Nostradamus und das Rätsel der Weltzeitalter - Christoph Däppen - E-Book

Nostradamus und das Rätsel der Weltzeitalter E-Book

Christoph Däppen

4,8

Beschreibung

Dieses Werk bietet die Gelegenheit, die wahre historische Dimension der Prophezeiungen des Sehers Nostradamus zu entdecken! Denn zweifellos handeln seine berühmten Vierzeiler fast nur von Ereignissen, die schon längst Vergangenheit sind. Aber es schlummert dennoch zutiefst Beunruhigendes in den Zenturien, nämlich in Form subtiler Anachronismen, die ein völlig anderes Licht auf die angeblich bestens bekannte Geschichte werfen. Wir werden aufgrund des in den Zenturien versteckten chronologischen Codes irritiert zur Kenntnis nehmen müssen, dass Nostradamus wahrscheinlich zu einer ganz anderen Zeit lebte, als wir heute annehmen. Eine schwindelerregende Fahrt auf der Geisterbahn der Geschichte!

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Avant long temps le tout sera rangé Nous esperons un siecle bien senestre…

Bevor Erwarten nach langer wir ein Zeit recht alles finsteres in Ordnung Zeitalter… kommt

Nostradamus

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Nachts bei heimlichen Studien sitzend…

Im Jahr 1999, im siebten Monat …

Das Jahr 1727, im Oktober …

Im Jahre 1700 grosse Beute machen …

Römischer Klerus des Jahres 1609 …

Im Jahre 1607 der Liturgie …

Im Jahr 580, mehr oder weniger …

O grosses Rom, dein Untergang naht …

Man nimmt Schwarzes für Weisses …

Die Umwälzung vollenden …

Schluss

Einleitung

Die berühmten Zenturien (centuries) von Nostradamus, eine nach Hundertschaften gegliederte Sammlung von prophetischen Vierzeilern oder quatrains, ziehen sich wie ein roter Faden durch die vorliegende Untersuchung und geben Anlass, einige merkwürdige Aspekte der überlieferten Geschichte zu beleuchten. Dabei wird sich erstens zeigen, dass die bedrohlich wirkenden Prophezeiungen des provenzalischen Sehers nicht auf unsere Zeit, d.h. nicht auf unsere Gegenwart und Zukunft gemünzt sind, sondern ausnahmslos Epochen der Vergangenheit betreffen. Vielleicht werden manche enttäuscht sein zu erfahren, dass der Weltuntergang, soweit er von Nostradamus beschrieben wurde, nicht unmittelbar und auch bis auf weiteres nicht bevorsteht - allerdings dürfte die optimistische Meinung, dass uns überhaupt kein Weltuntergang bevorstehe, auch nur eine trügerische Hoffnung sein! Es ist nur so, dass Nostradamus nicht den allenfalls uns Heutigen bevorstehenden Weltuntergang beschrieben hat, sondern einen anderen, vergangenen, nämlich den, der nun schon etliche Generationen zurückliegt, und auf dessen Trümmern unsere Zivilisation steht.

Zweitens werden wir sehen, dass die uns angeblich bekannte Geschichte nicht wenige Unstimmigkeiten aufweist, die in ihrer Summe so mysteriös und unauflösbar sind, dass wir „die Geschichte“ als solches verwerfen müssen. Dass unser Blick zurück stark getrübt ist, kann viele Ursachen haben. Nicht zuletzt scheint es immer wieder kleine „Weltuntergänge“ gegeben zu haben, welche die Menschheit aus beachtlichen Zivilisationshöhen weit zurückgeworfen haben, und einhergehend mit diesen Abstürzen kollektive Traumen verursacht haben, die bis heute als Verdrängung, Angst und Irrationalität nachwirken. Ob die Menschheit vielleicht solche Zerstörungen und Umwälzungen endzeitlichen Ausmasses braucht, um sich weiter zu entwickeln, ist eine beunruhigende Frage, die sich automatisch stellt, wenn man sich einmal neutral die geschichtlichen Tatsachen vor Augen hält. Wir können aber dieses im Grunde religiöse Thema hier nicht tiefer ausloten, auch wenn es in einigen Versen von Nostradamus durchzuschimmern scheint.

Als eine kleine Elite von Historikern an der Schwelle zur Neuzeit sich daran machte, die grösstenteils verlorengegangenen oder disparat herumliegenden Fäden der überlieferten Geschichte wieder zu rekonstruieren und zusammenzuknüpfen, machte sie einige gravierende, aber leider aufgrund unzureichender menschlicher Erkenntnisfähigkeit unvermeidliche Fehler. Und kein ernstzunehmender Historiker wird noch bestreiten wollen, dass solche Fehler passiert sind; aber dieselben Historiker bestreiten vehement (falls sie nicht einfach nur schweigen), dass genau diese Fehler bis heute im konventionellen Geschichtsraster überdauert haben. Es sind diese im wahrsten Sinne des Wortes epochalen Fehler, die unser Bild der Geschichte verfälschen und verwirren, und die uns letztlich darin hindern, überhaupt ein klares Verständnis der wirklichen geschichtlichen Prozesse zu gewinnen. Insofern gebärden sich heute die meisten Historiker als verschwörerische Handlanger der Verschleierung und nicht als Fahnenträger der Aufklärung.

Was hat nun aber Nostradamus mit dieser Geschichts(ver)fälschung zu tun? Dieser angebliche Seher, der bis weit in die Neuzeit hinein bedeutende Persönlichkeiten in ihrem Denken und in ihrer Planung und damit indirekt die Weltgeschichte beeinflusste, lebte und wirkte in unmittelbarer Nähe jenes Epizentrums, wo unser modernes Bild der Geschichte „gemacht“ wurde, nämlich im Umfeld der Gelehrtenfamilie Scaliger. Die Hypothese, dass sich in Nostradamus‘ Schaffen noch Spuren dieses geschichtlichen Wirkens und Verwirrens auffinden lassen, war daher nicht allzu gewagt und erwies sich tatsächlich als sehr fruchtbar. Nostradamus raunt uns aus dem Dunkel der Zeiten die Daten und Stichworte zu, die wir dann in ein neues Licht, in andere chronologische Zusammenhänge stellen können.

Es müssen aber zunächst zwei wichtige Begriffe der Chronologie geklärt werden, die uns in diesem Buch ständig begleiten werden: es sind dies die Epoche und die Ära. In der Fachsprache benennt die Epoche den Beginn eines neuen Zeitalters (d.h. einer neuen Zeitrechnung), während die Ära das Zeitalter selbst bezeichnet. In der Umgangssprache werden beide Begriffe meist im Sinne eines „geschichtlichen Zeitabschnitts“ gebraucht. Der Leser wird in den folgenden Kapiteln immer wieder mit verschiedenen Epochen bzw. Ären konfrontiert werden, von denen er womöglich noch nie gehört hat. Den meisten dürfte immerhin bekannt sein, dass unsere gegenwärtige Zeitrechnung auf einer Epoche basiert, die sich vom Datum der Geburt Christi herleitet. Aber leider weiss niemand, wann genau diese epochale Niederkunft stattgefunden hat und ob überhaupt.

Tatsächlich ist es so, dass unsere Zivilisation, die Atome spalten und Raketen ins All schiessen kann, mit ihrer Zeitrechnung auf unsicherem Grund steht, nämlich auf jenem Fundament, das durch apokalyptische Spekulationen antik-mittelalterlicher Mönche gelegt wurde. Um aber von dieser peniblen Tatsache abzulenken, wurden Zeitrechnung und Kalenderwesen schon vor Jahrzehnten durch internationale Verträge säkularisiert, d.h. aus der Obhut der Kirche genommen und den für das Messwesen zuständigen staatlichen Institutionen unterstellt. Es gab damals in den 1930er Jahren sogar Ansätze zu einer umfassenden Kalenderreform, der sich auch der Vatikan nicht verwehrt hätte. Doch es kam bekanntlich anders, und unterdessen sind kalendarische Fragen und Probleme aus der öffentlichen Diskussion fast ganz verschwunden. Es lohnt sich aber, hier wieder einmal etwas genauer hinzuschauen!

