
56. Zwei Arten von Scham
57. Hummeln und alte Knochen
58. Gammons Handel
59. Die Verwandlung
60. Geheimnisse im Schnee
61. Die Schlacht von Kimera
62. Uralter Zorn
63. Hulwens Trophäe
64. Und das Meer wurde rot
65. Podo Helmers letzte Reise
Anhang
Der Gefallene Will
Leseführer
Anmerkungen
Über den Autor
Lob für „Die Wingfeather Saga“
[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
„GEZAHNTE KUUUUUUUH!“, brüllte Podo und schlug mit einem Stock gegen den nächstgelegenen Baum im Glipwood-Wald. Mit glühendem Blick stand der alte Pirat am Fuße des Baumes wie ein Schiffskapitän am Mast. „Gezahnte Kuh! Schnell! Ab ins Baumhaus!“
Nicht weit entfernt zischte ein Pfeil durch einige Moosranken und schlug in eine Holzplanke ein, die mit der Kohlezeichnung eines zähnefletschenden Fangs verziert war. Der Pfeil ragte mit vibrierendem Schaft aus dem Maul des Fangs heraus. Tink senkte den Bogen, kniff die Augen zusammen, um zu sehen, ob er das Ziel getroffen hatte, und ignorierte seinen Großvater dabei völlig.
„Gezahnte! – ha! Das war ein guter Schuss, mein Jung! – Kuh!“
Podo schlug auf den Baum ein, während Nia die Strickleiter hinaufeilte, die zur Falltür im Boden des Baumhauses von Peet dem Sockenmann führte. Eine sockenbedeckte Hand griff nach unten und zog Nia durch die Öffnung.
„Danke, Artham“, sagte sie und hielt noch immer seine Hand. Sie sah ihm in die Augen, hob ihr Kinn und wartete auf eine Antwort.
Peet der Sockenmann, der eigentlich Artham P. Wingfeather hieß, schaute sie an und schluckte. Eines seiner Augen zuckte. Er sah aus, als wolle er fliehen, wie er es immer tat, wenn sie ihn beim Vornamen nannte. Doch Nia ließ seine Hand nicht los.
„G-gern geschehen … Nia.“ Jedes Wort kostete ihn Anstrengung, besonders ihr Name fiel ihm schwer, aber er klang mittlerweile weniger verrückt als zuvor. Noch vor einer Woche hatte ihn die Erwähnung des Namens „Artham“ in eine Hysterie versetzt – er wäre schreiend die Strickleiter hinuntergeeilt und für Stunden im Wald verschwunden.
Nia ließ seine Hand los und schaute durch die Öffnung zu ihrem Vater hinunter, der immer noch gegen den Baum schlug und etwas von einem bevorstehenden Ansturm Gezahnter Kühe brüllte.
„Komm schon, Tink!“, rief Janner.
Ein Köcher mit Pfeilen klapperte unter seinem Arm, während er auf Leeli zulief, die rittlings auf ihrem Hund Nugget saß. Nugget, dessen pferdeähnliche Statur ihn so gefährlich machte wie jede Gezahnte Kuh im Wald, hechelte und wedelte mit dem Schwanz. Widerwillig ließ Tink seinen Bogen fallen und folgte ihm, während er den Wald nach Anzeichen von Gezahnten Kühen absuchte. Die Brüder halfen der verängstigten Leeli von ihrem Hund herunter und eilten zu dritt zur Leiter.
„Kühe! Kühe! Kühe!“, schrie Podo.
Janner folgte Tink und Leeli die Leiter hinauf. Als sie in Sicherheit waren, hievte sich Podo durch die Öffnung und verriegelte die Falltür.
„Nich’ schlecht“, sagte Podo und sah zufrieden mit sich selbst aus. „Janner, das nächste Mal musst du deinen Bruder und deine Schwester etwas schneller aufscheuchen. Wäre eine echte Kuh in der Nähe gewesen, hättest du wahrscheinlich nich’ genügend Zeit gehabt, sie zur Leiter zu bringen, bevor die Säbelzähne euer zartes Fleisch zerfetzt –“
„Papa, also wirklich“, sagte Nia.
„– und es euch von den Knochen gerissen hätten“, fuhr er unbeirrt fort. „Wenn Tink zu dickköpfig ist, um das abzubrechen, was er gerade tut, liegt es an dir, Janner, ihn zu überzeugen, hörst du?“
Janners Wangen brannten und er kämpfte gegen den Drang, sich zu verteidigen. Die Übungsflucht vor Gezahnten Kühen stand seit ihrer Ankunft in Peets Baumhaus an der Tagesordnung, und die Kinder hatten allmählich aufgehört, vor Panik zu schreien, wenn Podos Gebrüll im sonst so ruhigen Wald widerhallte.
Seit Janner erfahren hatte, dass er ein Thronwächter war, bemühte er sich, seine Verantwortung für den Schutz des Königs ernst zu nehmen. Die Geschichten seiner Mutter über Peets herausragenden Ruf als Thronwächter von Anniera machten Janner stolz darauf, Teil dieser alten Tradition zu sein.1 Das Problem war nur, dass es sein jüngerer Bruder Tink war, den er beschützen sollte. Tink, der zufälligerweise der Hochkönig von Anniera war. Janner war nicht wirklich neidisch – er hatte kein großes Bedürfnis, über irgendetwas zu herrschen. Aber manchmal fühlte es sich seltsam an, dass ausgerechnet sein dünner, draufgängerischer Bruder ein König war, geschweige denn der König der sagenumwobenen Leuchtenden Insel Anniera.
Janner starrte aus dem Fenster auf den Wald, während Podo ihn weiterhin über seine Verantwortung, seinen Bruder zu beschützen, belehrte, vor den vielen Gefahren im Glipwood-Wald warnte und aufzählte, was Janner bei der letzten Kuh-Übung hätte besser machen sollen.
Janner hatte Heimweh. Als sie aus der Stadt Glipwood geflohen und in Peets Schloss angekommen waren, war Janner voller Abenteuerdrang gewesen. Der Gedanke an eine lange Reise zu den Eisprärien hatte ihn so sehr gereizt, dass er kaum hatte schlafen können. Und wenn er dann doch eingeschlafen war, hatte er von weiten, schneebedeckten Landschaften unter einem Sternenhimmel geträumt, der so klar und hell war, dass die messerscharfen Sternenspitzen einen stechen könnten.
Aber mittlerweile waren Wochen vergangen – er wusste nicht, wie viele – und die Lust auf Abenteuer war ihm vergangen. Er vermisste die warmen Mahlzeiten, den Wandel der Landschaft im Wechsel der Jahreszeiten und die Vogelfamilie, die in der Krümmung über der Tür genistet hatte. Janner, Tink und Leeli hatten jeden Morgen und jeden Abend erst die winzigen blauen Eier inspiziert, dann die geschlüpften Küken, um dann eines Tages traurig in das leere Nest zu blicken und sich zu fragen, wo die Vögel geblieben waren. Aber diese Tage waren so sicher vergangen wie der Sommer, und ob es ihm gefiel oder nicht: die Igiby-Hütte war nicht länger sein Zuhause. Ebenso wenig war es Peets Baumhaus. Janner war sich nicht sicher, ob er überhaupt noch ein Zuhause hatte.
Podo redete immer noch, und Janner spürte wieder diese Frustration in seiner Brust aufflammen, wenn er Dinge gesagt bekam, die er bereits wusste. Aber er hielt seine Zunge im Zaum. Erwachsene konnten nichts dafür. Podo und seine Mutter würden dem Zwölfjährigen so lange ihre Lektionen einhämmern, bis er sich wie der letzte Trottel vorkam, und es hatte keinen Sinn, sich dagegen zu wehren.
Er spürte, dass Podos Tirade zum Ende kam, und zwang sich zuzuhören.
„… der Wald ist ein gefährlicher Ort, und so mancher wurd’ schon von ’nem Waldläufer gefressen, weil er nicht gut genug aufgepasst hat.“
„Ich verstehe“, sagte Janner so respektvoll wie möglich. Podo grinste ihn an und zwinkerte ihm zu, und Janner lächelte zurück, obwohl er sich nicht sicher war, warum. Ihm wurde klar, dass Podo genau wusste, woran er gedacht hatte.
Podo wandte sich an Tink: „Ein ausgezeichneter Schuss, mein Jung, und die Zeichnung des Fangs auf der Holzplanke ist dir gut gelungen.“
„Danke, Opa“, sagte Tink. Sein Magen knurrte. „Wann gibt es Frühstück?“
„Hör zu, mein Jung.“ Podo senkte die buschigen Augenbrauen und schaute Tink furchteinflößend an. „Wenn dein Bruder dir sagt, dass du kommen sollst, lässt du alles stehen und liegen, als würd’ es brennen.“ Tink schluckte. „Wenn er’s dir sagt, folgst du dem Kerl sogar über die Klippen ins Dunkle Meer, hörst du? Du bist der Hochkönig, es ist an der Zeit, dass du an mehr denkst als nur an dich selbst.“
Janners Verärgerung wich, genauso wie die Farbe aus Tinks Gesicht. Es gefiel ihm, dass er nicht als Einziger zurechtgewiesen wurde, obwohl er sich ein wenig schämte, weil er es genoss, wie Tink sich wand.
