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Ein fesselndes Drama über Liebe, Rache und Eifersucht! Der venezianische General Othello steckt in familiären Schwierigkeiten: sein Schwiegervater weigert sich, die Ehe mit seiner geliebten Frau Desdemona gutzuheißen. Das Glück des Paares ist jedoch einer noch viel größeren Bedrohung ausgesetzt. Der manipulative Jago hat eine Rechnung mit Othello offen, da dieser ihn bei einer Beförderung übergangen hat. Jago zielt auf größte Schwachstelle seines Feindes, dessen Eifersucht, ab und spinnt eine heimtückische Intrige, durch die Othello alles verlieren könnte...-
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Seitenzahl: 135
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William Shakespeare
Übersezt von Wolf Heinrich Graf von Baudissin
Othello, der Mohr von Venedig
Saga
Othello
Übersezt von Wolf Heinrich Graf von Baudissin
Titel der Originalausgabe: Othello
Originalsprache: dem Englischen
Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.
Coverbild/Illustration: Shutterstock
Copyright © 1832, 2021 SAGA Egmont
Alle Rechte vorbehalten
ISBN: 9788726886078
1. E-Book-Ausgabe
Format: EPUB 3.0
Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.
Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.
www.sagaegmont.com
Saga Egmont - ein Teil von Egmont, www.egmont.com
HERZOG VON VENEDIG
BRABANTIO, Senator
Andere Senatoren
GRATIANO , Bruder des Brabantio
LODOVICO , Verwandter des Brabantio [} Verwandte des Brabantio ]
OTHELLO, [Feldherr ], ein edler Mohr im Dienste Venedigs
CASSIO, sein Leutnant
JAGO, sein Fähnrich
RODRIGO, ein [junger Venezianer ] venezianischer Edelmann
MONTANO, Othellos Vorgänger als Statthalter von Zypern
[Drei EDELLEUTE ]
Ein NARR, Diener des Othello
HEROLD
DESDEMONA, Brabantios Tochter und Ehefrau des Othello
EMILIA, Jagos Frau
BIANCA, Cassios Geliebte
Edelleute, Amtsdiener, ein Bote, Musikanten, Herold, ein Matrose, Gefolge etc.
Szene im ersten Akt in Venedig; hernach ein Hafen in Zypern
Venedig. Eine Straße
Es treten auf Rodrigo und Jago.
RODRIGO
Still, sag nichts mehr; denn damit kränkst du mich,
Daß Jago, du, der meine Börse führte,
Als wär sie dein, die Sache schon gewußt.
JAGO
Verdammt, Ihr hört ja nicht!
Hab ich mir je davon was träumen lassen,
Verabscheut mich!
RODRIGO
Du hast mir stets gesagt, du hassest ihn!
JAGO
Verachte mich, wenns nicht so ist!
Drei Mächtige aus dieser Stadt, persönlich
Bemüht zu seinem Leutnant mich zu machen,
Hofierten ihm, und auf Soldatenwort,
Ich kenne meinen Preis: das kommt mir zu.
Doch er, verliebt in seinen Stolz und Dünkel,
Weicht ihnen aus, mit Schwulst, weit hergeholt,
Den er staffiert mit grausen Kriegssentenzen,
Und kurz und gut,
Schlägts meinen Gönner ab: denn »Wirklich«, spricht er,
»Gewählt schon hab ich meinen Offizier.«
Und wer ist das?
Seht mir: ein großer Arithmetiker,
Ein Michael Cassio, ein Florentiner,
Ein Bursch, verdammt fast in ein schmuckes Weib,
Der niemals eine Schar ins Feld geführt,
Noch von der Heeresordnung mehr versteht
Als Jüngferchen; nur Büchertheorie,
Von der in seiner Toga wohl ein Ratsherr
So weislich spricht als er; all seine Kriegskunst
Geschwätz, nicht Praxis - der nun wird erwählt!
