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Fake Daddy auf Zeit - mit dem perfekten Plan kein Problem. Oder eine Riesendummheit?
Nach einer unerträglich schillernden Jugend hat Josslyn Smollett nur einen Lebensmittelpunkt, ihre Tochter. Und sie kämpft mit allen Mitteln dafür, dass es auch so bleibt. Aber dann kündigen ihre Eltern einen längeren Besuch an und das gesamte Konstrukt aus Notlügen, das sie und Emma seit dem Studium beschützt, droht zusammenzubrechen.
In ihrer Verzweiflung schüttet sie Phoenix Gardner das Herz aus, den sie seit geraumer Zeit regelmäßig im Park trifft, weil sein riesiger Broholmer und ihre zehnjährige Tochter sich abgöttisch lieben.
Der elf Jahre ältere Tierarzt mit den tätowierten Muskeln bietet an, vorübergehend Emmas Dad zu spielen, und zusammen entwerfen sie den perfekten Plan, um ihre Eltern zu überzeugen.
Nur hätte Josslyn nie mit dieser unwiderstehlichen Anziehungskraft zwischen ihnen gerechnet.
Für alle, die diese Tropes lieben:
*Spicy Romance*
*Fake Relationship*
*Age Gap*
*Single Mom*
*Secrets*
*Forced Proximity*
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Perfect Fake Daddy
Von Katie McLane
Buchbeschreibung:
Fake Daddy auf Zeit - mit dem perfekten Plan kein Problem. Oder eine Riesendummheit?
Nach einer unerträglich schillernden Jugend hat Josslyn Smollett nur einen Lebensmittelpunkt, ihre Tochter. Und sie kämpft mit allen Mitteln dafür, dass es auch so bleibt. Aber dann kündigen ihre Eltern einen längeren Besuch an und das gesamte Konstrukt aus Notlügen, das sie und Emma seit dem Studium beschützt, droht zusammenzubrechen.
In ihrer Verzweiflung schüttet sie Phoenix Gardner das Herz aus, den sie seit geraumer Zeit regelmäßig im Park trifft, weil sein riesiger Broholmer und ihre zehnjährige Tochter sich abgöttisch lieben.
Der elf Jahre ältere Tierarzt mit den tätowierten Muskeln bietet an, vorübergehend Emmas Dad zu spielen, und zusammen entwerfen sie den perfekten Plan, um ihre Eltern zu überzeugen.
Nur hätte Josslyn nie mit dieser unwiderstehlichen Anziehungskraft zwischen ihnen gerechnet.
-> Achtung, Spoiler! - Content Note
Hinweis: Bei sensiblen Leser:innen kann das Lesen dieser Geschichte negative Trigger auslösen. Das Buch enthält folgende explizite Triggerthemen: Ritzen, psychologische Beeinflussung (keine Beschreibung, nur Thematisierung). Falls du dir unsicher bist, wie hart deine sensiblen Themen hier getriggert werden, siehe lieber vom Lesen ab. Gern kannst du mich vorher über die sozialen Medien oder per E-Mail an [email protected] kontaktieren.
Über die Autorin:
Gestatten? Katie McLane. Musik im Blut, Pfeffer im Hintern, Emotionen im Herzen, prickelnde Geschichten im Kopf.
Ich lebe mit meiner Familie im Herzen NRWs und schreibe Romance für alle Sinne.
Meine Liebesromane drehen sich um dominante Männer und starke Frauen, die sich auf Augenhöhe Begnen. Sind voll prickelnder Leidenschaft, überwältigendem Verlangen und absoluter Hingabe. Vereinen intensives Knistern, süße Sehnsucht und tiefe Gefühle.
Und sie treffen mit all ihren Emotionen mitten ins Herz - bis zum Happy End.
Liebe Leser:in,
vielleicht hast du schon einmal
von dem Problem der eBook-Piraterie gehört.
Wie man es von den Songs der Lieblingsmusiker kennt, werden auch meine Bücher illegal im Internet angeboten.
Mit dem offiziellen Kauf dieses Buches unterstützt du nicht nur mich als Autorin, sondern aktiv auch den Kampf
gegen die unrechtmäßige Verbreitung von Romanen.
Vielen Dank dafür!
(Perfect Fakes 3)
Impressum
1. Auflage, 2024
© Katie McLane – alle Rechte vorbehalten.
Lektorat: Lektorat Franziska Schenker
Cover: Dream Design – Cover and Art, Renee Rott
Katie McLane
c/o easy-shop
K. Mothes
Schloßstr. 20
06869 Coswig (Anhalt)
www.katie-mclane.de
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Vervielfältigung und Verwertung, auch auszugsweise, ist nur mit schriftlicher Zustimmung der Autorin zulässig. Personen und Handlungen sind frei erfunden, etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Menschen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
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»Fake« – The Tech Thieves
»Viva Las Vegas« – ZZ Top
»Forget How To Love« – Meghan Trainor
»Straight To Hell« – Ozzy Osbourne
»I Can Do It With A Broken Heart« – Taylor Swift
»Pink« – Aerosmith
»Texas Hold ‘Em« – Beyoncé
»Rebell Yell« – Billy Idol
»I Won’t Give Up« – Kelly Clarkson
»High Enough« – Damn Yankees
»From The Jump« – James Arthur
»Let’s Get Rocked« – Def Leppard
»Belong Together« – Mark Ambor
»Ordinary World« – Duran Duran
»Only When I Breathe« – Jetlines
»Keep The Faith« – Bon Jovi
»Us.« – Gracie Adams feat. Taylor Swift
»Edge of Love« – Rob Moratti
Oder bei Spotify hören unter »Playlist zu ›Perfect Fake Daddy‹ «:
https://open.spotify.com/playlist/4GMRrJB6MHlCCgZclfg7hq?si=bPLavQAoS1KAhtQ3tNCp-Q
Ruf mich umgehend an, ich habe wundervolle Neuigkeiten.
Mit wachsenden Bauchschmerzen starre ich auf die Nachricht meiner Mutter.
Was sie als wundervoll bezeichnet, ist für mich meist das pure Grauen.
Vom legendärsten Goldflitter-Regen bis zu meinem Aufenthalt in der Jugendpsychiatrie vier Jahre später.
Wofür sie mir die alleinige Schuld zugeschoben hat.
Noch so etwas, das sich durch meine Existenz und unser Verhältnis zieht.
Doch zum Glück leben sie und mein Vater am anderen Ende des Landes.
Ich atme tief durch, schließe die App und betrachte zwei Sekunden lang das aktuelle Foto von Emma.
Ach, Mist, vermutlich wartet meine süße Tochter schon ungeduldig auf mich.
Eilig deaktiviere ich den Bildschirm, stecke das Telefon in meine Handtasche, die bereits im Korb liegt, und setze den Helm auf. Öffne das Kettenschloss und werfe es dazu, ziehe mein Fahrrad rückwärts aus dem Ständer und schiebe es aus dem Unterstand. Dann sitze ich auf und verlasse den Mitarbeiterparkplatz des Brooklyn Museum.
