Perry Rhodan 100: Der Zielstern - K.H. Scheer - E-Book

Perry Rhodan 100: Der Zielstern E-Book

K.H. Scheer

5,0

Beschreibung

Eine neue Epoche der Weltraumfahrt bricht an - und Forschungskreuzer FANTASY geht auf große Fahrt... Hallo, liebe PERRY-RHODAN-Freunde! Anläßlich des zweiten Jubiläumsbandes dieser SF-Reihe, die ja eigentlich keine "Reihe" ist, sondern ein großangelegter Zyklus, der in utopischer Form die Weiterentwicklung der Menschheit zum Inhalt hat, wollen wir ein paar persönliche Worte an Sie richten, die Sie als treue Leser schon längst verdient haben. Lassen Sie uns danken für das große Interesse, das viele von Ihnen durch Verbesserungsvorschläge, thematische Anregungen und auch Kritiken bezeugten, die in vielen Hunderten von Briefen an den Verlag ihren Niederschlag fanden. Lassen Sie uns auch versichern, daß das Team der PERRY-RHODAN-Autoren und die Redaktion sich alle Leserbriefe - auch die nichtbeantworteten - sorgfältig zu Gemüte geführt und nach Wegen gesucht haben, um die Reihe noch besser als bisher zu gestalten. Sollten uns künftig kleine Unzulänglichkeiten unterlaufen, so möchten wir Sie, liebe PERRY-RHODAN-Freunde, schon im voraus bitten, uns dies unter dem Motto: Errare humanum est! oder: selbst Roboter sind nicht perfekt! zu verzeihen. Herzliche Grüße! die PERRY-RHODAN-Autoren und die SF-Redaktion des Moewig-Verlages I. A. Günter M. Schelwokat (Original-Vorwort von 1963)

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Nr. 100

Der Zielstern

Eine neue Epoche der Weltraumfahrt bricht an – und Forschungskreuzer FANTASY geht auf große Fahrt ...

von K. H. SCHEER

Hallo, liebe PERRY-RHODAN-Freunde!

Anlässlich des zweiten Jubiläumsbandes dieser SF-Reihe, die ja eigentlich keine »Reihe« ist, sondern ein großangelegter Zyklus, der in utopischer Form die Weiterentwicklung der Menschheit zum Inhalt hat, wollen wir ein paar persönliche Worte an Sie richten, die Sie als treue Leser schon längst verdient haben.

Lassen Sie uns danken für das große Interesse, das viele von Ihnen durch Verbesserungsvorschläge, thematische Anregungen und auch Kritiken bezeugten, die in vielen Hunderten von Briefen an den Verlag ihren Niederschlag fanden.

Lassen Sie uns auch versichern, dass das Team der PERRY-RHODAN-Autoren und die Redaktion sich alle Leserbriefe – auch die nichtbeantworteten – sorgfältig zu Gemüte geführt und nach Wegen gesucht haben, um die Reihe noch besser als bisher zu gestalten.

Sollten uns künftig kleine Unzulänglichkeiten unterlaufen, so möchten wir Sie, liebe PERRY-RHODAN-Freunde, schon im voraus bitten, uns dies unter dem Motto Errare humanum est! oder selbst Roboter sind nicht perfekt! zu verzeihen.

Herzliche Grüße!

die PERRY-RHODAN-Autoren und die

SF-Redaktion des Moewig-Verlages

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Administrator des Solaren Imperiums.

Leutnant Brazo Alkher – Er lässt sich seine Koffer tragen.

Dr. Arno Kalup – Ein fähiger Hyperphysiker – und ein Choleriker.

Oberst Jefe Claudrin – Kommandant des Forschungskreuzers FANTASY.

Reginald Bull – Perry Rhodans Freund und Vertrauter.

Gucky – Der Allround-Mutant ist ihre letzte Starthilfe.

Auris von Las-Toór

1.

»Das würde ich an Ihrer Stelle nicht tun, Mister!«

Alfo Zartus fuhr zusammen. In verkrampfter Haltung blieb er stehen. Seine Hand umklammerte die Zahnprothese, als handle es sich um das Griffstück einer gefährlichen Waffe.

