Paradigmenwechsel - Dominik Schodl - E-Book

Paradigmenwechsel E-Book

Dominik Schodl

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Beschreibung

"Ein Buch wie ein Folk-Punk Song." Paradigmenwechsel beinhaltet zwei lose miteinander verbundene Geschichten, die vom Verlust geprägt sind. Zwei Menschen, zwei Schicksalsschläge, zwei Arten mit tiefer Trauer umzugehen. Eine Talfahrt zwischen den eigenen Bedürfnissen, das was richtig ist und was man in einer Situation der Verzweiflung eigentlich von sich selbst erwartet. Wie weit reicht unsere Vernunft und unser Verständnis dieser Welt, wenn wir einmal so RICHTIG auf die Probe gestellt werden? Was ist real, was nur ein düsterer Streich unseres Verstandes? Die inneren Monologe zweier Menschen, die innerhalb kürzester Zeit eine Menge verloren haben. Das Ringen mit sich selbst, den Gedanken, dem Gewissen und Moral - Jetzt erhältlich als kleines Taschenbuch!

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Seitenzahl: 131

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Paradigmenwechsel - so heißt der Finishing-Move meines Lieblingswrestlers Jon Moxley. Streng genommen kann man also sagen, dass dieses für mich sehr emotionale Buch entstanden ist, weil ein schwitziger Mann einen anderen schwitzigen Mann auf eine Matte geschleudert hat. In diesem Sinne wünsche ich gute Unterhaltung.

Besonderer Dank gilt Lisa, Vanessa, meinen Eltern und allen, die egal in welcher Form auf dieser surrealen Reise und meinem eigenen Paradigmenwechsel dabei waren.

DANKE! Ehrlich jetzt.

Vielen Dank.

Inhaltsverzeichnis

Dominik Schodl: Paradigmenwechsel

PARADIGMENWECHSEL

KAPITEL Ι

Hietzing

Auhofstraße

Durchdrehen

Grapefruit

Prager Jesuskind

Versprochen

Die letzte Telefonzelle Salzburgs

Silvio

Wie krieg ich die Zeit bis zu meiner Beerdigung tot?

Bruce Springsteen

Paradigmenwechsel

KAPITEL ΙΙ

Ford Mondeo

Auhofstraße Part 2

Taufe

KAPITEL ΙΙΙ

Farbe und ein Open Mic

Rücklicht

Gebrochene Nase

Vergrab mich irgendwo anders

Hamburg und Elif

Mitten ins Licht

Doppelstern

Wintermantel

Instandhaltung

Dominik Schodl: Der Tod ist real

Der Tod ist real

KAPITEL Ι

Zement

Verantwortung

Verstand, Liebe

KAPITEL ΙΙ

Der Tod ist real

Graureiher

Kratzbeeren

Bulldozer

Das obere hintere Schlafzimmer

Macht

Donnerschlag

23. Bezirk

Echo

Pfeil

Zwei Raben

Dominik Schodl

Paradigmenwechsel

PARADIGMENWECHSEL

KAPITEL Ι

Hietzing

Auhofstraße

Durchdrehen

Grapefruit

Prager Jesuskind

Versprochen

Die letzte Telefonzelle Salzburgs

Silvio

Wie krieg ich die Zeit bis zu meiner Beerdigung tot?

Bruce Springsteen

Paradigmenwechsel

KAPITEL ΙΙ

Ford Mondeo

Auhofstraße Part 2

Taufe

KAPITEL ΙΙΙ

Farbe und ein Open Mic

Rücklicht

Gebrochene Nase

Vergrab mich irgendwo anders

Hamburg und Elif

Mitten ins Licht

Doppelstern

Wintermantel

Instandhaltung

PARADIGMENWECHSEL

KAPITEL Ι

HIETZING

„Hey, mir geht’s schlecht, kannst du vielleicht kommen?“

Also renne ich aus dem Club und klebe während der Heimfahrt meine Augen mit einer Zementmischung aus Furcht, Horror und ekelhafter Neugier auf mein Handy.