Der erste Teil meines Weges rüber zur nördlichsten Ecke von East Flatbush führt am Prospect Park entlang und ich genieße die entspannte Freitagnachmittagsstimmung. Es ist Ende April und das frühlingshafte Wetter, das seit Ostern vorherrscht, lässt die Bäume zu beiden Seiten der Washington Avenue ausschlagen. Doch auch hinter dem schmiedeeisernen Zaun erstrahlt alles in frischem Grün und die Sonnenstrahlen, die zwischen Blättern und Ästen hindurch warm mein Gesicht streicheln, heben meine Laune wieder.
Hinter dem botanischen Garten für Kinder biege ich nach Osten ab und trete ordentlich in die Pedale, um mit dem Verkehr mitzuhalten. Fahre eine Straße vorher Richtung Süden, umrunde den Block und schwenke in unsere Einbahnstraße ein.
Seitdem der Fahrradverkehr in New York gefördert wird und entsprechend zugenommen hat, erfolgen strengere Kontrollen. Und ich weiß definitiv Besseres mit meinem Geld anzufangen, als saftige Bußgelder zu bezahlen, nur weil ich entgegen der Fahrtrichtung oder auf dem Gehweg bis zu unserem Haus fahre.
Ich lehne mein Rad gleich beim Garagentor an die seitliche Mauer, hänge meinen Helm an den Lenker und schnappe mir die Tasche. Laufe die Einfahrt entlang, um das andere Ende der dort niedrigeren Steinwand herum zur Treppe und die Stufen zum Eingang in der ersten Etage hinauf.
»Hallo, Sonnenschein!« Gutgelaunt schließe ich die Haustür hinter mir und lege meine Handtasche auf das kleine Schränkchen neben der Garderobe. »Ich bin da-ha.«
»Hey, Mom, bin in der Küche.«
Überrascht hebe ich die Brauen, ziehe die Jacke aus und hänge sie an einen der freien Haken. »Hast du schon angefangen?«
»Klar!« Ihre Stimme klingt so selbstbewusst, dass ich lächle und eilig Wohnzimmer sowie Essbereich durchquere.
Zwischen Vorratskammer und Rückseite des Hauses befindet sich unsere kleine, u-förmige Küche und ich entdecke Emma an der kurzen Seite vor der Arbeitsfläche, mir den Rücken zugewandt.
Ich gehe hinüber, streiche ihr über die Schulter und drücke ihr einen Kuss aufs Haar. »Wie weit bist du denn?«
»Gerade erst angefangen.« Sie macht eine Blase aus ihrem Kaugummi, lässt sie zerplatzen und kaut hörbar weiter.
»Geht das bitte etwas leiser?«
Ein ständiges Thema zwischen uns.
Sie murrt, schließt aber den Mund.
Mein Blick gleitet über alle Zutaten für unsere Lieblingssandwiches sowie frisches Obst, das sie klein schneidet.
»Okay, dann wollen wir mal loslegen.« Selbst Schneidbrett und Messer liegen für mich bereit, also geselle ich mich zu ihr und nehme die ersten fünf Scheiben Toast aus der Packung. »Wie war es denn heute in der Schule?«
Schon überflutet sie mich mit Neuigkeiten und Klatsch, redet ohne Punkt und Komma auf mich ein. Und ich bemühe mich, dem Wortschwall zu folgen.
Eine Angewohnheit, die sie mit Eintritt in die Vorpubertät entwickelt hat und manchmal verdammt anstrengend sein kann.
Aber, hey, worüber will ich mich beschweren? Es könnte schlimmer sein.
Und insgesamt bin ich sehr stolz auf sie.
Unfassbar, dass sie schon zehn Jahre alt ist.
Seit ihrer Geburt bildet Emma meinen Lebensmittelpunkt und das ist im Laufe der Zeit durch verschiedene Umstände nur stärker geworden. Ich habe viel Scheiße für uns gemeistert, tue alles, um meiner Tochter ein gutes Leben zu bieten. Und vermutlich werden wir noch einiges zusammen durchstehen, bis sie nach der Schule in ihr eigenes Leben startet. Wie auch immer sie das gestalten will.
»Und bei dir, Mom?« Emma legt sämtliches Obst in eine Frischhaltedose und schließt den Deckel.
»Alles wie immer.« Ich nehme fünf weitere Scheiben Toast aus der Packung, bestreiche sie mit Frischkäse und drücke sie jeweils auf den Hügel aus Weißbrot, Hähnchenbrust, Käse, Salat, Tomate, Gurke und Zwiebel.
»Oh, Mist, ich muss noch eines für Whisky machen.« Eilig schnappt sie sich ebenfalls zwei Scheiben Toast, holt Erdnussbutter sowie Gelee aus dem Kühlschrank und bereitet das Sandwich zu.
Lächelnd schüttle ich den Kopf, halbiere unsere Sandwiches zu Dreiecken und staple sie in die größte Frischhaltedose. »Wir sind noch daran schuld, wenn er zu dick wird, und dann ist Phoenix sauer auf uns.«
»Quatsch! Er kann gar nicht dick werden, so viel wie er mit seinem Herrchen joggen geht.«
Kurz sehe ich den attraktiven Tierarzt und seinen riesigen Hund vor mir, die wir beim Proviant eingeplant haben. »Meinst du?«
»Ja-haa.«
»Kommt Chloe nachher auch?«
»Sie wusste nicht genau.«
»Okay, dann schreibe ich Kasey, sobald wir da sind.«
Ich schalte den Wasserkocher ein und hole meinen Maxi-Thermobecher aus dem Schrank. Stelle die beiden Dosen sowie das extra verpackte Toast für Whisky in eine isolierte Tasche, dazu eine große Flasche Wasser und reichlich Papierservietten. Dann fülle ich heißes Wasser in das doppelwandige Edelstahlgefäß und wende mich Emma zu. »Ich ziehe mich schnell um und mache mir einen Kaffee, dann können wir los.«
»Okay.«
»Bist du so weit startklar?«
»Ich gehe nur noch einmal zur Toilette.«
»Gute Idee.«
Sie läuft mir voraus und rechts herum, durch den Essbereich zum Gästebad.
Ich eile zur Treppe, hinauf in die erste Etage und geradeaus in mein Schlafzimmer, das zum Garten rausgeht. Dort tausche ich Stoffhose und Bluse gegen Jeans und Shirt sowie schicke Schuhe gegen Sneakers. Suche das Bad auf, das zwischen Emmas und meinem Zimmer liegt, und eile wieder hinunter.
Zurück in der Küche schalte ich die Kaffeekapselmaschine ein, kippe das Wasser aus dem Thermobecher und befülle ihn mit Vanille-Cappuccino.
Meine Tochter kommt herein, trägt bereits ihre Softshelljacke und den Fahrradhelm. »Ich hole schon mal mein Fahrrad aus der Garage.«
»Okay, aber pass …«
»… auf den Wagen auf. Schon klar, Mom.« Sie seufzt genervt.
