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Perikles, Prinz von Tyrus (engl. Pericles, Prince of Tyre) ist ein Drama von William Shakespeare. Das Stück handelt vom Schicksal des Pericles, der auf der Flucht vor der Rache des König Antiochus an der Küste von Pentapolis strandet und dort die Prinzessin Thaisa heiratet. Thaisa stirbt vermeintlich auf einer Schiffsreise bei der Geburt ihrer Tochter Marina, ihr Sarg wird im Meer versenkt und sie wird von einem Wunderarzt in Ephesus aus ihrem todesähnlichen Zustand wiedererweckt. Marina wächst bei Pflegeeltern auf, wird als junge Frau von diesen bedroht, von Piraten entführt und in ein Bordell in Mytilene verkauft. Sie entkommt von dort, trifft ihren Vater wieder und beide werden mit Thaisa vereint, die als Priesterin in Tempel von Ephesus lebt.
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Seitenzahl: 90
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William Shakespeare
Perikles
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Perikles
Erster Akt
Zweiter Akt
Dritter Akt
Vierter Akt
Fünfter Akt
Impressum neobooks
Gower tritt auf als Vorredner.
GOWER.
Zu singen, was Vorzeit vernahm,
Vom Tode der alte Gower kam,
Nahm an menschlich Gebrechlichkeit,
Daß er Euch Aug' und Ohr erfreut;
Dies sang man wohl bei Festgelag,
Quatember und auch Feiertag,
In alten Tagen Mann und Weib
Las dieses auch zum Zeitvertreib;
Vor Hochgemüt flieht so Bekümmernus,
Et bonum quo antiquius eo melius.
Kann Euch, geboren in spätern Tagen,
Bei reiferm Witz mein Reim behagen,
Kann, was ein alter Mann mag singen,
Vergnügen, wie Ihr's wünschet, bringen,
Wünscht' ich mir Leben, daß ich's fein
Verbraucht' um Euch wie Kerzenschein. –
Antiochus, der Große, diese Stadt
Zum Hauptsitz sich erbauet hat,
Die schönst' im ganzen Syrer-Land
(Wie ich es in den Büchern fand).
Der König nahm ein Weib fürwahr,
Sie starb, ein Töchterlein gebar,
Ganz lustsam, schön und rot und weiß,
Geschmückt von Gott mit allem Fleiß.
Davon der Vater ward gerührt,
Und zur Blutschande sie verführt.
Schlimm Kind, und bös'rer Vater, eigen Blut
Zu reizen, daß es also übel tut!
Gewohnheit bald sie dahin bracht,
Daß es nicht Sünde ward geacht't.
Mit Schönheit zog das sünd'ge Weib
Dahin wohl manches Fürsten Leib,
Der sie erwählt zum Bettgenoß
Und zu der Eh'lust Spielgenoß;
D'rum ließ er ein Gesetz nun walten,
Zu schrecken, sie für sich zu halten,
Daß, wer nicht, der sie gehrt zum Weib,
Sein Rätsel riet, verlör' den Leib.
Um sie manch Held gab auf sein Leben,
Wie dort die Häupter Zeugnis geben:
Was noch erfolgt, soll Euch vor Augen leben,
Die können dann am besten Zeugnis geben.
Geht ab.
Antiochus, Fürst Perikles und Gefolge.
ANTIOCHUS.
Von Tyrus junger Prinz, du kennst nun ganz
Wie hochgefährlich sei, was du beginnst.
PERIKLES.
Antiochus, mich führt ein solcher Geist,
Von ihrer Schönheit hohem Ruhm entzündet,
Daß Tod mich nicht im Wagestück entsetzt.
ANTIOCHUS.
Musik führ' unsre Tochter her, im Brautgewand,
Geschmückt wie für des hohen Jovis Bett;
Als sie empfangen, bis Lucina herrschte,
Gab ihr Natur die Mitgift, sie zu zieren,
Daß jeglicher Planet zu Rate saß,
Die höchste Trefflichkeit in ihr zu wirken.