„Verstanden“, sagte Tink und Podo starrte ihn so lange an, bis er es wiederholte.
„Geht’s dir gut, mein Mädel?“ Podo drehte sich lächelnd zu Leeli um.
Sie nickte und schob eine Strähne ihrer gewellten Haare hinter ihr Ohr. „Opa, wann gehen wir weiter?“
Alle im Baumhaus blickten sie überrascht an. In den letzten Wochen hatte die Familie relativ friedliche Zeiten im Wald verbracht, doch je mehr Tage vergingen, desto schwieriger war es, diese unausgesprochene Frage zu ignorieren. Sie wussten, dass sie nicht ewig bleiben konnten. Gnag der Namenlose und die Fangs von Dang terrorisierten immer noch das Land Skree, und der Schatten ihrer Vernichtung bedeckte mit jedem Tag mehr von Aerwiar. Es war nur eine Frage der Zeit, bis dieser Schatten wieder auf die Igibys fiel.
„Wir müssen bald aufbrechen“, sagte Nia und blickte in Richtung Wald. „Wenn die Blätter fallen, werden wir ungeschützt sein, nicht wahr, Artham?“
Peet zuckte bei der Erwähnung seines Namens zusammen und rieb sich einen Moment lang den Hinterkopf, bevor er antwortete. „Kalter Winter kommt, Bäume werden kahl, Brücken gut zu sehen, ja. Wir sollten gahrscheinlich wehen – wahrscheinlich gehen.“
„Zu den Eisprärien?“, fragte Janner.
„Ja“, sagte Nia. „Die Fangs mögen keine Kälte. Wir alle haben gesehen, wie viel langsamer sie sich im Winter bewegen, sogar hier. Hoffentlich gibt es an einem so kalten Ort wie den Eisprärien weniger Fangs.“
Podo brummte.
„Ich weiß, was du denkst, und das ist keine Option“, sagte Nia mit fester Stimme.
„Was denkt Opa?“, fragte Tink.
„Das ist eine Sache zwischen eurem Großvater und mir.“
„Was denkt er?“, drängte Janner und merkte, dass er sich erwachsener anhörte als sonst.
Nia sah Janner an und wägte ab, ob sie ihm antworten sollte. Sie hatte so lange so viele Geheimnisse vor den Kindern gehabt, dass es Janner klar war, wie schwer es ihr immer noch fallen musste, ihnen gegenüber offen zu sein. Aber jetzt war alles anders. Janner wusste, wer er war und wer sein Vater war, zudem hatte er eine vage Vorstellung davon, was auf dem Spiel stand. Ihm war sogar aufgefallen, dass seine Mutter und sein Großvater seine Meinung schätzten. Ein Thronwächter zu sein – oder zumindest zu wissen, dass er ein Thronwächter sein würde – hatte die Art und Weise verändert, wie sie ihn ansahen.
„Nun“, sagte Nia, immer noch unsicher darüber, was sie sonst sagen sollte.
Podo ergriff das Wort. „Ich glaub’, wir müssen mehr tun, als nur zu den Eisprärien zu kommen, dort rumzusitzen wie eine Familie buckliger Buddelkröten und darauf zu warten, dass etwas passiert. Wenn Oskar damit Recht hat, dass es im Norden eine ganze Kolonie von Leuten gibt, die nich’ gerne unter der Herrschaft der Fangs leben, und wenn es stimmt, dass sie kampfbereit sind, dann brauchen sie uns nicht, um die Fangs mit brennenden Schwänzen zurück nach Dang zu schicken. Ich sage, die Juwelen müssen auf ein Schiff und zurück nach Hause.“ Er wandte sich an seine Tochter. „Denk doch mal drüber nach, mein Mädel! Du könntest über das Dunkle Meer zurück nach Anniera segeln …“
„Was meinst du mit ‚du‘?“, fragte Tink.
„Nix“, sagte Podo und winkte ab. „Nia, du könntest nach Hause gehen. Allein der Gedanke!“
„Dort gibt es nichts mehr für uns“, sagte Nia.
„Von mir aus! Vergiss Anniera. Was ist mit den Hügeln? Du hast die Grünen Hügel seit zehn Jahren nicht mehr gesehen, und soweit du weißt, haben die Fangs dort noch keinen Zentimeter eingenommen! Die Familie deiner Mutter könnt’ immer noch dort sein und glauben, dass du mit dem Rest von uns gestorben bist.“
Nia schloss die Augen und holte tief Luft. Peet und die Kinder starrten auf den Boden. Janner war nie in den Sinn gekommen, dass er entfernte Verwandte haben könnte, die in den Grünen Hügeln auf der anderen Seite des Meeres lebten.
Er teilte die Meinung seiner Mutter, dass es eine törichte Idee war, eine solche Reise zu unternehmen. Der Plan war, dass sie zuerst an den Fangs in Torrboro vorbeikommen und dann nach Norden über die Steinigen Berge zu den Eisprärien gelangten. Jetzt sprach Podo davon, den Ozean zu überqueren? Janner war es nicht gewohnt, die Welt in solchen Dimensionen zu sehen.
Nia öffnete die Augen. „Papa, es gibt für uns jetzt nichts weiter zu tun, als uns nach Norden aufzumachen. Wir müssen das Meer nicht überqueren. Wir müssen auch nicht zurück nach Anniera oder die Grünen Hügel ziehen. Wir müssen nach Norden, weg von den Fangs. Das ist alles. Lass uns die Kinder sicher in die Prärien bringen, dann können wir weiterreden.“
Podo seufzte. „Aye, Mädel. Dorthin zu gelangen, wird schon schwer genug sein.“ Er warf einen Blick auf Peet, der in der Ecke einen Kopfstand machte. „Ich denk’ mal, du kommst mit?“
Peet schnappte nach Luft und stürzte zu Boden, sprang dann auf die Füße und salutierte vor Podo. Leeli kicherte. „Aye, Sir“, sagte er und ahmte Podos raues Knurren nach. „Bin bereit, wenn die Featherwings es sind. Ich weiß sogar, wie man zu den Eisprärien kommt. Ich war dort schon mal gewesen, vor langer Zeit. Gibt dort nicht viel außer Eis und Prärien und Eis, alles weiß und blendend und kalt. Ist sehr kalt dort. Eiskalt.“ Peet atmete tief und zufrieden ein und klatschte in seine gesockten Hände. „Alles klar! Los geht’s!“
Er klappte die Falltür auf und sprang durch die Öffnung, bevor Podo oder die Igibys ihn aufhalten konnten. Die Kinder eilten zur Falltür und sahen zu, wie er die Strickleiter hinunterrutschte und in Richtung Norden davonmarschierte. Aus der Kuhle im Wurzelwerk des riesigen Baumes, wo Nugget wie so oft sein Schläfchen abhielt, spitzte der Hund seine großen, schlaffen Ohren, ohne den Kopf von den Pfoten zu heben, und beobachtete, wie Peet im Wald verschwand.
„Er wird umkehren, wenn er merkt, dass wir nicht nachkommen“, sagte Leeli lächelnd. Sie und Peet verbrachten viel Zeit miteinander, in der sie entweder gemeinsam lasen oder Peet schwungvolle Tänze auf seinen gesockten Händen vollführte, während Leeli auf ihrer Flötenharfe spielte. Leelis Anwesenheit schien eine heilende Wirkung auf Peet zu haben. Wenn sie zusammen waren, war er nicht länger nervös, sein Blick wurde ruhig und er sprach tiefer und weniger hektisch. Der starke und angenehme Klang seiner Stimme machte es einfacher für Janner, die Geschichten seiner Mutter über die Heldentaten des Artham P. Wingfeather in Anniera vor dem Großen Krieg zu glauben.
Das einzig Negative an Leelis und Peets Freundschaft war, dass sie Podo eifersüchtig machte. Bevor Peet der Sockenmann in ihr Leben getreten war, hatten Podo und Leeli eine besondere Bindung. Zum einen, weil jeder von ihnen nur ein gesundes Bein hatte, und zum anderen wegen der uralten Zuneigung, die zwischen Großvätern und Enkeltöchtern besteht. Nia hatte Janner einmal erzählt, es läge auch daran, dass Leeli ihrer Großmutter Wendolyn sehr ähnlich sah.
Während die Kinder Peet hinterhersahen, zog ein schneller Schatten über das Baumhaus, gefolgt von einem hohen, angenehmen Klang wie das Klingeln einer massiven Glocke, die von einem winzigen Hammer geschlagen wurde.
„Der Einsame Fendril“2, sagte Leeli. „Morgen ist Herbstanfang.“
„Papa“, fing Nia an.