»Umdrehen, Hände über den Kopf erheben und das Gebiss fallen lassen«, ordnete die gleiche, unpersönlich klingende Stimme an, die Zartus aus seiner heimlichen Tätigkeit aufgeschreckt hatte.

Er lauschte den Worten nach und versuchte dabei, den Standort des Sprechers ausfindig zu machen.

Dicht vor Zartus glitt das breite Förderband der vollautomatischen Zubringerstation XVIII lärmend über die spiegelblanken Laufrollen. Die auf dem Band liegenden Aggregate waren Teilprodukte eines ferngesteuerten Waffenschwenkarms der geheimen Einbauserie LA-185-GEZO-III, bestimmt für die Außen-Drehkranzkuppeln von Schweren Kreuzern der Terraklasse.

Das Besondere an den Konstruktionen waren die neuartigen Feldgleitlager, mit denen die im absoluten Vakuum ständig auftretenden Schmierprobleme endgültig überwunden worden waren.

Alfo Zartus blickte sich wie gehetzt um. Es war niemand zu sehen. Der schmale, langgestreckte Gang bot keine Versteckmöglichkeiten. Lediglich die stabilen Tragfüße des Laufrollengerüstes wären eventuell dazu geeignet gewesen, einem Mann Deckung zu bieten.

Zartus folgte seinem Instinkt. Mit einer raschen Handbewegung schob er die Oberkieferprothese in den Mund. Für einen Augenblick fühlte er den schmerzhaften Druck des Mikrofilmbehälters, der sich bei dem hastigen Einsetzen verschoben hatte. Verzweifelt begann Zartus mit der Zunge zu arbeiten, bis die ausgehöhlte Saugplatte in die charakteristischen Linien seines Gaumens hineinglitt und dort Halt fand. Das Druckgefühl verschwand.

Aufatmend, in unbewusster Reaktion unsicher lächelnd, richtete sich der kleingewachsene Mann auf. Langsam erhob er die Hände.

»Tüchtig, Mister«, sagte jemand spöttisch. »Wie Sie das können! Sie sollten im Zirkus auftreten.«

Zartus wusste, dass er verloren war, wenn man ihn in diesem Sektor der automatischen Bandstraße erwischte. Der irdische Mond hatte sich im Laufe der letzten 57 Jahre erheblich verändert, besser gesagt: er war verändert worden!

Genau betrachtet, war der Trabant zu einer einzigen, ineinander verschachtelten Raumschiffswerft nach arkonidischem Vorbild geworden. Die größte Bauleistung der Menschheit war erst wenige Monate zuvor vollendet worden. Seitdem liefen auf dem Mond die Fertigungsbänder, die von relativ wenigen Steuerstationen beherrscht wurden.

Zartus glaubte zu wissen, dass er von einem Fernsehauge entdeckt worden war. Hier gab es überall Überwachungseinrichtungen. Wenn es aber so war – und eine andere Möglichkeit gab es nicht, wie es sich Zartus selbst einzuhämmern versuchte! –, so konnte man kaum bemerkt haben, was er in einer Zahnprothese verborgen hatte. Dazu kam die Tatsache, dass er nirgends eine Fernbildkamera sehen konnte. Wieso aber war man so genau über seine Maßnahmen informiert?

Er blickte sich nochmals um. Er dachte an seine Aufgabe, die Mikrokamera unter der Bodenplatte seiner Armbanduhr und außerdem an den Lunaren Sicherheitsdienst, einer Nebenabteilung der Solaren Abwehr.

Wenn er mit Kamera und Film gefasst wurde, war seine Laufbahn als Planungsingenieur für robotgesteuerte Zubringerstraßen beendet!

Dann drohten Verhöre, Gerichtsverhandlung, Degradierung und eine sicherlich langjährige Zuchthausstrafe oder gar Zwangsarbeit auf einem entfernten, luftleeren Satelliten.

Perry Rhodan, Erster Administrator des Solaren Imperiums, hatte sich vorbehalten, bei staatsgefährdenden Spionagefällen persönlich den Vorsitz zu übernehmen.