Und ich, von dem sein Auge Proben sah
Zu Rhodus, Zypern und auf anderm Boden,
Christlich und heidnisch, komm um Wind und Flut
Durch solchen Rechenknecht, solch Einmaleins.
Der, wohl bekomms ihm, muß sein Leutnant sein,
Und, helt mir Gott, ich seiner Mohrschaft Fähnrich!
RODRIGO
Bei Gott, sein Henker würd ich lieber sein!
JAGO
Da hilft nichts für; das ist der Fluch des Dienstes.
Befördrung geht nach Gunst und nach Empfehlung,
Und nicht nach altem Brauch, wo jeder zweite
Den Platz des Vormanns erbt. Urteilt nun selbst,
Ob mich wohl irgend Recht und Dank verpflichtet
Den Mohrn zu lieben.
RODRIGO
So auch dient ich ihm nicht.
JAGO
Oh, seid ganz ruhig;
Ich dien ihm, um mirs einzubringen; denn
Es kann nicht jeder Herr sein, jeder Herr
Nicht treue Diener haben. Seht Ihr doch
So manchen pflichtgetreuen Knieebeuger,
Der, ganz verliebt in seine Sklavenfessel,
Ausharrt, recht wie die Esel seines Herrn,
Ums Heu, und wird im Alter fortgejagt.
Peitscht mir solch redlich Volk! Dann gibt es andre,
Die, ausstaffiert mit Blick und Form der Demut,
Ein Herz bewahren, das nur sich bedenkt,
Die nur Scheindienste liefern ihren Obern,
Durch sie gedeihn und, wann ihr Pelz gefüttert,
Sich selbst Gebieter sind. Die Burschen haben Witz,
Und dieser Zunft zu folgen ist mein Stolz.
Denn, Herr,
's ist so gewiß, als Ihr Rodrigo heißt,
Wär ich der Mohr, nicht möcht ich Jago sein.
Wenn ich ihm diene, dien ich nur mir selbst,
- Der Himmel weiß es -, nicht aus Lieb und Pflicht,
Nein, nur zum Schein für meinen eignen Zweck.
Denn wenn mein äußres Tun je offenbart
Des Herzens angeborne Art und Neigung
In Haltung und Gebärde, dann alsbald
Will ich mein Herz an meinem Ärmel tragen
Als Fraß für Krähn. Ich bin nicht, was ich bin! -
RODRIGO
Groß Glück fällt diesem Dickgelippten zu,
Wenns ihm gelingt!
JAGO
Ruft ihren Vater auf!
Hetzt den ihm nach! Vergiftet seine Lust,
Schreits durch die Stadt, macht ihre Vettern wild,
Und ob er unter mildem Himmel wohnt,
Plagt ihn mit Fliegen; ist die Freud ihm Freude,
Versetzt sie dennoch ihm mit so viel Pein,
Daß sie etwas erbleiche!
RODRIGO
Hier ist des Vaters Haus; ich ruf ihn laut.
JAGO
Das tut, mit gleichem Angstruf und Geheul,
Als wenn bei Nacht und Lässigkeit ein Feuer
Erspäht wird in volkreichen Städten.
RODRIGO
Hallo, Brabantio! Signor Brabantio, ho!
JAGO
Erwacht; hallo! Brabantio! Diebe, Diebe!
Nehmt Euer Haus in acht, Eur Kind, Eur Geld!
He, Diebe, Diebe!
Brabantio oben am Fenster.
BRABANTIO
Was ist die Ursach dieses wilden Lärms?
Was gibt es hier?
RODRIGO
Ist alles, was Euch angehört, im Hause?
JAGO
Die Türen zu?
BRABANTIO
Nun, warum fragt Ihr das?
JAGO
Ihr seid beraubt, zum Teufel! Nehmt den Mantel!
Eur Herz zerbrach, halb Eure Seel ist hin.
Jetzt, eben jetzt bespringt ein alter schwarzer
Schafbock Eur weißes Lämmchen. Auf, heraus!