Die Tochter des Antiochus kommt.
PERIKLES.
Sie kömmt, wie Frühlingsglanz, die Königin,
Von aller Anmut, ihrem hohen Sinn
Dient jeder Preis, der Menschen herrlich macht:
Im Angesicht, dem Buch der Schönheit, liest
Man nur die feinste Lust, als sei von dort
Der Gram vertilgt auf immer, mürrisch Zürnen
Auf ewig unbekannt dem heitern Blick.
Götter, die ihr in Liebe herrscht, mich schuft,
Die ihr in meiner Brust Begier entzündet,
Die Frucht von jenem Himmelsbaum zu kosten,
Zu sterben im Mißlingen, seid behülflich,
Wie ich als Sohn und Diener euch gehorche,
So schrankenlose Wonne zu umfassen.
ANTIOCHUS.
Fürst Perikles –
PERIKLES.
Der Sohn sein will Antiochus dem Großen.
ANTIOCHUS.
Es steht vor dir der Hesperiden Garten,
Mit goldner Frucht, gefahrvoll zu berühren,
Denn Drachen, Tod dräu'nd, entsetzen dich;
Ihr himmlisch Antlitz reizt dich, anzuschau'n
Zahllose Wonnen, die Verdienst erringt,
Verdienstlos aber, weil dein Aug' im Fürwitz
Dahin gestrebt, stirbt alles mit dem Auge.
Schau dort berühmte Fürsten, einst wie du
Vom Ruf gelockt, sich wagend durch Begier:
Es sagt die stumme Zung', ihr bleicher Schein,
Daß sie, bedeckt allein vom Sternenfeld,
Hier Märt'rer steh'n in Amors Schlacht gefällt;
Mit toten Wangen raten sie Entweichen
Dem Todesnetz, das alle muß erreichen.
PERIKLES.
Antiochus, viel Dank, daß du mich lehrst,
Wie meine schwache Menschheit sich erkennt,
Daß ich bei diesen Schrecknissen bereite
Mich selbst zu dem, was mich, wie sie, betrifft;
An Tod gedenken, heißt im Spiegel schau'n,
Wie Leben Hauch und Irrtum ihm vertrau'n;
Drum an mein Testament; wie Krank' in When
Die Welt erkennen, Himmel vor sich seh'n,
Und nicht, wie sonst, nach Erdenfreuden haschen;
Dir, allen Edlen sei des Friedens Gut,
Den sollte wünschen jedes Fürsten Mut,
Mein Reichtum sei der Erde, die ihn gab,
Doch dir die reine Flamme meiner Liebe.
Bereitet so zu Leben oder Tod,
Erwart' ich nun den Schlag, Antiochus,
Vorsicht verschmähend; laß das Blatt mich lesen.
ANTIOCHUS.
Gelesen, nicht erklärt, ist es beschlossen,
Du hast, wie diese hier, dein Blut vergossen.
DIE TOCHTER.
Was du gesagt, sei dir zum Glück beschert,
Was du gesagt, das wünsch' ich dir zum Heil.
PERIKLES.
Ein kühner Ritter tret' ich in die Schranken,
Von keinem Sinnen sonst mehr Rat erforschend,
Als nur von Mut und Treue.
Liest das Rätsel.
Ich nähre mich, nicht Viper zwar,
Vom Mutterfleisch, die mich gebar;
Den Mann sucht' ich, in dem Bemüh'n
Des Vaters Liebe mir erschien,
Er Vater, Sohn ist und Gemahl,
Ich Mutter, Weib und Kind zumal;
Wie das geschieht, da zwei wir sind,
Wollt Ihr nicht sterben, sagt geschwind.
Das letzt' ist bitt'rer Trank. – Gabt ihr, ihr Mächte!
Des Menschen Tun zu sehn, dem Himmel tausend Augen,
Wie wölken sie nicht immerdar die Blicke?