Der Gedanke an das Kriegsgericht – denn er stand unter Kriegsrecht! – ließ Alfo Zartus die klare Überlegung verlieren. Nochmals sah er sich um. Den warnenden Ruf überhörte er.

Mit einem halberstickten Schrei schwang er sich unter Aufbietung all seiner Kräfte auf das Förderband, wo er sofort zu Fall kam. Mit hoher Geschwindigkeit wurde er auf den schmalen Durchlass im Fels zugetragen.

Dahinter begann Montagehalle 136, in der die aus allen Richtungen ankommenden Teilprodukte zu einem Großaggregat zusammengebaut wurden.

»Sind Sie wahnsinnig geworden!«, hörte er die Stimme des unbekannten Sprechers. »Springen Sie ab, so hören Sie doch – Sie sollen abspringen! Lebensgefahr! Mann, springen Sie doch!«

Zartus lachte gegen seinen Willen. Er krallte seine Fingernägel in den griffigen Rillenbelag des Kunststoffbandes, ertrug das Holpern der Gleitrollen mit einem unterdrückten, schmerzhaften Stöhnen und versuchte überdies, darüber nachzudenken, wie er aus Halle 136 entkommen konnte.

Der Unbekannte rief immer noch, aber die Worte waren schon nicht mehr verständlich.

Alfo Zartus kam eben zu der Erkenntnis, die belastenden Unterlagen irgendwie vernichten zu müssen, als er von den stählernen Greifern einer robotgesteuerten Schwenkvorrichtung erfasst und nach oben gerissen wurde.

Zartus schrie in höchster Not. Plötzlich erkannte er, dass die Warnrufe des Unbekannten kein Trick gewesen waren.

Der kleine Mann wurde durch die Felsöffnung gezerrt und durch die Luft gewirbelt. Nur schemenhaft bemerkte er die aufgleitende Öffnung der Spritzisolationsmaschine, in der größere Halbfertigteile mit einem säure- und temperaturunempfindlichen Kunststoffbelag überzogen wurden.

Hinter den Stahltoren flammte es in heller Rotglut. Das Thermoplast wurde in flüssigem Zustand und unter 1256 Grad Celsius von zahlreichen Hochdruckdüsen aufgesprüht.

Der Robotgreifer war erbarmungslos. Er konnte nicht zwischen totem Material und einem menschlichen Körper unterscheiden.

*

Oberst Hildrun, Chef des Lunaren Sicherheitsdienstes im Sektor F-81, legte die Personalakten des Planungsingenieurs Alfo Zartus, geboren am 22. Juni 2062 in Lowman, Idaho, zur Seite.

Düster betrachtete er den vor seinem Schreibtisch stehenden Sergeanten von oben bis unten. Als sein Blick auf die Schock-Waffe im offenen Gürtelhalfter des Wachmannes fiel, runzelte sich seine Stirn noch stärker. Mit dem ausgestreckten Zeigefinger deutete er auf den Strahler. Hildruns Stimme klang scharf: »Und das – was ist das? Hatten Sie etwa angenommen, wir hätten Ihnen eine Mausefalle oder sonst etwas mitgegeben? Warum haben Sie Zartus nicht mit einem Schockschuss betäubt? Er war doch nahe genug vor Ihnen, oder?«

Der junge Sergeant war blass. Steif stand er vor seinem Vorgesetzten. Die anwesenden Offiziere des Wachsektors F-81 sagten nichts. Der Fall war durchaus nicht so klar, wie ihn Hildrun zu sehen schien.

»Jawohl, Sir, das schon«, stammelte der Soldat des Sicherheitsdienstes. »Ich hatte meinen Deflektorschirm eingeschaltet, und Zartus konnte mich nicht sehen. Ich wollte ihn nicht betäuben. Die Dienstvorschriften verbieten die Anwendung von Schockstrahlern, wenn es nicht unbedingt notwendig ist. Mir aber schien es nicht erforderlich zu sein. Der Spion war klein und schwach gebaut. Ich hätte ihn mühelos überwältigen können. Warum hätte ich den Mann verletzen sollen?«

Oberst Hildrun erhob sich. Polternd glitt der Schreibsessel nach hinten. Mit auf dem Rücken verschränkten Händen schritt der Kommandeur zum Getränkeautomaten hinüber.