Ich verziehe das Gesicht zu einem schiefen Lächeln. »Sorry. Manchmal vergesse ich, wie groß du schon bist.«
»Manchmal?« Mit theatralischer Geste verdreht sie die Augen, nimmt die isolierte Tasche von der Arbeitsfläche und stolziert hochnäsig hinaus.
»Diva!«, rufe ich ihr in spöttischem Ton nach.
»Du hast keine Ahnung.« Dieses Mal ist ihr Ton herablassend.
Und ich sehe genau vor mir, wie sie die passende klischeehafte Miene dazu verzieht.
Einer unserer typischen Wortwechsel, bei denen sie gern in verschiedene Rollen schlüpft, immer besser wird.
Wenn das so weitergeht, wird sie an der Middle School vermutlich bei der obligatorischen Theater-AG mitmachen wollen.
Schnell schalte ich die Maschine aus, leere den Müllbehälter und stelle ihn ausgespült auf den Ablauf neben der Spüle. Nehme meinen Kaffee, laufe zur Garderobe, schnappe mir Kapuzenjacke sowie Handtasche und verlasse das Haus. Schließe ab, aktiviere die Alarmanlage über die kleine Fernbedienung an meinem Schlüsselbund und eile die Treppe hinunter.
Emma wartet bereits, beide Hände am Lenker und die Tasche in ihrem Gepäckkorb. Folglich verstaue ich schnellstmöglich meine Sachen, setze den Helm auf und wende mein Fahrrad.
»Aufsitzen, Ms. Smollett!« Ich gebe meinen männlichen militärischen Befehlston zum Besten, ohne die Lippen zu bewegen, wir steigen auf und fahren los.
Da im Nachbarschaftspark das Fahrradfahren verboten ist, schieben wir unsere Räder das kurze Stück vom mittleren Seiteneingang bis zum ersten Durchgang zum Spielplatz. Sichern sie in einem Ständer und laufen mit unserem Gepäck zur üblichen Bankreihe am Rande eines Grünstreifens mit Bäumen.
Ich reihe Tasche und Kaffee mittig auf der nächsten freien Sitzfläche auf, Emma deponiert den Proviant daneben und wirft ihre Jacke dazu. »Ich schaue mal, wer schon alles da ist.«
»Mach das.« Kurz sehe ich ihr nach, lege meine Jacke über die eiserne Armlehne an einem Ende der Bank und setze mich. Hebe die Provianttasche auf den Boden, drapiere ihre Jacke darüber. Dann lehne ich mich zurück, trinke einen Schluck von meinem Kaffee und seufze zufrieden.
Endlich Wochenende!
Ich lasse den Blick umherschweifen und betrachte zuerst die bekannten Erwachsenen auf dem Platz. Eine Handvoll Eltern, einige grauhaarige Männer, vornehmlich an den steinernen Schachbretttischen, sowie Frauen, die mindestens zehn Jahre älter sind als ich.
Niemand Neues geschweige denn jemand in meinem Alter, wie immer.
Und die meisten Kinder kenne ich ebenfalls.
Ein friedliches, behagliches Gefühl breitet sich in mir aus und mit jedem Schluck schwinden die Gedanken rund um meine Arbeit sowie der dazugehörige Stress.
Da fällt mir Kasey ein und ich angle mein Smartphone aus der Handtasche, um ihr eine Nachricht zu schicken.
Ich: Kommt ihr noch zum Spielplatz?
Sie ist die Mutter von Emmas bester Freundin Chloe, wir kennen uns alle seit der ersten Klasse und auch zwischen uns Frauen ist eine innige Freundschaft entstanden, obwohl ich mit Ende zwanzig die jüngste Mutter unseres Jahrgangs bin.
Da sie nicht online geht, lege ich das Handy neben mir auf die Sitzfläche, leere allmählich meinen Becher und aktiviere das Display, sobald das Telefon vibriert.
Kasey:Sorry, das wird mal wieder nichts. Hängen mit Cedrick beim Kinderarzt fest, Verdacht auf Mandelentzündung. Und Garth kommt heute auch erst später.
Schon ist sie wieder offline, trotzdem schicke ich ihr ein trauriges Emoticon und gute Besserung für ihren Sechsjährigen. Schiebe das Smartphone in meine Gesäßtasche, verstaue den leeren Thermobecher in meiner Handtasche und stelle die neben unserer Provianttasche unter die Bank. Dann lehne ich mich erneut zurück, beobachte meine Tochter beim Spielen mit den anderen Kindern und entspanne mich.
»So, du Gauner.« Zufrieden umfasse ich das Gesicht des schwarzen Labradors mit beiden Händen und knete seine Ohren. »Fertig für heute.«
Der lächelt mich mit halb geschlossenen Augen an und hechelt voller Genuss.
Ohne aufzuhören, sehe ich zum Besitzer. »Die Spritze wird Vince gegen die Übelkeit helfen. Geben Sie ihm zwei Tage lang Schonkost, gekochte Hähnchenbrust mit Hüttenkäse und Reis. Aber nur kleine Portionen, egal, wie sehr er bettelt.«
Der ergraute Mann, der mit Vince zu meiner Stammkundschaft gehört, verzieht schuldbewusst das Gesicht. »Ich werde mich bemühen, Doc.«
Oh, Mann, ich weiß jetzt schon, wer seinen Willen durchsetzt.
Am Computer räuspert sich Fargo, mein junger tiermedizinischer Fachangestellter. »Und in zwei Wochen steht wieder die jährliche Impfung an, Mr. Jarvis. Der Termin ist fix, nicht vergessen.«
Der tippt sich mit dem Zeigefinger an die Schläfe und grinst. »Keine Angst, die grauen Zellen funktionieren noch ziemlich gut.«
»Wunderbar, dann sehen wir uns in zwei Wochen.« Ich betätige das Pedal und fahre den Behandlungstisch hinunter. Der Labrador springt auf den Boden, tappt zu seinem Herrchen und wartet schwanzwedelnd, bis er angeleint ist.
In der Zwischenzeit wasche ich mir die Hände, gehe zur Tür und lasse den beiden den Vortritt. »Schönes Wochenende, Mr. Jarvis.«
»Ihnen auch, Dr. Gardner.«
Fargo und ich folgen ihm bis zum Empfangstresen.
Hinter dem sitzt Luana. »Bye, Mr. Jarvis, schönes Wochenende.«
»Ihnen auch.« Er öffnet seinem Hund die Tür. »Komm, Vince, wir gehen jetzt erst einmal für dich einkaufen.«
Damit verlassen sie meine Praxis und ich wende mich meiner Assistentin zu. Da es kurz vor Feierabend und der Wartebereich leer ist, sehe ich sie fragend an. »Haben wir noch einen Patienten?«
Sie hebt vielsagend eine korrekt gezupfte Braue. »Paris und Ms. Townsend.«
Kurz presse ich die Lider zusammen, wechsle einen Blick mit Fargo.