„Hm?“ Podo starrte aus dem Fenster in die Richtung, in die Peet verschwunden war.
„Ich glaube, es wird Zeit, dass wir aufbrechen“, sagte Nia.
Tink und Janner sahen sich an und grinsten. Jegliches Heimweh war verflogen.
Nach Wochen des Wartens stand das Abenteuer endlich vor der Tür.
[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
Nachdem er über Peets Baumhaus geflogen war, streifte der Schatten des Einsamen Fendrils Joe Schuster, den Besitzer des Einzigen Gasthauses (das einzige Gasthaus in Glipwood). Dieser lag mit dem Gesicht nach unten im Dreck und kämpfte mit den Tränen. Vor der Eingangstür des Gasthauses sah Joes Frau Addie entsetzt zu. Sie hielt sich die Hände vor den Mund, um einen Schrei zu unterdrücken, als der Fang seinen Stiefel noch fester in Joes Rücken rammte.
Es war ein heller und stürmischer Tag. Der Wind trieb Laub und Steppenläufer durch die Straßen, die sich in den Winkeln der ramponierten Gebäude der Stadt sammelten. Einige Wochen zuvor war die Stadt Glipwood von einem gewaltigen Sturm verwüstet worden. Er hatte Skree heimgesucht wie der apokalyptische Fußstampfer des Schöpfers. Ferinias Blumenladen hatte sein Dach einbüßen müssen, und das Gebäude wurde vom Regen überflutet. Einige Häuser wurden dem Erdboden gleichgemacht, sodass Teile von Glipwood in Schutt und Asche lagen. Andere Gebäude, wie Das Einzige Gasthaus, Bücher und Allerlei und das Stadtgefängnis, waren verschont geblieben – traurige Erinnerungen an die Stadt, die einst ruhig und friedlich am Rande der Klippen gelegen hatte.
Joe verzog das Gesicht, es gelang ihm mit Mühe, etwas zu sagen: „Nein, Mylord, ich habe sie nicht gesehen. Ich schwöre es.“
Der Fang schlug mit seinem Speer auf Joes Kopf ein – hart, aber nicht hart genug, um ihn bewusstlos zu machen. Ein Schrei entglitt Addie, worauf der Fang den Kopf herumwarf und sie mit einem kalten Blick bedachte. Joe spürte, wie der kalte, feuchte Schwanz des Fangs über ihn hinwegglitt, während der Fang über seinen Körper trat und die Stufen zur Eingangstür des Gasthauses hinaufstieg. Addie schrie auf, als der Fang durch die Schwingtür brach und sie am Nacken packte.
„Jetzt also zu dir, ssstinkige Frau“, knurrte der Fang, hielt sich die Stupsnase zu und würgte.3 „Schau dem alten Higgk in die Augen, und sag ihm, ob du etwasss von den Igibys gesssehen oder gehört hast. Von ihnen oder von diesem widerlichen Mann vom Buchladen, Oskar Reteep.“
Addie wurde blass und zitterte. Sie konnte weder sprechen noch ihren Blick von den langen Reißzähnen abwenden, die aus dem Maul der Kreatur ragten und Gift versprühten.
„Die bringt nichts, Higgk“, rief ein anderer Fang, der fröhlich von der Straße aus zusah. „Mal sehen, was sie macht, wenn du sie beißt.“
„Jaah!“, rief ein anderer. „Dafür isss’ doch der Glibber in dein’n Zähnen, oder nich’?“
Joe Schuster hievte sich auf die Knie und klatschte in die Hände. „Bitte, meine Herren! Tun sie meiner Addie nichts. Sie weiß nichts. Genauso wenig wie ich, ich schwöre es.“ Joe versuchte, seine Stimme ruhig zu halten, doch es war unmöglich, als er das blasse Gesicht seiner Frau so nah an den Reißzähnen des Fangs sah. „Bitte!“
Die Fangs von Dang ergötzten sich daran, Joe und seine Frau so verzweifelt zu sehen, und feuerten Higgk an, die Frau zu beißen. Higgk grinste und öffnete den Mund. Seine Reißzähne wurden länger und winzige Giftströme spritzten aus ihnen heraus, die Addies Bluse mit dampfenden, zischenden Verbrennungen überzogen. Addies Augen rollten nach hinten, ihre Augenlider flatterten und Joe betete, dass sie bewusstlos sein würde, wenn der Fang sie biss. Sie erschlaffte und sackte im Griff der Kreatur zusammen.
Ein langer Pfiff ertönte aus den Tiefen des Einzigen Gasthauses. Er kam von der Teekanne, die auf dem Herd in der Küche stand.
Addies Augen flatterten. „Der Tee ist fertig“, lallte sie, und in einem Geistesblitz sprang Joe auf die Füße.
„Warte!“, rief er.
„Was?“, brüllte Higgk. „Hasssst du dich plötzlich daran erinnert, wo die Igibysss stecken?“
„Nein, Mylord, aber wenn meine Addie nicht mehr da ist, wer kocht Ihnen dann den Popelschleim? Niemand sonst in Skree kocht ihn so gut wie Addie Schuster. Und was ist mit Madenhackbraten? Und der nagelgarnierten Speiseröhrenpastete?“4
Higgk zögerte. Die anderen Fangs stellten ihre Zwischenrufe ein und neigten die Köpfe zur Seite – plötzlich betrachteten sie Joe und Addie in einem neuen Licht. Bis auf das Pfeifen der Teekanne herrschte Stille. Joe wischte sich die Hände an seiner Schürze ab und sah seiner Frau in die Augen.
Mit neu gewonnener Kraft sagte sie: „Mein Tierschnauzenauflauf ist furchtbar gut, Sir.“
„Von mir aus“, sagte Higgk.
Er ließ Addie los, und sie fiel zu Boden. Joe eilte zur ihr und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn.
„Igitt!“ Der Fang schüttelte sich. „Wenn ich bis zum Sonnenuntergang nicht einen Teller von diesem Tierschnauzenauflauf habe, werde ich beenden, was ich begonnen habe.“ Die Fangs zischten und knurrten und kicherten zustimmend. „Und ich warne euch: Wenn ihr irgendetwas über Reteep oder die Igibys herausfindet und es Higgk nicht erzählt, wird kein Essen der Welt eure ssstinkige Haut retten.“
Joe und Addie eilten in die Küche und machten sich an die Arbeit, einen Tierschnauzenauflauf zuzubereiten, den Addie kurzerhand erfunden hatte. Sie schickte Joe los, um so viele Nagetiere wie möglich zu sammeln, damit sie deren kleine schwarze Nasen entfernen konnte.
Joe küsste sie und dankte dem Schöpfer, dass sie beide noch am Leben waren. „Ich bin bald wieder da, Liebes“, sagte er. Er hängte seine Schürze über eine Stuhllehne und zog seine Stiefel an, zögerte jedoch mit seiner Hand am Türknauf und spähte aus dem Fenster, das zum Hinterhof zeigte. Es waren keine Fangs zu sehen.
Anstatt nach draußen zu gehen, schlich Joe auf Zehenspitzen die Küchentreppe hinauf in den zweiten Stock des Gasthauses. Oben angekommen, hielt er inne und starrte auf einen mit Türen gesäumten Flur.
Joe lauschte. Aus einiger Entfernung konnte er die lärmenden Fangs ausmachen. Er hörte das Knarren des alten Gebäudes und das Pfeifen des Windes zwischen den Häusern. Joe schlich den Flur entlang zu Zimmer Nummer Acht und drückte vorsichtig die Tür auf.
In Zimmer Nummer Acht stand ein ordentlich gemachtes Bett, ein Waschbecken auf einer Kommode und ein Schreibtisch – jedes Möbelstück war simpel, aber stabil. Er ging zum Fenster, hielt jedoch inne, als er mit einem Anflug von Traurigkeit auf die Trümmer von Glipwood hinausblickte. Unterhalb des Fensters lag das, was von Shaggys Taverne übriggeblieben war. Der Schornstein ragte aus dem Boden wie der Stamm eines alten, versteinerten Baumes, der Boden übersät von Brettern, zertrümmerten Hockern und zerbrochenen Flaschen.
Langsam schlich er zur Kommode. Mit jedem Knarren der Holzdielen unter seinen Schritten zuckte er zusammen, doch er ließ sich nicht beirren und schob sie ein Stück weg von der Wand. Hinter der Kommode befand sich eine kleine Tür. Joe schaute sich ein letztes Mal im Raum um und ging geduckt hindurch, bevor er die Kommode hinter sich wieder an ihren Platz schob.
Er stand in einem engen Raum, der nur durch ein winziges Fenster in der Decke beleuchtet wurde. Das Licht war schwach, doch nach wenigen Momenten gewöhnten sich Joes Augen daran und er konnte die korpulente Gestalt erkennen, die zitternd auf dem Bett lag.
„Hallo, alter Freund“, flüsterte Joe.