»Ach, Sie wollten ihn nicht verletzen! Dafür aber haben Sie ihn in den sicheren Tod geschickt, nicht wahr?«

»Sir, ich hatte mit dem Sprung nicht gerechnet. Es geschah zu schnell. Als Zartus erst einmal auf dem Band lag, wollte ich nicht mehr schießen.«

»Warum nicht?«

»Weil die Förderanlage schneller läuft als ich rennen kann, Sir. Hätte ich den Techniker betäubt, wäre es ihm unmöglich gewesen, im letzten Augenblick abzuspringen. Es war seine letzte Chance. Ich habe ihm zugerufen, dass hinter der Maueröffnung die Isolationsmaschine steht. Er hörte nicht auf mich. Was hätte ich tun sollen, Sir?«

Oberst Hildrun drehte sich um. In der Hand hielt er einen Becher mit dampfendem Kaffee.

»Können Sie beweisen, dass Sie ihm eine Warnung nachgerufen haben?«

Der Sergeant des Wachkommandos sah sich hilfesuchend um. Ein Leutnant der Überwachungstruppe meinte dazu: »Die Tonbandaufnahmen liegen vor, Sir. Wir haben die Fernüberwachung eingeschaltet, als Sergeant Rodzyn mit seinem Helmsender das Alarmzeichen gab. Er hat tatsächlich gerufen, sehr laut sogar.«

Wortlos stapfte Hildrun zu seinem Schreibtisch zurück. Den Becher setzte er so heftig ab, dass das Getränk überschwappte.

»Ihr Glück, Rodzyn, Ihr Glück! Wieso kamen Sie überhaupt auf die Idee, dem Spion allein in den Transportraum zu folgen?«

»Ich hatte Zartus schon einige Zeit beobachtet, Sir. Ich wollte ihn auf frischer Tat ertappen, weshalb ich ihm auch im Schutze des Deflektorfeldes nachging. Er machte wieder Aufnahmen mit seiner Uhrkamera. Ich stand dicht dabei und wartete ab. Anschließend nahm er den Mikrofilm heraus, löste seine Zahnprothese und versteckte die winzige Spule in einer genau passenden Öffnung der Gaumenplatte. Da sprach ich ihn an. Er war wie erstarrt, und außerdem wirkte er völlig hilflos. Sir, mit dem Sprung auf das Transportband hatte ich einfach nicht gerechnet. Ich konnte ihn nicht mehr festhalten.«

Hildrun sah zu den Offizieren seines Stabes hinüber. Sergeant Rodzyn wartete atemlos.

»Schön, geben Sie Ihre Aussagen zu Protokoll. Sie sind vorerst vom Dienst beurlaubt. Sind Sie sich darüber klar, dass ich den Fall dem Abwehrchef melden muss?«

Rodzyn nickte unsicher. Augenblicke später verließ er das Chefzimmer. Im Vorraum suchte er sich eine Sitzgelegenheit und ließ sich erschöpft darauf niedersinken.

Vergeblich versuchte er, die schreckliche Szene aus seinem Gedächtnis zu verbannen. Das verzerrte Gesicht des kleinen Mannes tauchte immer wieder vor seinem geistigen Auge auf.

»Es war ein Unfall, Rodzyn«, sagte ein vorübergehender Offizier. »Gehen Sie in Ihr Quartier und bereiten Sie sich auf das Protokoll vor. Sie sehen erbärmlich aus.«

»Ich komme mir auch erbärmlich vor, Sir«, entgegnete der S-Mann mit trockenen Lippen. »Sir, darf ich etwas fragen?«

»Bitte!«

»Wie soll das nun weitergehen? Ich konnte doch nichts dafür.«

»Das wissen wir. Wenn Sie Pech haben, zieht die Geschichte weite Kreise. Es existiert eine Dienstvorschrift, wonach solche Fälle dem Administrator persönlich zu melden sind. Sie wissen doch, dass er die Mondwerften wie seinen Augapfel hütet.«

Sergeant Rodzyn hielt den Atem an. Entsetzt sah er den Offizier an.