Der Fokus unserer Untersuchung beschränkt sich auf die abendländische Geschichte, weil Nostradamus, wie sich zeigen wird, mit seinen Visionen diesen Erdkreis, der Europa und die das Mittelmeer angrenzenden Gebiete umfasste, nicht verlässt. Die Historiker kennen verschiedene Epochen, die unterschiedlich weit in die Vergangenheit zurückreichen. Wir werden hauptsächlich mit den folgenden Ären und Epochen zu tun haben:

Abkürzung

Epochenbezeichnung

Nominaljahr per 1.1.1600 CHR

ALF

alfonsisch

348

NPR

neupersisch, ab Dschelaleddin

521

APR

altpersisch, ab Yazdegerd

969

MOH

mohammedanisch, ab Hedschra

1008

ARM

armenisch

1049

DIC

ab Indiktion

1289

MRT

ab Martyrium

1297

DIO

ab Diokletian

1316

CHR

christlich, ab Christi Geburt

1600

(v.CHR

vor Christus)

AUG

ab Augustus

1627

ACT

ab Seeschlacht von Actium

1629

SPA

spanisch

1638

IMP

ab Imperium

1644

JUL

ab Julius Cäsar

1645

ANT

antiochenisch

1648

IND

indisch

1695

TYR

tyrisch

1724

HAS

hasmonäisch

1742

SLK

ab Seleukos Nikator

1911

PHI

ab Philipp

1924

NAB

ab Nabonassar

2348

URB

ab Gründung der Stadt (

urbe

)

2352

OLY

ab erster Olympiade

2375

TRO

trojanisch

2780

JUD

Jüdische Weltära

5360

ORB

ab Erschaffung der Welt (

orbe

)

5549

BYZ

Byzantinische Weltära

7108

Es handelt sich hier um eine Auswahl der für die Geschichtsschreibung wichtigsten Epochen, wobei ich mir die Freiheit genommen habe, die Abkürzungen nach einem formal einheitlichen Schema neu zu gestalten. Jahreszahlen ohne nähere Epochenbezeichnung verstehen sich implizit als „CHR-Datierung“, d.h. „nach Christi Geburt“ im modernen Sinn. Die relative Datierung der Epochenjahre stützt sich im wesentlichen auf das Schema von Scaliger (+1609) und - darauf aufbauend - von Calvisius (+1615), der die erste „Weltgeschichte“ schrieb, die nach einem durchgängigen chronologischen System konstruiert war, das mehr als nur eine Handvoll antiker Ären umfasste. Es kann hier leichte Abweichungen zu anderen, neueren Datierungen geben, was aber ohne Belang ist, da die Historiker noch vor 200 Jahren sehr zufrieden waren, wenn sie ein Jahrhunderte zurückliegendes Ereignis zuverlässig auf weniger als fünf Jahre genau datieren konnten.

Es ist nun wichtig zu wissen, dass die meisten dieser Epochen (wahrscheinlich sogar alle!) künstliche Konstrukte sind, die erst in der spekulativen Rückschau von mutmassenden, aber leider zumeist ahnungslosen Historikern entstanden. Besonders offensichtlich ist dies bei den sogenannten „Weltären“, die auf den Anfang der Welt und somit auf den Beginn jeglicher Zeitrechnung zielen, was naturgemäss reine Spekulation bleiben muss. Vermutlich hat kein uns bekanntes antikes Volk eine Jahreszählung gekannt, die wesentlich mehr als hundert fortlaufende Jahre umfasste. Meist begnügte man sich mit der Dauer einer Regierungsperiode und begann beim nächsten Herrscher wieder von eins an zu zählen.

Es war in älteren, tieferen Zivilisationsstufen schwer genug, den Jahreswechsel einwandfrei festzustellen; dazu waren nämlich nur Völker mit fortgeschrittenen astronomischen Kenntnissen fähig. Selbst scheinbar einfache astronomische Vorgänge wie Äquinoktien (Nachtgleichen) und Solstitien (Sonnenwenden), also die vier Eckdaten unserer Jahreszeiten, sind in Wirklichkeit nicht einfach zu bestimmen. Es benötigt hierzu ausgereifte und beständige Beobachtungstechniken, also eine gewisse Höhe der technischen Zivilisation. Die heutzutage publizierten Daten in astronomischen Fachblättern beruhen praktisch alle auf idealisierten Modellen der Erd- und Mondbahn, die nur annähernd den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen. Wissenschaft beruht letztlich auf Abstraktionen und Modellen, welche die Wirklichkeit nur mehr oder weniger gut abbilden. Man nennt dies dann eine „Theorie“. Auch unsere Vorstellung von Zeit ist eine solche Abstraktion, und vielleicht beruht sie sogar auf einem falschen Modell, auf einer falschen Theorie.

Radikale Physiker gehen heute sogar so weit, dass sie die Definition der Zeit völlig von astronomischen Vorgängen, an die sie seit Menschengedenken gekoppelt war, lösen wollen, weil die Bewegungen der Himmelskörper für moderne Messzwecke angeblich zu ungenau, zu unregelmässig seien. Solange sich diese Schwankungen langfristig auf gut vorhersagbare Mittelwerte einpendeln, hat aber noch alles seine Ordnung. Vorhersagbarkeit ist das entscheidende Stichwort! Unser Geschichtsbild ist nämlich seit der wissenschaftlichen Revolution der Neuzeit, also etwa seit Beginn des 17. Jahrhunderts, das Abbild eines astrophysikalischen Modells, in dem das Universum als eine Art „grosse Uhr“ funktioniert. Die prinzipielle und theoretisch fundierte Vorhersagbarkeit von Planetenbewegungen, von Sonnen- und Mondfinsternissen, vom Erscheinen von Kometen löste eine unerhörte geistige Revolution aus. Und sie führte in einem bestimmten Fachgebiet, das uns hier speziell interessiert und in dem eher Kenntnisse in Latein als in Mathematik gefordert sind, zu einem fatalen Umkehrschluss: Wenn die Zukunft des physikalischen Himmels vorhersagbar ist, dann müssen logischerweise die aus der fernen Vergangenheit überlieferten Himmelserscheinungen rückdatierbar sein. Die Historiker der frühen Neuzeit wurden damit zu Sterndeutern der Vergangenheit - und mussten demzufolge fast zwangsläufig in die Irre gehen! Sie wussten noch nichts von dynamischen und chaotischen Systemen, die scheinbar spontan ein neues Bewegungsmuster annehmen können, sie wussten nichts von Bahnstörungen, Eiszeiten und Polumkehrungen - und sie wussten sicher nichts von erdnahen Himmelskörpern, die der Erde auf unberechenbaren Bahnen immer wieder unangenehm nahekommen und sie von Zeit zu Zeit auch treffen. Woher hätten sie es wissen sollen? Wir wissen es auch erst seit ein paar Jahren, und seither haben wir allen Grund uns zu fürchten!

In den folgenden Kapiteln werden wir einige Texte von Nostradamus, vor allem natürlich die Quatrains, nach ihren geschichtlichen Hintergründen durchleuchten. Wir verwenden für die Bezeichnung bzw. Numerierung der Verse das Schema „Q-c.nn“, wobei „c“ die Zenturie und „nn“ die Laufnummer bezeichnet (z.B. Q-3.12). Wir lassen uns von zufällig auftauchenden Namen und Begriffen leiten und werden auf verschlungenen Pfaden durch die Geschichte wandeln, manchmal in einem kaum mehr durchdringbaren Dickicht von Fakten, oft auch allzu nahe an historischen Abgründen, vor denen der gesunde Menschenverstand zurückschreckt. Wir werden auf scheinbare chronologische Dissonanzen, aber letztlich auf eine uns gänzliche unbekannte Geschichte stossen, zumindest auf eine Geschichte, wie sie so nicht (mehr) in unseren Schulbüchern steht. Aber wir werden nicht entscheiden können, was nun die „wahre Geschichte“ ist, denn was wir von der Vergangenheit erkennen, ist nur der kümmerliche Rest eines Geschehens, das im kosmischen Mühlrad der Zeiten erbarmungslos und unaufhörlich zermalmt wird.

Nun also „Vorhang auf!“ für das aberwitzige Theaterstück namens „Geschichte“, und wem es dabei zuweilen allzu bunt wird, dem sei mit Nostradamus gesagt:

Wer diese Zeilen liest, der möge gereift sein,

Gottloser Pöbel und Unwissende sollen nicht angelockt werden:

All die Astrologen, Tölpel und Barbaren sollen sich fernhalten,

Wer anders handelt, der sei zu Recht verflucht.

Nachts bei heimlichen Studien sitzend…

Q-1.1

Nachts bei heimlichen Studien sitzend,

Allein auf dem bronzenen Sitz.

Die kleine Flamme entsteigt der Einsamkeit

Und erhellt nicht vergebens, was zu glauben ist.

Mit diesem Vierzeiler beginnen die kryptischen Prophezeiungen des provenzalischen Arztes Michel de Notredame, der im 16. Jahrhundert lebte und unter dem Pseudonym Nostradamus als der berühmteste Seher der Neuzeit bekannt ist. Die seltsamen Verse beziehen sich auf eine Welt, die noch beinahe mittelalterlich ist: Kriege werden bevorzugt mit Schwertern und Lanzen, mit Pfeil und Bogen geführt. Es gibt zwar schon Kanonen, aber noch keine Schusswaffen wie Pistolen oder Gewehre. Stadtmauern werden mit Leitern erstürmt oder mit Feuerkugeln von Katapulten beschossen. Private Auseinandersetzungen werden unzimperlich mit dem Dolch entschieden, feinere Hände greifen in solchen Fällen auch gerne zum Gift. Nicht alle Schlachtschiffe haben schon Segel, einige müssen noch gerudert werden.

Man kann bei Nostradamus beim besten Willen und mit der wildesten Fantasie keinerlei Bezug zu unserer modernen Welt erkennen. Obwohl in seinen Zenturien sehr viele kriegerische Ereignisse beschrieben sind, können wir keinen einzigen Vers finden, in dem zum Beispiel Ereignisse aus den beiden Weltkriegen, die ja für unsere moderne Zeit sehr prägend waren, eindeutig charakterisiert wären. Man hat natürlich versucht, die in einigen Versen genannten Heuschrecken als Hubschrauber zu deuten, um endlich einen konkreten Bezug zu einer Technologie unserer Zeit herstellen zu können. Aber diese plumpe Gleichsetzung scheitert zwangsläufig, wie man anhand jedes „Heuschrecken“-Verses leicht feststellen kann. So hat etwa der entsprechende Satz aus Q-3.82 („Heuschrecken kommen über Land und Meer mit günstigem Wind“) ganz klar einen biologischen Hintergrund: Hubschrauber sind nicht auf günstige Winde angewiesen, um rasch weite Entfernungen zu überwinden, Heuschreckenschwärme hingegen schon! Noch deutlicher ist der folgende Vers:

Q-4.48

Die fruchtbare und weite Ebene Ausoniens

Bringt Bremsen und so viele Heuschrecken hervor:

Das Sonnenlicht wird getrübt,

Alles wird abgefressen, die grosse Pest kommt von ihnen.