Der Mann rührte sich und versuchte, sich aufzusetzen. Ein blutgetränkter Verband war um seinen dicken Bauch gewickelt.
Joe legte ihm eine Hand auf den Arm. „Bleib liegen. Ich muss mal kurz raus, aber ich wollte zuerst noch nach dir sehen. Möchtest du etwas trinken?“
Der Mann auf dem Bett versuchte vergeblich, eine weiße Haarsträhne auf seinem fast kahlen Kopf zu glätten. „Ich bin … am Verdursten“, sagte er, „um die weisen Worte … von … Lou di Cicaccelliccelli zu zitieren.“
„Das glaube ich dir aufs Wort“, sagte Joe und lächelte, während er ihm ein Glas Wasser aus einem Krug neben dem Bett einschenkte. Er hielt es Oskar N. Reteep an den Mund. „Ich komme später noch einmal hoch, um deinen Verband zu wechseln. Brauchst du sonst noch etwas?“
Oskar schluckte das Wasser mit einem schmerzverzerrten Gesicht herunter. „Ein paar weitere Bücher wären wundervoll, wenn es nicht zu viel Mühe macht.“
Joe sah sich die Bücherstapel in jedem Winkel des Raumes an. „Ich werde mein Bestes tun“, antwortete er. „Ruh dich aus. Ich komme heute Abend wieder. Es freut mich sehr, dass du wieder sprechen kannst, Oskar.“
„Ja“, schnaufte Oskar. „Und Joe, ich muss dir viel berichten. „Zouzab … hüte dich –“ Er brach hustend ab.
„Alles gut. Du wirst später noch Zeit haben, mir alles zu erzählen.“ Bald würde Joe Oskar sagen müssen, dass sein kleiner Gefährte Zouzab tot war, wahrscheinlich getötet von den Fangs. Er wollte den alten Mann nicht mit noch mehr Kummer belasten.
Oskar lehnte sich zurück und schlief sofort ein. So schlimm er auch aussah, sein Zustand hatte sich in den Wochen, seit Joe ihn blutend auf dem Boden von Bücher und Allerlei gefunden hatte, schon stark gebessert. An dem Tag, als der Sturm über sie hergefallen war, hatten Joe und Addie den Großteil ihres Nachmittags damit verbracht, ihn in den Gasthof zu bringen. Seit der Nacht vor dem Sturm, als Podo und die Igibys zur Villa Schlotterknie geflohen waren, um den Hunderten von Fangs zu entkommen, war keine Fang-Verstärkung mehr aufgetaucht. Joe war sich immer noch nicht sicher, was in dieser Nacht aus den Fangs geworden war, aber es schien, als hätte jemand oder etwas sie alle getötet.
Als die Schusters am Morgen nach der Schlacht aus ihrem Versteck aufgetaucht waren, hatte es sich angefühlt, als sei Aerwiar untergegangen. Dunkle Wolken waren am Himmel über die zerstörte Stadt hinweggezogen, die Straßen waren voll von Staub, Knochen und Rüstungen unzähliger Fangs gewesen. Bald schon tauchte Shaggy aus seiner Taverne auf, und die Schusters waren erleichtert, ihn zu sehen. Sie waren seit Jahrzehnten Nachbarn und die einzigen Mitbewohner Glipwoods, die in der Nacht, als die Igibys sich ihren Weg aus der Schwarzen Kutsche erkämpft hatten, in der Stadt geblieben waren, anstatt nach Torrboro oder Dugtown zu fliehen.
Doch dann wurde den Schusters ihr einziger Freund genommen. Eines Nachmittags bahnte sich eine Kompanie Fangs ihren Weg durch Glipwood nach Fort Lamendron. Aus einem Fenster im zweiten Stock des Einzigen Gasthauses sahen die Schusters hilflos dabei zu, wie Shaggy eine Schubkarre mit Brennholz über die Straße schob. Als die Fangs ihn sahen, stießen sie ihn zu Boden und eine der Echsen versenkte ihre Reißzähne in Shaggys Bein.
Die Fangs verschwanden so schnell, wie sie gekommen waren, doch als Joe und Addie zu Shaggy hinuntergeeilt waren, war er bereits tot. Unter Tränen hatten die Schusters ihren Freund auf dem Friedhof von Glipwood am südlichen Ende des Wackeligen Weges beerdigt. Joe hatte das Schild mit der Inschrift Shaggys Taverne aus den Trümmern des Gebäudes gekramt. Es trug den Namen der Taverne und die Abbildung eines Hundes, der eine Pfeife rauchte. Joe hatte es am Kopf von Shaggys Grab aufgestellt, nachdem er in feinster Handschrift Shaggy Bandibun, ein vorbildlicher Nachbar und Freund eingeritzt hatte.
Jetzt waren die Fangs zurück und wollten herausfinden, wo sich Reteep, Podo Helmer und die Familie Igiby aufhielten, und Joe hatte keine Ahnung, aus welchem Grund. Oskar hatte im Schlaf viel über die Eisprärien und die Juwelen von Anniera gemurmelt, was auch immer sie sein mochten, aber Joe Schuster war bloß der Besitzer des Einzigen Gasthauses. Er wusste nichts über diese Art von Dingen, und er wollte es auch nicht. Er wollte nur, dass Oskar sich erholte und alles wieder halbwegs so werden würde, wie es gewesen war, bevor die Fangs ihren Fuß auf Skree gesetzt hatten.
Wenn die Fangs auf der Suche nach Oskar waren, wusste Joe Schuster, dass es das Richtige war, ihn versteckt zu halten. Wenn die Wunden des alten Mannes verheilt waren, würde er sich schon überlegen, was er als Nächstes tun wollte. In der Zwischenzeit musste er vorsichtig sein. Wie Joe gerade durch Higgk, dem Fang, am eigenen Leib zu spüren bekommen hatte, war nicht nur Oskars Leben in Gefahr, sondern auch sein eigenes und das seiner lieben Frau Addie. Er konnte den Gedanken nicht ertragen, dass ihr etwas zustoßen könnte.
Joe klapste Oskar leicht aufs Bein und verabschiedete sich, und Oskar antwortete mit einem Grunzen. Joe lauschte einige Minuten, bevor er die Kommode beiseiteschob, dahinter hervorkroch und sie schnell zurück an ihren Platz bugsierte – bis er erstarrte.
Was war das für ein Geräusch? Bewegte sich etwas am Fenster hinter ihm? Eine Schweißperle rann Joes Rücken hinunter, und seine Gedanken rasten. So lässig wie möglich zog er ein Taschentuch aus seiner Westentasche und wischte die Kommode ab. Er summte vor sich hin, während er von der Kommode zum Schreibtisch hinüberging und einen Blick zum Fenster riskierte.
Ein Gesicht starrte zurück.
Eine kleine Gestalt mit zarten Gesichtszügen und gekleidet in ein Patchworkhemd hockte vor dem Fenster von Zimmer Nummer Acht. Ihr Blick war durchdringend und kalt und ließ Joe erstarren.
„Zouzab!“, rief Joe laut, erleichtert und verwirrt zugleich, den kleinen Kerl zu sehen. Oskar würde sich freuen, dass sein Freund noch am Leben war.
Er winkte dem Bergläufer zu, der daraufhin nickte. Die kleine Kreatur machte sich bestimmt Sorgen über seinen alten Meister und würde ihm und Addie eine große Hilfe bei der Pflege von Oskar sein. Joe steckte das Taschentuch zurück in seine Tasche und schob das Fenster auf.
„Willkommen, Zouzab!“, sagte er, als der Bergläufer durch das Fenster huschte wie eine Spinne. „Es ist schön, ein vertrautes Gesicht in Glipwood zu sehen.“
„Seien Sie gegrüßt, Mr. Schuster“, sagte Zouzab. Seine Stimme war dünn und brüchig – sie ähnelte weder der eines Kinder noch der eines Mannes.
Joe klopfte dem kleinen Kerl auf den Kopf und bemerkte nicht, wie angewidert Zouzab dabei dreinschaute. „Du fragst dich sicher, was mit Oskar passiert ist, oder?“ Er lächelte Zouzab an und freute sich, ihm die guten Nachrichten mitteilen zu können.
Zouzabs Augen weiteten sich kaum merklich und er nickte. „Ja, Mr. Schuster, ich mache mir große Sorgen um seine … Gesundheit.“
„Nun“, sagte Joe, der sich plötzlich an Oskars Worte vor wenigen Minuten erinnerte: „Zouzab … hüte dich.“
Joe hatte angenommen, dass Oskar seinen kleinen Freund vor den Fangs warnen wollte – doch jetzt war er sich dessen nicht mehr so sicher. Er bemerkte etwas Unheimliches in der Art, wie ihn der Bergläufer musterte.
„Oskar …“ Joe zögerte.
Zouzab machte einen Schritt nach vorne.