Der zuckt mit den Schultern, streicht sich die dunkelblonden Locken halb zur Seite, die ihm gemäß Schnitt in die Stirn hängen, und grinst. »Ich könnte sie fragen, ob wir die Behandlung filmen dürfen, für Social Media. Nächste Woche brauchen wir eh frisches Material.«
»Nein, schon gut, ich werde es überleben.«
»Dass die aber auch nicht lockerlässt.« Verärgert schüttelt Luana den Kopf.
»Manche Menschen respektieren leider kein Nein.«
Fargo schnaubt. »Wenn du ihr das mal so deutlich sagen würdest! Aber dafür bist du echt zu charming.«
»Sie ist eine gute Kundin.«
»Die Alte hat Langeweile.«
»Und sucht etwas fürs Bett«, sagt Luana.
»Danke für eure Warnungen, aber das ist mir alles bewusst. Können wir jetzt bitte weitermachen? Danke.«
»Okay, aber denk daran, dass ich jetzt abhaue.«
Ja, manchmal bin ich vergesslich. Aber dass ihr ältester Sohn Louis heute Abend ein wichtiges Spiel mit seiner Basketball-Highschool-Mannschaft hat, konnte ich mir merken.
Ich nicke. »Die Daumen sind gedrückt, viel Erfolg.«
»Richte ich aus.«
»Von mir auch. Und schönes Wochenende.«
»Danke, Fargo.«
Mit einem aufmunternden Lächeln nicke ich ihm zu. »Und wir beide gehen jetzt in die Höhle der Löwin.«
Er grinst und folgt mir zum hinteren Behandlungsraum. »Wie gut, dass sie mich mit dem Arsch nicht mehr ansieht.«
Nein, seitdem er beiläufig seinen festen Freund erwähnt hat, lässt Ms. Townsend ihn in Ruhe.
Zum Glück. Immerhin ist sie in meinem Alter und ich bin 16 Jahre älter als mein Fachangestellter.
Wir erreichen die angelehnte Tür, eine Idee schießt durch meinen Kopf und ich öffne sie. Entdecke die elegant gekleidete Frau mit dem blonden Bob am Fenster, ihren Chihuahua auf dem Arm. »Hallo, Ms. Townsend. Was kann ich heute für Paris tun?«
»Ach, Dr. Gardner. Gott sei Dank haben Sie Zeit für uns.« Ihre Stimme ist ein übertrieben süßes Säuseln und sie klimpert dermaßen mit den Wimpern, dass ich befürchte, sie könnten sich lösen und abfallen.
»Setzen Sie Paris bitte auf den Tisch.« Per Fußpedal fahre ich den Edelstahltisch in die Höhe. »Und dann erzählen Sie mir, was los ist.«
Sie befolgt meine Anweisungen und berichtet mir von Symptomen, die ich schon nach der einfachen Beschau widerlegen kann.
Folglich begleite ich meine Arbeit hin und wieder mit einem neutralen Laut oder Ähnlichem, und lächle sie am Ende freundlich an. »Ich kann Sie beruhigen, Ihrem Hund geht es gut. Ich kann nichts Körperliches feststellen.«
Sie reißt die Augen auf. »Ist es vielleicht etwas Psychisches?«
Himmel, bei der Frau hätte ich es auch schnell an der Waffel.
»Nein, sie macht einen ganz normalen Eindruck. Vermutlich hat sie nur mal ein paar schlechte Tage. Oder ihre Hormone spielen verrückt, das kennen Sie bestimmt auch.«
Da funkelt es in ihren Augen auf und ihr Mund verzieht sich zu einem lasziven Lächeln. »Oh ja, Dr. Gardner. Und eigentlich gibt es da nur eins, was hilft.«
Ich gebe mich überrascht. »Wirklich?«
»Mh-hm.« Sie senkt die Hände auf ihren Chihuahua und gibt vor, ihn zu streicheln, aber am Ende verharren ihre Finger auf meinen. Mit der Zungenspitze leckt sie über ihre leicht geöffneten Lippen und ihr Blick verspricht mehr, als ich je sehen wollte.
Ich löse meine Hände von Paris, streichle ihr noch einmal über den Kopf. »Also, wenn bei meiner Verlobten die Hormone durchdrehen, braucht sie Liebesschnulzen und tonnenweise Eiscreme.«
Ihr entgleisen die Gesichtszüge. »Ihrer … Verlobten?«
Ich nicke und werfe Fargo einen Blick zu. »Hast du alles notiert?«
Seine Mundwinkel zucken. »Selbstverständlich.«
»Gut. Falls die Symptome sich in den nächsten beiden Wochen nicht bessern, kommen Sie und Paris wieder, dann untersuche ich Blut sowie Urin.«
»Ach, ich denke, das wird nicht nötig sein.« Mit einem Mal wirkt sie locker und völlig unbesorgt. »Sie behalten bestimmt recht.«
»Falls doch …«
»… melde ich mich. Vielen Dank, Doktor. Was bin ich Ihnen schuldig?«
»Meine Kollegin ist bereits weg, wir senden Ihnen die Rechnung zu und belasten die hinterlegte Kreditkarte.« Ich gehe zum Computer und warte, bis Fargo mit wenigen Klicks den Beleg erstellt hat. Sehe sie an und nenne ihr den Betrag.
»In Ordnung.« Ms. Townsend klemmt sich den kleinen Hund unter den Arm, drückt ihn an ihre Brust.
»Okay, dann wünsche ich Ihnen ein schönes Wochenende.«
»Danke, gleichfalls.« Sie rauscht an uns vorbei und zur Tür hinaus, so schnell können wir gar nicht reagieren. Und kurz darauf fällt auch die Praxistür ins Schloss.
Fargo und ich grinsen uns an, dann gehe ich zum Waschbecken und wasche mir die Hände.
»Schlauer Schachzug von dir.« Er schaltet Computer und Monitor aus. »Warum hast du nicht schon eher eine Verlobte erfunden?«
»Keine Ahnung, die Eingebung hatte ich erst vor der Tür.« Ich werfe die benutzten Papiertücher in den Mülleimer.
Zusammen treten wir auf den Flur hinaus, mein Assistent löscht das Licht im Behandlungsraum und läuft in den kleinen Personalraum hinüber, um die violettfarbene Praxis-Kleidung aus weiter Hose sowie Kasack gegen sein privates Outfit zu tauschen.
Ich selbst trage heute nur das Oberteil über Shirt und Jeans. Bleibe vor dem Wäschekorb stehen, streife es ab und stopfe es hinein. Kurz darauf landen auch Fargos Sachen in dem Stoffbeutel, ich binde ihn zusammen und stelle ihn für den Reinigungsservice neben das Gestell. Der kümmert sich nicht nur um die Sauberkeit in meiner Praxis, sondern montags auch um unsere Arbeitskleidung.