Die biologischen Begleitumstände einer Heuschreckenplage sind hier sehr anschaulich geschildert, nämlich die Bedingungen, unter denen ein grosser Schwarm überhaupt entstehen kann („fruchtbare und weite Ebene“), wie auch die Folgen, wenn der Schwarm in ein Gebiet einfällt („alles wird abgefressen“). Interessant, aber für uns noch schwer zu verstehen, ist zudem der Hinweis, dass von den Heuschreckenschwärmen „die grosse Pest kommt“. Die Deutung der „Heuschrecken“ als richtige Heuschrecken ist aber in jedem Fall plausibler als jede andere Deutung. In den Zenturien sind die Waffenarsenale der Armeen noch mittelalterlich, und eine moderne Zivilgesellschaft mit ihren technischen Errungenschaften ist schlicht nicht vor(her)gesehen. Man hält zwar Ausschau nach den Sternen, aber man fliegt nicht zu fernen Planeten. In den kriegerischen Auseinandersetzungen stehen sich nicht Frankreich und Deutschland gegenüber und schon gar nicht Russland und die USA, sondern es kämpfen zum Beispiel die Leute von Langres gegen die aus Bresse - heute zwei unbedeutende Provinzstädtchen im Osten Frankreichs.

Nostradamus‘ geografischer Horizont ist daher beschränkt. Der provenzalische Prophet bewegt sich vor allem in heimatlichen Gefilden; das sind Südfrankreich von den Pyrenäen bis zu den Alpen, die ligurische Küste und das norditalienische Hinterland, das Rhonetal bis zum Genfersee - ein zweiter Bogen umspannt die iberische Halbinsel, die Inseln im westlichen Mittelmeer, Westfrankreich bis zur Normandie, die britischen Inseln, Germanien im weitesten Sinne, Pannonien, den Balkan, die Ägäis, Kleinasien, die Levante, Nordafrika von Ägypten bis Marokko und Süditalien. Im dritten Kreis werden dann schon fast exotische Gebiete genannt: nicht näher bezeichnete Länder in der Nähe des Nordpols auf der einen Seite, Persien und Arabien auf der anderen Seite. Und dann gibt es noch die Länder und Gebiete, die nicht ohne weiteres identifiziert werden können. Wo etwa die von Nostradamus oft genannten „Hesperiden“ zu suchen sind, darüber gehen die Ansichten der Interpreten auseinander. Die einen sehen darin Amerika im weitesten, auch Nordamerika im engeren Sinne oder gar konkret die USA, andere halten sich an die klassische Deutung und setzen sie mit Italien oder Spanien gleich; auch die Kanarischen Inseln wurden schon genannt.

Der Seher deckt mit seinen Zenturien ein Gebiet ab, das sich in Form von konzentrischen Ringen um die Provence legt. Zumeist berichtet er von Ereignissen, die weltgeschichtlich - zumindest aus unserer Perspektive - völlig unbedeutend sind. Da werden Burgen und Städte angegriffen und ihre Einwohner massakriert, aber die Angreifer sind oft nur unfreundliche Nachbarn, rivalisierende Adlige, lokale Herrscher, die kaum den Einzug in die Geschichtsbücher geschafft haben. Banden treiben ihr Unwesen, irgendwo stürzt ein Theater ein, ein unglücklicher Ritter wird von seinem Pferd zu Tode geschleift - es sind Ereignisse in der Art der „vermischten Meldungen“ in einer beliebigen Zeitung. Je weiter das Gebiet der Handlung von seinem südfranzösischen Standort entfernt ist, desto weniger wird darüber berichtet.

Die für das vorliegende Buch getroffene Versauswahl ist insofern nicht repräsentativ, weil die hier aufgeworfene allgemeine historische Fragestellung speziell auch jene Verse aushorchen musste, die über Frankreich und seine Geschichte hinausgehen. Wir werden aber auch die Erfahrung machen, dass der eine oder andere Vers vielleicht gar nicht dort spielt, wo ihn der gewöhnliche historische Sachverstand gerne platzieren würde. So oder so gibt es aber kaum einen Vers in den Zenturien, dessen Handlungsmuster auch nur entfernt an Amerika oder den Fernen Osten denken lässt. Nur der Glaube vieler Interpreten, Nostradamus beschreibe unsere Gegenwart oder Zukunft, führt notgedrungen zu Gleichsetzungen wie der Hesperiden mit Amerika oder Pannoniens mit Russland. Aber der Versuch, aus Nostradamus einen Propheten der modernen Weltgeschichte zu machen, führt unweigerlich in die Irre. Man ist dann gezwungen, die Texte in einer Weise zu übersetzen und zu deuten, welche die Grenze des Zulässigen weit überschreitet. Der in drei Versen genannte „Hister“ ist eben nicht Hitler, und kein Interpret aus der Zeit vor Hitlers Aufstieg wäre auf die Idee gekommen, in „Hister“ etwas anderes zu lesen als den alten Namen für die untere Donau.

Nostradamus beschreibt eine Welt, die nicht die unsere ist. Genau wie sein geografischer Horizont beschränkt ist, so ist es auch sein zeitlicher: Seine Prophezeiungen reichen nicht in eine ferne Zukunft, sondern schliessen unmittelbar an seine Gegenwart an, um dann noch einen Zeitraum von knapp 200 Jahren abzudecken – wenn überhaupt! Nostradamus selbst gibt uns den Hinweis: „Denn zufolge der himmlischen Zeichen wird das Reich Saturns wiederkehren, so dass - alles berechnet - die Welt sich einer anaragonischen Umwälzung nähert, und dass von diesem Augenblick an, wo ich schreibe, vor 177 Jahren, drei Monaten und elf Tagen durch Pestilenz, lange Hungersnot und Kriege und mehr noch durch die Überschwemmungen die Menschheit zwischen jetzt und der bestimmten Zeit, vor und nach zu mehreren Malen so sehr verringert werden, und es so wenige Menschen geben wird, dass man niemanden findet, der die Felder bestellt, welche so lange frei bleiben werden, wie sie in Knechtschaft waren.“

Mit diesem Satz aus dem Vorwort an seinen Sohn Cäsar gibt uns Nostradamus den Zeitrahmen für seine Prophezeiungen bekannt. Da dieses Vorwort ins Jahr 1555 datiert, so erstreckt sich der für Nostradamus wichtige Zeitraum bis zum Jahr 1732. Natürlich sagt Nostradamus nicht ausdrücklich, dass seine Prophezeiungen nur diesen Zeitraum von 177 Jahren betreffen, es könnte also theoretisch sein, dass sich einige Verse auch auf eine Zeit nach 1732 beziehen. Diese Annahme ist jedoch nicht wirklich begründbar; tatsächlich ist es eben so, dass die szenische Ausstattung der Verse noch kaum ins 18., sehr unwahrscheinlich ins 19. und ganz und gar nicht ins 20. Jahrhundert passt. Die Vermutung, dass die Zenturien nicht über das 18. Jahrhundert hinausreichen, ist somit plausibel. Und diese These steht auch nicht im Widerspruch zu Nostradamus‘ Aussage im selben Vorwort, dass es sich bei seinen Zenturien um „perpetuierliche Weissagungen von jetzt an bis zum Jahre 3797“ handle. Denn eine Jahresangabe ohne die Nennung der Epoche oder der Ära ist nicht sehr hilfreich. Eine so hohe, aus dem gängigen chronologischen Kontext der Zenturien herausfallende Jahreszahl basiert wohl eher auf einer sogenannten Weltära.

Wir können somit nicht stillschweigend davon ausgehen, dass Nostradamus die von ihm genannten Jahreszahlen immer auf die Epoche „Christi Geburt“ bezog - im Gegenteil, es gibt gewichtige Hinweise, dass genau dies nicht der Fall ist! Nostradamus scheint sogar ausserstande, die verflossenen Jahre seit Christus genau anzugeben. Im Vorwort an König Heinrich umschifft er diese Klippe zweimal, als er auf je verschiedene Weise die Chronologie seit Erschaffung der Welt aufrollt. Zuerst schreibt er: „Und von der Zeit der Erlösung des Menschengeschlechts bis zur verabscheuungswürdigen Verführung der Sarazenen sind 621 Jahre gewesen, ungefähr; von da an kann man leicht zusammenbringen, welche Zeiten vergangen sind.“ Später äussert er sich zu dieser Sache noch kryptischer: „Von Christus aber bis jetzt lasse ich es nach der Verschiedenheit der Sekten offen …“

Die Jahreszählung ab Christus war also noch zu Nostradamus‘ Zeiten „nach der Verschiedenheit der Sekten“ verschieden, und der Seher wollte sich in seinem Vorwort an den König in dieser Sache offenbar nicht so genau festlegen. Der wissenschaftlich-chronologische Streit um das wahre Geburtsjahr Christi ist ja erst nach Nostradamus voll entbrannt und im Grunde bis heute nicht entschieden. Doch die Ära „nach Christus“ könnte sich natürlich auch auf eine Epoche Christi Tod beziehen, und es ist sogar zu vermuten und wäre in religiöser Hinsicht auch einleuchtend, dass die ursprüngliche Christusära der ersten Christengemeinden ab Christi Kreuzigung oder Auferstehung rechnete. Im Klartext heisst das, dass damals die Chronologie noch nicht gefestigt war (tatsächlich war sie heftig umstritten!), und dass es für einen vom königlichen Wohlwollen abhängigen Astrologen besser war, sich aus den diesbezüglichen Diskussionen herauszuhalten.