„Nun – ich weiß nicht, wo er ist. Ich habe ihn nicht mehr gesehen, seit dem Tag, bevor das ganze Chaos über Glipwood hineingebrochen ist. Weißt du, wo er steckt?“ Joe räusperte sich, nahm sein Taschentuch erneut in die Hand und begann, die restlichen Möbel im Zimmer abzustauben, die Laken zu straffen und die Kissen aufzuschütteln, wobei er sich der Anwesenheit von Oskar auf der anderen Seite der Wand überdeutlich bewusst war. Er betete, dass der alte Mann nicht schnarchen oder aufwachen würde.
Joe öffnete die Tür zum Flur und hielt auf der Schwelle inne. „Möchtest du mitkommen? Ich muss noch zwölf weitere Räume abstauben, und das ist eine furchtbar spannende Arbeit, das kann ich dir versichern. Ansonsten kannst du gerne auf demselben Weg wieder gehen, auf dem du hereingekommen bist.“
Zouzab beobachtete ihn schweigend. Wie eine Katze kurz vor dem Angriff. Die beiden standen sich schier eine Ewigkeit in Zimmer Nummer Acht gegenüber, bevor Zouzab sich ein letztes Mal im Raum umschaute, sich verbeugte und auf die Fensterbank sprang.
„Auf Wiedersehen, Mr. Schuster“, sagte Zouzab, und schon war von ihm und seinem Patchworkhemd nichts mehr zu sehen.
Mit zittrigen Beinen durchquerte Joe den Raum, schloss das Fenster und verriegelte es. In diesem Moment wurde die Stille von einem lautstarken Blähgeräusch aus Oskars Geheimzimmer unterbrochen.
Zouzabs Kopf erschien am Fenster.
„’tschuldigung“, sagte Joe achselzuckend.
Der Bergläufer kniff die Augen zusammen, rümpfte die Nase und war verschwunden.
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Die Abenteuerlust von Tink und Janner war verflogen.
Jungen vergessen manchmal, dass man, bevor man zu einem Abenteuer aufbricht, wenn irgend möglich, packen muss. Es gibt Situationen, in denen das Packen zweitrangig ist – zum Beispiel, wenn man aus einem brennenden Gebäude flieht –, doch wenn man vor der Abreise genügend Zeit hat, zu planen, vorzubereiten und zu diskutieren, dann ist es ein ungeschriebenes Gesetz, dass Erwachsene darauf bestehen. Wenn Kinder sagen, dass es Zeit ist zu gehen, dann meinen sie: „Es ist Zeit zu gehen.“ Wenn Erwachsene dasselbe sagen, meinen sie in Wirklichkeit: „Es ist an der Zeit, darüber nachzudenken, in naher Zukunft irgendwann zu gehen.“
Nach Nias Verkündigung machten sie und Podo mit ihren Aufgaben weiter, als ob sie nicht gerade eine monumentale Entscheidung getroffen hätten. Am nächsten Tag hackten die Kinder Feuerholz, wuschen Kleidung und Decken, holten Wasser aus dem Bach und bereiteten Fleisch zum Salzen und Trocknen vor, während die Erwachsenen planten, vorbereiteten und diskutierten.
An diesem Abend rollten Nia und Podo nach dem Abendessen eine alte Karte auf, um ihre Route zu den Eisprärien festzulegen. Sie einigten sich darauf, nach Süden bis an den Waldrand zu reisen und dann nach Westen entlang der Grenze zu ziehen, bis sie die Straße nach Torrboro erreichten. In Torrboro würden sie nach Süden und dann wieder in Richtung Westen weiterreisen, um die Stadt zu umgehen und den dortigen Fangs auszuweichen.
„Drei Tage westlich von Torrboro ist der Mächtige Fluss Blapp nicht mehr so mächtig. Er ist breit, aber flach genug, um ihn durchzuwaten“, sagte Podo. „Und Fangs sollte es dort kaum welche geben.“
„Was ist mit der Barriere?“, fragte Nia.
„Welche Barriere?“, hakte Janner nach.
„Hab mir schon gedacht, dass du noch nie davon gehört hast. Sie ist hier.“ Podo fuhr mit dem Finger über die Karte. „Die Barriere ist Gnags Versuch, die Skreeaner davon abzuhalten, genau das zu tun, was wir vorhaben. Es ist eine Mauer, die sich über die gesamte Länge der südlichen Grenze der Steinigen Berge erstreckt. Fangs patrouillieren dort Tag und Nacht. Ein paar Jahre, nachdem die Fangs die Macht übernommen hatten, realisierten einige Leute, dass die Fangs sich in der Kälte nicht so schnell bewegen konnten, also flohen viele Skreeaner nach Norden. Natürlich starben die meisten von ihnen. Fangs sind in der Kälte zwar langsamer, aber sie können immer noch kämpfen, und sie können immer noch beißen. Vor allem, wenn es sich bei ihren Opfern um Frauen, Kinder und unbewaffnete Männer handelt. Gnags Antwort darauf war, die Barriere zu errichten. Sie hält nicht alle auf – die Mauer ist viel zu groß, um sie komplett zu überwachen –, aber sie erfüllt ihren Zweck gut genug, damit die Leute nicht massenweise abhauen. Oskar hat mir erzählt, dass es westlich von Torrboro eine Lücke in der Mauer gibt, durch die man unbemerkt durchschlüpfen kann, wenn man mit einer kleinen Gruppe reist. Und genau das haben wir vor.“
„Und Peet sagt, dass er uns über die Berge bringen kann“, ergänzte Nia.
„Solange er nicht eines Morgens mit seinem Kopf falschherum auf seinem Körper aufwacht und uns ’ne Klippe runterstürzt“, sagte Podo. „Oder in ’ne Gletscherspalte oder ein Nest von Bomnubbeln.“5
„Nugget hat keine Angst vor Bomnubbeln“, sagte Leeli stolz. Draußen bellte Nugget auf den Klang seines Namens hin. Janner wollte Leeli nicht sagen, dass sogar Nugget ein leichtes Opfer für einen Bomnubbel sein würde.
„Wir brauchen Vorräte für zwanzig Tage“, sagte Nia.
„Aye, das heißt, wir sollten für dreißig planen“, meinte Podo.
„Warum?“, fragte Janner.
„Weil man nie weiß, was alles passieren kann, mein Schatz“, antwortete Nia. „Auf Reisen wie dieser läuft selten etwas nach Plan.“
„Wie bist du denn auf diese Zahl gekommen?“, fragte Janner. „Dauert es zwanzig Tage, um zu den Eisprärien zu gelangen?“
„Also, es dauert ungefähr zwei Tage bis Torrboro und dann nochmal drei Tage, um den Blapp zu durchqueren, und – weißt du was, mein Jung?“, sagte Podo sanft.
„Was denn?“
„Es ist einfacher, wenn ich’s dir zeige, anstatt es dir zu erklären. Wir haben noch ’ne Menge zu besprechen, und wenn deine Füße erst einmal Strecke machen, wirst du mehr lernen, als ich dir jetzt sagen kann. Verstehst du?“
Janner seufzte. „Ja, verstanden.“
Nia und Podo verlegten die Gespräche in einen anderen Raum und ließen die Kinder mit einer langen Liste von Aufgaben aus ihren D.E.U.B.F.6 zurück, um sie bis zur Schlafenszeit zu beschäftigen.
Während sich die Kinder auf ihre Gute-Nacht-Geschichte von Podo freuten, mühte sich Oskar N. Reteep damit ab, im schwachen Licht, das durch das Oberlicht seines Geheimzimmers fiel, zu lesen. Er kniff die Augen hinter seiner Brille zusammen und las die letzten Sätze eines Buches mit dem Titel Die Anatomie einer Beleidigung.7 „Dämliche alte Schabracke“, murmelte Oskar, als er das Buch zur Seite warf. Es landete auf einem Haufen anderer Bücher in dem Spalt zwischen Bett und Wand. „Könnte eine gute Beleidigung nicht von einer Buckelige Buddelkröte unterscheiden.“
Oskar erinnerte sich, dass er eingeschlafen war, bevor er Joe vor Zouzab warnen konnte. Er bezweifelte, dass der kleine Verräter noch in der Nähe war, doch Abbie und Joe mussten wissen, dass der Bergläufer mit den Fangs unter einer Decke steckte, nur für den Fall.
Oskar war furchtbar hungrig und vermutete, dass er über einen Tag am Stück geschlafen haben musste, obwohl er sich ohne einen Besuch von Joe nicht sicher sein konnte. Er fühlte sich jetzt wieder besser. Der kritische Zustand war überschritten, er war auf dem Weg der Genesung und konnte mittlerweile sprechen, ohne zu husten.