Weckt die schlaftrunknen Bürger mit der Glocke,
Sonst macht der Teufel Euch zum Großpapa.
Auf, sag ich, auf!
BRABANTIO
Was! Seid Ihr bei Verstand?
RODRIGO
Ehrwürdger Herr, kennt Ihr mich an der Stimme?
BRABANTIO
Nein! Wer seid Ihr?
RODRIGO
Rodrigo heiß ich.
BRABANTIO
Mir um so verhaßter!
Befohlen hab ich dir, mein Haus zu meiden,
Ganz unverhohlen hörtest du mich sagen,
Mein Kind sei nicht für dich; und nun, wie rasend,
Vom Mahle voll und scharfem Trunk erregt,
In böswilligem Übermute kommst du,
Mich in der Ruh zu stören?
RODRIGO
Herr, Herr, Herr!
BRABANTIO
Doch, wissen sollst du dies:
Durch meine Kraft und Stellung hab ich Macht,
Dirs zu vergällen.
RODRIGO
Ruhig, werter Herr!
BRABANTIO
Was sprichst du mir von Raub? Dies ist Venedig,
Mein Haus ist keine Scheune.
RODRIGO
Würdiger Herr,
In arglos reiner Absicht komm ich her.
JAGO
Wetter, Herr, Ihr seid einer von denen, die Gott nicht dienen wollen, wenns ihnen der Teufel befiehlt. Weil wir kommen, Euch einen Dienst zu tun, denkt Ihr, wir sind Raufbolde? Ihr wollt einen Berberhengst über Eure Tochter kommen lassen; Ihr wollt Enkel, die Euch anwiehern, wollt Rennpferde zu Vettern und Zelter zu Neffen haben?
BRABANTIO
Wer bist du, frecher Lästerer?
JAGO
Ich bin einer, Herr, der Euch zu melden kommt, daß Eure Tochter und der Mohr jetzt dabei sind, das Tier mit zwei Rücken zu machen.
BRABANTIO
Du bist ein Schurke!
JAGO
Ihr seid - ein Senator.
BRABANTIO
Du sollst dies büßen; ich kenne dich, Rodrigo.
RODRIGO
Ich will für alles einstehn, doch ich bitt Euch,
Ists Euer Wunsch und wohlbedächtige Weisheit,
- Wie's fast mir scheint -, daß Eure schöne Tochter
In dieser späten Stunde dumpfer Nacht
Wird ausgeliefert - besser nicht noch schlechter
Bewacht, als durch 'nen feilen Gondolier -
Den rohen Küssen eines lüsternen Mohren?
Wenn Ihr das wißt und einverstanden seid,
So taten wir Euch groben, frechen Schimpf.
Doch wißt Ihrs nicht, dann sagt mir Sitt und Anstand,
Ihr scheltet uns mit Unrecht. Nimmer glaubt,
Daß, allem Sinn für Höflichkeit entfremdet,
Ich so zum Scherz mit Eurer Würde spielte.
Eur Kind, wenn Ihr ihm nicht Erlaubnis gabt,
Ich sags noch einmal, hat sich schwer vergangen,
So Schönheit, Geist, Vermögen auszuliefern
Dem heimatlos unsteten Abenteurer
Von hier und überall. Gleich überzeugt Euch, Herr;
Ist sie im Schlaf gemach, ja nur zu Hause,
Laßt auf mich los der Republik Gesetze,
Weil ich Euch so betrog.
BRABANTIO
Schlagt Feuer, ho!
Gebt mir 'ne Kerze! Weckt alle meine Leute! -
Der Vorfall ist nicht ungleich meinem Traum;
Der Glaube dran droht schon mich zu vernichten.
Licht, sag ich. Licht! -
Geht ab.
JAGO
Lebt wohl! Ich muß Euch lassen.