Die sogenannte „Weltalterlehre“, die seit je in der geschichtlichen Tradition eine wichtige Rolle spielte, wurde noch weit in die Neuzeit hinein heftig diskutiert; man vermengte heilige Schriften und naturwissenschaftliche Erkenntnisse, krude Berechnungen und Schriftauslegungen und verdichtete dieses geistige Kunterbunt zu einem chronologischen Substrat. Gerade für die Rechtfertigung des christlichen Glaubens war es wichtig, die Erscheinung des Christus und Messias in einen heilsgeschichtlichen Zusammenhang zum von Gott vorherbestimmten Weltalter zu bringen. Die Erscheinung des Herrn in Gestalt von Jesus Christus konnte daher auf der Zeitachse zwischen Anfang und Ende der Welt nicht irgendwann geschehen sein, sondern sie musste einen eschatologischen Bezug haben - die Frage war nur: welchen?

Zumeist erschöpfte sich die Eschatologie - die Lehre vom „Weltende“ - in einer mystischen Numerologie, in einem den gesunden Menschenverstand verwirrenden Irrgarten von „heiligen Zahlen“ und bedeutungsschwangeren Verflechtungen. Es wird sich im folgenden zeigen, dass vermutlich die ganze alte Weltgeschichte in ein solches „göttliches Zeitengerüst“ eingepasst wurde. Wir können daher nicht stillschweigend davon ausgehen, dass für Nostradamus das „Jahr 1558“, mit dem er das Vorwort an König Heinrich datierte, das 1558. Jahr „nach Christus“ bedeutete. Er war sich wohl über den Ursprung der Jahreszählung, die in seinem Kulturkreis gebräuchlich war, nicht ganz im klaren. Das Jahr 1558 könnte also wie auch das Jahr 3797 von irgendeiner Epoche an gezählt worden sein, und es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass diese beiden Jahresangaben nicht derselben Epoche angehören. So wäre es etwa möglich, dass Nostradamus einerseits bis zum Jahr 3797 prophezeite - damit aber trotzdem nicht über das 18. Jahrhundert hinausging. Man ist sogar versucht, das Jahr 3797 (aus der einen unbekannten Epoche) mit dem Jahr 1797 unserer aktuellen Epoche gleichzusetzen, weil dann die Differenz zwischen den beiden Epochen gerade 2000 Jahre betrüge. Damit würden sich die Vorhersagen bis zum Ende des 18. Jahrhunderts erstrecken, was unter dem Gesichtspunkt des kulturellen und geschichtlichen Kontextes gerade noch akzeptabel wäre.

Nostradamus gibt noch einen weiteren Hinweis, in welchem Zeithorizont seine Vorhersagen eintreffen werden. Im Vorwort an Heinrich II schreibt er, dass „ich noch schriftlich zu hinterlassen hoffe die Jahre, Städte, Ortschaften und Regionen, in welchen der grössere Teil sich ereignen wird, desgleichen vom Jahre 1585 und vom Jahre 1606, beginnend mit dem gegenwärtigen Datum, welches ist der 15. März 1557, und weiter gehend, tief in die Ferne, bis zu dem Ereignis, das nachher eintreten wird zu Beginn des siebten Tausends.“

Es ist offensichtlich und wird auch von keinem Interpreten bestritten, dass Nostradamus hier mit mindestens zwei verschiedenen Epochenzählungen operiert. Man geht allgemein davon aus, dass mit dem „siebten Tausend“ das siebte Jahrtausend seit der „Erschaffung der Welt“ gemeint ist. Diese Deutung ist durchaus legitim, nur hilft sie uns nicht weiter, da sich damals die Gelehrtenwelt durchaus nicht einig darüber war, wieviel Jahre seit der Erschaffung der Welt vergangen waren. Denn dieser so lange Zeithorizont, der sich nach konventionellem Verständnis noch viele Jahrhunderte in die Zukunft erstrecken würde, kontrastiert merkwürdig mit den beiden konkret genannten Jahreszahlen 1585 und 1606, um die herum wohl einiges zu erwarten ist und die gerade mal ein bis zwei Generationen von Nostradamus‘ Zeit entfernt liegen. Zu dem von ihm genannten Jahr 3797 bemerkt Nostradamus im Vorwort an seinen Sohn Cäsar, dass darüber wohl „etliche die Stirne runzeln werden, wenn sie einen so langen Zeitraum unter dem Monde gegeben sehen - mit seinen Ursachen, erkannt im ganzen Umfang der Erde. Wenn du das natürliche Alter des Menschen erreichst, wirst du um dein Klima, im Gebiet des deiner Geburt eigentümlichen Himmels die vorausgesehenen künftigen Ereignisse erleben.“

Nostradamus‘ Sohn Cäsar wurde wahrscheinlich kurz vor dem Jahr 1555 geboren; er war also noch sehr jung, als ihm sein berühmter Vater das Vorwort zu seinen Zenturien widmete. Wir können nur vage ahnen, wie alt ein Mensch in seinem „natürlichen Alter“ ist, aber mehr als hundert Jahre sind es keinesfalls. Um das Jahr 1605 wäre Cäsar fünfzig Jahre alt geworden, also etwa so alt, wie Nostradamus war, als er dieses Vorwort schrieb. Ob nun dieses „natürliche Alter“ das Erreichen der Volljährigkeit, die Mitte des Lebens oder das Greisenalter bezeichnet, es gab für Nostradamus auf jeden Fall keinen Zweifel daran, dass Cäsar die „vorausgesehenen künftigen Ereignisse“ noch erleben würde. So passen auch die explizit genannten Jahre 1585 und 1606 vorzüglich in Cäsars Lebensspanne als Erwachsener hinein.

Die Indizien, dass sich die vorhergesagten Ereignisse hauptsächlich in den Jahren 1570 bis 1630, längstens aber bis zum Ende des 18. Jhs. ereignen sollten, sind nicht zu übersehen. Ausser ein paar dubiosen Jahreszahlen, die scheinbar weit in die Zukunft weisen, die wir aber chronologisch gar nicht einordnen können, gibt es nur vage Hinweise („und weiter gehend, tief in die Ferne“), dass Nostradamus mit seinen Zenturien eine sehr ferne Zukunft beschrieb. Und wir dürfen es hier schon andeuten: Selbst wenn es für Nostradamus eine „ferne“ Zukunft gewesen sein sollte, heisst das noch nicht, dass damit unsere Zukunft oder auch nur unsere Gegenwart gemeint war!

Das wichtigste Argument für die These, dass die Zenturien unsere Gegenwart bzw. Zukunft betreffen, gründet in der Feststellung, dass viele der von Nostradamus beschriebenen Ereignisse nachgewiesenermassen noch gar nicht eintraten, sodass sie - wenn wir tatsächlich an die prophetische Kraft des Michel Nostradamus glauben - uns erst noch bevorstehen. Ein bekanntes Beispiel ist die angebliche Eroberung Deutschlands durch islamische Mächte:

Q-10.31

Das heilige Reich kommt nach Germanien,

Die Ismaeliten finden offene Orte vor.

Die Esel würden auch Karmanien wollen,

Die Verteidiger sind alle mit Erde bedeckt.

Die meisten Interpreten vertreten hier den Standpunkt, dass seit Nostradamus‘ Lebzeiten noch kein solches Ereignis eingetreten sei und demzufolge den Deutschen erst noch bevorstehe. Dieses Argument ist aber nicht stichhaltig, weil man ja, um die Frage beurteilen zu können, ob ein beschriebenes Ereignis schon eingetroffen ist oder nicht, auch zweifelsfrei den betreffenden Vierzeiler deuten können müsste. Dies ist aber noch niemandem gelungen und wird auch nie restlos gelingen, weil die Zenturien absichtlich dunkel und mehrdeutig gehalten sind. Aus dem genannten Vers können wir beispielsweise nicht sicher herauslesen, ob die Ismaeliten, die „offene Orte“ vorfinden, auch das „heilige Reich“ repräsentieren, das nach Germanien kommen wird – auch wenn dies hier eine naheliegende Lesung wäre. Und wer wird mit „Esel“ bezeichnet, und was hat „Karmanien“ mit „Germanien“ zu tun? Gegen wen haben die Verteidiger Widerstand geleistet? Sind die Orte deshalb offen, weil die Widerständler schon längst „mit Erde bedeckt“ sind? Ich werde später eine mögliche Erklärung für diesen Vers liefern. Es gibt anderseits auch Verse, die scheinbar unmissverständlich auf bedeutende politische Ereignisse des 20. Jhs. verweisen:

Q-8.96

Die sterile Synagoge ohne jede Frucht

Wird aufgenommen unter den Ungläubigen

Von Babylon, der Tochter des Verfolgten.

Elend und traurig stutzt man ihr die Flügel.