Mit schmerzverzerrtem Gesicht beugte er sich nach vorne und stellte die Füße auf den Boden, eine Hand vorsichtig auf den Verband gelegt, der um seinen Oberkörper gewickelt war. Am frühen Morgen hatte Oskar im Licht der Laterne festgestellt, dass er stehen und sogar in seinem kleinen Quartier herumschlurfen konnte. Er freute sich darauf, dies bei Joes nächstem Besuch zu demonstrieren, doch zu Oskars Enttäuschung und wachsender Sorge tauchte Joe nicht auf. Er hatte keine der vertrauten Geräusche und Stimmen aus der Küche oder dem Gemeinschaftsraum gehört. Den ganzen Tag hatte Oskar gelesen und wieder und wieder gelesen und dabei versucht, die nagende Angst zu unterdrücken, dass etwas nicht stimmte.
Jeden Tag wechselten Joe oder Addie seinen Verband, brachten ihm Wasser und Essen, und wenn Oskar wach genug war, um zuzuhören, redeten sie mit gedämpfter Stimme über die Fangs und die Igibys und Podo. Oskar hütete sich davor, ihnen die wahre Identität der Igiby-Kinder zu verraten. Je weniger sie wussten, desto besser.
Zu Beginn hatte seine Sorge nur den Schusters gegolten. Jetzt war er durstig, sein Magen knurrte und er begann, den Ernst seiner Lage zu bedenken. Oskar bezweifelte, dass er sich selbst verarzten oder auch nur durch die kleine Tür quetschen könnte. Mit dem Gedanken, dass er hier oben verhungern oder verdursten konnte, kam ihm sein Geheimzimmer jetzt vor wie ein Grab. Er fragte sich, ob in ein paar Jahren jemand sein Skelett auf dem Bett finden würde, umgeben von Büchern. Dann fragte er sich, welches Buch er wohl lesen würde, wenn er seinen letzten Atemzug tat, und er beschloss, sich ein gutes Buch zu schnappen, sobald er spürte, dass sein Ende nahte – damit derjenige, der ihn entdeckte, wusste, dass er einen guten Literaturgeschmack gehabt hatte. Oskar nahm seine Brille ab und putzte sie mit der Ecke des Bettlakens.
Er setzte seine Brille auf und richtete eine Haarsträhne so, dass sie über seinen gesamten Kopf hing. Oskar war genauso wenig bereit, sich eine Niederlage einzugestehen, wie zuzugeben, dass er praktisch glatzköpfig war. Er schaute auf die kleine Türöffnung an der gegenüberliegenden Wand. Seine Wunde blutete nicht mehr, doch er war nicht in der Lage, durch die kleine Tür zu krabbeln. Er schmunzelte bei dem Gedanken, dass sein dicker Bauch ein größeres Hindernis sein könnte als seine Stichwunde.
Oskars Überlegungen zu seinem Körperumfang und dessen Bedeutung für eine Flucht wurden durch einen Schrei unterbrochen, der durch die Holzwände des Gasthauses drang. Seine Nackenhaare stellten sich auf. Der Schrei verstummte und wich dem gedämpften Knurren mehrerer Fangs. Die Lippen des alten Mannes flüsterten ein Gebet, während er sich verzweifelt in seiner dunklen Zelle umsah und überlegte, was er tun sollte. Er sammelte seine Kräfte, holte tief Luft und stand auf. Vor seinen Augen tanzten Sterne, während er einen weiteren Schrei hörte. Es klang wie Addie.
Oskar machte einen schmerzerfüllten Schritt nach dem anderen zur Tür und verfluchte dabei sein Gewicht, seine Wunde und die Fangs von Dang mit Beleidigungen, die stark von seiner kürzlichen Lektüre von Helba Grounce-Miglatobes Buch beeinflusst waren. Er erreichte die Tür und stützte sich mit einer Hand an der Wand ab und atmete schwer. Neues Blut befleckte seinen Verband, bemerkte er panisch.
Mühsam ließ er sich auf die Knie sinken und stützte eine Schulter gegen die Rückseite der Kommode, die als Tür diente. Die Kampfgeräusche, die von außerhalb des Gasthauses kamen, waren jetzt deutlicher zu hören, und die Fangs knurrten nicht nur; sie lachten auch.
Er hatte keine Ahnung, was er tun würde, sobald er es aus diesem Zimmer geschafft hatte, aber sein Instinkt verlangte, dass er etwas tat. Er wusste nicht, wie er vorgehen sollte, aber es war eindeutig falsch, in seinem Bett zu liegen und zuzuhören, wie seine Freunde von den Fangs gefangen genommen oder getötet wurden.
Mit aller Kraft stemmte sich Oskar gegen die Kommode, und das Möbelstück rutschte ein Stück zur Seite. Unter Schmerzen in der Brust kroch er zum offenen Fenster und keuchte.
Shaggys Taverne war nicht mehr als eine Ruine aus zerbrochenen Brettern. Auf der anderen Seite lag das, was von Ferinias Blumenladen übrig war, zerstört und traurig anzusehen wie eine zertrampelte Lilie. Daneben stand, zu seiner Erleichterung, Oskars Bücher und Allerlei noch genauso, wie Addie Schuster es ihm versichert hatte, intakt bis auf einen fehlenden Streifen Holzschindeln auf dem Dach.
Oskars Schock über den verwüsteten Zustand von Glipwood verwandelte sich in Entsetzen, als er den Grund der Schreie entdeckte.
Dort stand die Schwarze Kutsche, angeschirrt mit einem Gespann aus schwarzen Pferden. Doch es war nicht die Schwarze Kutsche, die Oskar in der Nacht gesehen hatte, als Podo Helmer und Peet der Sockenmann gegen die Fangs gekämpft hatten. Diese Kutsche war länger und schlanker und zu Oskars Entsetzen noch angsteinflößender als die andere. Statt einer Kammer hatte sie mehrere horizontale Abteile, jede gerade groß genug für eine Person. Als ob die Kutsche ein Wagen wäre, der einen Stapel seitlich gedrehter Eisensärge transportierte. Stacheln ragten aus dem Dach der Kutsche hervor und bildeten eine festungsähnliche Einfriedung, in der zwei Fangs mit Armbrüsten hockten.
Joe Schuster lag regungslos auf der Straße. Eine Gruppe von Fangs umzingelte ihn und schlug mit den stumpfen Enden ihrer Speere auf ihn ein. Ein weiterer Fang hielt Addies Arme hinter ihrem Rücken umklammert und stieß sie die Stufen des Gefängnisses hinunter. Einer der Fangs auf der Kutsche legte einen Hebel um, woraufhin sich die unterste der horizontalen Türen öffnete. Zwei der Fangs zerrten Joe zur Kutsche und warfen ihn hinein. Addie schrie verzweifelt, als die zwei auch sie in die Kiste über Joes zwangen. Die Fangs schlugen die sargähnlichen Türen zu und lachten auch, während der vermummte Kutscher die Pferde anspornte und die Kutsche sich entfernte.
Eine Unterhaltung drang bis Oskar durch.
„Das hat Spaß gemacht“, sagte ein Fang, der unten auf der Straße stand.
„Aye. Nix geht über ihr Zappeln und Schreien“, sagte ein anderer wehmütig. „Wünschte, es gäbe in letzter Zeit mehr davon. Stehe schon seit Tagen in dieser Stadt herum und hab nichts anderes zu tun, als meine Schuppen zu kratzen.“
„Es wird nicht lange dauern, bis wieder was los ist“, sagte der Erste.
„Hä? Was weißt du, was ich nicht weiß?“
„Der Bergläufer sagt, die Igibysss sind im Wald.“
„Unmöglich.“
„Wieso?“
„Weil die Kühe sie schon längst gefressen hätt’n.“
„Nee. Die sind bei diesem Socken-Typen. Diesem Fiesling. Der hat keine Angst vor Gezahnten Kühen. Der Bergläufer sagt, dass er überall in den Bäumen Brücken hat. Meint, die leben in einem Baumhaus.“
Oskars Augen weiteten sich, und er lächelte trotz seiner Schmerzen. Die Igibys waren am Leben!
„Leben in einem was?“, fragte der Fang.
„Einem Baumhaus.“
Eine kurze Pause entstand.
„Was is’n Baumhaus?“
„Keine Ahnung. Aber es kommt mir bekannt vor. Irgendwie wird mir schlecht, wenn ich darüber nachdenke.“
„Na ja, werden wir morgen schon ’rausfinden. Heute Abend kommt der Rest der Truppen an, dann geh’n wir in Richtung Wald und finden sie. Wir brechen morgen nach dem ersten Fressen auf. Woll’n sie überraschen.“
„Nein“, hauchte Oskar.
Dann erlosch seine Kraft wie eine Kerze, und er brach auf dem Boden des Zimmers zusammen. Er bemerkte nicht einmal die kleine Blutlache, die sich unter ihm sammelte.
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Am nächsten Morgen nach dem Frühstück kehrte Peet der Sockenmann zum Baumhaus zurück, über der Schulter eine gehäutete und ausgenommene Höhlenratte. Er erwähnte beiläufig, dass ein Rudel Gehörnter Hunde hinter ihm her sein könnte, woraufhin Podo Nugget in Alarmbereitschaft versetzte. Als Peet sich und den Kadaver der Höhlenratte durch die Baumhaustür gehievt hatte, ertönte das Heulen eines Gehörnten Hundes, und Nugget sprang ihm hinterher in den Wald.