Es scheint nicht gut noch heilsam meiner Stelle,
Stellt man als Zeugen mich - bleib ich, geschiehts -
Dem Mohren vor, denn unser Staat, ich weiß es,
Wenn ihn dies gleich etwas verdunkeln wird,
Kann ihn nicht fallen lassen, fordert doch
So triftiger Grund ihn für den Zypernkrieg,
Der jetzt bevorsteht, daß um keinen Preis
Ein andrer von der Fähigkeit sich fände
Als Führer dieses Zugs. In dieser Rücksicht,
Obgleich ich ihn wie Höllenqualen hasse,
Weil mich die gegenwärtge Lage zwingt,
Muß ich aufziehn der Liebe Flagg und Zeichen,
Freilich als Zeichen nur. Daß Ihr ihn sicher findet,
Führt jene Suchenden zum Schützen hin;
Dort werd ich bei ihm sein. Und so lebt wohl.
Jago geht ab. Brabantio tritt auf mit Dienern und Fackeln.
BRABANTIO
Zu wahr nur ist dies Unglück! Sie ist fort,
Und was mir nachbleibt vom verhaßten Leben,
Ist nichts als Bitterkeit. - Nun sag, Rodrigo,
Wo hast du sie gesehn? - O töricht Kind! -
Der Mohr, sagst du? Wer möchte Vater sein!
Wie weißt du, das sie's war? - O unerhört
Betrogst du mich! - Was sprach sie? - Holt noch Fackeln!
Ruft alle meine Vettern! Sind sie wohl
Vermählt, was glaubst du?
RODRIGO
Nun, ich glaube, ja.
BRABANTIO
O Gott! Wie kam sie fort? O Blutsverrat!
Väter, hinfort traut euern Töchtern nie
Nach äußerlichem Tun! Gibts einen Zauber,
Der Jugend Unschuld und des Mädchentums
Zu hintergehn? Last Ihr von solchen Dingen,
Rodrigo?
RODRIGO
Ja, Signor, ich las es wohl.
BRABANTIO
Ruft meinen Bruder! - Wär sie Euer doch! -
Geht Ihr den Weg, Ihr diesen! - Habt Ihr Kundschaft,
Wo wir sie finden mögen mit dem Mohren?
RODRIGO
Ich hoff ihn auszuspähn, wenns Euch gefällt,
Mit tüchtiger Bedeckung mir zu folgen.
BRABANTIO
Wohl, führt den Zug! Vor jedem Hause ruf ich;
Wenns gilt, kann ich befehlen. - Waffen her!
Und holt ein paar Hauptleute von der Wache!
Voran, Rodrigo! Eure Müh vergelt ich.
Sie gehen ab.
Venedig. Eine andre Straße
Es treten auf Othello, Jago und Gefolge mit Fackeln.
JAGO
Im Kriegeshandwerk schlug ich manchen tot;
Doch halt ichs für Gewissenssach und Sünde,
Mit Absicht morden; ja mir fehlts an Bosheit,
Und oft zu meinem Schaden. Zwanzigmal
Dacht ich, ihm mit 'nem Rippenstoß zu dienen!
OTHELLO
's ist besser so.
JAGO
Doch schwatzt' er solches Zeug,
Und sprach so schnöd und gegen Eure Ehre
So lästerlich,
Daß all mein bißchen Frömmigkeit mich kaum
Im Zügel hielt. Doch sagt mir, werter Herr,
Seid Ihr auch recht vermählt? Denn glaubt mir nur,
Gar sehr beliebt ist der Magnifico,
Und hat, was durchzusetzen, kräftige Stimme,
Vollwichtig wie der Fürst. Er wird Euch scheiden;
Zum mindsten häuft er Hemmung und Verdruß,
Wie nur das Recht, durch seine Macht geschärft,
Ihm Spielraum gibt.