Die modernen Deuter sind sich zwar nicht einig, wem wohl die Flügel gestutzt werden: der Synagoge oder der „Tochter des Verfolgten“. Gleichwohl besteht - spätestens seit 1948 - ein Konsens darin, dass mit diesem Vierzeiler die Gründung eines jüdischen Staates in einem islamischen Umfeld beschrieben wird. Und da dieses Ereignis mit der Gründung Israels auch zweifellos eingetroffen ist, kann man durchaus von einer zutreffenden Prophezeiung sprechen. Tatsächlich gibt es aber in diesem Vierzeiler nicht den geringsten konkreten Hinweis auf irgendeine Staatsgründung. Dass mit diesem Text die Gründung des Staates Israel im Jahr 1948 (oder allenfalls schon 1917 als britisches Mandatsgebiet) prophezeit wurde, ist und bleibt reine Spekulation; man müsste dann etwa das moderne Israel als „sterile Synagoge“ bezeichnen, doch was wollte man damit aussagen? Man könnte in diesem Bild wohl etwa den Zionismus als treibende Kraft bei der Gründung Israels erkennen, aber es bliebe reine Spekulation.

Wir können in den meisten Fällen nicht wirklich sicher sein, welche Botschaften Nostradamus vermitteln wollte, aber wir können eher wahrscheinliche von sehr unwahrscheinlichen Deutungen abgrenzen. Eine wahrscheinliche, weil vernünftige Deutung ist zum Beispiel die, dass die meisten Verse nicht nur geografisch und kulturell, sondern auch zeitlich nahe bei der Stadt Salon-de-Provence des Jahres 1555 liegen. Die Zenturien stehen inhaltlich und formal in einem einheitlichen Kontext, sie gründen gewissermassen auf einer „Deutungsepoche“, sie atmen denselben Zeitgeist. Es gibt da auf den ersten Blick keine Zeitreisen und Zeitsprünge, es spielt sich alles vor dem gleichen kulturellen und geschichtlichen Hintergrund ab. Daher ist es ganz unwahrscheinlich, dass Nostradamus einerseits einen kleinen Meuchelmord in der französischen Provinz und anderseits den dritten Weltkrieg prophezeite - oder anders gesagt: Da er ersteres in vielerlei Farben ausmalt, ist letzteres als Ereignis von jeglicher Deutung fast ganz ausgeschlossen. Nostradamus schildert wohl kleinräumige Gemetzel sonder Zahl, aber keine Weltkriege!

Zwar gibt es in den Zenturien sehr wenig Hinweise zur zeitlichen Einordnung der beschriebenen Ereignisse. Aber es ist auch nicht so, dass Nostradamus uns hierbei gänzlich im Ungewissen liesse. Er nennt konkret die folgenden Jahreszahlen: 580, 703, 1607 (zweimal), 1609, 1700, 1727 und 1999. Problematisch an den beiden Jahreszahlen 580 und 703 ist zunächst, dass sie nominell in Nostradamus‘ Vergangenheit liegen. Im allgemeinen werden daher diese beiden Jahre als 1580 und 1703 gelesen mit der Begründung, dass es im romanischen Sprachraum noch lange üblich war, von einer Jahreszahl die Tausender nicht anzugeben. Nostradamus wäre dann in diesem Gebrauch der Datierung nicht konsequent gewesen, denn die anderen von ihm genannten Jahre weisen ja die übliche Schreibweise auf. Ob die beiden Jahre 580 und 703 tatsächlich 1580 und 1703 bedeuten und in welchem Zusammenhang die anderen Jahreszahlen zu sehen sind, werden wir in den entsprechenden Kapiteln erörtern.

Nun gibt es in den Zenturien etwas sehr Merkwürdiges, das uns stutzig macht, denn bei näherem Hinsehen fallen oft diese befremdlichen Zeitsprünge in die Vergangenheit auf. Diese ins Auge springenden Anachronismen können nicht nur dadurch erklärt werden, dass sich Nostradamus ausgiebig der Mythologie und der Geschichte des klassischen Altertums bediente. Diese Anachronismen bestehen nämlich hauptsächlich darin, dass Nostradamus offensichtlich Dinge „prophezeite“, die eigentlich zu seinen Lebzeiten - gemäss herkömmlicher Chronologie - schon längst Vergangenheit waren.

Betrachten wir nochmals den eben erwähnten Q-8.96: Es wird sich im weiteren Verlauf dieser Untersuchung zeigen, dass dieser Vers viel besser zu einem Ereignis passt, das nach konventioneller Chronologie auch für Nostradamus schon viele Jahrhunderte zurücklag - nämlich zum sogenannten „Babylonischen Exil“ unter Nebukadnezar II im 6. Jh. v.CHR, als die Juden von Jerusalem nach Babylon verschleppt wurden, wo im Lauf von Generationen eine neue Form des Judentums entstand, allerdings im Urteil von Nostradamus wohl kaum zum Vorteil der „Synagoge“, denn „elend und traurig stutzt man ihr die Flügel“. Diese Deutung des Verses enthält natürlich eine schwerwiegende Implikation: Der grosse Seher hätte in diesem Fall nicht in die ferne Zukunft, sondern tief in die Vergangenheit geschaut! Doch das ist - wie wir noch sehen werden - leicht zu erklären, denn Nostradamus selbst gibt offen zu, dass er auch die „Geheimnisse der Vergangenheit“ ausbreitet.

Aber nicht alle Anachronismen sind dadurch erklärbar, dass Nostradamus häufig zeitgenössisches und historisches Material zitiert, das die ahnungslosen Leser ignoranterweise als Zukunftsdeutung auffassen. Es könnte nämlich auch sein, dass viele dieser Anachronismen keine sind, sondern dass einerseits Nostradamus tatsächlich „richtig“ prophezeite, jedoch anderseits die uns geläufige Chronologie der geschichtlichen Ereignisse falsch ist. In wieder anderen Fällen offenbart er uns erklärtermassen einen Blick in eine Vergangenheit, die jedoch mit der uns aus den Geschichtsbüchern bekannten nicht unbedingt übereinstimmt.

Die Erkenntnis, dass mit der traditionellen Chronologie der Geschichte etwas grundsätzlich nicht stimmen kann, beschäftigt seit einigen Jahren zunehmend auch die Fachwelt. Bei eingehender Beschäftigung mit der Materie gewinnt man zuweilen de Eindruck, dass damals – zu Nostradamus’ Zeiten - die Tür zur Vergangenheit verschlossen und der Schlüssel dazu versteckt wurde. Ich halte es für möglich, ja wahrscheinlich, dass gerade Nostradamus‘ Werk wichtige Hinweise auf diesen Zeitschlüssel enthält, da sich der Meister oft genug als Wanderer zwischen den Zeiten entpuppt. Natürlich gibt es einen problematischen Aspekt bei der ganzen Sache, den wir nicht ignorieren können: War Nostradamus ein Prophet, ein Seher, der zukünftige Ereignisse deutlich genug erkennen oder zumindest hinreichend gut erahnen konnte, oder hat er nur seltene Geschichtsbücher ausgeschlachtet, um die darin erwähnten Ereignisse raunend in die Zukunft zu verlegen?

Dieser Frage geht noch eine viel grundlegendere voraus: Gibt es überhaupt so etwas wie Präkognition, lassen sich unter bestimmten Voraussetzungen Dinge vorhersehen? Wer diese Frage verneint, muss sich am Phänomen Nostradamus nicht länger aufhalten, er müsste sich dann aber auch aus der „jüdisch-christlich-islamischen“ Tradition verabschieden, denn diese fusst wesentlich auf der visionären Tätigkeit der Propheten dieser Kulturkreise. Der messianischen Heilserwartung in der abendländischen Religionstradition liegt eine prophetische Geschichtsauffassung zugrunde: Das Schicksal der Menschheit ist vorherbestimmt und erfüllt sich zu gegebener Zeit! Ich wage zu behaupten, dass auch die angeblich so rationale westliche Kultur noch immer von dieser Geschichtsauffassung durchdrungen ist. Die optimistisch bemalte Fassade unserer modernen, „aufgeklärten“ Zivilisation kann die allerorten mottende dumpfe Angst vor dem „Ende der Welt“ nur schlecht kaschieren.

Wer nun die Präkognition als real existierendes Phänomen akzeptiert, der steht dann aber immer noch vor der Frage, ob Nostradamus wirklich ein neuzeitlicher Seher war. Und wenn wir über seine seherischen Fähigkeiten spekulieren, dann müssen wir auch auf ein anderes Phänomen zu sprechen kommen, das gerade bei Nostradamus, wie wir noch sehen werden, der entscheidende Schlüssel zum Verständnis seines Werkes sein könnte: nämlich seine Fähigkeit, verborgene Dinge der Vergangenheit zu sehen! In seinen Vorworten an Sohn Cäsar und an König Heinrich spricht Nostradamus diesen Sachverhalt deutlich genug an, indem es nämlich „Personen geben kann, denen Gott der Schöpfer durch imaginative Eindrücke einige der judiziellen Astrologie zugestandenen Geheimnisse der Zukunft und sogar der Vergangenheit geoffenbart hat”. Nostradamus sagt uns dann auch unmissverständlich, wie er bei der Abfassung der Zenturien vorgegangen sei, nämlich „beinahe ebenso viele Ereignisse der Zukunft berechnend wie der vergangenen Zeiten mit Einschluss der Gegenwart“.