Janner und Tink saßen im Schneidersitz auf dem Boden des Baumhauses und gaben ihr Bestes, sich auf ihre D.E.U.B.F. zu konzentrieren, obwohl ihre Gedanken einzig und allein um die bevorstehende Reise kreisten.
Auf Wunsch seiner Mutter beschäftigte sich Tink damit, die Igiby-Hütte zu zeichnen, wie er sie in Erinnerung hatte. Sie sagte, dass sie vielleicht nie wieder nach Glipwood zurückkehren würden, und wie schön es doch sei, dass Tink sich im Skizzenbuch seines Vaters Dinge aus der Vergangenheit seiner Familie anschauen konnte. Mit seinen elf Jahren konnte Tink sich nicht vorstellen, sein Skizzenbuch an jemanden weiterzugeben, geschweige denn an seine eigenen Kinder. Doch er zeichnete gerne und Janner wusste, dass er eine vage Vorstellung davon hatte, wie wertvoll es war, seine Arbeit zu archivieren und seine Geschichte mit den Bildern zu erzählen, die er zeichnete.
Janner konzentrierte sich auf sein Tagebuch und versuchte zu beschreiben, wie sehr er sich auf die bevorstehende Reise zu den Eisprärien freute und wie frustriert er war, dass sie noch warten mussten, bis alle Vorbereitungen getroffen waren. Leeli saß in der Beuge eines dicken Baumstamms und lernte Texte aus einem Liederbuch auswendig.
Janner hörte Nugget bellen, schaute aus dem Fenster, und sah, wie der Hund aus den Tiefen des Waldes zurückkehrte und den schlaffen Körper eines Gehörnten Hundes in seinem Maul trug. Nugget ging so sanft mit den Kindern um, dass es schwer vorstellbar war, wie er jemanden angriff – doch der riesige Hund war in der Lage, weit mehr als nur Gehörnte Hunde zu töten. Er und Peet hatten sich einem Angriff von Hunderten von Fangs aus Dang gestellt und hatten sich dabei, zumindest soweit Janner wusste, keine einzige Wunde zugezogen.
Am Fuße des Baumes grub Peet fleißig ein Loch, in das er eine Kiste mit seinen Tagebüchern vergraben wollte. Es waren zu viele, um sie mitzunehmen, und er wollte nicht, dass sie in die Hände der Fangs gerieten. Er schrie kurz auf, als Nugget die tote Kreatur auf den Erdhaufen neben dem Loch fallen ließ, und scheuchte den großen Hund weg.
„Gehörnte Hunde verbreiten ein schlechtes Aroma! Das schadet nicht nur Eintöpfen, sondern auch Büchern.“
Nugget winselte und zerrte seine Beute zurück durch die Bäume.
Gerade als Janner seinen Federkiel in das Tintenfass tauchte und in seinem Tagebuch weiterschreiben wollte, rief Nias Stimme von unten.
„Jungs, kommt runter. Ich möchte, dass ihr eure Rucksäcke anprobiert.“
Janner und Tink warfen ihre Bücher beiseite und kletterten die Leiter hinunter.
Nia stand mit dem Rücken zu einem Berg von Gegenständen und betrachtete ihre Söhne mit verschränkten Armen. In den letzten Wochen hatte sie fleißig Rucksäcke aus Peets alten Decken und einigen Tierfellen genäht, die in der Ecke des Baumhauses gestapelt gewesen waren. Jetzt überreichte sie jedem der Jungen einen fertigen Rucksack, allesamt mit Fächern, Riemen und Knöpfen.
Janner schnallte seinen Rucksack auf den Rücken. Er wusste, dass sie etwas zu essen brauchen würden, aber ihm war nicht bewusst, welche anderen Vorräte eine solch lange Reise erforderte.
„Hier ist das Buch, das dein Vater dir vermacht hat“, sagte Nia und legte es nach unten in Janners Rucksack. „Ich habe es gut eingewickelt, damit es nicht kaputtgeht. Und dieses hier werdet ihr brauchen.“ Sie reichte Janner Tinks mit Tüchern umwickeltes Schwert und zeigte ihm die Lederriemen, mit denen er es am Rucksack seines Bruders befestigen konnte.
Die Rucksäcke wurden immer schwerer, während Nia sie mit dem Nötigsten füllte: eine Schachtel Streichhölzer, eine geölte Zunderbüchse für den Fall, dass die Streichhölzer ausgingen, ein Beutel mit getrocknetem Fleisch, kleine Päckchen mit Salz, eine Rolle Seil, ein Klappmesser, das Nia aus der Waffenkammer von Villa Schlotterknie geplündert hatte, und ein zusätzliches Hemd und Kniehosen. An der Seite band sie den mit Pfeilen gefüllten Köcher und unbespannten Bogen, gegenüber vom Schwert, erst bei Janner, dann bei Tink.
Nia trat einen Schritt zurück und betrachtete die Rucksäcke auf den Rücken ihrer Söhne mit zusammengekniffenen Augen. „Das wird ausreichen“, sagte sie mit einem Nicken. Dann wanderte ihr Blick zu ihren Gesichtern und Janner stöhnte auf. „Aber euer Aussehen wird es nicht. Los geht’s.“
Nia unterzog Janner und Tink einem schmerzhaften Schrubben. Für Janner fühlte es sich so an, als wolle seine Mutter ihm die Haut von den Knochen reiben. Dann machte sie sich an die Haare der beiden. Mit einem der Klappmesser, die sie in ihren Rucksäcken verstaut hatte, schnitt Nia unter Brummen und Zerren an ihren zotteligen Mähnen, bis sie in Büscheln vor Janners und Tinks Füßen lagen.
Als Nia zufrieden mit dem Ergebnis war, holte sie einen Spiegel hervor und hielt ihn hoch. Janner sah sich überrascht an. In den entsetzlichen Wochen, seitdem sie Leeli das erste Mal vor Slarb gerettet hatten, war viel passiert. Janner konnte es in seinen eigenen Augen sehen: ein ernsterer Blick und eine Reife, von der er hoffte, dass sie eines Tages zu Weisheit werden würde.
Ganz anders Tink: Er zog sofort die albernste und hässlichste Grimasse, die er konnte, und brach in schallendes Gelächter aus. Leeli stimmte ebenfalls in das Lachen ein, und Tink machte weiter, erfand alberne Gesichtsausdrücke und lachte, bis er keine Luft mehr bekam. So sehr er sich auch bemühte, Janner konnte sich ein Grinsen über die Späße seines Bruders nicht verkneifen, und bemerkte, dass ihre Mutter auch lächelte.
Seht, seht, dachte Janner, der Hochkönig von Anniera. Schöpfer, steh uns bei.
Seine Gedanken wurden durch ein seltsames Geräusch aus dem Wald unterbrochen. Janner spähte in die Bäume und fragte sich, ob es nur Einbildung gewesen war. Nach einigen Wochen im Glipwood-Wald konnte er mittlerweile den Schrei einer Höhlenratte, das Glucksen einer Buckeligen Buddelkröte, das schreckliche Muhen einer Gezahnten Kuh und das Heulen eines Gehörnten Hundes voneinander unterscheiden. Peet hatte Janner und seinen Geschwistern sogar beigebracht, welche Vögel auf den Ästen sangen und wie man erkannte, welche gefährlich oder bösartig waren, und welche von ihnen ein Klagelied für einen ihrer Artgenossen sangen, der von einem Schluckling verschlungen worden war.
Doch dieses Geräusch klang anders. Es war fast menschlich. Janner vergewisserte sich schnell, ob alle Mitglieder seiner Familie anwesend waren, und zu seinem Entsetzen waren sie vollzählig.
„Psst!“ Janner drückte Tink eine Hand auf den Mund. „Hast du das gehört?“
„Mmmhf“, antwortete Tink.
Das Geräusch kam näher und wurde von dem leisen kshhh-kshhh zurückgedrängter Äste und zertrampeltem Gestrüpp begleitet. Podo und Nia hörten es ebenfalls. Sie standen alle still, mit geneigten Köpfen, und lauschten. Nugget winselte und lief hin und her, bis Leeli ihm zu Schweigen gebot.
Schließlich hallte eine Stimme durch das Gebälk, nah genug, um die Worte verstehen zu können: „Mit den Worten von Ubinuois Whoon: Lauft, Igibys! Wenn ihr da draußen seid – lauft! Sie kommen!“
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Oskar Noss Retepp wackelte und hüpfte auf dem verwirrten Esel wie Pudding auf einem Erdbeben. Er hielt die Zügel hoch in der Luft und hatte schon lange jegliche Hoffnung verloren, dass seine Füße die Steigbügel finden würden. Seine Brille baumelte von einem Ohr, und eine prächtige Strähne seines weißen Haares, das auf Höhe seines Ohres wuchs, löste sich von der Stelle, an der er sie an seinen Kopf gedrückt hatte, und flog umher wie eine Fahne der Kapitulation.