Bei dir angekommen habe ich noch nie jemanden so kotzen sehen. Deine Innereien wollten raus aus dir, flüchten, niemand wird diesen Anblick jemals nachvollziehen können. Auch mein eigenes Hirn könnte dich nicht rekonstruieren. Du erzählst mir, dass dir immer schlecht ist und du dich immer komplett und absolut irre fühlst. Wie eine hysterische Wahnsinnige, bei der ein unerklärbarer Beschützerinstinkt eintritt, der man versucht etwas zu entreißen, was sie noch gar nicht besitzt. Und in deiner Panik redest du wirr:

„Die wilde Taglilie in mir will nicht mehr wachsen, sie flucht immer und stöhnt genervt auf. Sie sagt mir, dass ich dumm bin und alle besser dran wären, wenn ich mit ihr sterbe.“

Wie ein Idiot renne ich los, um Zigaretten und Kondome zu kaufen, damit wir uns so fühlen wie damals. Damit ich wieder dein nächstes, schönes, gutes Problem sein kann. Dein Projekt, dem du dich widmen kannst. Ein altes Gebäude zum Sanieren. So, als würde es etwas bringen. Ich rauche wie ein Verrückter, unverhältnismäßig viel.

„Es hat nicht funktioniert und wir stehen das nicht durch.“

Also werfe ich die Zigaretten vom Balkon und umarme dich. So, als würde es noch etwas bringen. Diese Umarmung werde ich nie vergessen, denn während dieser bin ich zum Sinnbild deines vermeintlichen Scheiterns geworden. Ich werde ein kitschiges Fotobuch des Schreckens. Immer wenn du mich siehst, wirst du dich daran erinnern. Gebrandmarkt durch Worte und Nähe. Und mir wird es jedes Mal ebenso gehen. Zwei stärkere Menschen hätten es geschafft, hätten diesen falschen, erzwungenen, negativen Polaroid-Moment einfach wegschütteln können. Shake it like a Polaroid picture! Hey ya! So einfach, so schnell. Mit Humor. Einfach nochmal versuchen. Runde 2. Karten neu mischen.

Aber wir sind nicht mehr stark.

Du sagst, dass dein Körper einfach nicht genug war. Und es wäre wohl besser so. Wir haben es niemandem erzählt. Unsere Eltern wussten es erst so viel später. Wir haben uns niemandem anvertraut. Kaum getrauert. Du hast zum Ausgleich Texte geschrieben. Ich habe zum Ausgleich geraucht wie ein Geisteskranker.

Ich habe Angst zuzugeben, worum es in deinen Texten geht. Ich habe Angst zuzugeben, warum du überhaupt so etwas schreiben möchtest. Anstatt dich zu bestärken, lese ich deine Texte. Gebe dir Feedback, aber frage nicht nach, warum du sowas schreibst.

Sie sind nicht gedacht, jemals vorgetragen zu werden. Sie sind nicht gedacht, jemals schön zu sein. Sie sind lediglich da, um deinem Schmerz den geeigneten Ausdruck zu verleihen. Und glaub mir – bei mir kam die Message an. Laut, deutlich, schmerzhaft:

„Aber die Engel singen und der Teufel tanzt.

In diesem blutigen Regen, wo Taglilien wachsen.

Ist es jetzt endlich sicher? Kann ich raus?

Ich bin ein ausgehöhlter Schildkrötenpanzer.

Der dir keinen Schutz mehr bietet.

Und die Engel singen, der Teufel tanzt.

Und es gibt leichtere Wege, um wach zu sein.

Aber ich kenne dich zu gut.

Und es gibt leichtere Wege, mir weh zu tun.

Aber du reißt Körper und Seele entzwei.

Und es gibt leichtere Wege, um wach zu sein.

Aber ich kenne dich zu gut.

Und es gibt leichtere Wege, mir weh zu tun.

Aber du reißt Körper und Seele entzwei.“

AUHOFSTRAßE

Es verging jede Menge Zeit.