Wer hätte das gedacht: Der grosse Meister klärt uns auf, dass nur etwa die Hälfte der Zenturien als „Prophezeiungen“ aufzufassen sind. Der Rest beinhaltet Streifzüge durch die scheinbar jedem ersichtliche Gegenwart und die mehr oder weniger gut überlieferte Vergangenheit. Doch warum sollte Nostradamus in die Tiefen der Geschichte abtauchen, wo man diese doch in jedem Geschichtsbuch nachschlagen konnte? Wurde er von Visionen einer Vergangenheit geplagt, einer vielleicht anderen Vergangenheit, die nirgends in der schriftlichen Überlieferung auftaucht? Warum haben das seine Zeitgenossen nicht durchschaut, warum hat sie das nicht beschäftigt? Weshalb hat man eigentlich bis heute kaum je auf diesen klaren Hinweis von Nostradamus geachtet? An keiner Stelle deutet der Seher an, dass der Griff nach längst vergangenen Ereignissen und Personen stellvertretend oder symbolisch für Zukünftiges aufzufassen sei. Nostradamus spricht vielmehr von „Geheimnissen der Vergangenheit“, und dass er derjenige sei, der sie aufdeckt. Angesichts der von vielen Historikern aufgestellten Behauptung, dass jede Epoche der letzten dreitausend Jahre praktisch auf den Tag genau rekonstruierbar sei, müsste es ein leichtes sein, in den Zenturien Vergangenes und Gegenwärtiges - aus der Perspektive der 1550er Jahre - von Zukünftigem zu unterscheiden.

Ich glaube aber, man sollte Nostradamus diesbezüglich nicht unterschätzen. Seine Ansichten über Zeit und Raum blicken beinahe in die Abgründe der modernen Physik und Kosmologie, da für ihn, wie er in einem der Vorworte schreibt, „die drei Zeiten von Ewigkeit her umschlungen sind, ihren Umschwung an die vergangene, gegenwärtige und zukünftige Ursache bindend“. Hier offenbart sich ein modern anmutendes kosmologisches Konzept, in dem die Zeit nicht lineare, von der räumlichen Entwicklung unabhängige Eigenschaften hat, sondern einen „verwickelten“ Charakter aufweist, indem sie quasi in einer mehrdimensionalen Raumzeit eingebettet ist. Die Drehung des Zeitenrads kann demzufolge eine „vergangene, gegenwärtige und zukünftige Ursache“ haben. Und vielleicht dreht es sich nicht nur - wie wir annehmen - in Richtung Zukunft, sondern zuweilen auch zurück in die Vergangenheit, um aus „zukünftiger Ursache“ eine neue Vergangenheit zu prägen.

Wenn wir also beim Studium der Zenturien nicht selten feststellen, dass Nostradamus offensichtlich in die Vergangenheit schaute, dann ergeben sich schon bald zwei Merkwürdigkeiten: Das scheinbar eindeutig identifizierte geschichtliche Ereignis gerät zunächst in einen verwirrenden, widersprüchlichen Kontext, der meist auch die Chronologie in Frage stellt. Und zweitens wird gerade im Zusammenhang mit der problematischen Chronologie die zeitliche Position des Sehers zunehmend unklar, sodass sich unvermittelt die Möglichkeit auftut, dass Nostradamus das angeblich vergangene Ereignis vielleicht doch prophezeite, weil er nämlich - entgegen unserer Annahme - vor dem besagten Ereignis lebte. Das vorliegende Buch kann die mit den Zenturien einhergehenden chronologischen Probleme nur darstellen, es kann sie nicht lösen.

Im Jahr 1999, im siebten Monat …

Q-10.72

Im Jahr 1999, im siebten Monat,

Kommt vom Himmel ein grosser König des Schreckens,

Den grossen König von Angolmois wieder zu erwecken.

Vorher und nachher regiert Mars zu guter Stunde.

Für unsere Generation bedeuteten diese Zeilen die Prophezeiung schlechthin, uns und unsere Gegenwart betreffend. Für Skeptiker wie für Gläubige war dieser Vers quasi der Lackmustest - man musste Farbe bekennen, ob man dem genannten Jahr in gespannter Erwartung entgegensah oder nicht. Zugleich hing der Vers wie ein Damoklesschwert über dem ganzen nostradamischen Werk, denn wenn sich der Seher hier geirrt haben sollte, dann musste sein ganzes prophetisches Werk wie ein Kartenhaus zusammenkrachen! Man könnte Q-10.72 auch als die nachweislich falscheste Prophezeiung in der Geschichte der Menschheit bezeichnen, denn nun war da endlich ein konkretes, überprüfbares Datum, an dem die Qualität der Prophezeiungen gemessen werden konnte - und siehe: da war nichts!

Oder hatte Nostradamus doch nur die Sonnenfinsternis vom 11. August 1999 gemeint und sich bloss um einen Monat vertan? Vielleicht weil er den Monat nach dem julianischen Kalender rechnete, womit die Sonnenfinsternis tatsächlich im Juli eingetreten wäre? Nein, alles deuteln hilft hier nichts! Q-10.72 ist entweder eine krasse Fehlprognose (wie es die Kritiker nicht anders erwarteten) - oder wir unterliegen unserseits einer Fehldeutung, was die Jahreszahl 1999 betrifft. Nostradamus erhebt nämlich an keiner Stelle den Anspruch, dass die von ihm genannten Jahreszahlen mit unserem Kalender kompatibel sind. Daher wissen wir letztlich nicht, welche Epoche seiner Datierung zugrunde liegt. Ja, wir können noch nicht einmal sicher sein, dass er überhaupt nur eine einzige Epoche verwendete.

Wir gehen heute stillschweigend davon aus, dass Nostradamus in der Ära „nach Christi Geburt“ rechnete, also ab jener Epoche, welche die ganze westliche Zivilisation angeblich noch heute benutzt. Das Problem mit dieser Epoche liegt aber zunächst darin, dass die Biografie von Jesus Christus und somit auch seine Lebensdaten völlig im Dunkeln liegen. Man kann sich in diesem Zusammenhang etwa fragen, was für die ersten Christen das grössere epochale Ereignis war: Christi Geburt oder Christi Kreuzestod und Auferstehung, und welches der beiden Daten, die immerhin gut dreissig Jahre auseinander liegen, als Startpunkt für eine neue Jahreszählung besser geeignet war: die obskure Geburt in einem Stall oder die öffentliche Hinrichtung? Somit lautete für Nostradamus und lautet für uns die Frage: Im Jahr 1999 ab wann wird das prognostizierte Ereignis eintreten?

Wenn wir einmal annehmen, dass fast alle in die Zukunft gerichteten Zenturien den Zeitraum von 1555 bis 1732 betreffen, dann stellt sich für uns zunächst die Frage, ob es in diesem Zeitraum ein Jahr 1999 nach irgendeiner damals bekannten Epoche gibt. Das ist tatsächlich der Fall, wie folgende Synochen beispielhaft zeigen:

Das ist eine verwirrende Anzahl von Epochenbezügen („Synochen“), jeweils ausgehend von einem Jahr „1999“ einer bestimmten Epoche, sodass der Bezug in ein Jahr zeigt, das nominal im Bereich zwischen etwa 1560 und 1730 liegt. Und wenn wir die Liste etwas genauer anschauen, dann sehen wir, dass viele Jahre aus dem genannten Zeitraum aufgeführt sind. Welches dieser Jahre könnte Nostradamus gemeint haben, wenn er nicht wirklich 1999 meinte? Oder ist sein Jahr „1999“ nochmals ganz anders zu verstehen?

Es gibt zumindest gewichtige Indizien für die Annahme, dass Nostradamus mit seinem Jahr 1999 nicht unsere Gegenwart adressierte, sondern eine Zeit, die innerhalb seines selbst gewählten Prognosefensters von 177 Jahren lag (ab 1555). Die zu verschiedenen Zeiten von verschiedenen Völkern gebrauchten Epochen und Ären waren aber zu Nostradamus‘ Lebzeiten noch nicht gänzlich synchronisiert. Man wusste also damals noch nicht oder man war sich nicht darüber einig, welches Jahr nach Alexander beispielsweise welchem Jahr nach Christus entsprach. Diese Arbeit leisteten erst spätere Forscher wie Scaliger, Calvisius, Petavius, Newton und andere. Viele dieser fremdartigen Ären und Epochen waren teilweise noch immer oder gar neuerdings in Gebrauch (bewusst oder unbewusst), und man stritt sich darüber, wie diese alternativen Jahreszahlen mit der Christusära korrespondierten. Somit bestand das tatsächliche Problem gerade darin, dass man sich bezüglich der Christusepoche nicht sicher war. In der Vorrede an König Heinrich wird dieser klägliche Umstand angedeutet: An zwei Stellen versucht dort Nostradamus die Chronologie ab Erschaffung der Welt herzuleiten, nennt auch immer konkrete Zeitspannen, lässt dann aber offen, wie viele Jahre seit Christus verflossen sind. Nostradamus weiss ganz offensichtlich nicht oder ist sich nicht sicher, in welchem Jahr nach Christus er lebt! Wohl datiert er seine Schrift gemäss den Konventionen seiner Zeit; aber worauf gründeten diese Konventionen, und warum sollte er sich in seinen unkonventionellen Zenturien an sie halten?