Janner traute seinen Augen nicht, als er seinen alten Arbeitgeber erkannte. Das letzte Mal, als er Oskar gesehen hatte, hatte der alte Mann sterbend auf dem Boden von Bücher und Allerlei gelegen und ihn zur Flucht gedrängt. In dieser letzten, schrecklichen Nacht in Glipwood, der Schlacht gegen die Fangs, des Verrats von Zouzab und der Flucht der Familie zur Villa Schlotterknie, hatte Janner angenommen, dass Oskar tot war. Ihn lebendig zu sehen war ein riesiger Schreck, der sich jedoch schnell in Freude umwandelte. Janner lächelte, als Reteep auf sie zuhüpfte und einen solchen Lärm dabei machte, dass Schwärme von Knarrenvögeln in den Bäumen krächzten und davonflatterten.
„Janner!“ Podos Stimme bahnte sich den Weg durch Janners Gedanken. „Junge!“
Janner riss sich aus seiner Benommenheit und erkannte, dass er der einzige Igiby war, der noch stillstand. Er keuchte, als er endlich begriff, was Oskar da brüllte.
„Lauft, Igibys! Mit den Worten des –“
Bevor er seinen Satz beenden konnte, ging der arme Esel – ob vor Müdigkeit oder weil er die Demütigung eines so wackeligen Reiters nicht mehr ertragen konnte – zu Boden. Oskar riss die Augen auf, als er durch die Luft in Richtung Janner zusteuerte. Er flog anmutig, die Haarsträhne flatterte im Wind, die Brille baumelte ihm von der Nase und sein Mund formte ein perfektes O, als die Zügel, die er immer noch fest umschlossen hielt, sich anspannten und der runde Mann direkt vor Janners Füße auf dem Rücken landete.
Der Esel schrie lauthals.
Oskar lag auf dem Boden und blinzelte überrascht, dass er noch am Leben war.
„Janner! Mein Junge, ich bin froh, dich zu sehen. Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte.“ Oskar zuckte zusammen und legte eine Hand auf seine Seite, während Janner ihm auf die Beine half. Der Bauch des alten Mannes war mit blutverschmierten Verbänden umwickelt.
„Ich wusste nicht, dass Sie noch am Leben sind, Mr. Reteep, aber ich freue mich sehr, Sie zu sehen“, sagte Janner.
Podo stieg mit einem Bündel auf dem Rücken die Leiter von Peets Schloss hinunter, während Nia und Leeli Essensvorräte sammelten und sie in verschiedene Rucksäcke stopften. Tink ließ Peets ledergebundene Tagebücher einzeln aus dem Fenster des Baumhauses fallen, wo Peet sie auffing und auf einem rechteckigen groben Stoff stapelte, das auf dem Boden ausgebreitet lag.
„Das sind alle, Onkel Peet!“, rief Tink.
Peet nickte, faltete den Stoff über die Bücher und hievte den Stapel in das Loch, das er ausgegraben hatte.
„Oskar! Wie viel Zeit bleibt uns noch?“, bellte Podo.
„Oh je.“ Oskar richtete sich auf. „Nicht mehr als ein paar Minuten. Ich habe versucht, mich wegzuschleichen, aber sie haben mich gesehen. Es sind Hunderte von ihnen – Hunderte!“
Ein neues Geräusch dröhnte durch den Wald. Ein Geräusch, das furchtbarer war als alles, was Janner je gehört hatte. Eine Mischung aus Stöhnen und Knurren, und der tiefe Klang machte deutlich, dass es zu einer gewaltigen Kreatur gehören musste. Sogar Nugget winselte. Er sprang auf Leeli zu und drückte seinen großen pelzigen Körper an sie. Janner konnte nicht sagen, ob er sie beschützen oder selbst beschützt werden wollte.
„Und da ist noch etwas“, sagte Oskar mit ernster Miene.
„Hm?“ Podo hievte sich einen mit Vorräten beladenen Rucksack über die Schulter. „Was ist da noch?“
„Trolle.“ Oskar erschauderte und rümpfte die Nase.
Trolle? Ein Schauer der Angst durchlief Janner. Er hatte noch nie einen echten Troll gesehen, nur Abbildungen unterschiedlicher Trollarten in Pembricks Kreaturpädie, von denen einer furchteinflößender als der andere anzusehen war.
Sein Herz setzte einen Schlag aus, als er den besorgten Gesichtsausdruck seiner Mutter sah. Sie war selbst in den schrecklichsten Situationen gelassen und konnte sogar dann eiskalt bleiben, wenn sie der Gefahr ins Auge blickte. Doch als das Stöhnen des Trolls erneut ertönte, diesmal näher als zuvor, verzog sich ihr Gesicht auf eine Weise, die sie alt und müde aussehen ließ, wenn auch nur für einen Moment.
Podo sah Oskar ernst an und nickte. „Egal, ob sich gerade Trolle oder Fangs oder meine Großmutter Olaraye auf den Weg zu uns machen, wir müssen von hier verschwinden, und zwar schnell. Janner, bring den Esel hierher und binde alles, was du kannst, an seinen Sattel. Tink!“
„Jawohl“, sagte Tink, der hinter Podo stand.
„Hilf deiner Schwester mit ihren Sachen, dann halte Pfeil und Bogen bereit. Du reitest mit ihr auf Nugget und schießt auf alles, von dem du sicher bist, dass du es treffen kannst. Du musst dir sicher sein, verstanden? Pfeile sind wertvoll.“
„Ja“, sagte eine dünne, kratzige Stimme direkt über ihnen. „Pfeile sind wertvoll. Aber sie werden den Igibys nichts nützen, fürchte ich.“
Zouzab Koit hockte hoch oben in den Ästen und schaute mit einem ausdruckslosen Gesicht auf sie herab. Oskar stotterte und war so wütend, dass ihm niemand einfiel, den er zitieren konnte.
„Du!“, schrie Podo und sein Gesicht rötete sich bereits angesichts der Flüche, die gleich aus seinem Mund schießen würden.
Doch bevor er ein weiteres Wort sagen konnte, kreischte Peet der Sockenmann, sprang unmenschlich weit nach oben und schwang sich auf den Ast, auf dem Zouzab hockte. Zouzab flitzte davon und blies einen hohen Ton aus seiner Pfeife, während Peet ihm hinterherjagte. In einem Wirbel aus peitschenden Ästen und fallenden Blättern gerieten der Sockenmann und der Bergläufer außer Sichtweite und ließen Podo und Oskar zitternd und sprachlos zurück. Ihre Wut wurde durch ein Trollstöhnen unterbrochen, dann von einem weiteren Pfeifen, ganz in ihrer Nähe.
„Keine Zeit! Los!“, rief Podo.
Während Janner den ermüdeten Esel auf die Beine zog, schob Nia die Erde in das Loch, in dem Peet seine wertvollen Tagebücher versteckt hatte. Sie warf einen Haufen Blätter auf die frische Erde und verteilte sie, um die Stelle unangetastet aussehen zu lassen.
„Papa, wo sollen wir hin?“, rief Nia, als Podo die Leiter zum Baumhaus hinaufeilte.
„Ich weiß es nicht, Mädel! Nach Norden, denke ich“, rief er über die Schulter. „Wir können jetzt nich’ nach Süden gehen, wie geplant.“
„Aber … im Norden gibt es nichts als den Fluss. Dann sitzen wir in der Falle!“
„Ah! Es gibt eine Brücke“, sagte Oskar. „Einen Weg über die Fluten …“ Er drehte sich zur Seite und hustete.
Janner eilte zu ihm, um ihn zu stützen.
Podo kletterte in Windeseile die Leiter hinunter und trug einen Arm voll getrocknetem Fleisch, das er in seinen Rucksack stopfte. „Wir wären dumm, hier noch eine Sekunde länger zu bleiben. Beeilt euch!“
„Hier.“ Nia warf Janner Peets Ledertasche zu. „Binde das an den Esel und dann hol deine Sachen. Los!“
„Mama, Mr. Reteep ist verletzt“, sagte Janner. „Wo ist das Wasser aus dem Ersten Brunnen?“
„Ich weiß es nicht, mein Kind. Artham hatte es. Wir werden Oskar etwas davon geben können, wenn wir weit genug von den Fangs entfernt sind.“ Sie wandte sich an Oskar. „Schaffst du es? Kannst du reiten?“
Oskar nickte keuchend.
Janners Schwert, das er an der Seite seines Rucksacks befestigt hatte, klirrte gegen seine Hüfte, als er sich den Rucksack über die Schultern warf. Es erinnerte ihn daran, wie schwer und real und gefährlich Schwerter waren – ebenso wie die Situationen, in denen sie benutzt wurden. Das Stöhnen und Knurren der Trolle wurde lauter und Janner konnte das stetige Dum-dum-dum ihrer marschierenden Schritte hören.