Ist wahr, was mich im Lesen hier erbleicht? –
Dich liebt' ich, schön Kristall! Nun stirbt der Wille,
Der reiche Schrein ist nur der Gräuel Hülle;
Ja, jetzt empört dagegen sich mein Herz.
Kein Mann von Tugend folgt so schwachem Rat,
Daß, weiß er Sünde drin, dem Tod er naht;
Schön bist du, Laute, und dein Sinn die Saiten,
Du würdest, recht gerührt, Musik ertönen,
Daß Himmelsgötter kämen, dir zu lauschen;
Doch nun, da du gespielt vor deiner Zeit,
Tanzt Hölle nach dem Ton der Heiserkeit.
Fahr' hin, du kümmerst mich nicht mehr.
ANTIOCHUS.
Nicht angerührt, mein Fürst, bei deinem Leben!
Denn das ist ein Artikel unsrer Satzung,
Wie jenes, tödlich. Deine Zeit ist um,
Nun lös' es, oder laß dein Urteil sprechen.
PERIKLES.
Monarch! Ungern hört man die Sünde, gern getan,
Ich schölte Euch zu arg, wenn ich es sagte:
Wer in ein Buch verfaßt, was Kön'ge tun,
Verschließt es sichrer wohl, als er es zeigt;
Erzähltes Laster fährt wie Wind dahin,
Bläst Staub in andrer Augen, sich verbreitend;
Doch ist es endlich nur erkauft zu teuer,
Der Hauch verweht, das kranke Aug' sieht freier,
Und scheut die Luft; der blinde Maulwurf hügelt
Gen Himmel, klagt, die Erde sei bedrückt
Von Menschen, dafür stirbt der arme Wurm.
Ein Fürst ist Erdengott, Gesetz wird sein Verbrechen:
Schweift Zeus auch aus, wer wird von ihm als Sünder sprechen?
Genug schon, daß du's weißt, es will sich schicken,
Das, was bekannt verschlimmert, zu ersticken.
Den Leib liebt jeder, der uns Nahrung gibt,
Vergönnt, daß so ihr Haupt die Zunge liebt.
ANTIOCHUS.
O Himmel! Hätt' ich doch dein Haupt! Er fand den Sinn;
Doch will ich mit ihm heucheln. – Junger Fürst,
Obgleich nach unsrer strengen Satzung Kraft,
Da deine Deutung fälschlich ausgefallen,
Wir deine letzte Stunde könnten messen;
Doch Hoffnung, die so schönem Baum entsprießt,
So edlem Stamm, hat anders uns gestimmt;
Wir gönnen Euch noch vierzig Tage Frist,
Entschleiert das Geheimnis in der Zeit,
Die Güte zeigt, daß Ihr als Sohn uns freut;
Bis dahin wird man Euch hier unterhalten,
Wie's Eurer Her' und Eurer Würde ziemt.
Sie gehn ab.
PERIKLES allein.
Wie Höflichkeit die Sünde gern bedeckte
Dann gleicht dem Heuchler die gescheh'ne Tat,
Der Gutes nichts, als nur den Anschein hat;
Denn wär' es wahr, daß ich hier falsch erklärt,
So hättet Ihr so schändlich nicht befleckt
Die Seelen mit blutschänderischem Greuel;
Wo du nun beides, Vater bist und Sohn,
Dein eigen Kind gottlos in Armen hältst,
(Die Freude, die dem Mann, nicht Vater ziemt)
Und sie sich nährt von ihrer Mutter Fleisch,
Da sie das elterliche Bett entehrt,
Und beide Schlangen gleich, die schöne Blüten
Genießen, und doch tödlich Gift nur brüten.
Fahr' wohl, du Stadt, denn Weisheit lehrt, daß wer
Nicht Taten, dunkler als die Nacht, vermied,
Nichts scheuen wird, daß sie das Licht nicht sieht;
Denn eine Sünde weckt die andre auch,
Mord ist Nachbar der Lust, wie Flamm' und Rauch.
Gift und Verrat sind wohl der Sünde Hände,
Ja, Schilde auch, die Schande abzuhalten:
Um euch zu rein'gen, dient euch wohl mein Tod,
Drum flieh' ich die Gefahr, die mich bedroht.