OTHELLO
Er mag sein Ärgstes tun;
Der Dienst, den ich geleistet dem Senat,
Schreit seine Klage nieder. Kund soll werden
- Was, wenn mir kund, daß Prahlen Ehre bringt,
Ich offenbaren will -, daß ich entsproß
Aus königlichem Stamm, und mein Gestirn
Darf ohne Scheu so stolzes Glück ansprechen,
Als dies, das ich erreicht. Denn wisse, Jago,
Liebt ich die holde Desdemona nicht,
Nie zwäng ich meinen sorglos freien Stand
In Band und Schranken ein, nicht um die Schätze
Der tiefen See. Doch sieh! Was dort für Lichter?
[Cassio kommt mit Amtsdienern. ]
JAGO
Der zornige Vater ist es mit den Freunden;
Geht doch hinein!
OTHELLO
Ich nicht, man soll mich finden.
Mein Stand und Rang und meine feste Seele,
Laut solln sie für mich zeugen! Sind sie es?
JAGO
Beim Janus, nein!
Cassio und einige Amtsdiener mit Fackeln kommen.
OTHELLO
Des Herzogs Diener sind es und mein Leutnant. -
Sei Euch die Nacht gedeihlich, meine Freunde!
Was gibts?
CASSIO
Der Herzog grüßt Euch, General,
Und fordert, daß Ihr schnell, blitzschnell erscheint
Im Augenblick.
OTHELLO
Was, meint Ihr, ist im Werk?
CASSIO
Etwas aus Zypern, wenn ich recht vermute;
's ist ein Geschäft von heißer Eil; die Flotte
Verschickt' ein Dutzend Boten nacheinander
Noch diesen Abend, die gedrängt sich folgten.
Viel Herrn vom Rat, geweckt und schon versammelt,
Sind jetzt beim Herzog; eifrig sucht man Euch,
Und da man Euch verfehlt in Eurer Wohnung,
Hat der Senat drei Haufen ausgesandt,
Euch zu erspähn.
OTHELLO
's ist gut, daß Ihr mich fandet.
Ein Wort nur laß ich hier zurück im Hause
Und folg Euch nach.
Geht ab.
CASSIO
Fähnrich, was schafft er hier?
JAGO
Nun, eine Landgaleere nahm er heut;
Er macht sein Glück, wenns gute Prise wird.
CASSIO
Wie meint Ihr das?
JAGO
Er ist vermählt.
CASSIO
Mit wem?
Othello kommt zurück.
JAGO
Ei nun, mit - Kommt Ihr, General?
OTHELLO
Ich komme.
CASSIO
Hier naht ein andrer Trupp, Euch aufzusuchen.
[Brabantio, Rodrigo und Bewaffnete treten auf. ]
JAGO
Es ist Brabantio! General, nehmt Euch
In acht, er sinnt auf Böses!
Brabantio, Rodrigo und Amtsdiener mit Fackeln und Waffen treten auf.
OTHELLO
Holla! Steht!
RODRIGO
Signor, es ist der Mohr!
BRABANTIO
Dieb! Schlagt ihn nieder!
Von beiden Seiten werden die Schwerter gezogen.
JAGO
Rodrigo, Ihr? Kommt, Herr, ich bin für Euch.
OTHELLO
Die Schwerter fort, sie rosten sonst im Tau. -
Das Alter hilft Euch besser, guter Herr,
Als Euer Degen.
BRABANTIO
O schnöder Dieb! Was ward aus meiner Tochter?
Du hast, verdammter Frevler, sie bezaubert;
Denn alles, was Vernunft hegt, will ich fragen,
Wenn nicht ein magisch Band sie hält gefangen,
Ob eine Jungfrau, zart und schön und glücklich,
So abhold der Vermählung, daß sie floh
Den reichen Jünglingsadel unsrer Stadt,
Ob sie, ein allgemein Gespött zu werden,
Häuslichem Glück entfloh an solches Unholds
Pechschwarze Brust, die Graun, nicht Lust erregt?
Die Welt soll richten, obs nicht sonnenklar,
Daß du mit Höllenkunst auf sie gewirkt,
Mit Gift und Trank verlockt ihr zartes Alter,
Den Willen ihr gelähmt. Man soll es prüfen,
Denn glaubhaft ists, handgreiflich dem Gedanken.