»Sie ... Sie meinen Perry Rhodan, Sir?«

»Kennen Sie einen anderen Administrator? Wenn Sie vor ihm erscheinen müssen, dann schildern Sie den Fall in aller Offenheit. Ein Vergehen kann man Ihnen kaum zur Last legen. Es war ein Unfall, wie gesagt. Gehen Sie nun und legen Sie endlich den Kampfanzug ab.«

2.

Brazo Alkher starrte mit fiebrig glänzenden Augen auf den unscheinbar wirkenden Einwurfschlitz der Kontrollautomatik.

Das Gerät zur Überprüfung der auf schmalen Kunststofffolien verankerten Individualdaten wirkte in seiner Massigkeit beängstigend. Brazo Alkher, Leutnant der Solaren Flotte, durch einen geheimnisvollen Befehl abkommandiert zur Lunabasis, fühlte sich seit einigen Stunden ununterbrochen bedroht.

Nach seiner Landung auf dem Mond war er elfmal von Soldaten des Sicherheitsdienstes nach dem Woher und Wohin befragt worden.

Man hatte sich nach seinem Werdegang erkundigt, sich für Eltern und Großeltern interessiert und anschließend zu wissen verlangt, was er, Brazo, künftig zu tun gedenke.

Brazo war somit von einem Erregungszustand in den anderen geglitten, wie er bei sich selbst dachte.

Bei der Gelegenheit hatte er zum ersten Male die Chance erhalten, die gewaltigste Flottenbasis der Menschheit zu bewundern. Er wusste, dass der Mond im Laufe der letzten 57 Jahre zu einem Himmelskörper der Raumschiffswerften und Waffenfabriken geworden war. Praktisch gesehen, war der Erdtrabant nach und nach ausgehöhlt worden. Auf der Oberfläche selbst war kaum etwas von jener Mammutindustrie zu bemerken, die man mit modernsten Mitteln und unter riesigen Kosten unter der toten Kruste errichtet hatte.

Nur die großen Raumhäfen lagen oben – und die Panzerkuppeln der kosmischen Abwehrfestungen.

Es hatte dreizehn Stunden gedauert, bis Brazo endlich an seinem Ziel angekommen war, doch dann hatte sich ein neues Hindernis in seinen Weg gestellt.

Brazo Alkher, ein hochgewachsener, schlaksiger Mann von dreiundzwanzig Jahren, umkrampfte seine wenigen Gepäckstücke noch fester, als sich eine silbrig glänzende Haube auf seinen Schädel niedersenkte.

Geduldig ertrug er die Tortur der Hirnschwingungsmessung, die natürlich ein wesentlicher Bestandteil der Robotüberprüfung war. Wenn den menschlichen Wächtern noch etwas entgangen sein sollte: der Robot würde es herausfinden.

»Gepäck absetzen«, knarrte es aus einem Lautsprecher.

Brazo blieb in steifer Haltung stehen. Verwirrt öffnete er beide Hände, und die Tragtaschen fielen polternd zu Boden.

Alkher lief rot an. Verlegen schaute er sich um.

»Entschuldigen Sie bitte«, meinte er hastig. Unsicher lächelte er die seelenlose Maschine an, die auf seine Worte aber nicht reagierte.

Er atmete tief auf, als der Robot Grünwert zeigte und der ID-Streifen aus einem anderen Schlitz hervorglitt.

»Eintritt genehmigt, Sir«, klang es aus dem Lautsprecher. »Sie werden erwartet.«

»Vielen Dank«, flüsterte Brazo.

Sich hastig nach seinem Gepäck bückend, stieß er mit dem Schädel an einen rotmarkierten Hebel. In dem Gerät begann es zu klingeln, und Brazo hielt die Luft an.