Geht ab.
Antiochus tritt auf.
ANTIOCHUS.
Er fand den Sinn, und drum sind wir gesinnt
Sein Haupt zu haben.
Er soll nicht leben, meine Schande zu posaunen,
Der Welt zu sagen, daß Antiochus
In Sünde lebt so schwarzer Art.
Drum sterbe dieser junge Prinz alsbald,
Denn nur sein Tod ist meiner Ehre Halt. –
Ist niemand draußen?
Thaliard kommt.
THALIARD.
Ruft wohl Eure Hoheit?
ANTIOCHUS.
Thaliard, du bist mein Kämmerer, mein Geist
Vertrautsein Inn'res deiner Schweigsamkeit,
Und deiner Treue halb erhöh' ich dich;
Thaliard, sieh, hier ist Gift, und hier ist Gold,
Ich hasse den von Tyrus, töte ihn.
Ich will nicht, daß du um die Ursach' fragst;
Dir genüge: ich befahl es. Ist's getan?
THALIARD.
Es ist getan, mein König.
ANTIOCHUS.
Nun genug.
Ein Bote kommt.
ANTIOCHUS.
Kühl' deinen Atem, sage deine Eil.
BOTE.
Geflohen ist Prinz Perikles.
ANTIOCHUS.
Wie du
Das Leben liebst, ihm nach! Und wie ein Pfeil
Aus eines guten Schützen Hand das Ziel
Unfehlbar trifft, so kehre du nicht wieder,
Wenn du nicht sagst, Fürst Perikles ist tot.
THALIARD.
Mein Fürst, kommt er mir nah nur auf Pistolenschuß,
Treff ich ihn sicher. Lebet wohl, mein König.
Geht ab.
ANTIOCHUS.
Leb wohl. Bis Perikles nicht mehr am Leben,
Kann meinem Haupt das Herz nicht Hülfe geben.
Geht ab.
Perikles, Helicanus, andere Lords.
PERIKLES.
Es stör' uns niemand. –
Wie muß denn diese Wandlung der Gedanken,
Befreundet mit blödäugiger Melancholie,
Ein steter Gast mir sein? Daß keine Stunde,
In Tages frohem Glanz, in stiller Nacht,
(Dem Grab der Sorge) Ruhe mir gewährt?
Hier schmeichelt Lust dem Aug', mein Auge flieht sie;
Dräu'nde Gefahr ist dort zu Antiochien.
Zu kurz scheint wohl sein Arm, mich hier zu treffen;
Doch kann die Lust nicht meinen Geist erfreu'n,
Noch kann die Ferne jenes Trost gewähren;
Natürlich ist's, die Leidenschaft der Seele,
Die anfangs schwanger von Befürchten wird,
Bekommt von Sorge Nahrung dann und Leben;
Erst ist es Furcht, was wohl geschehen möchte,
Nun älter, Sorge, daß es nicht geschieht.
So ist's mit mir. – Antiochus der Große,
Den zu bestreiten ich zu klein nur bin,
Setzt durch in Übermacht, was er nur will,
Er meint, ich spreche, schwör' ich gleich zu schweigen;
Mir frommt nicht, daß ich sag', ich ehre ihn,
Hat er Verdacht, ich möchte ihn entehren;
Was ihn erröten mag, wird es bekannt.
Rät Wegräumung, wodurch es wird bekannt,
Er wird das Land mit Heerskraft überziehn',
Und so gewaltig schau'n im Maß des Krieges,
Daß das Entsetzen allen Mut verscheucht.
Mein Volk besiegt, noch vor dem Widerstand,
Gestraft der Untertan, der nie beleidigt.
Aus Sorg' um sie, aus Mitleid nicht mit mir,
(Der ich den Wipfeln nur der Bäume gleiche,
Die Schirm den Wurzeln sind, durch die sie wachsen)
Mein Leib die Qual, die Seele Angst gewinnt,