Nostradamus hatte in seinen frühen Jahren Umgang mit Julius Cäsar Scaliger, einem bedeutenden Philologen, der sich um die Edition klassischer Texte verdient machte; sein Sohn Joseph Justus galt als einer der grössten Gelehrten seiner Zeit, und er gilt noch immer als der Begründer der modernen, wissenschaftlichen Chronologie, deren methodische Basis er entwickelte. Es entbehrt nicht einer gewissen Brisanz, dass der jüngere Scaliger sich mit enormem Forscherfleiss einem Thema widmete, das den illustren Bekannten seines Vaters naturgemäss schwer beschäftigen musste. War der junge Scaliger dabei, als sein Vater und Nostradamus chronologische Fragen diskutierten? Man wird dies verneinen im Hinblick darauf, dass sich Nostradamus und der alte Scaliger schon etwa um 1540 herum, als Joseph erst geboren wurde, überworfen hatten. Scaliger soll seinen jungen Verehrer als Scharlatan bezeichnet und den Umgang mit ihm abgebrochen haben; Nostradamus selbst sprach hingegen auch später noch nur bewundernd über sein grosses Vorbild. Es kann also nicht völlig ausgeschlossen werden, dass Nostradamus in der einen oder anderen Weise mit dem Haus Scaliger in Verbindung blieb, sodass der heranwachsende Joseph Scaliger vielleicht doch noch persönlichen Kontakt mit dem Arzt aus Salon hatte.

Die Probleme der Chronologie und damit der allgemeinen Geschichtsschreibung beschäftigten damals die Elite der Gelehrtenwelt in einem besonderen Masse. Mit Akribie, mit ungeheurem Fleiss und Scharfsinn, aber leider auch mit aus heutiger Sicht unzureichenden Methoden wurde versucht, dem Rätsel der vergangenen Zeiten und Völker auf die Spur zu kommen. Allerdings war es nicht Scaliger, der eine universelle, synchronisierte Chronologie der überlieferten Ereignisse aufstellte und damit die Grundlage für das uns heute gewohnte Raster der Weltgeschichte schuf. Dieses Verdienst gehört vor allem dem deutschen Komponisten und Musiktheoretiker Kallwitz, der unter dem Gelehrtennamen Calvisius 1605 erstmals sein Werk „Opus chronologicum“ veröffentlichte, das als erstes modernes Geschichtsbuch gelten kann. Dieses fundamentale Werk fand sehr grosse Beachtung - u.a. bei Scaliger und Kepler - und wurde bis 1685 immer wieder aufgelegt. Mit diesem Werk galt die Geschichte der Menschheit als „geschrieben“ und wurde seither nicht mehr grundsätzlich hinterfragt - abgesehen von kleineren, unmassgeblichen Korrekturen durch Petavius und natürlich auch abgesehen von den Anfängen der Welt und der Menschheit, die bei Calvisius immer noch bibelkonform waren. Doch selbst diese religiös bedingte Vorgabe konnte man erst im 19. Jh. abschütteln.

Für unser Verständnis ist es also wichtig zu wissen, dass die ersten brauchbaren Geschichtswerke erst etwa eine Generation nach Nostradamus‘ Tod erschienen. Was für Nostradamus und seine Zeitgenossen vielleicht noch Anlass für Verwirrung und heftige Debatten war, galt seit Scaliger, Calvisius und Petavius als in Erz gegossen: die Chronologie der Ereignisse in der Geschichte der klassischen Völker, also nach damaliger Auffassung fast der ganzen Menschheit. Wir wissen nicht und werden es wohl auch nie erfahren, über welche Quellen Nostradamus für seine Studien verfügte. Waren darunter die klassischen Geschichtswerke, die heute ganz oder teilweise verschollen sind? War er mit widersprüchlichen Datierungen konfrontiert? War er sich der generellen Problematik von mehrdeutigen und missverständlichen Epochendatierungen bewusst und hat vielleicht sogar damit gespielt? Doch es wäre dann immer noch fraglich, ob ihm schon ein tabellarisches Werk zur Verfügung gestanden hatte, mit dem er einfach die Jahreszahlen von einer Ära in eine andere umrechnen konnte. Oder vielleicht hatte er solche Tabellen (sogar selbst konstruierte), aber dann stimmten sie wohl kaum genau mit denen überein, die heute als richtig vorausgesetzt werden, weil ja in der Zwischenzeit, nämlich frühestens seit Scaliger und Calvisius, die Chronologie auf eine neue methodische Grundlage gestellt wurde. Wir werden aber in der folgenden Untersuchung gleichwohl hauptsächlich auf die Chronologie von Calvisius abstellen und gehen davon aus, dass Nostradamus ein chronologisches System benützte, das dem von Calvisius recht nahe kommt. Mit dieser Arbeitshypothese können wir zufrieden sein, wenn wir chronologische Entsprechungen finden, die auf ein bis zwei Jahre genau sind. Tatsächlich - so viel sei hier schon verraten - werden wir angeblich Jahrhunderte auseinanderliegende Ereignisse auf das Jahr genau synchronisieren können.

Betrachten wir noch einmal den berühmten Q-10.72 und versuchen, in den Geschichtsbüchern ein Ereignis zu identifizieren, das auch nur entfernt zu dieser Prognose passen könnte, ohne uns zunächst um die verwirrliche Jahresangabe zu kümmern. Es geht ja um irgendeinen „König des Schreckens“, der vom Himmel kommen soll, und um einen König von „Angolmois“, der erweckt werden soll. Was bedeutet „Angolmois“? Angoumois war einst eine Grafschaft im Westen Frankreichs mit der Hauptstadt Angoulême (heute Departement Charente). Mit „Angolmois“ meinte Nostradamus somit wahrscheinlich nicht einen mysteriösen „Engelmonat“, wie einige Interpreten vermuteten, sondern schlicht und einfach diese Grafschaft Angoumois oder deren Hauptstadt Angoulême.

Kann man diese Gegend mit irgend etwas Schrecklichem in Verbindung setzen, das vom Himmel kam? Ja, man kann! Für das Jahr 1608 berichtet uns der Solothurner Stadtschreiber und Chronist Franz Haffner, aus dessen 1666 erschienenen Chronik („Der Allgemeine Schaw-Platz historischer Welt-Geschichten“) wir noch verschiedentlich schöpfen werden, von besagter Gegend nämlich folgendes: „Im Oktober liessen sich bei Angolesme in Frankreich am hellen Tag kleine Wölklein auf die Erde herab und stritten hernach wie Kriegsvolk, etwa 12‘000 stark, miteinander.“ Mit „Angolesme“ ist hier ohne Zweifel Angoulême gemeint, und das beschriebene Ereignis, so bizarr und unglaublich es uns erscheint, könnte in fantasievollen Köpfen durchaus mit einem himmlischen Schreckenskönig in Verbindung gebracht werden, der sein in Wolken verborgenes Kriegsvolk zur Erde schickte.

Hat Nostradamus mit seiner Vorhersage im Q-10.72 vielleicht dieses seltsame Ereignis gemeint? Wir wissen es nicht, aber es ist schon ziemlich merkwürdig, dass in der uns interessierenden Zeitspanne ein seltsames Himmelsereignis in Angelmois bzw. Angoumois stattfand, das irgendwie an die im Q-10.72 beschriebenen Ereignisse erinnert. Noch überzeugender wäre es natürlich, wenn wir dieses Ereignis mit einer Jahreszahl 1999 in Verbindung bringen könnten, zumal das genannte Jahr 1608 in obiger Synochen-Liste fehlt. Nostradamus sagt allerdings nicht ausdrücklich, dass die himmlische Niederkunft des „Königs des Schreckens“ in Angolmois stattfindet, die Verbindung zur gleichnamigen Grafschaft geschieht ja nur durch die behauptete Erweckung oder Auferstehung eines Königs von Angolmois.

Es gibt einen Herzog von Angoulême, der in dem für uns interessanten 17. Jh. lebte, und der Sohn eines Königs war, nämlich Karl IX, der eigentlich Charles de Valois hiess und in eine Verschwörung gegen König Heinrich IV verstrickt war, wofür er mit elf Jahren Kerkerhaft in der Bastille büssen musste (1605-1616). Grundsätzlich dürfte es klar sein, dass die Bezeichnung „König von Angolmois“ nicht wörtlich zu nehmen ist, denn einen solchen hat es nie gegeben und wird es auch nie geben. Man könnte dies vielleicht als verkürzte Formel von „Königssohn, Herzog von Angelmois“ lesen, und als Kandidaten dafür haben wir Charles de Valois auserkoren. Da in dessen Lebenszeit tatsächlich seltsame, furchterregende Dinge vom Himmel herunter kamen - und dies erst noch in der Nähe von Angoulême -, wollen wir für die Deutung von Q-10.72 die Spur von Charles de Valois weiter verfolgen.

Das Himmelsereignis von 1608 fand zu einer Zeit statt, als Charles de Valois in der Bastille seine Strafe wegen Verschwörung absitzen musste. Wollte Nostradamus mit seinem Vers etwa andeuten, dass die sonderbaren Himmelserscheinungen in Angoulême ein Zeichen dafür seien, dass Charles de Valois wieder freikommt? Dann könnte man die „Erweckung“ oder „Auferstehung“ als Entlassung aus der Kerkerhaft auslegen. Allerdings wären dann zwischen diesem Himmelszeichen und der Haftentlassung nochmals etwa acht Jahre verstrichen, sodass man niemandem glaubhaft erklären könnte, inwiefern dieser himmlische Schreckenskönig mit seiner Erscheinung unmittelbar zur „Auferstehung“ von Charles de Valois beigetragen habe. Allerdings wissen wir auch nicht, wie glaubwürdig und sicher datiert Haffners Quellen waren, sodass das genannte Jahr 1608 für das bizarre Himmelsereignis nicht stimmen muss.