Ich stelle mir noch oft unsere Wohnung in der Auhofstraße vor. Immer wieder denke ich an unsere Unordentlichkeit, an das ganze Zeug am Boden und das ungemachte Katzenklo. Unsere Eltern hätten uns, sofern wir uns etwas hätten anmerken lassen, dafür komplett verachtet. Doch wir waren locker und du so cool. Ich stelle mir dich vor, geschminkt und hektisch. Vermutlich bist du wieder spät dran. Der Bürojob oder deine Kollegen, die ohne dich nichts auf die Reihe kriegen, warten auf dich. In meiner Vorstellung lächelst du. Alles ist so wie immer. Auch ohne mich.

Gestern war ich mit deiner Schwester essen und sie hat mir deine Nachricht überbracht. Du willst nicht mehr, möchtest die Scheidung. Du lässt deine Schwester diese Botschaft überbringen – nicht aus Bosheit oder weil du feige bist, sondern weil es so emotionslos wie möglich sein muss. Du willst dich schützen. Vielleicht hätte ich dich überredet, wie so oft. Vielleicht hätte ich wieder geschworen für uns beide – für uns drei – zu kämpfen. So ist die Sache klar. Deiner Schwester tut es unendlich leid und sie weiß auch nicht, was in dich gefahren ist. Eigentlich tut es deiner gesamten Familie leid, schließlich war ich doch so ein netter Typ.

„So ein unglaublich netter, trockener Alkoholiker“, dachte ich dann abwertend und ganz für mich allein.

Deine Schwester beteuert nochmal, wie leid es ihr tut. Wie leid ihr die ganze Sache mit dem Baby tut. Was wir nicht alles durchgemacht haben müssen. Sie weiß auch nicht, was du dir denkst, nur dass es böse Gedanken sind. Böse Taglilien, die nicht mehr wachsen wollen. Also gehe ich nach Hause, drehe Waschmaschine und Dusche auf, steige unter den Wasserstrahl und warte, bis es eiskalt wird. Man kann nicht beides haben. Am Küchentisch liegt ein Zettel.

Immer wieder lese ich die Nachricht, die du mir hinterlassen hast – hoffend, dass die Worte sich ändern über Nacht. Du schläfst einstweilen bei deinen Eltern und ich weiß, was für ein gewichtiger Schritt, welch kolossale innerliche Debatte das für dich gewesen sein muss. Hilfe von ihnen anzunehmen, macht dich verletzbar, treffbar, verwundbar und doch ist es wohl besser, als hier bei mir zu sein. Lieber kein Schutzschild als jemanden im Team wie mich. Du hast eine Entscheidung getroffen, während ich in unserer alten Wohnung in der Auhofstraße verbleibe und die Wand anstarre, die Realität nicht fassen will und keine Pläne für die Zukunft schmiede.

Du schläfst also bei deinen Eltern? Gut, ich schlafe auf der Couch. Ich hasse unser Bett ohne dich da drinnen. Du konntest diese Couch nie leiden. Ich glaube, du mochtest die Textur einfach nicht, so wie sie sich anfühlt.

Während dieser erbärmlichen Tage voller Stillstand habe ich genug Haarnadeln von dir gefunden, um dir daraus einen Götzen bauen zu können. Eine Statue meiner Traurigkeit. Einatmen – ausatmen. Lass sie doch endlich gehen. In meinem Kopf spielen sich die finalen Momente unserer letzten Diskussion immer wieder ab und dann hau ich ein Loch in die Wand. Einfach so. Also kühle ich meine geschwollene Hand, während langsam die Erkenntnis dämmert – dieser Ort ist eine Lüge und nicht mehr mein Zuhause.

Ich fühle mich, als wäre ich nur Haut und Knochen.

Ich zerstöre mein Handy vor Zorn, weil das Display mir nicht anzeigen will, wann du endlich nach Hause kommst.

Du schläfst also bei deinen Eltern? Gut, ich schlafe irgendwo. Ich hasse unser Bett ohne dich da drinnen.