Drum nehm ich dich in Haft und klag dich an
Als einen Volksbetörer, einen Zaubrer,
Der unerlaubte, böse Künste treibt. -
Legt Hand an ihn, und setzt er sich zur Wehr,
Zwingt ihn, und gälts sein Leben!
OTHELLO
Steht zurück,
Ihr, die für mich Partei nehmt, und ihr andern!
Wär Fechten meine Rolle, nun, die wüßt ich
Auch ohne Stichwort. - Wohin soll ich folgen,
Und Eurer Klage stehn?
BRABANTIO
In Haft; bis Zeit und Form
Im Lauf des graden Rechtsverhörs dich ruft
Zur Antwort.
OTHELLO
Wie denn nun, wenn ich gehorchte? -
Wie käme das dem Herzog wohl erwünscht,
Des Boten hier an meiner Seite stehn,
Mich wegen dringenden Geschäfts im Staat
Vor ihn zu führn?
ERSTER AMTSDIENER
So ists, ehrwürdger Herr;
Der Herzog sitzt zu Rat, und Euer Gnaden
Ward sicher auch bestellt.
BRABANTIO
Im Rat der Herzog?
Jetzt um die Mitternacht? - Führt ihn dahin!
Nicht schlecht ist mein Gesuch. Der Herzog selbst
Und jeglicher von meinen Amtsgenossen
Muß fühlen meine Kränkung wie sein eigen;
Denn läßt man solche Untat straflos schalten,
Wird Heid und Sklav bei uns als Herrscher walten.
Sie gehen ab.
[Saal im herzoglichen Palast ] Venedig. Eine Ratskammer
Der Herzog und die Senatoren an einer Tafel sitzend. Beamte im Gefolge.
HERZOG
In diesen Briefen fehlt Zusammenhang,
Der sie glaubwürdig machte.
ERSTER SENATOR
Jawohl, sie weichen voneinander ab;
Mein Schreiben nennt mir hundertsechs Galeeren.
HERZOG
Und meines hundertvierzig.
ZWEITER SENATOR
Meins zweihundert.
Doch stimmt die Zahl auch nicht genau zusammen,
Wie insgemein, wenn sich Gerüchte melden,
Der Inhalt abweicht, doch erwähnen alle
Die türkische Flotte, die gen Zypern segelt.
HERZOG
Gewiß, erwägen wirs, so scheint es glaublich;
Ich will mich nicht im Irrtum sicher schätzen,
Vielmehr den Hauptartikel halt ich wahr,
Und Sorge faßt mich.
MATROSE
draußen.
Ho, hallo, hallo!
[Ein Beamter tritt auf, dem ein Matrose folgt. ]
ERSTER BEAMTER
Botschaft von den Galeeren!
Ein Matrose tritt auf.
HERZOG
Nun? Was gibts?
ERSTER MATROSE
Der Türken Kriegsbewegung geht auf Rhodus;
So ward mir Auftrag, dem Senat zu melden,
Vom Signor Angelo.
HERZOG
Wie dünkt der Wechsel Euch? -
ERSTER SENATOR
So kanns nicht sein,
Nach keinem Grund und Fug; es ist 'ne Finte,
Den Blick uns fehl zu leiten. Denken wir,
Wie wichtig Zypern für den Türken sei,
Und wiederum gestehn wir selber ein,
Daß, wie's dem Türken mehr verlohnt als Rhodus,
Er auch mit leichterm Aufwand sichs erobert,
Dieweil es nicht so kriegsgerüstet steht
Und aller Wehr und Festigkeit entbehrt,
Mit der sich Rhodus schirmt - wer dies erwägt,
Der wird den Türken nicht so töricht achten,
Das Nächstgelegne bis zuletzt zu sparen
Und, leichten Vorteil und Gewinn versäumend,