Zum Abschluss kontrollieren wir, ob sämtliche Geräte, Computer sowie Lichter ausgeschaltet sind. Verlassen das Tiefgeschoss meines Hauses, ich verriegle alles und aktiviere die Alarmanlage. Dann steigen wir die Stufen zum Gehweg hoch, verabschieden uns bis Montag und Fargo läuft Richtung Kreuzung davon.
Mit einem Seufzer umfasse ich das schmiedeeiserne Geländer der Treppe zum Hochparterre, schwinge mich herum und eile hinauf. Schließe die Haustür auf, werfe sie hinter mir wieder ins Schloss. »Whisky!«
Keine Reaktion, alles bleibt still.
Also gehe ich die Treppe hoch, um meine Laufkleidung anzuziehen.
Mein sechsjähriger Broholmer liegt vor dem Flur zum Schlafzimmer und sein kurzes hellbraunes Fell verschmilzt fast mit dem farblich passenden Parkett. Er hebt den großen Kopf, schaut mich aus friedvollen bernsteinfarbenen Augen an, öffnet das Maul ein wenig und lächelt.
Was ich erwidere. »Hi, Kumpel! Na, wie war dein Nachmittag?« Oben angekommen beuge ich mich über ihn, kraule ihm Kopf und Hals. Woraufhin er sich auf die Seite legt und den Hinterlauf hebt, damit ich ihm die Schenkelinnenseite kraule.
Natürlich hocke ich mich hin, tue ihm den Gefallen und rubble mit der anderen Hand seine Brust. Zum Abschluss tätschle ich seine Seite und erhebe mich. »Wie sieht’s aus? Startklar für unsere abendliche Laufrunde?«
Da er mich nur anstarrt, steige ich über ihn hinweg, gehe ins Schlafzimmer und ziehe mich um. Tappe auf Socken wieder nach unten, packe alles Wichtige in meinen Laufgürtel und trinke ein Glas Wasser. Zurück im Eingangsbereich schnüre ich meine Schuhe und rufe Whisky mit einem Pfiff zu mir.
Sogleich spurtet er die Treppe herunter, setzt sich vor mich hin und wartet.
Ich schnappe mir die entsprechende Leine, verlasse mit ihm das Haus und sichere es.
Mein Hund wartet auf dem Gehweg, wo ich ihn anleine und das andere Ende um meine Taille lege. Dann marschieren wir strammen Schrittes links um unseren Block herum und zum Eastern Parkway, der jeweils von einem breiten Fußgängerweg flankiert wird. Dessen Begrünung nutzt Whisky für seine Geschäfte, die ich zwischen meinen Aufwärmübungen beseitige. Zwei Blocks weiter überqueren wir den Parkway gen Süden und ich ziehe das Tempo an, sobald wir den Lincoln Terrace Park betreten.
Eine gute Stunde lang joggen wir kreuz und quer oder in Runden durch den nördlichen Teil. Machen kurze Trinkpausen, wobei ich ihn Wasser aus meiner hohlen Hand schlabbern lasse, und schlagen schließlich den Weg zum Spielplatz ein.
Dort lasse ich Whisky noch einmal aus meinen Händen trinken, wasche mir mit dem Rest die Hände sowie das Gesicht und fülle an einem Trinkbrunnen meine Flasche auf.
Zu schade, dass es keine mobilen Näpfe gibt, die groß genug für meinen Hund sind und sich so zusammenklappen lassen, dass sie in einen Laufgürtel passen.
Am Ende nehme ich die Leine in die Hand und spaziere mit ihm zu den Bänken hinüber, damit er seine kleine Freundin treffen kann.
Ich entdecke Emma und ihre Mutter am Rand der Reihe, wo sie zusammensitzen und Obststücke aus einer Frischhaltedose naschen.
»Hallo, ihr beiden.« Lächelnd bleibe ich neben ihnen stehen und mein Hund setzt sich direkt vor das blonde Mädchen.
»Hi.« Josslyn hebt eine Hand zum Gruß.
»Whisky!« Hastig stellt Emma die Dose zwischen ihnen ab, beugt sich vor und schlingt die Arme um seinen kräftigen Nacken.
Und er lehnt sich an sie.
Erstaunlich.
Ich löse die Leine von meiner Taille und befestige sie an der schmiedeeisernen Armlehne.
Whisky erfüllt fast alle Eigenschaften, die einen Broholmer ausmachen. Er ist ruhig, gelassen, selbstbewusst und beschützt seine Familie, falls ihr Gefahr droht.
Allerdings besitzt er auch einen verdammt eigenwilligen Charakter, der sich zum Beispiel darin zeigt, dass er sich nur von wenigen Personen streicheln oder kraulen lässt.
Mit Emma hingegen war es letzten Sommer Liebe auf den ersten Blick.
»Ich habe dir etwas mitgebracht.« Sie lässt ihn los, beugt sich zu einer isolierten Tasche hinab, die auf dem Boden steht, und zieht etwas heraus. Hält es hoch und sieht mich an. »Ich habe ihm extra dieses Sandwich gemacht, mit Erdnussbutter und Gelee. Darf ich ihm das geben?«
Wie zur Unterstützung dreht mein Hund den Kopf und schenkt mir einen typischen Hundeblick. Die ersten Sabberfäden bilden sich unterhalb seiner Lefzen.
Und natürlich werde ich schwach, denn die Konstellation aus diesen beiden trifft einen Nerv, ganz tief in meinem Innern.
Also seufze ich und bin froh, dass er ausreichend Bewegung hat und ich ihn artgerecht ernähre. »Ja, ist okay.«
»Oh, danke, Phoenix!« Voller Begeisterung entfernt sie die Verpackung, hebt die freie Hand und zeigt ihm die Innenfläche. »Gib mir fünf.«
Sogleich schlägt er ein und seine Pfote ist größer als ihr Handteller.
»Prima! Guten Appetit.« Sie hält ihm das Sandwich hin, er nimmt es vorsichtig und isst mit lautem Schmatzen.
Welch ein Genießer.
Ich beginne das Cool-down, stretche sämtliche Muskeln und beobachte das Mädchen mit meinem Hund.
Der Anblick berührt einen wunden Punkt in mir, das kenne ich bereits.
Meistens schiebe ich es einfach zur Seite, doch in den letzten Monaten war es gelegentlich stärker und auch heute scheint ein solcher Tag zu sein.
Ach, Fuck, ich sollte das Thema endlich abhaken. Der Zug ist abgefahren.
Kurz vor Ende meiner Abschlusseinheit legt Whisky sich schließlich hin.
Emma tätschelt seinen Kopf. »Ja, genau. Du machst jetzt ein Nickerchen und ich gehe noch ein bisschen spielen. Bis gleich.« Damit schnappt sie sich einen Apfelschnitz und rennt davon.
Josslyn sieht ihr nach und seufzt. »Gott, so viel Energie hätte ich auch gern.«
»Harte Woche?« Ich schüttle Arme und Beine aus, setze mich neben sie.