Ich muss hier raus.

DURCHDREHEN

Ich will raus. Aber ich schaffe es nicht nach draußen. Also nie so wirklich, nie ganz. Im Gegensatz zu dir kann ich meinen Stolz nicht überwinden. Ich gehe nicht zu meiner Mutter, sondern zu Freunden. Und zwar nicht zu der guten Sorte von Freunden. Ich bin lebendig, aber irgendwie betäubt. Ich entdecke Alkohol wieder. Und nach jeder Nacht, in der ich Alkohol mehr zelebriere als das Leben selbst, nach jeder Nacht, die ich dann wieder auf unserer alten Couch und neben dem Loch in der Wand verbringe, derselbe furchtbare Traum. Ein Traum, der sich wie einer deiner depressiven Texte anfühlt, die du damals gegen Ende immer geschrieben hast. Wie ein Fiebertraum zum Mitnehmen:

„Die Tür aufgebrochen.

Ängstliche Augen, keine Helden.

Wenn gute Frauen die guten Drinks nehmen, dann nenn mich einen Engel.

Haare als Zopf, Bauchtasche, Körper.

Verchecke Stoff an deine Kinder und die Eltern nennen mich Mörder.

Verblasste Familien mit Smartphones beim Essenstisch.

Lehrer, Mütter, Väter, Gott sind alle irgendwie sauer auf mich.

Zeichne Bilder in den Block von den Dingen,

die ich eigentlich lernen sollte.

Noch ein bisschen Party, sonst herrscht in meinem Kopf wieder Revolte.

Ich schreibe einen Abschiedsbrief.

Wie viel wird mein Selbstmord wiegen?

Und wenn ich jetzt ein Geist bin,

wieso kann ich immer noch nicht fliegen?

Immer aus dem Fenster starrend,

wünschend ich wäre nicht hier.

Mit dieser Depression gibt es nie ein ich

sondern nur wir.

Bin ich nicht so cool wie die anderen,

weil ich nichts über Liebe erzähl?

Kunst soll dich bereichern, na schön.

Ich hab Luft in den Venen.

Ich bin nicht traurig, aber glücklich halt auch nicht.

Solang ich nicht unsterblich bin, muss ich immer weiter so einen Scheiß schreiben.

Meine größte Angst ist, dass man mich vergisst.

Gras über meinem Grabstein, nie wieder Sonnenlicht.

Diese wunderschönen Gedanken, die du da immer denkst?

Niemand wird sie je wieder hören, wenn du vor dem Abgrund abhängst.“

Und ich werde

Niemals

Wieder

Glücklich sein

„Die wilde Taglilie in mir will nicht mehr wachsen, sie flucht immer und stöhnt genervt auf. Sie sagt mir, dass ich dumm bin und alle besser dran wären, wenn ich mit ihr sterbe.“

Schweißgebadet und mit rasendem Herzen wache ich jedes Mal danach auf. Nicht neben dir. Nicht in unserem Bett, sondern auf dieser Couch im Wohnzimmer. Langsam verstehe ich, warum du die nicht leiden konntest. Die Textur ist wirklich komisch.

In diesen Nächten habe ich über vieles nachgedacht. Über dich, meinen Vater, meine Mutter, das nicht geborene Baby. Meine Schwester, Alkohol und Zigaretten.

Aber am meisten über meine Mutter und wie sie sich fühlen muss. Wie einfach ich zu ihr fahren könnte.

Ich bin am absoluten Ende meiner Kräfte.

