Jemand, der nur ahnt, wie es ist - Dominik Schodl - E-Book

Jemand, der nur ahnt, wie es ist E-Book

Dominik Schodl

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Beschreibung

Wie fühlt es sich an, eine alleinerziehende Mutter zu sein? Ein Terrorist? Oder eine ältere Dame, die eine verheerende Diagnose bekommt? Ich habe keine Ahnung-, ich bin jemand, der nur ahnt, wie es ist. Aber ich versuche mich in Leute hinein zu versetzen, sie zu verstehen. Und ich schätze, das ist besser als nichts. "Jemand, der nur ahnt, wie es ist" umfasst 12 kurze Geschichten (plus Hörbuch), befasst sich mit 11 Schicksalen und mündet in der Erkenntnis, dass man sich manchmal Dinge und Gefühle nur vorstellen kann. Mutmaßungen, Vermutungen und manchmal vielleicht schlichte Unwissenheit- all das hier erhältlich als praktisches kleines Taschenbuch! Inkludiert im Preis: Hörbuch.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 43

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Für all die, die sich in andere Menschen versetzen

Für alle, die mich auf dem Weg ausgehalten haben

Für die, jetzt und hier nicht ausgebrannten

Ohne euch ginge nichts

DANKE.

Inhaltsverzeichnis

01. Nummern, die Namen sein sollten

02. Rouge Wave

03. Elendstourist

04. Mein Hals brennt Pt.1

05. Brennen

06. Nächster Halt: Klischeehölle-Mitte

07. Lass mich gehen

08. Die nasse Dirne

09. Reingeboren

10. Mein Hals brennt Pt.2

11. M.S.

12. Treibsand

Hörbuch

NUMMERN, DIE NAMEN SEIN SOLLTEN

So ein Radio dröhnt und wird nur von der Sprechanlage des Krankenhauses übertönt. Nummern, die eigentlich Namen sein sollten, werden aufgerufen. Nummern, die wie ein Kugelhagel geschossen kommen.

Deine ist nicht dabei. Du wartest.

Und deine Tochter hat bestimmt ihre Hände auf der Brust von so einem jungen Mann. Da sind wieder Flecken auf ihren weißen Schuhen, die du niemals rauskriegen wirst, aber egal. Es ist typisch für sie. Ist auch nicht das erste Paar dieses Jahr, das sie ruiniert. Du kriegst das wieder hin.

Du hörst Schreie durch den langen Korridor des Krankenhaus-Flügels hallen. Sie heben und senken sich wie Wellen. Du erinnerst dich an deinen letzten Urlaub. Weit weg. Zwischen den schreien und rufen da heulen fast schon beständig Sirenen von Krankenwägen und Maschinen. Irgendwer aktiviert den Fernseher und schaltet zu den Nachrichten. Als würde das gerade auch nur irgendjemand brauchen. Zu sehen ist wieder nur ein alter weißer Mann, dem irgendwas nicht passt und der deswegen mit Konsequenzen droht. "Mach’ nur", denkst du dir, mit fast schon einem Lächeln in dir drin. Du zeigst es nicht nach außen, weil du es unangebracht findest, hier zu lächeln.

Der Pausenraum der Angestellten ist leer gefegt, alle werden benötigt. Bestimmt auch deine Tochter. Sie kommt ganz nach dir. Immer an der Front. Sie hat jetzt bestimmt die Hände auf den Venen von so einer älteren Frau. Bestimmt noch mehr Flecken auf den weißen Schuhen. Typisch für sie.

Jemand wechselt den Sender. So leer wie der Pausenraum sind auch die Herzen, die in diesem Wartebereich blank gesaugt werden. Niemand will hier sein. Jeder muss hier sein. Ob aus freiem Willen oder aus Zwang. Du brauchst das alles ja eigentlich nicht. Du bist unverwundbar. Du machst das nur deiner Tochter zuliebe. Kannst damit auch alleine fertig werden. Was wissen die schon?

Im Fernseher läuft jetzt Michael Wendler gegen Oliver Pocher. Du schließt die Augen und träumst dich zu deinem letzten Urlaub zurück. Mit geschlossenen Augen klingt das rauschende Gebrabbel aus dem Fernseher wie eine vergnügte Menschenmenge bei dem Konzert deiner Lieblingsband. Du öffnest wieder die Augen. Oliver Pocher trägt ein Peniskostüm.

Du denkst zurück an die Hochzeit deiner Tochter. Wie du mitgeholfen hast. Wie du unentbehrlich warst. Wie glücklich ihr alle gewesen seid. Auch wenn das nicht für immer halten wird, die Momentaufnahme war schön. Du bist und bleibst für immer ein Teil davon. Du bist unverwundbar aber realisierst - das Leben ist nicht lang genug.

Deine Nummer dröhnt durch die Sprechanlage.

Dein T-Shirt wird rot bespritzt und du hältst dich fest. Du hältst dich fest an der Hand einer jungen Frau, die dein Blut braucht, weil sie es testen will. Was weiß die schon? Sie ist so fragil, kalt und alles läuft so beiläufig. Sie nimmt dir Blut ab, steckt Nadeln in dich und dann bist du wahrscheinlich noch nicht mal die letzte, der das heute passieren wird.

Ihr führt belanglosen Smalltalk. Du erzählst ihr von deinem letzten Urlaub. Wo du schon warst, wo du noch hinwillst. Sie erzählt dir, dass sie Fan von Michael Wendler sei. Es ist dir egal.

Du hältst noch immer ihre Hand. Zählst an ihren Fingern ab, in wie vielen Ländern du schon warst. Du willst noch so viel mehr. Für dich. Für sie. Deine Tochter hätte diesen Test viel besser durchgeführt. Hätte deine Hand viel besser gehalten. Es hätte nicht weh getan. Aber trotzdem hätte es Flecken auf ihren weißen Schuhen gegeben. Das schafft sie immer. Du kriegst sie immer raus.

Das Ergebnis kommt nach einer gefühlten Dekade. Überbracht von so einem Typen in weißem Kittel. Wahrscheinlich Arzt. Was weiß der schon? Du versuchst seine Körperhaltung, seine Mimik zu deuten, versuchst abzuschätzen, ob er dir gute Nachrichten oder katastrophale bringt, bis du dann beschließt, dass dir dieses Ergebnis sowieso egal ist. Dieses Ergebnis von irgendwelchen Tests wird dich nicht definieren. Deine Tochter definiert dich. Deine Tochter, die gerade, Gott verdammt nochmal egal welche Bewegung auch immer in welcher Körperregion auch immer macht, um einem anderen Menschen zu helfen, deswegen nicht hier sein kann. Du möchtest sie gar nicht hier haben. Andere brauchen ihre Hilfe dringender. Aber nicht du, du bist ja unverwundbar. Scheiß auf diesen Arzt im weißen Kittel. Was weiß der schon?! Scheiß auf diese Tinte aus so einem scheiß Drucker die scheiß Buchstaben und scheiß Zahlen auf so einem scheiß weißen A4-Blatt darstellen will (A4 ist übrigens auch ein Scheiss Format für einen Zettel).