»Ziemlich, ja. Meine schwangere Kollegin hat am Freitag ihren letzten Arbeitstag und es muss noch so viel übergeben werden.«
»Also hat euer Chef bisher keinen adäquaten Ersatz gefunden.«
Sie verzieht das bildschöne Gesicht und streicht sich eine der langen hellblonden Locken zurück, die sich aus ihrem lässigen Zopf gelöst hat. »Nein.«
»Ich erlebe das auch an jeder Ecke und in meiner Praxis, gutes Fachpersonal ist schwierig zu bekommen.« Ich ziehe die Wasserflasche aus meinem Gürtel und trinke, werfe meinem schlafenden Hund einen Blick zu.
»Lass uns lieber von angenehmeren Dingen sprechen.«
Aus dem Augenwinkel sehe ich ihre Bewegungen, höre viermal lautes Knacken, und kurz darauf hält sie mir eine offene Dose mit Sandwiches hin. »Möchtest du?«
»Mh, danke.« Ich lächle sie an, nehme mir ein Dreieck. Beiße hinein, kaue und stoße einen genussvollen Laut aus. »Hast du eigentlich eine Geheimzutat? Die sind immer so verdammt lecker.«
Da zwinkert sie mir zu und grinst, ein Funkeln in den blaugrauen Augen. »Die sind mit Liebe gemacht.«
»Ah!« Ich lache leise. »Das Essen einer Mom. Jetzt verstehe ich, warum es bei mir nie so gut schmeckt wie bei meiner Mom oder Granny. Kennst du das auch?«
Ihre Mundwinkel sacken ein Stück nach unten. »Meine Mutter kann nicht kochen, wir hatten eine Haushälterin.«
Überrascht schlucke ich den letzten Bissen hinunter.
»Umso mehr freue ich mich, dass es dir schmeckt. Also bedien dich, es ist genug da.« Sie stellt die Dose zwischen uns auf die Bank. »Und wie war deine Woche? Irgendwelche interessanten Patientinnen oder Patienten?«
»Abgesehen von Paris und ihrem Frauchen vorhin?« Ich grinse schief.
Was sie erwidert. »Mein Beileid.«
»Danke. Okay, lass mich überlegen …« Gedankenverloren greife ich in die Dose.
Genauso wie Josslyn.
Unsere Finger berühren sich und ich ziehe sie automatisch zurück. »Sorry.«
»Ist doch nichts passiert.« Lächelnd nimmt sie ein Sandwich.
Fuck, woher kommt dieses angenehme Gefühl?
Das bildest du dir nur ein.
Ja, vermutlich.
Ich blinzle. Greife ebenfalls zu, beiße ab und besinne mich beim Kauen auf ihre ursprüngliche Frage. »Hm, eigentlich gab es diese Woche nichts Ungewöhnliches, nur das übliche Geschäft.«
»Auch nicht im chiropraktischen Bereich?«
»Doch, ja. Eine Dobermann-Hündin mit so vielen Blockaden, dass sie vor Schmerzen nur noch gewinselt hat. Ich frage mich heute noch, wie ihr Halter sämtliche Zeichen übersehen konnte.«
»Was denn zum Beispiel?«
»Du weißt doch, ein Hundehintern muss beim Laufen wackeln, der Körper ist locker und geschmeidig. Aber bei ihr war nichts davon der Fall.« Ich schildere ihr die Auswirkungen der verschiedenen Blockaden und wie ich sie behandelt habe. »Am Ende hat sie mich zum Dank abgeschleckt.«
Josslyn lacht. »Kein Wunder, wenn du ihr die Schmerzen genommen hast.«
»Gott, ja! Sie vorher beim Laufen zu beobachten, war für mich fast genauso schmerzhaft. Umso besser, dass ich ihr helfen konnte.«
»Du liebst deinen Job sehr, oder?«
Ich sehe sie an. »Tue ich.«
»Merkt man. Und ich mag es, wie du darüber sprichst. Wie sehr dir die Tiere am Herzen liegen. Das wollte ich dir schon immer mal sagen.«
Nun zucke ich mit den Schultern.
Diese Form von Wertschätzung höre ich nur selten und seltsamerweise machen ihre Worte mich verlegen.
Ein leises Telefonklingeln ertönt und sie beugt sich zu ihrer Handtasche hinunter. Zieht ihr Smartphone hervor, schaut auf das Display und ihre Miene erstarrt.
Nach dem fünften Mal runzle ich die Stirn. »Willst du nicht drangehen?«
»Eigentlich nicht.« Trotzdem atmet sie tief durch, strafft die Schultern. Setzt ein Lächeln auf und nimmt den Anruf an. »Hallo, Mutter.«
Und ihrer Stimme ist die Anspannung deutlich anzuhören.
»Josslyn! Ich hatte um einen Rückruf gebeten.«
Der unmissverständliche Tadel in ihrer Stimme treibt meinen Puls in die Höhe.
»Tut mir leid, aber im Gegensatz zu dir habe ich einen Job. Und danach gab es andere Prioritäten.«
Sie schnaubt und ich sehe vor mir, wie sie missbilligend die Lippen schürzt.
»Wie auch immer. Welche Neuigkeiten sind denn so wundervoll, dass sie keinen Aufschub dulden?«
»Es geht um Emmas Abschluss an der Elementary School im Juni. Wir werden dabei sein.«
Schock explodiert in meiner Brust, rast in alle Richtungen durch meinen Körper.
Gefolgt von Panik, die mir die Luft abschnürt.
Ich schlucke hart. »Oh. Das ist aber … schön.«
»Nicht wahr? Dein Vater hat einen Geschäftstermin in Boston und wenn wir schon an der Ostküste sind, können wir euch endlich mal besuchen.« Sie seufzt theatralisch. »Ich kann es kaum erwarten, Emma in die Arme zu schließen. Immerhin ist es viele Jahre her, dass du mit ihr bei uns warst.«
Und zwar aus gutem Grund.
»Wann genau wollt ihr denn kommen? Wie lange bleibt ihr? Und habt ihr schon ein Hotel? Wir haben leider kein Gästezimmer.«
»Mach dir keine Umstände, Dads Assistentin wird etwas in Manhattan buchen. Gibt es eine Abschlussfeier?«
»Ja, eine kleine.«
»Gut, schick mir die Daten. Wir haben eine Woche eingeplant, rund um Emmas letzten Tag.«
Eine Woche? Wie soll ich das alles bewerkstelligen?
Die Panik wächst.
»Josslyn?«
Ich blinzle. »Ja, ähm. Okay, mache ich gleich.«
»Und ein Foto von Emma. Wo seid ihr gerade, es ist so laut.«
»Auf dem Spielplatz.«
»Hm. Kein Musikunterricht oder Ähnliches?«
Nun kocht Wut in mir hoch. »Nein, Mutter. Daran hat sie kein Interesse.«
Wieder schnaubt sie. »Hier geht es nicht um Emmas Interessen, sondern darum, ihre Talente zu fördern.«
Zur Wut gesellen sich Sorge und der Drang, meine Tochter vor ihr zu beschützen.
Im Gegensatz zu mir soll sie ihre Kindheit genießen.