GRAPEFRUIT

Meine Mutter ist religiös. Und wenn ich sage “religiös”, dann meine ich – meine Mutter ist WIRKLICH religiös. Staubtrocken, anstrengend religiös. Ihr Glaube hat mich als Kind immer abgeschreckt, mein Vater hat es toleriert. Sie wurde wohl erst so, als sie sich schon lange kannten. Vermutlich hat ihr Glaube mich von diesem Thema immer ein bisschen abwenden oder zurückschrecken lassen. Weil Kinder ja immer rebellieren wollen. Als ich älter wurde konnte ich jedoch verstehen, dass sie mir so ihre Werte mitgeben wollte. Und das waren gute Werte. Und jetzt, in meinen wahrscheinlich dunkelsten Stunden, wollte ich mich an etwas klammern. So wie meine Mutter sich an Religion. Doch es klappt einfach nicht. Wäre sie jetzt hier, würde sie mich zum Beten animieren:

„Hey, heiliger Geist. Schutzengel? Warum hast du mich verlassen? Wo bist du hin? Ich weiß, wir haben lange nicht mehr miteinander gequatscht. Aber wenn ich jetzt wirklich auf mich allein gestellt bin, dann möchte ich das wissen!“

Ich trinke wieder Alkohol. Wenn ich jetzt wieder regelmäßig trinke, dann bin ich wieder der Familien-Trunkenbold. Das schwarze Schaf mit Wodkafahne. Meine wohl bald zukünftige Ex-Frau meinte immer, ich solle mich doch mal „entspannen“, dass sich meine Familie zimperlich und hysterisch bei dem Thema anstelle. Manchmal glaube ich, sie wollte, dass ich trinke. Jetzt wo sie weg ist, wird Trinken wieder interessant. Ich trinke nur um ihr eins auszuwischen und merke nicht mal, dass ich mich nur wieder selbst zerstöre. Also muss ich jetzt Abschied nehmen.

„Mach's gut, Elena. Tut mir leid, dass ich nicht die Person sein kann, die du brauchst. Wenn ich dich nicht glücklich machen kann, dann niemanden.“

Mama wollte immer, dass ich in schweren Zeiten bete. Jetzt bete ich dieses kaputte, selbstzerstörerische Mantra herunter.

„Mach's gut, Elena. Tut mir leid, dass ich nicht die Person sein kann, die du brauchst. Wenn ich dich nicht glücklich machen kann, dann niemanden. Es tut mir leid, dass ich dich damals nach dem Begräbnis so aus meinem Leben ausgeschlossen habe. Ich konnte einfach nicht glauben, dass Papa jetzt wirklich tot ist.“

Das Mantra wird schlimmer. Aber leider wahr. Ich habe meinen Vater über alles geliebt, dann verloren und ich dachte, eine Familie zu gründen würde mich retten. Dachte selbst Vater zu werden könnte mich retten. Sie hat bemerkt, wie sehr ich gelitten habe. Als dieser eine Test dann positiv ausfiel, waren wir fast am Ziel. Ich dachte, ich wäre gerettet. Sie wollte mein Anker sein, mein Rettungsseil. Wir haben begonnen einen Raum orange auszumalen. Hell, glücklich und hoffnungsvoll. Als wir das Baby verloren hatten, begann sie den Raum in pink fertig zu streichen.

Auf meine Frage wieso erwiderte sie nur:

„Orange-pink wie eine verfickte bittersüße Grapefruit. Bittersüß, so wie die Erinnerungen an das Baby.“

Ich war noch nie zuvor so beeindruckt von ihr wie zu dieser Zeit. Ich war nie zuvor so eingeschüchtert von ihr. Ich weiß, sie wollte es auch. Sie wollte es für mich. Sie wollte mich heilen. Ich weiß, sie hat sich für mich diesem Kampf gestellt und verloren.

Die Nummer mit dem Beten klappt einfach nicht.

„Gott? Jesus? Ich habe euch halt schon gebraucht und genau wenn ich euch am meisten brauche, haut ihr einfach ab oder was? Also trinke ich. Ich ‘entspann’ mich mal. Ich bin wieder der Familien-Trunkenbold. Ich bin wieder eine Last für euch alle. Ich bin wieder eine Last...“

Ich versinke in der Couch im Wohnzimmer, die mit der komischen Textur, und schlafe komplett besoffen ein.

Beten ist nichts für mich. Aber für meine Mutter schon.

PRAGER JESUSKIND