Die wahre Natur der epochalen Erscheinung von 1572 ist bis heute nicht geklärt. Die Wissenschaftsgeschichte geht zwar davon aus, dass es sich um eine Nova - also um die Geburt eines neuen Sterns - gehandelt haben müsse. Nicht zuletzt vertraten diese Meinung die beiden grössten Astronomen ihrer Zeit: Tycho Brahe (+1601) und Johannes Kepler (+1630). Der Disput um die wahre Ursache dieser Erscheinung entbrannte spätestens 1604, als wieder ein neuer Stern erschien, dessen Herkunft man nicht erklären konnte. Hierbei „erinnerte“ man sich an die Erscheinung von 1572 und versuchte Gemeinsamkeiten oder Unterschiede zu erkennen. Kepler verfasste dazu eine detaillierte Analyse („Mysterium cosmographicum de stella nova“), hielt sich aber mit der Deutung dieser Phänomene zurück, tendierte jedoch - in Berufung auf Tycho - zur Auffassung, dass es sich jeweils um Vorgänge in der „Fixsternsphäre“ handeln müsse. Man kannte wohl die Kometen als plötzlich auftauchende Himmelslichter, aber die Geburt eines neuen Fixsterns war damals noch etwas unvertrautes. Die Erscheinung von 1604 ist relativ gut dokumentiert und durch Beobachtung abgesichert - jene von 1572 ist dokumentarisch weniger belegt, obwohl der grosse Tycho sie angeblich gesehen hatte. Man war damals von der Theorie und von den Instrumenten her noch weit davon entfernt, eine solch seltene Himmelserscheinung schlüssig deuten zu können. War es dieser Stern von 1572, der die Welt verändern sollte? Ist es nur ein Zufall, dass Q-10.72 auch numerisch mit dem Jahr 1572 korrespondiert? Müssten die „Q-10“-Verse vielleicht als „Q-15“ gelesen werden, um auf das richtige Jahr zu schliessen?

In den Jahren 1247 und 1248 scheint sich auf den ersten Blick nichts besonderes ereignet zu haben. In den modernen Geschichtsbüchern lesen wir, dass um diese Zeit der grosse Gelehrte Albertus Magnus an den Universitäten Paris und Köln lehrte. In London wird die Abtei Westminster errichtet, in Köln der Grundstein zum Dom gelegt und in Carcassone das grosse Festungswerk gebaut. Papst Innozenz IV wacht über die Christenheit (aber nicht in Rom, sondern in Lyon!), und unter König Ludwig IX von Frankreich beginnt der 6. Kreuzzug. In Spanien erobert König Ferdinand III die Stadt Sevilla, wo die Araber bereits eine Art Kanone zur Verteidigung einsetzen. In Deutschland werden Gegenkönige gewählt, und es gibt Judenverfolgungen in ganz Europa - normales Mittelalter also… Mit dem Tod Kaiser Friedrichs II im Jahr 1250 ging wohl eine bedeutende Ära zu Ende, aber niemand wird dies mit einem Weltuntergang gleichsetzen.

Was ist dann aber der Grund, dass in Haffners Chronik mit dem Jahr 1248 das „fünfte Weltalter“ zu Ende geht? Und was ist das überhaupt, ein Weltalter? Ist es ein Zufall, dass gerade mit dem Ende des fünften Weltalters das Jahr 2000 URB erreicht wird? Ein Vergleich der „Weltalter“ bei Haffner und bei Schedel zeigt überraschende Unterschiede:

Weltalter

Haffner

Schedel

1

Weltanfang - Christus

Weltanfang - Noah

2

Christus - 405

Noah - Abraham

3

406 - 521

Abraham - David

4

522 - 1032

David - Exodus

5

1033 - 1248

Exodus - Christus

6

1249 - 1306

Christus - Antichrist

7

1307 - 1481

Antichrist - Jüngstes Gericht

8

1481 - 1531

Jüngstes Gericht - Weltende

9

1531 - 1599

-

10

1600 - 1629

-

11

1630 - 1666

-

Während sich Schedel bei der Einteilung der Weltalter noch an die alttestamentlichen Vorgaben hält, bestimmen bei Haffner die Protagonisten der mittelalterlichen europäischen Geschichte, d.h. die jeweils vorherrschenden Reiche die Einteilung des Zeitenlaufs. Die Zeit von der Erschaffung der Welt bis Christus gilt bei ihm als ein Zeitalter und braucht offenbar nicht weiter unterteilt zu werden. Dagegen wird der Untergang des römischen Reichs und das Emporkommen der Burgunder als wichtiger Übergang betrachtet, später dann die Ablösung der Burgunder durch die Franken, und so weiter. Während also Schedels Einteilung noch archaisch wirkt, ist jene von Haffner schon fast modern zu nennen: Die vorherrschenden Mächte und Kulturen bestimmen die Einteilung der Zeitalter. Es ist unsere moderne Sicht der Geschichte, dass Kulturen aufsteigen und untergehen; allerdings verstehen wir - wie der alte Haffner - noch kaum, warum Kulturen untergegangen und andere scheinbar aus dem Nichts aufgestiegen sind.

Zwischen Schedel und Haffner liegen immerhin etwa 200 Jahre, die Zeit der Renaissance, als der geistige Horizont der Europäer - angeblich - immens erweitert wurde. Die biblischen Könige wurden durch die europäischen Herrscher abgelöst. Trotzdem fällt auf, dass bei Haffner das indifferente, als geschichtliche Einheit erscheinende Weltalter vor Christus, bei Schedel hingegen nach Christus seinen Auftritt hat. Für Schedel kann nach Christus als nächste Etappe nur noch der Antichrist und danach des Jüngste Gericht kommen, für Haffner eröffnet sich überhaupt erst nach Christus das Panorama der erwähnenswerten, weil für die Europäer relevanten Geschichte - und ein Ende der Geschichte ist für ihn nicht abzusehen. Sein letztes Weltalter endet im Jahr 1666 mit der Drucklegung des Buches. Schedel steht mit einem Bein noch im Mittelalter, Haffner jedoch steht mit beiden Beinen ungeduldig vor dem Tor zur Neuzeit. Wir wollen es somit vorerst als Zufall abtun, dass Haffner sein fünftes Zeitalter gerade dann zu Ende gehen lässt, wo wir aufgrund der zeitlichen Zuordnung von Q-10.72 ein epochales Ereignis vermuten.

Wir gehen nun von der gewagten Hypothese aus, dass man von einer echten Identität der Jahre 1572 und 1247 ausgehen muss, dass also die Ereignisse, die man gemeinhin mit diesen Jahreszahlen assoziiert, nicht gut 300 Jahre auseinander liegen, sondern zum grossen Teil zeitlich zusammenfallen. Um diese Hypothese zu stützen, müsste man starke geschichtliche Parallelen zwischen diesen beiden Epochen finden. Aber dies wird nicht einfach sein! Kann man sich unterschiedlichere Zeitalter als das Hochmittelalter und die Renaissance vorstellen? Wie kann man allen Ernstes diese Epochen gleichsetzen?

Der russische Mathematiker Fomenko hat es getan („Empirico-Statistical Analysis of Narrative Material“) und fand erstaunliche Parallelen etwa zwischen dem Reich der Habsburger (13.-17. Jh.) und dem Heiligen Römischen Reich (10.-13. Jh.). Wir bewegen uns also nicht auf einem Terrain der wilden Spekulationen, sondern auf statistisch abgesicherten Analysen von Quellentexten, die ein völlig neues Licht in das Dunkel der Geschichte werfen. Wir können leider im Rahmen dieses Buches nicht im Detail auf Fomenkos Ergebnisse eingehen, aber zum besseren Verständnis seiner erstaunlichen Befunde muss folgendes bedacht werden: Eine chronologische Parallele zwischen zwei zeitlich weit auseinander liegenden Epochen bedeutet nicht zwingend eine „Ereignisidentität“. Man müsste diese Parallelität wohl eher so interpretieren, dass eine oder sogar beide Epochen künstliche Konstrukte sind, die aus der Matrix der jeweils anderen oder einer dritten heraus kopiert wurden.

Wir fanden im Jahr 1572 ein bedeutendes kosmisches Ereignis, das wir im Verdacht haben, als Vorlage für Q-10.72 gedient zu haben, und dessen kulturgeschichtliche Wirkung wir nunmehr etwas genauer untersuchen wollen. Es schien ja so, dass diese Nova etwa eine Generation später schon fast wieder vergessen war und nur noch die Fachgelehrten (z.B. Kepler) interessierte. Diese Geringschätzung ist aber keineswegs gerechtfertigt, denn die Himmelserscheinung von 1572 war quasi der zündende Funke zur gregorianischen Kalenderreform von 1582, wie uns Cellarius erklärt: „Auf Pius V folgte im Pontifikat Gregor XIII im Jahre 1572, als im Himmel ein Wunderzeichen erschien, ein neuer Stern im Sternbild Cassiopeia, der dem Bischof eine Warnung war, die Methode zur Berechnung der Himmelsbewegungen und der Äquinoktien auf das richtige Mass zurückzubringen und eine Verbesserung des christlichen Kalenders anzugehen.“ Man kann dies zwar als eine irrelevante Interpretation eines deutschen Historikers des 17. Jhs. abtun; doch immerhin war Cellarius‘ kompakter Abriss der Geschichte („Historia Universalis“) noch für Goethe schulischer Pflichtstoff. In modernen Darstellungen der gregorianischen Kalenderreform findet das Nova-Ereignis von 1572 interessanterweise keine Erwähnung mehr. Cellarius mag sich geirrt haben - oder aber er verfügte über ein Wissen, das heute verschüttet ist.