»Glaub mir. Ich tue alles für Emma, was nötig ist.« Ich quetsche die Worte durch meine Zähne, halte meine negativen Gefühle mühsam unter Kontrolle.
»Ganz, wie du meinst. Aber darüber können wir uns ja persönlich unterhalten. So, und jetzt muss ich mich für eine Cocktail-Party fertigmachen. Denk an die Daten und das Foto.«
»Natürlich.«
»Bis bald.«
Ich öffne den Mund, um mich ebenfalls zu verabschieden, doch sie hat bereits aufgelegt.
Aufgewühlt nehme ich das Telefon vom Ohr und starre einen Moment auf das schwarze Display. Lege das Smartphone neben mir auf die Bank, fahre mir mit beiden Händen übers Gesicht und stöhne. »Fuuuck!«
»Alles okay?«
Ich zucke zusammen, sehe Phoenix an.
Scheiße, ihn habe ich komplett ausgeblendet.
Automatisch öffne ich den Mund, zögere. »Ja. Nein.«
Er hebt eine der schwarzen Augenbrauen. »Klingt, als hättest du kein gutes Verhältnis zu deiner Mutter.«
»Weder zu ihr noch zu meinem Vater.«
»Und du würdest am liebsten verhindern, dass sie herkommen.«
»Ist das so offensichtlich?«
»Ja.«
Ich verschränke die Arme vor der Brust und schaue zu dem Spielgerät hinüber, auf dem Emma sich mit zwei anderen Mädchen austobt. Beiße die Zähne zusammen und kämpfe gegen die Verzweiflung an, die mich zu überwältigen droht.
Unvermittelt brennen Tränen in meinen Augen.
Verfluchte Scheiße, noch einmal. Warum ausgerechnet jetzt?
»Hey, was ist denn los?« Er streicht über meine Schulter und seine Stimme ist so sanft, dass ich mich nicht mehr zurückhalten kann.
Mir entfährt ein Jammerlaut.
Woraufhin Whisky aufspringt, zu mir kommt und die Schnauze auf meinem Schenkel ablegt.
Ich blinzle die Tränen fort, lächle schief und kraule sein Ohr.
»Falls dir etwas auf der Seele brennt, was du loswerden möchtest …«
Dankbar sehe ich Phoenix an. »Das ist lieb, aber … Ach, keine Ahnung, in meinem Kopf herrscht totales Chaos. Es ist alles so kompliziert und scheiße. Ich weiß nicht einmal, wo ich anfangen soll.«
Was tust du da?Du wirst noch alles zerstören, was du mühsam aufgebaut hast.
»Wie wäre es am Anfang?«
Der Wunsch, mich ihm anzuvertrauen, bis zu einem gewissen Punkt, wird stärker.
Ich habe nur wenige Freunde und keiner kennt meine ganze Geschichte, höchstens die Hälfte. Den zwangsläufigen Teil, über Emma und mich.
Der Tierarzt hingegen ist ein Bekannter, mit einer speziellen Distanz, und wenn ich –
»Meine Eltern wollen uns besuchen, zu Emmas letztem Schultag.« Die Worte sprudeln schneller aus mir hervor, als mir lieb ist.
»Okay. Und was daran ist so schlimm?«
»Ich will sie nicht hier haben.«
»Weil?«
»Weil –« Ich presse die Lippen zusammen und versuche, es dieses Mal zurückzuhalten.
Vergeblich.
»Weil dann alles zusammenbricht und sie mir Emma wegnehmen.«
»Das ist doch Quatsch.« Er runzelt die Stirn. »Oder?«
Ich schlucke, schüttle den Kopf.
Sehe die Verwirrung in seinen grünblauen Augen.
»Tut mir leid, aber das musst du mir erklären.«
»Wie gesagt, es ist … kompliziert.«
»Also möchtest du nicht darüber reden.«
»Doch, ich … vermutlich mache ich das schon zu lange mit mir selbst aus. Dabei habe ich immer geahnt, dass mein Kartenhaus eines Tages in sich zusammenfällt.«
»Welches Kartenhaus?«
»Das, welches ich für meine Eltern konstruiert habe, aus Halbwahrheiten und Notlügen. Damit sie uns in Ruhe lassen.«
Phoenix nimmt die Hand von meiner Schulter, sieht mich ernst an. »Okay, raus damit. Wo liegt das Problem?«
Scheiße, wo soll ich nur anfangen, ohne zu viel zu verraten?
Ich überlege fieberhaft, schaue in Whiskys warme, bernsteinfarbene Augen.
Was mich so weit beruhigt, dass ich meine Gedanken sortieren und filtern kann.
Schließlich atme ich tief durch, streichle ihm ein letztes Mal über den Kopf und sehe seinen Besitzer an.
»Um es kurz zu machen – ich hatte keine schöne Jugend. Aus diversen Gründen. Und erst mit meinem Auszug fürs Studium konnte ich mich dem direkten Einfluss meiner Eltern entziehen. Ich bin daran gewachsen, aber die ungeplante Schwangerschaft hat mir auch klargemacht, wie wenig Ahnung ich vom Leben habe. Was mir am Ende egal war. Ich habe mein Baby vom ersten Tag an geliebt, genauso wie ihren Vater. Drei Jahre hat er es mit uns ausgehalten, dann ist er gegangen und ich habe nie wieder etwas von ihm gehört.«
»Einfach so?«
Ich nicke.
»Welch ein Wichser.« Sein Gesicht zeigt echten Zorn, was mir gefällt. »Ich hoffe, du hast Unterhalt für Emma eingeklagt.«
»Ja, läuft alles über das Amt hier.«
»Gut.«
»Aber er zahlt nicht.«
»Dieser …« Er grollt.
»Tja. Und von da an musste ich improvisieren.«
»Weil du nun allein warst.«
»Nein. Das Single-Mom-Dasein war für mich nie ein Problem, ich habe immer alles irgendwie hinbekommen. Allerdings haben meine Eltern mir bei unserem letzten Besuch dort unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass sie unsere inadäquate Beziehung nur tolerieren, weil wir zusammenleben. Und dass sie eine Hochzeit erwarten. Da war Emma zwei Jahre alt.«
»Seitdem habt ihr euch nicht mehr gesehen.«
»Nein.«
»Und Emmas Vater?«
»Der hat zu dem Zeitpunkt keinen Urlaub bekommen.«
»Also kennen sie ihn gar nicht?«
»Nein.«
Er runzelt die Stirn. »Heißt das, sie wissen nichts davon, dass er abgehauen ist?«
Ich zucke mit den Schultern und nicke.
»Okay, verstanden, aber …« Er kneift die Augen zusammen, fixiert mich und in seinem Kopf arbeitet es sichtlich. »Willst du mir damit sagen, dass sie dir Emma deswegen wegnehmen würden?«
»Genau.«
»Wie soll das gehen? Du bist die leibliche Mutter.«
»Mein Vater hat Mittel und Wege.«
»Was?«
Schon der Gedanke treibt mir die nächsten Tränen in die Augen und ich wende mich ab, schlinge die Arme mich.