Schließlich entschloss er sich, die runde Metallplattform mittels einiger wildverwegener Sätze zu verlassen.

Brazo Alkher, schon auf der Raumakademie bekanntgeworden als chronischer Pechvogel, hatte seinem knochigen Körper etwas zuviel zugemutet. Dem Zug der Schwerkraft folgend, fiel er mit elegant gespreizten Armen und umherschlagenden Füßen zu Boden, wobei sein helmbedeckter Schädel versehentlich mit dem Schienbein eines im Wege stehenden Mannes kollidierte.

Brazo, normalerweise so sanftmütig wie ein alternder Bernhardiner – wie seine Freunde behaupteten –, stieß einige schauerliche Flüche aus. Es dauerte eine Weile, bis seine umhertastenden Hände sowohl den verrutschten Helm an Ort und Stelle, als auch die verknoteten Riemen der Taschen, in Ordnung gebracht hatten.

Schnaufend richtete er sich auf. Sein Gemüt erhielt die nächste seelische Erschütterung, als er dicht über sich das grinsende, ölverschmierte Gesicht eines hochgewachsenen Mannes in der schmucklosen Kombination des Wartungspersonals bemerkte.

Der Mann trug eine zerknautschte, völlig unkenntlich gewordene Schirmmütze auf den dunkelblonden Haaren. Rangabzeichen waren auch keine zu sehen, weshalb Brazo – trotz seines begreiflichen Zorns noch immer höflich bleibend! – schockiert ächzte: »Konnten Sie nicht zur Seite springen, Sie ... Sie steifkreuziger Ölpeilstab, Sie! Himmel, wie sehen Sie überhaupt aus?«

Verwundert stierte Brazo nach oben. Schließlich meinte er verlegen: »Entschuldigen Sie, Freund, es war nicht so gemeint. Natürlich bin ich schuld. Würden Sie mir einmal helfen?«

»Sicher«, nickte der hochgewachsene, schlanke Mann mit den eisgrauen Augen. »Sie haben Sätze gemacht wie ein dreibeiniger Pavian!«

»Gibt es so etwas?«, wunderte sich Brazo.

Der Fremde lachte schallend. Betont sanft klopfte er Brazos beschmutzte Uniform ab.

»Immer korrekt, Herr Leutnant, nicht wahr? Darf man fragen, wohin Sie wollen?«

Alkher begann sofort mit der verzweifelten Suche nach den Papieren, die man ihm überall aufgedrängt hatte. Der Hagere wartete geduldig, bis der immer nervöser werdende Leutnant den Marschbefehl in der Knietasche seiner Kombi entdeckt hatte.

Brazo wusste nicht, ob er bei dem schallenden Gelächter die Fassung verlieren oder geduldig bleiben sollte. Er entschloss sich zum letzteren. Außerdem war sein sachverständiger Blick mittlerweile von der schimmernden Kugelwandung eines offenbar nagelneuen Schweren Kreuzers der Terraklasse gefesselt worden.

Das zweihundert Meter durchmessende Raumschiff stand in einer riesigen Halle. Überall waren bewaffnete Posten und feuerbereite Kampfroboter zu sehen. Brazo wusste bereits, dass er sich in den geheimnisvollsten Bezirken der neuen Mondwerften befand. Was hier geschah, wussten nur wenige Eingeweihte.

Es dauerte nur einige Augenblicke, bis Brazo festgestellt hatte, dass der äquatoriale Ringwulst des 200-Meter-Kreuzers ungewöhnlich geformt war.

Der Triebwerksring war größer und am Rande aufgewölbt. Das war aber auch alles, was auf den ersten Blick befremdend erschien.

Der grauäugige Mann hatte zu lachen aufgehört. Aufmerksam musterte er den jungen Leutnant, dessen Papiere er flüchtig durchgeblättert hatte. Brazos weiches, verträumtes Jungengesicht hatte sich gespannt. Es wirkte plötzlich härter, entschlossener und männlicher.

Der Techniker lächelte unmerklich. Wortlos bückte er sich und nahm die großen Tragetaschen auf.

»Gehen wir, Sir. Sie werden erwartet.«