»Erklär’s mir, bitte.«
Ich brauche einen Moment, um mich zu fangen, und atme zittrig ein. »Meine Eltern sind erzkonservativ und komplett altmodisch, daher auch meine beschissene Jugend. Darüber hinaus ist mein Vater ein hohes Tier in der Öl-Industrie und besitzt politischen Einfluss. Er muss nur mit den Fingern schnippen, dann bekommen sie das Sorgerecht für Emma. Und wenn ich versuchen würde, sie noch länger von uns fernzuhalten, drehen sie uns zur Warnung den Geldhahn zu.«
»Wovon redest du? Ich dachte, du arbeitest im Brooklyn Museum.«
»Was lediglich für unser Leben reicht. Es gibt einen Fonds, der eigentlich mir gehört und aus dem ich nur einen monatlichen Betrag erhalte. Keine Ahnung, wie sie es geschafft haben, auch nach meiner Volljährigkeit die Oberhand zu behalten und ihn zu verwalten.«
Und wenn ich ihnen nach Emmas Geburt nicht mit den Medien gedroht hätte, wäre diese Quelle vermutlich damals schon versiegt.
»Um dich unter Kontrolle zu behalten.«
Ich nicke, ringe um Beherrschung. Presse einen Moment die Handballen auf meine Augen und schniefe. »Gott, ich wünschte, mein Ex würde wenigstens zu seiner Tochter stehen. Aber ich weiß nicht einmal, wo er ist.«
»Und was, wenn es anders wäre?«
»Dann würde ich ihn bitten, meinen Eltern für diese eine Woche eine heile Welt vorzuspielen.« Ich wische mir über die Augen, lege den Kopf in den Nacken. »Ist es wirklich zu viel verlangt, in Ruhe gelassen zu werden? Das Leben führen zu dürfen, das ich mir wünsche?«
»Nein. Jeder Mensch hat ein Recht darauf. Niemand sollte seine Wünsche oder ihre Bedürfnisse zurückstellen oder unterdrücken müssen.«
Seine Stimme klingt so ernst, dass ich ihn irritiert mustere.
Von seinem kurzen schwarzen Haar, das an den Schläfen die ersten Zeichen von Grau zeigt, über den Dreitagebart bis hin zu seinem schlanken, aber muskulösen Oberkörper.
Ja, Phoenix sieht verdammt gut aus, seine Tierarzt-Praxis befindet sich in seinem eigenen Haus und bisher hat er immer einen glücklichen Eindruck auf mich gemacht.
Was natürlich täuschen kann, immerhin weiß ich nur wenig von ihm.
Seine Bemerkung zeigt mir jedoch, dass auch er ein Päckchen zu tragen hat.
»Genau.« Ich fische ein Papiertaschentuch aus meiner Handtasche, schnäuze mich und stecke es wieder weg. »Könntest du ein Auge auf Emma haben? Ich müsste mal kurz zu den Waschräumen.«
»Klar, kein Problem.«
»Danke.« Ich stehe auf, eile hinüber. Spritze mir kaltes Wasser ins Gesicht, richte mich wieder her.
Am Ende schaue ich mir in die Augen und seufze. »Scheiße, hättest du mal den Mund gehalten.«
Auf dem Rückweg lege ich mir ein paar Worte zurecht, doch stattdessen steigen Scham und Verlegenheit in mir auf, sobald ich ihn sehe.
Deshalb umrunde ich seinen Hund, der wieder vor seinen Füßen liegt, und kehre wortlos auf meinen Platz zurück, biete ihm noch einmal die Sandwiches an.
»Danke, für mich nichts mehr.«
»Tut mir leid für diesen Gefühlsausbruch, ich wollte dich mit meiner Geschichte nicht nerven.«
»Blödsinn, du hast das gebraucht. Dafür musst du dich nicht entschuldigen.«
»Dann vielen Dank für deine Geduld und dein offenes Ohr. Hat gutgetan.« Ich verschließe die Dose wieder und stelle sie in die Isoliertasche, das Obst obendrauf. Anschließend nehme ich die Wasserflasche heraus und trinke einige große Schlucke.
»Hast du denn schon eine Idee, was du machen willst, wenn deine Eltern kommen?«
»Nein. Aber bis dahin bleiben mir zehn Wochen, da wird mir hoffentlich etwas einfallen.«
»Und falls nicht?«
Mein Magen verkrampft sich, Übelkeit steigt in mir auf und das Atmen fällt mir erneut schwer.
Als ob eine eisige Klaue sich um meine Kehle schließt und langsam zudrückt.
»Keine Ahnung.«
Da neigt er den Kopf, betrachtet mich eingehend und in seinen Augen blitzt etwas auf, das ich nicht zu deuten weiß.
»Hallo, Whisky!« Emma hüpft fröhlich heran, hockt sich neben den Hund und krault ihn.
Woraufhin er das Hinterbein hebt.
Lachend schaut sie zu Phoenix. »Warum macht er das eigentlich?«
Der grinst. »Er liebt es, wenn man ihm die Schenkelinnenseite krault.«
»Du bist ja komisch.« Sie wendet sich Whisky zu und erfüllt ihm den Wunsch.
»Tiere haben genauso seltsame Angewohnheiten wie mancher Mensch, vor allem Hunde und Katzen. Manche übernehmen es sogar von ihren Frauchen oder Herrchen. Da habe ich schon die lustigsten Dinge erlebt.«
»Zum Beispiel?«
Phoenix überlegt kurz und berichtet von witzigen Details, die uns zum Lachen bringen und mich von meinem elterlichen Problem ablenken.
»Dabei fällt mir auf, dass ich euch noch gar nichts von meinem Social-Media-Auftritt erzählt habe. Man findet mich neuerdings auch bei Instagram und TikTok.« Er sieht von Emma zu mir.
»Zeigst du da etwas aus deiner täglichen Arbeit?«
»Ja, genau. Falls ihr Lust auf süße Tiere und interessante Videos habt, schaut doch mal rein. Doc P.«
»Können wir das bitte machen, Mom?« Meine Tochter steht endlich vom Boden auf, klopft sich den Hintern ab.
»Bestimmt.«
»Super. Und jetzt muss ich zur Toilette.« Damit rennt sie um die Bank herum und Richtung Häuschen.
Ich blicke ihn an und schmunzle. »Danke für die unterhaltsame Ablenkung.«
»Immer gern.«
Einen Moment sehen wir uns schweigend an, dann stupst er mit der Fußspitze gegen Whiskys Hinterpfote. »Komm, du faule Socke. Ab nach Hause.«
Sofort steht sein Hund auf, schüttelt sich und wedelt erwartungsvoll mit dem Schwanz.
»Bleibt ihr wenigstens, bis Emma wieder da ist, damit sie sich verabschieden kann?«
»Sicher.« Phoenix erhebt sich, löst die Leine von der Bank und kürzt das Ende zu einer Handschlaufe ein.